EILDIENST 4 /2018 - Aus dem Inhalt: Landräte sprechen mit NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper - Landkreistag NRW

Die Seite wird erstellt Peter Dietrich
 
WEITER LESEN
EILDIENST 4 /2018 - Aus dem Inhalt: Landräte sprechen mit NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper - Landkreistag NRW
EILDIENST
                                                                    4  /2018

Aus dem Inhalt:
●   Landräte sprechen mit NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper
●   Justizminister Peter Biesenbach: Zur rechtspolitischen Agenda der NRW-Landesregierung
●   Schwerpunkt: Regionale Bildungsnetzwerke
EILDIENST 4 /2018 - Aus dem Inhalt: Landräte sprechen mit NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper - Landkreistag NRW
EILDIENST 4/2018                                                                                           Auf ein Wort

                                       Abkehr von „Hartz IV“ –
                                       neue Perspektiven für Arbeitsuchende?
                                       Wer den Koalitionsvertag der Großen Koalition aufmerksam gelesen hat, durfte
                                       mit Verwunderung feststellen, wie schnell nach dessen Unterzeichnung eine
                                       Diskussion um eine grundlegende Reform der Grundsicherung für Arbeit­
                                       suchende („Hartz IV“) angestoßen wurde. Nur in wenigen, kurzen Sätzen,
                                       die zudem viel Interpretationsspielraum lassen, sind dort die Pläne der neuen
                                       Bundesregierung für die Grundsicherung für Arbeitsuchende beschrieben:
                                       Mit einem „ganzheitlichen Ansatz“ solle „die Qualifizierung, Vermittlung und
                                       Reintegration von Langzeitarbeitslosen in den Arbeitsmarkt“ vorangetrieben
                                       werden. Teilhabe wolle man sowohl am ersten als auch am sozialen Arbeits­
                                       markt ermöglichen. Dazu solle es ein „neues unbürokratisches Regelinstrument
                                       im Sozialgesetzbuch II“ geben, an dem bis zu 150.000 langzeitarbeitslose Men­
                                       schen beteiligt werden könnten. Will die neue Bundesregierung also die – von
                                       den kommunalen Spitzenverbänden schon lange geforderte – Schaffung eines
                                       sozialen Arbeitsmarktes in Angriff nehmen?
Und wie verhält sich dazu der Vorschlag, ein solidarisches Grundeinkommen zu etablieren? Das Ziel ist klar: Langzeit­
arbeitslose sollen im gemeinnützigen Bereich beschäftigt werden und für ihre Tätigkeit anstelle von „Hartz IV“ den
Mindestlohn erhalten. Es geht mithin um einen staatlich geförderten Arbeitsmarkt und man erinnert sich an die frühe­
ren Ein-Euro-Jobs. Wie das finanziert wird und wie – insbesondere innerhalb der kommunalen Daseinsvorsorge –
die erforderlichen Arbeitsangebote gefunden werden sollen, ohne reguläre Arbeitsplätze zu gefährden, bleibt bei
der bisherigen Debatte vollkommen außen vor. Das solidarische Grundeinkommen ist also nicht die Lösung.
Die beiden Reformideen sind sehr verschieden. Gemeinsam aber ist beiden, dass sie erhebliche Auswirkungen auf
das jetzige System, wenn nicht sogar eine Abschaffung von „Hartz IV“ bedeuten würden.
Es ist es gut und richtig, dass die neue Bundesregierung ihre Arbeit engagiert aufnimmt und dabei ihr Augenmerk
auf die Grundsicherung für Arbeitsuchende lenkt. Als das SGB II – nach wie vor immer noch besser bekannt als Hartz
IV – eingeführt wurde, herrschten in Deutschland ganz andere Rahmenbedingungen als jetzt. Es gab mehr als fünf
Millionen Arbeitslose, die Staatsverschuldung stieg rapide. Nun – fast 15 Jahre später – gibt es in einigen Regionen
Deutschlands nahezu Vollbeschäftigung. Auch die Prognosen für den ersten Arbeitsmarkt sind grundsätzlich positiv
und die Bundesagentur für Arbeit rechnet mit vielen zusätzlichen sozialversicherungspflichtigen Jobs. Nach Einschät­
zung von Arbeitsmarktforschern wird 2018 – dank der anhaltend starken Konjunktur – die Arbeitslosigkeit deutlich
stärker sinken als zunächst angenommen. Andererseits brechen ganze Branchen weg, die Digitalisierung wird die
Arbeitswelt zunehmend verändern und auch die Flüchtlingszuwanderung stellt eine große Herausforderung dar.
Und nach wie vor ist die verfestigte Langzeitarbeitslosigkeit eine der größten sozialpolitischen Herausforderungen.
Besonders in NRW hat der Personenkreis der Langzeitarbeitslosen von der positiven Arbeitsmarktentwicklung nicht
profitiert. Hier ist der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Arbeitslosen mit 43 Prozent signifikant hoch – er liegt
sieben Prozent über dem Bundesdurchschnitt.
Dies alles zeigt, dass es neuer Ideen und Ansätze bedarf! Dabei sollte aber auch Bewährtes nicht aus den Augen ver­
loren werden. Insbesondere der Grundsatz von „Fördern und Fordern“ im SGB II hat sich in der Arbeit der Jobcenter
bewährt. Ein solidarisches Grundeinkommen würde dies grundsätzlich unterlaufen. Die kommunalen Spitzenverbände
haben in den Reformprozessen der letzten Jahre viele Verbesserungsvorschläge formuliert, damit aber oftmals kein
Gehör gefunden. Es bedarf – um nur einige Punkte zu nennen – eines sozialen Arbeitsmarktes, der Vereinfachung
von Arbeitsgelegenheiten, der Rechtsvereinfachung im SGB II und der Verbesserung der Mittelausstattung der Job­
center. Einige Ansätze im Koalitionsvertrag machen Hoffnung, dass die Bundesregierung den richtigen Weg ein­
schlagen will.
Dabei muss sie aber auch die Praxis mitnehmen. Die Jobcenter sind sich ihrer Verantwortung für die Langzeitarbeits­
losen bewusst und ergreifen diese engagiert. Gerade ihr Know-how muss im weiteren Prozess berücksichtigt werden.
Mit einem Schnellschuss am grünen Tisch hingegen ist weder den Betroffenen noch den Jobcentern geholfen!

                                                                           Dr. Martin Klein
                                                                           Hauptgeschäftsführer
                                                                           des Landkreistages Nordrhein-Westfalen

                                                                                                                     149
EILDIENST 4 /2018 - Aus dem Inhalt: Landräte sprechen mit NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper - Landkreistag NRW
Inhalt                                                                                                      EILDIENST 4/2018

  Kavalleriestraße 8
                                                    AUF EIN WORT                                                      149
  40213 Düsseldorf
                                                    ______________________________________________________________
  Telefon 0211/ 300 491-0
  Telefax 02 11/ 300 491-660
  E-Mail: presse@lkt-nrw.de
  Internet: www.lkt-nrw.de
                                                    AUS DEM LANDKREISTAG

                                                    Vorstand:
  IMPRESSUM                                         Landräte sprechen mit NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper        153
  EILDIENST – Monatszeitschrift                     ______________________________________________________________
  des Landkreistages
  Nordrhein-Westfalen
                                                    THEMA AKTUELL
  Herausgeber:
  Hauptgeschäftsführer
  Dr. Martin Klein                                  Justizminister Peter Biesenbach:
                                                    Zur rechtspolitischen Agenda der NRW-Landesregierung              154
  Redaktion:
  Erster Beigeordneter Dr. Marco Kuhn
  Beigeordneter Martin Schenkelberg                 ______________________________________________________________
  Hauptreferent Dr. Markus Faber
  Referentin Dr. Andrea Garrelmann
  Referentin Dorothée Heimann
  Referent Thomas Krämer
  Pressereferentin Rosa Moya
  Referent Dr. André Weßling                        SCHWERPUNKT:
  Hauptreferent Dr. Kai Zentara
                                                    Regionale Bildungsznetzwerke
  Quelle Titelbild:
  Erika Schmidt, FotoRika
                                                    Schulministerin Yvonne Gebauer:
  Redaktionsassistenz:
                                                    Gemeinsam für beste Bildung in Nordrhein-Westfalen                155
  Gaby Drommershausen                               ______________________________________________________________
  Astrid Hälker
  Heike Schützmann
                                                    Kooperationsmodell für Sport und Ganztag                          157
  Herstellung:                                      ______________________________________________________________
  ALBERSDRUCK GMBH & CO KG
  Leichlinger Straße 11
  40591 Düsseldorf                                  Regionales Bildungsmanagement
  www.albersdruck.de                                für den Übergang in die weiterführenden Schulen                   159
                                                    ______________________________________________________________
  ISSN 1860-3319
                                                    Kinderschutz vernetzt –
                                                    Schule, Jugendhilfe und Gesundheit ziehen an einem Strang         161
                                                    ______________________________________________________________

                                                    MINT-NetzEN –
                                                    MINT Förderung im Regionalen Bildungsnetzwerk EN                  163
                                                    ______________________________________________________________

                                                    Integration durch Bildung –
                                                    Passgenaue Bildungsangebote für Neuzugewanderte                   165
                    Kreise in Nordrhein-Westfalen
                                                    ______________________________________________________________

150
EILDIENST 4 /2018 - Aus dem Inhalt: Landräte sprechen mit NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper - Landkreistag NRW
EILDIENST 4/2018                                                  Inhalt

Schule und digitale Bildung –
ein Kooperationsprojekt für Schulen und Kommunen            166
______________________________________________________________

Projekt „Kita & Co“ – Von der Kita in die Grundschule       168
______________________________________________________________

Digitale Bildung –
Vom Medienzentrum zur kooperativen Medienbildungsagentur    170
______________________________________________________________

Das Bewegungsabzeichen „Benni und Frida“                    172
______________________________________________________________

Fünf Jahre Regionales Bildungsnetzwerk Kreis Mettmann       174
______________________________________________________________

Von abgeschotteten Daten zu gezielten Angeboten             177
______________________________________________________________

Bildungsmonitoring und Bildungsmanagement                   178
______________________________________________________________

Integration beginnt dort, wo Menschen sich begegnen –
Bildungsbotschafter helfen                                  180
______________________________________________________________

Leitbild, Monitoring, Berichte und Vernetzung
als Basis des Regionalen Bildungsnetzwerkes                 182
______________________________________________________________

Der Medienkompetenzrahmen NRW –
Bezugspunkt für systematische Aktivitäten                   184
______________________________________________________________

Mit den LekkerWissen-YouTubern Simon und Eduard:
Jugendliche produzieren Videoclips                          187
______________________________________________________________

Pfiffikus+ fördert forschendes Lernen                       189
______________________________________________________________

Bildung verbindet –
Zehn Jahre Regionales Bildungsnetzwerk im Kreis Warendorf   192
______________________________________________________________

                                                                    151
EILDIENST 4 /2018 - Aus dem Inhalt: Landräte sprechen mit NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper - Landkreistag NRW
Inhalt                                                               EILDIENST 4/2018

          THEMA

          Endlich tragen wir den gleichen Namen!                               194
          ______________________________________________________________

          DAS PORTRÄT

          Landrat Dr. Klaus Effing:
          Den Kreis Steinfurt als Wirtschafts- und Lebensstandort stärken      196
          ______________________________________________________________

          IM FOKUS

          Aus dem konzeptionellen Dornröschenschlaf erweckt –
          Die „WasserBurgenWelt“ und Burg Vischering                           198
          ______________________________________________________________

          KURZNACHRICHTEN                                                      200
          ______________________________________________________________

          PERSÖNLICHES                                                         212
          ______________________________________________________________

          HINWEISE AUF VERÖFFENTLICHUNGEN                                      213
          ______________________________________________________________

152
EILDIENST 4 /2018 - Aus dem Inhalt: Landräte sprechen mit NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper - Landkreistag NRW
EILDIENST 4/2018                                                                                               Aus dem Landkreistag

Vorstand des LKT NRW am 13.03.2018 – Landräte
sprechen mit NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper
   Die nordrhein-westfälischen Landräte haben sich in ihrer jüngsten Vorstandsitzung mit den Plänen der Großen Koali-
   tion in Berlin befasst und mit NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper über finanzpolitische Fragen auf Landes- und
   Bundesebene ausgetauscht.

D    ie Koalitionsvereinbarung von CDU,
     CSU und SPD auf Bundesebene stand
im Fokus der Vorstandssitzung des LKT
NRW und bestimmte das Gespräch der
Landräte mit NRW-Finanzminister Lutz
Lienenkämper. Nach Ansicht der Landrä-
te ist die Finanzplanung der neugebilde-
ten Bundesregierung nicht ausreichend.
„Im Koalitionsvertrag von Union und SPD
werden zu wenig real zu erwartende Aus-
gaben eingepreist“, bewertete LKT-NRW-
Hauptgeschäftsführer, Dr. Martin Klein,
die Finanzplanung für die Kommunen
betreffenden Maßnahmen aus dem Koali-
tionsvertrag von Union und SPD. Das zeige
sich beispielsweise an der Finanzplanung
zur Unterstützung und Entlastung der
Kommunen zur Bewältigung der Folgen
des Flüchtlingsstroms und der Integration
von Migranten. Dafür sehe der Koalitions-
vertrag insgesamt acht Milliarden Euro bis
2021 vor. „Das Geld wird nicht reichen“,
betonte auch LKT NRW-Präsident, Land-
rat Thomas Hendele (Kreis Mettmann), in
Anbetracht der bisherigen tatsächlichen
Kostenentwicklung. Für das Jahr 2017
hat das BMAS allein für die Erstattung
von Kosten der Unterkunft (KdU) vorläu-
fig eine Summe von über 1,66 Milliarden
Euro berechnet. Die pauschale Bundesun-         Das Präsidium des LKT NRW mit Finanzminister Lutz Lienenkämper MdL (Bildmitte).
terstützung für die Kosten für unbegleitete                                                                       Quelle: LKT NRW
minderjährige Flüchtlinge belief sich im sel-
ben Jahr auf 360 Millionen Euro. Und für        zu refinanzieren. Zu diesem Zweck müsse        Glasfaserausbau, aber auch hinsichtlich
die Integrationsarbeit der Kommunen gab         die mittelfristige Finanzplanung auf Bun-      der Entlastung der Kommunen angesichts
es bislang eine jährliche Bundesunterstüt-      desebene zügig aktualisiert und mögliche       steigender Sozialkosten. Zudem kündigte
zung von zwei Milliarden Euro. Der Deut-        Finanzlücken zulasten der Kommunen vor-        er an, dass die in Aussicht gestellten 100
sche Landkreistag prognostiziert daher          rangig geschlossen werden.                     Millionen Euro als Anteil an der Integra­
einen notwendigen Mehrbelastungsaus-            Als positiv bewertete Klein, dass erstmals     tionspauschale in Kürze an die Kommunen
gleich bei den Flüchtlingskosten in Höhe        der Konnexitätsgrundsatz „wer bestellt,        verteilt werden sollten. Ein Gesetzentwurf
von mindestens 14,5 Milliarden Euro bis         bezahlt“ im Koalitionsvertrag auf Bundes-      liegt allerdings noch nicht vor.
Ende 2021.                                      ebene aufgeführt werde. Dennoch stelle         Über das Ministergespräch hinaus berieten
Neben den realitätsfernen Hochrechnun-          sich die Frage, welche zusätzlichen Finanz-    sich die Landräte über weitere kommunale
gen des Bundes für Unterstützungs- und          mittel bereitgestellt werden könnten, um       Themen. So beschloss der Vorstand, sich
Entlastungsmaßnahmen zugunsten der              dieses Ziel zu erreichen.                      für den Erhalt der Zuständigkeit der ört­
Kommunen kritisierten die Landräte auch         Im Gespräch mit NRW-Finanzminister Lutz        lilchen Ebene bei der ambulanten Einglie-
die aufgeführten Unbekannten in der             Lienenkämpfer forderten daher die Land-        derungshilfe für Kinder in den Kommunen
Finanzplanung, wie etwa die G5-Verstei-         räte die Unterstützung der Landesregie-        einzusetzen, so vor allem im Bereich der
gerung zur Breitbandfinanzierung. „Es ist       rung, um die Interessen der NRW-Kom-           Frühförderung. Die Kreise kümmern sich
unklar, was die Versteigerung einbringt         munen beim Bund geltend zu machen,             seit vielen Jahren um Kinder mit Behin-
und ob das Geld tatsächlich reicht.“            so wie es im NRW-Koalitionsvertrag von         derung oder drohender Behinderung und
Daher bekräftigte der Vorstand des LKT          CDU und FDP angekündigt wird. Lienen-          ihre Eltern auf dem Weg in ein selbstbe-
NRW die Forderung an die neue Bundes-           kämper bestätigte, es bestehe Handlungs-       stimmtes Leben von Geburt an bis zum
regierung, die für die kommunale Ebene          bedarf mit Blick auf Berlin. Dies gelte etwa   erfolgreichen Schulabschluss. Dabei arbei-
vorgesehenen Unterstützungs- und Ent-           in Bezug auf die Anschlussfinanzierung der     ten Sozial-, Jugend-, Gesundheitsamt und
lastungsmaßnahmen in vollem Umfang              Integrationspauschale und den Fonds zum        Kindertagesstätten sowie Schulen Hand in

                                                                                                                                    153
EILDIENST 4 /2018 - Aus dem Inhalt: Landräte sprechen mit NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper - Landkreistag NRW
Aus dem Landkreistag • Thema aktuell                                                                                     EILDIENST 4/2018

Hand auch mit ortsansässigen Ärzten und         von Abweichungen nach unten. Zudem             verfahren führe zu rechtlichen und wirt-
Therapeuten. Zum Wohle der Betroffenen          dürften bei der KiBiz-Novellierung keine       schaftlichen Unsicherheiten für Bauherren,
gelte es diese Vielfalt an Erfahrung und        zusätzlichen finanziellen Belastungen für      die im Zweifel mit repressiven Maßnahmen
Ressourcen zu bewahren und die Träger-          die Kommunen entstehen. Das Land müsse         und erheblichen finanziellen Folgen für
schaft der Eingliederungshilfe für die 0- bis   aber vor allem eine Anschlussregelung für      Bauherren verbunden seien.
6-Jährigen nicht an die Landschaftsverbän-      die Übergangsfinanzierung der Kinder-          Weitere Themen des Vorstands waren das
de abzugeben, wie es die Landesregierung        tagesbetreuung zum Ende des Kitajahres         Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu
derzeit erwägt.                                 2018/19 sicherstellen.                         möglichen Dieselfahrverboten, die Novel-
Auch die Novellierung des Kinderbildungs-       Im Hinblick auf die Reform der Landesbau-      lierung des Landespersonalvertretungs­
gesetzes (KiBiz) beschäftigte die Landräte.     ordnung forderte der LKT NRW-Vorstand,         gesetzes und die Tarifrunde 2018.
Dabei sprachen sie sich für die Wiederein-      das im aktuellen Gesetzentwurf enthaltene
führung einer landeseinheitlichen Eltern-       Freistellungsverfahren für bestimmte Bau-                EILDIENST LKT NRW
beitragstabelle aus mit der Möglichkeit         vorhaben zu streichen. Ein Freistellungs-             Nr. 4/April 2018   00.10.10

Justizminister Peter Biesenbach im FSI-Kuratorium:
Zur rechtspolitischen Agenda der NRW-Landesregierung
    NRW-Justizminister Peter Biesenbach MdL stellte in der jüngsten Kuratoriumssitzung des Freiherr-vom-Stein-Instituts
    an der Universität Münster (FSI), der wissenschaftlichen Forschungsstelle des Landkreistages NRW, am 16.02.2018 die
    rechtspolitische Agenda der NRW-Landesregierung vor. Dabei betonte Biesenbach, wie wichtig es sei, eine „unverzüg-
    liche Rechtsprechung“ und „zügige Vollstreckung“ zu erzielen, und in diesem Zusammenhang auch die Digita­lisierung
    der Justiz voranzubringen.

                                                                        bei     dem     alle   Abteilung im Justizministerium für alle IT-
                                                                        Dienstzweige in        Belange eingerichtet“, unterstrich Biesen-
                                                                        den Blick genom-       bach. Zudem müsse die Justiz „am Puls
                                                                        men werden müs-        der Zeit sein, ja geradezu vorausschauend
                                                                        sten, erklärte Bie-    sein, um der fortschreitenden Technik den
                                                                        senbach die Pläne      angemessenen Rechtsrahmen bereitzustel-
                                                                        der Landesregie-       len“. Denn auch eine digitale Gesellschaft
                                                                        rung, die Berufe in    benötige einen verlässlichen Rechtsrah-
                                                                        der Justiz attrak-     men, damit Freiheit, Gleichheit, Demo-
                                                                        tiver zu gestal-       kratie und Gerechtigkeit gewahrt bleiben.
                                                                        ten. Dazu zähle,       Daher gehe eine Arbeitsgruppe „Digitaler
                                                                        Räumlichkeiten         Neustart“ unter Federführung Nordrhein-
                                                                        zu modernisieren,      Westfalens der Frage nach, ob gesetz­
                                                                        die      technische    geberischer Handlungsbedarf besteht.
                                                                        Ausstattung      zu    Darüber hinaus will Minister Biesenbach
                                                                        verbessern, aber       den Wirtschaftsstandort NRW durch eine
                                                                        auch die Arbeits-      Internationalisierung und Spezialisierung
                                                                        zeitregelungen zu      der Justiz stärken. Außerdem solle der
                                                                        optimieren      und    Verwaltungsrechtsschutz „schnell, bürger-
Justizminister Peter Biesenbach MdL. Quelle: Land NRW/R. Sondermann die Möglichkeiten         freundlich und konzentriert“ und beispiels-
                                                                        der     beruflichen    weise bei der Genehmigung von wich-

T   atsächlich ist die Zahl offener Gerichts-
„ verfahren und vor allem deren Laufzei-
ten sehr „hoch. Besonders dramatisch ist
                                              Weiterbildung und -entwicklung zu ver-
                                              stärken. „Als erster Schritt wurde daher
                                              beschlossen, den Vorbereitungsdienst
                                                                                               tigen Infrastrukturprojekten in der Lage
                                                                                               sein, schnell entscheiden zu können. Ziel
                                                                                               der NRW-Landesregierung sei zudem die
die Situation bei den Verwaltungsgerich-      finanziell attraktiver zu gestalten“, nannte     „Vollstreckung aus einer Hand“; dafür sol-
ten“, sagte Biesenbach und kritisierte die    Biesenbach als Beispiel. Hinzu kämen die         len die Aufgaben der Vollziehungsbeam-
Vorgängerregierung, personell nicht aus-      duale Ausbildung für Justiz­fachangestellte      tinnen und -beamten der Vollstreckungs-
reichend gegengesteuert zu haben. Zudem       und die Wiedereinführung eines zweijähri-        behörden des Landes vollständig auf die
werde die Zahl der Pensionierungen in den     gen Vorbereitungsdienstes für die mittlere       Gerichtsvollzieherinnen und Gerichtsvoll-
kommenden Jahren ansteigen. „Wir wer-         Qualifikationsebene.                             zieher übertragen werden.
den die längst überfälligen organisatori-     Auch die Digitalisierung der Justiz gelte        „Eine der wichtigsten Kernaufgaben des
schen Maßnahmen und erhebliche perso-         es zu bewältigen: etwa die Eröffnung des         Staates ist die Gewährleistung der inneren
nelle Verstärkungen vornehmen.“               elektronischen Rechtsverkehrs und die            und äußeren Sicherheit“, betonte Biesen-
Dabei sei die Nachwuchsgewinnung ein          Einführung der elektronischen Akte. „Wir         bach. Daher wolle er in der Strafjustiz mehr
zentrales Zukunftsthema der Justiz NRW,       haben daher erstmals eine eigenständige          Bürgernähe schaffen und unter ande-

154
EILDIENST 4 /2018 - Aus dem Inhalt: Landräte sprechen mit NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper - Landkreistag NRW
EILDIENST 4/2018                                                                                        Thema aktuell • Schwerpunkt

rem zusätzliche Häuser des Jugendrechts          men im Vordergrund stünden. Dies setze         klar: Wir müssen generell deutlich früher
einrichten. Auch solle der Opferschutz           eine Änderung des Strafgesetzbuches vor-       gegen Terrorverdächtige und Hassprediger
gestärkt werden, indem bestehende Ange-          aus. Immerhin verfügten 46 % der Ertapp-       einschreiten.“ Darüber hinaus skizzierte
bote offensiv bekannt gemacht und durch          ten über keine hinreichenden Geldmittel,       der Minister Aktivitäten seines Hauses zur
staatliche Begleitmaßnahmen unterstützt          um die Strafe zu bezahlen, so dass in NRW      Stärkung der Abwehr von Cybercrime, also
werden. „NRW hat seit dem 1. Dezember            täglich etwa 1.000 Personen so genann-         z.B. vor Betrug an Senioren per PC oder
2017 eine Opferschutzbeauftragte als zen-        te Ersatzfreiheitsstrafen in Gefängnissen      gezielte Operationen der Staatsanwalt-
trale Anlaufstelle und Ansprechpartnerin         verbüßen müssten. Ein Tag im Gefängnis         schaft im sogenannten Darknet, etwa zur
für Opfer von Straf- und Gewalttaten.“           koste den Steuerzahler indessen 131 Euro.      Bekämpfung von Geldwäsche.
Um die Justiz effizienter und schlagkräf-        Jedes zehnte Urteil in Deutschland betreffe    Im Anschluss an das Referat des Mini-
tiger zu machen, solle das beschleunigte         das Schwarzfahren. Zudem will der Justiz-      sters fand eine angeregte Diskussion mit
Verfahren stärker genutzt werden. Insbe-         minister die Terrorbekämpfung professio-       den Mitgliedern des FSI-Kuratoriums zu
sondere reisende Straftäter könnten damit        nalisieren. Dafür werde das Interdiszipli­     den Initiativen und Vorhaben des NRW-
effektiver zur Rechenschaft gezogen wer-         näre „Zentrum für interkulturelle Kompe-       Justizministeriums statt, in deren Mittel-
den. Ein besonderes Augenmerk lege das           tenz der Justiz NRW“ eingerichtet, das sich    punkt Fragen der Effektivität und Effizienz
NRW-Justizministerium auf die Bekämp-            unter anderem auch gezielt mit Fragen der      des Rechtsschutzes, des Justizvollzugs, der
fung der Finanzierungsquellen von organi-        Extremismusbekämpfung und Deradika-            Belastungssituation der einzelnen Gerichts-
sierter Kriminalität und Terrorismus; dazu       lisierung befassen soll. Um Straftaten mit     zweige und der Entlastung der Justiz, der
sei eine Task Force in der Zentralen Orga-       terroristischem Hintergrund effektiv zu ver-   Erhöhung der Attraktivität von Justizberu-
nisationsstelle Vermögensabschöpfung in          folgen werde man eine Zentralstelle bei der    fen sowie Fragen der Juristenausbildung
Hamm (ZOV) eingerichtet worden.                  Generalstaatsanwaltschaft in Düsseldorf        insbesondere in Bezug auf die Gestaltung
Zur Entlastung der Justiz schlägt der Mini-      einrichten. „ZENTER NRW wird landes-           des Referendariates standen.
ster vor, das Schwarzfahren künftig nicht        weit für die Terrorismusverfahren zustän-
mehr als Straftat zu verfolgen, da hier zivil-   dig sein und Verfahren gegen Gefährder                   EILDIENST LKT NRW
rechtliche Ansprüche der ÖPNV-Unterneh-          bündeln“, so Biesenbach. „Denn eines ist            Nr. 4/April 2018   00.20.01.41

Gemeinsam für beste Bildung in Nordrhein-Westfalen
    Von Yvonne Gebauer MdL, Ministerin für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen, zu zehn Jahren
    Regionalen Bildungsnetzwerken.

B    este Bildung für unsere Kinder und
     Jugendlichen ist die Grundlage für die
Zukunft unseres Landes. Ziel der Landes-
                                                 Schulministerium abgeschlossen. Die Eva-
                                                 luationen der Regionalen Bildungsnetz-
                                                 werke in den vergangenen Jahren haben
                                                                                                sehr unterstützt. Wir wollen auf Landes-
                                                                                                ebene einen verlässlichen und fairen Rah-
                                                                                                men schaffen und das Prinzip der Verant-
regierung ist es, Bildungschancen für alle       gezeigt, dass die Zusammenarbeit von den       wortung vor Ort stärken.
Kinder und Jugendlichen unabhängig von           beteiligten Bildungseinrichtungen als sehr     Aufstieg durch Bildung kann gelingen,
ihrer Herkunft zu ermöglichen. Jedes Kind        hilfreich für die eigene Arbeit wahrgenom-     wenn von Anfang an die Bildungsbiogra-
und jeder Jugendliche hat Talente, die es        men wird.                                      fien aller Kinder und Jugendlichen in einer
gilt, bestmöglich zu fördern. Wir wollen         Die     Grundidee:     Eigenverantwortliche    Region unterstützt werden. Zum Beispiel
mit vereinten Kräften erfolgreiche Bil-          Schulen benötigen vor Ort ein Unterstüt-       beim Übergang von der Kita in die Grund-
dungsbiografien ermöglichen.                     zungssystem, das ihnen bei allen Fragen,       schule, bei der Zusammenarbeit zwischen
Mit dem Kooperationsvertrag zur Gestal-          die über den Gestaltungsbereich der Ein-       Schule und Jugendhilfe, beim Thema Prä-
tung Regionaler Bildungsnetzwerke haben          zelschule hinausgehen, zur Seite steht.        vention oder bei der Gestaltung und beim
das Schulministerium und die drei Kom-           Regionale Bildungsbüros unterstützen die       Ausbau des Ganztags. Ich freue mich, dass
munalen Spitzenverbände bereits vor zehn         Bildungseinrichtungen, indem sie Informa-      viele Regionale Bildungsnetzwerke hier
Jahren allen Kreisen und kreisfreien Städ-       tionen beschaffen, verbindliche Abstim-        ihren Arbeitsschwerpunkt gesetzt haben.
ten ein verlässliches Angebot gemacht:           mungsprozesse gestalten oder gemeinsa-         Auf den Anfang kommt es an!
Alle für gelingende Bildungsbiografien           me Standards und Produkte erarbeiten.          Viele Regionale Bildungsnetzwerke setzen
Verantwortlichen in einer Region sollen          Aus meiner Sicht ist die systematische         einen Schwerpunkt auf individuelle Förde-
entsprechend der regionalen Bedürfnisse          Zusammenarbeit aller Kräfte in einer Ver-      rung, beispielsweise im Programm „Vielfalt
systematisch und verbindlich zusammen-           antwortungsgemeinschaft für die Kin-           fördern“. Sie arbeiten mit weiteren landes-
arbeiten. Land und Kommune unterstüt-            der und Jugendlichen in einer Region           weiten Programmen zu Fragen der Inklusi-
zen die Geschäftsstelle des Regionalen           ein innovatives und zukunftsweisendes          on, der Integration oder der erfolgreichen
Bildungsnetzwerkes, die Regionalen Bil-          Gestaltungsmodell. Neue Entwicklungen,         Gestaltung des Übergangs Schule – Beruf
dungsbüros, mit jeweils einer Stelle. Diese      Probleme und Herausforderungen können          zusammen. Diese Programme können nur
strategisch und operativ unverzichtbare          im Zusammenspiel aller Beteiligten vor Ort     durch das Engagement und die Experti-
Kooperation ist auf Dauer angelegt.              sehr viel schneller erkannt werden. Diese      se von den Verantwortlichen vor Ort mit
50 von 53 Kreisen und kreisfreien Städten        Stärkung der Eigenverantwortung auf indi-      begleitet und umgesetzt werden. Wichtig
einschließlich der StädteRegion Aachen           vidueller, institutioneller und regionaler     ist, dass diese Programme – zu nennen
haben bis heute den Vertrag mit dem              Ebene wird von dieser Landesregierung          sind hier neben den Regionalen Bildungs-

                                                                                                                                      155
EILDIENST 4 /2018 - Aus dem Inhalt: Landräte sprechen mit NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper - Landkreistag NRW
Schwerpunkt: Regionale Bildungsnetzwerke                                                                                EILDIENST 4/2018

                                                                                             intensivieren. Deswegen freue ich mich
                                                                                             sehr über die steigende Anzahl Regiona-
                                                                                             ler Bildungsnetzwerke, die sich in diesem
                                                                                             Handlungsfeld auch zusammen mit den
                                                                                             „Zentren für Innovation“ engagieren. Und
                                                                                             es ist meine Hoffnung, dass die zukünfti-
                                                                                             gen Talentschulen in den guten Koopera-
                                                                                             tionsstrukturen der Regionalen Bildungs-
                                                                                             netzwerke auch in diesem Handlungsfeld
                                                                                             teilhaben können.
                                                                                             Grundprinzip der Regionalen Bildungs-
                                                                                             netzwerke ist – und so soll es auch blei-
                                                                                             ben – dass die Verantwortlichen vor Ort
                                                                                             vereinbaren, welche Themen sie bearbei-
                                                                                             ten. Manche Themen verändern so grund-
                                                                                             legend die Gesellschaft, dass sie in allen
                                                                                             Bildungseinrichtungen eine große Bedeu-
                                                                                             tung entfalten. So ist es absehbar, dass
                                                                                             das Thema „Bildung in der digitalisierten
                                                                                             Welt“ in allen Bildungseinrichtungen und
                                                                                             Kommunen eine zunehmend wichtigere
                                                                                             Rolle einnimmt. Die Landesregierung will,
                                                                                             dass junge Menschen ihr Leben in einer
                                                                                             „digitalen Welt“ eigenverantwortlich und
                                                                                             selbstbestimmt gestalten können. Dazu
                                                                                             bedarf es einer gewaltigen gesellschaft-
                                                                                             lichen Kraftanstrengung von Bund, Land
                                                                                             und Kommunen.
                                                                                             Das Land selbst verfolgt hier eine systema-
                                                                                             tische und über die gesamte Legislaturperi-
                                                                                             ode angelegte Strategie in drei Handlungs-
                                                                                             feldern:
                                                                                             1.	
                                                                                                Alle Schulen sollen Zugang zu einer
                                                                                                hervorragenden digitalen Infrastruktur
                                                                                                haben, so dass ein nach pädagogischen
                                                                                                Gesichtspunkten erfolgender Einsatz
                                                                                                digitaler Medien im Unterricht aller
                                                                                                Fächer möglich wird.
                                                                                             2.	Allen Kindern und Jugendlichen müssen
                                                                                                sowohl Medienkompetenz, Anwender-
Yvonne Gebauer, Ministerin für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-West-              kompetenzen als auch informatische
falen.                                                    Quelle: MSB/ Susanne Klömpges        Kompetenzen – also auch Grundkennt-
                                                                                                nisse im Programmieren – vermittelt
netzwerken zum Beispiel die Frühen Hilfen,     pflichtet. Regionale Schulentwicklung: Das       werden.
Kommunale Präventionsketten, Kommu-            ist sowohl eine Frage von quantitativen       3.	Die digitalen Kompetenzen in der Leh-
nale Integrationszentren, das Landesvor-       Schulangeboten als auch die systematische        reraus- und -fortbildung werden syste-
haben „Kein Abschluss ohne Anschluss“          Verbesserung der Schulqualität aller Schu-       matisch ausgebaut, um die Lehrkräfte
– auf regionaler Ebene gut mit einander        len in der ganzen Region. Wenn alle Bil-         nachhaltig zu unterstützen.
verzahnt werden, um einen größtmög­            dungseinrichtungen einbezogen werden,         Richtig ist: Nur mit gut ausgestatteten
lichen Beitrag für die Gestaltung erfolgrei-   ist eine wichtige Voraussetzung für erfolg-   Schulen lässt sich Zukunft gestalten. In den
cher Bildungsbiografien zu leisten und um      reiche Bildungsbiografien gegeben.            nächsten Jahren werden den Kommunen
Ressourcen effizient einzusetzen.              Dabei ist meine ganz persönliche Überzeu-     als Schulträger über sechs Milliarden Euro
In die Arbeit in den Regionalen Bildungs-      gung: Akademische und berufliche Bildung      für Investitionen in die digitale Infrastruk-
netzwerken ist von Landesseite vor allem       sind gleichwertig. Es geht darum, Chancen     tur, die Modernisierung und Sanierung
auch die Schulaufsicht eingebunden.            zu eröffnen, vielfältige Wege „aufzuschlie-   von Schulen zur Verfügung gestellt. Jetzt
Gesellschaftliche Entwicklungen wie die        ßen“ und Durchlässigkeit zu ermöglichen.      kommt es darauf an, mit Blick auf die Ent-
Stärkung der Inklusion und der Integra-        Die Vernetzung von Schule und Wirtschaft,     wicklungen in den Regionalen Bildungs-
tion erfordern den Blick auf die demo-         die Stärkung der beruflichen Bildung sowie    netzwerken, die Kräfte der staatlichkom-
grafischen, sozialen und wirtschaftlichen      eine systematische und kontinuierliche        munalen-zivilgesellschaftlichen      Verant-
Entwicklungen in der gesamten Bildungs-        Berufs- und Studienorientierung sind für      wortungsgemeinschaft zu nutzen, damit
landschaft. Demgemäß fühlt sich auch           die Landesregierung zentrale Anliegen.        alle Schülerinnen und Schüler in ihrer Regi-
die Schulaufsicht vor Ort einem schul-         Auch im Bereich der MINT-Fächer wollen        on gerechtere Bildungschancen erhalten.
formübergreifenden Denken und einem            und müssen wir die bestehenden außer-
mit allen Verantwortlichen in der Region       unterrichtlichen Kooperationen zwischen                 EILDIENST LKT NRW
abgestimmten Planen und Handeln ver-           Schulen und Wirtschaftsunternehmen                   Nr. 4/April 2018   40.40.04

156
EILDIENST 4 /2018 - Aus dem Inhalt: Landräte sprechen mit NRW-Finanzminister Lutz Lienenkämper - Landkreistag NRW
EILDIENST 4/2018                                                                        Schwerpunkt: Regionale Bildungsnetzwerke

Kooperationsmodell für Sport und Ganztag
    Die Bildungsarbeit im Kreis Kleve ist in vielen Handlungsfeldern und Bausteinen lebendig. In diesem Bericht möchte ich
    den Leserinnen und Lesern einen Überblick über Art und Inhalt der Zusammenarbeit im Regionalen Bildungsnetzwerk
    Kreis Kleve (RBN) geben und den Fokus auf ein erfolgreich praktiziertes Beispiel zur ansprechenden Ausrichtung des
    Ganztags lenken. Ein Modell, in dem sich Schülerinnen und Schüler an unterschiedlichen Sportarten ausprobieren und
    sich Vereine mit zeitlich überschaubarem Engagement präsentieren. Das Sportkarussell.

B   ildungsprozesse greifen ineinander und
    werden seit Gründung des RBN auf
vielseitige Weise gestaltet und in die Fläche
getragen. Geführt vom „Leitziel der Bildung
für Alle unter Berücksichtigung von Diver-
sität und gesellschaftspolitischem Wan-
del“ greifen die einzelnen Gremien und
in ihnen die Bildungsakteure der Region
verschiedene inhaltliche Handlungsfelder
auf. Dabei wird die Zusammenarbeit der
beteiligten Akteure auf dem Bildungssek-
tor immer intensiver und vernetzter. Dies
verdeutlichten auch die Rückmeldungen
der zahlreichen Teilnehmerinnen und
Teilnehmer der 4. Bildungskonferenz des
Regionalen Bildungsnetzwerkes im Kreis
Kleve im Dezember 2017.
Für die Arbeit des Regionalen Bildungs-
netzwerkes Kreis Kleve ist es von großer
Bedeutung, dass Akteure und Experten der
Region zusammenkommen, die an ganz
unterschiedlichen Stellen der Bildungskette
anknüpfen. Inhaltliche Handlungsschwer-
punkte sind im Kreis Kleve: „Berufs- und
Studienorientierung / KAoA“, „Ganztägi-         Leitbild „Schule und offener Ganztag“.                                    Quelle: Kreis Kleve
ges Lernen“ und „Individuelle Förderung
/ Inklusion mit dem aktuellen Schwerpunkt       im Wesentlichen auf vier Säulen basieren       und zugleich die Arbeit von Schule und
Migration“. Die Aktivitäten des RBN wur-        (siehe Abbildung oben).                        Kitas durch Kooperationen in die Bildungs-
den 2016 in einem umfassenden Bildungs-         Wichtig für die Umsetzung an jeder ein-        landschaft des Kreises einzubinden:
bericht dargestellt. Ein regelmäßig erschei-    zelnen Einrichtung ist eine von allen betei-
nender Newsletter und ein vielseitiger          ligten Akteuren allgemein akzeptierte Ziel-
Internetauftritt präsentieren und verbrei-      setzung. Diese ist in sämtlichen Prozessen     Sportkarussell –
ten die Ansätze und Arbeit ansprechend.         formgebend, von der Struktur der Abläufe,      ein Kooperationsmodell für
                                                über die Formulierung des Konzeptes bis        Sport und Ganztag
                                                hin zur Darstellung nach außen. Umsetz-
Handlungsfeld                                   bar ist dies nur durch ein zielorientiertes    Ein großes Echo, auch in der Presse, hat
„Ganztägiges Lernen“                            Personalmanagement mit dem Fokus auf           das „Sportkarussell“ hervorgerufen. Diese
                                                Kommunikation und Kooperation. Auch            Projektidee, im Grundsatz übernommen
Das Handlungsfeld „Ganztägiges Lernen“          die Räumlichkeiten müssen bei Umbau-           aus dem Ennepe-Ruhr-Kreis, hat das RBN
unterstützt Aufbau und Prozesse zur kon-        maßnahmen und Neubauten eine pädago-           in enger Zusammenarbeit mit dem Kreis-
stanten Weiterentwicklung der Schulen mit       gisch orientierte Planung erfahren. Über       SportBund Kleve e.V. weiterentwickelt und
offenem oder gebundenem Ganztag im              allem liegt eine fortschreitende Qualitäts-    auf die Gegebenheiten des Kreises Kleve
Kreis Kleve. Das mit der Facharbeitsgruppe      entwicklung und Qualitätssicherung.            zugeschnitten. Das Sportkarussell versucht
des Handlungsfeldes konzipierte Leitbild        Ganz konkret bedeutet das, mehr Raum           die Zusammenarbeit zwischen Ganztags-
lässt den Bildungs- und Erziehungsalltag        für Bewegung – sowohl qualitativ als auch      schulen und den lokalen Sportvereinen zu
                                                quantitativ. Gesunde Ernährung und ent-        erleichtern, vielleicht sogar erst zu ermög-
                     DER AUTOR                  sprechende Erziehungskonzepte runden           lichen.
                                                den modernen Ganztag ab und schaffen           In der Vergangenheit gab es Schwierigkei-
                                                erst die Voraussetzung für eine identitäts-    ten, die vielseitigen und in ihrer Attrakti-
                                                stiftende Profilbildung der Ganztagsbe-        vität oft weit über die Möglichkeiten des
                                                treuung.                                       klassischen Schulsportes hinausgehenden
                     Landrat                    So ist ein Projekt im Kreis Kleve besonders    sportlichen Angebote von Vereinsseite
                     Wolfgang Spreen,           hervorzuheben und ideal geeignet, eben         in Schulen und Ganztagseinrichtungen
                     Kreis Kleve                diese sinnstiftenden Grundlagen zu bieten      einzubinden. Schulen und Einrichtun-

                                                                                                                                       157
Schwerpunkt: Regionale Bildungsnetzwerke                                                                                 EILDIENST 4/2018

gen hatten in der längerfristigen Planung   können sich so ihrem jeweiligen Umfeld            arbeit zwischen den Fachkonferenzen
eines Schulhalbjahrs Erwartungen an eine    der ansässigen Sportvereine öffnen und zu         „Sport“ der Schulen und den zahlreichen
ebenso langfristige Kontinuität und Verläs- individuellen Lösungen kommen. Die Kin-           Sportverbänden der Kommunen in wei-
slichkeit, die von den Vereinen aber kaum   der und Jugendlichen haben die Gelegen-           teren Einrichtungen eingebunden. Sport
zu erfüllen war. Denn Übungsleiterinnen     heit eine breite Palette von Sportarten ken-      als gemeinsame Aktivität trägt wesentlich
und Übungsleiter sind zum einen in vie-     nen zu lernen und dies in einer Qualität,         zur aktuellen Querschnittaufgabe Inklu­
len Vereinen gezählt und zu den Zeiten,     die im Rahmen des Sportunterrichts oder           sion bei. Das bedeutet auch, jeder Schü-
in denen Ganztagsangebote stattfinden,      einer AG nicht gegeben wäre. Auch die             lerin und jedem Schüler unter dem Aspekt
meist beruflich gebunden. Im Sportkarus-    Vereine profitieren von diesem Modell. Sie        der individuellen Förderung gerecht zu
sell geht man von einer genial                                                                            werden. Auch der Kreis Kleve
einfachen Lösungsmöglichkeit                                                                              erlebt durch die Zuwanderung
aus: Mehrere Vereine teilen                                                                               eine Veränderung der Schüler-
mit ihren Angeboten die zur                                                                               schaft hin zu einer vielfältigen,
Verfügung stehenden Zeitfen-                                                                              multikulturellen Gemeinschaft.
ster in einem Schuljahr ganz                                                                              Daher wird bei allen Aktivitä-
nach ihren jeweiligen Möglich-                                                                            ten im Handlungsfeld „Ganz-
keiten unter sich auf. So ist der                                                                         tägiges Lernen“ auch Wert
einzelne Verein nicht zu stark                                                                            auf die interkulturelle Öffnung
belastet, zudem lassen sich für                                                                           gelegt. Schule und Ganztag
kurze, überschaubare Zeiträu-                                                                             sollen praktische Hilfen für
me meist besser individuelle                                                                              die Alltagsbewältigung an die
Lösungen finden. Auch Schu-                                                                               Hand bekommen, so dass die
len und Einrichtungen können                                                                              enge Zusammenarbeit mit dem
für wenige Termine leichter                                                                               ebenfalls im RBN verorteten
flexible Lösungen stemmen als                                                                             Handlungsfeld      „Individuelle
für ein gesamtes Schuljahr oder                                                                           Förderung /Inklusion mit dem
Schulhalbjahr.                                                                                            aktuellen Schwerpunkt Migra-
Konkret werden in den ersten                                                                              tion“ gewinnbringend ist.
Wochen des Schulhalbjahres                                                                                So hat sich das RBN im Bereich
die Schülerinnen und Schüler Kanu-Training.                                          Quelle: Kreis Kleve Migration unter anderem das
zum Beispiel zum Gelände des                                                                              Ziel gesetzt, die interkulturel-
ansässigen Kanu – Clubs gefahren, dort      erhalten Kontakte zu vielen Schülerinnen          le Öffnung von Bildungseinrichtungen als
erhalten die Kinder und Jugendlichen über   und Schülern, können sich und ihr Angebot         Baustein gelingender gesellschaftlicher
sechs bis acht Wochen praktisches Training  vorstellen und gewinnen auf diesem Weg            Integration zu unterstützen. Vor diesem
durch ein Vereinsmitglied und können den    Nachwuchssportlerinnen und -sportler.             Hintergrund wird in Kürze die Handrei-
theoretischen Teil im Rahmen der dafür      Bei einem Testlauf an einer Klever Grund-         chung „Interkulturelle Öffnung von Schule
vorgesehenen Stunden in der Schule wahr-    schule waren das Interesse und die Begei-         und Ganztag“ ausgegeben.
nehmen. In den folgenden Wochen wird        sterung offensichtlich erlebbar. In der Eva-      Zusätzlich sollen den Schulen im Kreis Kleve
durch einen weiteren Verein, zum Beispiel   luation wurde auch die nachhaltige Wir-           Unterrichtsmaterialien und Arbeitshilfen in
den örtlichen Judoverein, Sport in der      kung deutlich: Mehrere Kinder hatten sich         Form von ausleihbaren Themenkisten zur
Schulsporthalle angeboten, im letzten Drit- bereits in einem der Vereine angemeldet,          Verfügung gestellt werden, die begleitend
tel eines Schulhalbjahres stünde dann die   andere äußerten zumindest die Absicht.            bei der Vermittlung von interkulturellen
Teilnahme am Leichtathletiktraining durch   Das Modell wird aktuell über Veranstal-           Kompetenzen – nicht nur im Ganztags­
einen anderen Übungsleiter auf dem Plan.    tungen an alle Schulen im Kreis Kleve             bereich – eingesetzt werden können. Diese
Die Schulen und Ganztagseinrichtungen       weiter getragen und in die Zusammen-              Medien eignen sich für Kinder und Jugend-

Grundschulkinder beim Kanu- und Judo-Training.                                                                            Quelle: Kreis Kleve

158
EILDIENST 4/2018                                                                       Schwerpunkt: Regionale Bildungsnetzwerke

liche aller Altersklassen und beziehen sich    Rhein-Waal in Kleve soll allen Interessier-    und Altersklassen Brücken bauen. Neben
auf die folgenden Themen:                      ten in Zukunft ein Sport- und Freizeit­atlas   den vorgenannten Handlungsfeldern ist
• Interkulturelle Bildung                      online und barrierefrei zur Verfügung          auch der Themenkomplex „Berufs- und
• Sprachförderung                              gestellt werden.                               Studienorientierung“ im RBN verortet. Das
• Rassismus und Diskriminierung                Dieser gibt flächendeckend anhand von          Handlungsfeld „Berufs- und Studienorien-
• Flucht und Migration                         Piktogrammen und mit Verweisen auf             tierung“ unterstützt im Wesentlichen die
• Kinderrechte                                 Ansprechpartner, Anschrift und Homepage        Umsetzung des Landesvorhaben KAoA.
Ganz allgemein setzt die Arbeitsgruppe         Auskunft über unterschiedlichste Einrich-      Weitere Informationen gibt es im Internet
Migration auch einen Schwerpunkt ihrer         tungen zur gesellschaftlichen Teilhabe. Zur    unter www.kreis-kleve.de/baikk oder im
Arbeit auf Integration durch Sport und         dauerhaften Integration sind soziale Kon-      Bildungsbüro des Kreises Kleve.
Freizeit. In Zusammenarbeit mit Studen-        takte unerlässlich. Hier können Sport- und
tinnen und Studenten des Studienganges         Freizeiteinrichtungen ansetzen und zwi-                    EILDIENST LKT NRW
„Gender and Diversity“ der Hochschule          schen Menschen verschiedener Kulturen                    Nr. 4/April 2018   40.40.0

Regionales Management für den Übergang in die
weiterführenden Schulen
   Durch strukturierte Zusammenarbeit können Schulen die Qualität der Bildungsübergänge sicherstellen oder sogar
   steigern. Das nachhaltige und langfristige Engagement der StädteRegion Aachen im regionalen Bildungsnetzwerk ist
   eine wichtige Unterstützung der Bildungsakteure bei ihrer Arbeit.

Gute Übergänge sind                            Jahre in Anspruch nimmt. Er beginnt späte-                             DIE AUTOREN
die Basis für erfolgreiche                     stens im zweiten Halbjahr der vierten Klas-
                                               se und endet teilweise erst am Ende der
Bildungsbiografien                             sechsten Klasse. Die SchülerInnen müssen
Jeder Mensch erlebt im Laufe seiner Bil-       mit komplexen Veränderungen und Brü-                                   Ilona Hartung,
dungsbiografie Systemübergänge: Sie            chen umgehen und ihre sozialen Beziehun-                               Mitarbeiterin im
beginnen mit dem ersten Kindergartentag,       gen zu MitschülerInnen und Lehrkräften                                 Bildungsbüro
                                                                                                                      Quelle: Shiar Ali,
setzen sich mit Schulwechseln und dem          neu gestalten.                                                         PHOTO77.eu
Start ins Berufsleben und darüber hinaus       In dieser Zeit braucht es Belastbarkeit und
fort. Übergangsprozesse bieten Chancen,        Widerstandsfähigkeit sowie die Kenntnis
sind aber oft mit Herausforderungen ver-       der eigenen Stärken, um auf sie zurück-
bunden – man verlässt vertraute Umge-          greifen und sie ausbauen zu können. Kin-
bungen, muss neue Verhaltensweisen ent-        der mit Gefühls- oder Verhaltensstörungen                              Dr. Sascha Derichs,
wickeln und sich umstellen. Gerade Über-       oder Kinder in schwierigen Lebenssitua-                                Amtsleiter
gänge in den ersten Lebensjahren – von der     tionen benötigen eine besonders sensible                               Bildungsbüro,
Kindertagesstätte in die Grundschule und       und intensive Begleitung, um Sicherheit                                StädteRegion Aachen
                                                                                                                      Quelle: Anette Berns
von dort aus in die weiterführende Schule      zu gewinnen. Das erfordert viel Aufmerk-
– haben maßgeblichen Einfluss auf den          samkeit der Verantwortlichen auf der indi-
Erfolg von Bildungsbiografien. Ein gün-        viduellen und der zwischenmenschlichen         Unterstützung für Bildungs­
stiger Transitionsverlauf stärkt das Selbst-   Ebene.                                         verantwortliche durch Kreise
konzept sowie die Motivation und fördert       Die Schulleitungen und Lehrkräfte des
die kindliche Entwicklung. Ein ungünstiger     Primar- und Sekundarbereichs haben eine        „Um Übergänge pädagogisch professio-
Verlauf führt zu Anpassungsschwierigkei-       Schlüsselfunktion bei der Gestaltung des       nell, individualisierend und lernförderlich
ten, ggf. zu Rückzug und Verweigerung.         Übergangs – auch für sie ist der Übergang      zu gestalten, werden verbindliche Koope-
                                               eine Herausforderung. Einerseits brauchen      rationskontexte für die Grundschul- und
                                               sie für die Begleitung des Übergangspro-       Sekundarschullehrkräfte benötigt. Ein ziel-
Besonderheiten des Übergangs                   zesses besondere Qualifikationen, z.B.         gruppenbezogenes        Übergangsmanage-
von der Primar- zur Sekundar-                  differenzierte Kenntnisse im Bereich Dia-      ment mit Netzwerkcharakter innerhalb der
stufe                                          gnostik von Kindern und der Beratung von       Kommunen mit ihren Schulstandorten und
                                               Eltern – insb. auch bei einer zunehmend        -profilen kann hierfür ein Ausgangspunkt
Insbesondere der Übergang zur weiter-          heterogeneren Schüler- und Elternschaft        sein.“2
führenden Schule ist stärker als vorherge-     (im Sinne von Inklusion und Integration).
                                                                                              1
hende Übergänge mit einem Leistungs-           Andererseits ist die Zusammenarbeit zwi-           vgl. Daniel Mays (2015): Transparenz als
anspruch und einer damit zusammenhän-          schen aufnehmender bzw. abgebender                 wirksamer Faktor schulischer Transition.
                                                                                                  Schulpädagogik heute, 6(12
genden Selektionsentscheidung verknüpft.       Schulformen im Hinblick auf Unterschiede       2    Beutel (2013): Übergang in die Sekundar-
                                                                                                   
Zudem ist der Wechsel von der Primar- in       und Gemeinsamkeiten in der Lehr- und               stufe I, in: Bellenberg, Forell (Hg.): Bildungs­
die Sekundarstufe ein Prozess, der mehrere     Lernkultur ein weiterer wichtiger Faktor.1         übergänge gestalten

                                                                                                                                             159
Schwerpunkt: Regionale Bildungsnetzwerke                                                                                    EILDIENST 4/2018

Gelingende Übergänge hängen demnach              Grenzen der Kommunen hinausgehende             Bildung: Die Rolle von Kreis­
von der Qualität der Zusammenarbeit der          Zusammenarbeit der Akteure ist ein Mehr-       verwaltungen ändert sich
Bildungsakteure ab. Solche „professionelle       wert des städteregionale Bildungsnetz-
Lerngemeinschaften“3, die institutions-          werks für die Kommunen.                        Die Rolle der Kommunen bei der Gestal-
und kommunenübergreifend zusammen                Ein wesentliches Ziel im städteregiona-        tung von Bildung und Bildungsprozessen
arbeiten, fördert die StädteRegion im            len Netzwerk sind Qualitätsstandards für       vor Ort hat in den letzten Jahren stark an
Übergang von der Primar- zur Sekundar-           diesen Übergang, die allen Beteiligten in      Bedeutung gewonnen. Städte und Kreise
stufe (ÜPS) – aber auch für alle weiteren        der Region zur Verfügung stehen und zur        wollen Bildungschancen für junge Men-
Übergänge von der Kita bis zur Ausbildung        flächendeckenden Qualitätssicherung bei-       schen positiv beeinflussen und sehen ihre
oder zum Studium. Das Ziel ist eine effek-       tragen können. In enger Zusammen­arbeit        Verantwortung vor allem darin, die Akteu-
tive Zusammenarbeit der Schulformen zu           mit den beteiligten Akteuren wurden            re vor Ort sorgfältig und zielgerichtet
stärken. Von verlässlichen Übergangs-            Empfehlungen zur Gestaltung des Über-          zusammenzuführen und einzubinden. Es
strukturen profitieren schließlich alle Betei-   gangs und der Kooperation für Lehrkräfte       geht um die Nutzbarmachung der Mehr-
ligten – Lehrkräfte ebenso wie SchülerIn-        der Primar- und Sekundarstufe entwickelt       werte und Potenziale, die eine in der Regi-
nen und ihre Eltern.                             und veröffentlicht. Diese bieten u.a. Infor-   on vernetze Bildung bietet5. Traditionell
Die StädteRegion Aachen setzt für das            mationen zur Kooperation zwischen den          sind Kommunen für die Rahmenbedingun-
Übergangsmanagement „Frühe Bildung“              Schulformen und zum Umgang mit förder-         gen und das Land für die Inhalte von Schu-
im Amt 43 – Bildungsbüro Aachen seit             bedürftigen Kindern im Übergang sowie          le zuständig. Dieses Handeln verändert
2010 eine Mitarbeiterin in Vollzeit ein.         Praxisbeispiele zur Übergangsgestaltung.       sich jedoch stetig, denn Bildung und syste-
Diese Mitarbeiterin ist zentrale Ansprech-       Die Empfehlungen sind praxisorientiert:        matische Schulentwicklung werden für
partnerin für die Bereiche „Übergang von         Für die oben genannten Themenbereiche          die Kommunen immer mehr zu entschei-
der Elementar- in die Primarstufe (ElPri)“,      werden die Strukturen der Zusammen­        -   denden Standortfaktoren. Eine gute Über-
„Gestaltung Offener Ganztagsschulen“             arbeit in Form einer Checkliste erläutert      gangsgestaltung ist ein Qualitätsmerkmal
und „Übergang von der Primar- in die             und deren verbindliche Festlegung emp-         für gute Bildung. Sie fördert die Menschen
Sekundarstufe (ÜPS).                             fohlen.                                        und führt zu mehr Chancengleichheit.
Über diese gelingensbedingenden Res-
sourcen (Personal- und Sachkosten)4 kön-
                                                   Die „Steuergruppe ÜPS“ plant darüber         sen der GrundschullehrerInnen zurück-
nen die notwendigen Kooperationsstruktu-
                                                   hinaus Aktivitäten passend zum Bedarf        greifen. Eingeführt wurde das Konzept
ren aufgebaut und fortgeführt werden, die
                                                   in der Region, die vom Bildungsbüro          vom Bildungsbüro nach dem Vorbild im
ihrerseits ins Regionale Bildungsnetzwerk
                                                   umgesetzt werden, u. a.:                     Kreis Düren. Vier von zehn Kommunen
eingebunden werden. Der Transfer von
                                                                                                richten mittlerweile Lehrersprechtage
Know-How, Erfahrung und Problemlagen
                                                                                                aus.
ist somit auch zu anderen Handlungsberei-          Fachveranstaltungen mit                      Entwicklung von Materialien: Es wurde
chen (Kulturelle Bildung, Schulentwicklung         regional und bundesweit                      der „Methodenpass“ konzipiert, der
etc.) möglich.
                                                   renommierten ExpertInnen                     eine Übersicht über die Methodenkennt-
                                                                                                nisse von Grundschulkindern gibt.
                                                   Städteregionale Lehrersprechtage – zen-      Schulspezifische     Übergangsoptimie-
ÜPS in der Praxis                                  trale Termine in Kommunen statt ein-         rung: Die Schulen werden dabei unter-
                                                   zelner Erprobungsstufenkonferenzen:          stützt, ihre jeweiligen Übergangskon-
Die Zusammenarbeit im Übergang von der
                                                   In persönlichen Gesprächen erhalten          zepte zu prüfen und optimieren. Bei
Primar- zur Sekundarstufe ist kein neues
                                                   Grundschullehrkräfte eine Rückmeldung        einem Treffen der Verantwortlichen
Thema. In einigen städteregionsangehöri-
                                                   dazu, wie sich die Kinder nach dem           der Erprobungsstufen haben z.B. die
gen Kommunen gibt es eine große Vielfalt
                                                   Schulwechsel entwickeln. Die Lehrkräfte      weiterführenden Schulen Gelegenheit,
von einzelnen Konzepten und Angeboten.
                                                   der jeweils neuen 5. Klassen der weiter-     Ideen zur besseren Gestaltung mitzu-
Das reicht von Kooperationskalendern
                                                   führenden Schulen können auf das Wis-        nehmen.
bis hin zu Arbeitskreisen (z.B AK PriSe in
der Stadt Aachen). Das Bildungsbüro hat
die Zusammenarbeit der Akteure sowohl            Dass sich die vorhandenen Strukturen und       Damit erhöht sich letztlich die Attraktivität
inhaltlich als auch organisatorisch intensiv     Materialien auch in der Praxis bewährt         der Kommunen. Die StädteRegion Aachen,
unterstützt.                                     haben, zeigen zwei aktuelle Beispiele mit      die ihr Selbstverständnis als Bildungs- und
Dazu galt es in Abstimmung mit den               der Verknüpfung und Einbindung der The-        Wissensregion bereits bei ihrer Gründung
relevanten Akteuren paritätisch besetzte         menbereiche Inklusion und Integration          in ihrem Leitbild verankert hat, übernimmt
Netzwerkgruppen zu gründen, die auf              Neuzugewanderter in die Arbeit im Über-        daher als Kreisverband eine zunehmend
Ebene der Städte-Region wirken und aus-          gang.                                          wichtige Form der Standortförderung für
gerichtet sind. So entstanden kommunale          Weitere Ämter und Institutionen sind ins       die regionale/kommunale Ebene.
Netzwerkgruppen zu den Themen Eng-               Netzwerk eingebunden worden. Die vor-
lisch oder Deutsch im Übergang. In diesen        handenen Strukturen (z.B. die kommu-                       EILDIENST LKT NRW
Netzwerkgruppen werden die aktuelle und          nalen Lehrersprechtage) und Materialien                 Nr. 4/April 2018   40.40.04
künftige Situation in der Region analysiert      (Empfehlungen) werden um die entspre-
                                                                                                3
und Handlungsstrategien, die praktisch           chenden Themen und Informationen zu                 gl. Huber, Ahlgrimm (2012): Kooperation
                                                                                                    v
                                                                                                4   vgl. Rombey (2015), Kommunale Bildungs-
und regional umsetzbar sind, an die Lehr-        Angeboten und regionalen Ansprechpart-
                                                                                                    landschaften, in: Schulverwaltung NRW
kräfte weitergegeben. Zur Unterstützung          nern (insb. Kommunale Integrationszen-             Nr. 3
der Fachkräfte vor Ort werden praxisrele-        tren, Bildungskoordinatoren, Schulauf-         5
                                                                                                     vgl. Suthues (Hg.) (2016): Potenziale und
                                                                                                     
vante Materialien für die Zusammenarbeit         sicht/Fachberatung der Bezirksregierung,           Herausforderungen vernetzter Bildung in der
erarbeitet. Diese systematische, über die        schulpsychologischer Dienst) erweitert.            Kommune

160
EILDIENST 4/2018                                                                      Schwerpunkt: Regionale Bildungsnetzwerke

Kinderschutz vernetzt – Schule, Jugendhilfe und
Gesundheit ziehen an einem Strang
    Ziel des Kreises Düren ist, den Schutz aller Kinder und Jugendlichen in seinen 15 kreisangehörigen Kommunen zu
    gewährleisten. Wie gelingt es, dass die Fachkräfte aus verschiedenen Professionen und Arbeitsbereichen ihre Kompe-
    tenzen bündeln und abgestimmt in gemeinsamer Verantwortung handeln? Diese Frage stellte sich den Schulen im Kreis
    Düren mit der Einführung des Schulgesetzes NRW im Jahr 2006. Dieses formuliert in § 42 Abs. 6 den Auftrag „jedem
    Anschein von Vernachlässigung oder Misshandlung nachzugehen. Die Schule entscheidet rechtzeitig über die Einbezie-
    hung des Jugendamtes oder anderer Stellen.“

I m Kreis Düren mit einem Stadtjugendamt
  und einem Kreisjugendamt und damals
ca. 100 Grundschulen, Förderschulen und
                                              Hierzu sollte eine Kooperationsvereinba-
                                              rung abgeschlossen werden. Eine Steuer-
                                              gruppe erarbeitete vorerst als Probelauf
                                                                                              tätigen Personen und Institutionen und
                                                                                              den bewährten Kooperationen im Primar-
                                                                                              bereich bekannt zu machen.
weiterführenden Schulen wurde 2007 ein        eine Konzeption für die Zusammenarbeit
langjähriger Entwicklungsprozess – begin-     von Jugendamt und Grundschulen nur für
nend im Primarbereich – angestoßen.           die Stadt Düren, sowie Eckpunkte für eine       Entwicklung braucht Kümmerer
Heute gibt es kreisweit klare, verbindlich    Fortbildung. Diese umfasste einen abge-         vor Ort und klare Signale
vereinbarte und nachhaltige Strukturen der    stimmten Ablaufplan für (Verdachts-)Fälle
Zusammenarbeit von Schule, Jugendhilfe,       von Kindeswohlgefährdung sowie Formu-           Aufgrund der unterschiedlichen Organisa-
Gesundheit und weiteren Institutionen im      lare zur Dokumentation und Kommunika­           tionsstruktur im staatlichen Bildungswesen
kooperativen Kinderschutz.                    tion zwischen den beiden Arbeitsberei-          und in der kommunalen Jugendarbeit sind
                                              chen.                                           in der Zusammenarbeit zahlreiche Hürden
                                                                                              zu überwinden. Als Entwicklungs- und
Entwicklung braucht Anstöße                                                                   Prozessbegleiter für staatlichkommuna-
                                              Entwicklung braucht                             le Kooperationen bieten sich daher die
Nicht nur die Verpflichtung durch das         Meilensteine und Zeit                           Regionalen Bildungsbüros an.
Schulgesetz, sondern auch Pressemel-
dungen zu Kindesmissbrauch bzw. Ver-          Als sehr hilfreich erwies sich die Strategie,
nachlässigung und Verunsicherungen auf        die große Herausforderung einer kreiswei-
Seiten der Schulen gaben den Anstoß für       ten Etablierung des „kooperativen Kinder-
die Initiative der Schulaufsicht im Primar-   schutzes“ in kleinen Schritten voranzu­
bereich. Die Schulrätin wollte den damit      bringen.
zusammenhängenden vielen Fragen nach-         Von der Stadt in den Kreis: Zwei Tagun-
gehen: Welche Institutionen können bei        gen der Schulleitungen mit Vertretungen
einem Verdacht auf Kindeswohlgefähr-          des Kreisjugendamtes markierten 2008
dung unterstützen? Was kann und was           den Beginn des Ausbaus der Zusammen-
muss Schule hier leisten? Welche Informa-     arbeit in die Fläche. Die zuvor entwickelte
tionen sollen/dürfen ans Jugendamt wei-       Konzeption für das Gebiet der Stadt Düren
tergegeben werden? Wann? Durch wen?           wurde für das Kreisgebiet angepasst. Auch
In welcher Form?                              hier wurden Lehrkräfte und pädagogi-
Um mehr über die Institutionen der Jugend-    sche Fachkräfte des außerunterrichtlichen       Netzwerk.            Quelle: Bengisu Doganer
hilfe, deren Strukturen, Handlungslogiken,    Angebots der Ganztagsschulen für die
Methoden und Angebote zu erfahren, tra-       Zusammenarbeit mit den Jugendämtern             Seit der Vereinbarung zwischen dem Land
fen sich zunächst alle Schulleitungen der     qualifiziert. Die Kommunen des Kreises          NRW und dem Kreis Düren im Januar
Grundschulen der Stadt Düren, der Leiter      wurden über die Entwicklung informiert.         2009, die Bildungsregion Kreis Düren
des städtischen Jugendamtes und Mitar-        2009 unterzeichneten alle Schulleitungen        gemeinsam weiterzuentwickeln und dafür
beiterinnen und Mitarbeiter der Sozialen      der 54 Grundschulen und 11 Förderschu-          ein Regionales Bildungsbüro einzurichten,
Dienste (ASD) sowie die Fachberatung          len mit den Jugendämtern von Stadt und          sind die Einrichtungen der öffentlichen
des LVR-Landesjugendamtes Rheinland           Kreis Düren die gemeinsam erarbeiteten          und freien Jugendhilfe in Gremien des
zu einer zweitägigen Klausurtagung. Am        Kooperationsvereinbarungen.                     Regionalen Bildungsnetzwerks vertreten.
Ende der Tagung stand der gemeinsame          Vom Primarbereich in den Sekundarbe-            Mit dem Beschluss des Lenkungskreises
Wille einer strategischen Zusammenarbeit.     reich: Die Erfahrung im Primarbereich hat       im Bildungsnetzwerk, den „kooperativen
                                              gezeigt: Nachhaltige Zusammenarbeit lässt       Kinderschutz“ auf den Sekundarbereich
                     DIE AUTORIN              sich nicht verordnen – sie muss gemeinsam       auszuweiten, wurde dieses Steuerungs-
                                              entwickelt werden. Mit dem im Oktober           gremium um die Leitungen der beiden
                                              2011 bereits vorliegenden Entwurf des           Jugendämter erweitert. Damit war ein
                     Margret Sieben,          neuen Bundeskinderschutzgesetzes, wel-          weiterer wichtiger Schritt zu einem Han-
                     Pädagogische             ches 2012 in Kraft trat, war ein Anlass         deln in gemeinsamer Verantwortung für
                     Mitarbeiterin, Regio-    gegeben, die weiterführenden Schulen in         das Wohl der Kinder und Jugendlichen
                     nales Bildungsbüro       einer Regionalkonferenz mit den gesetz-         der Region vollzogen. Mit der Auftakt-
                     Kreis Düren              lichen Grundlagen, den im Kinderschutz          veranstaltung 2011 wurden die weiter-

                                                                                                                                     161
Sie können auch lesen