Ein Klima der Veränderung? Ergebnisse des Weltklimagipfels in Bali 2007
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Nummer 3 2008 4,- Euro ISSN 1862-3581 Ein Klima der Veränderung? Ergebnisse des Weltklimagipfels in Bali 2007 Astrid Fritz Carrapatoso Vom 3. bis 14. Dezember 2007 trafen sich Regierungsvertreter aus aller Welt zu einer Weltklimakonferenz auf Bali, Indonesien. Wie bereits ein Jahr zuvor in Nairobi, Kenia, waren mit dieser Konferenz große Hoffnungen verbunden, konkrete Zielsetzungen für die Verhandlungen von 2009 an über ein neues Klimaschutzabkommen zu verabschie- den. Dieses Abkommen soll das im Jahre 2012 auslaufende Kyoto-Protokoll ersetzen. Die beiden Verhandlungswochen zeigten einmal mehr, wie festgefahren die Positionen waren. Verzweifelt wurde schließlich ein Tag nach Beendigung der Konferenz ein Kom- promiss ausgehandelt. Analyse: Aufgrund des vorab veröffentlichten Berichtes des International Panel on Climate Change (IPCC) und der im Vorfeld bekannten Zielsetzungen der Europäischen Union (EU) waren die Erwartungen bezüglich konkreter Vorgaben in der „Bali Roadmap“ hinsichtlich der Verringerung der Treibhausgasemissionen sehr hoch. Diese Erwar- tungen konnten nicht erfüllt werden. Die Verhandlungen erwiesen sich mehr als ein machtpolitisches Spiel zwischen den USA, der EU sowie den Schwellen- und Entwicklungsländern denn als inhaltliche Auseinandersetzung. Ein Patt stellte sich bereits nach einer Woche ein. Trotz der unnachgiebigen Haltung insbesondere auf Seiten der USA und der Schwel- len- und Entwicklungsländer zeichnet sich ein Bewusstseinswandel ab. Die EU konnte ihre Verhandlungsziele weitgehend durchsetzen, nicht aber ihre For derung nach konkreten Emissionszielen. Im Abschlussdokument wurde zwar die Rolle multilateraler Institutionen in der Klimaschutzpolitik thematisiert, jedoch nicht ihre Stärkung. Schlagwörter: Klimawandel, Weltklimagipfel, Global Governance www.giga-hamburg.de/giga-focus
1. Auf dem Weg nach Bali die Beteiligung am weltweiten Klimaschutz nach Verantwortung und entsprechenden Kapazitäten Dass die verheerenden Folgen des Klimawandels differenziert werden müsse. zumindest in der Öffentlichkeit ernst genommen Ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg nach werden, zeigt die Tatsache, dass Klimaschutz auf Bali waren die Klimagespräche der Ad-hoc-Arbeits- der politischen Agenda ganz weit nach oben ge- gruppe (AWG 4) in Wien, an denen alle 192 Ver- rückt ist. Sowohl der Friedensnobelpreis für den In- tragsstaaten des UNFCCC teilnahmen. Während ternational Panel on Climate Change (IPCC) und den des Treffens wurden Bausteine eines neuen Klima- ehemaligen US-Vizepräsidenten Al Gore als auch schutzregimes diskutiert. die Klimapolitik der Europäischen Union (EU) und Der IPCC legte 2007 vier Berichte zur Beurtei- Deutschlands sind Ausdruck großer Sensibilität lung des Klimawandels vor. Eine Zusammenfas- für dieses Thema. Die Verabschiedung eines um- sung aller vier Berichte sollte jeder Staatendelega- fassenden Energie- und Klimaprogramms kurz vor tion als Grundlage für die Verhandlungen dienen. der Weltklimakonferenz in Bali sollte Deutschlands Auch wenn die Ergebnisse des IPCC in manchen Vorreiterrolle in Sachen Klimaschutz nochmals be- Kreisen immer noch umstritten sind (vgl. Mangini kräftigen. Ebenso vorbildhaft erschienen bereits zu 2007; Lomborg 2007), ist es die Vielzahl der Befunde, Beginn der Verhandlungen die Zielsetzungen der die in die Berichte einfließen, die das Gesamtergeb- EU, die u. a. eine Senkung des CO2-Ausstoßes sei- nis glaubwürdig machen. Inzwischen ist sich der tens der Industrienationen zwischen 25 und 40 Pro- Großteil der Wissenschaftler einig, dass der Klima- zent anstreben. Dabei stellt sich immer wieder die wandel nicht mehr rückgängig gemacht werden Frage, ob es sich hierbei nur um symbolische Politik kann, dass die derzeitige Erderwärmung höchst- handelt oder ob die Staaten ein genuines Interesse wahrscheinlich auf menschliche Aktivitäten zu- haben, mit vereinten Kräften eine effektive Klima- rückzuführen ist, dass die Konzentration der Treib- politik zu betreiben, die den düsteren Prognosen re- hausgase in der Atmosphäre weiter steigen wird nommierter Klimaforscher entgegenwirken kann. und dass aufgrund dieser Tatsachen dringend ge- handelt werden muss und nur gemeinsames Han- deln den Klimawandel aufhalten kann (IPCC 2007). 2. Günstige Rahmenbedingungen – hohe Die zahlreichen Dialoge und Konferenzen über den Erwartungen Klimawandel verdeutlichen, dass die Staaten sen- sibler auf diese Erkenntnisse reagieren. Aufgrund Die Rahmenbedingungen schienen insgesamt güns dieser Entwicklung zeigte sich Achim Steiner, Exe- tig zu sein. Nicht nur, dass der Klimawandel in der kutivdirektor der UN-Umweltbehörde (UNEP), zu- Öffentlichkeit allgegenwärtig war, auch in der Poli- versichtlich und schätzte die Voraussetzungen für tik bewegte sich etwas. Ein entscheidendes Ereignis erfolgreiche Gespräche über die globale Verminde- war der G8-Gipfel in Heiligendamm im Juni 2007. rung des CO2-Ausstoßes optimistischer ein als noch Bereits zuvor hatte Bundesumweltminister Gabriel im Vorjahr in Nairobi. Auch Umweltaktivisten hat- die Umweltminister der G8-Staaten sowie die der ten vor der Konferenz den Eindruck, dass sich die wichtigsten Schwellenländer China, Indien, Brasi- Stimmung geändert habe und wirklicher Wille zu lien, Mexiko und Südafrika nach Potsdam einge- Verhandlungen vorhanden sei. Die Erwartungen laden, um die Interessenlage zu klären. Ziel war an die Verhandlungen in Bali waren im „Klimajahr es, dadurch eine Grundlage für konstruktive Ver- 2007“ dementsprechend hoch. handlungen im Rahmen sowohl des G8-Gipfels als auch der Weltklimakonferenz in Bali zu schaffen. Während des G8-Gipfels war Klimaschutz eines 3. Was verhandelt werden sollte der wichtigsten Themen. Im Abschlussdokument einigten sich die G8-Staaten darauf, basierend auf Die Weltklimakonferenz in Bali war mit über 10.000 dem Rahmenabkommen der Vereinten Nationen Teilnehmern aus 189 Staaten die bisher größte Welt- über Klimaänderungen (UNFCCC) und den wissen klimakonferenz. Ziel der Konferenz war es, den Weg schaftlichen Berichten des IPCC, gemeinsam gegen für weitere Verhandlungen über ein Folgeabkom- den Klimawandel vorzugehen und die Konzentra- men des Kyoto-Protokolls zu ebnen, da dieses im tion der Treibhausgase in der Atmosphäre zu stabi- Jahr 2012 auslaufen wird. Das in Bali zu beschlie- lisieren. Gleichzeitig wurde darauf verwiesen, dass ßende Verhandlungsmandat, die „Bali Roadmap“, GIGA Focus Global 3/2008 --
sollte Kernthemen beinhalten, auf denen ein neu- Protokolls erarbeitet. Die EU forderte eine Begren- es Klimaschutzregime aufgebaut werden könnte. zung der globalen Erwärmung auf zwei Grad Cel- Zudem sollte es Methoden zum Klimaschutz und sius über der vorindustriellen Temperatur, weiter einen genauen Zeitplan für weitere Verhandlungen reichende verpflichtende Emissionssenkungen in erstellen. den Industrieländern, faire und wirksame Beiträge Das Kyoto-Protokoll schreibt vor, dass die Indus- durch andere Länder, Stützung und Erweiterung des triestaaten ihre Emissionen klimaschädlicher Gase Kohlenstoffmarktes, vermehrte Zusammenarbeit in bis zum Jahr 2012 auf 5,2 Prozent im Verhältnis zum den Bereichen Forschung, Entwicklung und Einsatz Basisjahr 1990 drosseln. Gleichzeitig werden durch sauberer Technologien, größere Bemühungen um das Protokoll die Mechanismen des Emissionsrech- eine Anpassung an den Klimawandel, Auseinander- tehandels (Emission Trading), der umweltverträg- setzung mit den Emissionen aus der internationalen lichen Entwicklung (Clean Development Mechanism) Luft- und Schifffahrt sowie eine Verringerung der und der gemeinsamen Umsetzung (Joint Imple- durch Entwaldung verursachten Emissionen (Euro- mentation) eingeführt (vgl. Kyoto-Protokoll). Diese päische Kommission 2007). Unter anderem um ihr drei Mechanismen bedürften laut Simonis (2006) in Gesicht zu wahren und das Bild des europäischen einem Folgeabkommen einer Nachjustierung, da Vorreiters in Sachen Klimapolitik zu bestätigen, war zurzeit ein regionales Ungleichgewicht bezüglich es für die EU besonders wichtig, den Großteil ihrer des Clean-Development-Mechanismus bestehe und Forderungen bereits in der „Bali Roadmap“ zu ver- der Emissionsrechtehandel unzureichend oder bis- wirklichen. Allerdings wäre bei einem Beharren auf her gar nicht implementiert sei. Außerdem sei kein der Festsetzung konkreter Emissionsziele das ganze einheitliches Energieeffizienzkonzept vorhanden, Mandat zum Scheitern verurteilt gewesen, da die das für die effektive gemeinsame Umsetzung not- USA niemals zugestimmt hätten. wendig wäre. Seiner Meinung nach sollte über die Inzwischen ist allen Beteiligten klar, dass mit al- Ergänzung der bisherigen Mechanismen durch eine len Mitteln versucht werden muss, die USA in eine weltweite CO2-Steuer und über eine Doppelstrate- internationale Klimaschutzpolitik einzubinden. An- gie, d. h. eine Verbesserung des Kyoto-Protokolls dere Staaten, insbesondere Schwellen- und Entwick- und die Schaffung eines Technologieprotokolls, lungsländer, machen beispielsweise ihren Beitrag nachgedacht werden. Zusätzlich müssten die be- von dem der USA abhängig. Durch das Einlenken stehenden umweltpolitischen Institutionen gestärkt der USA waren auch sie bereit, über einen Beitrag werden. All diese Aspekte seien in Nairobi nicht im Klimaschutz nachzudenken und dies auch im diskutiert worden (Simonis 2006). In Bali werde „Bali Action Plan“ zu formulieren. Obwohl die USA sich zeigen, ob die Teilnehmerstaaten aus den Ver- letztendlich dem Abschlussdokument zustimmten handlungen in Nairobi gelernt hätten und sich auf und somit ein Scheitern des Verhandlungsprozesses konkretere Maßnahmen einigen können. verhinderten, streben sie nach wie vor Alternativen an, um ihre eigenen Ziele durchzusetzen, wie bei einem Major Economies Meeting on Energy Security 4. Ein Klima der Veränderung – Die Rolle der and Climate Change (MEM) mit den 17 Hauptemit- USA und der EU tenten von Treibhausgasen in Hawaii im Januar 2008. Die MEMs sind eine neue Initiative der Regie- Die Verhandlungsparteien konnten und wollten rung Bush und sehen laut Agenda u. a. vor, im Jahr sich nicht auf konkrete Reduzierungsziele, das Ziel 2008 ein Abkommen zu treffen, in dem langfristi- einer Maximalerwärmung um zwei Grad Celsius ge globale Ziele im Hinblick auf die Senkung der oder ein Äquivalent einlassen. Stattdessen wird in Treibhausgase festgelegt werden. Diese Initiative ist einer Fußnote auf den Beitrag der Arbeitsgruppe III ein Ergebnis des G8-Gipfels 2007 in Heiligendamm. des IPCC verwiesen, ohne im Haupttext genauer Das erste Treffen fand bereits im Vorfeld der Klima- auf dessen Inhalt einzugehen. Dies ist sicherlich ein konferenz in Bali im September 2007 statt. Grund- Aspekt, der seitens der Medien, Umweltschützer sätzlich wurde diese Initiative auch auf dem Gip- und Wissenschaftler, aber auch von manchen Teil- fel der Asia-Pacific Economic Cooperation (APEC) in nehmerstaaten und der EU kritisiert wurde. Im Ge- Sydney im vergangenen Jahr begrüßt. Jedoch wird gensatz zu den USA hat die EU am 30. Oktober 2007 darauf verwiesen, dass die MEMs als Beitrag für ein acht Verhandlungsziele für die „Bali Roadmap“ neues Klimaschutzabkommen im Jahr 2012 im Rah- und somit für ein Nachfolgeabkommen des Kyoto- men der UNFCCC gesehen werden müssen. GIGA Focus Global 3/2008 --
Sollten die USA die MEMs als ernsthafte Alter- Ein Bewusstseinswandel seitens der US-Bevölke- native statt als Ergänzung zum Verhandlungspro- rung kann daher durchaus verzeichnet werden und zess der internationalen Institutionen betrachten, stimmt für die Zukunft optimistisch. untergräbt diese Initiative erneut die Anstrengun- Zudem ist erwähnenswert, dass es eine Klima- gen innerhalb der UN und widerspricht den Aus- politik in den USA auch auf Bundesebene gibt, die sagen, die während des letzten APEC-Gipfels ge- bisher weitgehend auf dem Freiwilligkeitsprinzip troffen wurden und Klimaschutzpolitik als inner- gründet. Und dies scheint der springende Punkt zu halb der UN-Institutionen angesiedelt dargestellt sein. Die USA haben auch im Rahmen der Klima- hatten. Wie erfolgreich die MEMs sein und ob sie konferenz in Bali für Reduzierungsziele auf freiwil- tatsächlich einen wertvollen Beitrag auf dem Weg liger Basis plädiert. Für verbindliche Regeln wollen zu Kyoto II leisten können, wird sich in den nächs- sie sich allerdings nicht einsetzen. Zu vermuten ist ten zwei Jahren zeigen. Die Hoffnungen auf einen hier das Wirken einer starken Business-Lobby, die politischen Kurswechsel und somit erfolgreiche sich gegen verbindliche Emissionsziele zur Wehr Verhandlungen über ein neues Klimaschutzabkom- setzt. Inzwischen hat allerdings auch die US-ame- men ruhen auf den nächsten US-Präsidentschafts- rikanische Wirtschaft den Klimaschutz für sich ent- wahlen. Denn die oppositionellen Demokraten ha- deckt und fordert von der Regierung sogar härtere ben bereits angekündigt, dass es mit ihnen an der Gesetze und Auflagen, um die Treibhausgasemissi- Macht verbindliche Reduzierungsziele für Treib onen signifikant zu drosseln. Beispielsweise haben hausgasemissionen geben wird. Das zeigt beispiels- sich zehn große Firmen, darunter der Ölkonzern weise das im Dezember vom Kongress verabschie- BP America oder der Energiekonzern General Elec- dete Gesetz zu mehr Energieeffizienz einschließlich tric zu einem United States Climate Action Partner- Verbrauchsrichtwerten für Automobile sowie der ship (USCAP) zusammengeschlossen und fordern vom U.S. Senate Committee on Environment and Public ebendiese Ziele. Um Wettbewerbsvorteile durch ge- Works abgesegnete Gesetzesentwurf zu verbindli ringe Umweltstandards zu vermeiden, wären inter chen Emissionszielen. Australien hat es bereits vor- national verbindliche Regelungen von Vorteil, da geführt und unter dem neuen Premierminister Ke- dann auch die Schwellenländer China und Indien vin Rudd das Kyoto-Protokoll ratifiziert. Somit hat sowie die Entwicklungsländer einbezogen werden die Regierung Bush einen ihrer wichtigsten Ver- könnten. Diese hingegen haben zwar in Bali zum bündeten verloren. Das Einlenken während des G8- ersten Mal zugestanden, über Grenzwerte nachzu- Gipfels und innerstaatliche Entwicklungen im Be- denken, möchten allerdings ihr rasantes wirtschaft- reich Klimaschutz sind bereits jetzt erste Anzeichen liches Wachstum nicht gefährdet sehen. dafür, dass die USA von ihrer vormals starren und abwehrenden Haltung in Bezug auf die internatio- nale Klimapolitik mit konkreten Richtwerten Schritt 5. Ergebnisse für Schritt abweichen. Einer der Gründe liegt sicherlich im internatio- Die Konferenz in Bali und das Ringen um einen nalen öffentlichen Druck, dem die USA aufgrund Kompromiss haben gezeigt, dass der Handlungs- ihrer Verweigerungshaltung bezüglich des Kyoto- druck auf die US-Regierung steigt, sowohl von in- Protokolls ausgesetzt sind. Ein weiterer und viel- nen als auch von außen. Die Verhandlungen wirk leicht wichtigerer Grund kann in den innerstaat ten bis zum Schluss wie verbissener Machtkampf lichen Entwicklungen gefunden werden. So haben und reine Interessenpolitik. Ausdruck dafür war sich US-Bundesstaaten im Nordosten zu einer Regi- das sich bereits nach einer Woche einstellende Patt onalen Treibhausgasinitiative zusammengeschlossen. zwischen den USA, der EU sowie den Schwellen- Im Westen ist Kalifornien die treibende Kraft und und Entwicklungsländern, insbesondere China und bildet zusammen mit Oregon und Washington ein Indien, da diese nicht bereit waren, von ihren Po- vergleichbares Bündnis. In diese Reihe haben sich sitionen abzuweichen. Die Haltung der Regierung kürzlich neun weitere Bundesstaaten im Mittleren Bush indes erschien aufgrund der angesprochenen Westen eingegliedert. Diese Bundesstaaten haben innerstaatlichen Hintergründe schwer nachvoll- durchaus ehrgeizige Maßnahmen beschlossen, die ziehbar. Auch wenn das Gesamtergebnis die hohen Treibhausgasemissionen nach den Vorgaben des Vorerwartungen nicht erfüllen konnte, demons- Kyoto-Protokolls zu vermindern und beispielswei- trierte der gesamte Prozess, dass auf diese Weise se den Emissionsrechtehandel zu implementieren. keine Lösungen für den Klimawandel gefunden GIGA Focus Global 3/2008 --
werden können. Das haben letztendlich alle Par- lokale Bevölkerung wegen der damit verbundenen teien am Ende dieses Verhandlungsmarathons ein- Umweltschäden langfristig mit gravierenden Pro- sehen müssen. blemen konfrontiert. Während der Konferenz ei- Betrachtet man die Schwierigkeiten, die diese nigte man sich auf eine Art Belohnungsprinzip, um Verhandlungen mit sich brachten, kann die Eini- die Entwicklungsländer zu motivieren ihre Wälder gung auf ein Verhandlungsmandat, insbesondere zu schützen. Der Weltbank-Chef Robert Zoellick im Vergleich zu den Ergebnissen der Klimakonfe- versprach zusätzliche Mittel in Höhe von 300 Mio. renz 2006 in Nairobi, durchaus als Erfolg gewertet US$, um Entwicklungsländern zu helfen, ihre durch werden. Bundesumweltminister Sigmar Gabriel Abforstung entstehenden Treibhausgasemissionen zeigte sich zufrieden, da zum ersten Mal alle In- zu drosseln. dustrieländer dazu verpflichtet worden seien, über Klimaforscher Professor Hans-Joachim Schelln- die Verringerung der Treibhausgase zu verhandeln. huber, Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel, Erstmalig hätten auch die Entwicklungsländer Ziele sagte vor der Konferenz, dass es wichtig sei, „drei für den Klimaschutz akzeptiert, was in der Tat ein oder vier ambitionierte Eckpunkte“ in das Verhand- Novum darstellt. Es wurden zwar keine konkreten lungsmandat zu schreiben, um die Marschroute für Reduzierungsziele für Treibhausgasemissionen for- künftige Verhandlungen vorzugeben (FAZ, 4.12. muliert, jedoch wurden die Ergebnisse des vierten 2007). Die grobe Richtung für weitere Verhand- IPCC-Berichtes offiziell anerkannt. Die Tatsache, lungen wurde zwar eingeschlagen, hier jedoch von dass im „Bali Action Plan“ keine konkreten Richt- Wegmarken zu sprechen – einem Wort, das oft mit linien des IPCC erscheinen, sondern lediglich eine bahnbrechenden Zielen, Wendepunkten oder ersten Fußnote mit dem Verweis auf das IPCC, wurde Erfolgen verbunden ist – erscheint etwas übertrie- von vielen Seiten kritisiert. Insbesondere Deutsch- ben. Die Verhandlungsziele im „Bali Action Plan“ land und die EU hätten sich konkrete Zahlen im hätten wesentlich ehrgeiziger und konkreter ausfal- Verhandlungsmandat gewünscht. Im Abschlussdo- len können. kument wurde zudem festgeschrieben, dass neben Letztendlich zeigte sich an den Verhandlungen einer langfristigen Strategie zur Senkung der Treib- von Bali, dass es sich wieder einmal um ein Macht- hausgasemissionen auch über Konzepte nachge- spiel zwischen den USA, der EU sowie den Ent- dacht werden soll, um die Klimafolgen aufzufangen wicklungs- und Schwellenländern handelte, deren oder/und sich diesen anzupassen. Solche Konzepte Ergebnis ein verzweifelter Versuch um einen trag- sollen sowohl von den Industrie- als auch von den baren Kompromiss war. Am Ende war jedoch of- Entwicklungsländern mit der entsprechenden Un- fensichtlich, dass die einzelnen Staaten zwar ihre terstützung und unter Berücksichtigung der jewei- Verhandlungsmacht behalten und ihre Interessen ligen sozialen und wirtschaftlichen Gegebenheiten durchsetzen wollten, jedoch wollten sie auch ihr entwickelt werden. Diesbezüglich wird auch betont, Gesicht wahren und nicht als Sündenbock für eine dass die Rolle der UNFCCC, multilateraler Institu- misslungene Klimaschutzpolitik dastehen. Daher tionen, der Öffentlichkeit, des Privatsektors und der glimmt ein Funke Hoffnung auf, denn im Vergleich Zivilgesellschaft gestärkt werden solle. Schließlich zu Nairobi hat sich tatsächlich etwas bewegt. wurde zur weiteren Bearbeitung die Ad-hoc-Arbeits gruppe zur langfristigen Kooperation im Rahmen des UNFCC eingesetzt, deren Ergebnisse auf der Welt- 6. Fazit klimakonferenz im Jahr 2009 vorgestellt und an- genommen werden sollen. Ein Zeitplan für den Die „Bali Roadmap“ war aufgrund der hohen weiteren Verlauf der Verhandlungen wurde ange- Erwartungen und der günstigen Rahmenbedin- fügt (vgl. Bali Action Plan). Ein weiteres wichtiges gungen im „Klimajahr 2007“ zunächst eine Enttäu- Thema war die Abforstung, da dadurch nicht nur schung. Die teilnehmenden Staaten einigten sich schädliche Klimagase freigesetzt werden, sondern nicht auf konkrete Reduzierungsziele für die Treib- auch bedeutende sogenannte CO2-Senken massiv hausgasemissionen, und die Ergebnisse des IPCC zurückgehen. Dies ist beispielsweise ein wichtiges wurden nur indirekt ins Verhandlungsmandat mit Thema in Bezug auf das Gastgeberland Indonesien, aufgenommen. Die Gespräche erwiesen sich als äu- wo Regenwald durch Brandrodung zerstört wird, ßerst schwierig und wären fast gescheitert, hätten um Land für die Palmölproduktion zu gewinnen. die USA am Ende nicht doch noch eingelenkt. Die Trotz kurzfristiger wirtschaftlicher Gewinne ist die EU konnte ihre ehrgeizigsten Ziele, nämlich die Be- GIGA Focus Global 3/2008 --
grenzung der globalen Erwärmung auf zwei Grad Intergovernmental Panel on Climate Change (2007): Celsius und verpflichtende Emissionssenkungen, Fourth Assessment Report. Climate Change 2007: nicht verwirklichen, obwohl sie durch ihre eigene Synthesis Report. Summary for Policymakers, www. Politik demonstrierte, dass solche Verpflichtungen ipcc.ch/pdf/assessment-report/ar4/syr/ar4_syr_ durchaus umsetzbar und nicht mit wirtschaftlichen spm.pdf (Zugriff 18.01.2008). Nachteilen verbunden sind. Auch der globale Koh- Joint Statement by the German G8 Presidency and lenstoffmarkt wurde, abgesehen vom Clean Devel the Heads of State and/or Government of Brazil, opment Mechanism, nicht ernsthaft thematisiert. Die China, India, Mexico and South Africa on Occa- Emissionen aus der internationalen Luft- und Schiff- sion of the G8 Summit in Heiligendamm, Germany, fahrt wurden ebenfalls nicht debattiert. Konkrete 8 June 2007, www.g-8.de/Content/EN/Artikel/__g8- re Zielsetzungen für die Verhandlungen über ein summit/anlagen/o5-erklaerung-en,templateId= Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls wären raw,property=publicationFile.pdf/o5-erklaerung- wünschenswert gewesen und hätten weitere Ge- en (Zugriff 18.01.2008). spräche vereinfacht, da Grundsätzliches bezüglich Kyoto-Protokoll, www.bmu.de/files/pdfs/allgemein/ des weltweiten Klimawandels und der daraus zu application/pdf/protodt.pdf (Zugriff 03.01.2008). ziehenden Konsequenzen bereits jetzt hätte geklärt Mangini, Augusto (2007): Ihr kennt die wahren werden können. Und dennoch darf man das Re- Gründe nicht, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, sultat nicht zu pessimistisch beurteilen, denn trotz 05.04.2007, Nr. 81, S. 35. aller Schwierigkeiten bezeichnet es einen Bewusst- Lomborg (2007): Cool It: The Skeptical Environment seinswandel. Die USA rücken langsam von ihrem alist’s Guide to Global Warming, Singapore. Unilateralismus im Bereich der Klimapolitik ab, die Simamora, Adianto P. (2008): Time to get serious in Schwellen- und Entwicklungsländer zeigen Bereit- the global fight against climate change, in: The Ja- schaft zum Engagement, und die wissenschaftlichen karta Post, 02.01.2008. Ergebnisse zum Klimawandel werden nicht mehr Simonis, Udo E. (2006): Nairobi 2006 – Erwartungen in Frage gestellt. Hoffnungsvoll stimmen in den und Enttäuschungen in der internationalen Klima- USA ebenfalls die innerstaatlichen Entwicklungen politik, GIGA Focus Global, Nr. 10. und die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen. Auch wenn die Verhandlungen über ein neues Kli- maschutzabkommen mehr Engagement von allen Parteien verlangen, so scheinen die gegenwärtigen politischen Entwicklungen weiterhin günstige Rah- menbedingungen zu schaffen. Literatur Asia-Pacific Economic Co-operation (APEC): Sydney APEC Leaders’ Declaration On Climate Change, Energy Security And Clean Development, www. apec.org/apec/leaders__declarations/2007/aelm_ climatechange.html (Zugriff 18.01.2008). Bali Action Plan, http://unfccc.int/files/meetings/cop _13/application/pdf/cp_bali_action.pdf (Zugriff 13. 01.2008). Europäische Kommission: IP/07/1773, http://europa. eu/rapid/pressReleasesAction.do?reference=IP/ 07/1773&format=HTML&aged=0&language=EN &guiLanguage=en (Zugriff 18.01.2008). Goulder, Lawrence H. (2007): California’s Bold New Climate Policy, in: The Economists’ Voice, Bd. 4, Nr. 3, www.bepress.com/ev/vol4/iss3/art5 (Zugriff 13.01.2008). GIGA Focus Global 3/2008 --
Die Autorin Dr. Astrid Fritz Carrapatoso ist wissenschaftliche Assistentin am Seminar für Wissenschaftliche Politik der Universität Freiburg i. Br. Forschungsschwerpunkte: Internationale Freihandelspolitik, Umweltpoli- tik, zivilgesellschaftliche Akteure, Region Asien-Pazifik. E-Mail: astrid.carrapatoso@politik.uni-freiburg.de Website: www.politik.uni-freiburg.de/mitarbeiter/carrapatoso.php GIGA/DÜI-Publikationen zum Thema Simonis, Udo E. (2006): Nairobi 2006 – Erwartungen und Enttäuschungen in der internationalen Klima- politik, GIGA Focus Global, Nr. 10. Hein, Wolfgang / Voegeli, Wolfgang (Hg.) (2004): GATS und globale Politik, Hamburg. Das GIGA German Institute of Global and Area Studies – Leibniz-Institut für Globale und Regionale Studien in Hamburg gibt Focus-Reihen zu Afrika, Asien, Lateinamerika, Nahost sowie zu Globalen Fragen heraus, die jeweils monatlich erscheinen. Der GIGA Focus Global wird vom GIGA redaktionell gestaltet. Die vertretene Auffassung stellt die des/der jeweiligen Autors/Autorin und nicht unbedingt die des Instituts dar. Download unter www.giga-hamburg.de/giga-focus. Redaktion: Joachim Betz; Gesamtverantwortlicher der Reihe: Andreas Mehler Lektorat: Vera Rathje; Kontakt: giga-focus@giga-hamburg.de; GIGA, Neuer Jungfernstieg 21, 20354 Hamburg www.giga-hamburg.de/giga-focus
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