Klimawandel und Fließgewässer in Schleswig-Holstein

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Klimawandel und Fließgewässer in Schleswig-Holstein
Klimawandel und Fließgewässer in
Schleswig-Holstein

                                              ➢ Matthias Brunke

                                              Zusammenfassung
                                              Der Klimawandel bewirkt ökologisch bedeut-
                                              same Veränderungen in der Hydrologie, der
                                              Morphologie und im Temperaturregime von
                                              Fließgewässern. Starkregenereignisse führen
                                              zu häufigeren Hochwässern und längere Tro-
                                              ckenwetterphasen zu ausgeprägteren Niedrig-
                                              wasserabflüssen bis hin zur Austrocknung von
                                              Bächen. Die Erhöhung der Wassertemperatur
                                              führt zu Veränderungen in den Lebenszyklen
                                              und gefährdet Arten, die auf geringe Tempera-
                                              turen angewiesen sind.

                                              In Schleswig-Holstein sind von den hydrologi-
                                              schen Veränderungen insbesondere Bäche be-
                                              troffen, die durch einen geringen grundwas-
                                              serbürtigen Anteil am Abfluss charakterisiert
                                              sind. Durch eine Typisierung des Abflussre-
                                              gimes in sieben Typen wurden die potenziell
                                              betroffenen Gebiete identifiziert und kartogra-
                                              fisch dargestellt. Sensitive Bäche entspringen
                                              in der Hohen Geest und dem östlichen Hügel-
                                              land, wie z. B. am Bungsberggebiet.

                                              Die prognostizierte Erwärmung zeigt sich spä-
                                              testens seit den 1970-er Jahren auch in Bä-
                                              chen und Flüssen in Schleswig-Holstein. An
                                              der Treene hat sich die mittlere Jahreswasser-
                                              temperatur seit 1970 um ca. 2°C erhöht. Ins-
                                              besondere im Frühjahr ist der Temperaturan-
                                              stieg besonders markant; der Anstieg im April
                                              beträgt ca. 4°C, das heißt etwa 1 Grad pro
                                              Jahrzehnt.

                                              Um die Auswirkungen des Klimawandels auf
                                              die aquatische Biodiversität zu lindern, ist es
                                              wichtig, bereits bekannte Belastungen zu re-
                                              duzieren und die resilienten Eigenschaften von
                                              Fließgewässern zu stärken. Unter „resilient“
                                              sind die `elastischen´ Eigenschaften zu verste-
                                              hen, die neben der „Resistenz“ die Stabilität
                                              von Biozönosen charakterisieren. Hierzu gehö-
                                              ren der Erhalt und die Förderung von Uferwäl-
                                              dern, die Verringerung der Nährstoffeinträge,
                                              morphologische Restaurationsmaßnahmen zur
                                              Förderung der Entwicklungsfähigkeit und der
                                              quantitative und qualitative Schutz des Grund-
                                              wassers.

Klimawandel und Fließgewässer in Schleswig-Holstein                                             47
Klimawandel und Fließgewässer in Schleswig-Holstein
1. Einleitung                                    ganze Reihe direkter und indirekter Folgen auf
     Ein umfassendes Verständnis für die Folgen       physikalische, chemische und biologische Ei-
     des Klimawandels auf die Funktionsfähigkeit      genschaften der Gewässer. Aufgrund der bis-
     von Fließgewässerökosystemen zu erreichen,       herigen Prognosen werden im Allgemeinen
     ist eine große fachliche Herausforderung.        steigende Oberflächen- und Grundwassertem-
     Prognosen über klimatische Veränderungen         peraturen, abnehmende Sauerstoffgehalte so-
     sind mit vielen Unsicherheiten verbunden und     wie eine erhöhte Toxizität von chemischen
     gerade die ökosystemaren Auswirkungen sind       Substanzen die Gewässerökosysteme beein-
     aufgrund der komplexeren abiotischen und         trächtigen (FICKE et al. 2007).
     biotischen Wechselwirkungen problematisch
     (JACKSON et al. 2001).                           In Fließgewässern werden sich die Habitatbe-
                                                      dingungen und der Stofftransport bedingt
     Global betrachtet ist unter allen Ökosystemen    durch ein variables Abflussregime ändern.
     die Biodiversität von Fließgewässern am          Während die Wasserführung unter anderem
     stärksten gefährdet (JENKINS 2003, DUDGEON et    die Zusammensetzung der Gewässersedimen-
     al. 2006). Die Folgen klimatischer Veränderun-   te - der Lebensraum der meisten Fließgewäs-
     gen für Fließgewässer lassen sich kaum sepa-     serarten - bestimmt, beeinflusst die Wasser-
     rat betrachten, da sie neben zahlreichen ande-   temperatur zahlreiche physiologische
     ren anthropogenen Belastungen, wie               Prozesse, die sich auf populationsbiologischer
     beispielsweise dem Gewässerausbau, auftre-       und ökosystemarer Ebene auswirken.
     ten (MALMQVIST & RUNDLE 2002). Es wird prog-
     nostiziert, dass bei Flüssen mit abnehmenden
     Abflüssen 4 bis 22% (maximal bis 75%) der        3. Ökologische Folgen des Klimawandels
     lokalen Biodiversität an Fischen bis 2070 ver-   auf den Lebensraum Fließgewässer
     schwindet, aufgrund der kombinierten Wir-
     kung von Wasserverbrauch und Klimaverände-
     rung (XENOPOLOUS et al. 2008).                   3.1. Hochwasser
                                                      Die Morphologie der Fließgewässer kann
                                                      durch die sich ändernden hydrologischen Be-
     2. Klima, Hydrologie und Fließgewässer           dingungen ökologisch gravierenden Verände-
     Die ökologischen Eigenschaften von Fließge-      rungen unterworfen sein. Durch Starkregener-
     wässern werden erheblich von ihrer Umge-         eignisse können Feinsedimente mit einem
     bung bestimmt. Der ober- und unterirdische       hohen organischen Anteil durch Oberflächen-
     Abfluss wird durch die Klimaerwärmung gra-       erosion, insbesondere nach längerer Austrock-
     vierenden Veränderungen unterliegen, da er       nung des Bodens, in die Gewässer gelangen.
     durch die erwartete Zunahme von Starkregen-      Überhöhte Anteile von Feinsedimenten haben
     ereignissen und des Niederschlags im Winter-     schädliche Effekte auf das Makrozoobenthos
     halbjahr sowie durch längere niederschlags-      und die Fischfauna (BRUNKE 1999).
     freie oder -arme Perioden im Sommerhalbjahr
     maßgeblich beeinflusst wird.                     Häufigere, schwerere Hochwässer führen zu
                                                      einer schnelleren und verstärkten Umlagerung
     Die sich daraus ergebenden Veränderungen in      der Gewässersedimente. Gerade in den lauf-
     Fließgewässerökosystemen sind vielfältig. Ver-   verkürzten Gewässern besteht die Möglich-
     ändertes zeitliches Auftreten von Niederschlä-   keit, dass die Sedimenttransportkapazität
     gen wirkt sich auf den zeitlichen Verlauf von    durch ein intensiveres Hochwasserregime ver-
     Abflussganglinien hinsichtlich der Stärke und    größert wird und es damit zu einer Tiefenero-
     Dauer sowie Saisonalität von Hochwässern         sion kommt. Die Habitate werden durch das
     oder Trockenperioden aus. Dabei sind deutli-     intensivere Hochwasserregime in kürzeren,
     che Unterschiede zwischen kleinen und gro-       zufälligen Abständen stärker als bisher umge-
     ßen Einzugsgebieten bzw. zwischen Bächen         lagert. Die veränderten hydrologischen und hy-
     und Flüssen zu erwarten.                         draulischen Bedingungen im Fließgewässer
                                                      mit häufigeren und stärkeren Hochwässern
     Die hydrologischen Veränderungen sind mögli-     führen zu Veränderungen in den Lebensge-
     cherweise ökologisch schwerwiegender als         meinschaften.
     thermische Veränderungen; sie haben eine

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Klimawandel und Fließgewässer in Schleswig-Holstein
3.2. Niedrigwasser und Austrocknung                      (2) In der Poolphase steht Wasser isoliert nur
In Tieflandgewässern führt eine längere som-                 noch in den Vertiefungen der Sohle.
merliche Trockenwetterphase zu verstärktem               (3) Selbst in den Sohlvertiefungen verbleibt
Wachstum submerser Makrophyten, die das                      kein Wasser, jedoch sind die Sedimente
Gerinne einengen. Ebenso können seitliche                    noch feucht bis gesättigt.
Flachwasserhabitate (Altarme, Erlenbruch,                (4) Auch die Sohlsedimente trocknen aus.
Tümpel) austrocknen. Geringere Wasserfüh-
rung während der Trockenwetterphase führt                Auch Elritzen und Forellen als Kaltwasserfi-
zu räumlich ausgedehnten Sedimentationspro-              sche sind von den Austrocknungsphänome-
zessen, die zumeist die typischen Biozönosen             nen betroffen. Die Überlebenschancen steigen
negativ beeinflussen und artenarme Feinsedi-             mit der Größe eines Kolkes, da bei größeren
mentzönosen fördern.                                     Restwasserbecken der letale Temperaturbe-
                                                         reich von 25°C nicht so bald erreicht wird und
Austrocknende bzw. temporäre Fließgewässer               die Sauerstoffgehalte höher als bei kleineren
sind ein natürliches Phänomen bei wenig er-              Becken sind (ELLIOTT 2000a). Bereits während
giebigen Grundwasserleitern. Während der ab-             der ersten Phase der Austrocknung ver-
nehmenden Wasserführung verschlechtert                   schlechtern sich auch die Lebensbedingungen
sich in der Regel auch die Wasserqualität, z.            für Forellen zwischen den Altersklassen, da
B. bezüglich Wassertemperatur, Sauerstoff-               die driftfressenden kleinen und mittelgroßen
und Ammoniumgehalt. Bei dem Austrock-                    Forellen kaum noch Nahrung aufnehmen kön-
nungsprozess können vier Phasen unterschie-              nen (ELLIOTT 2006). Insgesamt ist die Dauer
den werden:                                              der Austrocknung für die ökologischen Auswir-
(1) Das Gerinne wird kontinuierlich über-                kungen entscheidend. Der Klimawandel er-
    strömt, jedoch sinkt der Wasserstand bis             höht die Wahrscheinlichkeit von längeren som-
    auf wenige cm und die Fließgeschwindig-              merlichen Trockenwetterphasen.
    keit ist stark reduziert (Foto 1).

Foto 1: In der ersten Phase der Austrocknung ist die Ausdehnung des Lebensraumes bereits erheblich verkleinert – hier der Lachsbach
        bei Sandfeld

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Klimawandel und Fließgewässer in Schleswig-Holstein
3.3. Temperatur                                         23°C beginnt die letale Wirkung. Bei Plötzen
                      Aus physiologischer Sicht erleiden bei erhöh-           hingegen beginnt die letale Wirkung erst ab
                      ter Temperatur Eiweißbausteine (Proteine) Hit-          ca. 36°C (KÜTTEL et al. 2002).
                      zeschäden, so dass der Stoffhaushalt der be-
                      troffenen Tiere sukzessive bis zum Absterben            Temperatursensitive, kälteliebende Arten der
                      gestört wird. Die Wassertemperatur ist auch             Quellen und Oberläufe, z. B. verschiedene
                      für die Sauerstoffversorgung bedeutend. Wäh-            Steinfliegenarten, erfahren eine Verkleinerung
                      rend die Löslichkeit von Sauerstoff mit stei-           des besiedelbaren Areals oder sind lokal vom
                      gender Wassertemperatur abnimmt, steigt die             Aussterben bedroht. Andererseits werden
                      Stoffwechselrate von Kaltwassertieren. Da-              auch viele als euryök geltende Arten (also sol-
                      durch entsteht für die Tiere die problemati-            che, die von ihren Ansprüchen her nicht so
                      sche Situation, dass der Sauerstoffbedarf zu-           festgelegt sind) insbesondere in Flachwasser-
                      nimmt, während die Verfügbarkeit abnimmt                bereichen bei 30°C bereits an ihrem oberen
                      (FICKE et al. 2007). Adulte bzw. juvenile Bach-         Toleranzbereich angelangt sein. Im Allgemei-
                      forellen bevorzugen Temperaturen zwischen               nen werden jedoch eurytherme Arten ihre
                      14 und 17°C bzw. 8 und 13°C, bei 25°C bzw.              Areale vergrößern.

Foto 2: Kälteliebende Fischarten wie die Quappe können von einer Erwärmung der Gewässer stark beeinträchtigt werden; die Quappe be-
        nötigt zur Laichzeit im Winter eine Wassertemperatur zwischen 0 und 4 °C (Foto: F. Hecker)

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Klimawandel und Fließgewässer in Schleswig-Holstein
3.4. Krankheiten                                  der Temperatur nimmt allerdings die Respirati-
Hohe Temperaturen, niedrige Wasserstände          on schneller zu als die Photosynthese, so dass
und geringe Sauerstoffgehalte erzeugen bei        tagesperiodische Sauerstoffschwankungen
Wassertieren eine Stresssituation. In diesen      und -minima zunehmen können (ALLAN et al.
Phasen sind verschiedene Arten offensichtlich     2005).
anfälliger für Krankheiten, die durch Parasiten
verursacht werden. Bei Bachforellen wurde         Die Auswirkungen der Kombination von verrin-
nachgewiesen, dass bei Wassertemperaturen         gertem Abfluss und erhöhten Konzentrationen
über 15°C nach einem Zeitraum von 14 Tagen        verschiedenster Substanzen auf die Lebensge-
die infektiöse proliferate Nierenkrankheit aus-   meinschaften sind vielfältig und umfangreich.
bricht (sofern der Erreger im Gewässersystem      So führen bei temporären Gewässern im länd-
vorhanden ist), die insbesondere bei Jungfi-      lichen Raum ausgewaschene Pestizide in sub-
schen tödlich verläuft (FISCHNETZ 2004). In der   letalen Konzentrationen zu einer verlängerten
Folge fehlt den erkrankten Populationen der       Individualentwicklung bei Köcherfliegen. Be-
Nachwuchs. Vergleichbares wurde auch bei          dingt hierdurch können die Köcherfliegen im
Großmuscheln, die durch Trematoden parasi-        Puppenstadium absterben, wenn die Gewäs-
tiert werden, nachgewiesen (JOKELA et al.         ser austrocknen (LIESS & SCHULZ 1996).
2005).

                                                  4. Auswirkungen auf Fließgewässer in
3.5. Synchronität                                 Schleswig-Holstein
Das Klima bzw. Wetterparameter, wie z. B.
Temperatur und Niederschlag, wirken als syn-
chronisierende Faktoren für Tierwanderungen       4.1. Austrocknung
und auf Entwicklungszyklen. In diese Abhän-       Die klimabedingten hydrologischen Verände-
gigkeiten werden klimatische Veränderungen        rungen haben die größte ökologische Bedeu-
tief einschneiden, wobei auch Verbindungen        tung über die Ausprägung der sommerlichen
innerhalb des Nahrungsnetzes gestört werden       Niedrigwasserphase. Grundsätzlich sind dabei
(STENSETH et al. 2002). Insbesondere die Ent-     solche Gewässer stärker betroffen, deren Ab-
wicklungszyklen von Arten, die von Tempera-       fluss vom Oberflächen- und Bodenwasserab-
tursummen (Tagesgraden) bestimmt werden,          fluss abhängt als solche, bei denen der grund-
sind verkürzt. Auch eine Veränderung des Ab-      wasserbürtige Anteil, der so genannte
flussregimes kann Fließgewässerökosysteme         Basisabfluss, eine stärkere Komponente aus-
schwerwiegend verändern, da viele Arten an        macht. Bei einem geringen grundwasserbürti-
die Saisonalität von Hoch- und Niedrigwasser-     gen Anteil steigt die Gefahr der Austrocknung
phasen angepasst sind (POFF et al. 1997).         während der niederschlagsarmen Jahreszeit.
                                                  Der grundwasserbürtige Anteil ist bei den Ge-
                                                  wässern in der Niederen Geest im Allgemei-
3.6. Stoffhaushalt und Ökotoxikologie             nen hoch. Dagegen ist er in den Bächen der
Bei sinkenden Abflüssen und bei gleich blei-      Hohen Geest und im östlichen Hügelland ge-
benden Belastungen (bzw. Nutzungsintensitä-       ring. Beispielsweise hat der in der Niederen
ten der Einzugsgebiete) durch Nährstoffe, Pes-    Geest fließende Schafflunder Mühlenstrom ei-
tizide und Abwässer wird die Wasserqualität       nen hohen Grundwasserabfluss (Abbildung 1).
besonders durch Spitzenbelastungen zum            Die Gieselau als Bach der Hohen Geest hat
Ende einer Trockenperiode beeinträchtigt. Die     nur einen geringen Grundwasseranteil, so
Temperaturabhängigkeit biologischer Prozesse      dass die Abflussganglinie deutlich durch Nie-
führt zu einem schnelleren Abbau des organi-      derschlagsereignisse und häufige Hochwas-
schen Materials, so dass sich Produktivität       serpulse geprägt ist (Abbildung 2). Im beson-
und Gesamtbiomasse ändern. Eine Intensivie-       ders trockenen Sommer 2003 hatten viele
rung der biogeochemischen Umsätze im Ufer-        kleine Bäche der Hohen Geest und des östli-
bereich, verursacht durch schneller wechseln-     chen Hügellands ausgeprägte Niedrigwasser-
de Wasserstände und die damit verknüpften         abflüsse. Insbesondere im Bungsberggebiet
schwankenden Redoxgradienten, verändern           des östlichen Hügellands trockneten viele
den Nährstoffeintrag in Fließgewässer. Die Pri-   Oberläufe aus, wie z. B. an der Farver Au, der
märproduktion von Phytoplankton in Flüssen        Kremper Au und am Lachsbach (Foto 2).
kann zunehmen (Eutrophierung). Mit steigen-

Klimawandel und Fließgewässer in Schleswig-Holstein                                                51
Klimawandel und Fließgewässer in Schleswig-Holstein
Foto 3: Der Abfluss des Lachsbaches ist im Sommerhalbjahr stark von Trockenwetterphasen beeinflusst.

Abbildung 1:
Abflussganglinie
des Schafflunder
Mühlenstroms mit
einem ausgepräg-
ten Grundwasser-
abfluss (Pegel Spöl-
bek).

52                     Jahresbericht des Landesamtes für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein 2007/08
Klimawandel und Fließgewässer in Schleswig-Holstein
Abbildung 2:
                                                                                                                      Abflussganglinie
                                                                                                                      der Gieselau mit ei-
                                                                                                                      nem geringen
                                                                                                                      Grundwasserab-
                                                                                                                      fluss (Pegel Wenn-
                                                                                                                      büttel) und einer
                                                                                                                      großen Bedeutung
                                                                                                                      häufiger Hochwas-
                                                                                                                      serpulse.

Mittels einer Regionalisierung wurde für                   mit einer geringen Grundwasserbürtigkeit be-
Schleswig-Holstein eine Karte der Grundwas-                finden sich im Naturraum des östlichen Hügel-
serbürtigkeitstypen erstellt. Grundlage für die            lands in Angeln, Bungsberggebiet und im Süd-
Berechnung war der Basisabflussindex (Ba-                  Osten des Landes sowie im Naturraum der
seflow-Index, BFI), der das Verhältnis von mitt-           Hohen Geest in den Einzugsgebieten von Krü-
lerem Basisabfluss zu mittlerem Gesamtab-                  ckau, Pinnau, Papenau und Gieselau (Abbil-
fluss bezeichnet (WILLEMS et al. 2004). Gebiete            dung 3).

 (a)                                                                  (b)

Abbildung 3: Räumliche Verteilung des regionalisierten Basisabflussindex BFI (a) und der daraus folgenden Grundwasserbürtigkeit einge-
             teilt in die Kategorien niedrig, mittel und hoch (b) in Schleswig-Holstein. Die drei Grundwasserbürtigkeitskategorien wurden
             anhand des BFI unterschieden: BFI < 0,781: oberflächenabflussgeprägt, d.h. geringe Grundwasserbürtigkeit; BFI zwischen
             0,781 und 0,799: Mischtyp, d.h. mittlere Grundwasserbürtigkeit; BFI > 0,799: grundwasserabflussgeprägt, d.h. starke
             Grundwasserbürtigkeit.

Klimawandel und Fließgewässer in Schleswig-Holstein                                                                                    53
Foto 4: Die Larven
der Köcherfliege
Beraea maura bau-
en ihre Köcher aus
Sandkörnern; sie
lebt in Quellen und
kann so von einer
zunehmenden Aus-
trocknung und Er-
wärmung betroffen
sein
(Foto: K. Grabow)

                      Die hydrologische Differenzierung der Einzugs-   wird und nicht aufgrund der Überschreitung
                      gebiete aufgrund der Grundwasserbürtigkeit       der Infiltrationskapazität des Bodens (WILLEMS
                      wurde durch die Entwicklung von Abflussre-       et al. 2004).
                      gimetypen verfeinert, die genauere Hinweise
                      liefern, welche Gewässersysteme stärker von      Insgesamt wurden anhand statistischer Ver-
                      Trockenwetterphasen betroffen sein könnten.      fahren bei der Regionalisierung sieben Re-
                      Die Abflussregimetypen liefern Informationen     gimetypen beschrieben (Tabelle 1). Ausgehend
                      über die Herkunftswege des Abflusses. Ne-        von den drei Typen der Grundwasserbürtigkeit
                      ben der Betrachtung des mittleren Basis- und     unterscheiden sich die sieben Regimetypen
                      Gesamtabflusses für die Berechnung des BFI       noch durch die Höhen des Sättigungsabfluss-
                      wurden für die Entwicklung von Abflussre-        anteils und Grundwasserflurabstands sowie
                      gimetypen noch folgende Informationen be-        durch die Geschwindigkeit der Speicherentlee-
                      rücksichtigt: der Grundwasserflurabstand, die    rung.
                      Rückgangskonstante der Abflussganglinie zur
                      Kennzeichnung der Geschwindigkeit der Ent-       Die kartografische Darstellung der sieben Ab-
                      leerung des Grundwasserspeichers in Trocken-     flussregimetypen liefert bei der räumlichen Be-
                      zeiten und der topographische Index (Topoin-     trachtung der Verteilung der Regimetypen G1,
                      dex) zur Kennzeichnung, inwieweit der            G2 und M1 ein genaueres Bild der austrock-
                      Direktabfluss als Sättigungsabfluss gebildet     nungsgefährdeten Gewässer (Abbildung 4).

54                    Jahresbericht des Landesamtes für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein 2007/08
Tabelle 1:   Sieben Abflussregimetypen in Schleswig-Holstein aufgrund der Grundwasserbürtigkeit, des Sättigungs-
             abflussanteils, des Grundwasserflurabstandes und der Speicherentleerung.

 Grundwasserbürtigkeit             Untertyp                                              Typenname

 Hoch                              Sättigungsabflussanteil hoch
                                   Grundwasserflurabstand gering                         H2
                                   Speicherentleerung langsam

 Hoch                              Sättigungsabflussanteil gering
                                   Grundwasserflurabstand mittel                         H1
                                   Speicherentleerung langsam

 Mittel                            Sättigungsabflussanteil sehr hoch
                                   Grundwasserflurabstand sehr gering                    M3
                                   Speicherentleerung mittelschnell

 Mittel                            Sättigungsabflussanteil mittel
                                   Grundwasserflurabstand mittel                         M2
                                   Speicherentleerung mittelschnell

 Mittel                            Sättigungsabflussanteil sehr gering
                                   Grundwasserflurabstand sehr hoch                      M1
                                   Speicherentleerung mittelschnell

 Gering                            Sättigungsabflussanteil hoch
                                   Grundwasserflurabstand mittel                         G2
                                   Speicherentleerung schnell

 Gering                            Sättigungsabflussanteil mittel
                                   Grundwasserflurabstand mittel                         G1
                                   Speicherentleerung sehr schnell

                                                                                                                   Abbildung 4:
                                                                                                                   Räumliche Vertei-
                                                                                                                   lung der sieben Ab-
                                                                                                                   flussregimetypen in
                                                                                                                   Schleswig-Holstein.
                                                                                                                   Von den Typen H2
                                                                                                                   bis G1 nimmt das
                                                                                                                   Risiko der Aus-
                                                                                                                   trocknung während
                                                                                                                   der sommerlichen
                                                                                                                   Trockenwetter-
                                                                                                                   phase zu.

Klimawandel und Fließgewässer in Schleswig-Holstein                                                                                55
4.2. Erwärmung                                         Werte, die je nach Monat über- oder unter-
     In den letzten 20 Jahren betrug die Erwär-             schritten werden. Es erscheint daher plausi-
     mung in Deutschland im Sommer- und Winter-             bel, die gesamte Zeitreihe beider Temperatur-
     halbjahr etwa 0,5 bzw. 1,5 °C. Auf Grundlage           logger auszuwerten.
     des regionalen Klimamodells REMO vom Max-
     Planck-Institut für Meteorologie in Hamburg            Bei einer Betrachtung der gesamten Zeitreihe
     wird für Schleswig-Holstein eine Erhöhung der          hat sich innerhalb von 40 Jahren die mittlere
     Jahresmitteltemperatur bis zum Ende 2100               Jahrestemperatur des Wassers um etwa
     um 2-3 °C angenommen. Diese Entwicklung                2,2°C erhöht. Die Erwärmung war im Frühjahr
     zeigt sich bereits rückwirkend auch in der             am größten und im Winter am geringsten (Ta-
     Wassertemperatur der Fließgewässer in                  belle 2).
     Schleswig-Holstein am Beispiel der Treene
     (Abbildung 5). Seit 1970 wurde an der Treene           Im Trend zeigt sich an der Treene eine mittlere
     am Pegel Treia neben dem Abfluss auch die              Erwärmung um 0,5°C pro Dekade. Die bisheri-
     Temperatur aufgezeichnet. Anlagebedingt wur-           ge Entwicklung deutet daher an, dass die
     de der Temperaturlogger im Jahre 2001 ge-              Prognose des Klimamodells REMO deutlich
     wechselt; verglichen mit der Temperatur des            übertroffen werden könnte. Die Datenreihe
     Vorjahres sinkt die Temperatur in diesem Jahr,         legt nahe, dass die Auswirkungen einer Tem-
     steigt jedoch in den Folgejahren wieder in den         peraturerhöhung auf das Ökosystem bereits
     Schwankungsbereich der vorhergehenden                  schleichend stattfinden.

     Tabelle 2: Erwärmung des Wassers an der Treene (Pegel Treia) zwischen 1970 und 2010 (Berechnung mittels li-
                nearer Regression der mittleren monatlichen Wassertemperaturen zwischen 1970 bzw. 1971 und 2007
                bzw. 2008, je nach Monat).

        Monat                  Erwärmung °C                 Monat                       Erwärmung °C
        Januar                 1,91                         Juli                        2,15
        Februar                1,69                         August                      2,42
        März                   2,26                         September                   2,30
        April                  3,95                         Oktober                     1,95
        Mai                    3,14                         November                    1,28
        Juni                   2,12                         Dezember                    0,92

56   Jahresbericht des Landesamtes für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein 2007/08
14                                                                                                                                                                             20
                                                                                                                                        November                                                                                                                                                                            Mai
                                                                                                                                                                                                                         18
                                          12

    Wassertemperatur (°C)                                                                                                                                                                                                16

                                                                                                                                                                    Wassertemperatur (°C)
                                          10
                                                                                                                                                                                                                         14
                                          08
                                                                                                                                                                                                                         12

                                          06
                                                                                                                                                                                                                         10

                                          04                                                                                                                                                                             08
                                                                                                                                                                                                                                                                                                        y = 0,078x - 143,5
                                          02                                                                                                                                                                             06
                                                                                                                         y = 0,031x - 57,00
                                                                                                                                                                                                                         04
                                          00
                                                                                                                                                                                                                              1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008
                                               1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008

                                                                                                  Jahr                                                                                                                                                                        Jahr

                                              14                                                                                                                                                                         24
                                                                                                                                       Dezember                                                                                                                                                                             Juni
                                              12                                                                                                                                                                         22
                                                                                                                       y = 0,022x - 41,17
                Wassertemperatur (°C)

                                                                                                                                                                   Wassertemperatur (°C)
                                                                                                                                                                                                                         20
                                              10
                                                                                                                                                                                                                         18
                                              08
                                                                                                                                                                                                                         16
                                              06
                                                                                                                                                                                                                         14
                                              04
                                                                                                                                                                                                                         12

                                              02                                                                                                                                                                         10
                                                                                                                                                                                                                                                                                                       y = 0,052x - 90,13
                                              00                                                                                                                                                                         08
                                                   1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008                                                                        1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008

                                                                                                  Jahr
                                                                                                                                                                                                                                                                              Jahr

                                          14                                                                                                                                                                              24
                                                                                                                                             Januar                                                                                                                                                                        Juli
                                                                                                                                                                                                                          22
                                          12
                                                                                                                       y = 0,047x - 91,81
     Wassertemperatur (°C)

                                                                                                                                                                                            Wassertemperatur (°C)
                                                                                                                                                                                                                          20
                                          10
                                                                                                                                                                                                                          18
                                          08
                                                                                                                                                                                                                          16

                                          06                                                                                                                                                                              14

                                          04                                                                                                                                                                              12

                                                                                                                                                                                                                          10
                                          02                                                                                                                                                                                                                                                             y = 0,053x - 90,37
                                                                                                                                                                                                                          08
                                          00
                                                                                                                                                                                                                               1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008
                                               1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008

                                                                                                                                                                                                                                                                              Jahr
                                                                                                  Jahr

                                         14                                                                                                                                                                         24
                                                                                                                                           Februar                                                                                                                                                                       August
                                         12                                                                                                                                                                         22

                                                                                                                          y = 0,042x - 80,29                                                                        20
 Wassertemperatur (°C)

                                                                                                                                                         Wassertemperatur (°C)

                                         10

                                                                                                                                                                                                                    18
                                         08
                                                                                                                                                                                                                    16
                                         06
                                                                                                                                                                                                                    14

                                         04
                                                                                                                                                                                                                    12

                                         02                                                                                                                                                                         10
                                                                                                                                                                                                                                                                                                         y = 0,060x - 103,9
                                         00                                                                                                                                                                         08
                                              1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008                                                                        1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008

                                                                                                  Jahr                                                                                                                                                                       Jahr

                                              14                                                                                                                                                                     22
                                                                                                               y = 0,056x - 106,9            März                                                                                                                                                                  September
                                              12                                                                                                                                                                     20

                                                                                                                                                                                                                     18
                                                                                                                                                                  Wassertemperatur (°C)
                 Wassertemperatur (°C)

                                              10
                                                                                                                                                                                                                     16
                                              08
                                                                                                                                                                                                                     14
                                              06
                                                                                                                                                                                                                     12
                                              04
                                                                                                                                                                                                                     10

                                              02                                                                                                                                                                     08
                                                                                                                                                                                                                                                                                                        y = 0,057x - 101,2
                                              00                                                                                                                                                                     06
                                                   1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008                                                                    1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008

                                                                                                  Jahr                                                                                                                                                                        Jahr

                                              18                                                                                                                                                                         18
                                                                                                                                              April                                                                                                                                                                    Oktober
                                              16                                                                                                                                                                         16
                 Wassertemperatur (°C)

                                                                                                                                                                           Wassertemperatur (°C)

                                              14                                                                                                                                                                         14

                                              12                                                                                                                                                                         12

                                              10                                                                                                                                                                         10

                                              08                                                                                                                                                                         08

                                              06                                                                                                                                                                         06

                                              04                                                                                                                                                                         04
                                                                                                                          y = 0,098x - 188,0                                                                                                                                                           y = 0,048x - 87,15
                                              02                                                                                                                                                                         02
                                                   1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008                                                                        1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008

                                                                                                  Jahr                                                                                                                                                                        Jahr

Abbildung 5. Mittelwerte, Minima und Maxima der mittleren Tagestemperaturen der Treene am Pegel Treia (Peri-
             ode 1970 bis 2008). Anmerkung: Anlagebedingter Wechsel des Temperaturloggers im Jahre 2001.

Klimawandel und Fließgewässer in Schleswig-Holstein                                                                                                                                                                                                                                                                                  57
4.3. Einfluss der Nordatlantischen                                schwächter Form bei der Jahresmitteltempe-
                       Oszillation (NAO)                                                 ratur zu erkennen. Biologisch bestimmt die
                       Die Temperatur- und teilweise auch die Ab-                        NAO den Schlüpfzeitpunkt der Larven der
                       flussdaten der Treene korrelieren insbesonde-                     Meerforelle (ELLIOTT et al. 2000b) und kann die
                       re im Winter mit der NAO (Abbildung 6). Die                       Reife und Größe anadromer lachsartiger Fi-
                       Bedeutung der NAO ist zudem auch in abge-                         sche beeinflussen.

                       Box 1: Hintergrundinformationen zur wetterbestimmenden Nordatlantischen Oszillation NAO

                          Die Nordatlantische Oszillation (NAO) bezieht sich auf die Schwankung der Druckverhält-
                          nisse zwischen dem Islandtief im Norden und dem Azorenhoch im Süden des Nordatlan-
                          tiks (HURRELL et al. 2003). Sie ist ein Maß für die Stärke der Westwinddrift auf dem Nord-
                          atlantik, die für das Klima in Europa, besonders im Winter, entscheidend ist. Der hieraus
                          berechnete NAO-Index bezieht sich zumeist auf die Differenz der standardisierten Luft-
                          druck-Anomalien zwischen den Azoren und Island. Bei einem positiven NAO-Index sind
                          sowohl Azorenhoch als auch Islandtief gut ausgebildet. Dies führt zumeist zu einer star-
                          ken Westdrift, die milde und feuchte Luft, z.T. auch Winterstürme nach Europa führt (HUR-
                          RELL et al. 2003).

                          Bei einem negativen NAO-Index sind die Aktionszentren nur schwach ausgeprägt, so
                          dass auch die Westwinddrift schwach ist. Dies führt in Mitteleuropa zu Kaltlufteinbrüchen
                          aus Nordosten und so zu kalten Wintern. Dagegen führt die abgeschwächte Westwind-
                          drift im Mittelmeerraum zu feuchterem Wetter. Bei einem stark negativen NAO befinden
                          sich das Hoch bei Island und das Tief bei den Azoren. Dann kann kalte, kontinentale Luft
                          ausgehend vom asiatischen Hoch bis weit nach Mitteleuropa vordringen (sibirische Kälte).
                               max. Wassertemperatur im Januar (°C)

Abbildung 6:
Korrelation der
mittleren Wasser-                                                     9
temperatur der
Treene (Pegel Treia,
Periode 1970 bis
                                                                      8
2003) im Januar
und dem Index der
Nordatlantischen
                                                                      7
Oszillation (NAO)
im Winter (r = 0,7).                                                  6
                                                                      5
                                                                      4
                                                                      3
                                                                      2
                                                                      1
                                                                      0
                                                                       -4   -3    -2 -1 0 1 2 3                            4
                                                                                 NAO Index Dez/Jan/Feb

58                     Jahresbericht des Landesamtes für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein 2007/08
5. Resiliente Systeme sind weniger anfällig        For a mitigation of climate change impacts on
gegen klimatische Veränderungen                    aquatic biodiversity it is important to reduce
Bis 2050 wird erwartet, dass signifikante Ver-     known stressors and to strengthen resilient
änderungen in der Biodiversität und in den         properties of running waters. The protection
ökosystemaren Dienstleistungen, von denen          and promotion of riparian forests, reduction of
die Menschheit profitiert, eingetreten sind        nutrient imports, morphological restauration
(JENKINS 2003). Aquatische Ökosysteme verfü-       measures to sustain natural processes and the
gen nur über begrenzte Möglichkeiten, sich an      quantitative and qualitative protection of
den Klimawandel anzupassen. Die bisherigen         ground waters.
Reaktionen auf Belastungen, wie die Verände-
rung der Landnutzung, saurer Regen, Habitat-
degradation sowie verschiedene Verschmut-          7. Zitierte Literatur
zungen führten zu einer Abnahme der                ALLAN JD, PALMER MA, POFF NL (2005) Climate
Biodiversität (ALLAN et al. 2005).                     change and freshwater ecosystems. In: T
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Strategisch ist es wichtig, bereits bekannte           and Biodiversity. Yale University Press,
Belastungen zu reduzieren und die resilienten          New Haven CT:274-290pp
Eigenschaften von Fließgewässern zu stärken,
um die Auswirkungen des Klimawandels auf           BOHLE HW, DIETERICH M, HECHT M, PLOSS E,
die aquatische Biodiversität zu lindern              SOMMERHÄUSER M (2002) Temporäre Fließ-
(UNESCO/UNEP 2007). Hierzu gehören der Er-           gewässer in Mitteleuropa. Arbeitskreis
halt und die Förderung von Uferwäldern, Ver-         “Temporäre Gewässer” der Deutschen Ge-
ringerung der Nährstoffeinträge, morphologi-         sellschaft für Limnologie e. V., Herausge-
sche Restaurationsmaßnahmen zur Förderung            ber: Naturschutz-Zentrum Hessen. Merk-
der Entwicklungsfähigkeit und der quantitative       blätter zum Naturschutz Nr. 16.
und qualitative Schutz des Grundwassers
(POFF et al. 2002).                                BRUNKE M. 1999. Colmation and depth filtrati-
                                                      on within streambeds: Retention of parti-
                                                      cles in hyporheic interstices. International
6. Summary                                            Review of Hydrobiology 84: 99-117.
Climate change will induce significant changes
in the hydrology, morphology and temperature       DUDGEON D et al. (2006) Freshwater biodiversi-
regime of running waters. Heavy rainfalls lead       ty: importance, threats, status and conser-
to more frequent flood events and extended           vation challenges. Biological Reviews
dry weather phases lead to minimum dischar-          81:163-182
ges and drying of streams. Higher water tem-
peratures affect the synchrony of life cycles      ELLIOTT JM (2000a) Pools as refugia for brown
and endangers species that are adapted to             trout during two summer droughts: trout
cold temperatures.                                    responses to thermal and oxygen stress.
                                                      Journal of Fish Biology 59:938–948
Hydrological changes in particular affect
streams in Schleswig-Holstein, which are cha-      ELLIOTT JM (2006) Periodic habitat loss alters
racterized by a small groundwater component.          the competitive coexistence between
Those streams have its source in the landsca-         brown trout and bullheads in a small
pes “Hohe Geest” and “Östliches Hügel-                stream over 34 years. Journal of Animal
land”. Sensitive areas were identified by a ty-       Ecology 75:54–63
pology of discharge regimes into seven
distinguished types.                               ELLIOTT JM, HURLEY MA, MABERLY SC (2000b)
                                                      The emergence period of sea trout fry in a
The predicted warming appears at the latest           Lake District stream correlates with the
since the seventies of the last century in stre-      North Atlantic Oscillation. Journal of Fish
ams and rivers of Schleswig-Holstein. The             Biology 56:208-210
average annual water temperature of the Tree-
ne river has increased by 2°C since 1970. The      FICKE AD, MYRICK CA, HANSEN LJ (2007) Poten-
increase in temperature is particularly promi-         tial impacts of global climate change on
nent in spring; the rise averages about 4°C,           freshwater fisheries. Reviews in Fish Biolo-
which means about 1 °C per decade.                     gy and Fisheries 17:581-613

Klimawandel und Fließgewässer in Schleswig-Holstein                                                   59
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                                                         mbrunke@lanu.landsh.de
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60   Jahresbericht des Landesamtes für Natur und Umwelt des Landes Schleswig-Holstein 2007/08
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