Ein zauberhaftes Wesen - Stadt Nürnberg
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16 Text Annamaria Böckel Fotos Christine Dierenbach Ein zauberhaftes Wesen Einmal im Leben Christkind sein – jede junge Nürnbergerin darf davon träumen. Seit 50 Jahren hat die Bevölkerung die Wahl. Heute kümmert sich eine ganze Helferschar um das Mädchen. Manche Vorgängerin musste die Locken noch selber aufdrehen. „Wann findet denn dieses Jahr das Casting statt?“ Bei Susanne Randel aus dem städtischen Presseamt, zuständig für die Or- ganisation von Nürnbergs bekanntestem Ehrenamt, löst diese regelmäßig von Medienvertretern gestellte Frage leichtes Stirn- runzeln aus. Mit einem Casting, wie man es aus TV-Formaten kennt, hat die alle zwei Jahre anstehende Wahl des Nürnberger Christkinds nicht viel gemeinsam. Schließlich soll die Repräsen- tantin des weltberühmten Weihnachtsmarkts nicht nur eine gute Figur im goldenen Kleid machen. Daran hat sich in den 50 Jahren, seit die Stadt ein Christkind wählt, nichts geändert. Was macht es aus, das Nürnberger Christkind? Lange blonde Haare? Nicht nötig – die eigene Haarpracht verschwindet unter einer gelockten Perücke. Genauso wenig wünscht sich die Stadt eine junge Frau mit Modelmaßen. „Wir suchen ein Mädchen mit Herz, das allen Menschen und vor allem denen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, Freude bringt“, sagt Susanne Randel. Die Betreuerin ist immer wieder aufs Neue be- eindruckt, wie bei Christkindbesuchen ein Lächeln im Gesicht pflegebedürftiger Senioren erscheint oder wie bei kleinen Pati- enten der Kinderonkologie die Krankheit für einen Moment in den Hintergrund tritt.
18 Die Anforderungsliste an die jungen Nürnbergerin- nen zwischen 16 und 19 Jahren, die sich für zwei Jahre auf das Abenteuer Christkind einlassen wol- len, ist lang. Sie müssen mindestens 1,60 Meter groß und schwindelfrei sein, um bei der Markteröff- nung sicher auf der Empore der Frauenkirche zu ste- hen. Sie dürfen keine Angst vor Interviews haben. Und vor allem müssen sie ohne Scheu auf Menschen zugehen können. Weihnachtsmärkte gibt es viele in Deutschland. Auch Christkinder sind an manchen Orten im Ein- satz. Und trotzdem ist das Interesse am Nürnber- ger Christkindlesmarkt, der sich bis ins Jahr 1628 zurückverfolgen lässt, und seiner Gallionsfigur be- sonders groß und geht weit über die Stadt hinaus. 1969 hatte der damalige Leiter des Presseamts, Walter Schatz, die Idee, dem Christkindlesmarkt ein Gesicht zu geben. Eine junge, von der Bevölkerung gewählte Nürnbergerin sollte während einer jeweils Betreuerin Susanne Randel, Maskenbildnerin Helke Hadlich und Kostüm- zweijährigen Amtszeit innerhalb und außerhalb der direktorin Eva Weber (v.li.) machen aus Rebecca Ammon das Christkind. Stadt als Botschafterin für den Markt stehen. Das Modell hat sich bewährt: Benigna Munsi, das Nürn- berger Christkind der Jahre 2019 und 2020 (siehe Seite 7) ist die 26. gewählte Amtsinhaberin. Auch das Wahlverfahren ist weitgehend gleich- geblieben: Nach der ersten Runde, bei der die Öf- fentlichkeit aus zwölf geeigneten Kandidatinnen ihre Favoritinnen bestimmt, treten diese sechs jun- gen Frauen vor eine Jury, in der das Presseamt, das städtische Marktamt, das Staatstheater, die Con- gress- und Tourismuszentrale sowie die Nürnberger Medien vertreten sind. Hier gilt es, mit sprachlichem Ausdruck, Wissen über die Stadt und den Christ- kindlesmarkt und natürlicher Ausstrahlung zu punk- ten. Eine Kampfabstimmung hat die Jury noch nie erlebt. Meist ist sie sich schnell einig, welche der Himmlischer Fahrdienst der VAG: Uwe Freese, Ralf Kühnel und Bewerberinnen die geeignetste ist. David Schloßer (v.li.). Foto VAG/Claus Felix Damit aus der jungen Nürnbergerin ein echtes Christkind wird, sind viele Helferinnen und Helfer im Einsatz. Vorneweg die Betreuerin im Presseamt, die während der kurzen, aber vollgepackten Amts- zeit neben den Eltern wichtigste Ansprechpartnerin wird. Schon unmittelbar nach der Wahl steht das neue Christkind im Rampenlicht. Kameras und Mik- rofone richten sich auf das Mädchen. Es soll spontan und natürlich Fragen beantworten und Herzenswär- me zeigen. „Ich wollte den Mädchen immer das Ge- fühl vermitteln, dass sie nicht allein sind“, erinnert sich Edith Kerndler-Hamburger, die im städtischen Presseamt bis zu ihrem Ruhestand zwölf Christkin- der betreut hat. Susanne Randel (li.) und ihre Vorgängerin Edith Kerndler-Hamburger 2012 mit Christkind Franziska Handke.
19 Ihre Nachfolgerin Susanne Randel organisiert die Helferschar rund um das Christkind. Im Staatsthea- ter entsteht das typische Ornat, bestehend aus Kleid mit Flügeln, der Perücke und der Krone. Seit 1982 wirkt Eva Weber an der Verwandlung der jungen Frauen zum Christkind mit, zunächst als Schneiderin in der Kostümabteilung, heute als Kostümdirektorin. Egal ob groß gewachsen oder von kleinerer Statur, eines war bislang allen Christkindern gemeinsam: „Die Mädchen sind alle mit einer großen Leiden- schaft bei der Sache“, sagt Eva Weber. Nicht nur schön aussehen soll das Christkind, son- dern auch fehlerfrei und gut betont den Prolog spre- Christkind zum Anfassen: Johanna Heller war 2009 und 2010 im Einsatz. chen. Es gebe nicht die eine richtige Art des Vortrags, Foto: Jana Kehr weiß der Coach und Schauspieler Thomas Dietz, der seit vier Jahren den Christkindern bei der Vorberei- tung zur Seite steht. „So einfach und so strahlend wie möglich“ solle der Text erklingen. „Jedes Mäd- chen hat sein eigenes Bild, wie es als Christkind sein möchte. Ich kann es dabei unterstützen, das zu zei- gen, was es mitbringt“, erklärt er. Aus seiner lang- jährigen Bühnenerfahrung gibt er Ratschläge, wie man kurz vor dem Auftritt vor 20 000 Menschen, die auf dem Hauptmarkt gebannt auf die Empore der Frauenkirche blicken, das Lampenfieber in den Griff bekommt. „Christkind, kannst du fliegen?“ Jedes Mädchen findet auf diese häufig gestellte Kinderfrage die pas- sende Antwort. Zu seinen vielen Terminen kommt es dann doch nicht geflogen, sondern seit etlichen Coach Thomas Dietz gibt Rebecca Ammon Tipps für den sicheren Auftritt. Jahren mit einem Kleinbus, den die Verkehrsakti- Foto: Mile Cindrić engesellschaft Nürnberg samt drei wechselnden Fahrern bereitstellt. Uwe Freese ist seit sieben Jah- ren im himmlischen Auftrag unterwegs. Er bringt das Christkind nicht nur sicher von einem Termin zum nächsten, sondern hat auch stets die Uhr im Blick, hilft beim Anziehen und sorgt für die Verpfle- gung. „Und ich bin Gesprächspartner in guten und schlechten Zeiten“, sagt er. Wenn er das Christkind am Heiligen Abend zu seinen letzten Auftritten fährt, sei das für ihn die schönste Art, die Weih- nachtszeit einzuläuten. Das Ehrenamt verlangt den jungen Frauen viel ab. Sie opfern Zeit, müssen nach der Saison versäumten Schulstoff nachholen, sind während der Adventszeit eine öffentliche Person und müssen auch einmal Kritik einstecken können. Aber sie bekommen auch sehr viel zurück. „Ihr werdet in eurem Leben nie wieder in so viele strahlende Gesichter schauen“, hat Edith Kerndler-Hamburger jedem einzelnen mit auf den Weg gegeben. Lächeln für die Kameras: Barbara Otto, Amtsinhaberin 2015/2016, bei der Marktbegehung.
20 „Mut und Freude schenken, das bleibt hängen“ Gabriele Bergmann, verheiratete Jungk, war 1969 das erste gewählte Christkind. Die damals 19-jäh- rige Auszubildende bei der Stadtsparkasse Nürn- berg wurde für das Ehrenamt freigestellt. Ebenso wie die Schülerin Rebecca Ammon, die 2017 zum Das erste und das 25. gewählte Christkind: Gabriele Jungk (re.) und 25. Christkind gewählt wurde. Nach ihrem Abitur Rebecca Ammon. Foto: Annamaria Böckel will die heute 19-Jährige jetzt als Flugbegleiterin die Welt erkunden. Nürnberg Heute: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, musste die Sonderzüge mit Christkindlesmarktbesu- sich als Christkind zu bewerben? chern am Hauptbahnhof begrüßen. Beim U-Bahnbau nach Fürth habe ich das Band durchschnitten. Der Gabriele Jungk: Ich habe zu dieser Zeit Turnier getanzt lustigste Einsatz war in Cham. Wir sollten uns für den und Theater gespielt und wollte Funkenmariechen bei Christbaum bedanken, den Nürnberg von dort bekom- einer Faschingsgesellschaft werden. Mein Vater hat ge- men hat. Wir waren viel zu spät dran. Kurz vor der An- sagt: „Nur über meine Leiche.“ Am selben Tag war die kunft habe ich mich auf dem Parkplatz umgezogen. Die Ausschreibung in der Zeitung. Da habe ich mir gedacht: Schminke musste man mit Wasser auftragen. Dafür ha- Dann werde ich Christkind. ben wir Schnee geschmolzen. Es war einfach köstlich. Rebecca Ammon: Christkind werden wollte ich, seit ich klein war. Sobald ich mich bewerben konnte, war Vieles ist gleichgeblieben. Manches hat sich total ver- die Bewerbung auch schon fertig. ändert, etwa die mediale Aufmerksamkeit. Wären Sie heute gerne noch einmal Christkind? Das Amt war 1969 völlig neu. Hatten Sie eine Vorstel- Jungk: Manches ist heute einfacher, zum Beispiel, dass lung, was auf Sie zukommt? man ein Auto zur Verfügung hat. Mich musste damals Jungk: Ich hatte die Vorstellung von der Markteröff- mein Vater überall hinfahren. Ich habe alles alleine or- nung. Das war schon alles. Ich erinnere mich noch, dass ganisiert. Nach Berlin, wo ich einen Weihnachtsmarkt mir nach der Wahl Charles Aznavour gratuliert hat. Er eröffnet habe, bin ich ganz alleine geflogen. Auch die war damals zu einem Ball in Nürnberg und zur Wahl ein- Locken der Perücke musste ich abends selber neu ein- geladen. Danach wurde ich ins kalte Wasser geworfen. drehen. Es war auf der einen Seite mühsam, auf der Herr Schatz (damals Leiter des städtischen Presseamts) anderen Seite wäre es mir heute zu straff durchgetaktet. hat mal gesagt: Ich war ein Glücksfall für Nürnberg. Wenn es mit mir nicht funktioniert hätte, hätte die Stadt Frau Ammon, war Ihre Christkindzeit straff organisiert? die Idee des gewählten Christkinds wieder aufgegeben. Ammon: Es ist sehr stressig, aber schöner Stress. Der Ammon: Ich konnte eher ahnen, was kommt. Es gab ja Zeitplan läuft von vormittags bis abends durch. Aber da- viele Interviews mit den Vorgängerinnen. Aber wie man durch, dass man bei den Fahrern in guten Händen ist, wirklich in einer bestimmten oder schweren Situation hat es immer gut funktioniert. reagiert, weiß man vorher nicht. Haben Sie Ihre Vorgängerinnen bewusst erlebt und be- Was gab es früher außer der Eröffnung für Aufgaben? obachtet? Jungk: Ich kann mich daran erinnern, dass ich im Kauf- Ammon: Ich war früher sehr oft am Christkindlesmarkt. haus Schokoladenchristkinder verteilt habe. Und ich Als ich einmal mit meiner Oma um die Ecke gebogen
21 bin, stand plötzlich das Christkind vor mir. Ich war so ganz freundlich wieder zu mir und haben ihr Bild be- überrascht und habe mich gleichzeitig so gefreut, dass kommen. den ganzen Tag nichts mehr mit mir anzufangen war. Jungk: Zu meiner Zeit waren die Menschen noch zu- Die unmittelbaren Vorgängerinnen habe ich dann aus rückhaltender und höflicher. der Perspektive gesehen, selber Christkind werden zu wollen. Wie verändert einen das Amt? Gibt es das eine schöne Erlebnis, das in Erinnerung Jungk: Man wird selbstbewusster. Ich habe keine Be- bleibt? rührungsängste gegenüber prominenten Menschen. Das habe ich an allen Christkindern beobachtet. Jungk: Für mich war es die Eröffnung. Obwohl ich beim ersten Mal total erschrocken bin, als ich mich als Echo Ammon: Ich bin offener geworden gegenüber unbe- von der anderen Seite des Hauptmarkts gehört habe. kannten Situationen. Ich habe viel von Thomas Dietz An dem Tag hat es leicht geschneit. Das war wunder- (dem Coach) gelernt, wie man mit Aufregung umgeht. schön. Die Aufregung war groß, aber da ich schon The- Das kann ich in Zukunft gut brauchen. ater gespielt hatte, ging es trotzdem. Ammon: Mein Highlight war auch der Prolog. Dass Als Christkind steht man im Rampenlicht und bekommt ich mich als Echo gehört habe, hat mich noch gepusht. viel Sympathie. Gibt es auch Kritik? Dann gab es Termine, die viel Wert bekommen hatten, Ammon: Es gibt nicht das perfekte Christkind. Man weil ich viel bewirken konnte. Auch wenn die Situation kann es für sich zum besten Christkind machen. Aber vielleicht traurig ist, Mut und Freude zu schenken, das jeder Mensch hat eine andere Vorstellung. Daher gibt es bleibt hängen. immer Leute, die mit irgendetwas nicht zufrieden sind. Es ist nicht so toll, wenn man etwas Kritisches liest, aber Gibt es auch negative Erinnerungen? man sollte nicht zu viel darüber nachdenken. Jungk: Das Kaufhaus hätte ich nicht gebraucht. Einmal Christkind – immer Christkind: Stimmt das? Ammon: Mir ist aufgefallen, dass Erwachsene oft forsch oder unhöflich werden können. Ich finde das am Jungk: Auf jeden Fall. Ich bin seit 50 Jahren Christkind. Christkindlesmarkt nicht angebracht und ein schlechtes Jedes Jahr werde ich wegen Interviews oder TV-Beiträ- Vorbild für Kinder. Auf der Kinderweihnacht habe ich gen gefragt. Aber mit 90 möchte ich nicht mehr im Ein- einmal erlebt, wie sich zwei Großmütter gestritten ha- satz sein. ben, welches Enkelkind zuerst ein Foto mit mir machen Ammon: Ich will gar nicht, dass das aus meinem Leben darf. Ich habe ihnen gesagt, dass ich weitergehe, wenn verschwindet. Ich finde die Vorstellung schön, das alles sie sich nicht einigen können. Später kamen sie dann meinen Kindern und Enkelkindern zu erzählen. Rebecca Ammon (li.) 2017 und Gabriele Bergmann 1969. Foto re.: Stadtarchiv Nürnberg
22 Geschichte 1 legenheit, das Christkind aus der BEFLÜGELTE BEGRIFFE Die Figur des Christkinds war in Nürnberg schon vor der ersten Nähe zu sehen und ihm noch den Wunschzettel zuzustecken. In Wahl präsent. Seit 1948, als der einer Saison, die von Freitag vor erste noch bescheidene Markt der dem Ersten Advent bis zum Hei- Nachkriegszeit seine Buden öffne- ligen Abend dauert, kommen bis te, sprach die Schauspielerin Sofie zu 170 Termine zusammen. Un- Foto: Ursula Wagner Keeser den Prolog zur Eröffnung. ternehmen, die gerne ihren Pro- Ab 1961 übernahm ihre Kolle- dukten oder Dienstleistungen mit gin Irene Brunner diese Aufgabe. dem Christkind mehr Glanz ver- Auch die Nationalsozialisten hat- leihen möchten, bekommen von 3 ten schon auf die Symbolkraft der der Stadt Nürnberg eine Absage. Figur gesetzt. Gleich beim ersten Weihnachtsmarkt unter national- sozialistischer Herrschaft 1933 trat eine Schauspielerin als Christkind auf, die einen Prolog „im Geist der neuen Zeit“ sprach. Bewusst knüpften die neuen Machthaber damit an eine alte Nürnberger Tradition an. Seit der Reformation brachte in protestantischen Gebie- ten nicht mehr der Nikolaus den Kindern Geschenke, sondern an Heilig Abend das Christkind. Wo- bei damit nicht das Jesuskind in der Krippe gemeint war, sondern eine Gestalt, in die auch Überlie- ferungen der Maria, der St. Lucia und des Verkündigungsengels eingeflossen waren. So entstand die Vorstellung eines weiblichen 4 Christkinds, weshalb bis heute die Bewerbung um das Amt jungen Frauen vorbehalten bleibt (im Bild Inge Eichenseer 1973). Reisen 3 Ehemalige Philadelphia und Baltimore in Ein Leben lang Christkind: Zwar den USA, Brüssel, Bukarest oder endet die Amtszeit eines gewähl- Kalender 2 Glasgow in Europa: Die Reiselis- ten Christkinds am 24. Dezember Ohne ausgeklügelten Terminplan te des sogenannten „Auslands- des zweiten Jahrs, aber so ganz würden das Christkind und seine christkinds“ ist lang. Vor allem vorbei ist es dann doch noch nicht Betreuerin schnell den Überblick auf Weihnachtsmärkten, die sich mit dem himmlischen Dasein. verlieren. Der Markteröffnung im an deutschen Vorbildern orientie- In den beiden darauffolgenden Scheinwerferlicht folgen zahlrei- ren, ist das originale Nürnberger Jahren repräsentieren die jungen che Besuche in Krankenhäusern Christkind ein gern gesehener Frauen die Weihnachtsstadt Nürn- und Altenheimen, in Kindergär- Gast. Auch wenn die Figur nicht berg bei Auftritten meist außer- ten und Wärmestuben für Woh- immer leicht zu erklären ist und halb Deutschlands (s. Reisen). Und nungslose, bei Menschen mit in den USA schon einmal für eine auch danach ist die Verbunden- Behinderungen und bei Jugendli- Märchenprinzessin gehalten wird, heit mit dem Ehrenamt weiterhin chen mit psychischen Erkrankun- sind die Begeisterung und der stark. Jedes Jahr am 24. Dezem- gen. Kleine und große Besuche- Wunsch nach einem Foto mit dem ber treffen sich alle ehemaligen rinnen und Besucher des Markts deutschen Import groß. Da macht Christkinder, die gerade in Nürn- und der Kinderweihnacht (im Bild auch Santa Claus im Inner Harbour berg sind, mit ihrer amtierenden Marisa Sánchez 2001) bekom- von Baltimore (im Bild Franziska Nachfolgerin, und das natürlich men dreimal wöchentlich die Ge- Handke 2014) keine Ausnahme. auf dem Christkindlesmarkt.
23 Medienrummel 4 Schneiderinnen den Stoff für die Prolog Kaum hat die Jury verkündet, wer Flügel zum Plissieren noch außer Würde man eines der 25 ehe- für die nächsten zwei Jahre das Haus geben. Heute gibt es dafür maligen Christkinder mitten in Nürnberger Christkind verkörpern keinen Dienstleister mehr, so dass der Nacht wecken und nach wird, richten sich Kameras und auch diese Aufgabe beim Staats- dem Prolog fragen, bekäme man Mikrofone auf die gewählte junge theater bleibt. Die Kleider müssen vermutlich eine fehlerfreie Re- Frau. Der Medienmarathon startet einiges aushalten. Verschütteter zitation zu hören. Nicht nur bei mit den ersten Interviews. Auch Kaffee aus dem Seniorenheim, der feierlichen Markteröffnung, die großen Fernsehformate lieben Senfflecken von begeisterten sondern auch bei vielen weiteren das Christkind. Ob Außenwette Weihnachtsmarktbesuchern oder Auftritten spricht das Christkind von „Wetten dass?“ mit Modera- eine aufgerissene Naht: Die Kos- den Text. Manche Bewerberinnen torin Karen Webb (im Bild Christin tümabteilung bringt alles wieder können ihn schon auswendig, Strauber 2004), „Sternstunden“- in Ordnung. wenn sie sich zur Wahl stellen. Gala des Bayerischen Rundfunks Der Ursprungstext, der erstmals oder Adventsshow mit Florian 1948 von der Schauspielerin Sofie Silbereisen – das Christkind strahlt Krone 5 Keeser zu hören war, stammt von mit seinem goldenen Ornat min- Vergoldetes Messing, 25 Zenti- dem Nürnberger Dramaturgen destens so hell wie die Stars. meter im Durchmesser und 27 Friedrich Bröger. Lobte der erste Zentimeter in der Höhe, ein Ge- Prolog noch die Wiedererstehung wicht von rund 800 Gramm. Das des Christkindlesmarkts nach dem Kleid sind die Daten der Krone, die je- Zweiten Weltkrieg und die Wie- Aus je fünf Metern Brokat, acht des Christkind auf den blonden deraufbauleistung der schwer zer- Metern Goldlamé sowie Einla- Locken trägt. Sie stammt aus der störten Stadt, nahm die spätere gen- und Futterstoff fertigt die Werkstatt von Waffenmeister Pe- Version als „neue Stadt im Grün“ Kostümabteilung des Staats- ter Hofmann im Staatstheater. den Stadtteil Langwasser mit sei- theaters für jedes neu gewählte Damit das Metall nicht auf dem nen Hochhäusern mit auf. Für die Christkind zwei Kleider – eines mit Kopf drückt, ist das gute Stück Auslandsbesuche entstand sogar steiferen Flügeln für die Eröffnung mit Schaumstoff ausgepolstert. eine englische Version. und weitere Auftritte, eines mit Geht ein Christkind auf Reisen, weicherem Lamé überwiegend ist die Krone gemeinsam mit der für den Einsatz in geschlosse- Perücke sicher verwahrt in einem nen Räumen. Früher konnten die speziell angefertigten Koffer. 5 2 1 Foto: Stadtarchiv Nürnberg
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