Eine trügerische Initiative, die Mittelstand und Unternehmen teuer bezahlen

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eidg. Abstimmung vom 26. September 2021
Volksinitiative «Kapital höher besteuern, Löhne entlasten» (99%-Initiative)

Eine trügerische Initiative, die Mittelstand und Unternehmen teuer bezahlen
Marco Chiesa, Ständerat TI, Präsident der SVP Schweiz

Sehr geehrte Damen und Herren

Ich begrüsse Sie herzlich zur Medienkonferenz des überparteilichen Komitees gegen die Steuerinitiative
der Jungsozialisten. Ebenso begrüsse ich als Vertreter des Komitees meine Kollegen Dr. Michel Matter
von der GLP, Thomas Rechsteiner von der Mitte, Christian Lüscher von der FDP und Monika Rühl von
der economiesuisse. Die breite Abstützung des Komitees ist Ausdruck davon, dass wir es hier mit einer
Vorlage zu tun haben, die erhebliche Risiken für unser Land, Bevölkerung und Unternehmen darstellt.

Einmal mehr rufen die Jungsozialisten den Klassenkampf aus, wollen die staatliche Umverteilung weiter
massiv ausbauen und damit Land und Leuten ihre Ideologie aufzwingen. Dieses Vorgehen kennen wir
etwa schon von der 1:12-Initiative oder der Spekulationsstopp-Initiative, die beide vom Schweizer
Stimmvolk deutlich abgelehnt wurden. Bereits plant die Juso die nächste radikale Volksinitiative, mit der
sie Schweizer Bürgerinnen und Bürger unter dem Deckmantel des Klimaschutzes regelrecht enteignen
will. Wir haben bisher – und werden auch in Zukunft - Widerstand leisten gegen jeden Raubzug der
Linken auf Mittelstand und Unternehmen.

Die aktuelle Steuerinitiative passt in dieses klassenkämpferische Schema. Die Initianten geben vor, nur
das eine Prozent der Reichsten stärker besteuern zu wollen. Alle anderen sollen profitieren. Doch
aufgepasst! Bei genauerem Hinschauen entpuppt sich, dass der Kreis der Betroffenen weitaus grösser
ist. Die Steuerinitiative trifft eben auch Familienunternehmen, Eigenheimbesitzer oder Landwirte und
würde damit besonders die Landbevölkerung benachteiligen. Der Mittelstand müsste die neuen Steuern
berappen!

Überhaupt würde unserem Schweizer Werkplatz Schaden zugefügt. Denn je mehr Geld der Staat den
Unternehmen entzieht, desto weniger Möglichkeiten haben diese, um zu wachsen und in Arbeitsplätze
oder Innovationen zu investieren. Es ist auch absurd, einigen Unternehmen mit Milliarden durch die
Corona-Krise zu helfen, um sie dann gleich wieder mit höheren Steuern zur Kasse zu bitten. Die
Zusatzbelastung für Unternehmen hätte also gravierende Folgen. Und letztendlich würden diese
Nachteile alle zu spüren bekommen.

Juso-Steuerschwindel
Was uns stört sind nicht unterschiedliche Meinungen über Wirtschafts- und Sozialpolitik, denn diese sind
legitim. Nicht akzeptabel sind aber die Ablenkungsmanöver, mit denen die Jungsozialisten die
Stimmberechtigten zu täuschen versuchen. Das beginnt beim Titel der sogenannten «99%-Initiative» und
gipfelt im Gerede über einen angeblichen Freibetrag. Lassen sie mich klarstellen: Faktisch werden neuen
Steuer eingeführt, die nicht nur die Reichen, sondern der Schweizer Mittelstand zu zahlen hat. Die
Jungsozialisten suggerieren, dass nur hohe Kapitaleinkommen stärker besteuert werden sollen. Das ist
falsch! Die Volksinitiative wirkt bereits auch unterhalb der Schwelle und will heute steuerfreie
Kapitalgewinne besteuern!
Überparteiliches Komitee gegen die 99%-Initiative
Medienkonferenz vom 19. August 2021
Nationalrat Thomas Rechsteiner

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte Damen und Herren
Die Steuer-Initiative der JUSO will Kapitaleinkommen stärker besteuern.
Das selbsterklärte Ziel der Initiantinnen und Initianten ist es, mittels einer
höheren Besteuerung von Kapitaleinkommen und einer konsequenten
Rückverteilung mehr soziale Gerechtigkeit zu erreichen.
Die Mitte kann die bestehenden Massnahmen zur Reduzierung der
Einkommens- und Vermögensungleichheit akzeptieren. Und über die
Ausgestaltung der sozialen Marktwirtschaft können wir durchaus
sprechen. Jedoch wollen wir das nicht mit Klassenkampf und linker
Rhetorik machen. Die Mitte setzt sich für den Zusammenhalt der
Schweiz ein. Wir wollen keine Spaltung durch die Aufwiegelung
unterschiedlicher Gesellschaftsgruppen. Die Mitte-Mitglieder der Mitte-
Fraktion haben die Initiative denn auch sowohl im National- als auch im
Ständerat einstimmig abgelehnt.
Die Mitte ist eine föderalistische Partei, und gerade aus Sicht der
Kantone ist die Initiative klar abzulehnen, was ich nachfolgend etwas
ausführlicher erläutern möchte. Denn:
   1. Sie verschlechtert die steuerliche Attraktivität der Kantone.
   2. Sie greift in die Steuerhoheit der Kantone ein.
   3. Und sie schwächt die finanzielle Autonomie der Kantone.
Lassen Sie mich diese schädlichen Auswirkungen auf die Kantone kurz
erläutern.1
Zu Punkt 1: Um ihre steuerliche Wettbewerbsfähigkeit
aufrechtzuerhalten, hätten die Kantone bei einer Annahme der Initiative
keine andere Wahl, als ihr Steuersystem anzupassen. Eine mögliche
Konsequenz wäre die Senkung oder gar Abschaffung der
Vermögenssteuer. Angesichts des Umfangs und der Stabilität dieser
Steuereinnahmen wäre ein solcher Schritt allerdings äusserst
bedauerlich. Diese Steuer wird von Kantonen und Gemeinden erhoben
und ist in den meisten Fällen progressiv ausgestaltet. Die Einnahmen
daraus machen fast 10% des jährlichen Steueraufkommens von
Kantonen und Gemeinden aus.
Sie sind zudem im Zeitverlauf relativ stabil, was erhebliche Vorteile für
die finanzpolitische Planung bietet. Kapitalerträge sind im Gegensatz
dazu grösseren konjunkturellen Schwankungen unterworfen und daher
für die öffentliche Hand schwerer vorhersehbar.
Zu Punkt 2: Die Infragestellung der Teilbesteuerung von Dividenden ist
ein erstes Beispiel für den Verlust kantonaler Steuerautonomie. Die
Kantone verfügen über einen wichtigen Freiraum mit Bezug auf die
Umsetzung der Teilbesteuerung. Das Instrument ist wichtig für KMU und
ein zentrales Element der kantonalen Steuerpolitik.
Das zweite Beispiel ist die Besteuerung von Grundstückgewinnen, die
von der Initiative betroffen sein könnten. Zurzeit erheben alle Kantone
eine Steuer auf Grundstückgewinne. Die Systeme unterscheiden sich
jedoch je nach Kanton erheblich. Da diese Grundstückgewinne unter den
Begriff Kapitaleinkommen fallen, wären die Kantone verpflichtet, sie
jenseits einer bestimmten Schwelle stärker zu besteuern. Neben der
höheren Belastung in den Kantonen könnten die privaten
Grundstückgewinne in Zukunft auch vom Bund besteuert werden.
Zu Punkt 3: Eine Zunahme oder Schaffung neuer finanzieller
Verflechtungen angesichts der zentralen Rolle der Kantone und der
Gemeinden bei der Umverteilungspolitik wäre bei einer Annahme der
Initiative wohl nur schwer vermeidbar. Die von den Urheberinnen und

1
 Inhalt weitgehend aus Argumentarium der FDK: https://www.fdk-cdf.ch/-
/media/FDK_CDF/Dokumente/Themen/Steuerpolitik/Einkommenssteuer/200602_99InitiativeArgumentarium_
DEF.pdf?la=de-CH
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Urhebern der Initiative genannten Beispiele beweisen dies:
Prämienverbilligungen, Kinderkrippen und Pflegeleistungen durch die
Spitex. Alle diese Aufgaben liegen in der Zuständigkeit der Kantone oder
Gemeinden. Die Initiative könnte folglich zu einer vermehrten
Zentralisierung der Zuständigkeiten auf Bundesebene führen.
Wie in der Botschaft des Bundesrates zur Initiative zudem erwähnt wird,
muss damit gerechnet werden, dass der für die Rückverteilung zur
Verfügung stehende Betrag von Jahr zu Jahr sehr volatil und auch
nach einer Umsetzung der Initiative schwierig zu prognostizieren sein
wird. Die Finanzierung von Massnahmen könnte nicht gesichert werden.
Diese Unsicherheit läuft der Umsetzung stabiler Umverteilungsmassnah-
men zuwider und könnte die Kantone finanziell belasten.
Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass die Initiative
die steuerliche Attraktivität der Kantone verschlechtert, einen Eingriff in
die Steuerhoheit der Kantone darstellt und die finanzielle Autonomie der
Kantone schwächt. Alles Gründe, weshalb auch die Konferenz der
kantonalen Finanzdirektorinnen und -direktoren die Initiative klar ablehnt.
Nebst den negativen Auswirkungen auf die Kantone möchte ich hier
noch kurz einen weiteren Punkt erwähnen. Mit der Initiative wird auch
eine neue Steuer für Kleinsparer eingeführt. Denn die Steuer-Initiative
der JUSO trifft nicht nur die reichsten 1%, sondern kann wesentlich mehr
Personen treffen, insbesondere aus dem breiten Mittelstand. Da stellen
wir uns klar dagegen. Neben Eigenheimbesitzer, Bauernfamilien oder
Familienunternehmen werden von der JUSO-Initiative auch Kleinsparer
zur Kasse gebeten. Die genaue Ausgestaltung ist zwar noch offen, aber
klar ist, dass breite Kreise des Mittelstands mit einer neuen Steuer
rechnen müssten.
Hinzu kommt, dass die Initiantinnen und Initianten für eine umfassende
Definition des Begriffs «Kapitaleinkommen» plädieren, die Kapitalerträge
und -gewinne aus beweglichem und unbeweglichem Vermögen
einschliesst. So handelt es sich auch bei Renten der beruflichen
Vorsorge aus der zweiten und dritten Säule um Kapitalerträge, die
folglich eingeschlossen sein könnten. So sind eben nicht nur die
«Superreichen», sondern plötzlich auch die breite Bevölkerung betroffen,
die sich über Jahre vom Lohn die Rente angespart hat. Wer sich zum

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Beispiel die Pensionskasse auszahlen lässt, muss mit deutlich höheren
Steuern rechnen.
Selbstverständlich ist auch die Mitte gegen zu hohe Einkommens- und
Vermögensunterschiede. Und auch ich persönlich rege mich über
Abzockerlöhne auf. Dies ist gesellschaftspolitisch ungesund und schadet
dem Zusammenhalt des Volkes. Aber die 99%-Initiative löst diese
Probleme überhaupt nicht, noch schlimmer, sie schafft eine Menge
neuer Probleme. Die Mitte-Mitglieder der Mitte-Fraktion haben die
Initiative denn auch folgerichtig sowohl im National- als auch im
Ständerat einstimmig abgelehnt.
Mein dringender Aufruf zum Schluss: Diesen fiskalischen Raubzug auf
den Mittelstand und die KMU und diesen Angriff auf die steuerliche
Attraktivität, Hoheit und Autonomie der Kantone müssen und werden wir
abwehren. Deshalb gibt es nur eines: Ein klares Nein ohne Wenn und
Aber am 26. September zur 99%-Initiative.
Besten Dank.

13.8.2021 / ThR

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Eidg. Abstimmungen, 26. September 2021
Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» (99% Initiative)

Sperrfrist : 19. August 2021, 10 Uhr
Es gilt das gesprochene Wort.

NEIN zur Initiative der Jungsozialisten (JUSO)
Christian Lüscher, FDP-Nationalrat, Genf

Sehr geehrte Damen und Herren

Sehr geehrte Vertreter der Medien

Auch ich begrüsse Sie zu dieser Pressekonferenz des überparteilichen Komitees
gegen die so genannte "99%"-Initiative.

Ich möchte Ihnen erklären, wie die Initiative die Innovation und den Mittelstand in
diesem Land mit Strafsteuern belasten wird und dass wir bei weitem nicht nur die
reichsten 1 % treffen, wie die Initiative behauptet.

Ein Angriff auf den Innovationsstandort Schweiz

Durch den Ausschluss aus dem Programm «Horizon Europe» steht die Innovation in
der Schweiz bereits unter Druck. Die Initiative würde die Situation noch verschlimmern.
Schweizer Hochschulen sind nicht zuletzt deshalb attraktiv, weil sie viele Start-ups
ermöglichen. Eine Annahme der 99%-Initiative würde diese Kooperationen
untergraben und ihr Geschäftsmodell praktisch unmöglich machen.

Ausserdem verfügt ein Unternehmen bei seiner Gründung über wenig Liquidität. Die
Gründer und Mitarbeiter akzeptieren daher niedrigere Gehälter, die durch eine
Beteiligung am Unternehmen ausgeglichen werden. Mit dieser Initiative würde der
Nettoerlös beim Verkauf eines erfolgreichen Start-ups bis zu 50 % niedriger ausfallen
als heute. Die Folge wäre klar: Viele vielversprechende Unternehmen würden sich von
vornherein um eine Verlagerung bemühen. Die Schweiz würde ihre Fähigkeit zur
Innovation und zur Schaffung von Arbeitsplätzen verlieren.

Ungerechtfertigte Strafe für Hauseigentümer

Die Initiative will auch eine Steuer auf private Kapitalerträge erheben. Nehmen wir das
Beispiel eines Ehepaars, das sein Haus vor etwa zwanzig Jahren gekauft hat. Das
Eidg. Abstimmungen, 26. September 2021
Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» (99% Initiative)

Ehepaar, das jetzt im Ruhestand ist, möchte sein Haus verkaufen. Logischerweise
wird dieses Haus an Wert gewonnen haben. In jedem Fall wird die Initiative dazu
führen, dass die Eigentümer eine neue Steuer zahlen müssen, da derzeit keine
staatliche Steuer auf solche Kapitalerträge erhoben wird. Beträgt die Wertsteigerung
des Hauses mehr als 100'000 Franken, müssen sie sogar diese neue Steuer zu 150%
bezahlen! Das ist völlig unverhältnismässig! Dieses Paar hat wahrscheinlich sein
ganzes Leben lang eine Vermögenssteuer sowie eine Steuer auf den Eigenmietwert
seiner Immobilie gezahlt! Und jetzt sollen sie im Falle eines Verkaufs noch eine weitere
Steuer bezahlen!

Auch die Landwirtschaft wird sanktioniert

Das Gleiche gilt für Landwirte, die Eigentümer ihres Landes sind. Auch hier würde die
gleiche Kapitalertragssteuer gelten, wenn das Grundstück verkauft wird. Dies würde
vor allem Junglandwirte treffen, die Land kaufen und ihr Kapital in Geräten und
Maschinen gebunden haben. Alle zusätzlichen Steuern, die gezahlt werden müssten,
wäre Geld, das nicht in die Verbesserung der Produktion oder der Effizienz der
Betriebe investiert werden könnte.

Dass diese Initiative vor allem die Mittelschicht betreffen wird, versteht sich von selbst.
Der eindeutige Wunsch der Jungsozialisten, eine Steuer auf private Kapitalgewinne
ab dem ersten Franken zu erheben, unabhängig von anderen bestehenden Steuern,
ist unverhältnismässig. Es ist nichts anderes als eine Strafsteuer für die Mittelschicht,
die ihr Leben lang gearbeitet hat. Es handelt sich um eine Initiative, die in ihrer
Konzeption extrem ist und echte versteckte Folgen hat.

  Kontakt :
  Christian Lüscher, Nationalrat (FDP, GE), 079 355 37 52
eidg. Abstimmung vom 26. September 2021
Volksinitiative «Kapital höher besteuern, Löhne entlasten» (99%-Initiative)

Steuerinitiative behindert Investitionen und erschwert Betriebsübergaben
Monika Rühl, Vorsitzende der Geschäftsleitung, economiesuisse

Sehr geehrte Damen und Herren

Die Steuerinitiative der Juso ist aus Sicht der Wirtschaft keine normale Steuervorlage.

• Diese Initiative ist schlicht unternehmensfeindlich, weil sie den Kern des Unternehmertums angreift
  und die Substanz der Firmen schwächt. Stichwort neue Hindernisse für Nachfolgeregelungen.
• Es ist auch keine Initiative gegen die Reichen, sondern gegen die Erfolgreichen. Stichwort überhöhte
  Besteuerung von 150%.
• Und es ist auch keine Initiative, die angebliche Privilegien abschafft, sondern für Unternehmerinnen
  und Unternehmer neue Benachteiligungen einführt. Stichwort wirtschaftliche Doppelbelastung.

Betriebsübergaben erheblich erschwert
Besonders betroffen durch die Steuerinitiative sind KMU und mittelständische Familienbetriebe; konkret
Unternehmer, deren persönliches Vermögen im eigenen Betrieb gebunden ist. Neu müssten
Unternehmer – zusätzlich zu den Gewinn- und Vermögenssteuern – auch noch ihre Dividende zu 100%
als Einkommen versteuern. Das trifft Inhaber, die mehr als 10% ihres eigenen Betriebes besitzen, also
vorab KMU. Für besonders erfolgreiche Unternehmerinnen und Unternehmer würde die
Dividendenbesteuerung von heute rund 70 Prozent auf 150 Prozent hochschnellen und sich damit mehr
als verdoppeln. Dieses Geld fehlt für Investitionen und schwächt damit die Innovationsfähigkeit.
Besonders gravierend sind die Auswirkungen bei Betriebsübergaben. Eine Nachfolgerin zu finden, stellt
viele Unternehmer bereits heute vor grosse Herausforderungen. Die Initiative verschärft die Problematik
massiv. Über Jahre kumulierte Wertsteigerungen übersteigen selbst in kleineren Betrieben rasch die
Schwelle von 100'000 Franken. Bei einer Besteuerung zu 150 Prozent wären damit ausgerechnet in
dieser bereits heiklen Phase sogar Steuern auf fiktiven Kapitalgewinnen fällig und letztlich von der
Nachfolgerin oder vom Nachfolger zu berappen. Diese überhöhte Kapitalgewinnsteuer verringert direkt
die Substanz und Stabilität von Unternehmen. Weil die Firmenübernahmen so teurer werden, müssen
sich die neuen jungen Besitzer zusätzlich verschulden. Das Risiko, dass Nachfolgeregelungen –
innerhalb oder auch ausserhalb der Familie – scheitern, steigt erheblich. So stehen auch Arbeitsplätze
auf dem Spiel. Eine Absurdität – die Juso schwächt so unseren Standort und das Unternehmertum.

Das falsche Feindbild: «Grossaktionäre» sind in erster Linie inhabergeführte KMU.
Absurd ist auch das Verbot der Dividendenteilbesteuerung, denn dieses trifft in erster Linie KMU-Inhaber.
Die Jungsozialisten agitieren populistisch gegen «Grossaktionäre», die im Gegensatz zu
Lohnempfängern angeblich nur einen Teil ihres Einkommens versteuern müssten. Dabei verkennen sie
aber völlig, dass die Teilbesteuerung nur geltend machen kann, wer mehr als 10% eines Unternehmens
besitzt. Die meisten der sog. «Grossaktionäre» sind Inhaber von beispielsweise Gärtnereien,
Präzisionswerkzeughersteller, Küchenbauer etc. Zudem sind die zugrundeliegenden Gewinne bereits auf
Stufe Unternehmen mit der Gewinnsteuer belastet. Dies bei der Dividendenbesteuerung zu
berücksichtigen ist international absolut üblich und führt zu einer gleichen Besteuerung von
Unternehmerinnen und selbständig Erwerbstätigen. Ohne diese Regel ergibt sich eine ungerechtfertigte
wirtschaftliche Doppelbelastung und damit eine stossende Benachteiligung von Unternehmerinnen.
economiesuisse und alle Wirtschaftsverbände appellieren darum die Steuerinitiative wuchtig abzulehnen.
eidg. Abstimmung vom 26. September 2021
Volksinitiative «Kapital höher besteuern, Löhne entlasten» (99%-Initiative)

Neue Steuern – Wirkung auch unterhalb des Schwellenwerts
Michel Matter, Unternehmer, Arzt und Nationalrat glp

Sehr geehrte Damen und Herren

Ich halte meine Rede heute mit meinem Unternehmergeist und meinem grünliberalen Herzen. Die
sogenannte «99%-Initiative» der Juso treffen diese beiden wichtigen Aspekte meines Lebens zutiefst.

Als Unternehmer steht für mich fest, dass der von der Juso vorgelegte Initiativtext sein Ziel völlig verfehlt.
Erstens wären aufgrund der unklaren Formulierung zahlreiche Familienbetriebe davon betroffen. Sie sind
das Rückgrat der Schweizer Wirtschaft und bieten zahlreiche Arbeitsplätze. Obwohl die Initianten
vorgeben, die Initiative beziehe sich nur auf natürliche Personen, besteht die Gefahr, dass auch
Unternehmen betroffen sein werden, da diese sehr häufig Kapitaleinkommen generieren. Ab dem
Schwellenbetrag von 100'000 Franken müssen Kapitaleinkommen sogar überhöht besteuert werden.
Somit ist klar, dass die meisten KMU massiv stärker besteuert werden, insbesondere im Falle eines
Verkaufs oder einer Nachfolgelösung.

Die Schweiz ist seit jeher stolz auf ihre florierende und liberale Wirtschaft, die es ermöglicht,
Familienunternehmen über mehrere Generationen hinweg zu führen, ohne mit überhöhten Steuern
finanziell ausgehöhlt zu werden. Unser Land ist auch stolz auf seine Innovation und seine zahlreichen
Start-ups. Diese Start-ups sind jedoch oft auf Investitionen angewiesen, um die ersten 5 Jahre überhaupt
überleben zu können. Und schliesslich wäre es nach mehr als einem Jahr Pandemie- und
Wirtschaftskrise absurd, unsere bereits stark von der Coronakrise gebeutelten KMU mit neuen Steuern
zur Kasse zu bitten.

Die Jungsozialisten wollen uns mit ihrer Initiative und ihrer Kampagne eine Welt vorgaukeln, in der
Unternehmer die Profite nur erwirtschaften, um sie in die eigene Tasche zu stecken und in der
Arbeitnehmer schuften, ohne die Früchte ihrer Arbeit jemals zu ernten. Als Unternehmer, der selbst einen
Betrieb führt, muss ich sagen, dass diese Sichtweise auf die Geschäftswelt nicht sehr differenziert ist.

Die Initianten argumentieren, Kapitaleinkommen würden nicht besteuert. Dem ist jedoch nicht so. Die
Schweiz erhebt in vielen Kantonen, so auch in meinem Heimatkanton Genf, bereits heute eine Steuer auf
Vermögen, Erbschaften und den Eigenmietwert. Ausserdem hat die Schweiz ein sehr progressives
Einkommenssteuersystem.        So bezahlt das reichste 1 Prozent rund 40 Prozent der direkten
Bundessteuer. Mit diesen Steuereinnahmen finanziert die Schweiz heute soziale Dienste, die für unsere
Gesellschaft unerlässlich sind. Anders als von den Initianten behauptet, hat die Schweiz eine der besten
und stabilsten Vermögensverteilungen der Welt. Der Föderalismus ermöglicht eine ständige Anpassung
der Besteuerung an die Bedürfnisse der Gemeinschaft, sei es auf der Ebene der Gemeinden, der
Kantone oder des Bundes.

Ausserdem bin ich mir als Grünliberaler der Herausforderungen bewusst, die in den nächsten 30 Jahren
auf uns zukommen werden. Als Vater von zwei Kindern spreche ich natürlich vom Klimawandel. Der
ökologische Übergang erfordert in der Tat erhebliche Investitionen in alle unsere Infrastrukturen, die für
eine lebensfähige Zukunft der künftigen Generationen unerlässlich sind. In dieser Hinsicht sind unsere
KMU entscheidende Akteure auf diesem Weg. Sie brauchen daher alle ihre Investitionskapazitäten und
eidg. Abstimmung vom 26. September 2021
Volksinitiative «Kapital höher besteuern, Löhne entlasten» (99%-Initiative)

alle notwendigen Anreize, um dem Klimawandel entgegenzuwirken und ihr Geschäftsmodell anzupassen.
Da die Steuerinitiative eine zusätzliche Steuer auf Kapitaleinkommen vorsieht, würde sie sich ebenfalls
negativ auf die Energiewende auswirken. Wenn ein Unternehmen heute Fotovoltaikanlagen auf den
Dächern seiner Gebäude installieren will, muss es zahlreiche langwierige und kostspielige administrative
Auflagen erfüllen, wie beispielsweise baupolizeiliche Vorschriften. Auch Einnahmen aus solchen Anlagen
würden über der Schwelle von 100'000 Franken stark überhöht besteuert werden. Dies würde viele
Unternehmen dazu veranlassen, ihre Anlagen zu verkleinern, um diesen Schwellenwert nicht zu
überschreiten. Dieser Nebeneffekt ist bedauerlich. In der Schweiz sollten wir unsere Gebäude zehn Mal
schneller nachhaltig gestalten, wenn wir die Ziele des Pariser Abkommens erreichen wollen. Mit der
Annahme dieser Initiative akzeptieren wir es, den ökologischen Wandel zusätzlich auszubremsen.

Wir dürfen unsere Wirtschaft und unsere KMU nicht mit einer zusätzlichen Steuer belasten und vor allem
sollten wir nicht innovative und grüne Investitionen gefährden! Stimmen wir am 26. September NEIN zur
Steuerinitiative der Juso.
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