Tax me if you can. Zur Besteuerung von digitalen Unternehmen in der EU - Österreichische Gesellschaft für Europapolitik

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Tax me if you can. Zur Besteuerung von digitalen Unternehmen in der EU - Österreichische Gesellschaft für Europapolitik
ÖGfE Policy Brief 04’2018
Tax me if you can.
Zur Besteuerung von digitalen Unternehmen in der EU
Von Pola Schneemelcher und Paul-Jasper Dittrich, Jacques Delors Institut - Berlin
Wien, 13. März 2018
ISSN 2305-2635

Handlungsempfehlungen
   1. Die aktuelle Diskussion um die Besteuerung von Digitalunternehmen sollte viel weiter
      gefasst werden und sich nicht nur auf amerikanische Techgiganten beschränken.

   2. Mit vorschnellen Lösungsansätzen wie einer Ausgleichsteuer sollte nicht von der
      Notwendigkeit einer Neudefinition von “digitaler Wertschöpfung” abgelenkt werden.

   3. Um eine effiziente internationale Lösung auf OECD Ebene zu finden, ist eine gemeinsame
      konsistente Position der EU elementar.

Zusammenfassung
Die angemessene Besteuerung von Digitalunterneh-                   Die Digitalisierung verändert aber fast jeden Lebens-
men ist 2017 zur politischen Toppriorität aufgestie-               bereich und über kurz oder lang auch die meisten
gen, auch 2018 steht das Thema im Fokus. Die ak-                   Geschäftsmodelle. Um die Herausforderungen der
tuelle Diskussion könnte jedoch zu kurz greifen, da                Digitalisierung an das internationale Steuersystem zu
sie sich hauptsächlich um Steuervermeidung und                     bewältigen, reicht ein isolierter Ansatz daher nicht aus.
die Regulierung amerikanischer Techgiganten dreht.

Österreichische Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) | Rotenhausgasse 6/8-9 | A-1090 Wien | europa@oegfe.at | oegfe.at | +43 1 533 4999                               1
ÖGfE Policy Brief 04’2018

                                        Tax me if you can.1
                                        Zur Besteuerung von digitalen Unternehmen in der EU

                                          1) Die politische Debatte gewinnt an                                   „Das gegenwärtige internationale Steuer-
                                                          Fahrt1                                              system ist weiterhin nur unzureichend für die
                                                                                                              Veränderungen von Wertschöpfungsketten
                                            Die politische Debatte um die Besteuerung digi-                   gerüstet, die die digitale Transformation mit
                                        taler Unternehmen hat im Laufe von 2017 eine im-                      sich gebracht hat.“
                                        mer wichtigere Rolle gespielt. Sowohl für den fran-
                                        zösischen Staatschef Emmanuel Macron2 als auch                       Jenseits der aktuellen Debatten steht eine weit-
                                        für den Präsidenten der Europäischen Kommission,                 aus größere technische und politische Herausforde-
                                        Jean-Claude Juncker, hat eine europäische Steu-                  rung: Das gegenwärtige internationale Steuersystem
                                        erreform höchste Priorität. Die Frage der Besteue-               ist weiterhin nur unzureichend für die Veränderun-
                                        rung digitaler Unternehmen wurde daher bereits auf               gen von Wertschöpfungsketten gerüstet, die die
                                        dem EU Digitalgipfel in Tallinn im September 2017                digitale Transformation mit sich gebracht hat. Dies
                                        erörtert und wird im Frühjahr 2018 weiter an Fahrt               führt innerhalb des Binnenmarktes zu Ungleichge-
                                        aufnehmen. Denn dann werden sowohl die OECD                      wichten in der Unternehmensbesteuerung. Gemäß
                                        als auch die EU-Kommission3 neue Vorschläge zur                  dem steuerlichen Digitalisierungsindex 20175 liegt in
                                        Steuervermeidung und in diesem Zusammenhang                      der EU der effektive Steuersatz für traditionelle in-
                                        auch zur Besteuerung digitaler Unternehmen prä-                  ländische Geschäftsmodelle deutlich höher (20,9%)
                                        sentieren. Diese beiden politischen und technischen              als derjenige für digitale inländische Geschäftsmo-
                                        Prozesse auf inter- und supranationaler Ebene wer-               delle (8,5%). In diesem Policy Brief beleuchten wir
                                        den durch Vorschläge von den Mitgliedstaaten er-                 die Debatte um die technischen Herausforderungen
                                        gänzt: Auf Initiative Frankreichs setzten im Sep-                der Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle inner-
                                        tember 2017 vier europäische Finanzminister die                  halb des EU-Binnenmarkts. Wir konzentrieren uns
                                        Kommission unter Druck, um die Möglichkeit der                   dabei (1) auf die Problematik der Betriebsstätten
                                        Einführung einer „Ausgleichssteuer“ prüfen zu las-               und (2) darauf, warum Gewinne aus digitaler Wert-
                                        sen4, bei welcher statt des Gewinns der Umsatz als               schöpfung unter den derzeitigen Steuervorschriften
                                        Bemessungsgrundlage für die Besteuerung von Di-                  nicht vollständig erfasst werden.
                                        gitalunternehmen herangezogen wird.
                                                                                                         2) Die wichtigsten Herausforderungen:
                                                                                                                        Überblick

                                        1) Dies ist eine leicht modifizierte Form des Originalbeitrags
                                                                                                            Während die EntscheidungsträgerInnen also
                                        „Tax me if you can – Zur Besteuerung von Digitalunternehmen“     bereits ambitionierte Lösungen für eine effizien-
                                        von Pola Schneemelcher und Paul-Jasper Dittrich, erschienen      tere Besteuerung digitaler Unternehmen im euro-
                                        am 16.01.2018 beim Jacques Delors Institut – Berlin.
                                                                                                         päischen Binnenmarkt präsentieren6, bleiben die
                                        2) Bu Hilary Clarke, “Macron sets out grand plan to relaunch
                                        ›weak and slow‹ European Union”, CNN, 26.09.2017.
                                        3) Die Konsultationsphase endete am 03.01.2018. Ergebnisse       5) Zentrum für europäische Wirtschaftsforschung, “Steuerlicher
                                        sind noch nicht verfügbar.                                       Digitalisierungsindex 2017 - Steuerliche Standortvorteile digitaler
                                                                                                         Geschäftsmodelle”, herausgegeben von PwC, April 2017.
                                        4) Gemeinsames Dokument der Finanzminister von Frankreich,
                                        Deutschland, Spanien und Italien, September 2017. Abrufbar       6) Europäische Kommission, “A Fair and Efficient Tax System
                                        unter: http://g8fip1kplyr33r3krz5b97d1.wpengine.netdna-cdn.      in the European Union for the Digital Single Market”, Kommuni-
                                        com/wp-content/uploads/2017/09/170907-joint-initiative-digi-     kation der Kommission an Rat und das Europäische Parlament
                                        tal-taxation252c-signed-letter-by-4-ministers.pdf.               Brüssel, 2017.

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Herausforderungen äußerst komplex. Gesetzge-                               „Immaterielle Vermögenswerte, die der
ber und ExpertInnen sind sich darüber einig, dass                       wichtigste Werttreiber digitaler Geschäfts-
das gegenwärtige Steuersystem den Anforderun-                           modelle sind, fordern das zentrale Paradigma
gen im digitalen Kontext nicht mehr genügt und                          in der gegenwärtigen Unternehmensbesteu-
EU-weit zu geringerer Wettbewerbsfähigkeit, unfai-                      erung, nämlich dass Gewinne dort besteuert
rer Besteuerung und sinkenden Staatseinnahmen                           werden, wo sie generiert werden, heraus.“
führt. Gegenwärtig werden die Ausgestaltung des
Steuersystems und die Regulierung grenzüber-                        •     Im Gegensatz zu nicht-digitalen Geschäfts-
schreitender Geschäfte den einzelnen EU-Mitglied-                         modellen verfügen digitale Unternehmen in
staaten überlassen. Bilaterale Steuerabkommen                             dem Land, wo die Wertschöpfung erbracht
zwischen EU-Staaten richten sich im Allgemeinen                           wird, meistens über keine „ausreichende
am OECD-Musterabkommen zur Vermeidung von                                 physische Präsenz“ (sog. „Betriebsstätte“
Doppelbesteuerung aus, welches den wichtigsten                            oder „steuerlicher Anknüpfungspunkt“), wes-
Referenzrahmen für derzeitige und zukünftige EU-                          halb die rechtlichen Bestimmungen zu den
Steuervorschriften darstellt. Es handelt sich aller-                      Betriebsstätten, die traditionell als Grundla-
dings lediglich um eine unverbindliche Leitlinie für                      ge für die Steuerbemessung herangezogen
internationale Steuerabkommen.                                            werden, keine Anwendung finden.

    Ein wichtiges Merkmal digitaler Geschäftsmodel-                 •     Die Gewinne sind bei digitalen Geschäfts-
le (wie z. B. der Betrieb von sozialen Netzwerken,                        modellen nur schwer abgrenzbar, da sie
Suchmaschinen oder Cloud-Services) ist ihre große                         sich häufig nicht (direkt) auf die angebotenen
Abhängigkeit und starke Nutzung von immateriellen                         Güter und Dienstleistungen zurückführen
Vermögenswerten (siehe Abbildung zur Wertschöp-                           lassen. Zudem stellt sich bei digitalen Un-
fung, rechte Spalte). Immaterielle Vermögenswerte                         ternehmen die Frage, wie die immateriellen
sind im Gegensatz zu materiellen Vermögenswer-                            Vermögenswerte (wie Software oder Daten)
ten wie Maschinen oder Gebäude nicht an einen                             sowie deren Beitrag zur Wertschöpfung be-
bestimmten Gegenstand oder Ort gebunden. Im-                              wertet werden sollen.
materielle Wirtschaftsgüter sind häufig Patente
oder Software und zeichnen sich durch Nichtriva-                   Diese zwei Besonderheiten digitaler Geschäfts-
lität und Skalierbarkeit aus, können also gleichzei-            modelle stellen (a) die aktuell geltenden Bestimmun-
tig von vielen Personen genutzt werden, ohne dass               gen hinsichtlich der Betriebsstätten und (b) die in-
dadurch ihre Verfügbarkeit abnimmt. Ein Beispiel ist            ternationalen Gesetze zu grenzüberschreitenden
eine Software, die weltweit verfügbar ist, unabhän-             Transaktionen innerhalb eines Konzerns (Verrech-
gig davon, wie viele Leute gerade auf sie zugreifen.            nungspreisvorschriften), die beispielsweise die Wei-
Aufgrund dieser ökonomischen Eigenschaften sind                 tergabe einer Softwarelizenz von der Mutter- an die
immaterielle Vermögenswerte rechtlich geschützt                 Tochtergesellschaft in der EU regeln, in Frage. Diese
(z. B. durch Lizenzen, Urheberrechte, Patente, Wa-              Probleme müssen dringend angegangen werden,
renzeichen usw.). Dadurch sollen Investitionen und              damit ein effektives Steuersystem sichergestellt
Innovation gefördert werden. Immaterielle Vermö-                werden kann.
genswerte, die der wichtigste Werttreiber digitaler
Geschäftsmodelle sind, fordern das zentrale Para-
digma in der gegenwärtigen Unternehmensbesteu-
erung, nämlich dass Gewinne dort besteuert wer-
den, wo sie generiert werden, heraus. Grund dafür
sind zwei wichtige Charakteristika:

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                                                           Vereinfachte Darstellung der wesentlichen Unterschiede zwischen vorwiegend digitalen und
                                                            nicht-digitalen Geschäftsmodellen in Bezug auf die Wertschöpfung und die Betriebsstätte.

                                              3) Die Betriebsstätten im Fokus                                Digitale Geschäftsaktivitäten sind über verschie-
                                                                                                          dene Rechtsräume verteilt, und die Wertschöpfung
                                             Das gegenwärtige internationale Steuersystem                 muss sich nicht nur auf den Ort beschränken, wo
                                         basiert auf der Besteuerung der Unternehmensge-                  das Unternehmen physisch präsent ist (siehe Abbil-
                                         winne und ist in erster Linie produzentenorientiert.             dung zur Betriebsstätte, rechte Spalte). Je stärker
                                         Der steuerliche Anknüpfungspunkt – und damit das                 die wertschöpfenden Aktivitäten auf verschiedene
                                         Recht zur Erhebung von Unternehmenssteuern – ist                 Standorte verteilt sind, desto stärker können sie die
                                         also der Ort der Wertschöpfung, die Betriebsstätte,              entsprechenden steuerlichen Vorteile nutzen.
                                         d. h. die Steuern fallen dort an, wo die Produkte ent-
                                         wickelt oder hergestellt bzw. wo die Dienstleistun-                      „Je stärker die wertschöpfenden Aktivitä-
                                         gen erbracht werden (siehe Abbildung Betriebsstät-                    ten auf verschiedene Standorte verteilt sind,
                                         te, linke Spalte). Die entsprechenden Bestimmungen                    desto stärker können sie die entsprechenden
                                         sind auf die Anforderungen des Industriezeitalters                    steuerlichen Vorteile nutzen.“
                                         zugeschnitten und wurden im Laufe der Zeit auf die
                                         globalen Wertschöpfungsketten ausgeweitet. Den-                     In der aktuellen Debatte betonen die OECD und
                                         noch kann damit den rapiden Veränderungen in der                 die EU, dass das Betriebsstättenprinzip ein Grund-
                                         Wertschöpfung, die sich infolge der fortwährenden                prinzip für die Besteuerung von Unternehmensge-
                                         digitalen Transformation in der Produktion und Be-               winnen bleiben wird. Wie bereits erwähnt, wird die
                                         reitstellung von Waren und Dienstleistungen erge-                Betriebsstätte im OECD-Musterabkommen als „Nie-
                                         ben, nicht mehr Rechnung getragen werden.                        derlassung“ in einem rein physischen Sinn definiert.

4                               Österreichische Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) | Rotenhausgasse 6/8-9 | A-1090 Wien | europa@oegfe.at | oegfe.at | +43 1 533 4999
ÖGfE Policy Brief 04’2018
Angesichts der Tatsache, dass bei digitalen Ge-                  gemäß den derzeit geltenden Bestimmungen der
schäftsmodellen keine Niederlassung besteht, hat                 Ort, an dem der Großteil der Wertschöpfung erzielt
die OECD in den letzten Jahren gewisse Anpassun-                 wird und der entsprechend den wichtigsten steu-
gen vorgenommen. Insgesamt wird das Erfordernis                  erlichen Anknüpfungspunkt darstellt. Infolge dessen
einer physischen Präsenz jedoch nicht grundsätz-                 haben Unternehmen mit digitalen Geschäftsmo-
lich aufgegeben, weshalb diese Anpassungen nicht                 dellen, die außerhalb der EU ansässig sind, keinen
ausreichen, um die größten Herausforderungen der                 wesentlichen steuerlichen Anknüpfungspunkt in der
digitalen Wirtschaft zu meistern. Auf EU-Ebene for-              EU, da ihre lokalen Aktivitäten gemäß den aktuel-
dern die Kommission7 und der Ecofin-Rat8 alterna-                len Bestimmungen als routinemäßig und steuerlich
tive Indikatoren für die Bestimmung der Besteue-                 vernachlässigbar erachtet werden. Gemäß den ak-
rungsgrundlage und diskutieren die Möglichkeit von               tuellen OECD-Richtlinien wird die lokale Erfassung,
„virtuellen Betriebsstätten“ als langfristige Lösung.            Speicherung und Verarbeitung von Daten für die
Diese Indikatoren müssen aber zuerst noch genau-                 Analyse (mit Data Mining) als Routineaufgabe be-
er ausgearbeitet werden. Letztlich macht der Status              trachtet, die keinen steuerlichen Anknüpfungspunkt
quo in der Debatte deutlich, dass eine Neudefinition             darstellt und nicht als (zu versteuernde) Wertschöp-
der Betriebsstätte erforderlich ist.                             fung betrachtet wird.9

          4) Die Besteuerung von                                       „Unternehmen mit digitalen Geschäftsmo-
          Wertschöpfung im Fokus                                     dellen profitieren außerdem in hohem Maße
                                                                     von Steueroptimierungs- und Gewinnver-
   Wie oben beschrieben, leiten digitale Geschäfts-                  schiebungsstrategien, die auf Verrechnungs-
modelle ihren Wert in erster Linie aus der Entwick-                  preisregeln von immateriellen Vermögens-
lung und anschließenden Nutzung immaterieller                        werten basieren.“
Vermögenswerte ab, zum Beispiel den Algorithmen
einer Suchmaschine.                                                 Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen
                                                                 profitieren außerdem in hohem Maße von Steuer-
   Gemäß den bestehenden Regeln sind Gewinne                     optimierungs- und Gewinnverschiebungsstrategien,
dort zu versteuern, wo die Wertschöpfung statt-                  die auf Verrechnungspreisregeln von immateriellen
findet. Für auf immateriellen Vermögenswerten                    Vermögenswerten basieren. Solche Strategien sind
basierte digitale Geschäftsmodelle ist daher ent-                im Allgemeinen nicht neu: Die Unterlizenzierung von
scheidend, wo eine Software entwickelt und weiter-               Eigentumsrechten (Patente, Software, Marken) an
entwickelt wird, in welchem Land die geistigen Ei-               eine lokale Tochtergesellschaft zu unangemessen
gentumsrechte verbleiben und wie das Programm                    hohen Lizenzierungskosten ist ein typisches Beispiel
zum Umsatz in einem Drittland beiträgt. Wenn die                 der Nutzung von Verrechnungspreisen zwischen
Patente, der Vertrieb, die Software-Entwicklung und              verschiedenen rechtlichen Einheiten eines globa-
die wichtigsten Betriebsaktivitäten eines Unterneh-              len Unternehmens zum Zwecke der Steueroptimie-
mens, sagen wir Facebook, alle in einem Land an-                 rung. Nachdem Lizenz- und andere Gebühren an
gesiedelt sind, beispielsweise in den USA, ist dies              die Muttergesellschaft gezahlt sind, die die Rechte
                                                                 hält, erklärt die Tochtergesellschaft gegenüber den
                                                                 lokalen Steuerbehörden Gewinne von nahe Null.
7) Europäische Kommission, “A Fair and Efficient Tax System      Selbstverständlich gibt es Regeln für solche Trans-
in the European Union for the Digital Single Market”, Kommuni-
kation der Kommission an Rat und das Europäische Parlament
Brüssel, 2017.
8) ECOFIN, “Discussion on corporate taxation challenges of       9) Marcel Olbert and Prof. Dr. Christoph Spengel. International
the digital economy”, Presidency Issues Note for the informal    taxation in the digital economy: challenge accepted?” World tax
ECOFIN Tallinn, September 2017.                                  journal : WTJ, 9, 1, 3-46, 2017.

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ÖGfE Policy Brief 04’2018

                                         aktionen: Gemäß den derzeitigen OECD-Richtlini-                  engen und begrenzten Debatte, die oft um eine klei-
                                         en müssen interne Transaktionen zu vergleichba-                  ne Anzahl amerikanischer Technologiekonzerne kreist.
                                         ren Marktpreisen durchgeführt werden, unter dem                  Da immer mehr Unternehmen aus der „traditionellen“,
                                         Fremdvergleichsgrundsatz (“arm’s length principle”)              nicht-digitalen Wirtschaft im Begriff stehen, ihre Ge-
                                         für Verrechnungspreise. Digital abgeleitete immate-              schäftsmodelle zu digitalisieren, wird die „digitale Wirt-
                                         rielle Vermögenswerte wie Algorithmen sind aber oft              schaft« immer allgegenwärtiger, und die steuerlichen
                                         einzigartige Strukturen. Es ist daher sehr schwierig,            Herausforderungen für die EU nehmen weiter zu.
                                         für sie einen vergleichbaren Wert festzulegen und
                                         den Fremdvergleichsgrundsatz anzuwenden, der                        Zweitens ist es wichtig, umfassende funktionel-
                                         anderenfalls die Berechnung von unzulässig hohen                 le Analysen spezifischer digitaler Geschäftsmodelle
                                         Lizenzgebühren auf die im Unternehmen verwende-                  durchzuführen, um überzeugende Argumente für ei-
                                         ten Vermögenswerte verbieten würde.                              nen steuerlichen Anknüpfungspunkt zu finden, der
                                                                                                          beispielsweise auf Data Mining basiert. Ein Cloud-
                                        „Neue Regeln, basierend auf einer unter-                          Betreiber hat ein Geschäftsmodell und ein Marktrisi-
                                      schiedlichen Definition von datenbasierter                          ko, die sich stark von jenen einer E-Commerce-Platt-
                                      Wertschöpfung, könnten dazu beitragen, hö-                          form oder eines sozialen Netzwerks unterscheiden.
                                      here Steuereinnahmen zu generieren.“                                Die Implikationen für Wertschöpfung und Steuern
                                                                                                          können je nach dem spezifischen digitalen Ge-
                                            Wie können die digitale Wertschöpfung und das                 schäftsmodell erheblich voneinander abweichen.
                                         verständliche Beharren der Mitgliedstaaten auf hö-
                                         heren Einnahmen aus der Besteuerung digitaler Un-                   Drittens sollte sich die EU zu einer gemeinsamen
                                         ternehmen in Einklang miteinander gebracht wer-                  Verhandlungsposition auf der internationalen Ebene
                                         den? Eine mögliche Lösung besteht darin, sich auf                verständigen. Angesichts der Tiefe und Komplexität
                                         die Definition und funktionale Analyse von aus Da-               des Themas wäre es riskant, voreilige Schlussfol-
                                         ten generiertem Wert in den jeweiligen Steuerjuris-              gerungen zu ziehen. Bevor wir Lösungen wie Aus-
                                         diktionen zu konzentrieren. Wie oben beschrieben,                gleichssteuern oder Änderungen der bestehenden
                                         wird Mehrwert oft durch die Bearbeitung und Ana-                 Regeln vorschlagen, müssen wir einen Schritt zu-
                                         lyse lokal beschaffter Informationen (Data Mining)               rücktreten und die Herausforderungen analysieren.
                                         geschaffen, die beispielsweise in Werbeeinnahmen                 Angesichts unserer globalen Märkte ist ein interna-
                                         verwandelt werden. Neue Regeln, basierend auf ei-                tionaler Ansatz unter dem Schirm der OECD drin-
                                         ner unterschiedlichen Definition von datenbasierter              gend erforderlich. Dennoch sind die Implikationen
                                         Wertschöpfung, könnten dazu beitragen, höhere                    für den Binnenmarkt enorm, und die Mitgliedstaaten
                                         Steuereinnahmen zu generieren.                                   sollten ihre Positionen abstimmen, um einen größe-
                                                                                                          ren Einfluss auf die Arbeit auf globaler Ebene aus-
                                               5) Bewertung der europäischen                              zuüben. Darüber hinaus hat die Besteuerung des
                                                Debatte zur Besteuerung von                               digitalen Binnenmarktes das Potenzial, einen Bei-
                                                    Digitalunternehmen                                    trag zur Debatte über ein neues EU-Budget zu leis-
                                                                                                          ten. Wie die hochrangige Expertengruppe um Mario
                                            In der Debatte über die Besteuerung von Digi-                 Monti in ihrem Bericht10 empfiehlt, könnten Einkünf-
                                         talunternehmen, die sich in den nächsten Monaten                 te aus digitalen Aktivitäten im EU-Binnenmarkt das
                                         intensivieren wird, sollten folgende drei Punkte nicht           neue EU Budget ergänzen.
                                         außer Acht gelassen werden.

                                            Erstens wird die europäische Diskussion dadurch
                                                                                                          10) High Level Group on Own Resources, “Future Financing
                                         erschwert, dass es keine gemeinsame Definition von               of the EU”, Final report and recommendations of the High Level
                                         „digitaler Wirtschaft“ gibt. Das führt zu einer inhaltlich       Group on Own Resources, December 2016

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ÖGfE Policy Brief 04’2018
Über die AutorInnen
Pola Schneemelcher ist Wissenschaftlerin am Jacques Delors Institut – Berlin im
Forschungsbereich Wirtschafts- und Währungsunion sowie Binnenmarkt. Ihr Schwerpunkt
liegt auf den Themen EU-Haushalt und Steuerpolitik.

Kontakt: schneemelcher@delorsinstitut.de

Paul-Jasper Dittrich ist Wissenschaftler am Jacques Delors Institut – Berlin im
Forschungsbereich Digitales Europa. Seine inhaltlichen Forschungsschwerpunkte sind der
Digitale Binnenmarkt sowie der Wandel von Öffentlichkeit und Politik in der EU durch das
Internet und soziale Medien.

Kontakt: dittrich@delorsinstitut.de

Über die ÖGfE
Die Österreichische Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE) ist ein parteipolitisch unabhän-
giger Verein auf sozialpartnerschaftlicher Basis. Sie informiert über die europäische In-
tegration und steht für einen offenen Dialog über aktuelle europapolitische Fragen und
deren Relevanz für Österreich. Sie verfügt über langjährige Erfahrung im Bezug auf die
Förderung einer europäischen Debatte und agiert als Katalysator zur Verbreitung von eu-
ropapolitischen Informationen.

ISSN 2305-2635                                                          Impressum

Die Ansichten, die in dieser Publikation zum Ausdruck                   Österreichische Gesellschaft für Europapolitik
kommen, stimmen nicht unbedingt mit jenen der ÖGfE                      Rotenhausgasse 6/8-9
oder jenen, der Organisation, für die die AutorInnen                    A-1090 Wien, Österreich
arbeiten, überein.

Schlagworte
Internationale Besteuerung, Digitalisierung, Wertschöp-                 Generalsekretär: Mag. Paul Schmidt
fung, Binnenmarkt, Steuervermeidung, Verrechnungs-                      Verantwortlich: Christoph Breinschmid, M.A.
preise, BEPS

Zitation                                                                Tel.: +43 1 533 4999
Schneemelcher, P., Dittrich, P. J. (2018). Tax me if you                Fax: +43 1 533 4999 – 40
can. Zur Besteuerung von digitalen Unternehmen in der                   E-Mail: policybriefs@oegfe.at
EU. Wien. ÖGfE Policy Brief, 04’2018                                    Web: http://oegfe.at/policybriefs

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