EINFÜHRUNG IN DAS VERGABERECHT - Prof. Dr. Jürgen Kühnen Vorsitzender Richter am OLG

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EINFÜHRUNG IN DAS VERGABERECHT - Prof. Dr. Jürgen Kühnen Vorsitzender Richter am OLG
EINFÜHRUNG
IN DAS
VERGABERECHT
               Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                Vorsitzender Richter am OLG
EINFÜHRUNG IN DAS VERGABERECHT - Prof. Dr. Jürgen Kühnen Vorsitzender Richter am OLG
Gegenstand des            Ziel des
 Vergaberechts         Vergaberechts

   Beschaffung von       Gleichbehandlung
   Gütern sowie Bau-      der Unternehmen
          und            bei der öffentlichen
    Dienstleistungen      Auftragsvergabe

       durch die           sparsame und
   öffentliche Hand        wirtschaftliche
                          Haushaltsführung

      durch den
       Abschluss
   privatrechtlicher
       Verträge                              Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                Vorsitzender Richter am OLG
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Regelungsinhalt des
Vergaberechts:

  Welche Beschaffungsvorgänge
  unterfallen dem Vergaberecht?
  (Wer ist die „öffentliche Hand“? Müssen
  bestimmte Auftragssummen überschritten
  sein?)

      Gibt es Regeln für die
      Ausschreibung und die
      Auftragsvergabe?

           Gibt es Möglichkeiten eines
           Rechtsschutzes?

                                            Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                             Vorsitzender Richter am OLG
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Europäisches Recht
    Vergabekoordinierungsrichtlinie
    (VKR)

        Sektorenkoordinierungsrichtlinie
        (SKR)

                                              Art. 288 III AEUV

        Rechtsmittelrichtlinie (RMR)

    Sektorenrechtsmittelrichtlinie (SRMR)

                                            Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                             Vorsitzender Richter am OLG
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Vergabekoordinierungsrichtlinie
• Vergabe von Bau-, Liefer- und
  Dienstleistungsaufträge

Sektorenkoordinierungsrichtlinie
• Vergabe durch öffentliche
  Auftraggeber im Bereich Wasser-,
  Energie- und Verkehrsversorgung

Rechtsmittelrichtlinie
• Rechtsschutz im Wege von
  Nachprüfungsverfahren

Sektorenrechtsmittelrichtlinie
• Nachprüfungsverfahren im
  Sektorenbereich                    Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                      Vorsitzender Richter am OLG
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Nationales Recht
     Umsetzung der europäischen Richtlinien

     Kaskadenprinzip
       Wettbewerbsbeschränkungen (GWB)
                                              §§ 97 – 101 b GWB
                                             Vergabegrundsätze,
                                         Vergabearten, Definition des
                                          öffentlichen Auftraggebers
                Gesetz gegen

I.                                            §§ 102 – 124 GWB
                                         Nachprüfungsverfahren und
                                           Beschwerdeverfahren

                                             §§ 125 – 129 b GWB
                                         Kosten, Schadensersatz etc.
                                                                        Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                                         Vorsitzender Richter am OLG
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Vergabeverordnung   Schwellenwerte und Schätzung
                               der Auftragswerte
            (VgV)
                            Bekanntmachungspflichten,
II.                       elektronische Auftragsvergabe,
                             ausgeschlossene Personen

                              Verweis auf die jeweils
                          einzuhaltenden Abschnitte der
                                 VOB, VOL, VOF

                                                    Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                     Vorsitzender Richter am OLG
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Vergabe- und Vertragsordnung für
                                    Bauleistungen (VOB)

       Vertragsordnungen
                                           - VOB(A)
                                - Abschnitt 1: Basisparagraphen
         Vergabe- und      - Abschnitt 2: a-Paragraphen (Umsetzung
                                             der VKR)

III.                          Vergabe- und Vertragsordnung für
                                     Leistungen (VOL)
                                           - VOL/A
                             - Abschnitt 1: Vergabe von Leistungen
                           - Abschnitt 2: EG-Paragraphen (Umsetzung
                                             der VKR)

                              Vergabeordnung für freiberufliche
                                     Leistungen (VOF)

                                                                  Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                                   Vorsitzender Richter am OLG
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Vergabe von Aufträgen im
                            Bereich des Verkehrs, der

      Sektorenverordnung
                           Trinkwasserversorgung und
                              der Energieversorgung

           (SektVO)
                           erfasst wird die Vergabe von
                                  Bau-, Liefer- und
                             Dienstleistungsaufträgen
IV.
                            durch Auftraggeber nach
                                § 98 Nr. 1 – 4 GWB

                              und Erreichen der EU-
                              Schwellenwerte (§ 1 II
                                     SektVO)

                                                        Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                          Vorsitzender Richter am OLG
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Grundsätze des Vergabeverfahrens
nach § 97 GWB

    Beschaffung von Waren, Bau- und Dienstleistungen im Wettbewerb,
    § 97 I GWB

       Durchführung eines transparenten Vergabeverfahrens, § 97 I
       GWB
                            MAXX1S IPOD

        Gleichbehandlung aller Teilnehmer, § 97 II GWB

       Berücksichtigung mittelständischer Interessen durch Losbildung,
       § 97 III GWB

    Vergabe an fachkundige, leistungsfähige und gesetzestreue
    Unternehmen, § 97 IV 1 GWB

                                                      Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                         Vorsitzender Richter am OLG
Sachverhalt:
                                                                    Fall 1

- Stadt H hat die Lieferung von Kopiertechnik für die Schul-
  verwaltung ausgeschrieben

- 5 Bieter geben ein Angebot ab

-   Firma A bietet der H sog. Rebuild-Geräte an (Verwendung von Fertigbau-
    teilen, so dass die Produktionskosten niedriger sind als bei einem Neu-
    gerät

- Mitbewerber haben Neugeräte angeboten

- H hat das Angebot der A nicht berücksichtigt.

Zu Recht?

                                                       Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                         Vorsitzender Richter am OLG
Sachverhalt:                                                        Fall 2
- Stadt V möchte ihren Flughafen ausbauen und schreibt
  entsprechende Erd- und Bauarbeiten aus

- Vor Angebotsabgabe besichtigt einer der Bieter, die A-GmbH, den be-
  treffenden Teil des Flughafengeländes

- Dabei erklärt ein Vertreter der Stadt V, dass eine bestimmte – derzeit noch
  vorhandene - Erdaufschüttung beseitigt werde und die Kosten hierfür nicht
  in das Angebot einzubeziehen seien

- Die anderen Bieter wurden hierüber nicht informiert

- A-GmbH bietet ohne die beschriebenen Erdarbeiten zum Preis von 1 Mio.
      Euro an, der Mitbewerber mit den Erdarbeiten zu 1,15 Mio. Euro

 - Stadt V möchte beide Angebote werten, und zwar ohne die Position für
                           Erdaufschüttung.

                                 Zu Recht?              Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                         Vorsitzender Richter am OLG
Öffentlicher Auftraggeber
      geregelt in § 98 GWB

      maßgeblich ist der funktionale Auftraggeberbegriff:
      - nicht erforderlich ist eine öffentlich-rechtliche Organisationsform
      - entscheidend ist die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben

                         Gebietskörperschaften
                           (§ 98 Nr. 1 GWB)

private Baukonzessionäre                          funktionale Auftraggeber
     (§ 98 Nr. 6 GWB)                                  (§ 98 Nr. 2 GWB)

Auftraggeber öffentlich ge-                    Verbände (Zweck- und
    förderter Projekte                            Spitzenverbände)
     (§ 98 Nr. 5 GWB)                              (§ 98 Nr. 3 GWB)
                           Sektorenauftraggeber
                              (§ 98 Nr. 4 GWB)

                                                         Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                           Vorsitzender Richter am OLG
Gebietskörperschaften

§ 98 Nr. 1 GWB
                     (Bund, Länder,
                      Kommunen)

                 Sondervermögen der
                 Gebietskörperschaften

                 Anstalten und Stiftungen

                                            Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                             Vorsitzender Richter am OLG
§ 98 Nr. 2 GWB            juristische Personen des
                       öffentlichen Rechts oder des
                                  Privatrechts,

                         die zur Erfüllung von nicht
                                                         ohne Gewinnerzielungsabsicht
                       gewerblichen Aufgaben im
                      Allgemeininteresse gegründet       Aufgaben, die hoheitliche Be-
                                   wurden                fugnissse bzw. die Wahrnehmung
                                                         der Belange des Staates betreffen
                        und durch die öffentliche
                        Hand beherrscht werden           Staatsnähe aufgrund einer maß-
                           (Geschäftsanteile,            geblichen Beteiligung, der
                             Finanzierung)               überwiegenden Finanzierung
                                                         oder einer staatlichen Aufsicht

                 Anhang III der Vergabekoordinierungsrichtlinie
                 enthält eine – nicht abschließende – Liste von
                 Öffentlichen Auftraggebern !
                                                                  Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                                    Vorsitzender Richter am OLG
§ 98 Nr. 4 GWB § 98 Nr. 3 GWB
                                       Verbände

                                 Insbesondere Zweck-
                                 und Spitzenverbände

                                    z.B. Städte- und
                                     Landkreistage

                                        Sektorenauftraggeber:

                                Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 – 4 GWB im
                                      Bereich Wasser-, Energie- und
                                           Verkehrsversorgung

                                  die entweder vom Staat beherrscht
                                               werden

                                 oder denen zur Ausübung ihrer Tätigkeit
                                besondere Rechte verliehen worden sind
                                (Monopolstellung, Wegerechte, Anschluss-   Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                        und Benutzungszwang)                Vorsitzender Richter am OLG
§ 98 Nr. 5 GWB
•Auftraggeber im Bereich öffentlich
 geförderter Projekte
•Sinn: es macht keinen Unterschied,
 ob der öffentliche Auftraggeber
 selbst beauftragt oder er einen
 Dritten subventioniert, der seinerseits
 beauftragt

§ 98 Nr. 6 GWB
•Baukonzession (zum Begriff siehe § 99
 VI GWB)

                                       Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                           Vorsitzender Richter am OLG
Öffentlicher Auftrag (§ 99 I GWB)

                   entgeltliche Verträge

                zwischen einem öffentlichen
                 Auftraggeber und einem
                       Unternehmen

                zur Beschaffung von Bau-,
               Liefer- oder Dienstleistungen

               sowie Auslobungsverfahren

                  und Baukonzessionen

                                               Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                Vorsitzender Richter am OLG
Sachverhalt:                                                      Fall 3
-   Stadt B schließt mit der A-GmbH einen Rahmenvertrag
    zur Entwicklung und Errichtung wirtschaftlicher und
    touristischer Infrastrukturprojekte

- Vertrag: Zusammenarbeit der Vertragspartner, um die Stadt zu einem
  Kurort zu entwickeln

- Konkrete Projekte enthält der Rahmenvertrag nicht

- eine Ausschreibung ging dem Vertragsschluss nicht voraus

- B-GmbH hält das für rechtswidrig

                                                      Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                       Vorsitzender Richter am OLG
Auftragsarten:
  Bauauftrag (§ 99 III GWB)

   - Herstellung, Instandhaltung, Änderung oder
     Beseitigung einer baulichen Anlage

   - erfasst werden sowohl Tiefbauarbeiten als auch Hochbauarbeiten

   - Vertrag über die Ausführung eines solchen Bauvorhabens

   - Vertrag über die Planung + Ausführung eines solchen Bauvorhabens

   - Bauträgerverträge

   - nicht: der Verkauf eine Grundstücks mit der Maßgabe seiner
     Bebauung im Rahmen einer geordneten städtebaulichen Entwicklung
     (es fehlt an der Beschaffung einer Bauleistung)

  Baukonzession (§ 99 VI GWB)
  Bauauftrag, bei dem die Gegenleistung in dem
  befristeten Recht auf Nutzung der Anlage - ggfs.   Prof. Dr. Jürgen Kühnen
  zzgl. einer Entgeltzahlung - besteht                Vorsitzender Richter am OLG
Lieferauftrag (§ 99 II GWB)
- Verträge zur Beschaffung von Waren

- Aufzählung in § 99 II 1 GWB nicht abschließend

- Waren sind alle beweglichen Sachen, die einen Geldwert haben und
  Gegenstand eines Handelsgeschäfts sein können

Dienstleistungsauftrag (§ 99 IV GWB)
 - Auffangtatbestand

 - alles, was weder Bauauftrag noch Lieferauftrag ist, so dass nicht nur
   Dienstverträge iSv § 611 BGB erfasst werden

 - erfasst werden gewerblich wie freiberuflich erbrachte Dienste

 - Dienstleistungskonzessionen unterfallen nicht dem Vergaberecht

                                                    Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                      Vorsitzender Richter am OLG
Auslobungsverfahren (§ 99 V GWB)
- dienen der Vorbereitung der Vergabe eines
  Dienstleistungsauftrags
- sollen dem öffentlichen Auftraggeber zu einem Plan
  verhelfen, z.B. Architektenwettbewerb

 Gemischte Verträge (§ 99 X - XIII GWB)
 - maßgeblich ist der Schwerpunkt des Vertrages (was prägt den
   Vertragsinhalt, welches Vertragsziel ist primär?), § 99 XI GWB
 - Dienstleistungsauftrag, wenn der Wert der Dienstleistungen den Wert
   der Waren übersteigt, § 99 X 1 GWB

 - Dienstleistungsauftrag, wenn die Bauleistungen im Verhältnis zum
   Hauptgegenstand Nebenarbeiten sind, § 99 X 2 GWB
  - ist ein Hauptgegenstand nicht feststellbar, ist der Auftrag nach den
    Bestimmungen zu vergeben, die für Auftraggeber nach
    § 98 Nr. 1- 3 GWB gelten, § 99 XII GWB
                                                   Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                     Vorsitzender Richter am OLG
Schwellenwerte:
  § 100 I GWB: Vergaberecht gilt nur für
  Aufträge, deren Auftragswerte bestimmte
  Schwellenwerte erreichen oder übersteigen

  Schwellenwerte sind geregelt in § 2 VgV

  § 2 I und II VgV enthält eine dynamische Verweisung auf die
  EU-Vergaberichtlinien
  - Liefer- und Dienstleistungsaufträge der obersten und oberen Bundesbe-
    hörden: 134.000 Euro
  - Liefer- und Dienstleistungsaufträge im Sektorenbereich: 414.000 Euro

  - alle anderen Liefer- und Dienstleistungsaufträge: 207.000 Euro

  - Bauaufträge: 5.186.000 Euro
  - Auslobungsverfahren: Schwellenwert des erstrebten Dienstleistungsauf-
    trags
  - für losweise Vergabe: 80.000 Euro – 1 Mio. Euro Prof. Dr. Jürgen Kühnen
    bzw. ab 20 % des Gesamtwertes aller Lose          Vorsitzender Richter am OLG
Ermittlung des Schwellenwertes
  - aufgrund einer seriösen Schätzung nach § 3 VgV
  - bei Einleitung des Vergabeverfahrens (§ 3 IX VgV)
  - maßgeblich ist der Netto-Auftragswert (§ 2 I VgV)
  - Umgehungsverbot - es untersagt die künstliche Aufspaltung eines
    Auftrags mit dem Ziel, den Schwellenwert zu unterschreiten (§ 3 II VgV)

Bedeutung der Schwellenwerte:
  Zweiteilung des Vergaberechts:
  Aufträge, die die maßgeblichen Schwellenwerte erreichen oder
  Übersteigen (vgl. § 100 I GWB):
  - Pflicht zur europaweiten Ausschreibung
  - Geltung der vergaberechtlichen Bestimmungen

  Aufträge, die die maßgeblichen Schwellenwerte nicht erreichen:
   - keine Pflicht zur europaweiten Ausschreibung
   - keine Geltung der vergaberechtlichen         Prof. Dr. Jürgen Kühnen
     Bestimmungen, sondern nur des Haushaltsrechts Vorsitzender Richter am OLG
Arten der Vergabe im Schwellenwert-
bereich:
 Offenes Verfahren (§ 101 II, VII 1 GWB)
  •eine unbeschränkte Anzahl von Unternehmen wird öffentlich zur
   Angebotsabgabe aufgefordert
  •vorrangiges Verfahren, sofern nicht das GWB etwas anderes bestimmt

 Nichtoffenes Verfahren (§ 101 III GWB)
  •zweistufiges Vergabeverfahren
  •1. Stufe: öffentlicher Teilnahmewettbewerb
  •2. Stufe: beschränkte Ausschreibung

 Verhandlungsverfahren (§ 101 V GWB)
  •Verhandlungen mit ausgewählten Unternehmen, um über
   Auftragsbedingungen und Vertragsinhalt zu verhandeln

 Wettbewerblicher Dialog (§ 101 IV GWB)
  •Aufforderung zur Teilnahme
  •anschließend Verhandlungen über alle Einzelheiten des Auftrags mit
   ausgewählten Unternehmen

                                                                        Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                                         Vorsitzender Richter am OLG
Sachverhalt:                                                  Fall 4
-   Stadt T möchte ihr Jugendheim modernisieren

-   Sie schreibt die entsprechenden Bauarbeiten
    beschränkt (ohne Teilnahmewettbewerb) aus

-   5 Unternehmen werden zur Angebotsabgabe aufgefordert

-   T will an den preisgünstigsten Bieter A vergeben

-   Dagegen wendet sich Bieter B, der zu einem um 5 % höheren
    Preis angeboten hatte

Mit Recht?

                                                  Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                   Vorsitzender Richter am OLG
Rangfolge der Vergabearten:

  Es gilt grundsätzlich eine strenge Hierarchie der Vergabe-
  arten, d.h.

  - das Offene Verfahren hat Vorrang vor dem Nichtoffenen
    und das Nichtoffene Verfahren geht dem Verhandlungsverfahren vor
    (vgl. § 3 EG Abs. 2 – 4 VOB/A, § 3 EG Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VOL/A)

  - aber: Kein Vorrang des Verhandlungsverfahrens vor dem Wettbewerb-
    lichen Dialog

  - freiberufliche Leistungen werden ausschließlich im Verhandlungsver-
    fahren vergeben (§ 3 I VOF)

  - Sektorenauftraggeber können zwischen Offenem Verfahren, Nicht-
    offenem Verfahren und Verhandlungsverfahren wählen (§ 107 VII 2 GWB)

                                                       Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                         Vorsitzender Richter am OLG
§§ 4 – 6 VgV regelt im Einzelnen, welcher Auftraggeber
  nach § 98 Nr. 1 – 6 GWB bei welchen Aufträgen welche
  Vergabe- und Vertragsordnung in welchem Abschnitt
  (VOB/A, VOL/A, VOF) anzuwenden ha:

Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 – 3 GWB bei Liefer- und
Dienstleistungsaufträgen

 • VOL/A 2. Abschnitt (EG-Paragraphen), § 4 I VgV

Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 – 3 und 5 GWB bei freiberuflichen
Leistungen

 • VOF, § 5 VgV

Auftraggeber nach § 98 Nr. 1 – 3, 5 und 6 GWB bei Bauaufträgen

 • VOB/A 2. Abschnitt (EG-Paragraphen), § 6 I VgV, § 1 a EG VOB/A
                                                       Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                        Vorsitzender Richter am OLG
Ablauf eines Offenen Vergabeverfahrens:

                  Erstellung der Vergabeunterlagen
                       (Leistungsbeschreibung +
                         Vertragsbedingungen)

                       Bekanntmachung der
                          Ausschreibung

                         Angebotsabgabe

                      Prüfung und Wertung der
                     eingegangenen Angebote

                    Auftragsvergabe (Zuschlag)

                                                 Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                     Vorsitzender Richter am OLG
Ablauf eines Nichtoffenen Verfahrens:

                  Erstellung der Vergabeunterlagen
                       (Leistungsbeschreibung +
                         Vertragsbedingungen)

                       Bekanntmachung der
                          Ausschreibung

                         Übersendung der
                     Vergabeunterlagen an die
                            Bewerber

                   Auswahl der Bewerber, die zur
                   Angebotsabgabe aufgefordert
                             werden

                 Prüfung und Wertung der Angebote

                    Auftragsvergabe (Zuschlag)

                                                 Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                   Vorsitzender Richter am OLG
Ablauf des Verhandlungsverfahrens:

                Aufforderung einzelner Unternehmen
                     zu Vertragsverhandlungen
                              oder

                       Bekanntmachung des
                      Vergabeverfahrens mit
                 anschließender Teilnehmerauswahl

                        Verhandlungsphase

                         Angebotsphase

                 Prüfung und Wertung der Angebote
                         am Ende der letzten
                         Verhandlungsrunde

                    Auftragsvergabe (Zuschlag)

                                                 Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                  Vorsitzender Richter am OLG
Leistungsbeschreibung:
  legt Inhalt und Umfang der anzubietenden Leistung
  fest (Klarheit im Vergabeverfahren + bei der Vertrags-
  abwicklung)
  gewährleistet ein faires Vergabeverfahren

  ist Grundlage für die Vergütung des künftigen Auftragnehmers

Anforderungen an die Leistungsbeschreibung:
  Leistung muss eindeutig und so erschöpfend beschrieben werden,
  dass alle Bewerber die Beschreibung in einem gleichen Sinn ver-
  stehen und ihre Preise sicher und ohne umfangreiche Vorarbeiten
  berechnen können, § 7 I Nr. 1 VOB/A, § 7 I VOL/A, § 8 EG I VOL/A
  - unzulässig sind unvollständige, missverständliche oder widersprüchliche
    Angaben
  - unzulässig ist es, wenn der Bieter die Leistung aus den Vergabeunter-
    lagen „zusammensuchen“ muss                         Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                         Vorsitzender Richter am OLG
Maßstab für die Beurteilung der Eindeutigkeit und
Vollständigkeit ist der Empfängerhorizont, also das
Verständnis eines durchschnittlichen und mit der
Art der Ausschreibung vertrauten (fachkundigen)
Bieters

Auftraggeber muss sich so klar wie möglich ausdrücken, damit alle
Bieter die Angaben objektiv im gleichen Sinn verstehen müssen und
vergleichbare Angebote abgeben können
- ratsam ist die Verwendung verkehrsüblicher Bezeichnungen

Auftraggeber muss nicht nur die ausgeschriebene Leistung exakt
und umfassend beschreiben, sondern auch alle die Preisermittlung
beeinflussenden Umstände angeben, § 7 I Nr. 2 VOB/A
- bei Bauleistungen z.B. die Boden- und Wasserverhältnisse, vorhandene
  Kontaminationen, Zufahrtsprobleme
- lässt sich der Sachverhalt (noch) nicht klären und ist deshalb die Not-
  wendigkeit von bestimmten Leistungen unklar,
  können nach § 7 I Nr. 4 VOB/A Bedarfs- und
  Eventualpositionen in die Leistungsbeschreibung Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                         Vorsitzender Richter am OLG
  aufgenommen werden
dem Auftragnehmer darf kein ungewöhnliches
Wagnis für Umstände und Ereignisse aufgebürdet
werden, auf die er keinen Einfluss hat und deren
Einwirkung auf die Preise und Fristen er nicht im
Voraus abschätzen kann, § 7 I Nr. 3 VOB/A
- Ausschluss von Preisgleitklauseln bei langer Laufzeit des Bauvertrages

- Risiko nachteiliger Boden- oder Wasserverhältnisse wird auf den Auftrag-
  nehmer abgewälzt

- Ausschluss von Nachforderungen des Auftragnehmers, wenn sich später
  Unklarheiten oder Irrtümer in der Leistungsbeschreibung herausstellen

- vom Auftragnehmer wird ein Anerkenntnis gefordert, dass der
  Pauschalpreis auch Arbeiten enthält, die sich nicht aus der Leistungsbe-
  schreibung ergeben

unklar, ob das vg. Verbot auch bei der Vergabe von Liefer- und
Dienstleistungsaufträgen gilt, nachdem eine § 7 I Nr. 3 VOB/A ent-
sprechende Vorschrift in der VOL/A gestrichen
worden ist                                             Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                        Vorsitzender Richter am OLG
Sachverhalt:
- Kreisfreie Stadt K hat die Einsammlung + Verwertung            Fall 5
  der Papierabfälle im offenen Verfahren nach der
  VOL/A ausgeschrieben

-   Nach der Leistungsbeschreibung hat der Bieter die Einsammlung +
    Verwertung aller anfallenden Papierabfälle zu garantieren, ohne
    dass ihm eine Mindestmenge garantiert wird

-   K weist in den Vergabeunterlagen auch auf die Möglichkeit ge-
    werblicher Papiersammlungen nach § 13 KrW-/AbfG hin

-   Gewerbliche Papiersammlungen können nur bei existentieller
    Gefährdung des öffentlich-rechtlichen Entsorgungssystems
    untersagt werden

-   Bieter A hält die Ausschreibung für rechtswidrig, weil sie offen lasse,
    ob nach Zuschlagserteilung gewerbliche Papiersammlungen
    untersagt werden                               Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                      Vorsitzender Richter am OLG
die ausgeschriebene Leistung muss produktneutral
bezeichnet werden, § 7 VIII VOB/A, § 8 EG II VOL/A
- Chancengleichheit aller Bieter
- diskriminierungsfreie Auftragsvergabe
- Verhinderung von Zuwendungen an den Auftraggeber

- Sicherung der Wirtschaftlichkeit

    Ausnahme: Hinweise auf bestimmte Hersteller und Produkte
              erlaubt, wenn der Auftragsgegenstand anders nicht
              hinreichend genau und allgemein verständlich be-
              schrieben werden kann + der Zusatz „oder gleich-
              wertig“ erfolgt

                                              Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                Vorsitzender Richter am OLG
Sachverhalt:
                                                                  Fall 6
-   Stadt F will die marode Fassade des städtischen
    Gymnasiums erneuern lassen

-   Sanierungsarbeiten werden öffentlich ausgeschrieben

-   ein Teil der Arbeiten werden produktbezogen ausgeschrieben, u.a.
    „Türschließer Marke G 1000 oder gleichwertig“ und „wärmegedämmte
    Fenster der Marke Sun Protect Modell R 40 oder gleichwertig“.

Ist das zulässig ?

                                                      Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                       Vorsitzender Richter am OLG
Bildung von Losen:
  Los ist der Teil einer ausgeschriebenen Gesamtleistung

  es können Teillose (mengenmäßige oder räumliche
  Teilung) und Fachlose (Trennung nach Fachgebieten) gebildet
  werden, § 97 III GWB

  Losbildung muss bereits in der Bekanntmachung angegeben werden

  es besteht grundsätzlich die Pflicht, die ausgeschriebene Leistung
  nach Losen zu vergeben, § 97 III 1 GWB

  Ausnahme: entgegenstehende wirtschaftliche oder technische
            Gründe, § 97 III 2 GWB (Wunsch nach einheitlichen
            Verjährungsfristen, einem geringen Koordinierungs-
            aufwand oder einem kostengünstigen Vergabever-
            fahren reicht nicht)
              Beispiel: Notwendigkeit der Leistungserbringung durch über-
                        regional tätige Unternehmen Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                      Vorsitzender Richter am OLG
Sachverhalt:

-   Stadt G möchte eine Kaufmännische Berufsschule
                                                                Fall 7
    errichten und schreibt die benötigte technische
    Ausstattung europaweit aus

-   Los 2: Lieferung von Präsentationstechnik, nämlich

    •   Audio-, Video- und Projektionstechnik
    •   Sterilisatoren für den Arzthelferinnenunterricht

-   Sterilisatoren: 5 % des Auftragsumfangs von Los 2

-   es werden 8 Angebote zu Los 2 abgegeben

Firma A hält die Ausschreibung für rechtswidrig, weil Sterilisatoren mit
Präsentationstechnik nichts zu tun hätten; ein Audio- und Video-
Händler könne zu diesen Produkten kein seriöses Angebot abgeben.

                                                   Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                     Vorsitzender Richter am OLG
Bekanntmachung des Vergabever-
fahrens
  bei Schwellenwertvergaben ist eine EU-weite
  Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt
  der EU vorgeschrieben, §12 EG VOB/A, § 15 EG VOL/A

  zusätzlich ist eine inländische Bekanntmachung gestattet; es
  eignen sich hierfür z.B. Tageszeitungen, Fachzeitschriften,
  amtliche Veröffentlichungsblätter, Internetportale,
  § 12 I Nr. 1 VOB/A, § 12 I VOL/A

  zu wählen ist dabei dasjenige Veröffentlichungsorgan, das den mit
  der gewählten Vergabeart (Offene oder Nichtoffenes Verfahren
  etc.) adressierten Empfängerkreis möglichst vollständig und
  problemlos erreicht

                                                Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                  Vorsitzender Richter am OLG
Zu beachtende Fristen:

                  • Frist bis zur Angebotsabgabe
                  • § 10 EG I Nr. 1, II Nr. 4 VOB/A,
                    § 12 EG II, V 3 VOL/A
 Angebotsfrist
                  • mindestens 52 bzw. 40
                    Kalendertage

                  • Frist für die Einreichung des
                    Teilnahmeantrags
                  • § 10 EG II Nr. 1 VOB/A, § 12
Bewerbungsfrist     EG IV VOL/A
                  • mindestens 40 Kalendertage

                                                  Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                       Vorsitzender Richter am OLG
Das Angebot:
  ein schriftliches Angebot muss in einem verschlos-
  senen Umschlag eingereicht, ein elektronisches
  Angebot muss verschlüsselt werden

  das Angebot muss unterzeichnet sein

  alle Angebote müssen vom Auftraggeber bis zum Ablauf der
  Angebotsfrist unter Verschluss gehalten werden

  Änderungen des Bieters an den Vergabe- und Vertragsunterlagen
  sind unzulässig und führen zum Angebotsausschluss

  alle in der Leistungsbeschreibung geforderten Preise müssen
  vollständig und mit dem Betrag angegeben werden, der für die
  betreffende Leistung beansprucht wird
  - Mischkalkulationen (= Verlagerung von Preisbestandteilen in eine andere
    Leistungsposition) sind verboten
                                                   Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                     Vorsitzender Richter am OLG
das Angebot muss alle geforderten Erklärungen
 und Nachweise enthalten

 mit Ablauf der Angebotsfrist beginnt die Zuschlags-
 frist; bis zu deren Ablauf ist der Bieter an sein Angebot
 gebunden (Bindefrist)

                     •Zeitraum, in dem der Auftraggeber
                      aus den Angeboten auswählen und
                      den Zuschlag erteilen darf
Zuschlagsfrist       •§ 10 EG I Nr. 11 VOB/A
                     •maximal 30 Kalendertage nach
                      dem Eröffnungstermin

                     •Bieter ist bis zum Ablauf der
                      Zuschlagsfrist an sein Angebot
                      gebunden
  Bindefrist         •§ 10 EG I Nr. 11 VOB/A
                     •Angebot kann nicht zurückgezogen
                      werden
                                                          Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                           Vorsitzender Richter am OLG
Eröffnungstermin:
  bei Ausschreibung von Bauleistungen muss ein
  Eröffnungstermin stattfinden (Submission),
  § 14 EG I VOB/A

  in dem Termin werden alle Angebote geöffnet und verlesen (Name
  + Anschrift des Bieters, Endbetrag des Angebots, evtl. Preisnach-
  lässe, Bedingungen etc.), § 14 EG III Nr. 2 VOB/A

  nur die Bieter und ihre Bevollmächtigten dürfen anwesend sein,
  § 14 EG I VOB/A

  über die Submission muss eine Niederschrift angefertigt werden,
  § 14 EG IV Nr. 1 VOB/A

  bei Vergaben nach der VOL/A erfolgt die Öffnung der Angebote
  durch mindestens zwei Vertreter des öffentlichen Auftraggebers;
  Bieter sind nicht zugelassen, § 17 EG II VOL/A
                                               Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                 Vorsitzender Richter am OLG
Prüfung + Wertung der Angebote
in vier Phasen:

                                Prüfung der Ausschlussgründe
           Angebotsausschluss   des § 16 EG I VOB/A, § 19 EG
                                III, IV VOL/A

                                Prüfung der Bietereignung,
            Eignungsprüfung     § 16 EG II VOB/A, § 19 EG V
                                VOL/A
                                rechnerische, technische +
            Angebotsprüfung     wirtschaftliche Prüfung der
                                Angebote, § 16 EG III - V
                                VOB/A, § 19 EG I VOL/A
              Wertung der       Wertung der Angebote,
               Angebote         § 16 EG VI VOB/A, § 19 EG VI –
                                IX VOL/A

                                       Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                         Vorsitzender Richter am OLG
I. Angebotsausschluss:
  Zwingende Ausschlussgründe nach § 16 EG I Nr. 1
  VOB/A, § 19 EG III VOL/A
  - Angebote, die sofort erkennbare grobe Fehler enthalten,
  - Aufzählung in § 16 EG I Nr. 1 VOB/A, § 19 EG III VOL/A ist abschließend
         nicht oder nicht wirksam unterschrieben
         nicht verschlossen bzw. verschlüsselt
         nicht zweifelsfreie Änderungen des Bieters an seinen Eintragungen
         fehlende Angabe der geforderten Preise
         Angebote, denen Preisabsprachen etc. zugrunde liegen
         widersprüchliche Angebote

  Angebote, die nach Ermessen ausgeschlossen werden können,
  § 16 EG I Nr. 2 VOB/A
  -   Insolvenz des Bieters
  -   Liquidation des Bieters
  -   schwere Verfehlung des Bieters, die seine Zuverlässigkeit in Frage stellt
  -   Verletzung der Pflicht zur Zahlung der Steuern + Sozialabgaben
  -   fehlende Anmeldung bei der Berufsgenossenschaft
                                                         Prof. Dr. Jürgen Kühnen
        abweichend: § 19 EG IV VOL/A !                      Vorsitzender Richter am OLG
Ausschlussmöglichkeit, wenn geforderte Erklärungen
oder Nachweise fehlen, § 16 EG I Nr. 3 VOB/A, § 19
EG II VOL/A
- z.B. fehlende Nachweise zur Zuverlässigkeit, fehlende
  Herstellererklärung, fehlender Nachweis, dass Steuern +
  Sozialabgaben ordnungsgemäß entrichtet worden sind
      Auftraggeber muss die fehlenden Erklärungen und Nachweise beim
      Bieter nachfordern

      verstreicht die Frist fruchtlos, muss das Angebot ausgeschlossen
      werden

                                                     Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                       Vorsitzender Richter am OLG
II. Eignungsprüfung, § 16 EG II VOB/A,
§ 19 EG V VOL/A:

                             Fachkunde

                          Leistungsfähigkeit

                         Gesetzestreue (§ 97             für die Erfüllung der
                             IV 1 GWB)                   vertraglichen Ver-
                                                         pflichtungen
                            Zuverlässigkeit

                             ausreichende
                             technische +
                         wirtschaftliche Mittel

Mindestanforderungen an die Eignung gehören in
die Vergabebekanntmachung, § 12 EG II Nr. 2 VOB/A, Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                     Vorsitzender Richter am OLG
§ 15 EG I VOL/A
Fachkunde

 fachkundig ist, wer die erforderlichen
 Kenntnisse, Fertigkeiten und Erfahrungen
 besitzt, um die zu vergebende Leistung
 vertragsgemäß ausführen zu können

     Fachkundenachweise sind die Bennenung
     von vergleichbaren Objekten
     (Referenzobjekte), die Vorlage von
     Mitarbeiterzeugnissen oder Referenzen

          Prognoseentscheidung, für die der
          Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum
          besitzt

                                                 Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                     Vorsitzender Richter am OLG
Leistungsfähigkeit (incl.
technischen + wirtschaftlichen Mittel)

   leistungsfähig ist, wer über die personellen,
   kaufmännischen, technischen und
   finanziellen Mittel verfügt, um den Auftrag
   fachlich einwandfrei und fristgerecht
   ausführen zu können

        Nachweise sind die Vorlage von Bilanzen,
        Jahresabschlüssen und Pürfberichten der
        letzten Jahre, Bankauskünfte, Angaben zur
        technischen oder personellen
        Betriebsausstattung

             Prognoseentscheidung, für die der
             Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum
             besitzt

                                                    Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                        Vorsitzender Richter am OLG
Gesetzestreue (Unterfall der
Zuverlässigkeit)

    gesetzestreu ist, wer seine Steuern,
    Abgaben und Beiträge zur
    Sozialversicherung vollständig und
    ordnungsgemäß zahlt

        Nachweise sind die Vorlage
        entsprechender Bescheinigungen der
        Finanzbehörde oder Sozialkassen, ggfs.
        auch von Eigenerklärungen

              Prognoseentscheidung, für die der
              Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum
              besitzt

                                                     Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                         Vorsitzender Richter am OLG
Zuverlässigkeit

  zuverlässig ist ein Bieter, wenn er seinen
  allgemeinen auftragsbezogenen
  gesetzlichen Verpflichtungen
  nachgekommen ist + Gewähr dafür bietet,
  den Auftrag sorgfältig auszuführen

      Nachweise: eigene (gute oder schlechte)
      Erfahrungen des Auftraggebers mit dem
      Bieter, polizeiliches Führungszeugnis,                           auftrags-
      Nachweis der Beschäftigung von                                   bezogen
      Schwarzarbeitern oder der Missachtung
      von Unfallverhütungsnormen

           Prognoseentscheidung, für die der
           Auftraggeber einen Beurteilungsspielraum
           besitzt

                                                  Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                      Vorsitzender Richter am OLG
III. Angebotsprüfung, § 16 EG III - V
VOB/A, § 19 EG I VOL/A:
  Rechnerische Prüfung:

  - alle Rechenschritte des Angebots werden nachvollzogen und kon-
    trolliert
  - Einzelpositionen werden addiert
  - Umsatzsteuer, Nachlässe und Skonti werden überprüft
  - Angebotssumme wird gegebenenfalls korrigiert

  Technische Prüfung:
      - Kontrolle, ob das Angebot den technischen Erfordernissen der ausge-
        schriebenen Leistung entspricht

  Wirtschaftliche Prüfung:
  - Prüfung, welche Positionen sich neben dem eigentlichen Preis auf die
    Beurteilung des Angebots in wirtschaftlicher Hinsicht auswirken, z.B.
    Haltbarkeit, Wartungsanfälligkeit, Folgekosten
                                                       Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                         Vorsitzender Richter am OLG
IV. Wertung der Angebote, § 16 EG VI –
XI VOB/A, § 19 EG VI – IX VOL/A:
  Phase 1, § 16 EG VI Nr. 1 + 2 VOB/A, § 19 EG
  VI VOL/A:
  Aussonderung von Angeboten mit einem unangemessen hohem
  oder niedrigem Preis
  - es geht in erster Linie um den Schutz des öffentlichen Auftraggebers
    davor, dass der Bieter bei Auftragserteilung in wirtschaftlichen Schwierig-
    keiten gerät und den Auftrag nicht oder nicht ordnungsgemäß und
    mängelfrei zu Ende führen kann,

  - zu prüfen ist das individuelle Preis-Leistungs-Verhältnis des Angebots

  - maßgeblich abzustellen ist auf den Gesamtpreis und nicht auf Einzelpreise

  - bei einer Preisabweichung von 20 % nach oben oder unten zum nächsten
    (seriös kalkulierenden) Bieter muss eine nähere Überprüfung stattfinden
                                                         Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                           Vorsitzender Richter am OLG
- der Auftraggeber muss den Bieter anhören, bevor er
  das Angebot wegen eines unangemessen niedrigen
  Preises ausschließt (Anhörungspflicht gilt nicht bei
  unangemessen hohem Preis, weil sie zu einer nach-
  träglichen Abänderung des Angebots führen würde!)

- soll der angebotene (unangemessen niedrige) Preis dazu dienen, dem
  Bieter erstmals Zugang zum Markt zu verschaffen oder betrifft die Aus-
  schreibung für ihn ein Prestigeprojekt, handelt es sich nicht um einen „un-
  angemessen“ niedrigen Preis, weil er auf nicht zu beanstandenden
  Motiven beruht, die die ordnungsgemäße Vertragsdurchführung nicht in
  Frage stellen

Phase 2, § 16 VI Nr. 3 VOB/A, § 19 EG VI VOL/A:
Vergleich der – in der Wertung verbliebenen – Angebote nach Inhalt
und Preis:
- Ziel des Vergleichs ist es, das wirtschaftlich günstigste Angebot zu finden
- der Auftraggeber soll seine finanziellen Mittel so sparsam + effektiv wie
  möglich verwenden und dabei zugleich den Bieter auswählen, der
  eine einwandfreie Auftragsdurchführung er-            Prof. Dr. Jürgen Kühnen
  warten lässt                                            Vorsitzender Richter am OLG
Phase 3, § 16 VII VOB/A, § 19 EG VIII – IX
VOL/A:
Entscheidung über das wirtschaftlichste Angebot
     der Zuschlag ist auf das wirtschaftlichste Angebot
     zu erteilen, § 97 V GWB

     dieses Angebot ist aus den Angeboten der engeren Wahl (Angebote
     der Phase 2) auszuwählen

     Wirtschaftlichkeit bedeutet nicht zwingend den niedrigsten Angebots-
     Preis, vgl. § 16 VI Nr. 3 Satz 3 VOB/A

     Wirtschaftlichkeit bedeutet vielmehr, dass der Zuschlag auf dasjenige
     Angebot zu erteilen ist, das unter Berücksichtigung aller im konkreten
     Fall wesentlichen Aspekte das beste Preis-Leistungs-Verhältnis bietet.

     als Zuschlagskriterien kommen nur solche in Betracht, die der Aus-
     wahl des wirtschaftlich günstigsten Angebot dienen; ausgeschlossen
     sind damit Kriterien, die (ausschließlich oder im Wesentlichen) der
     Beurteilung der fachlichen Eignung der Bieter Prof. Dr. Jürgen Kühnen
     dienen                                             Vorsitzender Richter am OLG
einem Unternehmen darf deshalb nicht der Zu-
schlag mit dem Argument erteilt werden, es ver-
füge über ein „Mehr an Eignung“

hat der Auftraggeber im Rahmen der Eignungs-
prüfung einen Bieter für geeignet befunden, darf
er diese Entscheidung nicht auf der nächsten Wertungsstufe wieder
rückgängig machen
ebenso wenig dürfen die Eignungskriterien bei der Auswahl des
wirtschaftlichsten Angebots erneut herangezogen werden

§ 16 VI Nr. 3 Satz 2 VOB/A nennt beispielhaft in Betracht kommende
Unterkriterien zur Bestimmung des wirtschaftlichen Angebots

die Aufzählung ist nicht abschließend und sie gibt auch keine feste
Rangfolge der Kriterien vor

entscheidend ist vielmehr stets der ausgeschrieben Auftrag in seiner
konkreten Ausprägung; Art und Inhalt der nachgefragten Leistung
bestimmen, welche Kriterien für die Wirtschaftlichkeit des Angebots
von Relevanz sind und mit welchem Gewicht welches Kriterien an-
zusetzen ist                                    Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                  Vorsitzender Richter am OLG
dabei besitzt der öffentliche Auftraggeber einen
- gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren -
Beurteilungsspielraum

im Rahmen seines Beurteilungsspielraums kann der Auftraggeber
die relevanten Zuschlagskriterien und ihre Gewichtung in der Ver-
gabebekanntmachung oder den Vergabeunterlagen festzulegen;
daran ist er bei der Wertung dann aber auch gebunden

                                             Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                               Vorsitzender Richter am OLG
Dokumentationspflicht:
   § 20 EG I VOB/A, § 24 EG I VOL/A

  Pflicht des öffentlichen Auftraggebers, das Vergabe-
  Verfahren fortlaufend und zeitnah schriftlich zu doku-
  mentieren

  die Dokumentation umfasst die einzelnen Stufen des
  Verfahrens, die einzelnen Maßnahmen, die maßgeblichen
  Feststellungen sowie die Begründung der getroffenen
  einzelnen Entscheidungen (Wiedergabe der tragenden
  Erwägungen)
  Zweck ist es, den Bietern und Bewerbern eine Überprüfung
  des Vergabeverfahrens zu ermöglichen; es dient zudem
  der in § 97 I GWB geforderten Transparenz
                                           Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                             Vorsitzender Richter am OLG
Informationspflicht, § 101 a I 1 GWB:

     Der öffentliche Auftraggeber muss
     unverzüglich (= ohne schuldhaftes Zögern)

        die betroffenen – unterlegenen - Bieter

                   in Schriftform

     über den Namen des für den Zuschlag vorgesehenen
     Bieters, die Gründe der Nichtberücksichtigung ihres
     Angebots + den frühesten Zeitpunkt des
     Vertragsschlusses informieren
                                                  Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                   Vorsitzender Richter am OLG
betroffener Bieter:
    jeder Bieter, der noch nicht endgültig aus
    dem Vergabeverfahren ausgeschieden ist
    (etwa weil sein Nachprüfungsantrag unan-
    fechtbar zurückgewiesen worden ist)

frühester Zeitpunkt des Zuschlags
    angesprochen ist die Wartepflicht in § 101a I 3 – 5 GWB, die
    zwischen der Bieterinformation und der Beauftragung des
    obsiegenden Bieters liegen muss:

         grundsätzlich 15 Kalendertage nach Absendung der Bieter-
         information (das Ob und Wann des Zugangs ist unerheblich,
         § 101 a I 5 GWB)

         10 Kalendertage nach Absendung, wenn die Bieterinfor-
          mation per Fax oder E-Mail versendet wurde
                                              Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                               Vorsitzender Richter am OLG
Gründe der Nichtberücksichtigung:
   der bloße Hinweis, das eigene Angebot sei
   nicht das wirtschaftlichste gewesen, ist un-
   zureichend

   es müssen vielmehr die tragenden Erwägungen mitgeteilt
   werden, die einem Zuschlag entgegen stehen

   die Gründe müssen verständlich und vollständig mitgeteilt
   werden;
   haben mehrere Gründe zur Nichtberücksichtigung des
   Angebots geführt, müssen sie alle angegeben werden

                                           Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                             Vorsitzender Richter am OLG
Folgen einer Missachtung der Informa-
tionspflicht, § 101 b GWB:
  Fälle eines Verstoßes gegen § 101 a I GWB
   -   Zuschlagserteilung ohne eine oder ohne eine vollständige und
       ordnungsgemäße Bieterinformation
   -   Zuschlagserteilung vor Ablauf der Wartefrist des § 101 a I 3 – 5
       GWB

   Rechtsfolge des Verstoßes:
        der Vertrag ist schwebend wirksam, denn die Nichtigkeit ex
        tunc tritt gemäß § 101 b I Nr. 1 GWB nur dann ein, wenn
        - die Informationspflicht aus § 101 a I GWB verletzt worden ist
        - und dieser Rechtsverstoß in einem Nachprüfungsverfahren
          nach § 101 b II GWB festgestellt worden ist
        - wobei jenes Verfahren fristgebunden ist,
          vgl. § 101 b II GWB                         Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                         Vorsitzender Richter am OLG
dieselbe Rechtsfolge tritt bei einer
De-facto-Vergabe ein, § 101 b I Nr. 2 GWB

    De-facto-Vergabe bezeichnet den Fall, dass
    ein öffentlicher Auftraggeber einen dem Vergaberecht
    unterfallenden Auftrag rechtswidrig ohne Durchführung
    des vorgeschriebenen Vergabeverfahrens erteilt

    auch hier steht die Unwirksamkeit des Auftrags unter dem
    Vorbehalt eines rechtzeitigen Nachprüfungsverfahrens,
    § 101 b II GWB

        Norm will einen Ausgleich schaffen zwischen dem Inter-
        esse an der Durchsetzung des Vergaberechts und einem
        Rechtsschutz für den übergangenen Bieter auf der
        einen Seite und der Schaffung von Rechts- und
        Vertragssicherheit auf der anderen Seite

                                           Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                             Vorsitzender Richter am OLG
Aufhebung der Ausschreibung:

Grundsatz:
 • der öffentliche Auftraggeber kann das Vergabeverfahren
   jederzeit aufheben; er kann nicht gezwungen werden, sich
   vertraglich zu binden

§ 17 VOB/A, § 17 VOL/A, § 30 I SektVO vor,
 • liegen Aufhebungsgründe iSd genannten Normen vor, kann
   das Vergabeverfahren beendet werden, ohne den
   Bietern/Bewerbern ersatzpflichtig zu sein
 • liegen keine Aufhebungsgründe vor, kann eine Ersatzpflicht
   aus §§ 311 II Nr. 1, 280 BGB bestehen
Scheinaufhebung
 • Anordnung zur Fortsetzung des Vergabeverfahrens
   („Aufhebung der Aufhebung“)             Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                Vorsitzender Richter am OLG
Rechtsschutz im Vergaberecht:
   § 97 VII GWB: Die Unternehmen haben
   Anspruch darauf, dass der Auftraggeber
   die Bestimmungen über das Vergabever-
   fahren einhält
      Achtung: gilt nur für die Vergabe öffentlicher Aufträge bei
               EU-weiter Ausschreibungspflicht nach Maßgabe
               der §§ 98 – 100 GWB, also z.B. nicht für Aufträge
               unterhalb der maßgeblichen Schwellenwerte!

   Anspruch aus § 97 VII GWB wird im Nachprüfungsver-
   fahren durchgesetzt, § 104 II GWB
        1. Instanz: Vergabekammern des Bundes + der Länder,
                    § 104 II GWB
        2. Instanz: Vergabesenat des Oberlandesgericht,
                    §§ 104 II, 116 I, III GWB
                                              Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                Vorsitzender Richter am OLG
es gibt im Nachprüfungsverfahren
keinen vorbeugenden Rechtsschutz
    § 114 I 1 GWB: „Die Vergabekammer ent-
    scheidet, ob der Antragsteller in seinen
    Rechten verletzt ist und trifft die nötigen Maßnahmen, um
    eine Rechtsverletzung zu beseitigen ....“

    ein bloß bevorstehender Vergaberechtsverstoß kann folg-
    lich im Nachprüfungsverfahren nicht verhindert werden

der nachträgliche Rechtsschutz steht als Primär- und
Sekundärrechtsschutz zur Verfügung, §§ 114 I, 123,
126 GWB
    Primärrechtsschutz: Durchsetzung des Anspruchs auf Ein-
                        haltung der Vergabebestimmungen,
                        § 97 VII GWB, durch Beseitigung der
                        Rechtsverletzung
                                           Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                            Vorsitzender Richter am OLG
Sekundärrechtsschutz: Beseitigung der Aus-
                      wirkungen einer irre-
                      versiblen Rechtsver-
                      letzung durch SchE

                                        Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                          Vorsitzender Richter am OLG
Verfahren vor der Vergabekammer,
§§ 107 – 115 a GWB:
   Vergabekammern des Bundes
      derzeit 3 Vergabekammern, angesiedelt beim Bundes-
      kartellamt, § 106 I 1 GWB

   Vergabekammern der Länder
      in NRW angesiedelt bei den Bezirksregierungen

   Vergabekammern entscheiden:
      in der Besetzung mit einem Vorsitzenden und zwei Beisitzern,
      § 105 II GWB

      es gilt der Untersuchungsgrundsatz, also Pflicht zur Amtser-
      mittlung, § 110 GWB
      keinen Weisungen unterworfen, § 105 I Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                              Vorsitzender Richter am OLG
      GWB
Ablauf des Nachprüfungsverfahrens:
   nur auf (schriftlichen) Antrag, § 107 I, 108 I GWB

   Vorliegen eines Vergabeverfahrens,

   -   durch einen öffentlichen Auftraggeber iSv § 98 GWB

   -   zur Vergabe eines öffentlichen Auftrags iSv § 99 GWB

   -   mit einem Auftragswert, der den maßgeblichen
       Schwellenwert erreicht oder übersteigt, § 100 I GWB,
       §§ 2, 3 VgV,

   -   ohne dass einer der Ausschlussgründe der §§ 100 II – VIII,
       100 a – 100 c GWB vorliegt

                                               Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                 Vorsitzender Richter am OLG
da jedes Nachprüfungsverfahren geeignet ist,
die Auftragsvergabe zu verzögern und damit
zu verteuern, ist der Zugang zu den Vergabe-
kammern in dreifacher Hinsicht beschränkt:

     subjektiv: Erfordernis einer Antragsbefugnis nach
                § 107 II GWB

     objektiv: Beachtung der Rügeobliegenheit nach
               § 107 III Nr. 1 – 3 GWB

     zeitlich: Beachtung der Antragsfrist des § 107 III Nr. 4
               GWB

                                          Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                            Vorsitzender Richter am OLG
Antragsbefugnis, § 107 II GWB
   (fortbestehendes) Interesse am Auftrag

    schlüssige Darlegung, dass die Möglichkeit
    einer aktuellen Verletzung eigener subjektiver Rechte (§ 97
    VII GWB) im Vergabeverfahren besteht

        unzureichend also die Verletzung fremder Rechte (z.B.
        eines Konzernunternehmens) oder die Missachtung von
        Rechten außerhalb des Vergabeverfahrens (z.B. von
        Urheberrechten, Markenrechten etc.)
        behauptete Rechtsverletzung muss geeignet sein, die
        Chance des Antragstellers auf den Zuschlag zumindest
        zu vermindern
             daran fehlt es z.B., wenn das Angebot des Antrags-
             stellers auszuschließen war, weil geforderte Eignungs-
             nachweise fehlen oder das Angebot verspätet
             eingereicht worden ist            Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                 Vorsitzender Richter am OLG
Rügeobliegenheit, § 107 III Nr. 1 GWB
    § 107 III Nr. 1 GWB bürdet dem Bieter die
    Obliegenheit auf, einen im Vergabeverfahren
    erkannten Vergaberechtsfehler unverzüglich
    der Vergabestelle gegenüber zu rügen
        der öffentliche Auftraggeber soll dadurch die Möglich-
        keit einer Selbstkorrektur erhalten !

        erforderlich ist die Kenntnis vom Vergabefehler, d.h.
        das Wissen um die den Vergabeverstoß begründenden
        Tatsachen + zumindest die laienhafte rechtliche Wertung
        und Vorstellung von der Vergaberechtswidrigkeit

        Rüge muss unverzüglich, also ohne schuldhaftes Zögern,
        erfolgen

                                           Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                             Vorsitzender Richter am OLG
Rügeobliegenheit, § 107 III Nr. 2 + 3 GWB
   aus der Vergabebekanntmachung erkennbare
   Vergaberechtsverstöße müssen spätestens
   bis zum Ablauf der bekannt gemachten Frist
   zur Angebotsabgabe oder zur Bewerbung gerügt werden

   (erstmals) aus den Vergabeunterlagen erkennbare Vergabe-
   rechtsfehler müssen ebenfalls spätestens bis zu dem vorge-
   nannten Zeitpunkt gerügt werden

ein Vergabefehler, der entgegen § 107 III Nr. 1 – 3
GWB nicht gerügt wurde, kann im Nachprüfungsver-
fahren nicht zur Überprüfung gestellt werden
„.... ist unzulässig, soweit ...“)
                                          Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                            Vorsitzender Richter am OLG
Antragsfrist, § 107 III Nr. 4 GWB

    sobald der öffentliche Auftraggeber dem
    Antragsteller mitgeteilt hat, seiner Rüge nicht
    abhelfen zu wollen, verbleiben 15 Kalendertage,
    um den Nachprüfungsantrag einzureichen;
    die Frist beginnt mit dem Eingang der Nichtabhilfenachricht
    beim Antragsteller

Wirkung des Nachprüfungsantrags:
     sobald die Vergabekammer den öffentlichen Auftraggeber
     schriftlich Über den Nachprüfungsantrag unterrichtet hat,
     tritt ein gesetzliches Zuschlagsverbot in Kraft, § 115 I 1 GWB
    es gilt für die gesamte Dauer des Vergabekammerverfahrens
    und darüber hinaus bis zum Ablauf der Beschwerdefrist

    Zweck: Sicherstellung eines Primär-
                                              Prof. Dr. Jürgen Kühnen
    rechtsschutzes                              Vorsitzender Richter am OLG
§ 115 I 1 GWB ist ein Verbot iSv § 134 BGB

   Auf Antrag des öffentlichen Auftraggebers
   oder des für den Zuschlag vorgesehenen
   Bieters kann die Vergabekammer (und das
   Beschwerdegericht) den vorzeitigen Zuschlag gestatten,
   vgl. dazu im Einzelnen § 115 II GWB

Entscheidung der Vergabekammer
   Entscheidungsfrist von grundsätzlich 5 Wochen, § 113 I GWB
   Nachprüfungsantrag unzulässig: „... wird verworfen“

   Nachprüfungsantrag unbegründet: „... wird zurückgewiesen“

   Nachprüfungsantrag (ganz oder z.T.) begründet: § 114 I GWB

       Vergabekammer ordnet die geeigneten Maßnahmen an,
       um die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens wieder
       herzustellen                      Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                                Vorsitzender Richter am OLG
denkbar sind beispielsweise die fol-
genden Anordnungen:

-   Wiederholung einer Wertungsstufe,
-   Wiederholung des gesamten
    Wertungsvorgangs,
-   Wiedereintritt in die Verhandlungen
    beim Verhandlungsverfahren ab einer bestimmten
    Verhandlungsphase,
-   Änderung der Vergabeunterlagen,
-   Ausschluss eines bestimmten Bieters oder Bewerbers,
-   Wiederholung des Vergabeverfahrens ab einem
    bestimmten Stadium,
-   Fortsetzung des Vergabeverfahrens bei rechts-
    widriger Aufhebung der Ausschreibung

ein wirksam erteilter Zuschlag ist von der Vergabe-
kammer zu beachten und schließt Anordnungen
nach § 114 I GWB strikt aus, § 114 II 1 GWB
                                  Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                       Vorsitzender Richter am OLG
Rechtsschutz gegen de-facto-Vergabe
   §§ 102 ff. GWB knüpfen an ein formelles Ver-
   gabeverfahren als Normalfall an

   andererseits kann der größtmögliche Vergaberechtsverstoß,
   nämlich das gänzliche Absehen von dem Vergabeverfahren,
   nicht zur Folge haben, dass dagegen ein Rechtsschutz nicht
   besteht
       §§ 102 ff. GWB gelten auch bei der de-facto-Vergabe

       ein Nachprüfungsantrag kann eingereicht werden, so-
       bald sich die Absicht einer ausschreibungspflichtigen
       Beschaffung nach außen richtet (z.B. Aufnahme von
       Vertragsverhandlungen mit einem Unternehmen)
       der Zugang zu den Nachprüfungsinstanzen hängt nicht
       von der subjektiven Beurteilung des Auftraggebers,
       sondern von der objektiven
       Rechtslage ab                        Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                              Vorsitzender Richter am OLG
unterfällt der Beschaffungsgegenstand
der de-facto-Vergabe objektiv dem
Vergaberecht, ist ein Nachprüfungsan-
trag zulässig

unterfällt der Beschaffungsgegenstand
der de-facto-Vergabe objektiv nicht dem Vergabe-
recht, ist ein Nachprüfungsantrag nicht zulässig;

generell gilt: der Zugang zu den Nachprüfungsinstanzen
               wird nicht dadurch eröffnet, dass der Auf-
               traggeber den Beschaffungsvorgang irr-
               tümlich für vergaberechtsrelevant hält
               und in der Vergabebekanntmachung auf
               die Möglichkeit hinweist, die Vergabe-
               kammer anzurufen

                                   Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                     Vorsitzender Richter am OLG
Verfahren vor dem Vergabesenat,
§§ 116 ff. GWB:

  Beschwerdegericht zur Überprüfung der
  Entscheidungen der Vergabekammer, § 116 I, III GWB
  OLG, das örtlich für den Sitz der Vergabekammer zu-
  ständig ist, § 116 III GWB

  (sofortige) Beschwerde kann jeder einlegen, der am
  Verfahren vor der Vergabekammer beteiligt war
  (§ 116 I 2 GWB) und durch die Vergabekammerent-
  scheidung(formell + materiell) beschwert ist
      Antragsteller des Nachprüfungsverfahrens bei (vollständiger
      oder vollständiger) Zurückweisung seines Antrags

      öffentlicher Auftraggeber, soweit dem Nachprüfungsantrag
      (ganz oder zum Teil) stattgegeben      Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                               Vorsitzender Richter am OLG
      worden ist
beigeladenes Unternehmen (Unter-
           nehmen, die in der Wertung bislang vor
           dem Antragsteller liegen), wenn dem
           Nachprüfungsantrag zu ihrem Nachteil
           (ganz oder teilweise) stattgegeben
           worden ist

Wirkung der Beschwerdeeinlegung
   Die Einlegung der sofortigen Beschwerde kann aufschiebende
   Wirkung haben:
   -   wendet sich der öffentliche Auftraggeber mit der Beschwerde
       gegen ein Zuschlagsverbot der Vergabekammer, tritt keine
       aufschiebende Wirkung ein, d.h. das Zuschlagsverbot gilt
       trotz Beschwerdeeinlegung fort, § 118 III GWB
   -   möglich aber ein Antrag auf Vorabentscheidung über den
       Zuschlag, § 121 GWB
        Gleiches gilt, wenn der für den Zu-
        schlag vorgesehene Bieter             Prof. Dr. Jürgen Kühnen
        Beschwerde eingelegt hat               Vorsitzender Richter am OLG
-   wendet sich der unterlegene Antragsteller
    mit der Beschwerde gegen die (vollständige
    oder teilweise) Zurückweisung seines Nach-
    prüfungsantrags, verlängert sich das gesetz-
    liche Zuschlagsverbot des § 115 I GWB (das
    bis zum Ablauf der Beschwerdefrist gilt) um zwei Wochen,
    § 118 I 1 + 2 GWB

        auf Antrag kann das Beschwerdegericht die auf-
        schiebende Wirkung bis zum Erlass der Beschwerde-
        entscheidung verlängern, § 118 I 3, II GWB
             verlängern bedeutet, dass vor Ablauf der Zwei-
             Wochen-Frist der Antrag nach § 118 I 3 GWB ge-
             Stellt und positiv beschieden sein muss
             ist die Zeit zu knapp, kann durch Eilanordnung
             die aufschiebende Wirkung bis zur Entscheidung
             nach § 118 II GWB verlängert werden (Gewähr-
             Leistung eines effektiven Rechtsschutzes)
                                          Prof. Dr. Jürgen Kühnen
                                            Vorsitzender Richter am OLG
bei der Entscheidung nach § 118 II GWB
         ist das Interesse des Antragstellers an
         einem effektiven Primärrechtsschutz (Be-
         seitigung des Vergaberechtsverstoßes)
         und das Interesse an einer zügigen Auf-
         tragsvergabe gegeneinander abzuwägen, § 118 II 1 + 2
         GWB

Beschwerdeentscheidung
   sofortige Beschwerde unzulässig: „... wird verworfen“

   sofortige Beschwerde unbegründet: „... wird zurückgewiesen“

   sofortige Beschwerde (ganz oder teilweise) begründet:
   - (vollständige oder teilweise) Aufhebung der Entscheidung
      der Vergabekammer
   - Ausspruch der Anordnungen, um die Rechtmäßigkeit des
      Vergabeverfahrens wieder herzustellen, §§ 123 II, 114 I GWB
          Zurückverweisung nach § 123 I 2    Prof. Dr. Jürgen Kühnen
          GWB äußerst selten                   Vorsitzender Richter am OLG
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