Die Zeitschrift für Wein und Olivenöl aus Italien

Die Seite wird erstellt Kenneth Rieger
 
WEITER LESEN
Die Zeitschrift für Wein und Olivenöl aus Italien
Nr. 2 April/Mai ‘08 EUR 9,70.–/CHF 16.–                      www.merum.info

              Die Zeitschrift für Wein und Olivenöl aus Italien

Tendenziöse Ansichten über Weinbau
Vinitaly 2008: Vorbericht mit Hallenplan, Winzertipps…
Selezione & Degubox: Kalabrien, Basilikata und Abruzzen
Selezione Olio mit Olivenöl-Degubox!
Die Zeitschrift für Wein und Olivenöl aus Italien
Tendenziöse Ansichten über Weinbau (I)

Terroir schmeckt
Wenigen

                                         Der Weinberg von S. Stefano di Perno: ein historisches
                                         Barolo-Terroir. Muss ein Wein von einem solchen
                                         Hügel wirklich unbedingt jedem schmecken?
Die Zeitschrift für Wein und Olivenöl aus Italien
Ein toskanischer Weinstock, Sangiovese, erzogen als Alberello.
An diesem Stock werden nicht wie üblich drei oder vier Kilo
Trauben hängen, sondern wenig mehr als ein Kilo. Der Boden
ist dauerbegrünt und der Winzer verzichtet auf Herbizide sowie
Pilz- und Insektengifte. Falls im Keller sorgfältig gearbeitet
wird, könnte hier ein Wein mit Persönlichkeit entstehen.
Die Zeitschrift für Wein und Olivenöl aus Italien
Gobelet-Rebstöcke auf dem einzigartigen
Boden von Châteauneuf-du-Pape.
Die Zeitschrift für Wein und Olivenöl aus Italien
Terroir schmeckt Wenigen
                                                                                                                                                                                                             Soll eine große Lage unvergessliche
                                                                                                                                                                                                             Weine hervorbringen, muss auch ihr
                                                                                                                                               en. Ja, Trauben jeder Qualität und Her-                   Besitzer von Weinkultur durchdrungen

J
                                                                                                                                               kunft können in schwarzvioletten,                                   sein. Er muss sich bewusst sein,
         e mehr wir über ein Lebensmittel wissen, desto mehr gewinnt es an Identität:                                                          hochverkäuflichen Weinbrei verwan-
                                                                                                                                               delt werden.                                                   welches Kapital er in Händen hält!
                                                                                                                                                     Dies führte dazu, dass der Weinbau
         Voraussetzung für einen Genuss, der mehr als nur gerade unsere Geschmacksknospen
                                                                                                                                               in den letzten Jahren ohne große Rück-
                                                                                                                                               sichten ausgedehnt wurde. Es wurden
         reizt. Dieser Artikel möchte die Leser dazu ermuntern, sich nicht nur mit dem Wein zu
         befassen, sondern auch mit dem Weinbau. Es gibt zahlreiche gute Lehrbücher zum Thema.                                                 im großen Stil Sorten an neuen Orten
                                                                                                                                               angepflanzt, ohne zu wissen, wie sich          Aber gute Lagen und Spitzenlagen        fruchtbare, trockene, aber auf jeden
                                                                                                                                               diese dort bewähren würden. Es wur-        können nicht erfunden werden, geeig-        Fall rasch abtrocknende Böden. Den
         Andreas März, seit 25 Jahren selbst Weinbauer, kann und möchte deren Lektüre mit
                                                                                                                                               den Wald- und Weidegebiete unter Re-       nete Weinbergslagen haben im Verlauf        Ritterschlag zur Spitzenlage verleihen
                                                                                                                                               ben gestellt, wo in der Vergangenheit      von Jahrzehnten bewiesen, dass sie in       dem Weinberg jedoch bedeutende
         diesem Text nicht erübrigen, sondern vielmehr erleichtern, indem er die Leser mit seinen
         persönlichen Ansichten von Weinbau neugierig und kritisch macht. Denn: Entscheidend                                                   kein Wein erzeugt wurde. So wie dies in    fast jedem Jahr einen kompletten, cha-      Temperaturschwankungen zwischen
                                                                                                                                               den letzten Jahren beispielsweise in der   raktervollen, besonderen Wein erge-         Tag und Nacht. Größte Feinheit und
                                                                                                                                               piemontesischen Langa oder der toska-      ben.                                        Tiefe sind nur dort möglich, wo die
       ist nicht allein die Qualität, die wir am Ende im Glas halten, sondern auch die des
                                                                                                                                               nischen Maremma geschah.                       Weine aus Spitzenlagen tragen Na-       Sonne am Tag den Weinberg aufheizt
                                                                                                                                                     So wurde die Anbaufläche des Ba-     men. Aber das tun Weine aus Rüben-          und kalte Luftströmungen in der Nacht
    Weinbaus, den wir mit dem Kauf eines bestimmten Weins fördern.
                                                                                                                                               rolo ohne Rücksicht auf überlieferte       äckern auch. Leider gibt es in Italien      für Kühle sorgen. Die mineralische
                                                                                                                                               Gewissheiten in Nebbiolo-untaugliche       keine einheitliche Lagen-Reglemen-          Zusammensetzung des Bodens prägt
                                                                                                                                               Zonen ausgeweitet und dafür gesorgt,       tierung, vor allem besteht keine Klas-      den Weincharakter ebenfalls.
                                                                                                                                               dass Barolo künftig nicht mehr nur als     sifizierung. So stehen auch in den Ap-         Soll eine große Lage unvergessli-
                       ein wird aus Trauben ge-         im Keller so beeinflussen, dass jeder     schlaggebenden Einfluss auf die Quali-       Name für den König der Weine, son-         pellationen Barolo und Barbaresco           che Weine hervorbringen, muss auch
                      macht.“ Diese traditionell-ro-    Zusammenhang zwischen Wein und            tät. Aus schlechten Lagen und Jahren         dern auch für dessen unnoble Bastar-       Namen von historischen Toplagen             ihr Besitzer von Weinkultur durch-
            W        mantische Auffassung von
             Weinproduktion stimmt heute wieder
                                                        Weinberg verwischt wird.                  entstand damals unausweichlich ein
                                                                                                  schlechter Wein.
                                                                                                                                               denbrut dient.
                                                                                                                                                     Ich würde drei Kategorien von
                                                                                                                                                                                          gleichberechtigt neben unbedeutenden
                                                                                                                                                                                          Parzellennamen.
                                                                                                                                                                                                                                      drungen sein. Er muss sich bewusst
                                                                                                                                                                                                                                      sein, welches Kapital er in Händen
             weit mehr mit der Realität überein als                                                      Mehr noch als die Lage und das        Wein unterscheiden: der unkomplette,           Nur Kenner wissen Lagennamen            hält! Nur dann wird er gegen alle mo-
             auch schon. Waschechte Panscher, die                                                 Klima war das Können des Winzers             „nachhilfebedürftige“ Wein, der rusti-     mit Tradition von solchen ohne Bedeu-       dischen Verlockungen gefeit sein, nur
                                                        Lagen:
             „Wein“ aus Wasser und chemischen                                                     dem Wein zu- oder abträglich. Stinkige,      kale, gute Wein, der große oder Terroir-   tung und kommerziellen Phantasiena-         dann wird er keinen anderen Ehrgeiz
                                                        Immer unbedeutender
             und organischen Substanzen unappe-            Beim Werbespruch „Die Qualität         essigstichige, oxidierte Weine waren         wein. Eine vierte Kategorie verdankt       men zu unterscheiden. Wer sich nicht        haben, als in seinem Wein den Lagen-
             titlicher Herkünfte zusammenstellen,       des Weins entsteht im Weinberg!“ han-     die Regel. Dank Kellerhygiene und ver-       ihre Existenz der modernen Önologie.       auskennt, riskiert gerade in Italien, mit   charakter zum Ausdruck zu bringen.
             sind seltener geworden.                    delt es sich um die Ausschlachtung ei-    breiteten Kenntnissen über die Grund-        Es sind die Prachtsstücke, die dank        überteuerten Surrogaten abgespeist zu          Eine gute Lage ist ein Teil des
                 Höchstens in den Untiefen des          ner alten, weitverbreiteten Auffassung    regeln der Weinbereitung sind schwere        Maischeerhitzung, Konzentrator, Holz-      werden.                                     „Terroir“ genannten kulturellen Ereig-
             Tiefstpreissegmentes tummeln sich          der Konsumenten: „Je reifer die Trau-     Weinfehler heute selten geworden.            tanninen und Aromen, Mikrooxigenie-                                                    nisses. Der andere Teil besteht aus le-
             noch Elemente, die sich mit Betrüge-       ben, desto besser der Wein.“                     Aber zurück zu den guten Winzern:     rung, fettmachenden Hefepräparaten                                                     bendiger, in den Winzergenerationen
             reien zu bereichern versuchen. Aber           Weinberge, deren Trauben tatsäch-      Ihr Kapital waren die Lagen. Ein Wis-        zustandegebracht werden. Ihnen liegen                                                  fortlebender Tradition. Terroir ist
                                                                                                                                                                                          Lage + Tradition = Terroir
             auch in diesen Fällen besteht die Aus-     lich einen Wein hervorbringen, der        sen, das von Generation zu Generation        Trauben aller drei Kategorien zugrun-          Die Weinrebe gedeiht überall. Je        nicht ein Stück Erde, Terroir ist das
             gangsbasis für den falsch deklarierten     nicht korrigiert und verbessert werden    überliefert wurde, führte zum Anbau          de.                                        fruchtbarer der Boden, desto praller        Herzstück unserer Weinkultur. Deswe-
             Wein meist aus Trauben, wenn auch          muss, sind gute, für den Qualitätswein-   gewisser Sorten an gewissen Standor-               Für den wirklich guten, und mehr     die Trauben. Aufgepumpte Massen-            gen macht sich bei Bedarf jeder den
             anderen als deklariert. Immerhin hat       bau geeignete Lagen. Oft wird in solch    ten und verbot das Anpflanzen dersel-        noch für den seltenen großen Wein ist      trauben ergeben einen Saft, der es an       Begriff zu eigen und interpretiert ihn
             die Weinfälschung so viel Tradition        historischen Anbauorten seit Men-         ben Sorten an anderen Stellen. Der           der Weinberg Geheimnis und Voraus-         Komplexität kaum mit Apfelmost auf-         nach Gutdünken. Terroir ist leider zu
             wie der Wein selbst…                       schengedenken Wein gemacht. Wein-         Mangel an önologischen Möglichkei-           setzung. Ein Qualitätswein, der seinen     nehmen kann. Der Rebstock gedeiht           einem der abgegriffensten und miss-
                 Auch gegen die oft gehörte Phrase,     trauben wuchsen dort schon lange be-      ten wirkte als effizienter Filter für fal-   Namen verdient, besteht nur aus Trau-      jedoch auch an Standorten, wo der Ap-       brauchtesten Begriffen der Weinkom-
             Qualität entstehe im Weinberg, lässt       vor man die mikrobiologischen und         sche Entscheidungen im Weinberg, da          ben und etwas Schwefligsäure, die ihn      felbaum eingeht, wo kein Korn und           munikation verkommen.
             sich im Prinzip nichts einwenden. Ver-     chemisch-physikalischen Abläufe bei       agronomische Fehler im Keller nicht          vor Oxidation schützt. Mehr braucht er     kein Gemüse wachsen. Im Mittelmeer-            Terroir, so wie ich es verstehe,
             wirrend ist lediglich, dass die schöne     der Weinbereitung kannte.                 nachträglich korrigiert werden konn-         nicht, da er in sich komplett ist. Auf     raum leistet ihm dort nur der Oliven-       lässt sich nicht allein mit Nase und
             Floskel meist von Unbefugten verwen-          In jenen Zeiten war der Winzer al-     ten.                                         Önologie ist er nur angewiesen, um vor     baum Gesellschaft.                          Gaumen feststellen. Um Terroir zu ge-
             det wird: von Weinmachern zum Bei-         lein auf die Natur angewiesen. Die Wei-          Die moderne Önologie erlaubt heu-     Verderbnis geschützt zu werden, nicht          Gute Lagen zeichnen sich nicht          nießen, müssen weit feinere Rezepto-
             spiel, die dafür bekannt sind, die Wein-   ne unterschieden sich stark voneinan-     te, auch mangelhafte Moste zu kom-           um ihn in Farbe, Duft oder Geschmack       nur durch optimale Sonnenausrichtung        ren aktiviert sein, und die sitzen genau
             qualität mit Technologie und Chemie        der, Lage und Jahrgang hatten aus-        merziell attraktiven Weinen auszubau-        zu „verbessern“.                           aus, sondern auch durch steinige, un-       dort, wo unser Sinn fürs Schöne resi-

8                                                                                                                                                                                                                                                                                9
Die Zeitschrift für Wein und Olivenöl aus Italien
Terroir schmeckt Wenigen
                                                                                                                                                                                         Jede größere Veränderung, jedes radikale
                                                                                                                                                                                           Abweichen von der Tradition ist mit dem
     diert, unsere Gabe, Musik, oder ein       lassung würdigten die Franzosen die        bewährt haben. Er kann Bewährtes          Sizilien? Nur überaus dickschädelige               Risiko eines Rückschrittes verbunden. Denn
     Gemälde, oder Literatur zu genießen.      toskanischen Weine. Als dann die Ba-       übernehmen oder die Fehler seines Va-     und wirtschaftlich unabhängige Win-               Tradition ist ja nichts anderes als die Summe
     Terroir schmeckt nicht besser als kom-    rolo in die Gläser kamen – dabei eini-     ters korrigieren und neue Erfahrungen     zer vermögen kommerziellen Sach-
     merzielle Weine. Im Gegenteil, Ter-       ge denkwürdige Gewächse! – waren           – eigene und die der Forschung – in       zwängen konsequent standzuhalten                  der in der Vergangenheit gelösten Probleme.
     roirweine schmecken nur Wenigen! An       die Winzer aus Frankreich perplex: Sie     den neuen Weinberg miteinbringen.         und ihre Überzeugungen bei der Sor-
     Terroirweine muss man sich rantasten,     hatten sichtlich Mühe mit den tannin-         Diese stete Vorwärtsentwicklung        tenwahl kompromisslos umzusetzen.
     man muss ihnen Aufmerksamkeit wid-        reichen Weinen aus dem Piemont.            ist überall dort möglich, wo die Kennt-       Die Stockdichte: Jeder Rebstock
     men, muss sie kennen und lieben ler-         Nie werde ich die – heiter aber be-     nisse seit Generationen weitergegeben     vermag ein bestimmtes Traubenge-
     nen. Es sind nie einfache Weine, aber     stimmt vorgetragene – Reaktion von         wurden, wie das in klassischen Wein-      wicht zur Reife zu bringen. Natürlich
     wem sie sich erschließen, der ist als     Aldo Conterno vergessen: „Mein Vater       gebieten der Fall ist. Das Barolo-Ge-     nimmt dieses Gewicht mit zunehmen-         lität wie mit einer Engpflanzung zu er-   heißt es Jäten! Denn die jungen Reb-
     Weinliebhaber in eine höhere Ebene        sagte immer: Wenn ihr den Barolo           biet und die Côte d’Or sind dafür die     dem Standraum zu. Allerdings ist das       zielen, muss er sich mit empfindlich      pflanzen gehen ein, wenn sie überwu-
     aufgestiegen, von der es kein Zurück      nicht mögt, dann trinken wir ihn halt      schönsten Beispiele.                      Verhältnis zwischen verfügbarem Bo-        geringeren Hektarerträgen zufrieden-      chert werden. Der Winzer sorgt dafür,
     mehr gibt.                                selber!“ Ziemlich starke Worte, die je-       Weitaus schwieriger ist die Situati-   den und Belastbarkeit nicht proportio-     geben. Hinzu kommt der Zusatzauf-         dass die grünen Triebe an einem Pfahl
        Umso schmerzlicher ist es für die      doch herrlich schön zum Ausdruck           on, wenn in einer bestehenden Lage –      nal! Es ist besser, mehr Rebstöcke zu      wand für die aufmerksame Ertragskon-      sorgsam angebunden werden, denn es
     Freunde von Terroirweinen, wenn sie       bringen, wie selbstbewusst ein Winzer      zum Beispiel aus kommerziellen            pflanzen. Gehen wir von einem Hek-         trolle, bei der große Mengen grüner       ist später, bei der mechanischen Bear-
     mitansehen müssen, wie manche             zu seiner Appellation stehen sollte.       Gründen – eine neue Sorte angepflanzt     tarertrag von 9000 kg Trauben aus,         Trauben ausgeschnitten werden müs-        beitung, wichtig, dass die Stämmchen
     „Bauern“ Terroir-Chancen verschen-                                                   werden soll. Jede größere Verände-        dann darf das optimale Traubenge-          sen.                                      gerade sind. Erst im zweiten Jahr kön-
     ken: Das Schicksal hat ihnen große La-                                               rung, jedes radikale Abweichen von        wicht auch bei dichter Pflanzung von           Da in den italienischen Produkti-     nen an kräftigen Jungpflanzen eine
     gen geschenkt, aber sie behandeln ih-                                                der Tradition ist mit dem Risiko eines    6000 bis 9000 Stöcken/ha 1,5 kg bis        onsvorschriften kaum je der maximale      oder zwei Trauben stehengelassen wer-
                                               Dichte Pflanzung,
     ren Wein im Keller genauso, als hand-                                                Rückschrittes verbunden. Denn Tradi-      1,0 kg/Stock betragen, während bei         Stockertrag, sondern der Hektarertrag     den. Ein erster nennenswerter Ertrag
                                               dichter Wein
     le es sich um Säfte von Rebplantagen         Nicht alle Weinproduzenten kön-         tion ist ja nichts anderes als die Sum-   2000 Stöcken pro Hektar der einzelne       reglementiert wird, kann bei gleichem     kann im dritten Jahr erzielt werden.
     in fruchtbaren Ebenen. Weshalb bloß       nen es sich leisten, so kategorisch zu     me der in der Vergangenheit gelösten      Rebstock die ihm aufgebürdeten 4,5         Hektarertrag aus einem extensiv be-
     glauben sie, ihre Trauben mit allerlei    sein wie Aldo Conterno. Ein Winzer         Probleme. Sobald ein Winzer den si-       kg nie und nimmer zur optimalen Rei-       stockten Weinberg ein dünner, aus ei-
     önologischen Kniffen misshandeln zu       muss stets zwei Herren dienen: Seinen      cheren Schoß der Tradition verlässt,      fe bringen könnte.                         ner Dichtpflanzung hingegen ein kom-
                                                                                                                                                                                                                         Qualität? Ja, aber
     müssen? Meine Verbitterung über sol-      Idealen und dem Betriebsresultat. Bes-     beginnt er im Prinzip eine neue, die          Der Winzer sieht sich aber Sach-       pletter Wein hervorkommen.
                                                                                                                                                                                                                         möglichst viel davon!
     che Kulturschandtaten lädt sich bei je-   sere Qualität schlägt sich nicht unmit-    erst seinen Nachkommen zugute kom-        zwängen – wichtigster Hinderungs-              Die Unterlagsrebe: Seit die Reb-          Des Winzers Ziel muss sein, mög-
     der Verkostung von klassischen Wei-       telbar in höherem Einkommen nieder.        men wird.                                 grund ist der bestehende Maschinen-        laus von Amerika nach Europa ausge-       lichst gesundes, möglichst reifes, aber
     nen wie Barolo, Barbaresco, Valtelli-     Qualitätsproduktion ist immer eine            Gänzlich im Dunkeln tappt der          park – ausgesetzt, die ihm verbieten       wandert ist, müssen die nicht resisten-   auch möglichst viel Traubengut zu er-
     na, Chianti Classico, Brunello, etc.      langfristige Investition. Und auch dort    Winzer, wenn er neue Parzellen mit        können, einen neuen Weinberg so eng        ten europäischen Weinreben auf resis-     zeugen. Nur sehr wenige Erzeuger
     von neuem auf…                            wo eine bestimmte Qualität gewollt         Weinreben bestockt. Vor allem gilt        zu pflanzen, wie das für optimale Qua-     tente amerikanische Wildsorten aufge-     können sich erlauben, neben der Qua-
        Je mehr im Keller im Interesse der     wird, muss sie erst gelingen. Aber dies    dies für Gebiete ohne weinbauliche        lität empfehlenswert wäre. Wer auf         pfropft werden. Die Züchter stellen       lität nicht auch auf die Menge zu ach-
     Gefälligkeit am Wein herumverbessert      ist relativ einfach. Die Hauptschwie-      Traditionen. Nur dank des eher bana-      seinem toskanischen Weingut traditio-      den Winzern eine große Auswahl an         ten, denn nur berühmte Winzer oder
     wird, desto mehr verliert sich der La-    rigkeit besteht darin, dass diese Quali-   len Mehrheitsgeschmacks, der sich mit     nelle Anlagen (aus den 70er Jahren)        Unterlagssorten zur Verfügung, die al-    solche in bekannten Weingebieten sind
     gencharakter. Lagencharakter und          tät vom Markt wahrgenommen und             Farbe, Konzentration, Süße, Eichen-       mit drei Meter weiten Gassen bearbei-      le auf den drei amerikanischen Wildre-    in der beneidenswerten Lage, für ihre
     Mehrheitsgeschmack sind unverein-         vergütet wird.                             würze und kantenloser Struktur zufrie-    tet (2000 bis 3000 Stöcke/ha), wird        ben Vitis Rubestris, Vitis Berlandieri,   Weine Preise zu verlangen, die ein
     bar!                                         Bei der Pflanzung muss der Win-         dengibt, konnte sich der Weinbau mit      sich zweimal überlegen, ob er seinen       Vitis Riparia und deren Kreuzungen        Mehrfaches der effektiven Produkti-
        Vor gut 15 Jahren durfte ich als da-   zer eine Reihe von Entscheidungen          dieser Geschwindigkeit in weinbau-        neuen Weinberg mit 6000 oder mehr          beruhen.                                  onskosten betragen. Der Normalfall
     maliger Vinum-Redakteur einer unver-      fällen, auf die er während 25, 30 Jah-     lich jungfräuliche Gebiete ausweiten      Reben bestocken will. Denn um diesen           Diese Unterlagen weisen verschie-     ist, dass der Verkaufspreis eines Weins
     gesslichen Tafelrunde beiwohnen, an       ren nicht mehr zurückkommen kann.          (Neue Welt, Maremma, große Teile          zu bearbeiten, müsste er sich neue Ma-     dene Eigenschaften auf wie Kalkver-       den Produktionskosten stets hinterher-
     der unter anderen Marie-France Ma-        Am einfachsten ist es, wenn es gilt, ei-   von Montalcino, etc., etc…).              schinen anschaffen.                        träglichkeit,   Trockenheits-     oder    hinkt.
     noncourt (Château Figeac), die Önolo-     nen bereits bestehenden Weinberg zu           Des Winzers Sorten-Entscheidung            Der aus praktischen Gründen zu         Feuchtigkeitsverträglichkeit,   Stark-        Der erfahrene Qualitätsproduzent
     gin Dany Rolland, Olivier Bernard         erneuern. Es stehen Erfahrungen nicht      wird beeinflusst durch seine stilisti-    Kompromissen gezwungene Winzer             wüchsigkeit,    Schwachwüchsigkeit.       wird einen Weinberg anstreben, in dem
     (Domaine de Chevalier), André Gagey       nur zur Lage, also dem Boden und dem       schen Überzeugungen und durch kom-        sagt sich nicht ganz zu Unrecht, dass er   Seinen Bedürfnissen entsprechend –        die Pflanzen im Gleichgewicht sind.
     (Louis Jadot), Beppe Colla (damals        Mikroklima, mit dem Erziehungssys-         merzielle Überlegungen. Sangiovese        auch mit weiträumigerer Pflanzung          Bodeneigenschaften,       Mesoklima,      Schon bei der Pflanzung (Standort,
     Prunotto) und Aldo Conterno Weine         tem und der Pflanzdichte, sondern          mit einem Anteil Canaiolo oder Merlot     Qualität erzeugen könne, solange er        Pflanzdichte, qualitative Ziele – wählt   Unterlage, Sorte, Pflanzdichte) und
     aus der Toskana und dem Piemont ver-      auch mit den Sorten zur Verfügung.         für den Chianti? Nebbiolo, Dolcetto       den Stockertrag kontrolliere. Falls er     der Winzer in der Rebschule die geeig-    dann durch das Erziehungssystem so-
     kosteten. Mit Charme und – das krie-         Der Winzer weiß genau, welche           oder vielleicht doch besser Chardon-      dies dann tatsächlich tut, muss er sich    nete Unterlage aus.                       wie den jährlichen Rebschnitt kann er
     gen sie bei all ihrer Liebenswürdigkeit   Unterlagsreben, welche Sorten, ja viel-    nay in eine kühle Lage im Barolo-Ge-      bewusst sein, dass er sein Land nicht          Nach der Pflanzung im Frühjahr –      auf dieses Gleichgewicht Einfluss neh-
     nicht weg – einer feinen Prise Herab-     leicht sogar welche Klone sich bisher      biet? Cabernet oder Nero d’Avola auf      optimal nutzt. Denn um dieselbe Qua-       in warmen Gebieten auch im Herbst –       men. Eine rücksichtsvolle Produktion

10                                                                                                                                                                                                                                                                 11
Die Zeitschrift für Wein und Olivenöl aus Italien
Terroir schmeckt Wenigen
                                                                                                                                                                                                Wer Insektizide verwendet, schaltet
                                                                                                                                                                                          nicht nur ein ganz bestimmtes Schadinsekt
     erlaubt den Pflanzen, sich im Herbst                                                 den Moment, in dem sich das Essig-        mehr feuchtes Wetter mit warmen                              aus, er führt dem ganzen Ökosystem
     nach der Ernte von der Produktion zu                                                 wurmbaby Zutritt ins Beerenfleisch        Nächten. Zwei Extreme: Riskieren die
                                                Muss Spritzen
                                                                                                                                                                                                            im Weinberg Schaden zu.
     erholen und Vorräte (Stärke) einzula-                                                verschaffen will, dann vermag er die-     Sangiovese-Trauben in tieferen Lagen
                                                sein?

     gern. Das macht sie winterfest und er-         Sobald die jungen Triebe eine bis     ses mithilfe eines für Menschen und       Mittelitaliens bereits Ende September
     laubt im Frühjahr einen kräftigen Aus-     zwei Handbreit lang sind, muss der        andere Lebewesen harmlosen Bacil-         zu faulen, können sich die Winzer im
     trieb.                                     Winzer mit den Spritzungen beginnen.      lus-Präparates (Bazillus thuringiensis)   Valtellina leisten, bis in die letzten Ok-
         Auch schlechte – zu fruchtbare, zu     Lediglich in trockenen Gebieten Süd-      mit einer tödlichen Wurmkrankheit an-     tober-Tage mit der Ernte ihres Nebbio-
     schattige, zu nasse, zu trockene – La-     italiens kommt man mit einer, zwei        zustecken.                                lo zuzuwarten: Trockene, sonnige Ta-                                                        Der Rebschnitt ist eine typische
                                                                                                                                                                                 Erziehung und Schnitt
     gen ergeben Trauben. Während man-          Spritzungen pro Jahr aus. In feuchte-        Noch unangenehmer ist das Pro-         ge und kühle Nächte im Herbst sind –             Die Rebe ist eine Wucherpflanze,        Winterarbeit. Januar bis März werden
     che dieser Weinberge nur dank stren-       ren Weingebieten sind bis zu acht oder    blem der Traubenfäule. Mit Chemie-        zumindest in Italien – auch aus diesem       die sich am liebsten lianenartig an         die einjährigen Triebe abgeschnitten
     ger Ertragskontrolle eine interessante     zehn Spritzgänge nötig, um Rebblätter     hämmern kommt man der Krankheit,          Grund Voraussetzung für Spitzenla-           Bäumen hochrankt und diesen das             und entweder verbrannt oder direkt in
     Qualität ergeben, müssen andere be-        und Trauben vor Krankheiten zu be-        die durch den Pilz Botrytis cinerea       gen.                                         Licht wegschmarotzt. Da der Mensch          den Rebgassen von Maschinen zerklei-
     wässert werden, damit die Rebpflan-        wahren. Erlauben die systemischen         ausgelöst wird, recht gut bei. Aller-         Viele Schädlinge werden erst so          die Früchte der Rebe nicht in Baum-         nert. Beim Schnitt lässt der Winzer nur
     zen den Sommer unbeschadet überste-        Pilzmittel durch ihre langanhaltende      dings macht die zeitliche Nähe zur Le-    richtig lästig, wenn der Mensch in den       wipfeln ernten möchte, neigte er schon      dort Augen stehen, wo er sich im Früh-
     hen. Weinberge, die regelmäßig zu          Wirkung, in zweiwöchigen Abständen        se diese Spritzungen auf die reifenden    natürlichen Kreislauf eingreift. Wer         früh dazu, die Lianenpflanze zu do-         jahr Austriebe wünscht.
     dünne, zu saure oder zu alkoholische       zu spritzen, sind mit Schwefel- und       Trauben nicht unbedenklich. Tatsäch-      Insektizide verwendet, schaltet nicht        mestizieren, indem er ihre Triebe auf          Je nach Erziehungssystem sieht
     Weine ergeben, befinden sich nicht im      Kupferprodukten unter Umständen           lich können diese Antipilzmittel in den   nur ein ganz bestimmtes Schadinsekt          einer handlichen Höhe abschnitt. Die        seine Arbeit etwas anders aus. Beim
     Gleichgewicht, und gehören mögli-          mehr Spritzgänge erforderlich.            Most gelangen.                            aus, er führt dem ganzen Ökosystem           alten Griechen waren diesbezüglich ei-      Streckbogen wird ein einjähriger
     cherweise gar nicht mit Reben be-              Weshalb muss überhaupt gespritzt         Der Botrytis-Pilz ist gleichzeitig     im Weinberg Schaden zu. Ein prakti-          niges schlauer als die italienischen Ur-    Fruchttrieb stehengelassen, auf die ge-
     pflanzt…                                   werden? Ganz einfach: um Trauben zu       der Erreger der Stielfäule (Abtrocknen    sches Beispiel: Ein Winzer beginnt           einwohner. Während die Etrusker die         wünschte Länge angeschnitten, gebo-
         Heute können unreife Traubentan-       ernten! Pilzkrankheiten wie Falscher      ganzer Traubenteile), der Graufäule       Mehltau mit systemischen Spritzmit-          Reben in die Bäume klettern ließen,         gen und am untersten Draht festgebun-
     nine durch Holztannine ersetzt, über-      Mehltau, Echter Mehltau und Trauben-      (Verschimmeln der Trauben), der Es-       teln zu bekämpfen und bemerkt plötz-         gaben die Griechen der Liane einen          den. Aus den acht, zehn Augen wach-
     schüssige Säure entfernt, fehlende         fäule sowie Insekten – der Trauben-       sigfäule (Vermatschen der Beeren und      lich einen zunehmenden Zykadenbe-            Pfahl, an dem sie sich festhalten konn-     sen Triebe, an denen sich die Trauben
     Säure zugesetzt und mangelnde Kon-         wickler verursacht die größten Schä-      Essigbildung), aber auch der vor allem    fall, der die Blätter zum Absterben          te und schnitten sie jedes Jahr stark zu-   bilden.
     zentration maschinell nachgeholt wer-      den – bedrohen nicht nur die Ertrags-     bei Süßweinen erwünschten, ja unver-      bringt. Das wiederum bedingt Insekti-        rück.                                          Anders beim Zapfenschnitt und
     den. Ja, die Moste und Weine können        menge, sondern auch die Qualität. Am      zichtbaren Edelfäule.                     zidspritzungen gegen dieses Insekt,              Die beiden in Italien üblichen          beim Alberello. Dort werden drei, vier
     komplett in ihre Einzelteile zerlegt und   einfachsten machen es sich die Winzer,       Bio-Winzer haben nur sehr be-          dessen natürliche Feinde durch die           Schnittsysteme im Qualitätsweinbau          oder fünf Zapfen stehen gelassen, aus
     die Komponenten anschließend in kor-       die vor Chemie nicht zurückschrecken.     schränkte Möglichkeiten, den Fäulnis-     Fungizide offenbar geschwächt wur-           sind der einfache Streckbogen (Guyot)       denen je zwei Fruchttriebe wachsen. Je
     rigiertem Verhältnis wieder zusam-         Sie haben die „gesündesten“ Weinber-      problemen im Herbst Herr zu werden.       den.                                         und der Zapfenschnitt (Cordon). Im          kürzer die Zapfen, desto unfruchtbarer
     mengesetzt werden. Komplettheit hin-       ge und gehen das geringste unterneh-      Fruchtbare, reichlich gedüngte Böden          Im Weinberg leben unzählige              Norden Italiens sind zudem verschie-        die Augen, desto weniger und kleiner
     gegen ist nur in Weinbergslagen erziel-    merische Risiko ein.                      haben stärkere Botrytis-Probleme, bei     Schädlinge und Nützlinge mehr oder           den Systeme von Pergelerziehung üb-         in der Folge die Trauben. Nicht alle
     bar, in der Sorten, Boden, Mikroklima          Schwerer haben es die Bio-Win-        ungedüngten halten sich diese in südli-   weniger im Gleichgewicht. Im Lehr-           lich, während die Lambrusco-Trauben         Sorten eignen sich für den Zapfen-
     und Weinbergsarbeit fein aufeinander       zer, die auf synthetische Spritzmittel    chen Gebieten in Normaljahren in          buch liest man von Rebschädlingen            der Emilia unter richtiggehenden            schnitt. So ist Nebbiolo beispielsweise
     abgestimmt sind.                           verzichten. Kommt der Bio-Bauer dem       Grenzen.                                  mit lustigsten Namen: Dickmaulrüss-          Laubdächern gedeihen.                       auf den ersten Augen gänzlich un-
         Bei geringfügigen Ungleichge-          Echten Mehltau gut mit Schwefel und          Wichtigste    Vorbeugung     gegen     ler, Blasenfüße, Schildläuse, Gras-              Aus der Mode gekommen ist die           fruchtbar, so dass an den ersten zwei,
     wichten bietet sich dem Qualitätwin-       dem Falschen Mehltau mit Kupfermit-       Fäulnis ist der Kampf gegen den Trau-     wickler, Rhombenspanner, Zikaden,            ursprüngliche, von den Griechen ab-         drei Trieben kaum je Trauben hängen.
     zer während des „Farbumschlages“           teln bei, ist der Kampf gegen die Mot-    benwickler. Denn die vom Insekt an-       Springwurmwickler, Pockenmilben,             stammende Erziehungsform: der Albe-         Soll ein vernünftiger Stockertrag er-
     (auch: „Weichwerden“) der Beeren die       te, die in mehreren Angriffswellen ihre   gefressenen Beeren sind potente           etc., etc…                                   rello oder Bäumchenschnitt, in Frank-       zielt werden, muss der Nebbiolo des-
     Möglichkeit, zum letzten Mal einzu-        Eier auf den Beeren ablegt, kompli-       Krankheitsherde. Während lockerbee-           Entweder man unterstützt das             reich und der welschen Schweiz: Go-         halb lang angeschnitten werden. Sehr
     greifen. Um einen zu hohen Ertrag zu       zierter.                                  rige, dickschalige Sorten wie Cabernet    Gleichgewicht dieses bunten Lebens           belet.                                      gut eignen sich für einen kurzen An-
     reduzieren, kann er Trauben oder Teile         Aus den winzigen, spiegelähnli-       gegen Botrytis ziemlich gefeit sind,      im Weinberg mit schonenden Eingrif-              Noch trifft man den Alberello häu-      schnitt hingegen Cabernet oder San-
     davon wegschneiden. Im Idealfall –         chen Eiern schlüpfen Würmchen, die        stellt der Pilz für engbeerige, dünn-     fen oder man sucht die totale Kontrol-       fig im Salento (Apulien), in Pachino        giovese.
     dieser tritt vor allem bei Dichtpflan-     in ihren ersten Lebensstunden auf der     schalige Sorten wie Blauburgunder         le, indem man alles totspritzt. Nur in       und auf dem Ätna (Sizilien) an. Die
     zungen und schwachgedüngten Wein-          Beerenoberfläche herumkrabbeln und        oder Sangiovese im Herbst eine im-        seltenen Fällen stellen diese Insekten       antike Erziehungsform ist viel aufwen-
     bergen ein – erübrigt sich das systema-    sogleich versuchen, sich ein Loch         merwiederkehrende Bedrohung dar.          allerdings eine Bedrohung für Reb-           diger als Drahtrahmenerziehung, da
                                                                                                                                                                                                                             Ein „sauberer,
     tische Ausdünnen, da der Konkurrenz-       durch die Schale ins Innere der Beere        Botrytis mag weder hohe Tag-           pflanzen und Ertrag dar, fast überall        sie mit viel Handarbeit verbunden ist.
                                                                                                                                                                                                                             wohlgenährter“ Weinberg
     kampf unter den Rebpflanzen um Was-        zu bohren. Gelingt ihnen das, kommt       Nachttemperaturunterschiede       noch    Probleme verursachen nur Mehltau,            Nur unverbesserliche Nostalgiker le-           Die Wurzeln der Rebpflanzen su-
     ser und Nährstoffe von Natur aus zu        man ihnen ohne Gift nicht mehr bei.       trockene Luft. Nicht so sehr Nieder-      Traubenwickler und Botrytis.                 gen in Italien noch Alberello-Weinber-      chen sich die Nährstoffe im selben
     geringerem Traubenbehang führt.            Erwischt der Bio-Winzer jedoch genau      schläge sind problematisch, als viel-                                                  ge an.                                      Erdreich wie die Gräser und Kräuter,

12                                                                                                                                                                                                                                                                     13
Die Zeitschrift für Wein und Olivenöl aus Italien
Terroir schmeckt Wenigen
Wenn Sie einen Weinberg betrachten,
dann sollten Sie sich nicht am Unkraut
stören. Möglicherweise ist der Winzer kein
Faulpelz, sondern ökologisch einfach etwas
rücksichtsvoller als seine Nachbarn.

         die den Rebberg begrünen. Es herrscht        Je besser die Rebpflanzen genährt
         ein verbissener Konkurrenzkampf um       sind, desto… uninteressanter der
         Mineralien und – vor allem in trocke-    Wein. Rebstöcke, die sich ihre Nähr-
         nen Lagen – um Wasser. Wer seine         stoffe mit tiefen, in Felsritzen oder
         Rebstöcke verhätscheln will und sie      Steingeröll vordringenden Wurzeln
         möglichst viele Trauben produzieren      mühsam zusammensuchen müssen, er-
         lassen möchte, der kommt nicht um-       geben zwar kleinere Trauben mit klei-
         hin, den Boden „sauber“ zu halten.       neren Beeren und dickerer Schale,
         Das kann mit mechanischer Bearbei-       aber dafür mit mehr Geschmacksstof-
         tung geschehen oder – zum Glück im-      fen. Düngung sollte nur der Bodenver-
         mer seltener – mit Chemie. Wird der      besserung dienen, nicht der Ernährung
         Boden nur oberflächlich bearbeitet,      der Reben!
         dann werden sich die Rebwurzeln ver-         Gut kompostiertes organisches
         mehrt im fruchtbaren Oberboden aus-      Material kann das Bodenleben aktivie-
         breiten und reichlich Nährstoffe zur     ren, stickstoffhaltiger Chemiedünger
         Verfügung haben.                         schafft Ungleichgewichte und bläht         Zu den jungen Rebpflanzen muss Sorge

             Aber saubere Böden sind verarm-      die Rebpflanze auf. Dadurch wird sie
                                                                                             getragen werden. Traditioneller Wein-

         te, ausgewaschene und gefährdete Bö-     krankheitsanfälliger und ist in der Fol-
                                                                                             bau ist mit viel Handarbeit verbunden.

         den! Winzer, denen weniger an hohen      ge auf intensiveren Pflanzenschutz an-     Standweiten, denn Sie zeigen Ihnen,
         Erträgen, sondern mehr an Qualität       gewiesen.                                  dass der Winzer entweder zu hohe
         und einem vitalen Ökosystem im                                                      Stockerträge erntet oder zu niedrige
         Weinberg liegt, werden für eine mög-                                                Hektarerträge erzielt… und deshalb
         lichst artenreiche Dauerbegrünung be-                                               hohe Preise verlangen muss.
                                                  Kritisch im
         sorgt sein.                                                                            Und wenn es dann zur Verkostung
                                                  fremden Weinberg…
             Diese Winzer werden die spontane         Wenn Sie, liebe Leser, einen Wein-     im Keller geht, dann sagen Sie dem
         Frühjahrsflora nicht zu früh im Jahr     berg betrachten, dann sollten Sie sich     Winzer nicht nur ehrlich, ob die Weine
         schneiden, damit die frühen Kräuter      nicht am Unkraut stören. Möglicher-        Ihnen schmecken oder nicht, lassen
         sich versamen können, aber den Reb-      weise ist der Winzer kein Faulpelz,        Sie ihn auch wissen, was Sie über
         pflanzen mit dem Mähgerät sofort zur     sondern ökologisch einfach etwas           Weinbau und Önologie denken. Er
         Hilfe eilen, sobald die Bodenfeuchtig-   rücksichtsvoller als seine Nachbarn.       wird es sich nicht anmerken lassen,
         keit im Frühsommer knapp wird. Zwar      Achten Sie vielmehr auf die Artenviel-     aber langfristig tun Sie ihm damit ei-
         erbringt ein Weinberg mit Dauerbegrü-    falt: je mehr da blüht, kreucht und        nen Gefallen. Fragen Sie ihn, welche
         nung weniger Ertrag, aber dafür          fleucht, desto Besser!                     Gifte er im Weinberg verwendet und
         schützt die lebendige Decke den Bo-          Stören Sie sich auch nicht übermä-     fragen Sie ihn, wie er seinen Wein
         den vor Auswaschung der Nährstoffe,      ßig an blauen Spritzmittelrückständen,     macht! SIE sind die Nachfrage, SIE
         vor Erosion und vor dem Abbau des        sie stammen vom Kupfer – leider gibts      vertreten das, was man Markt nennt.
         Humusanteils. In ausgesprochenen         noch nichts besseres – und zeigen nur,     Und auf den hören die Winzer…
         Trockengebieten ist Dauerbegrünung       dass hier nicht mit synthetischen Che-
         nicht möglich, dort muss der Boden       mikalien – die sieht man nicht – ope-
         bearbeitet werden, um sämtliche Bo-      riert wird.
                                                                                                      Im nächsten Heft:
         denfeuchtigkeit den Reben vorzube-           Stören Sie sich hingegen an Lü-             Alles über Bio
         halten.                                  cken in den Rebzeilen und an großen

14
Die Zeitschrift für Wein und Olivenöl aus Italien Die Zeitschrift für Wein und Olivenöl aus Italien
Sie können auch lesen