Einkauf muss ökologisch und fair werden - Idee & Tat 4-2021
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Praxistipps Fotos: picture alliance/AP Photo/A.M. Ahad, picture alliance/Thomas Coombes, Georg Wahl Einkauf muss ökologisch und fair werden Mit einer klugen und bewussten Veränderung des Beschaffungswesens lassen sich Arbeitsbedingungen verbessern und Auswirkungen auf die Umwelt und das Klima vermindern. Auf einer Fachtagung wurde darüber auführlich informiert und diskutiert. Von Thomas Wenz, Bundesfachausschuss „Verantwortung für die Eine Welt“ M Im Rana Plaza in üssen Verbände wie Kolping ökofair nachhaltiger und fair gehandelter Produkte Bangladesh hielten sich wirtschaften? Was sind Chancen verstanden, z.B. durch Einrichtungen, Kir- am 24. April 2013 trotz und Herausforderungen? Was kön- chengemeinden, Büros. Zu der Fachtagung eines Zutrittsverbots über 3 000 Menschen, nen wir konkret tun? Was gibt es dabei zu be- hatte der Bundesfachausschuss „Verantwor- v.a. Textilarbeiterinnen achten? Diese Fragen standen im September tung für die Eine Welt“ im September Kolpings- auf. Die Fabrikbetreiber im Zentrum der Fachtagung „Ökofaire Be- familien, Träger von Einrichtungen und weite- hatten sie dazu gezun- schaffung – Zum Spannungsfeld von Ökolo- re interessierte Mitglieder nach Fulda gen. Beim Einsturz starben 1 135 Men- gie und Ökonomie“. Unter „ökofairer Be- eingeladen. Gemeinsam mit Mitgliedern des schen. schaffung“ wird der Einkauf ökologischer, Bundesfachausschusses überlegten und dis- 10 Idee & Tat 4/2021
Praxistipps kutierten die Teilnehmenden, wie sie sich der entstehen, aber alle betreffen – auch die Men- In der Demokratischen Verantwortung für die Schöpfung stellen kön- schen in den reichen Industrieländern. Wilfried Republik Kongo arbei- ten viele Kinder in nen. Der erste Vortrag der Veranstaltung trug Wunden wies darauf hin, dass der Klimawan- Kobalt-Minen. den Titel „Enzyklika Laudato si‘ und ökofaire del neben dem hohen Energieverbrauch in der Beschaffung“. Wilfried Wunden, Referent bei Industrie, in den Haushalten und in dem Trans- Misereor, stellte „unser Handeln“ dem dem portsektor auch vom Ressourcenverbrauch in Lehrschreiben von Papst Franziskus aus dem der Landwirtschaft angetrieben werde. Zudem Jahr 2015 gegenüber. Bezugnehmend auf die sei längst bekannt, dass etwa ein Drittel der päpstlichen Worte sagte Wilfried Wunden, produzierten Lebensmittel verschwendet, und KHZZ HSSL KPL 7ÅPJO[ Op[[LU KHZ -VY[ILZ[LOLU dass “Nahrung, die weggeworfen wird, gleich- der Erde für die kommenden Generationen zu sam vom Tisch der Armen (...) geraubt wird.” gewährleisten. Dazu müssten vor allem die Darüber hinaus trage die Erderwärmung zu Menschen in den reichen Industrieländern ge- Missernten und dem Aussterben vieler Arten nügsamer werden, denn der zu hohe Ressour- bei. Dies werde dazu führen, dass die Welt- cenverbrauch könne und dürfe nicht der Maß- marktpreise für Agrargüter bis 2050 um zehn Z[HIZLPU>VOSOHILUKL4LUZJOLUWYVÄ[PLYLU bis 30 Prozent ansteigen. So werde die globale von jeder neuen Entwicklungsstufe, während Erwärmung zum Push-Faktor für Migration. ärmere die sozialen und ökologischen Auswir- kungen zu spüren bekämen. Handlungsoptionen Folgen dieses Konsumverhaltens seien auch Was können wir dem entgegnen? Was können moderne Sklaverei und Kinderarbeit. Gleich- wir tun? Zu diesen Fragen erläuterte Wilfried zeitig würde die Wegwerfgesellschaft die Kos- Wunden verschiedene Strategien und Ideen: ten ihres Handelns, wie etwa die Kosten der } Beschaffungsabläufe genau erfassen; Umweltzerstörung auslagern bzw. verstecken. } Zusammenarbeit mit den Beschaffungsorga- Mittelfristig würden die Probleme, die daraus nisationen der Kirchen (die katholische Idee & Tat 4/2021 11
Praxistipps } Die Bauxit-Verarbeitung in Indien zur Aluminiumherstellung ist sehr energieauf- wendig. Das Aluminiumrecycling kann aber den Energieverbrauch um 90 Prozent senken. } Rotschlamm-Katastrophe in Ungarn: Im Jahr 2010 brach in Ungarn der Damm eines Deponiebeckens mit Abfällen aus der Aluminiumproduktion. Der rote Schlamm verteilte sich über ein 40 Quadratkilometer großes Gebiet. Zehn Menschen starben, andere erlitten schwere Verletzungen. Zudem wurden viele Häuser zerstört und tonnenweise verseuchter Boden musste abgetragen werden. Auf der anderen Seite erklärte Friedel Hütz- Adams, dass man Palmöl nicht immer ver- dammen sollte. Immerhin liege der Ertrag für Palmöl bei vier Tonnen Öl pro Hektar wäh- rend es bei Raps nur eine Tonne Öl sei. We- sentlich sei jedoch, dass frisches Abholzen Mit der Umstellung und die evangelische Kirche sowie ihre der Fläche verhindert wird und Plantagen auf auf eine ökofaire Einrichtungen und Verbände haben ge- vorhandenen freien Flächen gefördert wer- Beschaffung werden Produzenten gestärkt. schätzt ein Beschaffungsvolumen von 200 den. Man könne beim Einkauf darauf achten, Saftproduzent Bossavi bis 250 Milliarden Euro pro Jahr), KHZZKHZkSH\ZaLY[PÄaPLY[LT(UIH\Z[HTT[ C. Thierry (r.) produ- } Aus- und Fortbildung zu diesem Thema bei Immer wieder werde deutlich: Unterneh- ziert im westafrikani- kirchlichen Organisationen wie der Caritas men müssen die Lieferketten nachverfolgen schen Benin hochwer- tige Fruchtsäfte. und Kolping, \UK H\M POYL=VYSPLMLYHU[LU ,PUÅ\ZZ ULOTLU } Zusammenarbeit mit Weltläden, Fairtrade damit diese weniger schädliche Stoffe ver- Towns, Fairtrade Schools und Kindertages- wenden. So fordert auch Greenpeace im Rah- stätten, men der Detox-Kampagne, in der Textilherstel- lung auf den Einsatz gefährlicher Chemikalien Auch die Deutsche Bischofskonferenz hat be- zu verzichten. reits beschlossen, fair einzukaufen. Jetzt muss Freiwillige Regulierungen hätten zur Einfüh- es mit der Umsetzung vorangehen. rung einer Vielzahl von Öko-Siegeln geführt. Doch die große Anzahl sei verwirrend. Unklar Konsum und Zerstörung ZLPOp\ÄN^PLKPL:PLNLSRVU[YVSSPLY[^LYKLU Friedel Hütz-Adams vom Südwind-Institut wie streng die zugrundeliegenden Regeln hielt den zweiten Vortrag zum Thema „Öko- sind und ob die Produzenten die Vorgaben nomie und Ökologie: Widerspruch oder Er- überhaupt einhalten können. gänzung?“. Er zeigte anhand vieler Beispiele, Freiwillige Initiativen seien wichtig, aber oft welche Umweltzerstörungen, Menschen- nicht transparent. Darüber hinaus fordert rechtsverletzungen und Katastrophen oft mit Hütz-Adams eine gesetzliche menschenrecht- der Gewinnung von Rohstoffen bzw. der Pro- SPJOL :VYNMHS[ZWÅPJO[ M Y
Praxistipps Ursprung zum Ursprung“. Der Begriff be- zeichnet eine durchgängige und konsequente Kreislaufwirtschaft, in der Sortenreinheit er- forderlich ist, um ein Recycling zu ermögli- chen. Das ist gerade deshalb ein interessanter Ansatz, weil in Deutschland der Rohstoffver- brauch nicht zurückgeht, obwohl die Bevöl- kerungszahl sinkt. Umweltmanagement in Münster Im dritten Vortag berichtete Petra van Husen von dem Weg der Kolping-Bildungsstätte Coesfeld hin zu einer ökofairen Einrichtung. Grundlage ist die im Jahr 2018 aktualisierte Umwelterklärung. Sie steht auf der Home- page des Diözesanverbandes Münster zum Herunterladen bereit: www.kolping-ms.de/de-wAssets/docs/nach- haltigkeit/Umwelterklaerung-2018.pdf Für die Aufstellung eines Qualitätsmanage- mentsystems wurden in der Einrichtung zu- nächst alle relevanten Gegenstände und Kenn- zahlen gezählt und erfasst: z.B. Glühlampen, Drucker und der Papierverbrauch. Anschlie- ßend wurden Maßnahmen für den Einkauf fest- gelegt. Alles immer unter der Fragestellung: Welche Ansprüche haben die Gäste der Bil- dungsstätte; was wird voraussichtlich akzep- tiert, und was nehmen die Gäste nicht an? Dabei muss vieles immer wieder neu be- wertet werden. Beispiel Butter: Verpackte kleine Butterpäckchen führen zu mehr Verpa- ckungsmüll. Unverpackte Butter muss, wenn sie nicht verzehrt wurde, weggeworfen werden. Petra van Husen wies auch darauf hin, dass ein Umweltmanagementsystem ständig ge- WÅLN[ ^LYKLU T\ZZ \UK KHZZ KHM Y KPL (Y- } Ökofaire Produkte sind oft nur wenig Riesige Ölpalmenplan- beitskräfte verfügbar sein müssen. Letztlich teurer. tagen sind umstritten. Für die Gewinnung gebe es kein Patentrezept, das für alle Einrich- } Freiwilligkeit braucht zu viel Zeit. Deshalb der benötigten An- tungen passe. Allerdings könne das Beispiel T ZZLUZJOpYMLYL9LNLSU]LYWÅPJO[LUK bauflächen wird oft aus Münster gute Anregungen geben. eingeführt werden. ökologisch wertvoller } Ziel ist es, enkeltauglich zu leben. Tropenwald abgeholzt. Es geht aber auch an- Ausblick und Forderungen } Jede und jeder Einzelne soll selbst mög- ders: Kolpingmitglied Zum Abschluss haben Teilnehmende in einer lichst umweltbewusst sowie fair einkaufen. Vignon Alice (l.) hat Gruppenarbeit zusammengetragen, was aus ih- } Bei allen Kolping-Aktionen sollten die in Benin ihre Ölpal- rer Perspektive getan werden muss, und wo sie Verantwortlichen die Machbarkeit einer men in einer Misch- kultur mit anderen selbst aktiv werden können. Hier ihre Notizen: ökofairen Beschaffung prüfen und mög- Pflanzen angebaut } Das Thema ökofaire Beschaffung muss lichst auch umsetzen. und erhält so die bekannter gemacht werden. } Auf den Kolping-Homepages kann auf Artenvielfalt auf der } Die mit dem Konsum verbundenen Um- allen Ebenen die Nachhaltigkeit in den Fläche. weltkosten müssen deutlicher kommuni- Vordergrund gestellt werden. ziert werden. Die Umweltkosten müssen } Letztlich sollten alle als Multiplikatoren in sich im Preis niederschlagen. das eigene Umfeld wirken. Idee & Tat 4/2021 13
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