ENTWURF: Vorwort zu den Stofflisten des Bundes und der Bundesländer

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ENTWURF: Vorwort zu den Stofflisten des Bundes und der Bundesländer
ENTWURF: Vorwort zu den Stofflisten des
Bundes und der Bundesländer
Unter Mitwirkung von Experten aus Deutschland, Österreich und
der Schweiz                                          3. Auflage

© BVL, 1. Februar 2022                                   Seite 1 von 42
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Unter Mitwirkung von Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz                          3. Auflage

Impressum

 ©2022 Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)

 Herausgeber:                   Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL)
                                Dienststelle Berlin
                                Mauerstraße 39-42
                                10117 Berlin
 Redaktionsgruppe:

 Deutschland:                   Dr. C. Bendadani (Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicher-
                                heit (BVL), Berlin, (frühere) Vorsitzende, derzeit abgeordnet), Dr. N. Bakhiya
                                (Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), Berlin), T. Böhm (Landesuntersu-
                                chungsanstalt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen, Chemnitz),
                                Dr. B. Dessloch (Landesamt für Verbraucherschutz, Saarbrücken), G. Kesseler
                                (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), Bonn), U. Kürz-
                                dörfer (Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Rhein-Ruhr-Wupper, Kre-
                                feld), Dr. K.P. Latté (Landeslabor Berlin-Brandenburg, Berlin), Dr. V. Lander
                                (Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Ober-
                                schleißheim), R. Maslo (Sachverständige i. R. Landesamt für Verbraucherschutz
                                und Lebensmittelsicherheit, Braunschweig), M. Meier (BVL, Berlin), M. Paul
                                (BVL, Berlin), Dr. B. Schlagintweit (Sachverständige i. R. Bayerisches Landesamt
                                für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Oberschleißheim), Dr. N. Schramek
                                (Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Ober-
                                schleißheim), K. Steigerwald (Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt
                                Rhein-Ruhr-Wupper, Krefeld), C. Struck (Chemisches und Veterinäruntersu-
                                chungsamt Münsterland-Emscher-Lippe, Münster), Dr. S. Urmersbach (BVL,
                                Berlin, Vorsitzende)

 Schweiz:                       U. Deiss (Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV),
                                Bern), F. Franchini (BLV, Bern)

 Österreich:                    K. Riediger (Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit
                                GmbH (AGES), Wien)

 Externe Experten:              Prof. Dr. C. Griehl (Leiterin des Kompetenzzentrums Algenbiotechnologie und
                                Direktorin des Life Science Centers, Hochschule Anhalt), Dr. C. Hahn (Bayeri-
                                sche Mykologische Gesellschaft, Dießen am Ammersee), Prof. Mag. Dr. I. Kri-
                                sai-Greilhuber (Department für Botanik und Biodiversität, Universität Wien),
                                Prof. Mag. Dr. M. Schagerl (Department für Funktionelle und Evolutionäre
                                Ökologie, Universität Wien), Prof. i. R. Mag. Dr. S. Till (Department für Ernäh-
                                rungswissenschaften, Universität Wien), Prof. Dr. S. Wölfl (Institut für Pharma-
                                zie und Molekulare Biotechnologie - Pharmazeutische Biologie, Pharmazeuti-
                                sche Bioanalytik und Molekulare Zellbiologie, Universität Heidelberg)

 ViSdP:                         H. Händel (BVL, Pressestelle)

 Titelbilder:                   ©Kathleen Rekowski, chelmicky– Fotolia.com; Dartae - stock.adobe.com

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     Unter Mitwirkung von Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz         3. Auflage

1    Präambel

2            Zur 3. Auflage
3            Nachdem im vorletzten Jahr die 2. Auflage des Vorwortes und der Pflanzenliste
4            sowie die 1. Auflage der Pilzliste veröffentlicht wurden, wird mit der neu veröf-
5            fentlichten Algenliste den Verwenderinnen und Verwendern der Stofflisten nun
6            auch eine Einstufungshilfe für Erzeugnisse, die Algen oder bestimmte Zuberei-
7            tungen aus Algen enthalten, an die Hand gegeben.
8
9            Im Zuge der Veröffentlichung der Algenliste wurden entsprechende Aktualisie-
10           rungen im Vorwort notwendig: So findet sich in der nun vorliegenden 3. Auflage
11           des Vorwortes ein Abschnitt mit Verwendungshinweisen zur Algenliste. Neben
12           einigen redaktionellen Korrekturen und Aktualisierungen wurden außerdem die
13           bereits in der 2. Auflage des Vorwortes und der Pflanzenliste enthaltenen Infor-
14           mationen zur Zulassung neuartiger Lebensmittel weiter präzisiert sowie die Refe-
15           renzen für die wissenschaftliche Bezeichnung der Stoffe und ihrer Synonyme er-
16           gänzt.
17
18           Bereits an dieser Stelle weist die AG Stoffliste darauf hin, dass die Veröffentli-
19           chung bzw. Aktualisierung der einzelnen Listen sowohl unabhängig voneinander
20           als auch unabhängig vom Vorwort erfolgen wird!
21
22           Die AG Stoffliste ist den Benutzerinnen und Benutzern der Stofflisten jederzeit
23           für Anmerkungen, Korrekturen, Kritik oder Ergänzungen zu den einzelnen Listen
24           bzw. Einträgen dankbar.
25
26           Präambel der 2. Auflage (Oktober 2020):
27           Die Stofflisten sollen in knapper wissenschaftlich präziser Darstellung einen
28           Überblick über die Stoffe geben, für die eine Verwendung in Lebensmitteln emp-
29           fohlen, nicht empfohlen oder nur mit Beschränkung empfohlen wird. Um eine
30           einheitliche Systematik zu gewährleisten, werden die Einträge in den Listen als
31           „Stoffe“ bezeichnet, auch wenn es sich dabei nicht um definierte Einzelsubstan-
32           zen handelt. Die Einzellisten werden zukünftig nach ihrer Kategorie benannt.
33
34           Inzwischen liegen die Arbeiten für die 1. Auflage der Stoffliste des Bundes und
35           der Bundesländer, die ausschließlich die Kategorie „Pflanzen und Pflanzenteile“
36           umfasst, sechs Jahre zurück. Für die 2. Auflage wurde die Stoffliste Kategorie
37           „Pflanzen und Pflanzenteile“ in Pflanzenliste umbenannt, komplett überarbeitet
38           und aktualisiert: Es wurden über 100 Monographien und über 250 Pflanzen neu
39           aufgenommen und alle bereits vorhandenen Einträge anhand der aktuellen Da-
40           tenlage geprüft und gegebenenfalls aktualisiert, erweitert und in ihren Einstufun-
41           gen angepasst. Mit Hilfe der 2. Auflage der Pflanzenliste kann sich der Leser so-

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42           mit nun umfassend zu den einzelnen Stoffen hinsichtlich ihrer Einstufung als Le-
43           bensmittel, Arzneistoff und neuartiges Lebensmittel informieren. Außerdem
44           wurde die „Pilzliste“ neu erstellt. Zukünftig sollen Listen für weitere Stoff-Kate-
45           gorien, wie zum Beispiel Algen, erarbeitet werden. Die Stofflisten werden weiter-
46           hin von einer Redaktionsgruppe aus Behördenvertretern des Bundes und der
47           Bundesländer erarbeitet. Neu hinzugekommen zu der Redaktionsgruppe sind
48           auch Vertreter aus Österreich und der Schweiz sowie externe Fachexperten zur
49           jeweiligen Stoffkategorie, so dass die Stofflisten eine weitgehend einheitliche Be-
50           urteilung von Stoffen im deutschsprachigen Raum ermöglichen können. Dies
51           spiegelt sich auch im neuen Titel der 2. Auflage wider: Stofflisten des Bundes und
52           der Bundesländer unter Mitwirkung von Experten aus Deutschland, Österreich
53           und der Schweiz (im Folgenden Stofflisten). Die Stofflisten können als Orientie-
54           rungshilfe bei der Beurteilung von Stoffen als Lebensmittel oder Lebensmittelzu-
55           taten auch in Österreich und der Schweiz dienen. Es ist möglich, dass einzelne
56           Einstufungen in Österreich und der Schweiz von den Stofflisten abweichen. Es
57           sind in jedem Fall die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen von Österreich
58           und der Schweiz zu beachten.
59
60           Die Stofflisten sollen über wichtige Fragen Auskunft geben: Handelt es sich bei
61           dem Stoff um ein (neuartiges) Lebensmittel oder um einen (traditionellen) Arz-
62           neistoff? Die Stofflisten liefern zudem einen Überblick über die kritischen In-
63           haltsstoffe und die damit verbundenen Risiken. Eine umfassende Risikobewer-
64           tung der einzelnen Stoffe ist allerdings nicht das Ziel dieser Listen – hierzu soll-
65           ten weitere Informationsquellen herangezogen werden. Die Listen geben auch
66           keinen Überblick über alle essbaren Stoffe der Welt, alleine deren Auflistung
67           würde Hunderte von Einträgen beanspruchen. Zur größeren Benutzerfreundlich-
68           keit wurden die Stoffe alphabetisch nach ihrem wissenschaftlichen Namen ange-
69           ordnet. Dabei richtet sich die Benennung nach den gängigen Referenzwerken.
70           Darüber hinaus sind für jeden Stoff zudem die wichtigsten Synonyme sowie die
71           Trivialnamen aufgeführt.
72
73           Um eine einheitliche Grundlage zu gewährleisten, wurden zur Bestimmung der
74           therapeutisch wirksamen Dosierung die Monographiesammlungen des HMPC,
75           der ESCOP und der WHO berücksichtigt. Die Monographiesammlungen der
76           Kommission E, die seit 1994 nicht mehr aktualisiert wurden und an Bedeutung
77           verloren haben, wurden nur dann in die Einstufung miteinbezogen sofern keine
78           HMPC-Monographien, die als neuer regulatorischer Standard angesehen werden,
79           vorlagen.
80
81           Grundsätzlich ist bei der Einstufung eines Stoffes als Arzneistoff jedoch zu be-
82           achten, dass ein Stoff auch dann eine pharmakologische Wirkung entfalten kann,
83           wenn seine Dosierung unter derjenigen liegt, die die Monographie für eine thera-

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84           peutische Wirksamkeit festlegt. Daher sollten zusätzlich klinische Studien an Pa-
85           tienten bei der Beurteilung der pharmakologischen Wirkung herangezogen wer-
86           den. Auch können sich die toxikologischen und/oder pharmakologischen Effekte
87           eines komplexen Gemisches oder eines Extraktes von denjenigen der Ursprungs-
88           stoffe unterscheiden. Stoffe sind zudem weltweit Gegenstand moderner wissen-
89           schaftlicher Forschung, sodass die Fülle neuer Forschungsergebnisse, nicht nur
90           zu Namensänderungen, sondern auch dazu führen kann, dass die Stofflisten der
91           vorliegenden Auflage um aktuelle Informationen ergänzt bzw. geändert werden
92           müssen. Die Stofflisten werden daher regelmäßig durch die Redaktionsgruppe
93           überarbeitet und fortgeschrieben. Aus diesem Grund ist Ihnen die Redaktions-
94           gruppe für Anmerkungen, Korrekturen, Kritik oder Ergänzungen dankbar.

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95    Inhaltsverzeichnis

96    1.1     Warum wurden die Stofflisten erstellt? ...................................................................................................... 7

97    1.2     Rechtlicher Rahmen für die Verwendung von Stoffen als Lebensmittel ............................................ 8

98    1.3     Rechtlicher Rahmen für die Einstufung als Arzneimittel/Arzneistoff ................................................. 9

99    1.4     Rechtlicher Rahmen für die Einstufung als neuartiges Lebensmittel ............................................... 10

100   1.5     Rechtlicher Rahmen für die Einstufung als sicheres Lebensmittel ................................................... 13

101   2       Erläuterungen zu den Stofflisten ............................................................................................................... 13

102   3       Entscheidungsbaum – Erläuterungen zur Einstufung der Stoffe in den Stofflisten ..................... 17

103   3.1     Einordnung in die Listen A, B und C ......................................................................................................... 19

104   3.2     Entscheidungsbaum ..................................................................................................................................... 20

105   4       Relevante Rechtsgrundlagen (in der aktuell gültigen Fassung) ......................................................... 21

106   5       Referenzen ...................................................................................................................................................... 25

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109   1       Stoffe - Entwicklung und Bedeutung auf nationaler und europäischer Ebene

110   1.1         Warum wurden die Stofflisten erstellt?

111   Der Trend zur zunehmenden Verwendung eher unbekannter Stoffe in Lebensmitteln ist EU (Europäische
112   Union) weit steigend. Darüber hinaus rückt bei Verbrauchern und Inverkehrbringern neben dem Nährwert oder
113   Genusszweck von Lebensmitteln ein gesundheitlicher Nutzen in den Fokus. In Supermärkten, Drogerien und im
114   Versand über das Internet werden daher zunehmend Erzeugnisse verkauft, die der Gesunderhaltung dienen
115   sollen. Zum einen handelt es sich hierbei um angereicherte, herkömmliche oder neuartige Lebensmittel (Novel
116   Food, NF), zum anderen um Nahrungsergänzungsmittel (NEM) und Lebensmittel für besondere medizinische
117   Zwecke (ergänzende bilanzierte Diäten, ebD). Letztere können zum Teil Zubereitungen enthalten, welche bis-
118   her in dieser oder in ähnlicher Form in Arzneimitteln eingesetzt wurden.

119   Nahrungsergänzungsmittel dienen dazu, die allgemeine Ernährung zu ergänzen. Lebensmittel für besondere
120   medizinische Zwecke sind Lebensmittel, die zur Ernährung von Patienten unter ärztlicher Aufsicht im Rahmen
121   des Diätmanagements bestimmt sind. Für beide Produktgruppen besteht in Deutschland eine Anzeigepflicht
122   beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) nach § 5 der Nahrungsergänzungs-
123   mittelverordnung (NemV) und nach Art. 9 der Delegierten Verordnung (EU) 2016/128 in Verbindung mit § 4a
124   der Diätverordnung (DiätV).

125   Der Markt dieser beiden Produktgruppen zeigte sich in der Vergangenheit innovationsfreudig. So hat die Zahl
126   der Anzeigen kontinuierlich zugenommen: Beim BVL wurden in den letzten drei Jahren jährlich ca. bis zu 26.000
127   NEM und etwa 200 ebD neu angezeigt.

128   Immer wieder bewegen sich Erzeugnisse aus diesen beiden Produktgruppen hinsichtlich ihrer Inhaltsstoffe und
129   Bewerbung im Grenzbereich zwischen Arznei- und Lebensmitteln. Während Arzneimittel vor dem Inverkehr-
130   bringen ein gesetzlich vorgeschriebenes Zulassungsverfahren durchlaufen, in dem die Qualität, Wirksamkeit
131   und Unbedenklichkeit durch die zuständige Behörde geprüft werden und eine Nutzen-Risiko-Bewertung durch
132   diese erfolgt, ist bei Lebensmitteln, von bestimmten Ausnahmen abgesehen, eine solche Prüfung nicht erfor-
133   derlich. Lebensmittel müssen sicher sein und den Anforderungen des Lebensmittelrechts entsprechen. Hier
134   liegt die Verantwortung primär beim Inverkehrbringer. Einzige Ausnahmen sind neuartige Lebensmittel und
135   Lebensmittelzutaten sowie gentechnisch veränderte Lebensmittel, Lebensmittel-Zusatzstoffe, Aromen und En-
136   zyme die einem Zulassungs- bzw. Genehmigungsverfahren unterliegen.

137   Die Stofflisten des Bundes und der Bundesländer unter Mitwirkung von Experten aus Deutschland, Österreich
138   und der Schweiz (im Folgenden Stofflisten) wurden erstellt, um allen am Warenverkehr Beteiligten eine Ent-
139   scheidungshilfe bei der Einstufung von Stoffen hinsichtlich einer Verwendung als Lebensmittel oder Lebens-
140   mittelzutat zur Verfügung zu stellen.

141   Eine abschließende Einstufung von Erzeugnissen, die diese Stoffe oder Zubereitungen daraus enthalten, muss
142   jedoch stets auf den Einzelfall bezogen und unter Berücksichtigung aller beurteilungsrelevanten Kriterien erfol-
143   gen.

144   Die Stofflisten werden für verschiedene Kategorien erstellt. Um eine einheitliche Systematik der Stofflisten zu
145   gewährleisten, werden die Einträge in den Kategorien als „Stoffe“ bezeichnet, auch wenn es sich hierbei übli-
146   cherweise nicht um chemisch definierte Einzelsubstanzen handelt. Eine nähere Definition erfolgt gegebenen-
147   falls begleitend zu den Kategorien. Die Einzellisten werden nach ihrer Kategorie benannt.

148   Die Stofflisten erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit (gesundheitliche Risiken, Synonyme) und entbin-
149   den den Inverkehrbringer nicht von seiner Verantwortung, sicherzustellen, dass das jeweilige Erzeugnis sicher

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150   ist und rechtmäßig als Lebensmittel in Verkehr gebracht wird. Die Stofflisten sind grundsätzlich für eine Fort-
151   schreibung offen, um neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie der Entwicklung des Lebensmittelmarktes
152   Rechnung zu tragen.

153   In Österreich hat die Unterkommission Nahrungsergänzungsmittel den Beschluss gefasst, den aktuellen Ent-
154   wicklungen Rechnung zu tragen und die deutschen Stofflisten als Orientierungshilfe für die beteiligten Ver-
155   kehrskreise anzusehen, wobei jedoch die darin vorgenommenen Einstufungen als Arzneimittel für Österreich
156   keine rechtliche Relevanz besitzen. Dies gilt auch für die Zuordnung der Stoffe zu bestimmten Lebensmittelka-
157   tegorien, wie z.B. teeähnliche Erzeugnisse, Gewürze.

158   In der Schweiz wurde das Informationsschreiben 2021/4: Verwendung von «Stoffen» der Kategorien Pflanzen,
159   Pilze, Flechten und Algen sowie daraus hergestellten Zubereitungen als Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten
160   publiziert. Dieses empfiehlt die Stofflisten aus Deutschland als Orientierungshilfe für die Beurteilung von «Stof-
161   fen» als Lebensmittel oder Lebensmittelzutaten. Sie haben jedoch keinen rechtlich verbindlichen Charakter.
162   Auch in der Schweiz ist es möglich, dass einzelne Einstufungen von den Stofflisten abweichen. Maßgeblich sind
163   in jedem Fall die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen der Schweiz. Dies gilt sowohl in Bezug auf die Ein-
164   stufung in bestimmte Kategorien (z. B. Novel Food), die Anforderungen an einzelne Lebensmittelkategorien (z.
165   B. Kräutertees, Nahrungsergänzungsmittel, Speisepilze), die Verbotsliste für Pflanzen, Pflanzenteile und daraus
166   hergestellte Zubereitungen, als auch die Abgrenzung zu den Arzneimitteln.

167   1.2         Rechtlicher Rahmen für die Verwendung von Stoffen als Lebensmittel

168   Im Sinne des Art. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 (Lebensmittel-Basisverordnung, BasisV) sind Lebensmit-
169   tel alle Stoffe oder Erzeugnisse, die dazu bestimmt sind oder von denen nach vernünftigem Ermessen erwartet
170   werden kann, dass sie in verarbeitetem, teilweise verarbeitetem oder unverarbeitetem Zustand von Menschen
171   aufgenommen werden.

172   Diese weite Fassung des Lebensmittelbegriffs erfordert somit den Ausschluss bestimmter Stoffe, die von Ge-
173   setzes wegen keine Lebensmittel sind, wie beispielsweise Betäubungsmittel (Synonym Suchtmittel) und psy-
174   chotrope Stoffe sowie Arzneimittel.

175   Welche Vitamin- und Mineralstoffverbindungen in Lebensmitteln verwendet werden dürfen, ist europaweit
176   einheitlich in den Anhängen der Richtlinie 2002/46/EG, der Verordnung (EU) Nr. 609/2013 bzw. der Verord-
177   nung (EG) Nr. 1925/2006 (Anreicherungsverordnung) detailliert geregelt. Nicht geregelt sind jedoch die zulässi-
178   gen Höchstmengen. Für Stoffe, die keine Vitamine oder Mineralstoffe sind, besteht bislang keine konkrete Re-
179   gelung wie etwa für verbindliche Spezifikationen, Höchst- oder Mindestmengen.

180   Die rechtlichen Voraussetzungen für die Regelung von anderen Stoffen als Vitamine und Mineralstoffe wurden
181   jedoch bereits mit der Verordnung (EG) Nr. 1925/2006 geschaffen. So eröffnet das in Art. 8 dieser Verordnung
182   geregelte Verfahren die Möglichkeit, solche anderen Stoffe, die bei der Herstellung von Lebensmitteln (ein-
183   schließlich angereicherten Lebensmitteln, NEM und ebD) nicht verwendet werden sollen, wenn sie gesund-
184   heitsschädlich und daher in Lebensmitteln verboten sind, in Anhang III Teil A, oder, wenn sie nur unter be-
185   stimmten Bedingungen verwendet werden dürfen, in Anhang III Teil B aufzunehmen. Stoffe, deren Verwen-
186   dung in Lebensmitteln möglicherweise gesundheitsschädlich ist, bei denen jedoch wissenschaftliche Unsicher-
187   heit besteht, werden in Anhang III Teil C aufgenommen. Für einen Stoff, der in Teil C des Anhang III aufge-
188   nommen wurde, kann innerhalb von 4 Jahren auf Basis neu eingereichter wissenschaftlicher Daten entschieden
189   werden, ob die Verwendung allgemein erlaubt wird oder ob er gegebenenfalls in Anhang III Teil A oder B auf-
190   genommen wird. Bis zur abschließenden Entscheidung sind die nationalen Vorschriften für den Stoff weiter an-
191   wendbar, eine harmonisierte Regelung wird nicht getroffen. Die Aufnahme in den Anhang III erfolgt dabei ent-
192   weder aus eigener Initiative der Kommission oder aufgrund der von einem Mitgliedstaat übermittelten Anga-

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193   ben. Von diesem Verfahren wurde bisher nur für wenige Stoffe Gebrauch gemacht. Für alle weiteren Stoffe gel-
194   ten weiterhin die nationalstaatlichen Regelungen. Mehrere Mitgliedstaaten der EU haben im Rahmen ihrer Re-
195   gulierungssysteme bereits eigene nationale Listen mit Stoffen erstellt, die deren Verwendung erlauben, ein-
196   schränken oder verbieten. Sofern für einen Stoff noch keine spezifischen Vorgaben für dessen Verwendung,
197   etwa in Form einer Positivliste, gemacht wurden, hat der Inverkehrbringer im Einzelfall zu prüfen, ob sein Er-
198   zeugnis den allgemeinen lebensmittelrechtlichen Bestimmungen entspricht. Dabei gelten unter anderem fol-
199   gende grundsätzliche Anforderungen:

200   •   Arzneimittel, Betäubungsmittel (Synonym Suchtmittel) und psychotrope Stoffe sind nach Art. 2 d) und g)
201       der BasisV keine Lebensmittel.

202   •   Lebensmittel, die nicht sicher sind, dürfen nicht in den Verkehr gebracht werden (Art. 14 Abs. 1 der BasisV).

203   •   Neuartige Lebensmittel benötigen vor dem Inverkehrbringen eine Zulassung (Art. 10, 14 und 16 der Verord-
204       nung (EU) 2015/2283 – Novel Food-Verordnung).

205   1.3         Rechtlicher Rahmen für die Einstufung als Arzneimittel/Arzneistoff

206   Aufgrund des wechselseitigen Ausschlusses in den Legaldefinitionen kann ein Erzeugnis entweder ein Lebens-
207   mittel oder ein Arzneimittel sein. Dennoch ist es grundsätzlich möglich, dass die Verwendung eines Stoffes so-
208   wohl in Arzneimitteln als auch in Lebensmitteln zulässig ist.

209   Der europäische Arzneimittelbegriff nach Art. 1 Nr. 2 der Richtlinie 2001/83/EG ist zweigeteilt: zum einen wer-
210   den alle Stoffe oder Stoffzubereitungen erfasst, die als Mittel zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher
211   Krankheiten bestimmt sind (sog. „Präsentationsarzneimittel“ oder „Arzneimittel nach der Bezeichnung“). Zum
212   anderen umfassen die Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen
213   Körper zur Erstellung einer ärztlichen Diagnose oder zur Wiederherstellung, Besserung oder Beeinflussung der
214   menschlichen physiologischen Funktionen verwendet oder verabreicht werden können (sog. „Funktionsarznei-
215   mittel“).

216   Ein Erzeugnis erfüllt die Anforderungen an ein Arzneimittel, sofern eine der beiden Definitionen für ein Erzeug-
217   nis zutrifft.

218   Diese Definitionen aus der Richtlinie 2001/83/EG wurden in § 2 Abs. 1 in das deutsche Arzneimittelgesetz
219   (AMG) und in § 1 Abs. 1 in das österreichische Arzneimittelgesetz in nationales Recht überführt. Die Schweiz als
220   Nicht-EU-Mitglied verwendet im Heilmittelgesetz (HMG; SR 812.21), das die gesetzlichen Regelungen für Arz-
221   neimittel und Medizinprodukte enthält, in Art. 4 Absatz 1 Bst. a eine geringfügig abweichende Definition für
222   Arzneimittel und führt detaillierte Definitionen für bestimmte Arzneimittelgruppen (Phytoarzneimittel und
223   Komplementärarzneimittel) auf. In Deutschland, Österreich und der Schweiz sind die maßgeblichen Kriterien
224   für die Einstufung als Arzneimittel vergleichbar. Sie beruhen auf der Bestimmung des Erzeugnisses und dem
225   Nachweis der tatsächlichen pharmakologischen, metabolischen oder immunologischen Wirkung. Üblicherweise
226   wird der Begriff „pharmakologische Wirkung“ als Oberbegriff für die pharmakologische, metabolische und im-
227   munologische Wirkung verwendet.

228   Gemäß der Rechtsprechung müssen belastbare Belege für eine pharmakologische Wirkung vorliegen. Entspre-
229   chende Belege können Monographien der Kommission E bzw. anderer wissenschaftlicher Gremien sein, ebenso
230   aber auch klinische Studien, bestehende Arzneimittelzulassungen und/oder weiteres wissenschaftliches Er-
231   kenntnismaterial. Jedoch ist die pharmakologische Wirkung im Sinne der Einstufung als (Funktions-)Arzneimit-
232   tel strikt von der therapeutischen Wirksamkeit zu trennen, die im Rahmen des Zulassungsverfahrens gegenüber
233   der Arzneimittelzulassungsbehörde nachzuweisen ist.

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234   Die therapeutische Wirksamkeit, belegt durch klinische Studien oder Monographien, berechtigt zwar im Wege
235   eines Erst-Recht-Schlusses zur Annahme einer pharmakologischen Wirkung, sie ist aber keine Voraussetzung
236   für das Vorliegen einer pharmakologischen Wirkung im Sinne der Arzneimittelgesetzgebung.

237   Eine besondere Gruppe der Arzneimittel mit pflanzlichen Stoffen stellen die traditionellen pflanzlichen Arznei-
238   mittel dar. Den übergeordneten Rechtsrahmen liefert die Richtlinie 2004/24/EG, die in Deutschland durch §§
239   39a-d des deutschen Arzneimittelgesetzes bzw. in Österreich durch § 12 und § 12a des österreichischen Arznei-
240   mittelgesetzes umgesetzt wird. Für traditionelle pflanzliche Arzneimittel erfolgt ein erleichtertes Verfahren, die
241   sog. Registrierung, da keine klinischen Daten zur Wirksamkeit vorgelegt werden müssen; die pharmakologische
242   Wirkung gilt aufgrund der langjährigen Anwendung und Erfahrung als plausibel. Dabei muss der Antragsteller
243   nachweisen, dass das Arzneimittel mindestens schon 30 Jahre lang Verwendung findet und davon mindestens
244   15 Jahre in der EU, und dass im Zusammenhang mit der Anwendung keine schädlichen Wirkungen aufgetreten
245   sind.

246   In der Schweiz können Phytoarzneimittel vereinfacht zugelassen werden, sofern die jeweiligen Voraussetzun-
247   gen erfüllt sind. Für die vereinfachte Zulassung als traditionell verwendete Phytoarzneimittel ist analog zu
248   Deutschland und Österreich der Nachweis zu erbringen, dass das Phytoarzneimittel oder ein mit diesem ver-
249   gleichbares Arzneimittel (Vergleichspräparat) seit mindestens 30 Jahren medizinisch verwendet wird, davon
250   mindestens 15 Jahre in einem EU- / EFTA- Land. Für weitere Details wird auf die Komplementär- und Phy-
251   toarzneimittelverordnung (KPAV; SR 812.212.24) und die Wegleitung Zulassung Phytoarzneimittel verwiesen.

252   Bei der Erstellung der Stofflisten wurden die Monographien des HMPC (Committee on Herbal Medicinal Pro-
253   ducts), der European Scientific Cooperative on Phytotherapy (ESCOP) und der Weltgesundheitsorganisation
254   (WHO) berücksichtigt. Die Monographiesammlungen zu pflanzlichen Stoffen des ehemaligen Bundesgesund-
255   heitsamtes (Kommission E), die seit 1994 nicht mehr aktualisiert wurden und an Bedeutung verloren haben,
256   wurden nur dann in die Einstufung miteinbezogen, sofern keine HMPC-Monographien vorlagen, die als neuer
257   regulatorische Standard angesehen werden.

258   Zusätzlich wurden zur Einstufung als Arzneistoff bestehende Arzneimittelzulassungen sowie Einstufungen zu-
259   ständiger Behörden herangezogen. Die Verwendung der Arzneimittelzulassungen erfolgt, weil der Nachweis
260   der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Stoffes bzw. des Erzeugnisses Voraussetzung für die Zu-
261   lassung als Arzneimittel ist. Nicht berücksichtigt wurden Stoffe, die ausschließlich homöopathisch verwendet
262   werden.

263   Aus den o.g. Quellen wurden nur für die Einstufung der Stoffe relevante Informationen übernommen. Für die
264   vollständigen Informationen wird auf die Original-Publikationen verwiesen.

265   Die Abgrenzung von Lebensmitteln zu Arzneimitteln ist im Einzelfall innerhalb der EU in der Kompetenz der
266   Mitgliedstaaten und somit in der Interpretation nicht unbedingt harmonisiert. Das bedeutet, dass die Einstu-
267   fungen, welche in den Stofflisten für Deutschland gelten, in Österreich oder der Schweiz abweichend sein kön-
268   nen. Zudem müssen immer die EU- und die nationale Rechtsprechung und ggf. behördliche Vorgaben berück-
269   sichtigt werden.

270   1.4         Rechtlicher Rahmen für die Einstufung als neuartiges Lebensmittel

271   Für Lebensmittel sind die Bestimmungen der Verordnung (EU) 2015/2283 (Novel Food-Verordnung) über neu-
272   artige Lebensmittel („Novel Food“, NF) zu beachten. "Neuartig" im Sinne der Verordnung (EU) 2015/2283 ist ein
273   Lebensmittel oder eine Lebensmittelzutat dann, wenn diese vor dem 15. Mai 1997 in der EU nicht in nennens-
274   wertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet worden ist („history of safe consumption“) und in
275   mindestens eine der in Art. 3 Absatz 2 der Verordnung (EU) 2015/2283 genannten Kategorien fällt.

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276   Für die Stofflisten sind derzeit die folgenden Kategorien relevant:

277   •   aus Mikroorganismen, Pilzen oder Algen oder daraus isoliert oder erzeugt

278   •   aus Pflanzen oder Pflanzenteilen oder daraus isoliert oder erzeugt, ausgenommen Fälle, in denen das Le-
279       bensmittel eine Verwendungsgeschichte als sicheres Lebensmittel in der Union hat und das Lebensmittel
280       aus einer Pflanze oder Sorte derselben Pflanzenart besteht oder daraus isoliert oder erzeugt wurde, die ih-
281       rerseits gewonnen wurde mithilfe

282       – herkömmlicher Vermehrungsverfahren, die vor dem 15. Mai 1997 in der Union zur Lebensmittelerzeu-
283         gung eingesetzt wurden, oder

284       – nicht herkömmlicher Vermehrungsverfahren, die vor dem 15. Mai 1997 in der Union nicht zur Lebens-
285         mittelerzeugung eingesetzt wurden, sofern diese Verfahren nicht bedeutende Veränderungen der Zu-
286         sammensetzung oder Struktur des Lebensmittels bewirken, die seinen Nährwert, seine Verstoffwechse-
287         lung oder seinen Gehalt an unerwünschten Stoffen beeinflussen

288   •   aus Tieren, Pflanzen, Mikroorganismen, Pilzen oder Algen gewonnenen Zell- oder Gewebekulturen oder
289       daraus isoliert oder erzeugt

290   •   bei deren Herstellung ein vor dem 15. Mai 1997 in der Union für die Herstellung von Lebensmitteln nicht
291       übliches Verfahren angewandt worden ist, das bedeutende Veränderungen der Zusammensetzung oder
292       Struktur eines Lebensmittels bewirkt, die seinen Nährwert, seine Verstoffwechselung oder seinen Gehalt an
293       unerwünschten Stoffen beeinflussen

294   •   die ausschließlich in Nahrungsergänzungsmitteln als nicht neuartig gelten und nun in anderen Lebensmit-
295       teln verwendet werden sollen

296   In der EU darf ein NF aus Gründen des vorsorgenden Verbraucherschutzes nur nach vorheriger Genehmigung
297   in Verkehr gebracht werden, da die Sicherheit des Lebensmittels nicht durch eine Verbrauchsgeschichte in der
298   EU bekannt ist. Im Rahmen dieser Genehmigung wird das Lebensmittel einer gesundheitlichen Bewertung
299   durch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (European Food Safety Authority, EFSA) unterzogen.
300   Zuständig für die Genehmigung ist die Europäische Kommission, die hierzu die Mitgliedstaaten konsultiert.

301   Es sei hierzu allerdings ausdrücklich erwähnt, dass die Einstufung eines Stoffes grundsätzlich nicht auf die aus
302   diesem Stoff gewonnenen Extrakte anwendbar ist. Es ist jeweils im Einzelfall vom Inverkehrbringer zu prüfen,
303   ob der verwendete Extrakt als neuartiges Lebensmittel in den Regelungsbereich der Novel Food-Verordnung
304   fällt. Es ist im Allgemeinen immer zu prüfen, ob die angewandte Extraktionsmethode eine gezielte Anreiche-
305   rung (oder Abreicherung) von bestimmten Stoffen zur Folge hat. Sofern der spezifische Extrakt in der jeweiligen
306   Zusammensetzung vor dem 15. Mai 1997 in der Europäischen Gemeinschaft nicht in nennenswertem Umfang
307   als Lebensmittel verzehrt wurde, wäre dieser als neuartiges Lebensmittel im Sinne der Novel Food-Verordnung
308   anzusehen.

309   Ebenso ist im Einzelfall die Neuartigkeit eines Stoffes zu prüfen, sofern ausschließlich eine Verwendung als Ge-
310   würz, Tee oder teeähnliches Erzeugnis bekannt ist.

311   Aromen und Lebensmittelzusatzstoffe zur Verwendung in Lebensmitteln fallen nicht unter den Regelungsbe-
312   reich der Novel Food-Verordnung. Werden entsprechende Stoffe jedoch als Zutaten mit ernährungsphysiologi-
313   schen Eigenschaften und somit zu anderen Zwecken als zur Aromatisierung oder technologischen Funktion
314   eingesetzt, ist es möglich, dass sie als neuartig im Sinne der Novel Food-Verordnung einzustufen sind.

315   Lebensmittel, die vor dem 15. Mai 1997 ausschließlich als oder in NEM verwendet wurden, müssen für andere
316   Verwendungen als Lebensmittel entsprechend der Novel Food-Verordnung zugelassen werden.

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317   Bei der Erstellung der Stofflisten wurde hinsichtlich der Einstufung als neuartiges Lebensmittel unter anderem
318   der öffentlich zugängliche Novel Food-Katalog der Europäischen Kommission herangezogen. Dieser stellt die
319   zwischen den Mitgliedstaaten abgestimmten Informationen über den NF-Status zu einzelnen Stoffen dar, je-
320   doch ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

321   •   der Stoff wurde nicht vor dem 15. Mai 1997 als Lebensmittel oder -zutat verwendet und ist demzufolge als
322       neuartiges Lebensmittel zu betrachten (Kürzel               im Novel Food-Katalog) – Status in den Stofflisten ge-
323       kennzeichnet durch NF

324   •   der Stoff wurde vor dem 15. Mai 1997 als Lebensmittel oder -zutat verwendet und ist demzufolge nicht als
325       neuartiges Lebensmittel zu betrachten (Kürzel               im Novel Food-Katalog) – bezüglich Novel Food (NF) ist
326       in den Stofflisten somit keine Kennzeichnung erforderlich

327   •   der Stoff wurde vor dem 15. Mai 1997 ausschließlich als oder in NEM verwendet und ist für andere Anwen-
328       dungen als neuartiges Lebensmittel zu betrachten (Kürzel                  im Novel Food-Katalog) – Status in den Stoff-
329       listen gekennzeichnet durch Not NFS (not novel in food supplements)

330   Zusätzlich wurde bei der Aktualisierung der Stofflisten zur Ermittlung des Kriteriums NF die „Unionsliste“
331   (Durchführungs-VO (EU) 2017/2470) bei der Bestimmung des NF-Status berücksichtigt. In der konsolidierten
332   Fassung1 dieser Positivliste werden sämtliche bereits zugelassene neuartige Lebensmittel bzw. zugelassene tra-
333   ditionelle Lebensmittel aus einem Drittland nach Art. 10, 14 oder 16 der Novel Food-Verordnung aufgeführt.
334   Die Unionsliste enthält auch die Verwendungsbedingungen und die einzuhaltenden Spezifikationen für die je-
335   weiligen Lebensmittel. Die Unionsliste wird demnach laufend durch neue Zulassungen ergänzt. Diese Zulassun-
336   gen werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und enthalten ausführliche Informationen zu
337   z.B. den Gründen für die Zulassung oder auch für die Aufnahme von Verzehrs- oder Warnhinweisen. Die Uni-
338   onsliste und alle Verordnungen zur Ergänzung oder Änderung der Unionsliste sind auf der Website der Europä-
339   ischen Kommission unter folgendem Link zu finden:

340   https://ec.europa.eu/food/safety/novel_food/authorisations/union-list-novel-foods_en

341   Soweit sonstige Informationen zum NF-Status aus nationalen Lebensmittellexika, Fachbüchern, Nachschlage-
342   werken, Pflanzenlisten anderer Mitgliedstaaten oder aus Abfragen des BVL bei den Ländern bzw. unter den
343   Mitgliedstaaten vorlagen, wurden diese ebenfalls bei den Stofflisten beachtet.

344   Die Schweiz als Nicht-EU-Mitglied hat die rechtlichen Bestimmungen für neuartige Lebensmittel in Art. 15 der
345   Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung (LGV, SR 817.02) definiert. „Neuartig“ im Sinne dieser
346   Definition sind Lebensmittel, die vor dem 15. Mai 1997 weder in der Schweiz noch in einem Mitgliedsstaat der
347   EU in nennenswertem Umfang für den menschlichen Verzehr verwendet wurden und die unter eine der in Art.
348   15 Abs. 1 LGV aufgeführten Kategorien fallen. Es ist somit grundsätzlich möglich, dass Stoffe, welche in der EU
349   als neuartig gelten, in der Schweiz keine neuartigen Lebensmittel sind. In der Schweiz sind die in der EU zuge-
350   lassenen neuartigen Lebensmittel ebenfalls verkehrsfähig. Zusätzlich hat die Schweiz aber ein eigenes Bewilli-
351   gungsverfahren für Novel Food. Das kann dazu führen, dass für die Schweiz, abweichend von der EU, Lebens-
352   mittel, die als neuartig einzustufen sind, bereits als Novel Food bewilligt und zulässig sind.

      1 Um die letzte ergänzte Fassung der Unionsliste zu erhalten, klicken Sie auf der Website https://eur-lex.europa.eu/legal-con-
      tent/DE/TXT/?uri=CELEX:32017R2470 unter der Überschrift „Titel und Fundstelle“ (engl. “Title and reference“) auf das angezeigte Datum
      hinter dem Hinweis: „In Kraft: Dieser Rechtsakt wurde geändert. Aktuelle konsolidierte Fassung:“ (engl. “In force: This act has been
      changed. Current consolidated version:”)
      ACHTUNG: Es können noch neuere Zulassungen vorliegen, die noch nicht in der letzten konsolidierten Fassung berücksichtigt wurden.

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353   1.5         Rechtlicher Rahmen für die Einstufung als sicheres Lebensmittel

354   Grundsätzlich dürfen Stoffe, die nach Art. 14 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und in der Schweiz nach
355   Art. 7 Abs. 2 des Lebensmittelgesetzes (LMG, SR 817.0), „nicht sicher“ sind, d.h. gesundheitsschädlich oder für
356   den Verzehr durch den Menschen ungeeignet sind, nicht in den Verkehr gebracht werden.

357   Bei der Erstellung der Stofflisten wurde daher geprüft, ob die Stoffe grundsätzlich als Lebensmittelzutat geeig-
358   net sind und eine Einstufung als übliches Lebensmittel (LM) möglich ist, für dessen Verwendung keine Verwen-
359   dungsbeschränkungen angezeigt sind. Die Stofflisten enthalten hierzu Hinweise zu Risiken der jeweiligen
360   Stoffe. Dabei wurden die Daten zu bekannten gesundheitsschädlichen Wirkungen und Psychoaktivität von
361   Stoffen größtenteils aus aktueller Standardliteratur übernommen.

362   2       Erläuterungen zu den Stofflisten

363   Um möglichst kurzfristig Änderungen, Ergänzungen oder Aktualisierungen an den verschiedenen Listen sowie
364   dem Vorwort vorzunehmen, können die einzelnen Listen sowohl unabhängig voneinander als auch unabhängig
365   vom Vorwort veröffentlicht werden. Sowohl die jeweils aktuellen von der AG Stoffliste veröffentlichten Doku-
366   mente als auch Versionen dieser Dokumente, die in der Vergangenheit veröffentlicht und die zwischenzeitlich
367   überarbeitet wurden, können auf der Webpage der AG Stofflisten abgerufen werden:

368   https://www.bvl.bund.de/DE/Arbeitsbereiche/01_Lebensmittel/01_Aufgaben/07_Stofflisten/veroeffentli-
369   chungen/veroefentlichungen_basepage.html?nn=11035366

370   Künftig ist das Datum der Veröffentlichung dort und auch in den einzelnen Dokumenten selbst angegeben.

371   Die Stoffe in den Stofflisten werden als solche betrachtet und kategorisiert. Zubereitungen aus Stoffen, wie z. B.
372   Extrakte oder Isolate, können sich hinsichtlich ihrer Zusammensetzung, insbesondere bezogen auf die ernäh-
373   rungsphysiologischen und toxikologischen Eigenschaften, von den Stoffen selbst unterscheiden. Es ist daher im
374   Einzelfall zu prüfen, ob die Einstufung eines Stoffes auf eine Zubereitung daraus übertragen werden kann. Die
375   Einstufungen erfolgten anhand eines entwickelten Entscheidungsbaumes (siehe Kapitel 3).

376   Für die wissenschaftlichen Namen (Stammpflanze, und Synonyme, lateinisch) und ggf. für die Trivialnamen
377   (deutsch) wurden, sofern nicht anders in den Listen selbst angegeben, die folgenden Referenzen herangezogen
378   (s. u. Referenzen):

379   •   Pflanzenliste: Plants of the world online (POWO) und Jäger (2005, 2011)

380   •   Pilzliste: MycoBank sowie Pilze-Deutschland, Pilzdaten-Austria und Swissfungi

381   •   Algenliste: Algaebase

382

383   Zum Verständnis der Stofflisten sind darüber hinaus folgende Hinweise zu beachten:

384   1. In den Stofflisten erfolgte die Einstufung der gelisteten Stoffe in Anlehnung an die Verordnung (EG) Nr.
385      1925/2006. Die Teillisten, bei denen es sich um Empfehlungen zur Verwendung handelt, haben demnach
386      folgende Bedeutung:

387       Liste A: Stoffe, für die eine Verwendung in Lebensmitteln nicht empfohlen wird

388       Liste B: Stoffe, für die eine Beschränkung bei der Verwendung in Lebensmitteln empfohlen wird

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389       Liste C: Stoffe, deren Verwendung möglicherweise gesundheitsschädlich ist, wo jedoch weiterhin eine wis-
390                 senschaftliche Unsicherheit besteht, oder Stoffe, die ausschließlich als nicht neuartig in NEM (Not
391                 NFS) eingestuft wurden und ansonsten als Lebensmittel neuartig sind

392

393   2. Werden Stoffe als Lebensmittel üblicherweise in geringen Mengen oder nur sehr eingeschränkt verwendet,
394      beispielsweise als Gewürz oder als Zutat bei der Herstellung von Spirituosen, wird darauf durch folgende
395      Kürzel in der Zeile „Lebensmittel (LM)“ hingewiesen:

396       A: Verwendung ausschließlich als Lebensmittelzutat mit Aromaeigenschaften oder Ausgangsstoff für Aro-
397          men bekannt

398       G: Verwendung als Gewürz bekannt2

399       S: Verwendung als Schmuckdroge3 bekannt

400       T: Verwendung in oder als Tee oder teeähnliches Erzeugnis bekannt

401       NEM: Verwendung in oder als Nahrungsergänzungsmittel grundsätzlich bekannt (gemäß notifizierter Posi-
402            tivliste eines Europäischen Mitgliedstaates, es sei denn, der Stoff wurde in Liste A der Stoffliste ein-
403            gestuft)

404       Derartige Einschränkungen werden in der Regel nicht durch Aufnahme in Liste B dokumentiert. Eine zusätz-
405       liche Aufnahme in Liste B erfolgt im Ausnahmefall, wenn für den Stoff Wirkungen beschrieben sind, auf-
406       grund derer er nur beschränkt verwendet werden sollte.

407       Bei der Einstufung wird davon ausgegangen, dass der jeweilige Stoff, wie in der Liste dokumentiert, verwen-
408       det wird. Eine andere Verwendung, z. B. in höheren Mengen, kann zu Wirkungen führen, die gegebenenfalls
409       eine andere Einstufung erforderlich machen.

410

411   3. Stoffe, die vor Verzehr behandelt werden sollten (z. B. Erhitzen), sind durch den Zusatz „b“ in der Zeile „Le-
412      bensmittel (LM)“ kenntlich gemacht.

413

414   4. Bei der Einordnung eines Stoffes als neuartiges Lebensmittel/neuartige Lebensmittelzutat (NF) im Sinne der
415      Novel-Food-Verordnung ist in der Zeile „Anmerkungen“ aufgeführt, ob es sich dabei um ein zugelassenes
416      neuartiges Lebensmittel handelt.

417

418   5. Werden Beschränkungen eines Stoffes bei seiner Verwendung als Lebensmittel oder Lebensmittelzutat
419      (Liste B) aufgrund einer pharmakologischen Wirkung, die durch eine der o.g. Monographien, durch eine be-
420      stehende Arzneimittelzulassung etc. belegt ist (vergl. 1.3), vorgeschlagen (Ziffer 4 in den Erläuterungen zum
421      Entscheidungsbaum), bezieht sich die Beschränkung immer auf den im Beleg genannten Stoff (z. B. getrock-
422      nete Pflanze oder getrockneter Pflanzenteil).

423

      2 Gewürze können auch zur Aromatisierung von Tee verwendet werden
      3 „Schmuckdrogen“ sind Drogen mit geringen oder keinen Wirkstoffen, die als Bestandteil einer Teemischung diese bunt erscheinen lassen.
      Drogen sind pflanzliche Rohstoffe
      [Hermann P. T. Ammon, Manfred Schubert-Zsilavecz [Hrsg.]: Hunnius Pharmazeutisches Wörterbuch. 11., aktualisierte Aufl., de Gruyter,
      Berlin, Boston 2014

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      Unter Mitwirkung von Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz                                     3. Auflage

424   6. Stoffe, für die gemäß §§ 39a ff. des Arzneimittelgesetzes eine pharmakologische Wirkung
425      oder die Wirksamkeit als Arzneimittel aufgrund langjähriger Anwendung und Erfahrung plausibel ist („Tra-
426      ditionsbeleg“), werden nicht allein aufgrund dieses Traditionsbelegs in Liste B aufgenommen. Für die Auf-
427      nahme in Liste B müssen pharmakologische Wirkungen wie in Punkt 5 aufgeführt oder Risiken beschrieben
428      sein, aufgrund derer nur eine beschränkte Verwendung in Lebensmitteln empfohlen wird.

429

430   7. Bei der Einordnung der Stoffe im Rahmen dieser Liste wird nur ihre Wirkung nach oraler Aufnahme berück-
431      sichtigt. Stoffe, die gemäß den Monographien ausschließlich zur äußerlichen Anwendung bestimmt sind,
432      werden in den Stofflisten nicht als Arzneistoff gekennzeichnet.

433

434   8. Für die „Pilzliste“ gelten folgende Besonderheiten:

435       •   Die Einträge in der Liste beziehen sich, wenn nicht anders angegeben, ausschließlich auf den Pilzfrucht-
436           körper.

437       •   Der Rohverzehr von Pilzen ist aufgrund ihrer schweren Verdaulichkeit – mit Ausnahme geringer Mengen
438           von Trüffeln – nicht zu empfehlen.

439       •   Die Prüfung selbst gesammelter Wildpilze vor Verzehr auf Essbarkeit durch Pilzsachverständige wird
440           empfohlen.

441       •   Auf die besonderen Schutzbestimmungen für Pilze im Bundesnaturschutzgesetz und in der Bundesar-
442           tenschutzverordnung in den jeweils geltenden Fassungen wird hingewiesen. Bei Pilzen, die in den Roten
443           Listen der drei Staaten stehen, wird auf den jeweiligen Gefährdungsgrad in den Anmerkungen hingewie-
444           sen.

445       •   Die mit einem Sternchen * kenntlich gemachten Speisepilze sollten nur unter den in der Zeile "Anmer-
446           kungen" genannten Einschränkungen in den Verkehr gebracht werden.

447

448   9. Für die „Algenliste“ gelten folgende Besonderheiten:

449       •   Die Einträge in der Liste umfassen Makro- und Mikroalgen. Der Begriff „Algen“ ist ein rein funktioneller
450           Begriff, der unterschiedlich definiert wird. Aus praktischen Gründen enthält die Algenliste eukaryotische
451           Stämme u.a. Chlorophyta und Charophyta4, Chromista/Stramenopiles (Phaeophyceae, Bacillariophyceae,
452           Labyrinthulomycetes, Oomycetes), Euglenophyta und Rhodophyta sowie Cyanobakteria (früher Blaual-
453           gen).

454       •   Einige Cyanobakterien- (wie Microcystis sp., Aphazinomenon sp., Anabena sp., Nodularia sp.) und
455           Dinoflagellatenarten (wie Gonyaulax sp., Gymnodinium sp.) können unter bestimmten Umweltbedingun-
456           gen (z.B. Massenentwicklung in Algenblüten) Biotoxine wie z.B. Microcystine, Nodularine, Anatoxine o-
457           der Saxitoxine bilden.
458           Diese können bei Aufnahme zu teils schwerwiegenden Intoxikationen führen. Durch eine gute Herstel-
459           lungspraxis und verantwortungsvolle Eigenkontrollen können Verunreinigungen in der Algenbiomasse
460           vermieden werden. Die chemische Analytik von Algentoxinen ist derzeit noch eine Herausforderung für

      4 Eine gängige moderne Einteilung umfasst Algenstämme in den Subdomänen Archaeplastida, Alveolata, Stramenopiles, Excavata und
      „incertae sedis“, also derzeit nicht eindeutig zuordenbaren Stämmen (Crypto- und Haprophyta) Boenigk (2021).

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461            die Eigenkontrolle und die amtliche Lebensmittelüberwachung.
462            So sind Höchstgehalte für bestimmte Algentoxine z.B. in Muscheln und in Trinkwasser festgelegt.

463       •    Bei einer Verwendung von bestimmten Braunalgen (Fucus vesiculosus, Fucus serratus und Ascophyllum
464            nodosum) in Arzneimitteln müssen die Vorgaben des Europäischen Arzneibuchs eingehalten werden.

465       •    Einige natürlich vorkommende Makroalgen können größere Mengen an Arsen, Cadmium, Blei, Quecksil-
466            ber sowie Jod aus der Umwelt in der Biomasse anreichern.

467            – Empfehlung (EU) 2018/464 der Kommission vom 19. März 2018 zur Überwachung der Metall- und
468              Jodkonzentrationen in Seetang (engl. seaweed), Halophyten und auf Seetang basierenden Erzeugnis-
469              sen:
470              Der Begriff „seaweed“, in der deutschen Fassung übersetzt mit „Seetang“, umfasst nach Ziffer 1 die-
471              ser Empfehlung eine große Bandbreite von Seetangarten 5.
472              Zu den in dieser Empfehlung der Kommission genannten Metallen Arsen, Cadmium, Blei und Queck-
473              silber sowie Jod sollen seitens der europäischen Mitgliedstaaten zur Abschätzung der Exposition Da-
474              ten erfasst werden.

475            – Die Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 macht für Algen derzeit lediglich allgemeine Vorgaben für
476              Höchstwerte von Blei, Cadmium und Quecksilber in Nahrungsergänzungsmittel, sowie spezielle Vor-
477              gaben für Cadmium in Nahrungsergänzungsmitteln, die ausschließlich oder vorwiegend aus getrock-
478              netem Seetang5 oder aus Produkten, die aus Seetang gewonnen wurden, bestehen. Für Quecksilber
479              ist außerdem derzeit in der Verordnung (EG) Nr. 396/2005 ein Rückstandshöchstgehalt für Algen und
480              prokaryontische Organismen festgelegt.

481            – In der Schweiz sind die Höchstgehalte für Kontaminanten gemäß der Verordnung des EDI über die
482              Höchstgehalte für Kontaminanten (VHK; SR 817.022.15) und die mikrobiologischen Kriterien gemäß
483              der Verordnung des EDI über die Hygiene beim Umgang mit Lebensmitteln (HyV; SR 817.024.1) zu
484              beachten.

485       •    Bezüglich des Jodgehaltes in getrockneten Meeresalgen gibt es keine rechtlich verbindlichen Vorgaben
486            auf europäischer Ebene. In einigen europäischen Mitgliedstaaten existieren jedoch nationale Empfehlun-
487            gen für Höchstmengen wie z.B. die des deutschen Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) oder der
488            französischen Behörde ANSES. Diese Empfehlungen orientieren sich i.d.R. an der von der EFSA abgelei-
489            teten tolerierbaren Tageshöchstmenge (engl. Tolerable Upper Intake Level, UL).

490       •    Hersteller und Inverkehrbringer von Algenprodukten, die nicht als Nahrungsergänzungsmittel angebo-
491            ten werden, sollten konkrete Angaben zur mengenmäßigen Verwendung der Algen, deren Vor- und Zu-
492            bereitung sowie zum Jodgehalt und der maximalen täglich empfohlenen Verzehrsmenge machen. Letz-
493            tere sollte sich an der empfohlenen täglichen Jodzufuhr orientieren
494            (https://www.bfr.bund.de/cm/343/gesundheitliche_risiken_durch_zu_hohen_jodgehalt_in_getrockne-
495            ten_algen.pdf).

      5 Arame (Ecklonia bicyclis, in Stoffliste unter Eisenia bicyclis), Blasentang (Fucus vesiculosus), Speise-Rotalge (Palmaria palmata), Hiziki (Hi-
      zikia fusiforme, in Stoffliste unter Sargassum fusiforme), Irischmoos (Chondrus crispus), Fingertang (Laminaria digitata), Kombu (Laminaria
      japonica, Saccharina japonica), Nori oder Purpurtang (Porphyra und Pyropia spp.), Knotentang (Ascophyllum nodosum), Meerlattich (Ulva
      sp.), Riementang (Himanthalia elongata), Sägetang (Fucus serratus), Codium (Codium sp., derzeit kein Eintrag in der Stoffliste) Zuckertang
      (Saccharina latissima), Wakame (Undaria pinnatifida) und Flügeltang (Alaria esculenta)

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496   3       Entscheidungsbaum – Erläuterungen zur Einstufung der Stoffe in den Stofflisten

497   Der Entscheidungsbaum dient als Grundlage zur Einordnung von Stoffen als „Lebensmittel (LM)“, „Arzneistoff
498   (AS)“ und/oder „Neuartiges Lebensmittel/neuartige Lebensmittelzutat (NF)“ sowie mögliche Kombinationen
499   daraus (ambivalenter Charakter der Stoffe). Er gibt gleichzeitig Hinweise zur Einordnung der Stoffe in die Listen
500   A, B und C.

501   Die Einstufung als Arzneistoff erfolgt – abgesehen von den ambivalenten Stoffen (siehe unten Ziff. 3) – im
502   Sinne der Definition von Funktionsarzneimitteln in § 2 Abs. 1 Nr. 2a des AMG. Diese sind durch ihre pharmako-
503   logische, metabolische oder immunologische Wirkung charakterisiert. Im Entscheidungsbaum wird der Über-
504   sichtlichkeit halber für diese Definition der Begriff „pharmakologische Wirkung“ verwendet. Eine Einstufung als
505   Präsentationsarzneimittel im Sinne der Definition des § 2 Abs. 1 Nr. 1 des AMG bleibt unberücksichtigt.

506   Im Ergebnis der Abfragen nach diesem Entscheidungsbaum kommt es zu folgender Einstufung:

507

508   Ziffer 1: Lebensmittel

509   (Entscheidungsbaum I – über Frage 3)

510   Übliche Lebensmittel ohne bekannte Nutzung als Arzneistoff.

511   Aufgrund ihrer bisherigen Verwendung sind keine Anwendungsbeschränkungen angezeigt.

512

513   Ziffer 2: Lebensmittel + Liste B

514   (Entscheidungsbaum III – über Frage 3)

515   Übliche Lebensmittel ohne bekannte Nutzung als Arzneistoff.

516   Mengen- oder Anwendungsbeschränkungen sind aufgrund von Risiken durch in dem „Stoff“ enthaltene In-
517   haltsstoffe angezeigt.

518   Derartige Einschränkungen werden durch Aufnahme in Liste B deutlich gemacht.

519

520   Ziffer 3: Lebensmittel + traditioneller Arzneistoff

521   (Entscheidungsbaum II – über Frage 5)

522   Für traditionelle pflanzliche Arzneistoffe ist eine pharmakologische Wirkung gemäß §§ 39a ff. des AMG durch
523   langjährige Verwendung und Erfahrung plausibel. Derzeit werden für Pflanzen/ Pflanzenteile, die Bestandteil
524   traditioneller Arzneimittel sein können, bei der europäischen Arzneimittelagentur (EMA) Aufbereitungsmono-
525   graphien neu erstellt oder überarbeitet. Soweit diese Monographien verabschiedet und veröffentlicht wurden,
526   sind sie entsprechend berücksichtigt. Teilweise werden die dort verwendeten Pflanzen/Pflanzenteile seit lan-
527   gem auch als Lebensmittel verwendet. Auf die Empfehlung einer Beschränkung (Liste B) wurde im Einzelfall
528   verzichtet, soweit diese ausschließlich aufgrund des traditionellen Wirkungsbelegs erfolgt wäre. Nur in diesem
529   Fall erfolgt daher trotz derart belegter pharmakologischer Wirkung eine Einstufung als ambivalenter Stoff
530   (LM/AS) ohne Beschränkung.

531

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