EON 2000 - Ein Umweltmonitoringsystem auf der Basis von Satellitenfernerkundung

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EON 2000 - Ein Umweltmonitoringsystem auf der Basis von
                Satellitenfernerkundung
                            Markus EISL und Jürgen JANOTH

Zusammenfassung
Mit dem System EON 2000 (Earth Observation for Natura 2000) wurde im Rahmen eines zum
Teil von der EU und dem Bundesministerium für Jugend und Familie geförderten Projekt ein
System entwickelt, mit dem der Zustand und Änderungen von geschützten Habitaten
beobachtet werden können. Dieses System, das auf der Verwendung des Internet beruht
und vom Anwender keine Kenntnisse der Fernerkundung erfordert, soll die
verantwortlichen Stellen bei der Verwaltung von Schutzgebieten unterstützen. Dazu werden
dem Anwender durch das System alle Datenverarbeitungsprozesse abgenommen, sodaß
lediglich die Fragestellung an das System übermittelt werden muß. Gegenwärtig befindet
sich EON 2000 in einer Test- und Demonstrationsphase, die bis zum Februar 2000
abgeschlossen sein wird.

1     Einleitung
Unter der Bezeichnung Natura 2000 wird seit 1992 innerhalb der Europäischen Gemeinschaft
ein Netzwerk zum Schutz natürlicher Habitate und seltener oder gefährdeter Tier- und
Pflanzenarten etabliert. Dieses Netzwerk gründet auf der Vogelschutz- sowie der
Habitatrichtlinie, die als Folge des UN-Übereinkommens über die Biologische Artenvielfalt
(Rio de Janeiro 1992) herausgegeben wurden. In diesen Richtlinien haben sich die
Mitgliedstaaten der EU über den Schutz der Natura 2000 Gebiete hinaus dazu verpflichtet,
geeignete Maßnahmen zur Überwachung des Erhaltungszustands der Habitate sowie des
Zustands ihrer Umgebung zu treffen (Art. 11) sowie in Intervallen von sechs Jahren über die
Ergebnisse dieser Überwachung an die Europäische Kommission zu berichten.

Das in diesem Rahmen seit 1997 durchgeführte Projekt EON 2000 (Earth Observation for
Natura 2000) ist auf drei Jahre angelegt und wird zum Teil von der EU innerhalb des 4.
Rahmenprogramms (Umwelt und Klima) sowie vom Bundesministerium für Umweld, Jugend
und Familie gefördert. Die Hauptziele des Projekts sind die operationelle Integration von
Erdbeobachtungsdaten in Umweltmanagement und -überwachung auf europäischer Ebene
unter Verwendung gängiger Kommunikations- (Internet), Bildverarbeitungs- und GIS-
Technologien, sowie die weitere Verbreitung von Fernerkundungsanwendungen über das
CEO (Centre of Earth Observation). EON 2000 dient damit als datenauswertende
Schnittstelle zwischen den Fernerkundungsdatenanbietern und den für die Natura 2000
Gebiete verantwortlichen Endanwendern, für die durch dieses Service die häufig ressourcen-
und wissensintensive Verarbeitung der Rohdaten wegfällt.
2                              Markus Eisl und Jürgen Janoth

Im hier vorgestellten Projekt wurde in einem ersten Schritt eine umfassende Erhebung der
Anwenderanforderungen durchgeführt, um die im Umweltmonitoring wichtigen Aspekte zu
erfassen. Auf dieser Basis wurde das Monitoringsystem entwickelt, das mit der Gliederung
in ESC (EON 2000 Service Centres) und ein EOC (EON 2000 Centre) auf einer hierarchischen
Struktur beruht. Durch EON 2000 wird nach Bekanntgabe der Problemstellung durch den
Anwender das gesamte Datenhandling von der Datenauswahl über die Datenbestellung und
Datenverarbeitung bis hin zur Lieferung der Resultate an den Anwender durchgeführt.

Das Projekt wird vom NRSC (National Remote Sensing Centre, GB), der Universität Joensuu
(Finnland) und GEOSPACE (Österreich) durchgeführt, als Endanwender arbeiten SNH
(Scottish Natural Heritage, GB), das Nordkarelische Umweltzentrum (Finnland), die
Abteilung für Natur- und Gewässerschutz der Salzburger Landesregierung und die
Nationalparkverwaltung Hohe Tauern (Österreich) mit. Das Interesse konzentriert sich dabei
zunächst auf Nadelwaldhabitate (Kiefern in Schottland, Fichten in Nordkarelien, Fichten,
Lärchen und Zirben im Oberpinzgau), doch ist eine Ausweitung der einbeziehbaren Flächen
und Habitate in Planung.

2 Das System EON 2000

2.1 Anwenderanforderungen
In der ersten Projektphase wurde unter intensiver Einbeziehung der Endanwender das
Anforderungsprofil an das zu entwickelnde System erstellt, d.h. die von den Anwendern
benötigten und erwarteten Informationen sowie die technischen und organisatorischen
Randbedingungen definiert. Als die wesentlichen geforderten Resultate des Systems
wurden Bestandsaufnahmen (Verteilung und Altersstruktur der Baumarten, etc.) von
Gebieten sowie die Feststellung von Änderungen dieser Parameter bestimmt. Um eine
optimale Auswahl      der im System eingesetzten Methoden und Algorithmen zu
gewährleisten, wurden zudem die bestehenden Techniken zur Bestimmung von Änderungen
zwischen zwei oder mehreren Aufnahmen (change detection) erfaßt und ausgewertet.

2.2 Systemarchitektur
Das System EON 2000 wurde als Schnittstelle zwischen den Anbietern von Satellitenbild-
Rohdaten und den Anwendern dieser Daten konzipiert (s. Abbildung 1). Für die
Auswertung der Daten sind umfangreiche Kenntnisse der Satellitenbild-Fernerkundung
sowie die entsprechende Ausrüstung im Hard- und Softwarebereich erforderlich. Beides ist
bei potentiellen Anwendern häufig nicht in ausreichendem Maß gegeben. Deshalb wurde
der gesamte Bereich des Daten-Handling von der Auswahl der Daten bis hin zur
Auswertung in die durch EON 2000 gegebene Schnittstelle verlegt, wodurch ein
umfangreicher Service angeboten wird. Durch die Systemstruktur sollte zudem gewährleistet
werden, daß die Anwender einfachen Zugang auch zu einer unterstützenden Beratung
erhalten, etwa was die Frage der Möglichkeiten der Fernerkundung in konkreten
Fragestellungen der Schutzgebiet-Überwachung betrifft.
EON 2000 - Ein Umweltmonitoringsystem auf der Basis von Satellitenfernerkundung

    Satellite Data
                                           EON 2000                                    Customers
     Providers

Abb. 1:      Die Rolle von EON 2000 als Schnittstelle zwischen Anwendern und den
             Anbietern von Satelliten-Fernerkundungsdaten
Die Randbedingungen, die für die Entwicklung der Systemarchitektur gegeben waren, sind
im wesentlichen
   •     Einbeziehung von Fernerkundungsdaten
   •     Entlastung der Anwender von spezifischen Kenntnissen der Satellitenfernerkundung
   •     Möglichst weitgehende Verwendung der Internet-Kommunikation
   •     Verwendung erprobter Auswerteverfahren für Fernerkundungsdaten
Ausgehend von den aus diesen Bedingungen entwickelten Systemanforderungen wurde
eine in zwei Ebenen gegliederte Systemarchitektur konzipiert. Die organisatorischen Aspekte
des Gesamtsystems (Verwaltung der Anwenderdaten, Richtlinien für die Datenauswertung,
Internet-Kommunikation) werden vom EON 2000 Centre (EOC) getragen, das zu diesem
Zweck die Systemdatenbank sowie den EON 2000 Web-Server betreibt. Die eigentlichen
Aufgaben des Systems, der Kontakt zu den Endanwendern und Datenanbietern sowie die
Verarbeitung der Daten, werden von den EON 2000 Service Centres (ESC) durchgeführt,
denen interessierte Anwender durch das EOC zugeordnet werden. Durch diese Struktur ist
einerseits die Homogenität des Systems (und damit die Vergleichbarkeit der Resultate)
gewährleistet, andererseits ermöglicht sie eine effiziente Betreuung der Endanwender durch
geographische oder sprachliche Nähe.

                                      EON2000

                                                      EOC

                      WWW                                             WWW
                   communications                                  communications
       Customer                                WWW                                        Customer
                                            communications
                     Face to face                                     Face to face
                    meetings, data                                   meetings, data
                   exchange via ftp                                 exchange via ftp
                     or on media          ESC                ESC      or on media

                                                Satellite Data
                                                  Provider

Abb. 2:      Systemarchitektur von EON 2000.

Um die Offenheit von EON 2000 bei gleichzeitiger Sicherheit der Daten zu garantieren
wurden zwei Anwendertypen definiert, die sich im System registrieren lassen können und
4                                 Markus Eisl und Jürgen Janoth

nach der Registrierung die Möglichkeit haben, sich über Internet einzuloggen. Ein Schema
der Struktur der WWW-Seiten ist in Abbildung 3 wiedergegeben. Anwender des ersten
Typs (Registrierte Anwender) können etwa über WWW-Formulare Gebiete ihres Interesses
sowie konkrete Fragestellungen definieren und bekommen die Ergebnisse in Form von
Berichten übermittelt. Dagegen spielen Anwender des zweiten Typs (Registrierte Besucher)
eine passive Rolle - sie können Daten (i.a. Ergebnisse des Systems), die von ihren
Eigentümern freigegeben wurden, über Internet herunterladen. Zusätzlich ist eine Fülle von
Informationen über EON 2000 für nicht registrierte Besucher des öffentlichen Bereichs der
WWW-Seiten verfügbar.

                           EON 2000                        Projektbeschreibung

                           Homepage
                                                               Projektteam

                                                          Aktuelle Informationen

                          LOGIN                               Registrierung

                                  EOC Operator             DATEN

                                                           Benutzer-Admin.
                                                           ESC-Administration
                                  ESC Operator
                                                           Dokumente

                                                           Untersuchungs-
                                  Reg. Anwender                    gebiete
                                                           Rohdaten
                                                           Resultate
                                  Reg. Besucher            Berichte

Abb. 3:   Schema der Grobstruktur der WWW-Seiten von EON 2000. Der öffentliche
          Bereich ist hellgrau, der systeminterne Bereich dunkelgrau unterlegt.

Für den Informationsaustausch innerhalb von EON 2000 bzw. zwischen EON 2000 und der
„Außenwelt“ wird im allgemeinen das WWW eingesetzt, zwischen den ESC und den
Endanwendern ist aufgrund der Komplexität der Fragestellungen meist zusätzlich der direkte
Kontakt notwendig, um die Bedürfnisse des Anwenders ermitteln zu können. Die Ergebnisse
für ihre Anfragen werden den Anwendern in Form standardisierter Reports übermittelt, die
(wenn möglich) über Internet zugänglich sind. Zusätzlich haben die Anwender auf gleichem
Weg Einblick in den Status laufender Anfragen (Datensituation, Verarbeitungsstatus etc.).

Um einheitliche und qualitativ hochwertige Ergebnisse zu erhalten, wurden systeminterne
Richtlinien für die Auswertung der Daten entwickelt. Diese Richtlinien umfassen zum einen
die für die jeweiligen Fragestellungen zu verwendenden Verarbeitungsmethoden, zum
anderen wird dadurch die Erfassung der Genauigkeit der Resultate (in geometrischer und
thematischer Hinsicht durch die Angabe von Fehlergrenzen) definiert. Wichtig ist in diesem
Zusammenhang auch, daß die Vorverarbeitungsschritte (radiometrische und geometrische
EON 2000 - Ein Umweltmonitoringsystem auf der Basis von Satellitenfernerkundung

Verarbeitung) klar festgelegt wurden. Diese Richtlinien sind in Form von Manuals über die
WWW-Seiten den Mitarbeitern des EOC und der ESC zugänglich. Weitere Informationen
können auch von den registrierten Besuchern und Anwendern abgerufen werden, diese
Informationen umfassen etwa ein umfangreiches Glossar mit Begriffen der Fernerkundung
(Sensoren, Verarbeitungsverfahren etc.), die innerhalb von EON 2000 relevant sind. Eine
Übersicht, welche Arten von Daten in EON 2000 wem zugänglich sind, gibt Tabelle 1.

Tab. 1:   Übersicht über die Zugangsrechte               unterschiedlicher        Personen   an
          Datenkategorien in EON 2000.

                           EOC           ESC        Registrierte   Registrierte     Nicht reg.
                          Operator     Operator     Anwender        Besucher        Besucher
Projektbeschreibung          x            x              x              x               x
Von reg. Anwendern           x            x              x              x               -
Freigegebene Daten
Nicht freigegebene            -       Zuständige          x             -               -
Daten registrierter                     s ESC
Anwender
Verarbeitungsstatus           x             x             x             -               -
EOC Administration            x             -             -             -               -
ESC Administration            x             x             -             -               -
Anwenderadmin.                x             x             -             -               -
Systeminterne                 x             x             -             -               -
Dokumente
Systeminformation             x             x             x             x               -

Innerhalb der ESC, die die registrierten Anwender betreuen, ist die Struktur weiter unterteilt
– jedem Anwender sind die von ihm bestimmten Gebiete (hier Schutzgebiete) mit vom
Anwender gelieferten Zusatzinformationen (Gebietsgrenzen, GIS-Daten) zugeordnet. Zu
jedem Gebiet gehören wiederum die einzelnen Anfragen mit ihren Definitionen, Daten und
Berichten.

3 Erste Erfahrungen
Die ersten Tests wurden mit Schwerpunkt auf den am stärksten ins Projekt eingebundenen
Endanwender, das SNH (Scottish Natural Heritage) mit den Testhabitaten der Schottischen
Kiefer in Schottland, durchgeführt. Mit der Einbeziehung der österreichischen und
finnischen Anwender wurde erst begonnen, hier sollten erste Erfahrungen bis zum Herbst
vorliegen.
Bislang sind von den vier ins Projekt eingebundenen Anwendern von EON 2000 insgesamt
ca. 10 Testgebiete ins System eingebracht worden von denen sechs bereits eingehender
untersucht wurden. Die Analysen umfaßten dabei vor allem Bestandsaufnahmen der im
Projekt behandelten Nadelwaldhabitate sowie Veränderungsanalysen dieser Habitate in
6                              Markus Eisl und Jürgen Janoth

Hinblick auf ihre Ausdehnung und ihren Zustand. Als Datengrundlage dienen neben den
von den Anwendern zur Verfügung gestellten Vektordaten (Gebietsgrenzen) und
Rasterdaten (Digitales Höhenmodell) vor allem Landsat TM Daten, ergänzt werden diese im
Bedarfsfall durch Spot XS Aufnahmen sowie in Einzelfällen durch Luftbild-Orthophotos.
Die bisher erzielten Erfahrungen mit dem System haben gezeigt, daß die System- und
Kommunikationsstruktur einen effizienten Informationsfluß erlaubt. Dazu trägt – neben der
recht übersichtlichen Benutzerführung des WWW-Systems - vor allem bei, daß sowohl die
Anwender als auch die sie betreuenden Service Centres sich ständig über den aktuellen
Stand der Arbeiten informieren können und damit rasch auf etwaige Hindernisse reagieren
können. Ein gewisses Problem, das sich für die meisten Projekte im Zusammenhang mit
Fernerkundung stellt, sind die in manchen Fällen nicht in ausreichender Qualität
vorhandenen Satellitendaten.

4 Ausblick
Ein Jahr vor Projektende ist das System EON 2000 installiert und hat die ersten Tests
erfolgreich bestanden. Derzeit läuft die Demonstrationsphase, in der die Anwendbarkeit des
Systems unter operationellen Bedingungen für die oben erwähnten Gebiete gezeigt werden
soll, wobei Erfahrungen im Bereich der Benutzerfreundlichkeit und auch im Hinblick auf die
Verwertbarkeit und Zuverlässigkeit der aus den Fernerkundungsdaten gewonnenen
Informationen gesammelt werden sollen.
Als wichtigstes Ergebnis dieses Projekts kann die Installierung eines Monitoringsystems für
die Überwachung von Habitaten unter Verwendung zeitgemäßer Technologien (WWW,
Satellitenfernerkundung) gesehen werden, ohne die eine effiziente Überwachung sehr
kostenintensiv und in manchen Fällen wegen des zeitlichen Aufwands unmöglich wäre. Die
mit diesem System gewonnenen Informationen können eine wertvolle Unterstützung in
Entscheidungsprozessen im Umweltmanagement bilden. Damit ist EON 2000 ein Schritt auf
dem Weg zum Ziel der Erhaltung schützenswerter Habitate. Über die Anwendung von EON
2000 auf geschützte Nadelwaldhabitate hinaus ist geplant, das grundsätzlich für alle
Probleme von Bestands- und Änderungsaufnahmen der Erdoberfläche geeignete System zu
erweitern und auch auf nicht geschützte Flächen und Habitate auszudehnen. Voraussetzung
für den Einsatz des Systems ist lediglich, daß die zu erfassenden Merkmalsunterschiede
mittels Satellitenbild-Fernerkundung zugänglich sind, wobei für spezielle Fragestellungen
sicherlich eine Erweiterung und Anpassung des im System verwendeten Algorithmensatzes
notwendig ist.
EON 2000 ist mit weiteren Informationen und mit der Möglichkeit, einen kostenlosen User-
Account zu erhalten, über Internet unter der URL http://geospace.co.at/EON2000.html
zugänglich.
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