Erfahrungsbericht für das Studienjahr 2019/2020

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Erfahrungsbericht für das Studienjahr 2019/2020
I.   Bewerbung für das Erasmus+-Stipendium
Schon seit meiner Schulzeit habe ich davon geträumt irgendwann im französischen Ausland zu
studieren. Das Erasmus+-Stipendium erschien für mich als die ideale Möglichkeit, diesen Traum
wahr werden zu lassen. Die Bewerbung für das Stipendium ist relativ unkompliziert, aber man sollte
trotzdem einige Zeit einplanen, unter anderem für den DAAD-Sprachtest am zentralen Sprachlabor,
für den man sich per E-Mail anmelden kann. Für den Sprachtest habe ich mich im Dezember für einen
Termin im Februar angemeldet. Eine Anmeldung ist auch wesentlich kurzfristiger möglich, aber
dabei kann es sein, dass der Wunschtermin nicht mehr verfügbar ist.
Alle weiteren Erfordernisse für die Bewerbung sind gut verständlich aufgeführt unter:
https://www.jura.uni-heidelberg.de/international/erasmus/outgoing/bewerbungsverfahren.html .

II. Anreise nach Nancy
Am 31.08.2020 bin ich mit der deutschen Bahn von Ravensburg nach Nancy angereist. Für die
Anreise mit der Bahn ist es sinnvoll das Ticket ein paar Wochen im Voraus zu buchen, da man dann
meistens den „Sparpreis Europa“ buchen kann. Meine erste Fahrt habe ich an einem Schalter der DB
gebucht, wobei dies im Vergleich zu Online-Buchungen oft wesentlich teurer ausfallen kann.
Für die schnelle Anreise nach Nancy gibt es zwei verschiedene Anreisemöglichkeiten entweder über
Straßburg oder über Luxemburg.
Für die Buchung kann ich verschiedene Apps empfehlen: für die Strecke bis Straßburg kann man sein
Bahnticket über den „DB-Navigator“ buchen. Für die Strecke von Straßburg nach Nancy ist die
Buchung über „SNCF“ (App: Oui SNCF) möglich. Wenn man es unkompliziert möchte kann man
über die App „trainline“ das gesamte Ticket buchen, wobei dies in einigen Fällen etwas teurer ist als
die getrennte Buchung.
Für die Fahrt über Luxemburg gilt das gleiche Prinzip: man sollte bis Luxemburg das Ticket über die
DB buchen und danach die Strecke ab Luxemburg bis Nancy mit SNCF/trainline. Für die Strecke ab
Luxemburg gibt es auch die Möglichkeit einen FLIXBUS zu buchen, der meist zwischen 2,99€ und
5,99€ kostet und mit 2h ungefähr genauso lange fährt wie die Bahn.
Teilweise ist die gesamte Buchung über den DB-Navigator möglich, dabei wird man weitergeleitet
auf die Webseite der Deutschen Bahn, wobei auch dies oft teurer ist als die anderen, oben genannten
Möglichkeiten. Prinzipiell gilt: für günstige Tickets muss man mit den verschiedenen Apps spielen.

III. Unterkunft

1.   Wohnheim „Monbois“
Für die Wohnheimbewerbung erhält man von der Universität ein hilfreiches Dokument, das Schritt
für Schritt erklärt, worauf man achten muss und was für Dokumente benötigt werden.
Bei den Wohnheimen von CROUS handelt es sich um staatliche Wohnheime, d.h. dass die
Universitäten sich nicht um die Verteilung der Wohnheimzimmer kümmern und auch Nachfragen
nicht an die Universität zu richten sind.
Ich würde jedem empfehlen, sich für ein Zimmer im Wohnheim zu bewerben.
Erstens, es ist schwer als internationaler Student ein geeignetes Zimmer in einer WG zu finden (WG-
Suche unter www.leboncoin.fr möglich).
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Zweitens, da sehr viele Erasmus-Studenten und andere internationale Studenten im Wohnheim
wohnen und man dadurch nie alleine sein muss (und wenn man abends ausgeht, man auch nicht
alleine zurücklaufen muss). Ein weiterer Vorteil ist, dass bei Defekten sofort die Handwerker
innerhalb kürzester Zeit vor Ort sind.
„Monbois“ ist eines der ältesten der staatlichen Wohnheime von Nancy (1901 erbaut). Es liegt in der
Rue Ludovic Beauchet 2 auf einem kleinen Hügel. Zu Fuß benötigt man ungefähr 10 bis 15 Minuten
zur juristischen Fakultät. Man kann auch den Bus nehmen, was ich jedoch nie gemacht habe.
„Monbois“ ist fünf Minuten vom Wohnheim „Boudonville“ entfernt, das moderner ist aber viel
ungemütlicher wirkt.
Ich selbst habe in „Monbois“ im vierten Stock gewohnt. Für die Stockwerkwahl würde ich das dritte
und vierte Stockwerk empfehlen, da es in den unteren Stockwerken meist lauter ist. Wer keine Lust
zum Treppenlaufen hat, kann den Aufzug nehmen. Von Stockwerken über dem vierten Stock rate ich
ab, da es dort keine eigenen Küchen in den Fluren gibt.
Zu den Zimmern lässt sich sagen, dass ich keinesfalls ein 9m2 Zimmer nehmen würde, da diese die
Sanitäranlagen mit dem gesamten Flur teilen müssen. Meine Zimmerkategorie war „chambre, 15m2
avec sanitaire“, d.h. mit eigener Dusche und Toilette. Die weitere Zimmerausstattung bestand aus
einem Kühlschrank, einem Schreibtisch, einem Schrank, zwei Regalen und einem Bett. Durch hohe
Decken und den Holzboden wirkt das Zimmer um einiges größer als es ist. Durch Bilder und andere
Dekoration lässt sich das Zimmer sehr wohnlich gestalten, weshalb ich innerhalb kürzester Zeit
„Monbois“ als mein Zuhause bezeichnen konnte.
Die Küche im Flur ist simpel gehalten mit zwei Herdplatten und einer Mikrowelle.
Das Schöne an der Küche ist, dass man viele neue Leute kennenlernt, da der gesamte Flur sich die
Küche teilt. Zwar muss man öfters auch warten, jedoch kochen die meisten Wohnheimbewohner
nicht, weshalb die kleine Küche keine großen Probleme bereitet.
Das Wohnheim veranstaltet öfters auch kleine Wohnheimabende mit Musik und Essen, wo man die
anderen Bewohner kennenlernen kann. Nach einiger Zeit kennt zumindest vom Sehen die Mehrzahl
der Bewohner (obwohl bis zu 350 Studenten in dem Wohnheim unterkommen können).
Alles in allem habe ich mich richtig wohl in dieser großen Wohnheimgemeinschaft gefühlt

2.   Einkommensunabhängiges Wohngeld (CAF)
Für die Beantragung des einkommensunabhängigen Wohngelds (CAF) gilt die Devise: man sollte
den Antrag so früh wie möglich stellen, da die Bearbeitung sich Monate hinziehen kann.
So habe ich z.B. meinen Antrag im Oktober gestellt und erst im Januar bewilligt bekommen.
Wohngeld bekommt man für den Zeitraum ab Antragstellung.
Den Antrag sollte man nicht online, sondern eher im CAF-Bureau ausfüllen, da man dort bei Fragen
persönliche Unterstützung bekommt. Bei der Antragsstellung gilt: lieber einmal mehr nachfragen, da
eine fehlerhafte Ausfüllung die Höhe des Wohngelds beeinflussen kann.
Für die Antragsstellung benötigt man eine internationale Geburtsurkunde (diese kann man online
beim Standesamt des jeweiligen Geburtsorts beantragen), eine französische Studienbescheinigung
(Certifiaction scolaire), eine Krankenkassenkarte oder eine Versicherungsbestätigung, die RIB
(diese erhält man nur, wenn man ein französisches Konto hat), für diejenigen, die im Wohnheim
wohnen: Attestation du CROUS (kann man einfach am Wohnheimempfang abholen).

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Für diejenigen, die privatversichert sind, muss man bei der Krankenkasse einen Nachweis
(auf französisch) beantragen. Dies sollte kein Problem sein, da es sich um ein vorgefertigtes
Dokument handelt.
Bevor man also einen Antrag stellt, muss man einige Dokumente beantragen und ein französisches
Konto eröffnen, dieses habe ich bei BNP Paribas eröffnet. Nach ungefähr einer Woche erhielt ich per
Mail die RIB, nach zehn Tagen die Bankkarte.
Zwar hat man einige Arbeit und auch Ärger mit der Antragsstellung, unter anderem wegen des
langsamen und unsauberen Arbeitens des CAF-Bureaus, jedoch liegt die Wohngeldhöhe bei ungefähr
einem Drittel der Miete.
Es lässt sich also sagen, dass es sich wirklich lohnt den CAF-Antrag zu stellen. Wenn man im
Wohnheim wohnt, wird das CAF-Geld ans Wohnheim überwiesen, was für einen selbst eine
„Mietminderung“ von 86€ bedeutet (wenn man die oben beschriebene Zimmerkategorie bewohnt).

IV. Alltägliches Leben
1. Essen
a) Kochen
Kochen im Wohnheim ist wie oben beschrieben möglich. Die Küche war für mich immer eine Art
Treffpunkt, wo man sich mit anderen Studenten unterhalten konnte. Wer nicht kochen möchte, der
geht einfach zum Bäcker auf der anderen Straßenseite. Insidertipp: bestellt nicht Baguettes, sondern
Paulinettes. Meist gegen 17 Uhr kann man auch ofenfrische Backwaren beim Bäcker kaufen.
b) Essengehen
Zunächst zu den studentischen Mensen des CROUS (sogenannte RestoUs): für 3,30€ bekommt man
ein halbwegs essbares, manchmal auch gutes, Essen bestehend aus Hauptgang, Baguette und
Nachtisch. Eine der Mensen befindet sich direkt in der Nähe des Wohnheims, wo man mittags von
11 Uhr bis 13.30 Uhr und abends ab 18 Uhr essen gehen kann.
Alle zwei Wochen dienstags kommt der „Pizzatruck“ nach „Monbois“, der für unter 5€
selbstgemachte Pizza verkauft. Der Pizzatruck wurde bei uns zur abendlichen Dienstags-Tradition.
Das gemütliche Beisammensitzen im Wohnheim wurde oft durch verschiedene Kartenspiele ergänzt.
Auch an der faculté de droit gibt es eine Mensa („Cours Léopold“).
Für 6,90€ kann man unweit der Fakultät in einem kleinen Burgerladen ein Menu mit selbstgemachten
Pommes frites und Burger zu sich nehmen. Auch lecker und günstig ist das kleine Restaurant
„Pidelices“.
Für das gemütliche Beisammensitzen kann ich das Café „les artistes“ empfehlen, wo vor allem der
selbstgemachte „Thé glacé“ für mich ein Highlight war.
Wer gerne Café trinkt, ist im „french coffee shop“ richtig. Dort kann man Kalorienbomben mit viel
Sahne und allen möglichen Toppings genießen.
Wer es klassisch französisch haben möchte, d.h. mit viel Käse, der kann im „le bouche à oreille“
essen gehen.

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2. Einkaufen
Einer der zum Wohnheim hin näher gelegenen Supermärkte ist ein Carrefour express, bei dem man
sich mit allem Nötigen eindecken kann. Zum Großeinkauf kann ich empfehlen, eine 25minütige
Busfahrt (Linie T2 und C1) auf sich zu nehmen und im „AUCHAN NANCY LOBAU“ einzukaufen.
Dort ist es nicht nur günstiger, sondern auch die Auswahl ist wesentlich größer (Vergleichbar mit
einem sehr großen Real). In Nancy gibt es zudem auch mehrere Lidl, die mit dem Bus gut zu erreichen
sind. Wann die verschiedenen Buslinien fahren lässt sich über die App „Stan“ (von „Keolis Grand
Nancy“) oder natürlich auch über Google-Maps gut einsehen.
3. Öffentlicher Nahverkehr
Vor dem Wohnheim befindet sich direkt eine Bushaltestelle (cité universitaire). In die Stadt wie auch
zum Bahnhof fahren die Busse ungefähr im zehn-Minuten-Takt. Prinzipiell lässt sich aber sagen, dass
in Nancy alles fußläufig zu erreichen ist. Bei Einkäufen ist es ratsam wie oben beschrieben den Bus
zu nehmen.
4. Nancy – die Stadt
Nancy würde ich als typisch französische Stadt bezeichnen. Nancy ist eine mittelgroße Stadt, die von
der Größenordnung her zwischen Heidelberg und Mannheim liegt.
Eines der Highlights ist „Place Stanislas“, der zu den schönsten Plätzen Europas zählt. Place Stanislas
und zwei weitere Plätze Nancys (Place de la Carrière und Place d'Alliance) zählen außerdem zum
UNESCO Weltkulturerbe.
Direkt in der Nähe vom Place Stanislas befindet sich der Park Pépinière, der zum Spazieren aber auch
zum längeren Verweilen einlädt. In der Innenstadt finden sich viele Bauten im Jugendstil und kleine
Triumphbögen, die das Stadtbild prägen.
In Nancy gibt es zudem immer etwas Neues zu entdecken. So gibt es z.B. etwas außerhalb der Stadt,
in der Nähe des Stadions, einen großen Stausee, an dem man schön Spazieren gehen kann.
Erwähnenswert ist für mich auch das gewöhnungsbedürftige Wetter in Nancy. Zwar war es im
September und Oktober sehr warm und sonnig, jedoch wurde es genau ab Herbstanfang regnerisch
und kalt. In Nancy darf man auf keinen Fall auf einen Regenschirm verzichten. Man gewöhnt sich
aber daran und freut sich umso mehr, wenn die Sonne scheint.

V. Freizeit
1. Hochschulsport („SUAPS Nancy“)
Zur Freizeit gehört für mich auf jeden Fall der Sport. Während der Zeit im Ausland habe ich sehr viel
Sport gemacht. Vom Wohnheim sind es höchstens 5 min zum Schwimmbad (für Studenten kostenlos)
und auch zur Sporthalle. Das Sportangebot ist sehr umfangreich ob Schwimmen, Tanzen, Fußball,
Yoga oder Fitness. Über den Hochschulsport kann man sich online immer genau informieren.
(Einsehbar unter: ( https://sport.univ-lorraine.fr/fr/suaps-le-sport-loisir-pour-tous/%20activites))
2. ESN Nancy
Das Erasmus-Student-Network von Nancy (ESN) hat sein Büro direkt am Campus der juristischen
Fakultät. ESN hat bei uns einige Events organisiert wie z.B. die Welcome Week, Motto-Kochabende,
Partys und Ausflüge.

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Alle Events von ESN Nancy sind sehr sinnvoll, wenn man andere Erasmus-Studenten kennenlernen
möchte. Jeden Mittwochabend gibt es zudem ein Erasmus-Studenten-Treffen in der kleinen Bar „Mac
Carthy“.
3. Ausflüge
Erasmus gibt einem die Zeit für Reisen, die man sonst während des Studiums vielleicht nicht
unbedingt hat. Am Wochenende haben für mich daher Ausflüge dazugehört.
In der Nähe von Nancy gibt es einige interessante Ziele wie Straßburg, Colmar, Luxembourg, Verdun
oder die Vogesen (wobei ein Ausflug in die Vogesen nur mit Auto möglich ist). Nach Paris sind es
mit dem TGV nur 90 Minuten und damit ist Paris auch ein ideales Ziel für einen Tagesausflug.
Für eine Reise zu weiter entfernten Zielen kann man die einwöchige „pause pédagogique“ nutzen.
Dabei ist vor allem der luxemburgische Flughafen zu empfehlen, der oft mit günstigen Angeboten
lockt. Den luxemburgischen Flughafen habe ich für einen Ausflug nach Bordeaux genutzt, der Flug
dauert nur um die 2h und hat ca. 60€ gekostet.

VI. Universität
1. „Faculté de droit“
Der Campus der „faculté de droit“ liegt wenige Minuten vom Stadtkern entfernt. Er besteht aus einem
großen und schönen Hauptgebäude (1768 erbaut) mit Innenhof und einem zweiten, moderneren
Gebäude. Am Campus selbst gibt es eine Cafeteria, wo man sowohl morgens ein Frühstück als auch
nachmittags einen warmen Snack zu sich nehmen kann. Direkt neben dem Hauptgebäude befindet
sich die BU (bibliothèque universitaire).
2. Kurse
a) Rechtswissenschaftliche Kurse
An der Université de Lorraine habe ich sowohl Vorlesungen im französischen Recht als auch im
internationalen Recht (u.a. Europarecht) belegt. Im ersten Semester habe ich mich für Vorlesungen
der Licence 1, d.h. des ersten Studienjahres, entschieden. Für eine Kurswahl ist es sehr
empfehlenswert in alle Vorlesungen reinzuhören, die einen interessieren. Für die Kurse der L1 habe
ich mich entschieden, da dort keine Vorkenntnisse des französischen Rechts vorausgesetzt wurden
und zudem dort das Vorlesungstempo entschleunigt ist (im Vergleich zu den höheren Semestern).
Die Vorlesungen des ersten Semesters (von September bis Dezember) sind schwerpunktmäßig
rechtsgeschichtlicher Art. Zwar ist es einfacher den Vorlesungen des ersten Studienjahres zu folgen,
jedoch hätte ich mich im Nachhinein für andere, weniger rechtsgeschichtliche Vorlesungen
entschieden.
Vorlesungen in Frankreich (CM – cours magistraux) sind wortwörtlich „Vorlesungen“, da der Text
lediglich diktiert wird. Eine Vorlesung dauert drei Zeitstunden, wobei nach jeder vollen Stunde
(abhängig vom Professor) meist eine zehnminütige Pause eingelegt wird. Laptops sind unabdingbar,
um die Stoffmenge verständlich aufschreiben zu können. Es ist ratsam, während der Pausen Kontakt
zu französischen Studenten aufzunehmen. Dies nicht nur um Freundschaften zu schließen, sondern
auch um Zugang zu Notizen zu erhalten, da die eigenen Notizen in den ersten Wochen aufgrund des
hohen Tempos oft nicht zu gebrauchen sind. In den Vorlesungen gibt es weder die Möglichkeit
Rückfragen zu stellen noch auch nur das Diktierte zu hinterfragen.

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Wenn man sich für einen Kurs entschieden hat, sollte man sich dem Professor als Erasmusstudenten
vorstellen, unter anderem um Zugang zu Vorlesungsmaterialien wie einem Kursplan, zu erhalten. Es
ist dabei empfehlenswert, dem Professor zusätzlich eine Mail zu schreiben. Einen Zugang zur
Onlineplattform „arche“, auf der man die Kurse online einsehen kann, erhalten Erasmusstudenten
prinzipiell nicht. Über „arche“ erhält man nicht nur Zugriff auf die Vorlesungen, sondern wird auch
über den Vorlesungsausfall informiert. Es besteht aber die Möglichkeit, dass Professoren einen hierzu
über die Universitätsmail „einladen“. Im Zuge der „Coronakrise“ wurde uns zudem der Zugang auch
ermöglicht.
Zu den Prüfungen lässt sich sagen, dass diese mündlich erfolgen. Erwartet wird dabei, dass man den
Stoff des gesamten Semesters nahezu auswendig beherrscht. Eine Anwendung des Erlernten oder ein
tieferes Hinterfragen erfolgt nicht, sondern es wird die Aufzählung von Fakten erwartet. Es besteht
kein Grund für Prüfungsangst, da die Professoren berücksichtigen, dass man nicht französischer
Muttersprachler ist. Fast alle Professoren haben Verständnis dafür, dass man die Sprache nicht
fehlerfrei beherrscht.
Das Universitätssystem in Frankreich habe ich insgesamt als sehr verschult empfunden. Nicht nur
was die Art der Kurse betrifft, sondern auch die hierarchische Beziehung zwischen Studenten und
Professor, die keinesfalls auf einer Ebene agieren. Die Beziehung erinnert eher an das Verhältnis
zwischen Schüler und Lehrer.

b) Sprachkurs
Im ersten Semester habe ich den von DEFLE (Département Français Langue étrangère) angebotenen
Sprachkurs an der juristischen Fakultät belegt. Dabei muss ich sagen, dass dies – in Hinsicht auf die
universitären Kurse – im ersten Semester ein wirkliches Highlight war. Der Kurs fand zwei Mal die
Woche à zwei Stunden statt. Ich habe dort einige sprachliche Kompetenzen erworben, die für mich
nicht nur im Alltag, sondern auch für die mündlichen Klausuren hilfreich waren. Den Inhalt des
Sprachkurses konnten wir auch teilweise selbst bestimmen, so mussten wir ein Referat halten mit
einem aktuellen Thema, wobei ich z.B. über „Sterbehilfe im internationalen Vergleich“ referiert habe.
3.   Studenten
Die Studenten sind durchschnittlich einige Jahre jünger als in Deutschland. Dies liegt zum einen
daran, dass das BAC (französisches Abitur) oft mit 17 (und jünger) geschrieben wird und andererseits
daran, dass das bei uns so beliebte GAP-Year in Frankreich sehr unüblich ist. Trotz der
Altersdifferenz (teilweise von sechs Jahren, da es auch 16jährige Studenten in der L1 gibt) habe ich
einige sehr nette, französische Studenten kennengelernt.
Ein bis zweimal die Woche habe ich zum Spaß auch privat Deutschunterricht gegeben, dabei können
beide Seiten sehr profitieren. Man muss hierzu aber sagen, dass Deutsch als Fremdsprache eine
wirkliche Herausforderung ist. Aber nichts was das Internet und ein wenig Geduld nicht lösen
könnten!
4.   Verwaltung
Die französische Verwaltung hat mich stets an die Szene mit der Beantragung des „Passierscheins
A38“ im Haus der Verrückten aus dem Film „Asterix erobert Rom“ (1976) erinnert
(Bei Interesse: Die Szene ist auf YouTube zu finden.).

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Der erste Eindruck der französischen Universitätsverwaltung war nämlich, dass diese sehr chaotisch
ist. Somit wurde uns beispielsweise der genaue Semesterstart nie mitgeteilt und nur durch Zufall
erfuhren wir, dass dieser mit der Integrationswoche für Erasmusstudenten zusammenfiel. Im ersten
Semester waren wir mehrmals bei der Universitätsverwaltung um herauszufinden, wann die
Klausuren stattfinden. Schlussendlich wurde uns eine Woche vor den Klausuren das exakte Datum
der Klausuren mitgeteilt.
Fairerweise muss man aber sagen, dass diese beiden Vorfälle auch damit zusammenhingen, dass es
im gesamten ersten Semester keinen Erasmusbeauftragten gab und sich auch kein anderer für die
Erasmusstudenten verantwortlich gefühlt hat. Die Organisation wurde um einiges erleichtert und
verbessert, dadurch, dass wir im zweiten Semester einen Erasmusbeauftragten hatten.
Ein weiterer Grundsatz der für die französische (Universitäts-)Verwaltung gilt ist: Wer nicht
regelmäßig per E-Mail nachhakt, der wird auch keine Antwort bekommen.
Durch die Erfahrung mit der französischen Verwaltung habe ich gelernt mich in Geduld zu üben und
die im Vergleich dazu schnelle, deutsche Bürokratie wertzuschätzen (und zu vermissen).

VII. Fazit
Mein Fazit ist: trotz alldem was vielleicht nicht immer geklappt hat, würde ich mich jederzeit wieder
für ein Studienjahr in Nancy entscheiden. Man gewinnt nicht nur viele neue Eindrücke und
Erfahrungen, sondern auch ein neues Zuhause mit vielen neuen Freunden. Mich hat das Studienjahr
vor allem in meiner persönlichen Entwicklung weitergebracht.
Ich bin dankbar dafür, Europäerin zu sein und dafür, dass mir das Erasmusprogramm diesen
Auslandsaufenthalt ermöglicht hat. Ich hoffe, dass uns das Erasmus-Programm noch lange erhalten
bleibt. In diesem Sinne sag ich nur noch: „Once Erasmus, Always Erasmus“.

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