6 Wirtschaftliche Folgen eines Euro-Austritts der südeuro-päischen Mitgliedsstaaten
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Wirtschaftliche Folgen eines Policy Brief # 2012/06 Euro-Austritts der südeuro- päischen Mitgliedsstaaten Ein Staatsbankrott in Griechenland inklusive eines Austritts Griechenlands aus dem Euro wäre für sich genommen für die Weltwirtschaft ökonomisch verkraftbar. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass die Kapitalmärkte dann auch Por- tugal, Spanien und Italien das Vertrauen entziehen und es dort ebenfalls zu Staatsbankrotten kommt. Die Weltwirt- schaft würde dadurch in eine tiefe Rezession fallen. Bis 2020 würden die 42 wichtigsten Volkswirtschaften Wachstums- einbußen in Höhe von insgesamt 17,2 Billionen Euro erlei- den. Die internationale Staatengemeinschaft sollte daher ei- nen Staatsbankrott und Euroaustritt Griechenlands verhin- dern, um die damit verbundenen möglichen Dominoeffekte zu vermeiden. Dr. Thieß Petersen Programm „Nachhaltig . Wirtschaften“ Telefon: Fokus Erläuterung der Szenarien: +49 5241 81-81218 Grexit: Staatsbankrott und Euro- E-Mail: thiess.petersen@ austritt von Griechenland bertelsmann- GP-Exit: Staatsbankrott und Euro- stiftung.de austritt von Griechenland und Dr. Michael Portugal Böhmer GPS-Exit: Staatsbankrott und Eu- Prognos AG roaustritt von Griechenland, Por- Telefon: tugal und Spanien +49 89 954 1586- 701 GPSI-Exit: Staatsbankrott und Eu- E-Mail: roaustritt von Griechenland, Por- michael.böhmer@ tugal, Spanien und Italien prognos.com
Zukunft Soziale Marktwirtschaft Policy Brief # 2012/06 Seit Beginn der Euro-Krise im Herbst schaft ergeben könnten, werden im Fol- 2009 hat sich die Diskussion um den mög- genden näher untersucht. lichen Austritt einzelner Mitgliedstaaten aus dem Euro zugespitzt. Im Juli 2012 ver- trat beispielsweise Bundeswirtschaftsmi- 1. Konzeption der Aus- nister Philipp Rösler die Ansicht, dass ein stiegsszenarien Austritt Griechenlands aus dem Euro längst seinen Schrecken verloren hätte. Ähnlich äußerte sich der CSU-General- Zur Abschätzung der ökonomischen Kon- sekretär Alexander Dobrindt Ende August sequenzen eines Euro-Austritts der vier 2012 als er verkündete, dass er Griechen- Länder, die momentan die größten haus- land im Jahr 2013 außerhalb der Euro- haltspolitischen Probleme aufweisen, Zone sehe. Die Anfang September 2012 werden vier Szenarien entwickelt. Im ers- getroffene Entscheidung der Europäischen ten Szenario verlässt nur Griechenland die Zentralbank (EZB), in unbegrenztem Um- Euro-Zone (Grexit-Szenario). Im zweiten fang Staatsanleihen der europäischen Kri- Szenario treten Griechenland und Portugal senstaaten aufzukaufen, hat die Situation aus dem Euro aus (GP-Exit-Szenario). Im der hochverschuldeten Euro-Mitglieder dritten Szenario verlässt zusätzlich noch vorerst entschärft. Dennoch ist deren Spanien den Euro (GPS-Exit-Szenario) und Haushaltslage nach wie vor extrem ange- abschließend werden die Konsequenzen spannt. Anfang Oktober 2012 wies der abgeschätzt, die sich ergeben würden, griechische Regierungschef Antonis Sa- wenn Griechenland, Italien, Portugal und maras nachdrücklich darauf hin, dass die Spanien gemeinsam die Euro-Zone verlas- öffentlichen Kassen seines Landes ohne sen (GPSI-Exit-Szenario). Dieser sequenti- weitere Hilfszahlungen aus dem Ausland elle Ablauf der Austrittsvarianten wurde Ende November 2012 leer sein würden. gewählt, weil er dem aktuellen Stand der Diskussion um mögliche Austrittskandida- Grundsätzlich ist festzuhalten, dass ein ten entspricht. Ausschluss eines Landes aus der Euro- Zone rechtlich derzeit nicht möglich ist. Die realwirtschaftlichen Konsequenzen, Denkbar wäre aber, dass die internationa- die mit diesen Szenarien verbunden sind, len Hilfszahlungen ausbleiben, weil die werden mit Hilfe des makroökonomischen Geberstaaten die Konsolidierungsfort- Weltmodells VIEW der Prognos AG abge- schritte in den südeuropäischen Krisen- schätzt (siehe Textbox). Zur Berechnung ländern für unzureichend halten. Ohne die der realwirtschaftlichen Konsequenzen Finanzhilfen des Europäischen Rettungs- wird simuliert, wie sich die Wirtschafts- schirms bzw. des Internationalen Wäh- leistung – also das reale Bruttoinlands- rungsfonds würden diese Staaten keine produkt (BIP) – in den 42 Ländern des weiteren Gelder mehr erhalten, sodass es VIEW-Modells bis zum Jahr 2020 entwi- zu einem Staatsbankrott käme. Damit der ckeln würde, wenn die vier Szenarien im betreffende Staat dennoch Gehälter, Pen- Jahr 2013 Realität werden sollten. Die aus sionen und andere vertraglich festgelegte den Szenarien resultierenden Berechnun- Leistungen bezahlen kann, müsste er eine gen zur Höhe des realen BIP werden mit eigene Währung einführen, also aus dem der wirtschaftlichen Entwicklung des Euro austreten. Die möglichen realwirt- „Weltreports 2012“ verglichen, der von schaftlichen Folgen, die sich aus dem Eu- einem Fortbestand der Euro-Zone ausgeht ro-Austritt und Staatsbankrott eines oder (Basisszenario). Die dort durchgeführten 02 mehrerer Krisenländer für die Weltwirt- Prognosen zur weltwirtschaftlichen Ent-
Zukunft Soziale Marktwirtschaft Policy Brief # 2012/06 wicklung wurden ebenfalls mit dem rungsmaßnahmen ergreifen, also entwe- VIEW-Modell erstellt. Der im Sommer der seine Ausgaben reduzieren oder die 2012 erstellte „Weltreport 2012“ prognos- Steuern und Abgaben erhöhen. Beides tiziert angesichts der weltweit erforderli- führt dazu, dass die Nachfrage nach Gü- chen Konsolidierungen der öffentlichen tern und Dienstleistungen zurückgeht, Haushalte bis 2016/2017 eine deutliche was dann auch eine Verringerung der Dämpfung des weltweiten Wirtschafts- Produktion und Beschäftigung zur Folge wachstums. In den vier Szenarien kommt hat. Die Budgetwirkungen eines Schul- es zu weiteren Wachstumseinbußen. denschnitts werden in den Simulationsbe- rechnungen für sämtliche Industrieländer Die vier Simulationsrechnungen basieren des VIEW-Modells berücksichtigt, indem auf folgenden Annahmen: Es wird ange- die umfangreichen Forderungen bzw. Haf- nommen, dass zunächst die Finanzhilfen tungen für Kredite (EFSM-, EFSF- und für Griechenland eingestellt werden, so- IWF-Hilfen, Aufkäufe von Staatsanleihen dass es dort zu einem Staatsbankrott durch die EZB, Target-Kredite) der einzel- kommt, in dessen Folge Das VIEW-Modell: Bei diesem Modell handelt es sich um auch eine eigene griechi- ein umfassendes makroökonomisches Modell, das 42 sche Währung eingeführt Länder und damit mehr als 90 Prozent der Weltwirtschaft wird. Der Staatsbankrott abdeckt. Es behandelt neben der Entstehung und Ver- führt zu einem massiven wendung der produzierten Güter und Dienstleistungen Schuldenschnitt. auch den Arbeitsmarkt und die öffentlichen Finanzen Realistischerweise kann und verbindet dabei alle beteiligten Länder über Exporte, heute niemand vorhersa- Importe, Wechselkurse etc. miteinander. Das Modell wird gen, wie groß dieser aus- zur Berechnung von Prognosen und Szenarien eingesetzt. fallen würde. Wir gehen in den Simulationsrechnungen von einem nen Industrieländer entsprechend abge- 60-prozentigen Schuldenschnitt aus. Die schrieben werden. Bei den Schwellenlän- somit verbleibenden 40 Prozent der For- dern ist eine Berücksichtigung der Bud- derungen bleiben in Euro denominiert. getwirkungen der Forderungsverluste Dieser Schuldenschnitt betrifft sowohl öf- aufgrund der unzureichenden Datenlage fentliche als auch private Gläubiger, die nicht möglich. 60 Prozent ihrer Forderungen gegenüber Griechenland abschreiben müssen. Die privaten Gläubiger des griechischen Exemplarisch sind die Forderungsverluste Staates und des griechischen Privatsek- des öffentlichen und privaten Sektors für tors müssen ebenfalls 60 Prozent ihrer ausgewählte Länder in Tabelle 1 darge- Forderungen abschreiben. In den vorlie- stellt. genden Berechnungen geht dieser Verlust annahmegemäß direkt als negativer Ver- Für die öffentlichen Haushalte bedeuten mögenseffekt in die Einkommen der pri- die Forderungsverluste Abschreibungen vaten Haushalte des betreffenden Jahres in entsprechender Höhe. Abschreibungen ein. In der Folge werden deren Konsum- stellen buchhalterische Kosten dar, sodass ausgaben und Wohnungsbauinvestitionen die staatlichen Budgetdefizite der Länder, gedämpft. die direkt oder indirekt für Griechenland haften, größer werden. Damit steigen in Auch für Griechenland selbst haben der diesen Ländern die Staatsschulden und Staatsbankrott und die Wiedereinführung der zu leistende Schuldendienst. Der Staat einer eigenen Währung erhebliche wirt- muss daher an anderer Stelle Konsolidie- schaftliche Konsequenzen: Die neue grie- 03
Zukunft Soziale Marktwirtschaft Policy Brief # 2012/06 chische Währung wird gegenüber allen flochten sind, breiten sich Nachfragerück- anderen Währungen abgewertet. So wie gänge eines Landes schnell auf dessen schon bei der Höhe des Schuldenschnitts Handelspartner aus. Daraus resultiert herrscht auch bezüglich des konkreten dann im Ergebnis ein weltweiter Rück- Ausmaßes der Abwertung große gang der wirtschaftlichen Aktivitäten. Unsicherheit. In den Be- rechnungen des VIEW- Modells wird von einer 50-prozentigen Abwer- tung der neuen griechi- schen Währung ausge- gangen. Diese Abwer- tung hat zur Folge, dass der in der griechischen Währung ausgedrückte Staatsschuldenstand steigt, da die Altschulden Griechenlands in Euro denominiert sind. Die effektive Die übrigen drei Szenarien werden analog Reduktion der Staatsverschuldung beträgt simuliert, d. h. es werden für alle betroffe- deshalb nur 20 Prozent. nen Länder ein 60-prozentiger Schulden- schnitt und eine 50-prozentige Abwertung Als Folge der Staatspleite verlieren die der neu eingeführten Währung ange- Kapitalmärkte jegliches Vertrauen in die nommen. zukünftige Bonität des griechischen Staa- tes. Der griechische Staat kann daher nur 2. Konsequenzen der Aus- das ausgeben, was er durch Steuern und Abgaben einnimmt. Der geplante staatli- stiegsszenarien che Budgetsaldo liegt daher bis 2020 bei null. Die Staatspleite und die Währungs- umstellung führen schließlich noch zu ei- Die nachfolgend präsentierten Simulati- ner massiven Verunsicherung der griechi- onsberechnungen des VIEW-Modells ver- schen Konsumenten und nationaler sowie anschaulichen die Auswirkungen der vier internationaler Investoren, was negative Szenarien für die 42 Länder dieses Mo- Konsequenzen für den privaten Konsum dells. Die Resultate werden wie bei allen und die privaten Investitionen hat. In An- Simulationsrechnungen von den zugrunde lehnung an historische Beispiele (z. B. Ar- gelegten Annahmen beeinflusst, in diesem gentinien 2001) werden in den Simulati- Fall vor allem von den konkreten Werten zur Höhe der Schuldenschnitte und der onsrechnungen für beide Nachfragekom- Abwertungen. Die hier getroffenen An- ponenten eine zehnprozentige Verringe- nahmen sind unserer Meinung nach die rung im Jahr 2013 und eine fünfprozenti- derzeit beste Annäherung an mögliche ge Reduktion im Jahr 2014 angenommen. Entwicklungen. Alle bisher skizzierten negativen Impulse für die Nachfrage nach Gütern und Dienst- leistungen beschränken sich nicht nur auf das jeweils betreffende Land. Da die ein- zelnen Volkswirtschaften über Exporte und Importe intensiv miteinander ver- 04
Zukunft Soziale Marktwirtschaft Policy Brief # 2012/06 Ausgehend von den getroffenen Annah- men lassen sich die Konsequenzen der vier Szenarien für die weltwirtschaftli- che Entwicklung im Zeitraum von 2013 bis 2020 berechnen. Um die Wachstums- effekte jedes einzel- nen Szenarios abzu- bilden, werden die jährlichen Einbußen des BIP gegenüber der Entwicklung des „Weltreports 2012“ berechnet und an- schließend über die Jahre 2013 bis 2020 addiert. Die so be- rechneten kumulier- ten Wachstumsein- bußen sind für alle vier Szenarien in Ta- belle 2 dargestellt. Grexit-Szenario: Ein Staatsbankrott und Euro-Austritt Grie- chenlands ist für sich genommen sowohl für Europa und als auch für die Welt- wirtschaft nur mit geringen Wachs- tumseffekten ver- bunden. Die gesam- ten BIP-Verluste der Jahre 2013 bis 2020 in den 42 VIEW- Ländern, die mehr als 90 Prozent der weltweiten Wirt- schaftsleitung aus- machen, würden sich auf 674 Milliarden 05
Zukunft Soziale Marktwirtschaft Policy Brief # 2012/06 Euro aufsummieren. Griechenland selbst tumsverluste auf fast 55 Prozent des BIP trägt davon mit 164 Milliarden Euro den des Jahres 2013 auf. Für Griechenland er- größten Anteil. In Deutschland liegen die höht sich der Wert nur noch sehr gering- kumulierten Wachstumsverluste bei ledig- fügig im Vergleich zum Grexit-Szenario lich 73 Milliarden Euro. Um die Bedeu- und verbleibt bei gut 94 Prozent. tung der BIP-Einbußen für die einzelnen Länder besser vergleichen zu können, GPS-Exit-Szenario: Bei einem gemeinsa- werden die kumulierten Wachstumsver- men Austritt von Griechenland, Portugal luste in Relation zum BIP des Jahres 2013 und Spanien ergeben sich weltweit spür- gesetzt. In Griechenland betragen die ku- bare Wachstumseinbußen. In Frankreich mulierten BIP-Verluste 94 Prozent der addieren sich die Wachstumsverluste bis Wirtschaftsleistung des Jahres 2013, in 2020 auf über 1,2 Billionen Euro auf und Deutschland und den USA hingegen nur in Deutschland auf über 850 Milliarden 2,9 bzw. 0,9 Prozent. Verhältnismäßig Euro. Für die vier BRIC-Staaten ergeben stark betroffen wären Frankreich, Portugal sich kumulierte Wachstumseinbußen in und Bulgarien, deren kumulierte BIP- Höhe von 1,4 Billionen Euro und für die Verluste sich auf jeweils etwa 8 Prozent USA in Höhe von mehr als 1,2 Billionen belaufen würden. Euro. Der gesamte wirtschaftliche Scha- den der 42 VIEW-Länder liegt bei knapp GP-Exit-Szenario: Die Auswirkungen ei- 7,9 Billionen Euro. Auch in Relation zum nes Austritts von Griechenland und Por- BIP des Jahres 2013 steigen die kumulier- tugal auf die weltwirtschaftliche Entwick- ten Wachstumsverluste nun stark an. Be- lung wären spürbarer, aber immer noch sonders betroffen sind dabei Portugal relativ gering. In diesem Szenario addie- (wegen den engen Handelsbeziehungen ren sich die kumulierten Wachstumsver- mit Spanien) und Frankreich (unter ande- luste der 42 VIEW-Länder zu fast 2,4 Billi- rem wegen des starken Engagements der onen Euro auf. In Portugal selbst fielen französischen Banken in Spanien). Portu- BIP-Einbußen in Höhe von 84 Milliarden gal weist in diesem Szenario einen BIP- Euro an. Auch in Deutschland würde die- Verlust in Höhe von 104 Prozent in Rela- ses Szenario mit einem kumulierten BIP- tion zum BIP des Jahres 2013 auf, gefolgt Verlust von 225 Milliarden Euro spürbare von Griechenland (96 Prozent), Spanien wirtschaftliche Schäden hervorrufen. Für selbst (81 Prozent) und Frankreich (65 die USA ergeben sich mit Wachstumsein- Prozent). In Deutschland liegt der ent- bußen in Höhe von 365 Milliarden Euro sprechende Wert bei 34 Prozent, in den absolut betrachtet sogar größere Verluste USA bei gut 11 Prozent, und in China bei als in den europäischen Volkswirtschaf- 24 Prozent. ten. Hohe absolute Verluste müssten zu- dem Frankreich mit 331 Milliarden Euro und China mit 275 Milliarden Euro hin- nehmen. Diese Größen relativieren sich jedoch beim Blick auf die Wachstumsver- lust in Relation zum BIP des Jahres 2013: In den USA und in Deutschland belaufen sich die kumulierten BIP-Einbußen auf 3,3 bzw. 9,1 Prozent des BIP des Jahres 2013. In Frankreich (17,6 Prozent) ist der ent- sprechende Wert spürbar höher. In Portu- 06 gal hingegen addieren sich die Wachs-
Zukunft Soziale Marktwirtschaft Policy Brief # 2012/06 GPSI-Exit-Szenario: Der gemeinsame ben, ist jedoch nicht absehbar. Denkbar ist Austritt aller vier Krisenländer würde einerseits, dass dieser Schritt den übrigen schließlich eine weltweite Rezession her- südeuropäischen Krisenstaaten nachhaltig vorrufen und für die 42 VIEW-Länder bis signalisiert, dass sie ohne massive eigene 2020 einen Wachstumsverlust in Höhe Anstrengungen nicht mehr davon ausge- von fast 17,2 Billionen Euro nach sich zie- hen können, die erhofften Finanzhilfen zu hen. Absolut betrachtet wären die Verlus- erhalten. Dies könnte den Widerstand ge- te in Frankreich (2,9 Billionen Euro), den gen harte, aber notwendige Reformen ver- USA (2,8 Billionen Euro), China (1,9 Billi- ringern und so zur Lösung der Euro-Krise onen Euro) und Deutschland mit rund 1,7 beitragen. Es ist aber anderseits nicht Billionen Euro am größten. Frankreich auszuschließen, dass ein griechischer würde unter anderem wegen der hohen Staatsbankrott zu Kapitalmarktreaktionen Kreditvergabe der heimischen Banken be- und Spekulationen führt, die Portugal, sonders stark unter dem zusätzlichen ita- Spanien und schließlich auch Italien in lienischen Staatsbankrott und Euro- einen Staatsbankrott führen. Dies würde Austritt leiden: Die aufsummierten die Weltwirtschaft in eine tiefe Rezession Wachstumsverluste erreichen einen Wert stürzen, die auch vor außereuropäischen von 154 Prozent der Wirtschaftsleistung Volkswirtschaften keinen Halt machen des Jahres 2013. In Italien selbst liegt der würde. Neben den rein ökonomischen kumulierte BIP-Verlust mit rund 75 Pro- Konsequenzen ist dann auch mit erhebli- zent des BIP des Jahres 2013 etwas über chen sozialen Spannungen und politi- dem entsprechenden Wert Deutschlands schen Instabilitäten zu rechnen – vor al- (69 Prozent). Für die USA ergibt sich ein lem in den Ländern, die aus dem Euro Wert von knapp 25 Prozent und für China ausscheiden, aber auch in anderen von rund 49 Prozent. Volkswirtschaften. Die Gefahr von Domi- no-Effekten durch einen Austritt Griechen- Ein derart starker Einbruch des realen BIP lands mit den Folgen einer länger andau- führt zwangsläufig zu einem Anstieg der ernden weltweiten Rezession ist also ge- Arbeitslosigkeit. Im GPSI-Exit-Szenario ist geben. Will sich die internationale Staa- beispielsweise Deutschlands Erwerbslo- tengemeinschaft - auch außerhalb Europas senquote in den Jahren 2015 und 2016 - dieser Gefahr nicht aussetzen, sollte sie rund 2,5 bzw. 2,2 Prozentpunkte höher als ihre Anstrengungen zur Stabilisierung der im Basisszenario. In den restlichen Jahren Währungsunion konsequent beibehalten. des hier betrachteten Zeitraums liegt die deutsche Erwerbslosenquote 0,5 bis 1,7 Prozentpunkte über den Werten des Ba- sisszenarios. 3. Wirtschaftspolitische Konsequenzen Ein Staatsbankrott in Griechenland inklu- sive eines Austritts Griechenlands aus dem Euro wäre für sich genommen für die Weltwirtschaft ökonomisch verkraftbar. Welche Folgewirkungen sich daraus erge- 07
Policy Brief 2012/04: Die Vermessung der SMW Zukunft Soziale Marktwirtschaft Policy Brief # 2012/06 Der „Index moderner sozialer Marktwirtschaften“ (MSMW- Index) definiert und misst die Eigenschaften der modernen sozialen Marktwirtschaft im internationalen Vergleich. Im Gegensatz zu anderen Indizes, die die Wirtschaftsleistung messen, setzt der MSMW-Index bei den Institutionen und Konstruktionsmerkmalen moderner Marktwirtschaften an. Unter anderem könnte der Index die Europäische Union da- hingehend anleiten, dass sie die „wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft“ erreicht, die sie im Vertrag von Lissabon als ihre gewünschte Wirtschaftsordnung bezeichnet. Policy Brief 2012/05: Maastricht 2.0 Die gegenwärtigen Verschuldungsregeln der Europäischen Union behandeln alle Länder gleich. Der hier skizzierte Alter- nativvorschlag der Bertelsmann Stiftung und Prognos AG berücksichtigt länderspezifische Gegebenheiten, ohne dabei willkürlich zu sein. Diese Regel ist wachstumsfreundlicher als die europäische Schuldenbremse. Bis 2030 addieren sich die realen Wachstumsgewinne gegenüber der europäischen Schuldenbremse auf mehr als 450 Mrd. Euro. Deutschland profitiert am stärksten von der neuen Regelung wegen des höheren Wirtschaftswachstums in den Partnerländern. V.i.S.d.P Demnächst erscheint: Bertelsmann Stiftung Carl-Bertelsmann-Straße 256 • Laura Naegele, Claire Dhéret und Eric D-33311 Gütersloh Thode, „Bessere Beschäftigungschancen www.bertelsmann-stiftung.de für ältere Arbeitskräfte“ Dr. Thieß Petersen Telefon: +49 5241 81-81218 thiess.petersen@bertelsmann-stiftung.de Eric Thode Telefon: +49 5241 81-81581 eric.thode@bertelsmann-stiftung.de 08 ISSN-Nummer: 2191-2459
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