KIEL POLICY BRIEF Alfred Boss

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KIEL POLICY BRIEF Alfred Boss
KIEL
POLICY BRIEF
Alfred Boss

Überschüsse der
Bundesagentur
für Arbeit – Weitere
Beitragssatzsenkung
erforderlich

                                                                                 Nr. 124 April 2019

      Die Bundesagentur für Arbeit wird auch in den Jahren 2019 und 2020 Überschüsse
       erzielen – trotz der Senkung des Beitragssatzes in der Arbeitslosenversicherung zu
       Beginn des Jahres 2019.
      Die Ausgaben für die Weiterbildung der Beschäftigten werden kräftig erhöht; Arbeits-
       losengeld wird unter erleichterten Voraussetzungen gezahlt.
      Die allgemeine Rücklage der Bundesagentur (23,5 Mrd. Euro zum Jahresende
       2018) wird weiter steigen.
      Eine weitere Beitragssatzsenkung ist angesichts der extrem hohen Rücklage ange-
       bracht.

Institut für Weltwirtschaft
ISSN 2195–7525

                                                                                                 1
KIEL POLICY BRIEF Alfred Boss
KIEL POLICY BRIEF                          NR. 124 | APRIL 2019
Kiel Policy Brief             NR. XX | MONAT 2018

     ÜBERBLICK/OVERVIEW
         Die Bundesagentur für Arbeit wird auch in den Jahren 2019 und 2020 Überschüsse
          erzielen – trotz der Senkung des Beitragssatzes in der Arbeitslosenversicherung zu Beginn
          des Jahres 2019.
         Die Ausgaben für die Weiterbildung der Beschäftigten werden kräftig erhöht; Arbeits-
          losengeld wird unter erleichterten Voraussetzungen gezahlt.
         Die allgemeine Rücklage der Bundesagentur (23,5 Mrd. Euro zum Jahresende 2018) wird
          weiter steigen.
         Eine weitere Beitragssatzsenkung ist angesichts der extrem hohen Rücklage angebracht.

         The Federal Labor Agency will achieve a budget surplus in 2019 as well as in 2020—
          despite of the decrease of the rate of contributions to unemployment insurance in
          January 2019.
         The expenditures for the qualification of the employees will be strongly increased.
          Unemployment benefits will be extended.
         The general reserves of the Agency (euro 23.5 bn at the end of 2018) will continue to
          increase.
         Another reduction of the rate of contributions to unemployment insurance is necessary
          due to the extremely high reserves of the Federal Labor Agency.

     Schlüsselwörter: Arbeitslosenversicherung, Beitragssatzsenkung, Budgetüberschuss,
     Sozialversicherung

         Alfred Boss
        Elsa-Brandström-Str. 15
         24119 Kronshagen
         Tel.: +49-431-541632
         E-Mail: alfred.boss@gmx.de

     Die Autoren tragen die Verantwortung für den Inhalt dieser Publikation, nicht das Institut. Kommentare sind direkt
     an die Autoren zu richten.

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KIEL POLICY BRIEF                         NR. 124 | APRIL 2019
Kiel POLICY BRIEF NR. XX | MONAT 2018

    ÜBERSCHÜSSE DER BUNDESAGENTUR FÜR
    ARBEIT – WEITERE BEITRAGSSATZSENKUNG
    ERFORDERLICH

    von Alfred Boss

    Die Bundesagentur für Arbeit hat im Jahr 2018 einen Überschuss in Höhe von 6,2 Mrd. Euro
    erzielt. Zum Jahresbeginn 2019 wurde der Beitragssatz – befristet bis Ende 2022 – von 3,0 auf
    2,5 Prozent gesenkt. Die Begünstigung der Midi-Jobs wird ab Juli 2019 ausgeweitet. Ab Januar
    2019 werden zusätzliche Leistungen gewährt. Im Folgenden wird eine Prognose für die
    Finanzsituation der Bundesagentur für Arbeit in den Jahren 2019 und 2020 vorgelegt, und es
    wird geprüft, ob der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung – wie vor vier Monaten vorge-
    schlagen (Boss 2018) – trotz der eingetrübten konjunkturellen Entwicklung auf 2,2 Prozent
    gesenkt werden sollte.

    1        EINNAHMEN UND AUSGABEN IN DEN JAHREN 2019 UND
             2020

    Der Prognose liegt neben den relevanten institutionellen Regelungen die Konjunkturprognose
    des Instituts für Weltwirtschaft vom 13. März 2019 zugrunde (Ademmer et al. 2019a). Es wird
    erwartet, dass die Beschäftigtenzahl im Jahr 2019 weiter – und zwar um 1,3 Prozent – zuneh-
    men und der Lohn je Beschäftigten um 3,0 Prozent steigen werden. Für die Lohnsumme
    bedeutet dies eine Zunahme um 4,3 Prozent (Tabelle 1). Für das Jahr 2020 wird mit einem
    Anstieg der Lohnsumme um 4,1 Prozent gerechnet.

     Tabelle 1:
     Beschäftigte, Bruttolohn je Beschäftigten und Lohnsumme (Inländerkonzept) 2016–2020 (Veränderung gegenüber
     dem Vorjahr in Prozent)
                                             2016           2017            2018           2019*          2020*
     Beschäftigte                              1,5            1,6            1,6            1,3             0,9
     Bruttolohn je Beschäftigten               2,5            2,5            3,2            3,0             3,3
     Lohnsumme                                 4,0            4,2            4,8            4,3             4,1

     *Prognosewerte.

     Quelle: Statistisches Bundesamt (2019: 11, 14); Ademmer et al. (2019a: 34, 46); eigene Zusammenstellung; eigene
     Berechnungen.

       Die Beitragseinnahmen der Bundesagentur für Arbeit dürften im Jahr 2019 deutlich sinken
    (Tabelle 2). Mit Wirkung ab Beginn des Jahres wurde der Beitragssatz von 3,0 auf 2,5 Prozent

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     gesenkt (Gesetz zur Stärkung der Chancen für Qualifizierung und für mehr Schutz in der
     Arbeitslosenversicherung 2018). Auch werden die Arbeitgeber ab Juli 2019 für Gering-
     verdiener weniger Sozialversicherungsbeiträge zahlen (Begünstigung der Midi-Jobs). Die
     sogenannte Gleitzone bei den Sozialversicherungsbeiträgen der Arbeitnehmer, in der die
     Belastung allmählich auf die normale Belastung steigt, wird sich auf Bruttolöhne im Bereich
     von 451 bis 1 300 Euro je Monat statt auf Bruttolöhne zwischen 451 und 850 Euro je Monat
     erstrecken (Gesetz über Leistungsverbesserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen
     Rentenversicherung 2018). Diese Regelung bedeutet für das Jahr 2019 Mindereinnahmen in
     Höhe von 0,03 Mrd. Euro (vgl. Anhang). Im Jahr 2020 wird das Beitragsaufkommen ungefähr
     so stark zunehmen wie die Lohnsumme. Die Mindereinnahmen infolge der Ausweitung der
     Begünstigung der Midi-Jobs werden sich auf 0,05 Mrd. Euro belaufen (vgl. Anhang).

      Tabelle 2:
      Einnahmen und Ausgaben der Bundesagentur für Arbeit 2016–2020 (Mrd. Euro)
                                                         2016           2017           2018           2019*         2020*
      Beiträge                                           31,19          32,50          34,17          29,82          30,99
      dito, Veränderung gegenüber dem Vorjahr
         (Prozent)                                         4,2           4,2            5,1          -12,7            3,9
      Umlage für das Insolvenzgeld                         1,11          0,88           0,62           0,64           0,67
      Winterbeschäftigungsumlage                           0,37          0,38           0,41           0,43           0,43
      Verwaltungskostenerstattung SGB II                   3,03          3,31           3,38           3,43           3,47
      Sonstige Einnahmen                                   0,65          0,74           0,74           0,80           0,81

      Einnahmen                                          36,35          37,82          39,34          35,12          36,37

      Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit              14,44          14,06          13,76          14,13          14,66
      Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung      1,09           1,13           1,11           1,18           1,23
      Insolvenzgeld                                       0,60           0,69           0,59           0,72           0,77
      Konjunkturelles Kurzarbeitergeld                    0,14           0,09           0,06           0,12           0,16
      Förderung der ganzjährigen Beschäftigung            0,33           0,36           0,39           0,42           0,43
      Gründungszuschuss                                   0,30           0,29           0,27           0,29           0,30
      Förderung der beruflichen Weiterbildung             1,15           1,23           1,29           1,74           1,99
      Eingliederungstitela                                1,55           1,41           1,29           1,36           1,43
      Ausgaben gemäß Kapitel 5b                           5,31           6,44           8,13           6,40           6,65
      Ausgaben gemäß Kapitel 6c                           2,32           2,54           2,62           2,65           2,68
      Sonstige Ausgabend                                  3,68           3,64           3,61           3,82           3,91

      Ausgaben                                           30,89          31,87          33,11          32,83          34,21

      Saldo                                                5,46          5,95           6,23           2,29           2,16
      *Prognosewerte. — aOhne Gründungszuschuss und ohne Ausgaben zur Förderung der beruflichen Weiterbildung. — bInsbe-
      sondere Verwaltungsausgaben. — cVor allem Personalausgaben. — dAusgaben gemäß Kapitel 3 des Haushalts (ohne Ar-
      beitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung, ohne konjunkturelles Kurzarbeitergeld und ohne Ausgaben zur Förderung der
      ganzjährigen Beschäftigung) zuzüglich Erstattungen an die gesetzliche Rentenversicherung und an die soziale Pflegeversi-
      cherung. — Abweichungen in den Summen infolge Rundung.

      Quelle: Bundesagentur für Arbeit (lfd. Jgg.); eigene Zusammenstellung; eigene Prognose.

        Die Insolvenzgeldumlage wird im Jahr 2019 bei einem Satz von 0,06 Prozent vermutlich zu
     Einnahmen in Höhe von 0,64 Mrd. Euro führen, im Jahr 2020 wird sie wohl 0,67 Mrd. Euro
     betragen. Die Winterbeschäftigungsumlage dürfte sich in den Jahren 2019 und 2020 auf

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Kiel Policy Brief                NR. XX | MONAT 2018

     jeweils 0,43 Mrd. Euro belaufen. Die vom Bund geleisteten Erstattungen von Verwaltungs-
     kosten (für den Bereich Grundsicherung für Arbeitsuchende gemäß dem Sozialgesetzbuch II)
     dürften in den Jahren 2019 und 2020 nur wenig steigen. Die restlichen Einnahmen (u.a.
     Verwaltungseinnahmen, Kostenerstattungen sowie Zinsen und Erträge) werden sich im Jahr
     2019 wohl auf 0,80 belaufen und sich im Jahr 2020 wenig verändern. Die gesamten Einnah-
     men dürften im Jahr 2019 um 4,22 Mrd. Euro sinken und im Jahr 2020 um 1,25 Mrd. Euro
     zunehmen.
        Bei den Ausgaben für das Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit (gesamtes Arbeitslosengeld
     ohne Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung) gibt es in den Jahren 2019 und 2020
     einige Änderungen: (1) Mit Wirkung ab Jahresbeginn 2019 wurde der Pauschalsatz für den
     Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen bei der Bemessung des Arbeitslosengeldes von 21
     auf 20 Prozent gesenkt (Bundesregierung 2018: 14). Dadurch nehmen das Nettobemessungs-
     entgelt und – bei gegebenen Leistungssätzen – der Anspruch auf Arbeitslosengeld zu. (2) Mit
     Wirkung ab Jahresbeginn 2020 werden die Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosen-
     geld gelockert. Arbeitslose werden schon dann Arbeitslosengeld erhalten, wenn sie in den
     zweieinhalb Jahren vor der Arbeitslosigkeit 12 Monate lang beschäftigt waren; bis dahin
     besteht ein Anspruch nur dann, wenn in den zwei Jahren vor Eintritt der Arbeitslosigkeit 12
     Monate lang ein Beschäftigungsverhältnis bestand (Sozialgesetzbuch III 2018: § 143; Bundes-
     regierung 2018: 8, 13–14; FAZ 2018b). Die erste Änderung bedeutet, dass das Arbeits-
     losengeld je Empfänger ab dem Jahr 2019 um reichlich ein Prozent höher als sonst ausfallen
     wird; die zweite Änderung hat zur Folge, dass die Zahl der Empfänger von Arbeitslosengeld im
     Jahr 2020 höher als sonst sein wird (Tabelle 3). Für die Jahre 2019 und 2020 resultieren insge-
     samt Mehrausgaben in Höhe von 180 bzw. 320 Mill. Euro (Boss 2018: 7).
        Die Ausgaben für das Arbeitslosengeld bei Arbeitslosigkeit werden in den Jahren 2019 und
     2020 wohl um 2,7 bzw. 3,8 Prozent zunehmen. Der Anstieg wird trotz eingetrübter Konjunk-
     turaussichten nicht groß sein, weil die Arbeitslosenzahl – wenn auch abgeschwächt – sinken
     dürfte (Ademmer et al. 2019a: 34).

     Tabelle 3:
     Arbeitslose, Empfänger von Arbeitslosengeld und Arbeitslosengeld je Empfänger 2016–2020
                                                 2016           2017           2018          2019*          2020*
     Arbeitslose (1 000)                         2 691          2 533         2 340          2 193          2 105
     Empfänger von Arbeitslosengeld bei
       Arbeitslosigkeit
         – 1 000                                   787           745            715            710            715
         – im Verhältnis zu der Zahl der
           Arbeitslosen (Prozent)                 29,2           29,4           30,6           32,4          34,0
     Arbeitslosengeld je Empfänger (Euro je
        Monat)                                   1 529          1 572         1 603          1 659          1 709
     *Prognosewerte.

     Quelle: Ademmer et al. (2019a: 34); Bundesagentur für Arbeit (2017: 116); Bundesagentur für Arbeit (2019); eigene
     Berechnungen; eigene Prognose.

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KIEL POLICY BRIEF                   NR. 124 | APRIL 2019
Kiel Policy Brief        NR. XX | MONAT 2018

        Die Ausgaben für das Arbeitslosengeld bei beruflicher Weiterbildung werden in den Jahren
     2019 und 2020 deutlich steigen. Arbeitslose werden ab Jahresbeginn 2019 nach einer Wei-
     terbildungsmaßnahme künftig mindestens drei weitere Monate lang Arbeitslosengeld er-
     halten statt bisher einen Monat lang (Bundesregierung 2018: 13, 16).
        Für das Insolvenzgeld werden in den Jahren 2019 und 2020 wohl deutlich höhere Beträge
     als im Jahr 2018 aufgewendet. Gleiches gilt für die Ausgaben für das konjunkturelle Kurz-
     arbeitergeld. Für die Förderung der ganzjährigen Beschäftigung werden in den Jahren 2019
     und 2020 wohl jeweils reichlich 0,4 Mrd. Euro ausgegeben.
        Die Ausgaben zur Förderung der beruflichen Weiterbildung werden in den Jahren 2019
     und 2020 kräftig aufgestockt: Die Förderung der beruflichen Weiterbildung in kleinen
     Unternehmen wird verstärkt (FAZ 2018a). Die Aufwendungen für Gründungszuschüsse und
     die für die sonstigen unter den Eingliederungstiteln verbuchten Ausgaben werden in den
     Jahren 2019 und 2020 etwas zunehmen – nach einem Rückgang im Jahr 2018.
        Hinsichtlich der Verwaltungsausgaben (gemäß Kapitel 5 des Haushalts der Bundesagentur)
     wird angenommen, dass in den Jahren 2019 und 2020 eine Sonderzuweisung an den
     Versorgungsfonds der Bundesagentur nicht erfolgen wird. Unter dieser Annahme werden die
     Verwaltungsausgaben im Jahr 2019 stark sinken und im Jahr 2020 etwas steigen. Die
     Ausgaben gemäß Kapitel 6 (vor allem Personalausgaben) werden in den Jahren 2019 und
     2020 wohl schwächer zunehmen als im Jahr 2018. Die sonstigen Ausgaben (Ausgaben gemäß
     Kapitel 3 wie z.B. die Aufwendungen für die Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben)
     werden in den Jahren 2019 und 2020 deutlich steigen.
        Die gesamten Ausgaben der Bundesagentur dürften im Jahr 2019 etwas sinken und sich
     wohl auf 32,83 Mrd. Euro belaufen. Im Jahr 2020 dürften sie um 1,38 Mrd. Euro zunehmen.

     2     RÜCKLAGEN AUF REKORDNIVEAU

     Infolge der Überschüsse der Bundesagentur für Arbeit haben in den vergangenen Jahren
     deren Rücklagen kräftig zugenommen. Einzelne Einnahmen und Ausgaben werden aber nicht
     im allgemeinen Haushalt verbucht, sondern speziellen Zwecken bzw. Fonds zugeordnet. Es
     geht um die Einnahmen aus der Insolvenzgeldumlage und um die Ausgaben für das Insolvenz-
     geld einerseits sowie um die Einnahmen aus der Winterbeschäftigungsumlage und um die
     Ausgaben für die Förderung der ganzjährigen Beschäftigung (vor allem Wintergeld) anderer-
     seits. So entstehen neben dem allgemeinen Budgetsaldo Zuführungen zur Insolvenzgeld-
     rücklage und zur Winterbeschäftigungsrücklage und entsprechende Rücklagen oder Entnah-
     men aus diesen speziellen Rücklagen. Die gesamten Änderungen dieser Rücklagen resultieren
     aus den Differenzen aus den betreffenden Einnahmen und Ausgaben abzüglich anteiliger Per-
     sonal- und sonstiger Verwaltungsausgaben und zuzüglich bestimmter Erträge.
        Während sich die speziellen Rücklagen aufgrund bestimmter Regeln (Anpassungen beim
     Unter- oder Überschreiten bestimmter Grenzen) wenig verändern, hat die allgemeine Rück-
     lage, für die es eine vergleichbare Anpassungsregel nicht gibt, Ende 2018 einen sehr hohen

                                                                                                   6
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     Wert von 23,5 Mrd. Euro erreicht.1 Ende des Jahres 2019 wird sich die allgemeine Rücklage
     wohl auf 25,9 Mrd. Euro belaufen, Ende 2020 auf 28,2 Mrd. Euro (Tabelle 4).

         Tabelle 4:
         Rücklagen der Bundesagentur für Arbeit am Ende der Jahre 2013–2020
                               Allgemeine Rücklage           Insolvenzgeldrücklage Winterbeschäftigungs- Rücklage insgesamt
                                                                                         rücklage

                            1 000 €              vHa                1 000 €                1 000 €              1 000 €
            2013           2 440 887              0,09               30 450                217 018             2 688 355
            2014           3 419 285              0,12              573 813                272 809             4 265 907
            2015           6 489 703              0,21            1 205 415                290 956             7 986 074
            2016          11 454 772              0,36            1 675 242                318 864            13 448 877
            2017          17 249 758              0,53            1 823 600                327 141            19 400 499
            2018          23 497 363b             0,69            1 802 403                328 627            25 628 393
            2019*         25 900 000              0,74            1 700 000                318 000            27 918 000
            2020*         28 200 000              0,78            1 580 000                298 000            30 078 000

         *Prognosewerte. — aIm Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt in Prozent. — bEinschließlich der Eingliederungs-
         rücklage gemäß Sozialgesetzbuch IV (2019), § 71c: 578 108 Tsd. Euro.

         Quelle: Auskunft der Bundesagentur für Arbeit vom 2.1.2018, vom 18.1.2018, vom 5.2.2018 und vom 12.2.2019; Statisti-
         sches Bundesamt (2019: 4); Ademmer et al. (2019a: 45); eigene Zusammenstellung; eigene Berechnungen; eigene Pro-
         gnose.

     3           DER BUDGETSALDO UND SEINE KOMPONENTEN –
                 KONJUNKTURELLER UND STRUKTURELLER
                 BUDGETSALDO

     Der Überschuss der Bundesagentur wird sich im Jahr 2019 unter den getroffenen Annahmen
     wohl auf 2,29 Mrd. Euro belaufen, im Jahr 2020 auf 2,16 Mrd. Euro. Die Bundesagentur
     rechnet für das Jahr 2019 mit einem Überschuss in Höhe von 0,54 Mrd. Euro (Bundesagentur
     für Arbeit 2018).2 Nach Einschätzung der Bundesbank „dürfte der Überschuss der BA im
     laufenden Jahr erneut merklich höher ausfallen als geplant“ (Deutsche Bundesbank 2019).
         Der Budgetsaldo der Bundesagentur lässt sich in eine konjunkturelle und in eine struktu-
     relle Komponente zerlegen. Der strukturelle Budgetsaldo ist derjenige, der resultiert, wenn
     das Bruttoinlandsprodukt in Vorjahrespreisen dem Produktionspotenzial gleicht, die Produk-
     tionslücke (der „output gap“) also null ist. Die Differenz zwischen dem Budgetsaldo und der
     strukturellen Komponente des Saldos ist die konjunkturelle Komponente.
         Im Jahr 2017 war das Bruttoinlandsprodukt in Vorjahrespreisen 1,5 Prozent größer als das
     Produktionspotenzial (Ademmer et al. 2019b: 8), der Budgetsaldo betrug 5,95 Mrd. Euro. Der
     strukturelle Teil davon ist derjenige, der resultierte, wenn das Bruttoinlandsprodukt in Vor-
     jahrespreisen in den Jahren vor dem Jahr 2017 um insgesamt 1,5 Prozentpunkte weniger
     ____________________
     1
       Die Rücklage des Versorgungsfonds der Bundesagentur hatte Ende des Jahres 2018 einen Marktwert in Höhe
     von 8,68 Mrd. Euro (Auskunft der Bundesagentur vom 16. Januar 2019).
     2
       Zur Qualität der Prognosen der Bundesagentur im Vergleich zur Qualität der Prognosen des Autors vgl. Boss
     (2018: 3, Tabelle 1). Der Vergleich betrifft die Jahre 2013 bis 2018.

                                                                                                                                 7
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     zugenommen hätte, als es tatsächlich der Fall war. Unter dieser Bedingung wäre die Beschäf-
     tigtenzahl im Jahr 2017 um 476 000 Personen geringer als sonst gewesen. Die Arbeitslosen-
     zahl wäre um 238 000 Personen, die Zahl der Empfänger von Arbeitslosengeld (bei einer
     Empfängerrelation von reichlich 29 Prozent) um 70 000 Personen größer gewesen. Für das
     Arbeitslosengeld hätten 1,32 Mrd. Euro mehr aufgewendet werden müssen, für andere
     streng konjunkturabhängige Ausgaben 0,07 Mrd. Euro. Die Beitragseinnahmen wären um
     0,48 Mrd. Euro, die gesamten Einnahmen um 0,49 Mrd. Euro geringer als sonst gewesen. Die
     konjunkturelle Komponente des Budgetsaldos im Jahr 2017 beträgt insgesamt 1,88 Mrd. Euro
     (Tabelle 5). Der Budgetsaldo beläuft sich konjunkturbereinigt auf 4,07 Mrd. Euro.

      Tabelle5:
      „Output gap“ (Prozent) und Komponenten des Budgetsaldos der Bundesagentur für Arbeit 2016–2020 (Mrd. Euro)
                                                               2016         2017          2018         2019*       2020*
      „Output gap“                                             0,8           1,5          1,4          0,9          1,3
      Budgetsaldo (1)                                          5,46          5,95         6,23         2,29         2,16
      Konjunkturelle Komponente des Budgetsaldos (2)           0,97          1,88         1,89         1,31         2,02
      Strukturelle Komponente des Budgetsaldos
          (3) = (1) – (2)                                      4,49          4,07         4,34         0,98         0,14
      Sonderzuweisungen an den Versorgungsfonds der
          Bundesagentur (4)                                    0,00          0,70         2,00         0,00         0,00
      Bereinigter struktureller Budgetsaldo (5) = (3) + (4)    4,49          4,87         6,34         0,98         0,14
      Nachrichtlich:
      Gesamte Zuführung zum Versorgungsfonds der
          Bundesagentur (Kapitel 5)                            0,53          1,22         2,72         0,63         0,65
      *Prognosewerte.

      Quelle: Ademmer et al. (2019b: 8); Bundesagentur für Arbeit (2016); Bundesagentur für Arbeit (2017); Bundesagentur für
      Arbeit (2018); Auskunft der Bundesagentur für Arbeit vom 7.12.2018 und vom 16.1.2019; eigene Berechnungen; eigene
      Prognose.

        Für das Jahr 2016 ergeben sich bei einem „output gap“ von 0,8 Prozent bei analoger
     Rechnung eine konjunkturelle Komponente in Höhe von 0,97 Mrd. Euro und eine strukturelle
     Komponente in Höhe von 4,49 Mrd. Euro. Der strukturelle Saldo für das Jahr 2018 beträgt
     4,34 Mrd. Euro. Für die Jahre 2019 und 2020 resultieren geringe positive strukturelle Salden.
        Die Zuführungen zum Versorgungsfonds der Bundesagentur in den Jahren 2017 und 2018
     umfassen Sonderzuweisungen. Diese sind außergewöhnliche Ausgaben und nicht strukturel-
     ler Art. Die berechneten strukturellen Salden sind daher um die Sonderzuweisungen zu
     erhöhen. Die bereinigten strukturellen Budgetsalden belaufen sich auf 4,87 Mrd. Euro im Jahr
     2017 und 6,34 Mrd. Euro im Jahr 2018. Bei der Berechnung für die Jahre 2019 und 2020 wird
     angenommen, dass es eine Sonderzuweisung nicht geben wird.

     4         WIRTSCHAFTSPOLITISCHE ÜBERLEGUNGEN

     Der Beitragssatz sollte grundsätzlich so festgesetzt werden, dass der strukturelle Budgetsaldo
     null ist. Der Budgetsaldo ist dann im Konjunkturzyklus im Durchschnitt der Jahre null. In

                                                                                                                               8
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     Jahren mit negativem „output gap“ entsteht ein Budgetdefizit, das durch Verschuldung der
     Bundesagentur oder durch einen Zuschuss des Bundes und dessen Verschuldung ausge-
     glichen wird. In Jahren der überdurchschnittlichen Kapazitätsauslastung entstehen Über-
     schüsse, die zur Schuldentilgung oder zur Rückzahlung des Zuschusses des Bundes verwendet
     werden. Bei Normalauslastung des Produktionspotenzials (bei einem „output gap“ von null)
     gibt es weder eine Rücklage noch Schulden der Bundesagentur. Eine Rücklage entsteht oder
     sie steigt in Jahren mit positivem „output gap“, sie sinkt oder verschwindet in Jahren mit
     negativem „output gap“.
         Ende 2020 wird sich die allgemeine Rücklage wohl auf 28,20 Mrd. Euro belaufen. Sie wird
     dann bei einem kumulierten „output gap“ in Höhe von 5,9 Prozentpunkten in Höhe von 8,07
     Mrd. Euro konjunkturbedingt sein. Die Differenz zwischen der erwarteten gesamten Rücklage
     und der konjunkturbedingten Rücklage beträgt 20,13 Mrd. Euro; sie beruht darauf, dass der
     strukturelle Saldo im Zeitraum 2016 bis 2020 positiv ist. Eine Rücklage in Höhe dieser Diffe-
     renz ist nicht nötig. Die Rücklage sollte reduziert werden, indem der Beitragssatz mit Wirkung
     ab Juli 2019 auf 2,2 Prozent festgesetzt wird.
         Wird der Beitragssatz mit Wirkung ab Juli 2019 – abweichend von der obigen Regel – auf
     2,2 Prozent gesenkt, dann entstehen – abgesehen von den Mehreinnahmen infolge der
     positiven Effekte auf die Beschäftigung – im Jahr 2019 Mindereinnahmen in Höhe von 1,85
     Mrd. Euro3 und im Jahr 2020 Mindereinnahmen in Höhe von 3,71 Mrd. Euro. Die Bundes-
     agentur wiese im Jahr 2019 einen Überschuss in Höhe von rund 0,4 Mrd. Euro auf. Im Jahr
     2020 betrüge das Defizit rund 1,6 Mrd. Euro. Der strukturelle Saldo in den Jahren 2019 und
     2020 wäre negativ. Die allgemeine Rücklage wäre Ende des Jahres 2020 mit 22,64 Mrd. Euro
     um 5,56 Mrd. Euro geringer als sonst; im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt
     beliefe sie sich auf 0,62 Prozent.
         Wenn der Beitragssatz zur Arbeitslosenversicherung gesenkt wird, dann wird die Zunahme
     der Arbeitskosten gedämpft, die Ausweitung der Beschäftigung wird begünstigt, und die
     Arbeitslosigkeit nimmt ab. Das Produktionspotenzial ist höher als sonst. Die Finanzlage des
     Staates verbessert sich.
         Wird der Beitragssatz nicht gesenkt, dann entfallen diese positiven Effekte. Auch besteht
     das Risiko, dass zusätzliche Ausgaben beschlossen werden. Beispielsweise könnten die
     Voraussetzungen für den Bezug von Arbeitslosengeld weiter gelockert, die Bezugsdauer ver-
     längert oder die Weiterbildungsmaßnahmen ausgeweitet werden. So plädieren Bundes-
     finanzminister Olaf Scholz und die stellvertretende SPD-Vorsitzende Manuela Schwesig dafür,
     Arbeitslosen länger als bisher Arbeitslosengeld zu zahlen (FAZ 2019a); Andrea Nahles, die
     SPD-Vorsitzende, kündigte an, die SPD wolle, dass Arbeitslosengeld für ältere Arbeitslose bis
     zu 33 Monate lang (statt bisher 24 Monate) und im Falle der Weiterbildung bis zu 36 Monate
     lang gezahlt wird (FAZ 2019b; FAZ 2019c). Lothar Binding, finanzpolitischer Sprecher der SPD-
     Fraktion im Bundestag, fordert, die Arbeitslosenunterstützung wieder mit dem vorherigen
     Einkommen zu verknüpfen (FAZ 2019d). Nach dem Bezug von Arbeitslosengeld soll es nach
     seinem Vorschlag Anspruch auf „eine am Nettolohn orientierte steuerfinanzierte Transfer-
     ____________________
     3
       Es wird angenommen, dass – bei gegebenem Beitragssatz und bei erhöhter Begünstigung der Midi-Jobs ab Juli
     2019 – 51,6 Prozent des Beitragsaufkommens im Jahr 2019 im zweiten Halbjahr anfallen. Im Jahr 2017 entfielen
     51,77 Prozent, im Jahr 2018 51,86 Prozent des Aufkommens auf das zweite Halbjahr.

                                                                                                                    9
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     zahlung“ geben, die über dem Arbeitslosengeld II liegt. Damit dieser neue Transfer – so der
     Vorschlag – eine bestimmte Grenze nicht unterschreitet, soll der gesetzliche Mindestlohn auf
     12 Euro angehoben werden.
        Regelungen dieser Art bedeuteten eine höhere Lohnersatzleistung für die Leistungs-
     empfänger im Durchschnitt. Je höher aber die Lohnersatzleistung, umso höher ist der von den
     Arbeitnehmern angestrebte Lohnsatz (Boss et al. 2007: 15). Es ist dann, wenn Leistungen aus-
     geweitet werden, mit einem Tariflohnanstieg zu rechnen, der größer als sonst ist; der Scha-
     den, den Gewerkschaften durch höhere Tariflohnsteigerungen in Form von mehr Arbeitslo-
     sigkeit anrichten, wird nämlich aus ihrer Sicht leichter erträglich, weil in mehr Fällen als sonst
     das Arbeitslosengeld an die Stelle des Nettolohns tritt. Die Arbeitskosten steigen rascher als
     sonst. Die Beschäftigung fällt kleiner als sonst aus, während die Arbeitslosenzahl größer als
     sonst ist.
        Andere Autoren argumentieren ähnlich. Ein Forscherteam um Christian Merkl kommt zum
     Ergebnis, dass eine Verlängerung der Bezugsdauer beim Arbeitslosengeld die Arbeitslosigkeit
     erhöhen würde (Hochmuth et al. 2019; FAZ 2019f). Detlef Scheele, der Vorstandsvorsitzende
     der Bundesagentur, sieht es skeptisch, Arbeitslosengeld älteren Menschen für einen
     verlängerten Zeitraum zu zahlen, „denn es kann dazu führen, dass Betroffene länger arbeits-
     los bleiben“ (FAZ 2019e).
        Es werden nicht nur Maßnahmen gefordert, die Mehrausgaben der Bundesagentur bedeu-
     teten, es wird auch dafür plädiert, das Arbeitslosengeld entsprechend der zurückgelegten
     Versicherungszeit zu staffeln. „Wer viele Jahre gearbeitet hat, soll länger mehr Geld erhalten,
     wenn er arbeitslos wird“, so Frau Manuela Schwesig (FAZ 2019a). Der Bundesfinanzminister
     hatte schon zu Jahresbeginn gefordert: Wer 20 oder 30 Jahre lang in die Arbeitslosenver-
     sicherung eingezahlt habe, „der erwartet bessere Leistungen“ (FAZ 2019a). Diese Argumenta-
     tion verkennt, dass die Arbeitslosenversicherung anders als die Rentenversicherung
     grundsätzlich eine Risikoversicherung ist. Leistungen werden im Risikofall gezahlt, unabhängig
     von der zurückgelegten Versicherungszeit (Beschäftigungsdauer).4
        Es bleibt daher dabei: Der Beitragssatz sollte – wie vorgeschlagen – Anfang Juli 2019 auf
     2,2 Prozent gesenkt werden. Um hohe Rücklagen nicht wieder entstehen zu lassen, sollte in
     Zukunft entsprechend der obigen Regel verfahren werden, die darauf abzielt, strukturelle
     Salden der Bundesagentur für Arbeit zu vermeiden. Im Übrigen hätte eine Senkung des
     Beitragssatzes statt einer Ausweitung der Ausgaben mit Blick auf die langfristig mögliche Ent-
     wicklung des gesamten Beitragssatzes zur Sozialversicherung Vorteile. Es droht gemäß einer
     Untersuchung von Martin Werding eine Anhebung des gesamten Beitragssatzes von gegen-
     wärtig knapp 40 Prozent auf 55 Prozent im Jahr 2060 (FAZ 2019g).

     ____________________
     4
       Die Arbeitslosenversicherung in Deutschland ist allerdings weit entfernt von einer wirklich privatwirtschaftlich
     organisierten Risikoversicherung. Arbeitnehmer sind nicht entsprechend ihrem Risikoprofil versichert. Die
     Einführung einer solchen Versicherung hätte weitreichende Konsequenzen für die Beitragsgestaltung und für die
     Bemessung der Lohnersatzleistungen (vgl. hierzu Glismann und Schrader 2005).

                                                                                                                          10
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     ANHANG: FINANZIELLE AUSWIRKUNGEN DER AUSWEITUNG
     DER MIDI-JOBS

     Nicht nur die Bezieher von Löhnen im Bereich 451 bis 850 Euro je Monat, sondern auch die
     Bezieher von Bruttolöhnen zwischen 851 und 1 300 Euro je Monat werden ab Juli 2019 nicht
     durch die vollen Sozialversicherungsbeiträge belastet werden (Gesetz über Leistungsver-
     besserungen und Stabilisierung in der gesetzlichen Rentenversicherung 2018). Die finanziellen
     Auswirkungen dieser Maßnahme werden folgendermaßen ermittelt: Zunächst wird die
     Lohnsumme berechnet, die von der Änderung betroffen ist. Dann wird der Effekt auf die
     Sozialversicherungsbeiträge, insbesondere auf die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung,
     ermittelt. Positive Effekte auf das Arbeitsangebot werden nicht berücksichtigt; sie dürften
     gering sein.
         Die Lohn- und Einkommensteuerstatistik 2013 (Statistisches Bundesamt 2017: Tabelle B
     4.1) enthält eine Schichtung der rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer (Lohnsteuer-
     fälle) nach der Höhe des Bruttolohns und der in den einzelnen Bruttolohngrößenklassen
     empfangenen Bruttolöhne. Unter den Annahmen, dass sich im Zeitraum 2013 bis 2019 die
     Zahl der Lohnsteuerfälle so entwickelt wie die Zahl aller Arbeitnehmer und der Durchschnitts-
     lohn der Lohnsteuerfälle sich so verändert wie der Durchschnittslohn aller Arbeitnehmer
     (Berechnung entsprechend den Angaben in Statistisches Bundesamt 2019: 11, 14; Tabelle 3
     im Text), lässt sich eine Schichtung für das Jahr 2019 ableiten.
         Drei Größenklassen dieser Schichtung werden unter der Annahme der Gleichverteilung der
     Lohnsteuerfälle in den drei Größenklassen so zerlegt, dass die Größenklassen 1 bis 5 400
     Euro, 5 401 bis 10 200 Euro und 10 201 bis 15 600 Euro entstehen. Die Obergrenzen dieser
     Größenklassen sind – je Monat gerechnet – die Grenzen, auf die es bei der Begünstigung der
     Midi-Jobs ankommt: 450 Euro, 850 Euro und 1 300 Euro. Mit Hilfe dieser zusätzlichen
     Schichtung lassen sich die Zahl der rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer (Lohn-
     steuerfälle) in den Bereichen 451 bis 850 Euro und 851 bis 1 300 Euro und die in diesen
     Bereichen erzielten Bruttolohnsummen im Jahr 2019 errechnen (Tabelle A1).

      Tabelle A1:
      Rentenversicherungspflichtige Arbeitnehmer und ihre Bruttolöhne in ausgewählten Bruttolohngruppen im Jahr 2019
                                                             Fälle                            Bruttolohn
          Bruttolohn von … bis … Euro
                                                            (1 000)                           (Mill. Euro)
                    1 – 5 400                              3 589,2                                9 346,8
                5 401 – 10 200                             2 583,7                               20 321,6
               10 201 – 15 600                             3 015,2                               39 067,5
               15 601 oder mehr                           26 553,2                            1 235 436,7
               Insgesamt                                  35 741,3                            1 304 172,6

      Quelle: Statistisches Bundesamt (2017); eigene Berechnungen.

        Für den ersten Bereich bedeutet die Neuregelung eine Ausweitung der Begünstigung, für
     den zweiten Bereich (Übergangsbereich) entsteht eine Begünstigung. In den begünstigten
     Bereichen werden die Arbeitgeberbeiträge normal berechnet, während die Arbeitnehmer-
     beiträge allmählich bis zum allgemeinen Beitragssatz steigen (Boss 2019: Anhang 1).

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        Im Bereich 5 401 bis 10 200 Euro (451 bis 850 Euro je Monat) beträgt der Durchschnitts-
     lohn 665 Euro je Monat. Der Arbeitnehmeranteil beläuft sich bei einem Beitragssatz von 2,5
     Prozent und bei ansonsten geltender Rechtslage (vgl. hierzu Sozialversicherung kompetent
     2018) im Durchschnitt auf 16,80 Prozent des Bruttolohns – bei Vernachlässigung des
     Zuschlags zum Pflegeversicherungsbeitrag für Kinderlose. Im Bereich 10 201 bis 15 600 Euro
     (851 bis 1 300 Euro je Monat) beträgt der Durchschnittslohn 1 080 Euro je Monat; der
     Arbeitnehmeranteil beträgt (ungekürzt) 19,83 Prozent des Bruttolohns. Bei der beabsichtig-
     ten Ausweitung der Begünstigung belaufen sich die Arbeitnehmeranteile auf 14,95 bzw. 18,78
     Prozent des Bruttolohns. Die auf die Arbeitslosenversicherung entfallenden Arbeitnehmer-
     anteile sinken infolge der Reform von 1,06 bzw. 1,25 Prozent auf 0,94 bzw. 1,18 Prozent des
     Bruttolohns (Tabelle A2).
        Dies bedeutet für das Jahr 2019 Beitragsmindereinnahmen der Bundesagentur für Arbeit
     in Höhe von reichlich 24 und reichlich 27 Mill. Euro, insgesamt also 52 Mill. Euro. Weil die
     Regelung erst am 1. Juli 2019 in Kraft treten wird, belaufen sich die Beitragsmindereinnahmen
     im Jahr 2019 auf 26 Mill. Euro.

      Tabelle A2:
      Arbeitnehmerbeitrag zur Arbeitslosenversicherung und Einnahmen der Arbeitslosenversicherung îm Status quo und
      bei verstärkter Begünstigung der Midi-Jobs (untere Bruttolohngruppen) im Jahr 2019
        Bruttolohngruppe    Arbeitnehmerbeitrag zur Arbeitslosenversicherung   Einnahmen der Arbeitslosenversicherung (Mill.
                                               (Prozent)                                         Euro)
                                     Status quo              Reform                 Status quo                Reform
             0 – 5 400                  0,00                    0,00                    0,0                      0,0
         5 401 – 10 200                 1,06                    0,94                  215,4                    191,0
        10 201 – 15 600                 1,25                    1,18                  488,3                    461,0

      Quelle: Eigene Berechnungen.

       Im Jahr 2020 werden die Mindereinnahmen 52 Mill. Euro betragen. Zwar nimmt die Zahl
     der Begünstigten infolge der steigenden Beschäftigtenzahl – für sich genommen – zu, wegen
     des zunehmenden durchschnittlichen Bruttolohns werden aber einige der im Jahr 2019
     Begünstigten im Jahr 2020 der normalen statt der ermäßigten Beitragsbelastung unterliegen.

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                                                                                     Leiter Bereich Schwerpunktanalysen
                                                                                              Head of Area Special Topics

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