Evaluation kantonales Vernetzungsprojekt Klettgau

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Evaluation kantonales Vernetzungsprojekt Klettgau
Evaluation kantonales Vernetzungsprojekt
Klettgau

             Markus Jenny
         Kim Meichtry-Stier

                              Bericht im Auftrag des Planungs- und Naturschutzamtes
                              (PNA) des Kantons Schaffhausen
Evaluation kantonales Vernetzungsprojekt Klettgau
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Impressum

Evaluation kantonales Vernetzungsprojekt Klettgau
Bericht im Auftrag des Planungs- und Naturschutzamtes (PNA) des Kantons Schaffhausen

Autoren
Markus Jenny, Kim Meichtry-Stier

Mitarbeit
Simon Birrer

Fotos
Markus Jenny

Zitiervorschlag
Jenny, M. & K. Meichtry-Stier (2020): Evaluation kantonales Vernetzungsprojekt Klettgau. Schweizerische Vogel-
warte, Sempach.

Kontakt
Dr. Markus Jenny, Schweizerische Vogelwarte, Seerose 1, 6204 Sempach
Tel.: 041 462 97 00, 041 462 97 69, markus.jenny@vogelwarte.ch

© 2020, Schweizerische Vogelwarte Sempach

Dieser Bericht darf ohne Rücksprache mit dem Planungs- und Naturschutz (PNA) des Kantons Schaffhausen und
der Schweizerischen Vogelwarte Sempach weder als Ganzes noch auszugsweise publiziert werden.

Schweizerische Vogelwarte Sempach, 2020
Evaluation kantonales Vernetzungsprojekt Klettgau
Evaluation kantonales Vernetzungsprojekt Klettgau                     2

Inhaltsverzeichnis

Zusammenfassung                                                      4
1. Einleitung                                                        4
2. Kantonales Vernetzungsprojekt Klettgau                            5
     2.1 Perimeter Vernetzungsprojekt Klettgau                        5
3.   Methoden, Datengrundlagen, Ziele                                7
     3.1 Zielwerte des kantonalen Vernetzungsprojekts Klettgau        7
4.   Resultate                                                       8
     4.1 Räumliche Verteilung der BFF                                 8
     4.2 Entwicklung BFF in den Gebieten                             10
           4.2.1 Entwicklung der gesamten BFF                        10
           4.2.2 Entwicklung der ökologisch wertvollen BFF (UZL-Q)   10
           4.2.3 Anteile der BFF-Typen pro Gebiet                    12
           4.2.4 Zielerreichung bei den BFF-Typen                    13
           4.2.5 Zielerreichung in Bezug auf die DZV-Anforderungen   14
           4.2.6 Auswirkungen auf Ziel- und Leitarten                15
5.   Beurteilung und Optimierungen der einzelnen
     Fördermassnahmen                                                16
           5.1.1 Buntbrache, Feldflorafläche                         17
           5.1.2 Rotationsbrache, Blühstreifen                       19
           5.1.3 Saum auf Ackerland                                  20
           5.1.4 Extensive Wiesen                                    21
           5.1.5 Hecken                                              23
           5.1.6 Hochstammobstbäume                                  24
           5.1.7 Kleinstrukturen                                     25
           5.1.8 Lebensräume ausserhalb der LN                       26
           Kompensationsflächen Doppelspurausbau Bahnlinie           26
           Bäche, Uferböschungen                                     27
6.   Diskussion                                                      29
     6.1 Beurteilung der Zielerreichung in den Gebieten              31
           6.1.1 Widen                                               31
           6.1.2 Langfeld                                            32
           6.1.3 Plomberg                                            33
7.   Handlungsempfehlung für das kantonale Vernetzungsprojekt
     Klettgau                                                        34
     7.1 Stärken und Schwächen des kantonalen Vernetzungsprojekts
         Klettgau                                                    34
           7.1.1 Rolle Trägerschaft                                  35
           7.1.2 Bewirtschaftungsanforderungen Massnahmen            36

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           7.1.3 Abgestufte Beiträge (Option)                   36
           7.1.4 Kostenaufwand PNA, zusätzliche NHG-Beiträge    37
           7.1.5 Beratung                                       37
           7.1.6 Kontrolle Massnahmen                           38
           7.1.7 Berichterstattung                              38
           7.1.8 Information Landwirte, Öffentlichkeitsarbeit   38
           7.1.10 Monitoring                                    39
           7.1.11 Nutzung von Synergien                         39
8.  Vernetzungsprojekte im Kontext der AP22+                    39
9.  Vorschläge für Optimierungen von Vernetzungsprojekten im
    Kanton SH                                                   40
10. Literatur                                                   42

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Zusammenfassung
Im Kanton Schaffhausen trägt das Planungs- und Naturschutzamt (PNA) in zwei für den Naturschutz
bedeutsamen Vorranggebieten die Verantwortung für die Umsetzung von Vernetzungsprojekten: In
der ackerbaulich geprägten Klettgaurinne werden zahlreiche national prioritäre Arten im Rahmen des
Vernetzungsprojekts Klettgau gefördert. Im Vernetzungsprojekt Randen steht in einer Landschaft
von nationaler Bedeutung vor allem der Schutz und die Förderung von Trockenwiesen im Vorder-
grund. Dieser Bericht dokumentiert die Entwicklung der Biodiversitätsförderflächen (BFF) von 2004–
2019 im kantonalen Vernetzungsprojekt Klettgau. Es handelt sich dabei um einen Perimeter mit drei
stark von der ackerbaulichen Nutzung geprägten Gebieten in der Klettgauebene. Die Zielerreichung
des Projekts in Bezug auf die von Bund und Trägerschaft angestrebten Flächen- und Qualitätsziele
wird dokumentiert und diskutiert.
Das Gebiet Widen nimmt mit 14,1 % ökologisch wertvollen BFF für die Erhaltung und Förderung von
seltenen und bedrohten Arten schweizweit eine herausragende Stellung ein. Die beiden anderen Ge-
biete sind mit 4,8 % (Plomberg) und 6,4 % (Langfeld) ökologisch wertvollen BFF im Vergleich mit dem
Gebiet Widen deutlich weniger gut aufgewertet. Die Dichte an Ziel- und Leitarten ist in den Gebieten
Plomberg und Landfeld denn auch markant tiefer als im Gebiet Widen. Im Vergleich zu anderen
Ackerbaugebieten in der Schweiz weisen sie aber relativ hohe Anteile an ökologisch wertvollen BFF
aus. In den Gebieten Langfeld und v.a. Plomberg werden die von der Direktzahlungsverordnung ge-
forderten Zielwerte für den Anteil an BFF von 12% jedoch auch in der dritten Periode deutlich verfehlt.
Eine Weiterführung des kantonalen Vernetzungsprojekts im Gebiet Plomberg lässt sich nur rechtferti-
gen, wenn für eine weitere Periode verbindliche Anforderungen an die Betriebsflächenim Gebiet ge-
stellt werden. Dieser Bericht macht dazu konkrete Vorschläge.
Die im Rahmen dieses kantonalen Vernetzungsprojekts angebotenen Massnahmen sind geeignet, um
die ausgewählten Ziel- und Leitarten zu fördern. Dies belegen regelmässige Bestandserhebungen
einzelner Arten sowie wissenschaftliche Detailstudien. Bei der Pflege einzelner Massnahmen und der
Kontrolle gibt es aber Defizite. Über eine Stärken-Schwächen-Analyse werden Handlungsempfehlun-
gen für einen verbesserten Vollzug des kantonalen Vernetzungsprojekts Klettgau hergeleitet.
Wie vom Auftraggeber erwünscht, werden deshalb in diesem Bericht auch Handlungsempfehlungen
für die Optimierung von Vernetzungsprojekten im Kanton gemacht. Aufgrund der unklaren Situation
bei der Weiterentwicklung der Schweizer Agrarpolitik (AP22+) stellt sich die Frage, auf welcher Stufe
Anpassungen bei den Rahmenbedingungen von Vernetzungsprojekten zu vollziehen sind. Die Auto-
ren sind der Meinung, dass zur Behebung der Defizite vor allem der Bund konkrete und zielführendere
Anforderungen für Vernetzungsprojekte definieren sollte.

1.      Einleitung
Seit 2004 ist das Planungs- und Naturschutzamt des Kantons Schaffhausen (PNA) als Trägerschaft
verantwortlich für die Umsetzung des kantonalen Vernetzungsprojekts Klettgau. Der Perimeter dieses
Projekts umfasst drei Gebiete in der Klettgauebene. Das Projekt steht in der dritten Projektperiode
(2016–2021). Die laufende Projektperiode endet gemäss letzter Bewilligung des Landwirtschaftamtes
2021. Nach der DZV-Revision (AP14–17) dauert eine Vernetzungsperiode aber 8 Jahre. Die dritte
Periode würde daher erst per Ende 2023 auslaufen.
Die Schweizerische Vogelwarte Sempach hat für dieses Vernetzungsprojekt (VP) den Konzeptbericht
erstellt (Jenny 2003) und erfasst seit 1992 jährlich die Feldhasen- und seit 1994 die Brutvogelbestän-

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de. Das PNA beteiligt sich an den Kosten für dieses Monitoring. Die Ergebnisse werden alle zwei Jah-
re in einem Bericht dokumentiert (Jenny 2020).
Grundsätzlich sind Trägerschaften von Vernetzungsprojekten gemäss Direktzahlungsverordnung
(DZV) verpflichtet, dem Kanton mit Zwischen- und Schlussberichten über die Entwicklung des Vernet-
zungsprojekts Rechenschaft abzugeben.
Beim kantonalen Vernetzungsprojekt Klettgau hat der Kanton bzw. das PNA bisher die Zielerreichung
im Rahmen von Zwischen- und Abschlussberichten selber beurteilt, wobei das Landwirtschaftsamt
(LWA) und die kantonale Natur- und Heimatschutzkommission (KNHK) die Berichte und Weiterfüh-
rungsanträge bewertet und mit Auflagen genehmigt haben. Mit der Mandatierung eines „Evaluations-
berichts“ an eine unabhängige Instanz soll diese Beurteilung der Zielerreichung objektiviert werden.
Das PNA hat deshalb der Vogelwarte das Mandat erteilt, einen Evaluationsbericht zum Projekt zu
erstellen. Die Resultate dieser Arbeit bilden eine Grundlage für die kantonsinternen Diskussionen zur
zukünftigen Ausgestaltung des Instruments Vernetzungsprojekte.
In diesem Bericht sollen folgende Inhalte dargestellt werden:
         Beurteilung der Erreichung der Umsetzungsziele gemäss Konzeptbericht (Jenny 2003) in den
          drei Gebieten (Anteil/Lage/Qualität der Biodiversitätsförderflächen (BFF), spezifische Darstel-
          lung nach BFF-Typen) mittels einer GIS-Analyse der vorhandenen Daten aus dem Jahr 2019;
         Abschätzung der Wirkung auf Ziel- und Leitarten des kantonalen Vernetzungsprojekts Klett-
          gau;
         Vorschläge für Optimierungen bei den Massnahmen.

Zudem soll der Bericht folgende Aspekte beleuchten:
         Vorgehen zur Umsetzung der vorgeschlagenen Optimierungsmassnahmen;
         Evaluation von Organisationsform, Rollen und Zuständigkeiten;
         Evaluation von Potential vs. Grenzen von Koordination mit Drittprojekten (NHG-
          Bewirtschaftungsverträge, Naturschutzgebietspflege, Drittaufträge, Artenförderungs-
          massnahmen).

Ergänzend dazu sollen auch Handlungsempfehlungen zur Weiterentwicklung und Wirkungsoptimie-
rung von anderen kantonalen und kommunalen Vernetzungsprojekten im Kanton Schaffhausen ge-
macht werden. Die zukünftige Ausgestaltung des Instruments „Vernetzungsprojekt“ ist stark abhängig
von der Ausgestaltung der Agrarpolitik 22+ (AP22+). Vorschläge des BLW zu Anpassungen der DZV-
Anforderungen, sollen im Frühjahr 2021 in die Vernehmlassung gehen. Der Vogelwarte sind diese
Vorschläge bekannt, da sie im Rahmen von Expertenhearings in den Prozess eingebunden war. Die
Vorschläge werden deshalb in vorliegendem Bericht aufgegriffen.

2.        Kantonales Vernetzungsprojekt Klettgau

2.1       Perimeter Vernetzungsprojekt Klettgau
Der Projektperimeter umfasst die drei Gebiete Widen, Langfeld und Plomberg. Alle drei Gebiete wer-
den hauptsächlich ackerbaulich genutzt und wurden ursprünglich als Kerngebiete des Rebhuhnförde-
rungsprojekts ausgeschieden (Jenny et al. 2002). Für eine Beschreibung der spezifischen Eigenschaf-
ten verweisen wir auf Jenny et al. (2002). Die Gesamtperimeterfläche der drei Gebiete umfasst
                                            2
13,6 km² (Tab. 1), davon liegen knapp 12 km innerhalb der landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN).

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Tab. 1. Flächendaten der drei Gebiete des kantonalen Vernetzungsprojekts Klettgau. Datenquelle: Kanton SH;
Datenauswertung: Vogelwarte

Gebiet                                              Widen     Langfeld       Plomberg           Total
Fläche Perimeter (ha)                                 530           306           526           1‘362
Landwirtschaftliche Nutzfläche (ha)                   459           229           508           1‘196

Abb. 1. Lage der drei Gebiete des kantonalen Vernetzungsprojekts Klettgau.

Die ackerbauliche Nutzung (Kulturen, Fruchtfolge) ist in allen drei Gebieten ähnlich. Hinsichtlich der
geologischen und bodenkundlichen Eigenschaften unterscheiden sich die Gebiete Langfeld und
Plomberg aber markant vom Gebiet Widen. Die sehr flachgründigen, skelettreichen Kalkschuttböden
im Gebiet Widen sind von mittlerer bis geringer Bonität und haben ein niedriges natürliches Ertragspo-
tenzial. Umgekehrt haben solche Böden ein sehr hohes Biodiversitätspotenzial. In den Gebieten Lang-
feld und Plomberg sind die Böden hingegen sehr ertragreich.
Eine zu intensive, nicht standortangepasste Nutzung der ertragsarmen Böden im Gebiet Widen führte
zu hohen Nitratbelastungen im Grundwasser (Kanton Schaffhausen 2007) und zu einer Schädigung
der äusserst reichen Artenvielfalt in diesem Gebiet. Um diese negativen Externalitäten der landwirt-
schaftlichen Nutzung nachhaltig zu reduzieren und qualitativ einwandfreies Trinkwasser nutzen zu
können, startete der Kanton Schaffhausen 2001 ein Nitratprojekt nach Art. 62a des Gewässerschutz-
gesetzes. Das Nitratprojekt wird von Bund, Kanton und Wasserversorgung massgeblich mitfinanziert.
Gemäss Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Kanton Schaffhausen vom 1.1.2020 ist die Wei-
terführung des Nitratprojekts bis 2025 (4. Periode) gesichert. Über dieses Projekt werden, zusätzlich
zu den Direktzahlungen des Bundes, finanzielle Anreize für die Extensivierung der Produktion ange-
boten. Ergänzend dazu bezahlt der Kanton über Naturschutzbeiträge Aufwertungen von Ackerstand-

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orten (Buntbrachen, Feldfloraflächen, Niederheckenpflanzungen). Diese zusätzlichen Beiträge für die
spezifische Artenförderung werden mit Mitteln aus dem kantonalen Naturschutzbudget gemäss Natur-
und Heimatschutzgesetz (NHG) über NFA-Bundesbeiträge und den kantonalen NHG-Fonds finanziert.
Diese kumulativen Anreizzahlungen stiessen bei den Landwirten im Gebiet Widen auf hohe Akzep-
tanz. Das Interesse der Landwirte, im offenen Ackerland ökologisch wertvolle BFF anzulegen und die
Produktion zu extensivieren, ist aus finanziellen und produktionsbedingten Gründen in den Gebieten
Langfeld und Plomberg deutlich geringer als im Gebiet Widen. Das hat entsprechende Auswirkungen
auf die Zielerreichung in diesen Gebieten (siehe Kap. 4.2).
Im Zusammenhang mit dem Doppelspurausbau der Bahnlinie Waldshut-Schaffhausen (Deutsche
Bahn) wurden in den Gebieten Langfeld und Plomberg ausserhalb der Landwirtschaftlichen Nutzflä-
che als Kompensationsmassnahmen naturnahe Lebensräume angelegt (Jenny 2016, Jenny 2018).
Diese werden aber in diesen Gebieten nicht als BFF angerechnet, da sie nicht von Landwirten genutzt
und gepflegt werden. Weitere Kompensationsmassnahmen wurden auf kantonseigenen Landwirt-
schaftsflächen im Gebiet Widen realisiert. Diese Flächen werden als BFF bewirtschaftet und sind da-
her beitragsberechtigt.

3.        Methoden, Datengrundlagen, Ziele
Für diese Evaluation standen uns die anonymisierten Betriebsdaten zu den Biodiversitätsförderflächen
aus den Jahren 2002, 2010 und 2019 zur Verfügung. Die Daten aus den Jahren 2002 und 2010 wur-
den von der Vogelwarte im GIS erfasst. Für das Jahr 2019 standen die GIS-Daten des Kantons zur
Verfügung. Die Datenauswertungen erfolgten mit den Programmen Q-GIS (QGIS.org 2020) und R (R
Core Team 2020).

3.1       Zielwerte des kantonalen Vernetzungsprojekts Klettgau
Das Vernetzungsprojekt strebte gemäss Konzept das Ziel an, in allen drei Gebieten den Anteil ökolo-
gisch wertvoller BFF zu erhöhen (Jenny 2003). Gemäss Konzept wurden alle BFF-Typen mit Qualität
ll sowie die BFF-Typen auf Ackerland (Buntbrache, Rotationsbrache, Ackerschon-/Feldfloraflächen,
Saum auf Ackerland) als ökologisch wertvoll bewertet. Sie werden in diesem Bericht als ökologisch
wertvolle BFF mit UZL-Qualität (UZL-Q) bezeichnet. BFF mit UZL-Qualität fördern nachweislich Ziel-
und Leitarten (Walter et al. 2013). Im kantonalen VP Klettgau gelten jedoch gemäss den kantonalen
Richtlinien zur Vernetzung neben BFF mit Qualität ll und BFF-Typen des Ackerlands auch BFF mit
Qualität l als beitragsberechtigte Vernetzungsflächen, sofern sie gewisse Zusatzkriterien erfüllen (z.B.
Rückzugsflächen, Kleinstrukturen, etc.). Im VP-Perimeter betrifft dies ausschliesslich extensive Wie-
sen und Hecken. Wir bezeichnen die Gesamtheit aller beitragsberechtigten Vernetzungsflächen als
BFF mit DZV-Qualität (DZV-Q). BFF mit Qualität l entsprechend in der Regel nur bedingt den Ansprü-
chen der ausgewählten Ziel- und Leitarten.

Als ökologisch wertvolle BFF gemäss Konzept1 und (UZL-Q) wurden folgende Typen bewertet:
         extensiv genutzte Wiesen mit Qualitätsstufe ll
         wenig intensiv genutzte Wiesen mit Qualitätsstufe ll
         Hecken mit Qualitätsstufe ll
         Buntbrachen
         Rotationsbrachen

1
    Gemässs PNA (mündlich) gilt diese Definition für alle Vernetzungsprojekte im Kanton SH. BFF mit Qualität l
      werden deshalb nicht als ökologisch wertvoll bewertet.

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Evaluation kantonales Vernetzungsprojekt Klettgau
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         Saum auf Ackerland
         Reben mit natürlicher Artenvielfalt mit Qualitätsstufe ll

Als Zielwerte für das VP Klettgau wurden 2003 folgende Anteile an ökologisch wertvollen BFF defi-
niert: Widen: 10 %, Langfeld: 7 %, Plomberg 7 %. Diese auf Literaturrecherchen und eigenen Unter-
suchungen basierenden Werte wurden zehn Jahre später durch wissenschaftliche Grundlagen (Walter
et al. 2013) gestützt. Zusätzlich wurden für die einzelnen BFF-Typen je nach Gebiet spezifische Antei-
le festgelegt (siehe Kap. 4.2.4).

Diesen Zielen übergeordnet sind die für Vernetzungsprojekte verbindlichen Anforderungen der
Direktzahlungsverordnung (DZV):
         Pro Zone muss für die erste achtjährige Vernetzungsperiode ein Zielwert von mindestens 5 %
          der landwirtschaftlichen Nutzfläche als ökologisch wertvolle BFF (DZV-Q) angestrebt werden.
         Für die weiteren Vernetzungsperioden muss ein Zielwert von 12–15 % BFF vorgegeben
          werden, wovon mindestens 50 % der BFF ökologisch wertvoll (DZV-Q) sein müssen.

4.        Resultate

4.1       Räumliche Verteilung der BFF
Die Abbildungen 2a–c zeigen die räumliche Verteilung der BFF im Jahr 2019 in den drei Gebieten des
Vernetzungsprojekts.

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Abb. 2a–c. Räumliche Verteilung der verschiedenen BFF-Typen in den drei Gebieten des kantonalen Vernet-
zungsprojekts Klettgau. Legende: ExtW = extensiv genutzte Wiese; HEQ = Hecken; BB = Buntbrache; RB = Ro-
tationsbrache; Reben = Reben mit natürlicher Artenvielfalt. QI, QII= Qualitätsstufe I bzw. II nach DZV.

Aus den Abbildungen 2a–c lässt sich erkennen, dass die einzelnen BFF und BFF-Typen in allen Ge-
bieten ungleichmässig verteilt sind. Im Gebiet Widen (2a) gibt es im südöstlichen Teil des Perimeters
(Gemeinde Löhningen) kaum BFF. Zudem kommen die Buntbrachen und die extensiv genutzten Wie-
sen aggregiert vor.

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In den Gebieten Langfeld und Plomberg gibt es ackerbauliche Gunstlagen, die kaum BFF aufweisen.
Die aggregierte Verteilung der BFF in diesen Gebieten ist geprägt von einzelnen Betrieben, die einen
hohen Anteil an BFF aufweisen.

4.2       Entwicklung BFF in den Gebieten
Im Folgenden wird die Entwicklung der BFF in den drei Gebieten Widen, Langfeld und Plomberg zwi-
schen 2002 und 2019 detaillierter dargestellt und analysiert.

4.2.1 Entwicklung der gesamten BFF2

Abb. 3. Entwicklung der gesamten BFF (Total aller Typen) in Prozent der Landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN) in
den drei Gebieten des kantonalen Vernetzungsprojekts Klettgau.

Im Gebiet Widen hat sich der Anteil BFF (Total aller Typen) seit Beginn des Projekts stetig erhöht. Der
Anteil an BFF lag 2019 bei 17,0 %.
Im Gebiet Langfeld hat sich der Anteil BFF im Zeitraum 2010–2019 deutlich positiv entwickelt, er lag
2019 bei 7,0 %.
Im Gebiet Plomberg hat sich der Anteil BFF seit Projektbeginn verringert. Er lag 2019 bei 5,8 %.

4.2.2 Entwicklung der ökologisch wertvollen BFF (UZL-Q)

Abb. 4. Entwicklung der ökologisch wertvollen BFF (UZL-Q) von 2002 bis 2019 in den drei Gebieten des kantona-
len Vernetzungsprojekts Klettgau.

2
    Hochstammobstbäume wurden bei der Berechnung der Flächenanteile nicht berücksichtigt.

Schweizerische Vogelwarte Sempach, 2020
Evaluation kantonales Vernetzungsprojekt Klettgau                                                        11

In allen Gebieten hat sich der Anteil an ökologisch wertvollen BFF seit Projektbeginn erhöht.
Der Anteil ökologisch wertvoller BBF lag 2019 im Gebiet Widen 2,9-mal höher als im Gebiet Plomberg
und 2,2-mal höher als im Gebiet Langfeld.

Abb. 5. Entwicklung des Anteils ökologisch wertvoller BFF (UZL-Q) im Vergleich zu den gesamten BFF im Gebiet
Widen von 2002 bis 2019.

Das Gebiet Widen wies 2019 mit 14,1 % einen sehr hohen Anteil an ökologisch wertvollen BFF auf.
Seit Projektbeginn hat sich dieser Anteil verdoppelt. 80 % aller BFF waren 2019 ökologisch wertvoll.

Abb. 6. Entwicklung des Anteils ökologisch wertvoller BFF (UZL-Q) im Vergleich zu den gesamten BFF im Gebiet
Langfeld von 2002 bis 2019.

Im Gebiet Langfeld lag der Anteil an ökologisch wertvollen BFF 2019 bei 6,4 %. Seit Projektbeginn hat
sich dieser Anteil um 73 % erhöht. 86 % aller BFF waren 2019 ökologisch wertvoll.

Schweizerische Vogelwarte Sempach, 2020
Evaluation kantonales Vernetzungsprojekt Klettgau                                                          12

Abb. 7. Entwicklung des Anteils ökologisch wertvoller BFF (UZL-Q) im Vergleich zu den gesamten BFF im Gebiet
Plomberg von 2002 bis 2019.

Im Gebiet Plomberg lag der Anteil ökologisch wertvoller BFF 2019 bei 4,8 %. Seit Projektbeginn hat
sich dieser Anteil um einen Drittel erhöht. 83 % aller BFF waren 2019 ökologisch wertvoll.

4.2.3 Anteile der BFF-Typen pro Gebiet
Im Folgenden wird die Verteilung der verschiedenen BFF-Typen in den drei Gebieten Widen, Langfeld
und Plomberg im Jahr 2019 dargestellt und analysiert. Es wurden alle BFF berücksichtigt, für die Ver-
netzungsbeiträge entrichtet wurden (DZV-Q). Für die dritte Phase des Vernetzungsprojekts war vor-
gesehen, für Hochstammobstbäume Fördergebiete zu definieren. Aus verschiedenen Gründen konnte
dies gemäss PNA nicht umgesetzt werden. Für Hochstammobstbäume wurden deshalb in der dritten
Phase keine Vernetzungsbeiträge entrichtet.

Abb. 8. Anteile der verschiedenen BFF-Typen pro Gebiet im Jahr 2019. Berücksichtigt wurden alle BFF (DZV-Q)
für die Vernetzungsbeiträge entrichtet wurden. Nicht berücksichtigt wurden Hochstammobstbäume, weil sie in der
dritten Periode nicht als Fördermassmassnahme des Vernetzungsprojekts deklariert wurden.

Im Gebiet Widen ist der Anteil extensiv genutzter Wiesen 4-mal höher als in den Gebieten Plomberg
und Langfeld, und der Anteil an Buntbrachen ist rund 4-mal bzw. 3-mal höher als in den anderen Ge-
bieten. Mit einem Buntbrachen-Anteil von 5,4 % und einem Anteil extensiv genutzter Wiesen von
10,7 % ist das Gebiet Widen vorbildlich aufgewertet. Dies lässt sich u.a. mit zusätzlichen finanziellen
Anreizen über das Nitratprojekt und über das Artenförderungsprojekt (PNA) erklären (siehe Kap. 2.1).

Schweizerische Vogelwarte Sempach, 2020
Evaluation kantonales Vernetzungsprojekt Klettgau                                                            13

Auffällig ist, dass der BFF-Typ Saum auf Ackerland in allen Gebieten nicht (Widen, Plomberg) bzw.
nur in geringer Fläche (Langfeld) ausgewiesen wurde. Der angemeldete Anteil an Hecken liegt in den
drei Gebieten bei 0,5–0,6 %. Es wurden aber zusätzlich kleinere Niederhecken und Gebüschgruppen
als Strukturbestandteil in Buntbrachen und Wiesen angepflanzt. Diese Elemente werden aber flä-
chenmässig nicht von der Agrarstatistik erfasst.

4.2.4 Zielerreichung bei den BFF-Typen
Im Konzept für das kantonale Vernetzungsprojekt Klettgau wurden gebietsspezifisch für alle BFF-
Typen spezifische Zielwerte (Soll) für den Anteil BFF festgelegt (Jenny 2003). Aus den Abbildungen 9
bis 11 ist die Zielerreichung bis 2019 ersichtlich.

Abb. 9. Vergleich der spezifischen Zielwerte (Soll) der BFF-Typen mit der Situation im Jahr 2019 für das Gebiet
Widen.

Im Gebiet Widen werden die Zielwerte für den angestrebten Anteil an Buntbrachen und extensiv ge-
nutzte Wiesen deutlich übertroffen. Umgekehrt wird der Zielwert für den BFF-Typ Saum auf Ackerland
verfehlt. Im Gebiet wurde während der gesamten Vernetzungsperiode nur im Rahmen einer Versuchs-
fläche ein Saum angelegt; dieser wurde aber 2019 nicht mehr als Saum ausgewiesen.

Abb. 10. Vergleich der spezifischen Zielwerte (Soll) der BFF-Typen mit der Situation im Jahr 2019 für das Gebiet
Langfeld.

Schweizerische Vogelwarte Sempach, 2020
Evaluation kantonales Vernetzungsprojekt Klettgau                                                            14

Im Gebiet Langfeld werden die Ziele für extensiv genutzte Wiesen (1,3-mal mehr) und Hecken (2,5-
mal mehr) deutlich, die Ziele für Brachen knapp übertroffen. Deutlich verfehlt wird aber auch im Gebiet
Langfeld der Zielwert für den BFF-Typ Saum auf Ackerland. Säume wurden nur in relativ geringer
Fläche angelegt. In den Gebieten Langfeld und Plomberg sowie den angrenzenden Gebieten (Hallau)
wurden auf einigen Ackerparzellen sehr viele Hochstammobstbäume gepflanzt, für die aber im Peri-
meter des kantonalen Vernetzungsprojekts keine Vernetzungsbeiträge entrichtet werden (siehe oben).
Um den Offenlandcharakter in den drei Gebieten zu erhalten sowie Ziel- und Leitartenarten (z.B. Feld-
lerche) dieses Landschaftstyps zu fördern, sollten Hochstammobstgärten gemäss Konzept nur in
Siedlungsnähe erhalten bzw. neu gepflanzt werden. Dazu sollten entsprechende Fördergebiete aus-
geschieden werden.

Abb. 11. Vergleich der spezifischen Zielwerte (Soll) der BFF-Typen mit der Situation im Jahr 2019 für das Gebiet
Plomberg.
Im Gebiet Plomberg wird der angestrebte Flächenanteil von Brachen (Bunt- und Rotationsbrachen)
insgesamt um fast 30 % verfehlt (siehe 5.1.2).
Der angestrebte Zielwert für extensive Wiesen wurde um fast 80 % übertroffen; jener für den BFF-Typ
Saum auf Ackerland hingegen deutlich verfehlt – im Jahr 2019 wurde kein einziger Saum ausgewie-
sen. Bei den Hecken wird der angestrebte Zielwert erreicht.

4.2.5 Zielerreichung in Bezug auf die DZV-Anforderungen
Die Zielerreichung der DZV-Anforderungen bis 2019, d.h. ein Jahr vor Ablauf der dritten Projektperio-
de, ist in Tabelle 2 dargestellt. Als Referenz für die Zielerreichung dient ein Zielwert von mind. 12 %
BFF bzw. 6 % ökologisch wertvolle BFF pro Gebiet.

Schweizerische Vogelwarte Sempach, 2020
Evaluation kantonales Vernetzungsprojekt Klettgau                                                           15

Tab. 2. Zielerreichung bei den BFF in den drei Gebieten des kantonalen Vernetzungsprojekts Klettgau in Bezug
auf die Anforderungen der Direktzahlungsverordnung (DZV). Stand 2019, 3. Vernetzungsperiode. Ziel gemäss
DZV: 12 % BFF bzw. 6 % ökologisch wertvolle BFF. Als BFF mit DZV-Q werden alle Flächen bezeichnet, welche
die Anforderungen des kantonalen VP Klettgau erfüllen.

Gebiete             Anteil BFF im      Anteil ökolo-     Abweichung          Abweichung
                       Jahr 2019      gisch wertvol-     von DZV-Ziel       von DZV-Ziel
                          (DZV-Q)    le BFF im Jahr             Anteil           Qualität
                                               2019        (Ref. 12 %)         (Ref. 6 %)
                                            (UZL-Q)                         Bezug UZL-Q
Widen                      17,0 %            14,1 %             +42 %             +135 %
Langfeld                    7,0 %             6,4 %              -42 %               +7 %
Plomberg                    5,8 %             4,8 %              -52 %              -20 %
alle Gebiete               10,3 %             8,7 %              -12 %             +45 %

Im Gebiet Widen werden beide Zielwerte der DZV (Anteile BFF, Anteile ökologisch wertvolle BFF)
deutlich übertroffen. Dies gilt auch bei Berücksichtigung der UZL-Q Anforderungen.
In den Gebieten Langfeld und Plomberg wird der von der DZV geforderte Zielwert von mind. 12 %
BFF auch in der dritten Projektperiode deutlich verfehlt. Der Zielwert an ökologisch wertvollen BFF
(UZL-Q Anforderungen) wird im Gebiet Langfeld erreicht, im Gebiet Plomberg wird er deutlich verfehlt.
In früheren Zwischenberichten des Kantons wurden alle drei Gebiete zusammengefasst. Diese Durch-
schnittswerte sind in Tabelle 2 auch aufgeführt. Aus unserer Sicht ist aber diese Durchschnittberech-
nung aus ökologischen, populationsbiologischen Gründen nicht vertretbar. Die hohen Werte des Ge-
biets Widen verschleiern bei dieser Durchschnittsberechnung die Defizite in den Gebieten Langfeld
und v.a. Plomberg.

4.2.6 Auswirkungen auf Ziel- und Leitarten3
Hinsichtlich der Auswirkungen des Vernetzungsprojekts verweisen wir auf die Berichte zum Brutvogel-
und Feldhasenmonitoring (Jenny 2020, Jenny 2018, Jenny 2016). Im Konzeptbericht wurden für zahl-
reiche Ziel- und Leitarten und Artgruppen Wirkungsziele definiert (Jenny et al. 2003).
Im stark aufgewerteten Gebiet Widen wurden die festgelegten Zielbestände (Wirkungsziel, WZ) eini-
ger Ziel- und Leitartenerreicht oder sogar übertroffen. Dazu zählen folgende Arten:
      
                                                                   2
           Feldhase: stetige Zunahme; mit 12–16 Feldhasen/km national bedeutsame Dichte
          Turmfalke: stetige Zunahme
          Grauammer: bis 2012 starke Zunahme, danach markante Abnahme; WZ deutlich verfehlt
          Goldammer: Zunahme seit 1999, stabiler Bestand mit hoher Dichte
          Dorngrasmücke: starke Zunahme seit 2012; WZ mit 25 Brutpaaren übertroffen
          Schwarzkehlchen: starke Zunahme seit 2002; WZ mit >20 Brutpaaren übertroffen
          Neuntöter: starke Zunahme bis 2014, danach markanter Einbruch
          Feldlerche: hoher Bestand in aufgewerteter Kernzone, Abnahme in wenig aufgewerteten Teil-
           flächen; insgesamt Rückgang des Bestands gegenüber Bestand Mitte 1990er-Jahre
          Laubfrosch: hoher Bestand um Feuchtgebiet Widen, WZ mit 80 adulten Individuen deutlich
           übertroffen

In den anderen beiden deutlich weniger gut aufgewerteten Gebieten Langfeld und Plomberg sind die
Bestandsdichten dieser Arten deutlich geringer oder abnehmend. Die Grauammer ist aus diesen Ge-
bieten seit längerem verschwunden.
Für weitere Ziel- und Leitarten (Insekten, Zauneidechse, Ackerwildkräuter, Zwiebelgeophyten; Details
siehe Jenny 2003) können wir keine quantitativen Aussagen zur Bestandsentwicklung machen. Es
3
    Gegenüber dem Konzept von 2003 wurde die Liste der Ziel- und Leitarten für die dritte Periode angepasst und
       es wurden Wirkungsziele für ausgewählte Arten definiert (Details PNA 2016).

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gibt aber zahlreiche Hinweise und Beobachtungen, die darauf hindeuten, dass das Gebiet Widen auch
für diese Arten ein bedeutender Fortpflanzungslebensraum ist. Bezüglich Ackerflora, Zwiebelgeophy-
ten sowie Amphibien verweisen wir auf die kantonalen Berichte von Monitoring und Aktionspläne.
Das Brutvogel- und Feldhasenmonitoring und die periodisch erhobenen Daten zu den BFF und den
übrigen naturnahen Lebensräumen erlaubten es, den notwendigen Flächenbedarf an ökologisch wert-
vollen Lebensräumen zur Erhaltung und Förderung einzelner Arten zu quantifizieren (Meichtry-Stier et
al. 2014). Die Modellberechnungen zeigen, dass einige Brutvogelarten und der Feldhase ab einem
Schwellenwert von 6–9 % ökologisch wertvoller BFF wirksam gefördert werden. Diese Modelle zeigen
auch, dass auf Landschaftsebene mindestens 14 % naturnahe Flächen (ökologisch wertvolle BFF
oder naturnahe Flächen ausserhalb der LN) vorkommen müssen, um eine bestandssichernde Dichte
der Arten zu gewährleisten (Meichtry-Stier et al. 2014).

5.      Beurteilung und Optimierungen der einzelnen Förder-
         massnahmen
Ziel des Vernetzungsprojekts war es, die drei Ackerbaugebiete in erster Linie mit BFF-Typen des
Ackerlands (Buntbrachen, Rotationsbrachen, Saum auf Ackerland) und mit Niederheckenstrukturen,
Gebüschgruppen und anderen Kleinstrukturelementen aufzuwerten. Ergänzend dazu sollten an ge-
eigneten Standorten auch vereinzelt extensiv genutzte Wiesen neu angelegt werden. Eine enge Bera-
tung der Bewirtschaftenden, die Abgabe von standorttypischem Pflanz- und Saatgut (SH-Mischungen)
sowie die Unterstützung bei der Pflege von BFF durch das PNA und die Vogelwarte trugen dazu bei,
dass jährlich neue Buntbrachen angesät, Niederhecken/Gebüschgruppen gepflanzt und diese sowie
weitere Vernetzungsflächen ausgeschieden werden konnten. Die Betreuung garantierten eine hohe
Wirksamkeit der Massnahmen. Bei dieser engen Betreuung besteht die Gefahr, dass dadurch die
notwendige Eigenverantwortung der Landwirte z.T. verloren geht und die fachgerechte Pflege der BFF
seitens der Landwirte vernachlässigt wird. Um die Wirksamkeit der Massnahmen sicherzustellen,
müssen aber die Pflegevorschriften zwingend eingehalten werden.
Die im kantonalen VP Klettgau angebotenen Massnahmen (Kanton Schaffhausen 2017, PNA 2016)
sind grundsätzlich geeignet, um die ausgewählten Ziel- und Leitarten wirksam zu fördern. Wie in Kapi-
tel 7.1 detaillierter dargestellt, gibt es aber diverse Inkonsistenzen und Unklarheiten zwischen den in
den kantonalen Richtlinien zur Vernetzung (Anhang 3) aufgeführten Anforderungen für die einzelnen
Vernetzungsmassnahmen (Kanton Schaffhausen 2018) und jenen der projektspezifischen Massnah-
men (PNA 2016). So ist unklar definiert und schwer verständlich beschrieben, welche Grundanforde-
rungen und welche projektspezifischen Anforderungen (Zusatzmassnahmen, Pflege, Lage) für die
einzelnen BFF-Typen gelten. Unklar ist v.a. auch, ob die einzelnen Betriebe projektspezifische Zu-
satzmassnahmen pro BFF-Typen selber auswählen können oder die Trägerschaft diese verbindlich
vorgibt.
Aus unserer Sicht sollten die allgemeinen Vernetzungsanforderungen für jeden BFF-Typ (z.B. 10%
Rückzugsflächen für BFF-Wiesen, Teilmahd Brachen, etc.) und die projektspezifischen Anforderungen
(Zusatzmassnahmen, Pflege, Lage) für jeden BFF-Typ verständlicher dargestellt werden.
Im Folgenden werden die verschiedenen Fördermassnahmen näher beleuchtet und Empfehlungen für
Optimierungen gemacht.

Schweizerische Vogelwarte Sempach, 2020
Evaluation kantonales Vernetzungsprojekt Klettgau                                                             17

5.1.1 Buntbrache, Feldflorafläche4
Anlage, Pflege: Die klimatischen und pedologischen Bedingungen für Buntbrachen sind im Projektpe-
rimeter gut bis sehr gut. Bei entsprechender Pflege ist deshalb eine biodiversitätsfördernde Wirkung
von Buntbrachen über mehrere Jahre am selben Standort möglich. Dies gilt insbesondere für das
Gebiet Widen mit seinen flachgründigen Kalkscherbenböden. Die Vorgaben für die Pflege der Bra-
chen im kantonalen VP Klettgau sind zielführend. Eine jährliche Mahd von 1/3 bis max. 2/3 der Fläche
schafft ein Mosaik an unterschiedlichen Strukturen und Vegetationsmustern (www.agri-
biodiv.ch/de/beratung/videos.html). Das Deponieren des Mähguts als Streuehaufen (Kleinstruktur) auf
der Buntbrachefläche schafft wertvolle Kleinstrukturen. Mit dem periodischen Umbruch im Winterhalb-
jahr von Teilflächen alle 1–3 Jahre wird die Sukzession von Brachen gelenkt. Auf geeigneten Parzel-
len (Feldfloraflächen) werden so seltene einjährige Ackerwildkräuter spezifisch gefördert. Im Gebiet
Widen praktiziert der Naturschutzgebietsbeauftragte des Kantons die jährliche Herbstmahd. Diese
erfolgt mosaikartig, in Rücksichtsnahme auf die verschiedenen Pflanzenarten, Strukturen sowie wüch-
sigen Grasbereiche oder Verbuschungen. Das Schnittgut wiederum wird durch mehrere Landwirte
zusammengenommen und auf Haufen geschichtet. Teilflächen werden periodisch im Auftrag dess
PNA von einem Landwirt umgebrochen. Der Aufwand für das PNA ist aber gross. Aus unserer Sicht
ist es nicht primär Aufgabe des PNA, solche Unterhaltsarbeiten auszuführen und zu finanzieren.

Abb. 12. Im Gebiet Widen pflegt das PNA zahlreiche Buntbrachen in eigener Regie. Die mäandrierende Mahd
und das Deponieren des Mähgutes als Streuehaufen sind beispielhaft. Diese Art der Pflege schafft ein vielfältiges
Strukturmosaik.

Zahlreiche Brachen sind aufgrund des nährstoffarmen Bodens und der Pflege auch nach mehr als
zehn, zwanzig Jahren noch arten- und strukturreich und entsprechen damit den Lebensraumansprü-
chen von Ziel- und Leitarten des Vernetzungsprojekts. Die DZV verlangt, dass Buntbrachen mind.
zwei Jahre und max. acht Jahre am gleichen Standort angelegt werden. Wenn aber Buntbrachen über
die maximale Dauer von acht Jahren hinaus die Lebensraumbedingungen für Ziel- und Leitarten erfül-
len, können die Kantone Ausnahmen bewilligen. Das PNA bezieht sich auf diese Regelung. Diese
Praxis hat sich aus Sicht der Artenförderung bewährt. In älteren Brachen können sich spontan auflau-
fende Sträucher und Hochstauden (Brennnesseln, Brombeeren, etc.) etablieren. Punktuell und klein-
flächig sind solche Strukturen äusserst wertvoll, sie sollten deshalb gepflegt und nicht flächig beseitigt
werden. Im Perimeter des kantonalen VP Klettgau wurden jedoch vereinzelt Landwirte vom Landwirt-
schaftsamt aufgefordert, natürlich auflaufende Gehölzstrukturen in Brachen zu beseitigen. Dies steht
im Widerspruch zur kantonalen Richtlinie, die anstrebt, solche Strukturen als ergänzende Massnah-
men in Vernetzungsprojekten zu fördern. Im projektspezifischen Massnahmenbeschrieb ist die Förde-
rung solcher Kleinstrukturen noch deutlicher zu erwähnen und als wichtiges Kriterium festzulegen.

4
    Feldfloraflächen sind Buntbrachen auf denen einjährige Ackerwildkräuter durch periodischen Umbruch spezi-
       fisch gefördert werden.

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Im Rahmen der AP22+ schlägt das BLW vor, in allen BFF einen max. Anteil von 20 % an Strukturele-
menten zu tolerieren. Aus Sicht der Förderung von Ziel- und Leitarten wird diese Anpassung sehr
begrüsst.
Im Perimeter des VP gibt es einige ältere, strukturreiche Brachen, in denen die kanadische Goldrute
(Solidago canadensis) sowie spontan aufgewachsene Gehölze und Bäume grössere Bestände bilden.
Zudem breitet sich auch wie schweizweit das einjährige Berufkraut (Erigeron annuus) immer mehr
aus. Im Gebiet Widen bekämpft das PNA Neophyten und andere Problemarten in BFF-
Vertragsflächen zum Teil in eigener Regie (M. Bolliger, Zivildienstleistende, Mandat an Dritte). Dies ist
erfolgreich, aber diese Pflegearbeit müsste grundsätzlich von den Landwirten erbracht werden. Das-
selbe gilt für die Bekämpfung von grossflächig auflaufenden Gehölzen.
Empfehlung: Die Differenzen zwischen der DZV-Anforderung, den Anforderungen der kantonalen
Richtlinien und den spezifischen Anforderungen des VP (Förderung Strukturvielfalt) betreffend Anla-
gedauer und Pflege von Buntbrachen sind zu bereinigen. Das PNA und das Landwirtschaftsamt müs-
sen hinsichtlich Bewirtschaftungsanforderungen von Buntbrachen eine konsistente Regelung definie-
ren. Die Landwirte sind über die gültigen Anforderungen zu informieren. Die Buntbrachen müssen von
den Bewirtschaftern selber unterhalten werden. Es ist zu kontrollieren, ob die Bunt- und Rotationsbra-
chen, gestaffelt gepflegt werden. Das Eindämmen von Neophyten sowie die Pflege von sich grossflä-
chig etablierenden Gehölzen muss durch die Landwirte selber erfolgen. Die fachgerechte Pflege ist
durch entsprechende Kontrollen und Verweise bis hin zu Sanktionen sicherzustellen.
Wir schlagen vor, die fachgerechte Pflege von Brachen – wie auch von Säumen, Hecken und Flächen
ausserhalb der LN – betriebsübergreifend über kommunale oder regionale Strukturen zu etablieren.
Es sind entsprechende Pflegemodelle zu entwickeln. Das PNA kann seine fachliche Kompetenz in
solchen Strukturen beratend einbringen.

Abb. 13. Buntbrachen bzw. Feldfloraflächen im Gebiet Widen werden zur Förderung von einjährigen Ackerwild-
kräutern periodisch umgebrochen. Diese spezifische Bewirtschaftung ist sehr wertvoll und wirksam.

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Abb. 14. Kleinstrukturen wie Einzelsträucher, Strauchgruppen, Brombeerfluren oder Blocksteinhaufen werten
ältere Brachen und Hecken qualitativ auf. In den kantonalen Richtlinien wird die Förderung von Kleinstrukturen in
Brachen explizit angeboten.

Abb. 15. Brombeerfluren in Böschungen sind ideale Bruthabitate für Goldammer, Hänfling, Dorngrasmücke und
Neuntöter. Um eine allzu flächige Ausdehnung zu verhindern, sind diese Fluren periodisch zu mähen. Hochstau-
den sollten aber keinesfalls wie im rechten Bild flächig beseitigt werden.

Abb. 16. Neophyten wie die kanadische Goldrute, das einjährige Berufkraut und flächig auflaufende Gehölze
sollten beseitigt werden. Je länger mit der Pflege zugewartet wird, desto aufwändiger wird die Bekämpfung.

5.1.2 Rotationsbrache, Blühstreifen
Anlage, Pflege: Die Anforderungen des kantonalen VP Klettgau an die Pflege von Rotationsbrachen
sind zielführend. Die in Kapitel 5.1.1 erwähnten Unklarheiten (Förderung Kleinstrukturen) gelten je-
doch auch für Rotationsbrachen.
Rotationsbrachen werden vor allem in den Gebieten Langfeld und Plomberg angelegt. Dies entspricht
den Zielen des Konzepts. Auf tiefgründigen, nährstoffreichen Böden ist es deutlich schwieriger, lang-

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fristig stabile, artenreiche Buntbrachen zu etablieren. Rotationsbrachen eignen sich mit ihrer kurzzeiti-
gen Anlage an solchen Standorten deutlich besser als Buntbrachen und können gut in die Fruchtfolge
eingebaut werden. Rotationsbrachen wären v.a. für IP-SUISSE Kartoffelproduzenten interessant, weil
die Labelrichtlinien verlangen, dass entlang eines Kartoffelfelds auf mindestens 10 Aren eine BFF
(Bunt-, Rotationsbrache, Saum Ackerland oder Blühstreifen) anzulegen ist.
Empfehlung: siehe Kapitel 5.1.1

Abb. 17. IP-SUISSE Kartoffelproduzenten müssen neben einem Kartoffelfeld mind. 10 Aren BFF anlegen. Anstatt
eines Blühstreifens (Bild) könnte auch ein Rotationsbrachestreifen angelegt werden. Dafür würden Vernetzungs-
beiträge entrichtet. Blühstreifen werden nach DZV nicht mit Vernetzungsbeiträgen abgegolten.

5.1.3 Saum auf Ackerland
Anlage, Pflege: Die Anforderungen des kantonalen VP Klettgau an die Pflege von Säumen auf Acker-
land sind zielführend. Die in Kapitel 5.1.1 erwähnten Unklarheiten (Förderung Kleinstrukturen) gelten
auch für Säume auf Ackerland. Der BFF-Typ Saum auf Ackerland ist aktuell nicht in den kantonalen
Richtlinien als Fördermassnahme angeboten. Säume auf Ackerland eignen sich aber ideal, um subop-
timal bewirtschaftbare Lagen entlang von Böschungen, Wegen, Fliessgewässern (Pufferfläche),
Bahngeleisen, unförmigen Parzellen, etc. ökologisch aufzuwerten. In Hanglagen können Säume Ab-
schwemmungen und Drift von Pflanzenschutzmitteln reduzieren und die Erosion vermindern (AG-
RIDEA 2018). Säume haben den Vorteil, dass sie dauerhaft am selben Standort bleiben können, im
Gegensatz zu Brachen müssen sie also nicht verlegt werden. Im Perimeter des kantonalen VP Klett-
gau gibt es zahlreiche geeignete Standorte für Säume. Trotzdem wurden die angestrebten Zielwerte
im VP weit verfehlt. Viele Landwirte kennen diesen BFF-Typ kaum und melden stattdessen extensiv
genutzte Wiesenstreifen an. Das Potenzial dieses BFF-Typs wird leider schweizweit verkannt. Die
unbefriedigende Situation bei den Säumen sollte über die Beratung verbessert werden.
Die Pflege von Säumen ist einfach: Die Pflegekriterien des kantonalen Vernetzungsprojekts verlangen
eine Mahd im dreijährigem Turnus, d.h. pro Jahr ist ein Drittel zu mähen 5. Das Schnittgut kann als
Kleinstruktur auf der Fläche angehäuft werden. Säume können auch mit Strauchgruppen und Klein-
strukturen wie Ast- und Steinhaufen, Wurzeltellern, etc. aufgewertet werden. Werden Säume wie im
Gebiet Langfeld nicht gemäht, können sie schnell stark verbuschen (Abb. 18). Einzelbüsche können
Säume durchaus aufwerten, wenn aber Gehölze mehr als 20 % der Fläche ausmachen, entspricht
dies nicht mehr dem angestrebten Habitatcharakter dieses BFF-Typs (Abb. 19).
Im Zusammenhang mit der AP22+ schlägt das BLW vor, die BFF-Typen Buntbrache, Rotationsbrache
und Saum auf Ackerland zu einem einzigen BFF-Typ „Blühelement Acker“ zusammenzufassen. Diese

5
    Nach den DZV-Bestimmungen ist die Hälfte des Saums alternierend einmal jährlich zu mähen. Die von den
       DZV-Bestimmungen abweichende Pflege im Vernetzungsprojekt schafft einen höheren Anteil an Überwinte-
       rungsstrukturen.

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Vereinfachung würde die Biodiversitätsförderung im Ackerland enorm schwächen, weil zu vermuten
ist, dass die Landwirte jene Massnahme umsetzen werden, die am wenigsten Aufwand verursacht.
Dieser Änderungsvorschlag verunmöglicht eine spezifische Förderung von Ziel- und Leitarten. Zudem
soll der BFF-Typ Blühstreifen gemäss Vorschlag des BLW gestrichen werden und neu als Nützlings-
streifen bei den Produktionssystembeiträgen integriert werden (siehe Kap. 8).
Empfehlung: Der Typ Saum auf Ackerland sollte unbedingt in den kantonalen Richtlinien als Förder-
massnahme angeboten werden. Auch ist die Förderung von Kleinstrukturen in Säumen explizit zu
erwähnen. Die Trägerschaft muss dazu und zur Pflege der Säume eine Beratung (auch durch Dritte
möglich) anbieten. Das Landwirtschaftsamt muss sicherstellen (Kontrolle), dass Säume auf Ackerland
fachgerecht gepflegt werden.
Wir schlagen vor, geeignete Standorte in den Perimetern in einer GIS-Potenzialkarte einzuzeichnen
und die Bauern über den Nutzen (u.a. Minderung Pflanzenschutzmittel-Eintrag, Erosionsminderung)
dieses BFF-Typs zu informieren.

Abb. 18. Derselbe Saum auf Ackerland im Jahr 2011 und im Jahr 2020. Pro Jahr ist ein Drittel (Auflage VP) des
Saums zu mähen. Werden Säume nicht gemäht, wachsen sie schnell mit Büschen und Bäumen zu.

Abb. 19. Einzelne Sträucher oder Einzelbäume können Säume auf Ackerland strukturell aufwerten. Wenn sie
aber nicht gepflegt werden verdrängen sie die Saumvegetation. Langfeld 2008 und 2020.

5.1.4 Extensive Wiesen
Anlage, Pflege: Bis auf wenige Naturwiesen handelt es sich bei den extensiv genutzten Wiesen in
den drei Gebieten um Flächen, die mit Standardmischungen eingesät wurden (Typ Salvia). Die einge-
säten Wiesen weisen mit wenigen Ausnahmen die Qualitätsstufe ll auf. Als Vernetzungsprojektkriteri-
um muss pro Schnitt muss 10% Altgras stehen gelassen werden. Einzelne Rückzugsflächen werden
nicht bei jedem Schnitt verschoben, sondern bleiben ein Jahr am selben Ort stehen. Solche überstän-
digen Strukturen bieten optimale Überwinterungshabitate und Deckung. Diese Pflegevariante ist Teil
der kantonalen Richtlinie und wurde vom BLW bewilligt. Im Rahmen der AP22+ schlägt das BLW neu

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als Grundanforderung vor, dass auf extensiven und wenig intensiv genutzten Wiesen generell Rück-
zugsflächen ausgeschieden werden müssen; diese können neu auch ein Jahr am selben Ort stehen
bleiben. Damit würde die im kantonalen VP Klettgau teilweise praktizierte Nutzung (v.a. im Gebiet
Widen) standardisiert. Zudem schlägt das BLW vor, dass Mähaufbereiter auf allen BFF nicht mehr
eingesetzt werden dürfen, was aus ökologischer Sicht sehr zu begrüssen ist.

Abb. 20. Rückzugsstreifen strukturieren die Landschaft und bieten geeignete Fortpflanzungs- und Überwinte-
rungshabitate. Dass der Bund im Rahmen der AP22+ Rückzugsstreifen für alle BFF-Wiesen vorschlägt, ist zu
begrüssen.

In den Monitoringberichten (Jenny 2020, Jenny 2018, Jenny 2016) haben wir vorgeschlagen, einen
Teil der extensiv genutzten Wiesen im Gebiet Widen gestaffelt zu nutzen, da bei einer Mahd Mitte Juni
Wachtelbruten übermäht werden. Ein Viertel der zweischürigen BFF-Wiesen im Gebiet Widen sollten
bereits um den 1. Juni gemäht werden. Der zweite Schnitt sollte dann nach acht Wochen, also an-
fangs August, erfolgen. Es ist davon auszugehen, dass eine gestaffelte Nutzung erfolgreiche Wach-
telbruten ermöglicht und für andere im Gebiet vorkommende Bodenbrüter keine nachteiligen Auswir-
kungen hat. Diese Massnahme wird im VP angeboten, sie ist im Projektperimeter für wenige Flächen
vertraglich so festgehalten.
Im Gebiet Widen zeigt sich, dass die Artenvielfalt in einigen mit Standardsaat gut etablierten Wiesen
mit zunehmender Ausmagerung abgenommen hat. In diesen lückigen, mageren Wiesen dominiert
zwar die aufrechte Trespe, aber es fehlen typische Arten von Magerwiesen (Mesobromium). Wir ver-
muten, dass durch die Verwendung von Standardmischungen Wiesen degenerieren können, weil
einzelne Arten nicht den standorttypischen Bedingungen angepasst sind. Zu prüfen wäre, ob die er-
wähnten verarmten Trespenwiesen im Gebiet Widen durch Übersaaten oder Streifenfrässaaten mit
regionalem Magerwiesensaatgut aufgewertet werden könnten.
Empfehlung: Die Nutzung von Wiesen sollte auf die Ansprüche der ausgewählten Ziel- und Leitarten
ausgerichtet werden. Wo Daten zum räumlichen Vorkommen solcher Arten vorliegen, sollten sie bei
der Definition von Nutzungsanforderungen berücksichtigt werden.
Wir schlagen vor, mit Landwirten, die im Gebiet Widen extensive Wiesen bewirtschaften, über Ver-
handlungen für einzelne Flächen eine gestaffelte Nutzung zu vereinbaren. Optimal wäre eine mosaik-
artige Verteilung der gestaffelt genutzten Wiesen.
Die Schwächen von Standardmischungen liessen sich durch Begrünungen mit regional angepassten
Ökotypen beheben. Wenn immer möglich sollten deshalb in Vernetzungsprojekten keine Standardmi-
schungen, sondern regionales Saatgut und Direktbegrünungen mit Material von wertvollen Schaffhau-
ser Wiesen verwendet werden (Merkblätter zu Direktbegrünungsmethoden etc. siehe
www.regioflora.ch). Im Kanton Schaffhausen gibt es viele geeignete Spenderflächen zur Gewinnung
von regionalem Saatgut. Für die Mehrkosten von Regio Flora Saatgut (CHF 4’100/ha) gegenüber
Standardsaatgut (CHF 3’000/ha) ist ein Kostenverteilschlüssel zu definieren.

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5.1.5 Hecken
Anlage, Pflege: Gemäss VP-Konzept sollten die drei Gebiete durch Pflanzungen von Niederhecken-
gruppen an geeigneten Standorten strukturell aufgewertet werden. Der offene Charakter der Klettgau-
ebene sollte dabei erhalten bleiben. In den Gebieten Widen und Langfeld wurde diese Zielsetzung
erreicht. Die Niederheckenstrukturen und die zusätzliche Aufwertung mit Kleinstrukturen trugen mass-
geblich zur Förderung von in Hecken brütenden Vogelarten bei. Die Pflege der Hecke wird in der pro-
jektspezifischen Massnahmenliste und in den Richtlinien sehr allgemein gehalten. Bei der Pflege der
Hecken besteht aus unserer Sicht Handlungsbedarf.
Einige Heckengruppen wurden bewusst in bestehende Buntbrachen und extensive Wiesen gepflanzt
und werteten so diese BFF strukturell auf. Diese Gebüschgruppen wurden in Absprache mit dem
Landwirtschaftsamt von den Landwirten nicht separat als BFF-Typ „Hecke“ angemeldet. In der BFF-
Statistik werden sie dementsprechend nicht als Hecken, sondern als extensive genutzte Wiesen bzw.
Buntbrache erfasst. Der effektive Flächenanteil der Hecken ist also einiges grösser als in Abbildung 8
ausgewiesen. In einigen extensiv genutzten Wiesenstreifen ist der Flächenanteil an Gehölzstrukturen
heute jedoch deutlich höher als der Anteil der Wiesenvegetation (Abb. 21). Sie müssten inzwischen
als Hecken und nicht als extensiv genutzte Wiesen deklariert werden. Die heutige Situation führt zu
Unklarheiten bei der Pflege. Die Pflege der Gehölze wird vernachlässigt, was zur unerwünschten Aus-
breitung der Gehölze führt.

Abb. 21. In diesem extensiv genutzten Wiesenstreifen wurden vor rund 20 Jahren drei Strauchgruppen gepflanzt.
Inzwischen dominieren die Gehölze und die Fläche hat Heckencharakter. Der Status dieser Fläche sollte über-
prüft und die Pflege klar geregelt werden.

In den Gebieten Langfeld und Plomberg sind zahlreiche Hecken (darunter sind auch einige als Säume
angemeldete BFF) zu lückigen Hochhecken aufgewachsen (Abb. 22). Solche Hochhecken sind als
Brutplätze für Neuntöter, Dorngrasmücke und Goldammer deutlich weniger attraktiv. Umgekehrt wer-
den damit Arten wie die Elster und die Rabenkrähe gefördert. Zudem verdrängen Hochstrukturen die
Feldlerche im Offenland.
Empfehlung: Um die Eignung von Hecken für Ziel- und Leitarten sicherzustellen, müssen die Bewirt-
schaftenden aufgefordert werden, Hecken wie im Konzept (Jenny 2008) festgelegt, als Niederhecken
zu pflegen. Ein Teil der Hecke (max. 1/3) sollte periodisch und abschnittsweise auf den Stock gesetzt
werden. Die fachgerechte Pflege der Hecken ist zu kontrollieren. Werden Hecken nicht fachgerecht
gepflegt, ist das zu sanktionieren. Dieses Prinzip sollte für alle Vernetzungsprojekte gelten. Die kanto-
nalen Richtlinien sind entsprechend zu präzisieren.
Der BFF-Typen-Status von extensiv genutzten Wiesenstreifen, die heute von Heckenstrukturen domi-
niert sind, ist zu überprüfen. Damit können die Unklarheiten bei der Pflege geklärt werden.
Analog zu den Pflegemassnahmen bei den Brachen schlagen wir vor, die fachgerechte Pflege von
Hecken betriebsübergreifend zu etablieren.

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Abb. 22. Diese 1992 als Niederhecke gepflanzte Hecke hat sich zu einer Hochhecke mit zahlreichen Bäumen
entwickelt, weil die Pflege vernachlässigt wurde. Solche Hochhecken entsprechen nicht den Lebensraumansprü-
chen der ausgewählten Ziel- und Leitarten.

5.1.6 Hochstammobstbäume
Im Perimeter des kantonalen VP Klettgau dominiert die ackerbauliche Nutzung. Der Fokus bei den
Aufwertungen wurde deshalb gemäss Konzept (Jenny 2002) auf Massnahmen im Ackerland gelegt.
Um die Habitate charakteristischer Ziel- und Leitarten (Feldlerche, Wachtel, Feldhase) zu erhalten,
sollte die offene Kulturlandschaft nicht mit flächigen und hochwachsenden Gehölzstrukturen bepflanzt
werden. Das VP verfolgt deshalb das Ziel, traditionell bewirtschaftete Hochstammobstgärten v.a. in
Siedlungsnähe zu erhalten und wo sinnvoll zu remontieren. Hierzu müssten aber entsprechende För-
dergebiete ausgeschieden werden, was bis jetzt aber noch pendent ist.
Wie schon unter Kapitel 4.2.4 erwähnt, wurden in den Gebieten Widen und Langfeld sowie in den
angrenzenden Gebieten (Gemeinden Hallau, Oberhallau) grossflächig Hochstammobstbäume im of-
fenen Feld angelegt (Abb. 23). Solche Anlagen sind aus ökologischer Sicht nicht sinnvoll, weil damit
die Besiedlung typischer Brutvogelarten der offenen Kulturlandschaft eingeschränkt wird. Es sollten
daher dafür keine Vernetzungsbeiträge ausbezahlt werden. Wenn solche Hochstammanlagen als Qll-
BFF angemeldet werden, ist sicherzustellen, dass die geforderten Strukturelemente (v.a. Nistkasten)
den Ansprüchen von Ziel- und Leitarten dieses Lebensraumtyps entsprechen (Anforderung DZV). Die
kantonalen Richtlinien fordern das Anbringen von artspezifischen Nisthilfen. Konkret heisst das, dass
die Anzahl, Grösse und Lage sowie die Grösse der Einfluglöcher von Nistkasten den Ansprüchen von
Obstgartenarten entsprechen muss. Auch sollte die Unternutzung gestaffelt erfolgen (Details siehe
Graf et al. 2016, www.agri-biodiv.ch).
Empfehlung: Wir schlagen vor, die standortangepasste Lage für Hochstammbäume über das Aus-
scheiden von Fördergebieten zu lenken. Deren Lage sollten auf die bestehenden, traditionellen, sied-
lungsnahen Hochstammobstgärten ausgerichtet sein. Damit können typische Ziel- und Leitarten die-
ses Habitatsyps, wie Gartenrotschwanz oder Wendehals im Rahmen von Vernetzungsprojekte geför-
dert werden. Vernetzungsbeiträge sollten nur für Hochstammbäume ausrichtet werden, die in Förder-
gebieten liegen und den Qll-Kriterien für Hochstammbäume entsprechen. Generell sollte in VP die
fachgerechte Nutzung und Pflege von Hochstammobstbäumen besser kontrolliert werden, damit lies-
se sich auch die mangelhafte Datenqualität bei den Hochstammobstbäumen verbessern.

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