Sozialstudie Boxhagener Platz 2020 - Überprüfung der Voraussetzungen für den Erlass einer sozialen Erhaltungsverordnung nach 172 Abs. 1 Satz 1 ...
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Sozialstudie Boxhagener Platz 2020 Überprüfung der Voraussetzungen für den Erlass einer sozialen Erhaltungsverordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB
Sozialstudie Boxhagener Platz 2020 Überprüfung der Voraussetzungen für den Erlass einer sozialen Erhaltungsverordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB Endbericht Auftraggeber: Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Herr Eccarius Auftragnehmer: asum Angewandte Sozialforschung und Mieterberatung GmbH Thaerstraße 30D 10249 Berlin Bearbeitung: Kerima Bouali Sigmar Gude Regina Jäkel Martin Rohde Charlotte Weber Datum: 15.12.2020
Inhaltsverzeichnis TEIL A: EINLEITUNG UND VORBEMERKUNGEN ....................................................................3 1. ANLASS UND ZIEL DER UNTERSUCHUNG .........................................................................3 2. GEBIETSBESCHREIBUNG ..................................................................................................3 3. VORGEHEN DER UNTERSUCHUNG ...................................................................................5 3.1 Voraussetzungen für den Erlass einer sozialen Erhaltungsverordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB .......................................................................................................................................... 5 3.2 Daten und Datenerhebung ................................................................................................................... 6 TEIL B: ANALYSE ..................................................................................................................7 4. SOZIO-DEMOGRAFISCHE ZUSAMMENSETZUNG ..............................................................7 4.1 Kurzüberblick........................................................................................................................................ 7 4.2 Demografische Struktur und deren Entwicklung ................................................................................... 8 4.2.1 Altersstruktur ............................................................................................................................................... 8 4.2.2 Migrationshintergrund ................................................................................................................................. 9 4.2.3 Einwohnerentwicklung .............................................................................................................................. 10 4.3 Soziale Lagen ...................................................................................................................................... 14 4.3.1 Haushaltsgrößen ........................................................................................................................................ 14 4.3.2 Einkommensverhältnisse ........................................................................................................................... 15 4.3.3 Erwerbssituation und Qualifikation ........................................................................................................... 17 5. WOHNVERHÄLTNISSE ........................................................................................................................ 20 5.1. Kurzüberblick...................................................................................................................................... 20 5.2. Wohnungsbestand.............................................................................................................................. 20 5.2.1 Wohnungsgrößen und Wohnungsbelegung .............................................................................................. 21 5.2.2 Ausstattung der bewohnten Wohnungen ................................................................................................. 21 5.2.3 Anzeichen für Zweckentfremdung ............................................................................................................. 23 5.3 Eigentumsverhältnisse ........................................................................................................................ 23 5.4 Mietpreisniveau und Mietbelastung ................................................................................................... 23 5.5 Wohnzufriedenheit............................................................................................................................. 26 5.6 Modernisierungen .............................................................................................................................. 27 1
6. ZUSAMMENHÄNGE ZWISCHEN STÄDTEBAULICHER STRUKTUR UND GEBIETSBEWOHNERSCHAFT ............................................................................................................ 28 6.1 Kurzüberblick...................................................................................................................................... 28 6.2 Nutzung und Bewertung der lokalen Infrastruktur .............................................................................. 30 6.2.1 Inanspruchnahme und Bewertung lokaler Angebote und Einrichtungen .................................................. 30 6.2.2 Nutzung und Bewertung lokaler Angebote, Einrichtungen und Bildungseinrichtungen für Kinder und Jugendliche ................................................................................................................................................ 31 6.2.3 Verkehrssituation ....................................................................................................................................... 32 6.3 Soziale Netze ...................................................................................................................................... 33 6.4 Übergreifende Bewertung des Gebietes und dortiger Entwicklungen.................................................. 35 6.5 Wohndauer und Wohnperspektiven ................................................................................................... 37 7. ENTWICKLUNGSTENDENZEN IN DER GEBIETSBEVÖLKERUNG ........................................ 40 7.1 Wanderungsbewegungen als Indikator für Strukturveränderungen der Bevölkerung .......................... 41 7.2 Strukturwandel durch Zuzug ............................................................................................................... 48 7.3 Sozialstruktur und Wohnverhältnisse in unterschiedlichen Wohnungsbeständen ............................... 51 7.4 Strukturwandel durch Modernisierungsmaßnahmen .......................................................................... 52 7.5 Strukturwandel im Zuge von Umwandlungsprozessen ........................................................................ 54 7.6 Einkommenshöhe als Indikator für Strukturveränderungen der Bevölkerung...................................... 56 TEIL C: SCHLUSSFOLGERUNGEN ........................................................................................ 58 8. VORAUSSETZUNGEN FÜR EINE SOZIALE ERHALTUNGSVERORDNUNG ........................... 58 8.1 Veränderungstendenzen der Bevölkerungsstruktur ............................................................................ 58 8.2 Aufwertungspotential......................................................................................................................... 61 8.3 Verdrängungsgefahr ........................................................................................................................... 62 8.4 Aufwertungsdruck .............................................................................................................................. 64 8.5 Abschätzung von städtebaulichen Auswirkungen ............................................................................... 64 8.6 Empfehlungen .................................................................................................................................... 67 8.7 Begründete Abgrenzung des zukünftigen Erhaltungsgebiets ............................................................... 68 8.7.1 Soziales Erhaltungsgebiet und Erweiterungsgebiet ................................................................................... 68 8.7.2 Planungsräume im Untersuchungsgebiet .................................................................................................. 69 8.7.3 Blockbereiche ............................................................................................................................................. 69 8.7.4 Städtebauliche Differenzierungen ............................................................................................................. 72 8.7.5 Empfehlung zur Abgrenzung ...................................................................................................................... 74 TEIL D: MIETBELASTUNGSSCHWELLEN .............................................................................. 74 2
Teil A: Einleitung und Vorbemerkungen 1. Anlass und Ziel der Untersuchung Im September 2019 hat das Stadtentwicklungsamt des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg eine Untersuchung für das Gebiet „Boxhagener Platz“ in Auftrag gegeben, die überprüfen soll, ob die Voraussetzungen für den Fortbestand einer sozialen Erhaltungsverordnung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB in dem festgelegten Erhaltungsgebiet weiterhin gegeben sind und ob in den angrenzenden Wohngebieten oder Teilen von ihnen diese Voraussetzungen ebenfalls vorliegen. Bereits ein Screening zu Steuerungsbedarfen aufgrund bestehender und zu erwartender Aufwertungs- und Verdrängungsverläufe im Ortsteil Friedrichshain zeigte Anfang desselben Jahres die Notwendigkeit einer planerisch-administrativen Intervention im gesamten Verdachtsgebiet. Mit dem Instrument der sozialen Erhaltungsverordnung soll eine geordnete städtebauliche Entwicklung des Modernisierungsgeschehens gewährleistet und Veränderungen der Bevölkerungsstruktur durch Verdrängungsprozesse in der Bevölkerungsstruktur vermieden werden, die durch den Modernisierungsprozess und die Umwandlung von Wohnungen in Einzeleigentum ausgelöst werden können. Auch schafft die soziale Erhaltungsverordnung die Grundlage zur Ausübung des kommunalen Vorkaufsrechts bei Wohnimmobilienverkäufen innerhalb des Gebiets, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen. Zur Überprüfung der Anwendungsvoraussetzungen werden Veränderungsprozesse innerhalb der Bevölkerungsstruktur, der Aufwertungsspielraum und der Aufwertungsdruck im gebietlichen Wohnungsmarkt sowie Verdrängungspotenziale und die städtebaulichen Folgen einer Veränderung der Sozialstruktur analysiert. Ebenso beinhaltet diese Untersuchung eine differenzierte Erfassung des Ausstattungsstandards, der für das Genehmigungsverfahren von Bedeutung ist, sowie Empfehlungen zur zukünftigen Genehmigungspraxis. Ferner wird in Verknüpfung oder als Ergänzung zur Voraussetzungsprüfung die allgemeine Sozialstruktur und Wohnungsversorgung des Gebietes Boxhagener Platz ermittelt und abgebildet, deren Erhalt und städtebaulich funktionale Sicherung Ziel der Verordnung ist. 2. Gebietsbeschreibung Das Untersuchungsgebiet Boxhagener Platz setzt sich aus dem bestehenden, förmlich festgelegten „Erhaltungsgebiet Boxhagener Platz“ sowie einem „Erweiterungsgebiet“ zusammen1. Zu dem Erweiterungsgebiet gehören die beiden ehemaligen Sanierungsgebiete „Warschauer Straße“ und „Traveplatz“. Eine Reihe von Blöcken im nördlichen und im südöstlichen Teil des Untersuchungsgebiets gehörten allerdings nicht zu dem Sozialen Erhaltungsgebiet bzw. nicht zu den Sanierungsgebieten. Das Untersuchungsgebiet füllt ferner vollumfänglich die Grenzen der beiden lebensweltlich orientierten Räume (LOR) Traveplatz (02050801) und Boxhagener Platz (02050802) aus. Letzteres begünstigt die gebietsscharfe Auswertung amtlicher Sekundärdaten für erhaltungsrechtlich relevante Fragestellungen. 1 Nachfolgend genannt: Untersuchungsgebiet Boxhagener Platz – Untersuchungsgebiet; förmlich festgelegtes soziales Erhaltungsgebiet Boxhagener Platz – Erhaltungsgebiet; neu hinzugekommenes Gebiet zur Untersuchung - Erweiterungsgebiet. 3
Das zu untersuchende Gebiet wird im Süden von der Revaler Straße, im Westen von der Warschauer Straße, im Norden von der Frankfurter Allee und im Osten vom Bahngelände zwischen dem S- und Regionalbahnhof Ostkreuz und der Frankfurter Allee begrenzt. Abbildung 1: Gebietskarte Untersuchungsgebiet Boxhagener Platz mit bestehendem Sozialen Erhaltungsgebiet, Planungsräumen (LOR) und statistischen Blöcken Quelle: Berlin Open Data und FIS Broker 2019; Bearbeitung: asum GmbH Im April 1999 wurde für das Gebiet Boxhagener Platz durch das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg eine soziale Erhaltungsverordnung gemäß § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB erlassen.2 Die erste Untersuchung zur Vorbereitung des Satzungserlasses mit Hilfe einer Sozialstudie fand ein Jahr vorher im Juni 1998 statt. Mit der Festsetzung als Soziales Erhaltungsgebiet sollte durch Steuerung der baulichen Entwicklung die Zusammensetzung der Bevölkerung geschützt und eine Verdrängung einkommensärmerer Bevölkerungsschichten vermieden werden. Im März 2001, Juni 2004, Juli 2007 und November 2011 erfolgten Untersuchungen zur Fortschreibung der Festsetzung. Trotz einer größeren Zahl von Neubauvorhaben, vor allem im östlichen und im südöstlichen Teil, ist eine überwiegend gründerzeitliche Baustruktur mit fünfgeschossig bebauten Baublöcken für das Gesamtgebiet charakteristisch. Die Altbausubstanz wurde im ehemaligen Sanierungsgebiet zu einem hohen Anteil umfassend modernisiert und instandgesetzt. Wohnungsneubau erfolgte ab Beginn der 2000er Jahre in Baulücken, durch Blockrandschließung und Dachgeschoßausbau. Die soziale Infrastruktur, Grün- und Freiflächen wurden vor allem in den ehemaligen Sanierungsgebieten erneuert und erweitert. Es besteht eine sehr gute Anbindung an das öffentliche Verkehrssystem. In den zurückliegenden Jahren war das gesamte Untersuchungsgebiet einem relativ hohen Entwicklungsdruck ausgesetzt. Modernisierungsaktivitäten haben in den letzten zwei Jahrzehnten die Attraktivität des Gebiets für Wohnungssuchende und Investor*innen erhöht und die Nachfrage nach Wohnraum in diesem Quartier deutlich gesteigert. In den Wohnungen ist ein zeitgemäßer Standard geschaffen worden, der jedoch nicht durch übermäßig wohnwerterhöhende Maßnahmen und auch kaum durch Merkmale luxuriösen Wohnens im Altbau geprägt ist. Die Mieten sind in dieser Zeit 2 Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin, 55. Jahrgang, Nr. 14, 15.4.1999. 4
aufgrund seiner Attraktivität für bestimmte Nachfragegruppen drastisch nach oben gegangen und weisen heute ein Niveau auf, das zu den höchsten Mieten innerhalb Berlins zählt. Entsprechende Mietsteigerungen hat es sowohl durch Aufwertungsinvestitionen wie auch durch Mietanstiege bei Neuvermietungen ohne bauliche Maßnahmen gegeben. Ferner ist in letzter Zeit zunehmend die Umwandlung von Wohnraum in Einzeleigentumswohnungen zu beobachten. 3. Vorgehen der Untersuchung 3.1 Voraussetzungen für den Erlass einer sozialen Erhaltungsverordnung nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB Für eine Prozessanalyse zur Überprüfung und ggf. der späteren Begründung einer sozialen Erhaltungsverordnung sind folgende Schritte zu unternehmen: 1. Beleg der Veränderung bzw. der begründeten Gefahr einer Veränderung der gebietstypischen Bevölkerungsstruktur. Damit ist es fachlich geboten, die Struktur der Gebietsbevölkerung speziell in ihren demografischen, sozialen und Wohnungsversorgungsaspekten detailliert zu beschreiben. Nur wenn tatsächlich strukturelle Veränderungen stattfinden, kann der Zusammenhang zwischen Bevölkerung und Stadtstruktur gestört werden. Dies ist aber die Voraussetzung für den Einsatz einer sozialen Erhaltungsverordnung. Die differenzierte Darstellung der Bevölkerungsstruktur und der wichtigsten Bevölkerungsgruppen erfolgt im ersten Teil der Analyse (Kap. 4 - 6). Im zweiten Teil der Analyse werden die Veränderungstendenzen der Sozialstruktur dargelegt und Strukturen nach Einzugsperiode (speziell der letzten Jahre), nach Eigentumsform (speziell Mieter*innen im Einzeleigentum), nach Wohnungsqualität und nach Modernisierungsgeschehen untersucht (Kap. 7.1 und 7.2). 2. Beleg, dass für die reale oder mögliche Veränderung der Struktur bauliche Maßnahmen im Sinne des BauGB verantwortlich sind. Ohne diesen Nachweis kann nicht dargelegt werden, dass durch den Erlass einer sozialen Erhaltungsverordnung ein Einfluss auf die Veränderungsprozesse erreicht werden kann. Wird der Prozess allein oder weit überwiegend durch andere Ursachen ausgelöst, wie z. B. durch die allgemeine Mietentwicklung, die ohne bauliche Aufwertung aufgrund der Knappheit auf dem Wohnungsmarkt Mieten verteuert, ist eine soziale Erhaltungsverordnung wirkungslos. Die Analyse, ob und wie weit bauliche Maßnahmen zu Strukturveränderungen in der Bevölkerung führen, wird in Kap. 7.3 und 7.4 vorgenommen. 3. Begründung, dass eine Veränderung der Gebietsbevölkerung zu städtebaulichen Problemen führt. Auf Basis der differenzierten Analyse, wie sich die Strukturveränderungen auf die verschiedenen sozialen Gruppen auswirken, können städtebauliche Folgen mit ausreichender Präzision vorhergesagt werden. Dies erfolgt in Kap. 8.5. Wenn dieser Dreierschritt von der (ggf. absehbaren) Veränderung der Bevölkerungsstruktur über den Einfluss baulicher Maßnahmen bis zu den städtebaulichen Folgen belegt ist, sind die grundsätzlichen 5
Anwendungsvoraussetzungen für den Erlass einer sozialen Erhaltungsverordnung erfüllt, die der Gesetzgeber fordert. In diesem Zusammenhang sind bisher die Indikatoren Aufwertungspotenzial, Aufwertungsdruck und Verdrängungspotenzial noch ohne Relevanz, weil der Ablauf des Prozesses genau analysiert wurde und nicht durch notwendigerweise ungenaue Indikatoren angezeigt werden muss. Die Relevanz dieser drei Indikatoren zeigt sich erst mit der Prüfung, ob der analysierte Prozess sich auch in Zukunft noch weiter fortsetzen wird und kann. Sind z. B. keine verdrängungsgefährdeten Haushalte mehr im Gebiet oder sind unter absehbaren wohnungswirtschaftlichen Bewirtschaftungsformen keine Investitions- möglichkeiten über den durchschnittlichen Wohnungszustand hinaus mehr möglich, dann macht der Erlass einer Erhaltungsverordnung keinen Sinn. 3.2 Daten und Datenerhebung Die Untersuchung wurde als repräsentative schriftliche Erhebung durchgeführt. Zeitraum der Erhebung war der November 2019. Um sicherzustellen, dass für alle inhaltlichen Themenbereiche (z. B. alle Kategorien der Gebietsmietentabelle) eine statistisch zuverlässige Fallzahl vorliegt, wurde ein auswertbarer Datensatz mit einer Stichprobengröße von mindestens 800 angestrebt. Dem Endbericht liegen als Datengrundlage 1403 verwertbare Datensätze zugrunde. Zur Erhebung wurden im Untersuchungsgebiet die Befragungsunterlagen an alle Haushalte verteilt. Neben dem Fragebogen befanden sich in den Umschlägen ein Anschreiben vom Bezirk bezüglich des Zweckes der Untersuchung, ein Erläuterungsschreiben zum Fragebogen, ein Gebietsplan und ein frankierter Rückumschlag. Der Fragebogen (siehe Anlage) enthielt 35 Fragen 1.) zum Haushalt (Größe, Zusammensetzung, Erwerbstätigkeit, Nationalität, Einkommen, Einkommensentwicklung, Wohndauer), 2.) zur Wohnung (Größe, Ausstattung, Miete, Modernisierungszeitpunkt, Mängel) 3.) und zum Wohngebiet (Verkehrsmittelnutzung, Nutzung, Bewertung und Verbundenheit zum Wohngebiet und der Nachbarschaft, Umzugsabsicht sowie -gründe). Daten und Werte innerhalb des Textes und der Tabellen, die nicht gesondert gekennzeichnet sind, sind Ergebnisse der Haushaltsbefragung der asum GmbH. Andere Quellen werden jeweils gesondert benannt. Um die Ergebnisse und den Stand der Entwicklungen im Gebiet besser evaluieren zu können, werden Daten aus der Paralleluntersuchung zum sozialen Erhaltungsgebiet Samariterviertel (Ortsteil Friedrichshain) sowie Daten aus der Untersuchung zum sozialen Erhaltungsgebiet Stralauer Kiez (Ortsteil Friedrichshain von 2018) zum Vergleich herangezogen. Zur besseren Übersichtlichkeit ist in den Tabellen auf die Angabe von Fallzahlen verzichtet worden. Die jeweilige Bezugsgröße ist in der Regel unterhalb der Tabelle mit (n=) angegeben. Insbesondere, wenn mehrere Gruppen miteinander verglichen werden sollen, sind zusätzliche Spalten mit Fallzahlen hinderlich. Der wesentliche Sinn der Angabe von Fallzahlen ist die Dokumentation, inwieweit in den einzelnen Zellen ausreichend Fälle vorhanden sind, um damit eine statistisch gesicherte Aussage zu tätigen. Daher werden Prozentwerte, die auf weniger als 10 Fällen basieren, mit Sternchen (*) gekennzeichnet, um zu zeigen, dass der entsprechende Wert nur als Tendenzaussage gewertet werden kann. Liegen die Fallzahlen unter 5, wird auf die Ausgabe eines Wertes verzichtet und nur ein Sternchen (*) eingefügt. Ein Minus (-) kennzeichnet Merkmalskombinationen, die nicht festgestellt wurden (z. B. Haushalte mit mind. vier Personen in Einzimmerwohnungen). 6
Die Prozentwerte in den Tabellen sind stets auf ganze Zahlen gerundet. Durch die Rundung ergeben sich z. T. geringe Abweichungen innerhalb der Tabellen (z. B. in den Spalten- oder Zeilensummen) bzw. zwischen den in den Tabellen ausgewiesenen und im Text genannten Zahlen. Eine derartige Darstellung erfolgt aus Gründen der Lesbarkeit der Studie: Wenn eine Einheitlichkeit der Darstellung angestrebt wird, muss diese sich an der geringsten Genauigkeit orientieren, die mit den gemachten Angaben erreicht wird. Gerade Werte auf der Basis geringer Fallzahlen sind dabei problematisch. Eine Angabe von Nachkommastellen würde hier eine Genauigkeit vortäuschen, die bei Stichprobenerhebungen dieses Umfangs nicht gegeben ist. Teil B: Analyse 4. Sozio-demografische Zusammensetzung 4.1 Kurzüberblick - Die Einwohnerzahl ist im letzten Jahrzehnt kontinuierlich gestiegen. Eine wichtige Ursache war der relativ umfangreiche Neubau und Dachgeschoßausbau. Gegenüber dem Ortsteil Friedrichshain ist die lokale Bevölkerung im Schnitt jünger. - Mehr als drei Viertel der Bewohner*innen sind im erwerbsfähigen Alter. - Der Anteil der Migrant*innen entspricht dem Berliner Durchschnitt, ist jedoch überproportional auf ein Drittel der Bevölkerung angestiegen. Personen mit Migrationshintergrund kommen vor allem aus EU-Staaten. - Im Gebiet dominieren Ein- und Zweipersonenhaushalte. In knapp einem Viertel der Haushalte leben ein oder mehrere Kinder unter 18 Jahren. - Die Gebietsbevölkerung ist durch eine Mischung unterschiedlicher sozialer Gruppen gekennzeichnet, mit einem für Berliner Verhältnisse vergleichsweise höheren sozioökonomischen Status. - Das Einkommen der Bevölkerung des Untersuchungsgebietes liegt im Durchschnitt über den Vergleichswerten der Stadt und des Bezirks. Allerdings zeigt sich eine rechtsschiefe Einkommensverteilung, d. h. die Mehrheit der erhobenen Einkommen liegt unterhalb des Gebietsdurchschnittes. - Die Erwerbstätigenquote ist überdurchschnittlich hoch. Knapp drei Viertel der Bevölkerung im Erwerbstätigenalter befindet sich in einem Angestelltenverhältnis. - Markant ist die Situation der zweithäufigsten Erwerbsgruppe, der Selbstständigen-Haushalte. Hier liegen die erhobenen Äquivalenzeinkommenswerte unter dem Gebietsdurchschnitt, wenngleich noch über dem Berliner Niveau. Zu dieser Gruppe zählen überdurchschnittlich viele Ein-Personen-Haushalte. - Die Gebietsbevölkerung verfügt zumeist über eine hohe Qualifikation. Rund zwei Drittel der befragten Personen über 15 Jahren verfügt über einen akademischen Abschluss. Nur 4% können (noch) keinen Berufsabschluss vorweisen. 7
4.2 Demografische Struktur und deren Entwicklung Im Untersuchungsgebiet Boxhagener Platz wohnen nach aktuellem Stand des Einwohner- melderegisters (31.12.2019) 42.261 Menschen mit Hauptwohnsitz in insgesamt 60 statistischen Blöcken mit Wohnbebauung. Das bereits förmlich festgelegte soziale Erhaltungsgebiet Boxhagener Platz hat nach aktuellem Stand 13.237 Einwohner*innen. Bei Vorliegen der Voraussetzungen sollen die Regelungen des sozialen Erhaltungsrechts gegebenenfalls auf einen beträchtlichen Teil der Wohnbebauung im Ortsteil Friedrichshain und, im Vergleich zum derzeitigen „Erhaltungsgebiet Boxhagener Platz“, auf gut dreimal so viele Einwohner*innen ausgeweitet werden. 4.2.1 Altersstruktur Rund 80% aller Gebietsbewohner*innen sind Erwachsene. Knapp 7% sind Kinder im Vorschul- und weitere 7% noch minderjährige Kinder und Jugendliche im Schulalter. Etwa 10% aller Bewohner*innen sind ältere Menschen im Vorrenten- oder Rentenalter jenseits der Altersgrenze von 55 Jahren. Abbildung 2: Altersstruktur der Bevölkerung des Untersuchungsgebiets Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Einwohnerregister Stand 31.12.2019 Der Abhängigkeitsquotient3 beträgt demnach rund 1:5 für das Untersuchungsgebiet. 19 Personen im nicht erwerbsfähigen Alter unter 15 Jahren stehen 100 Personen im erwerbsfähigen Alter gegenüber. Das Verhältnis zwischen Frauen und Männern beträgt im Untersuchungsgebiet 48% zu 52%. Tabelle 1: Altersstruktur im Vergleich (Stand 31.12.2019) unter 6 bis 15 bis 18 bis 27 bis 55 bis 65 Jahre Einwohner*innen 6 Jahre 14 Jahre 17 Jahre 26 Jahre 54 Jahre 64 Jahre u. älter Untersuchungs- 42.261 2.814 2.523 553 4.521 27.697 2.467 1.686 gebiet in % 100,0% 6,7% 6,0% 1,3% 10,7% 65,5% 5,8% 4,0% OT Friedrichshain 100,0% 6,7% 6,2% 1,4% 10,2% 58,7% 7,5% 9,2% Bezirk Fhain/Kberg 100,0% 6,4% 7,0% 2,0% 10,6% 54,1% 9,9% 10,1% Berlin 100,0% 6,0% 7,7% 2,3% 9,8% 42,3% 12,8% 19,1% Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (AfS), Einwohner*innen am Ort der Hauptwohnung Das Untersuchungsgebiet unterscheidet sich vom Ortsteil Friedrichshain durch einen höheren Anteil von Erwachsenen in den mittleren Altersgruppen und einem entsprechend geringeren Anteil älterer 3 Abhängigkeitsquotient: Verhältnis der wirtschaftlich abhängigen Altersgruppen (Personen, die noch nicht bzw. nicht mehr im erwerbsfähigen Alter sind) zur Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter. Als Grenzwerte des erwerbsfähigen Alters wurden hier die Jahrgänge zwischen 15 und 64 Jahren definiert. 8
Personen ab 55 Jahren. Im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg wie auch in Berlin als Ganzes ist der Anteil älterer Personen nochmals vergleichsweise höher als im Ortsteil Friedrichshain. 4.2.2 Migrationshintergrund Rund 15.000 Personen haben einen Migrationshintergrund. Das sind ein Drittel aller Einwohner*innen des Untersuchungsgebiets. Davon sind 11.000 Personen Ausländer*innen, d. h. ein Viertel aller Einwohner*innen. Der Anteil von Personen mit Migrationshintergrund ist im Untersuchungsgebiet ähnlich groß wie im Ortsteil Friedrichshain und auch annähernd mit den Berliner Verhältnissen insgesamt vergleichbar. Während in Berlin als Ganzes das Verhältnis zwischen Deutschen mit Migrationshintergrund und Ausländer*innen rund 2 zu 3 beträgt, ist es im Untersuchungsgebiet etwa 1 zu 3. Der Anteil von Ausländer*innen an der Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist hier höher. Abbildung 3: Migrationshintergrund (Stand 31.12.2019) Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Einwohnerregister Das Untersuchungsgebiet unterscheidet sich allerdings deutlich vom Bezirk als Ganzes, was vor allem vom deutlich höheren Anteil an Personen mit Migrationshintergrund im Ortsteil Kreuzberg des Bezirks herrührt. Tabelle 2: Migrationshintergrund im Vergleich (Stand 31.12.2019) Deutsche ohne MGH Deutsche mit MGH Ausländer*innen MGH gesamt Untersuchungsgebiet 26.981 4.180 11.100 15.280 in % 63,8% 9,9% 26,3% 36,2% OT Friedrichshain 65,3% 10,7% 24,0% 34,7% Bezirk Fhain/Kberg 55,3% 16,9% 27,8% 44,7% Berlin 65,0% 14,4% 20,6% 35,0% Bezogen auf die Herkunft kommen im Untersuchungsgebiet Personen mit Migrationshintergrund vor allem aus EU-Staaten und diversen anderen Staaten. Der Anteil von Personen aus dem ehemaligen Jugoslawien, der ehemaligen Sowjetunion oder deren Nachfolgestaaten sowie aus der Türkei oder arabischen Staaten ist dagegen deutlich geringer. Insbesondere hinsichtlich des Anteils von Bewohner*innen mit türkischer oder arabischer Herkunft unterscheidet sich das Untersuchungsgebiet wie auch der Ortsteil Friedrichshain deutlich vom anderen Ortsteil Kreuzberg des Bezirks und von Berlin. 9
Tabelle 3: Herkunftsgebiete der Personen mit Migrationshintergrund im Vergleich (Stand 31.12.2019) Ehemals Jugoslawien und Türkei und arabische EU-Staaten Sonstige4 ehemals Sowjetunion Staaten PLR des 7.091 1.641 2.156 4.392 Untersuchungsgebiets5 in % aller 16,8% 3,9% 5,1% 10,4% Einwohner*innen OT Friedrichshain 14,4% 4,8% 5,6% 9,9% Bezirk Fhain/Kberg 14,3% 4,3% 15,2% 10,9% Berlin 11,1% 6,2% 11,6% 6,2% Abbildung 4: Herkunftsgebiete aller Personen mit Migrations- hintergrund im Untersuchungsgebiet (Stand 31.12.2019) Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Einwohnerregisterstatistik, StatIS BBB Laut Bewohnerbefragung beträgt der Anteil von Haushalten mit Migrationshintergrund6 18%, davon 6% mit eingebürgerten Personen. In den betreffenden Haushalten leben 22% der mit der Befragung erfassten Personen7. Dieser Wert ist im Vergleich zur aktuellen Bevölkerungsstatistik (31.12.2019) des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg unterdurchschnittlich. 4.2.3 Einwohnerentwicklung Die Zahl der Einwohner*innen im Untersuchungsgebiet ist seit 2010 um mehr als 6.000 Personen bzw. um 18% gestiegen, darunter in den letzten vier Jahren um 9%. Im gesamten Zeitraum ist ein kontinuierlicher, etwa gleichgebliebener jährlicher Zuwachs von knapp 2% erfolgt. Der Anstieg fällt zwischen 2014 und 2015 etwas geringer aus, zwischen 2017 und 2019 hat sich der Zuwachs noch einmal dynamischer vollzogen als vorher. Eine wesentliche Ursache des Bevölkerungsanstiegs ist die Neubautätigkeit im Gebiet in den letzten Jahren. 4 Hier zusammengefasst: Eine Mischung aus europäischen Staaten (z. B. Albanien, Island, Norwegen, Schweiz) sowie zahlreichen Staaten Afrikas und Lateinamerikas sowie einige unklare Herkunftsstatusse. 5 Für das Untersuchungsgebiet liegen Daten zu den Herkunftsgebieten von Migrant*innen nicht gebietsscharf vor, jedoch für den Planungsraum (LOR) Traveplatz und Boxhagener Platz, in welchem das Untersuchungsgebiet zu großem Teil liegt. 6 Haushalte mit Migrationshintergrund wurden wie folgt definiert: Alle Haushalte mit mindestens einer Person mit ausländischer Staatsangehörigkeit oder Einbürgerung. 7 Dieser Wert ist geringer als in der aktuellen Bevölkerungsstatistik (31.12.2019) des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg. Allerdings ist die Definition des AfS deutlich weiter gefasst (Deutsche, von denen ein oder beide Elternteile Migrant*innen sind) als sie im Rahmen dieser Untersuchung erhoben werden konnte. 10
Abbildung 5: Entwicklung der Einwohnerzahlen im Untersuchungsgebiet (absolut) Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Einwohnerregisterstatistik, StatIS BBB Dabei hat sich vor allem die Anzahl von Personen unter 18 Jahren und von älteren Personen zwischen 55 Jahren und dem Rentenalter überdurchschnittlich erhöht. Relativ stellen letztere mit einem Anteil von rund 6% an der Gesamtbevölkerung jedoch einen eher kleineren Teil dar. Gesunken ist dagegen die Zahl junger Erwachsener unter 27 Jahren, die im Erhaltungsgebiet Boxhagener Platz in dessen Anfangsjahren noch eine sehr dominante Gruppe darstellten. Abbildung 6: Abbildung 6: Anteile von Personen einzelner Altersgruppen an der Gebietsbevölkerung im Zeitvergleich Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, Einwohnerregisterstatistik Die altersmäßige Zusammensetzung der Bevölkerung des Untersuchungsgebiets hat sich seit 2010 hin zu mehr Kindern und zu mehr älteren Erwachsenen verändert. Die wachsende Zahl älterer Erwachsener in den letzten Jahren hängt auch mit längerer Ortsansässigkeit und Übergängen in die nächsthöheren Alterskohorten zusammen. Ab dem Alter von 45 Jahren wohnen Personen nahezu ausnahmslos länger im Gebiet, verglichen mit der durchschnittlichen Wohndauer aller Personen. 11
Abbildung 7: Mittlere Wohndauer im Gebiet in Jahren nach Alter der Befragten ab 45 Jahren Die absolute Zahl der Kinder unter 15 Jahren hat sich seit 2013 kontinuierlich erhöht. Bei Kindern unter 6 Jahren ist sie um 13%, bei Kindern zwischen 6 und 14 Jahren um knapp 30% gestiegen. Der Trend des stetigen jährlichen Wachstums bei Kindern und Jugendlichen im Vorschul- und Schulalter bis 14 Jahre war von Jahr zu Jahr unterschiedlich stark ausgeprägt. Bei Kindern im Vorschulalter war bis 2015 eine von Jahr zu Jahr stetig steigende Wachstumsquote zu verzeichnen. Danach stieg die absolute Zahl zwar ebenfalls noch von Jahr zu Jahr an, der relative jährliche Zuwachs ging jedoch zurück und ist von 2017 zu 2018 wieder etwas größer als davor. Bei der Zahl von Kindern im Schulalter von 6 bis 14 Jahren war die deutlichste Steigerung mit 7% Zuwachs zwischen 2015 und 2016 erfolgt. Ein Anstieg war in den beiden Folgejahren zwar noch gegeben, aber bei weitem nicht mehr so stark. Zwischen 2018 und 2019 erfolgte nochmals ein Anstieg der Zuwachsrate. Abbildung 8: Abbildung 8: Entwicklung des relativen Anstiegs der Kinderzahlen im Vergleich zum jeweiligen Vorjahr 12
Der Zuwachs muss überwiegend aus dem Gebiet selbst heraus erfolgt sein. Denn in beiden Jahren gab es bei Kindern zwischen 6 und 14 Jahren aus Binnen- und Außenwanderung per Saldo Wanderungsverluste. Der Zuwachs könnte im Zusammenhang mit dem Übergang von Kindern unter 6 Jahren in die nächsthöhere Alterskohorte, in das Schulalter stehen. Für 2019 liegen Daten zu Wanderungen jedoch noch nicht vor, die eine Einschätzung zur Rolle des Neubezugs in den Neubauten ermöglichen könnten. Der relative Anteil von Deutschen mit Migrationshintergrund an der Gebietsbevölkerung ist gegenüber 2010 um drei Prozentpunkte von 6% auf 9% gestiegen, aber bei weitem nicht so stark wie der der ausländischen Bewohner*innen. Tabelle 4: Migrationshintergrund - Entwicklung der Einwohnerzahlen zwischen 2010 und 2019 im Untersuchungsgebiet Ausländer*innen Deutsche ohne MHG Deutsche mit MHG Einwohner*innen PLR/(U-Gebiet) U-Gebiet 2010 28.950 2.149 4.839 35.938 U-Gebiet 2014 28.824 2.759 7.069 38.652 U-Gebiet 2018 27.335 3.788 10.185 41.308 U-Gebiet 2019 26.981 4.180 11.100 42.261 Besonders stark gestiegen ist der relative Anteil von Ausländer*innen an der Gebietsbevölkerung, gegenüber 2010 um elf Prozentpunkte von 14% auf 25%. Mit der wachsenden Zahl der Gebietsbewohner*innen hat sich die absolute Zahl von ausländischen Gebietsbewohner*innen im gleichen Zeitraum absolut mehr als verdoppelt. Abbildung 9: Relatives Wachstum der Zahl von Personen mit und ohne Migrationshintergrund im Zeitvergleich 13
4.3 Soziale Lagen 4.3.1 Haushaltsgrößen Im Untersuchungsgebiet Boxhagener Platz leben derzeit rund 22.000 Haushalte.8 Die durchschnittliche Haushaltsgröße beträgt 2,04 Personen je Haushalt. Tabelle 5: Haushaltsgrößenstruktur im Vergleich (nach Personenzahl) 1 Person 2 Personen 3 Personen 4 u. m. Personen gesamt Untersuchungsgebiet 2019 (relativ %) 39% 37% 13% 11% 100% Untersuchungsgebiet 2019 (absolut) ca. 8.600 ca. 8.200 ca. 2.800 ca. 2.300 ca. 21.900 Samariterviertel 2019 35% 39% 15% 11% 100% (Verdachtsgebiet) Bezirk Fhain/Kberg 20189 62% 21% 9% 8% 100% Berlin 201810 53% 28% 10% 9% 100% Zwei Drittel aller Haushalte sind Mehr-Personen-Haushalte. Der Trend früherer Jahre, in denen Single- Haushalte in starkem Maße in innerstädtische Altbauquartiere zogen, ist mittlerweile gestoppt. Es ist eine umgekehrte Entwicklung zu beobachten, mit einer deutlichen Reduzierung des Anteils von Single- Haushalten und einer Zunahme des Anteils von Mehrpersonenhaushalten, besonders stark von Zwei- Personen-Haushalten. Dies zeigt sich deutlich in einer niedrigeren mittleren Wohndauer von Zwei- Personen-Haushalten im Gebiet (acht Jahre) im Vergleich zu Einpersonenhaushalten (11 Jahre). Gründe dürften, neben dem begrenzten und sich verteuernden Wohnungsangebot, auch die deutliche Verringerung des Anteils kleiner Ein-Zimmer-Wohnungen sein, die aus dem Sanierungsziel der gezielten Förderung familiengeeigneter Mehrzimmerwohnungen in den ehemaligen Sanierungsgebieten „Traveplatz“ und Teilen der „Warschauer Straße“ bis zu Beginn der 2000er Jahre resultierte. Tabelle 6: Anteil und Zahl der Haushalte mit Kindern unter 18 Jahren Ø Kinderzahl Familien Familien Paare mit Allein- Familien mit pro Haushalt mit 2 u. m. gesamt Kind(ern) erziehende 1 Kind Anteile an allen Haushalten mit Kind(ern) Kindern Untersuchungsgebiet 2019 (in %) 22% 17% 5% 1,5 13% 9% Untersuchungsgebiet 2019 ca. 4.800 ca. 3.700 ca. 1.100 1,5 ca. 2.850 ca. 1.950 (absolut) Samariterviertel 2019 25% 19% 6% 1,4 16% 9% (Verdachtsgebiet) Bezirk Fhain/Kberg 2018 21% 12% 9% Berlin 201811 18% 13% 5% 1,6 10% 8% Die mittlere Kinderzahl in Haushalten mit Kindern beträgt im Untersuchungsgebiet 1,5. In 56% aller Haushalte mit Kindern wurden alle Kinder erst nach einem Zuzug ins Gebiet geboren, in 75% aller Familien mindestens eines der Kinder. Insbesondere 82% der Kinder unter sechs Jahren sind jünger als die Wohndauer ihrer Familie im Gebiet. 8 Die Senatsverwaltung geht für die beiden LOR Traveplatz und Boxhagener Platz von 22.480 Wohnungen aus. Abzüglich eines Fluktuationsleerstands von 2% gehen wir von 22.000 bewohnten Wohnungen und ebenso vielen Haushalten aus. 9 Quelle: Mikrozensus 2018 des Amtes für Statistik Berlin/Brandenburg. 10 Quelle: ebenda. 11 Quelle: ebenda. 14
Einer weiteren Zunahme der Zahl von Familien mit Kindern sind Grenzen vor allem durch die augenblickliche Art des Zugangs zu Wohnungen durch den Wohnungsmarkt gesetzt. Größere familiengeeignete Wohnungen mit drei und mehr Zimmern sind zu 60% durch Haushalte ohne Kinder bewohnt, die mit durchschnittlich 11 Jahren länger als die Familien - durchschnittlich sechs Jahre - in diesen Wohnungen wohnen. Die lange Wohndauer der Haushalte ohne Kinder in den größeren Wohnungen lässt absehbar kaum Fluktuationsprozesse zugunsten freiwerdender Wohnungen für Haushalte mit Kindern erwarten. Hinzu kommt, dass Haushalte ohne Kinder in den größeren Wohnungen auch bereits rund 10% höhere Mieten zahlen als Familien. In der Konkurrenz um größeren Wohnraum würde das Familien mit unterhaltspflichtigen Kindern bei Wohnungswechseln eher an Grenzen der Zahlungsfähigkeit bringen. 4.3.2 Einkommensverhältnisse Die mittleren monatlichen Einkommen der Haushalte im Untersuchungsgebiet wie auch die Einkommensverteilung unterscheiden sich deutlich sowohl vom Bezirk als auch der Hauptstadt als Ganzem. Dies zeigt sich in einem höheren mittleren Einkommen der Haushalte, aber vor allem deutlich höheren mittleren Äquivalenzeinkommen und einer geringen Armutsgefährdungsquote. Tabelle 7: Einkommensverteilung und mittlere Haushaltseinkommen im Vergleich Untersuchungsgebiet Samariterviertel 2019 Fhain/Kberg 2018 Berlin 201812 in % aller Haushalte 2019 (Verdachtsgebiet) unter 900 € 4% 5% 11% 8% 900 – unter 1.300 € 7% 7% 14% 13% 1.300 – unter 1.500 € 5% 4% 7% 7% 1.500 – unter 2.000 € 12% 11% 16% 17% 2.000 – unter 2.600 € 19% 19% 15% 16% 2.600 – unter 3.200 € 13% 14% 10% 11% 3.200 € und mehr 40% 40% 27% 28% 100% 100% 100% 100% Mittleres Einkommen (Median) 2.860 € 2.777 € 2.075 € 2.175 € Äquivalenzeinkommen 2.220 € 2.000 € ---- 1.742 € (Median)13 Armutsgefährdungsquote 11% 10% 18,0% (2018) 17,8% Nach wie vor besteht allerdings ein Grundsockel von einkommensarmen Haushalten im Gebiet. Noch etwa 11% aller Haushalte gelten als armutsgefährdet, weil sie weniger als 60% des vergleichbaren aktuellen Berliner Äquivalenzeinkommens zur Verfügung haben. Während in Berlin und im Bezirk die Armutsgefährdungsquote14 bei 18% liegt, sind im Untersuchungsgebiet nur 11% aller Personen armutsgefährdet. Bei Paaren mit Kind(ern) ist diese Quote mit 6% aller Personen gering, bei Alleinerziehenden dagegen beträgt sie 19%. Ähnlich hoch ist sie bei Ein-Personen-Haushalten, in denen 18% aller Personen armutsgefährdet sind. 12 Quelle: ebenda. 13 Das bedarfsgewichtete Äquivalenzeinkommen setzt das Haushaltsnettoeinkommen in Beziehung zur Haushaltsgröße und gibt so einen, den tatsächlichen Lebenserfordernissen adäquateren Vergleichswert wieder als das mittlere Einkommen. 14 Anteil der Personen mit einem Äquivalenzeinkommen von weniger als 60% des Medians der Äquivalenzeinkommen der Bevölkerung in Privathaushalten (Äquivalenzeinkommen auf Basis der neuen OECD-Skala). Quelle: Mikrozensus 2019 und Befragungsergebnisse gemessen am Berliner Landesmedian. 15
Tabelle 8: Einkommenssituation verschiedener Haushaltstypen im Untersuchungsgebiet HH mit darunter Pers. mit reine HH Akade- Stud. u. 1-Pers- 2-Pers- HH mit alle HH Allein- Migra- Rentner- unsicherer miker- Azubi- HH HH ohne Kind(ern) erziehende tionshin- HH Erwerb* HH HH in % der Haushalte Kinder tergrund des Typs unter 900 € 4% 9% --- --- 2% 2% 15% 28% 2% 9% 900 – unter 1.300 € 7% 16% 1% 3% 10% 5% 19% 41% 5% 18% 1.300 – unter 1.500 € 5% 8% 3% 2% 8% 4% 8% 9% 5% 16% 1.500 – unter 2.000 € 12% 21% 4% 9% 28% 8% 17% 13% 10% 11% 2.000 – unter 2.600 € 19% 25% 16% 13% 30% 14% 20% 7% 18% 21% 2.600 – unter 3.200 € 13% 10% 16% 12% 12% 13% 10% 2% 14% 11% 3.200 € und mehr 40% 11% 60% 61% 10% 54% 11% --- 47% 14% 100% 100% 100% 100% 100% 100% 100 100 100 % 100 % n= 1.255 484 415 284 60 231 82 54 958 44 % aller Haushalte 100% 38% 33% 23% 5% 18% 6% 4% 76% 3% mittleres Einkommen 2.860 € 1.860 € 3.700 € 3.500 € 2.000 € 3.400 € 1.800 € 1.033 € 3.000 € 1.700 € (Median) Äquivalenzeinkom- 2.220 € 1.860 € 2.475 € 1.830 € 1.360 € 2.000 € 1.475 € 886 € 2.100 € 1.300 € men (Median)15 Armutsgefährdungs- 8% 18% 5% 8% 19% 11% 21% 49% 6% 24% quote * Haushalte (nur) mit arbeitslosen Personen, Personen in Umschulungen oder mit Grundsicherung Der differenzierten Einkommensstruktur steht auch eine ambivalente Entwicklung der Haushaltseinkommen gegenüber. Die Einkommensverhältnisse driften auseinander, mit der Tendenz zu wachsenden Anteilen einkommensstärkerer Haushalte. Die im Berlin- und Bezirks-Vergleich günstigere Einkommenssituation hat sich mehrheitlich durch Zuzug einkommensstärkerer Haushalte und weniger durch Einkommenszuwächse der langjährigen „Stammbevölkerung“ ergeben. Abbildung 10: Einkommen nach Wohndauer im Gebiet Für gut 40% aller Haushalte hat sich in den letzten drei Jahren am Einkommen nichts verändert, ebenfalls gut 40% aller Haushalte gaben dagegen eine Erhöhung des Einkommens an. Jeder achte Haushalt gab eine Verringerung an. Dabei zeichnen sich Unterschiede zwischen langjährigen Gebietsbewohner*innen und neu Hinzugezogenen ab. Bewohner*innen, die bereits zehn Jahre und 15 Das bedarfsgewichtete Äquivalenzeinkommen setzt das Haushaltsnettoeinkommen in Beziehung zur Haushaltsgröße und gibt so einen, den tatsächlichen Lebenserfordernissen adäquateren Vergleichswert wieder als das mittlere Einkommen. 16
länger im Gebiet leben, deklarieren leicht überdurchschnittliche Einkommensverluste der letzten Jahre und etwas weniger Einkommenszuwächse. Der Anteil derjenigen ist höher, deren Einkommen konstant blieben und deren finanzielle Verhältnisse das Wohnen in diesem Quartier ermöglichen. Jedoch haben Haushalte, die erst seit höchstens drei Jahren im Gebiet wohnen, zu mehr als der Hälfte und damit überdurchschnittlich oft Einkommenszuwächse angegeben. Letztlich ist gerade auch die Einkommensentwicklung, die mit Erwerbslage und Qualifikation zusammenhängt, Ausdruck von Gentrifizierung. Abbildung 11: Entwicklung des Haushaltsnettoeinkommens der letzten 3 Jahre nach Wohndauer im Gebiet 4.3.3 Erwerbssituation und Qualifikation Erwerbstätige Personen prägen die soziostrukturellen Verhältnisse in den Haushalten des Untersuchungsgebiets mehrheitlich und in deutlich stärkerem Maße als vergleichsweise im Bezirk und der Stadt insgesamt. Der Anteil von erwerbstätigen Personen ab 15 bis 64 Jahre beträgt 80%. Tabelle 9: Erwerbsquoten im Vergleich Untersuchungsgebiet Untersuchungsgebiet Fhain/ Kberg Berlin 2019 Samariterviertel 2019 2018 201816 Erwerbstätigenquote17 81,3% 80,9% 74,6% 72,9% Erwerbsquote 87,6% 87,0% 80,9% 79,1% Erwerbslosenquote 6,3% 6,1% 6,3% 6,2% Den Hauptteil der Erwerbstätigen nehmen Angestellte ein (72%), gefolgt von Selbständigen bzw. Freischaffenden (20%). Dies entspricht im Wesentlichen auch der Struktur im gesamten Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Im Berlin-Vergleich ist der Anteil der Selbständigen bzw. Freischaffenden überdurchschnittlich hoch, der Anteil von Arbeiter*innen dagegen geringer. 16 Quelle: Mikrozensus 2018 des Amtes für Statistik Berlin/Brandenburg. 17 Erwerbstätigenquote: Prozentualer Anteil der Erwerbstätigen an Personen in der Altersgruppe der 15 bis unter 65jährigen; Erwerbsquote: Prozentualer Anteil der Erwerbspersonen (Erwerbstätige und Erwerbslose) an Personen in der Altersgruppe der 15 bis unter 65jährige; Erwerbslosenquote: Prozentualer Anteil der Erwerbslosen an Personen in der Altersgruppe der 15 bis unter 65jährigen. 17
Abbildung 12: Berufliche Stellung der Erwerbstätigen (15 bis unter 65 Jahre) Allerdings ist die soziale Lage der Selbstständigen im Gebiet nicht homogen. Jeder fünfte Haushalt, in dem Selbständige leben, befindet sich finanziell unterhalb der Armutsgefährdungsschwelle. Andererseits verfügt knapp jeder zehnte dieser Haushalte über mindestens das Doppelte des Berliner bedarfsgewichteten Äquivalenzeinkommens. Das mittlere Haushaltsnettoeinkommen der Haushalte mit Selbständigen bzw. Freischaffenden wie auch das Äquivalenzeinkommen ist niedriger als der Gebietsdurchschnitt. Haushalte mit Selbständigen bzw. Freischaffenden sind mit knapp 50% in überdurchschnittlichem Maße Ein-Personen-Haushalte. Lediglich 3% aller Selbständigen, jedoch 7% aller Erwerbspersonen sowie 8% aller Rentner*innen gehen einem Mini-Job nach. Den höchsten Anteil an Minijobbern gibt es unter Studierenden mit 28%. Sie stellen die Hälfte aller Personen mit Mini-Job. In diesem Gebiet gibt es offenbar überdurchschnittlich viele Solo-Selbständige in Kleinhaushalten mit nur geringen Einkünften aus ihrer Selbständigkeit. Tabelle 10: Erwerbsstruktur der Personen des Untersuchungsgebiets 2019 Nicht erwerbstätig / sonst. Selbständig / Freischaff. Studium /Ausbildung Arbeitslos (ALG II) Unsichere Lagen Erwerbstätig18 Rentner*in Anteile an allen Personen über 15 Jahre in % Untersuchungsgebiet 2019 77% 10% 5% 5% 3% 100% 15% 2% Berlin 201819 59% 8% 23% 5% 5% 100% 9% 7% Insgesamt erhalten 7% aller Haushalte als Bedarfsgemeinschaften Leistungen nach dem SGB. Trotz Erwerbstätigkeit von Haushaltsmitgliedern leben 2% aller erwerbstätigen Personen in Bedarfsgemeinschaften als Aufstocker, die auf Transferleistungen von ALG II ergänzend zum Erwerbseinkommen angewiesen sind, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Der hohe 18 Da hier alle Personen über 15 Jahre einbezogen sind, ist der Anteil der Erwerbstätigen etwas geringer als in Tab. 10 ausgewiesen. Dort stellen die 15- bis unter 65-Jährigen die Bezugsgröße dar. 19 Quelle: Amt für Statistik Berlin Brandenburg, Mikrozensus 2018, Statistisches Jahrbuch 2019, eigene Berechnungen asum GmbH 18
Anteil von Erwerbstätigen und die geringe Zahl von Personen mit ALG II-Bezug spiegeln eine klare Tendenz von Gentrifizierung wider. Höher qualifizierte Bevölkerungsgruppen sind für das Gebiet prägend. Besonders auffällig ist der überproportionale Anteil von Personen mit Hochschul- bzw. Fachhochschulabschluss. Drei Viertel der erwachsenen Personen sind akademisch ausgebildet. Tabelle 11: Höchste Qualifikation der Personen des Untersuchungsgebiets 2019 Fachhochschulabschluss in Studium / Ausbildung (noch) ohne Ausbildung Facharbeiter / Lehre Hochschulabschluss Meister / Techniker gesamt Anteile an allen Personen über 15 Jahre in % Untersuchungsgebiet 2019 4% 4% 18% 1% 12% 61% 100% Berlin 17% 8% 37% 5% 8% 25% 100% Der Anteil reiner studentischer Haushalte hat sich im Vergleich zum Status des Gebiets als Sanierungsgebiet deutlich reduziert. Nur noch 4% aller Haushalte sind reine studentische Haushalte. Sie gelangen offenbar nicht mehr in das Gebiet wie in den zurückliegenden Jahren, was auch auf die Enge und Preissituation am Wohnungsmarkt zurückgeführt werden kann. Das hohe Qualifikationsniveau der Bewohner*innen ist vornehmlich durch Zuzüge von außen verursacht und eine weitere Tendenz von Gentrifizierungsprozessen im Gebiet. Von den Haushalten mit höher qualifizierten Personen sind 36% erst innerhalb der letzten fünf Jahre ins Gebiet zugezogen. Von Haushalten mit durchschnittlich oder geringer qualifizierten Personen leben gut 70% länger als fünf Jahre, zwei Drittel sogar länger als zehn Jahre in diesem Gebiet. Haushalte mit Personen, die keine akademischen Qualifikationen haben, stellen mit einem Viertel aller Haushalte nunmehr eine Minderheit im Gebiet. 19
5. Wohnverhältnisse 5.1 Kurzüberblick - Im Gebiet gibt es 21.900 bewohnte Wohnungen. Der weitaus größte Teil wurde vor 1948 gebaut (76%). Aus der Periode bis 1990 stammen 13% der Wohnungen. 11% der Wohnungen stellen nach 1990 erstellte Neubauwohnungen dar. 10% der Wohnungen sind Dachausbauten in Bestandsgebäuden. - Die derzeitige Wohnraumversorgung ist, bezogen auf die Fläche und Zuschnitte der Wohnungen, weitgehend adäquat zur Zahl der Personen im Haushalt. - Die durchschnittliche Wohnungsgröße beträgt 74 m² bzw. 2,5 Zimmer, bei einer Pro-Kopf- Wohnfläche von durchschnittlich 37m2. Eine gravierende Überbelegung liegt nur in sehr wenigen Fällen vor. Von den Mieter*innen empfinden ca. drei Viertel ihre Wohnsituation in Bezug auf Größe, Ausstattung, Zustand und Miete als zufriedenstellend bzw. sehr zufriedenstellend. - 88% der befragten Haushalte leben zur Miete. Ein Drittel der Wohnungen sind bereits in Eigentum aufgeteilt. - Private Eigentümer*innen (Haus oder Wohnung) dominieren mit Abstand (80%) die lokale Eigentümerstruktur, gefolgt von Wohnungsbaugesellschaften. - Nahezu alle Wohnungen im Verdachtsgebiet verfügen über eine Ausstattung entsprechend dem Vollstandard, d. h. über Bad und moderne Heizung. Gehobene Ausstattungsmerkmale sind im Bestand vor allem in modernisierten und in umgewandelten Wohnungen vorhanden. - In ca. 20% der Wohnungen wurden Modernisierungsarbeiten innerhalb der letzten drei Jahre durchgeführt bzw. sind derzeit im Gange. In weiteren 2% wurden sie angekündigt. Zugleich sprechen sich nur 16% der Haushalte für weitere Modernisierungsarbeiten aus, sollten diese mit einer Mieterhöhung verbunden sein. - Die durchschnittlichen Mieten liegen durchweg über denen des Berliner Mietspiegels 2019. Sie sind in den letzten Jahren kontinuierlich in erheblichem Umfang gestiegen und liegen in 2019 neu vermieteten Altbauwohnungen bereits knapp unter 12 €/m². - Die derzeitige Mietbelastung (bruttokalt) liegt im Verdachtsgebiet aufgrund der hohen Durchschnittseinkommen bei 25% und damit deutlich unter dem Berliner Wert. 5.2 Wohnungsbestand Wir gehen für das Gesamtgebiet von etwa 21.900 bewohnten Wohnungen aus20. Altbauwohnungen bilden die Mehrheit des Wohnungsbestandes. Mit 76% gab mehr als Dreiviertel aller Befragten an, in einem Gebäude zu leben, das vor 1948 errichtet wurde. Neubauwohnungen, errichtet nach 1990, nehmen einen Anteilswert von ca. 11% ein. Gebäude, die in der Periode von 1948 bis 1990 entstanden sind, haben einen Anteil am Wohnungsbestand von 13%. 20 Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen geht für die Planungsräume 50801 Traveplatz und 50802 Boxhagener Platz von 22.480 Wohnungen (Stand 2016). aus. Seither fertiggestellte Wohnungen, vor allem im Freudenberg-Areal, kalkulieren wir mit 600 Wohneinheiten, also zusammen 23.040. Davon sind nach den Ergebnissen des Mikrozensus Wohnen 2018 rund 5% nicht zu Wohnzwecken vermietet (Leerstand, gewerbliche Nutzung, Umbauarbeiten). Es verbleiben ca. 21.900 bewohnte Wohnungen. 20
5.2.1 Wohnungsgrößen und Wohnungsbelegung Der Wohnungsbestand des Gebiets ist durch eine Wohnungsstruktur mit überwiegend 1,5- bis 3-Zimmerwohnungen geprägt, die drei Viertel des Bestandes ausmachen. Zugleich liegt mit rund 45% eine markante Zahl an familiengeeigneten Wohnungen vor, d. h. Wohnungen mit drei oder mehr Zimmern. Die durchschnittliche Zimmeranzahl beläuft sich auf 2,5 Zimmer pro Wohnung, die durchschnittliche Wohnungsgröße auf rund 74 m2. Pro Kopf stehen den Bewohner*innen ca. 37 m2 zur Verfügung. Die Werte sind vergleichbar mit dem sozialen Verdachtsgebiet Samariterviertel und dem Erhaltungsgebiet Stralauer Kiez. Ca. 85% der Haushalte leben in Wohnungen, deren Zimmerzahl gleich oder um ein Zimmer größer ist als die Zahl der Haushaltsmitglieder. Dies wird in der Regel als angemessene Versorgung angesehen. Eine Überbelegung (ein Zimmer weniger als Personenzahl) liegt bei ca. 8% der Haushalte vor, eine starke Überbelegung (mind. zwei Zimmer weniger als Personenzahl) bei rund 1%*. Tabelle 12: Anzahl der Zimmer und Haushaltsgröße Boxhagener Platz Verdachtsgebiet 2019 5 u. m. 1 Person 2 Personen 3 Personen 4 Personen gesamt in % aller Haushalte Personen 1 Zimmer 11% 1% 0% 0% 0% 12% 2 Zimmer 23% 18% 2% 0% 0% 44% 3 Zimmer 4% 14% 7% 4% 0% 31% 4 Zimmer 1% 3% 3% 4% 1% 11% 5 u. m. Zimmer 0% 0% 0% 1% 1% 2% gesamt 39% 37% 13% 9% 2% 100% n=1.384 5.2.2 Ausstattung der bewohnten Wohnungen Die große Mehrheit der abgefragten Wohnungen verfügt hinsichtlich der Heiz- und Sanitärbedingungen über eine zeitgemäße Ausstattung. 97% der Wohnungen weisen, orientiert an den Bestimmungen des Berliner Mietspiegels, einen Vollstandard auf.21 Nur in drei Prozent der Wohnungen liegt eine Minderausstattung aufgrund der Nichtgegebenheit eines vollstandardspezifischen Ausstattungsmerkmals vor, d. h. das Fehlen einer zeitgemäßen Heizung oder eines vollausgestatteten Bades. Verschiedene wohnwertsteigernde Merkmale sind bereits in Teilen des abgefragten Wohnungsbestandes verfügbar. Hervorzuheben sind hochwertige Fußböden22 (28%), Bäder mit Dusche und Wanne (24%) sowie Videosprechanlagen (11%). Insgesamt drei Viertel der Wohnungen verfügen über Balkone oder Terrassen, bei 24% mit einer Größe von mehr als 4m2. Aufzüge stehen einem Drittel der befragten Haushalte zur Verfügung. Dieser vergleichsweise hohe Wert ist wesentlich durch den hohen Anteil an Neubauten nach 1990 bedingt, die fast alle mit einem Aufzug ausgestattet sind. Bei einer Differenzierung nach Gebäudealter lässt sich feststellen, dass insbesondere Neubauwohnungen höhere Ausstattungsmerkmale aufweisen. Wie Tabelle 13 zu entnehmen ist, 21 Wohnungen weisen einen Vollstandard auf, wenn sie über eine Zentralheizung oder eine Gasetagenheizung (bzw. eine andere zeitgemäße Heizung) als auch ein Bad, bestehend aus Toilette sowie Dusche und/oder Wanne, verfügen. 22 ‚Hochwertiges Parkett, Naturstein oder gleichwertiger Bodenbelag‘. 21
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