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Evaluationsbericht zum Projekt „Rückführung in die Häuslichkeit nach Anschlusskurzzeitpflege“ Prof. Dr. Gabriele Bartoszek, Fliedner FH Düsseldorf / Februar 2021 im Auftrag der AOK PLUS für Sachsen und Thüringen Projekteinrichtung: Diakonie Dresden AKZP im Pflegezentrum Dresden-Plauen Coschützer Straße 58 01187 Dresden
Inhalt Tabellenverzeichnis ................................................................................................................... 3 1 Ausgangssituation des Projektes ...................................................................................... 4 2 Methodisches Vorgehen ..................................................................................................... 5 2.1 Rekrutierung der Patienten........................................................................................................ 5 2.2 Datenaufbereitung und Analyse ................................................................................................ 7 2.3 Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgungskontinuität in der Überleitung in die AKZP ..................................................................................................................................................... 8 2.4 Maßnahmen zur rehabilitativen Förderung in AKZP ................................................................ 8 3 Berichterstattung der Ergebnisse .................................................................................... 11 3.1 Anschlusskurzzeitpflege- beteiligte Akteure .......................................................................... 11 3.2 Demographische Charakteristika der Pflegebedürftigen ...................................................... 13 3.3 Demografische Charakteristika der Pflegebedürftigen nach Einweisungsdiagnose .......... 14 3.4 Demographische Charakteristika der Pflegebedürftigen der AOK PLUS ............................. 15 4. Überleitung in die Häuslichkeit ........................................................................................ 16 - fördernde und hemmende Einflussfaktoren......................................................................... 16 4.1 Koordinierung der AKZP- Plätze – hausintern ........................................................................ 16 4.2 Koordinierung der AKZP- Plätze & Entlassungsmanagement der Krankenhäuser .............. 17 4.3 Koordinierung von Diensten/Leistungen zur Rückführung in die Häuslichkeit .................... 18 4.4 Pflegerische und therapeutische Versorgung ......................................................................... 18 4.5 Methodische Anmerkungen .................................................................................................... 22 5 Fazit .................................................................................................................................... 23 Literaturverzeichnis ................................................................................................................. 25 Anhang ...................................................................................................................................... 27 2
Tabellenverzeichnis Tabelle 1 Einschätzung für den Einschluss zur AKZP.............................................................6 Tabelle 2 Anpassung der Reisbergskala ................................................................................7 Tabelle 3 Einweisende Krankenhäuser ................................................................................. 12 Tabelle 4 Krankenkassen & einweisende Fachdisziplin ........................................................ 12 Tabelle 5 Zusammenhang von „Alter, Kognition & Pflegegraden“ ......................................... 13 Tabelle 6 Demographische Daten der Pflegedürftigen nach Einweisungsdiagnose .............. 15 Tabelle 7 Demographische Daten AOK PLUS ...................................................................... 28 Tabelle 8 Anhang - AKZP - Rückführung in die Häuslichkeit mit internistischer Einweisungs- diagnose 29 Tabelle 9 Anhang- AKZP - Rückführung in die Häuslichkeit mit chirurgischer Einweisungsdiagnose ........................................................................................................... 30 Tabelle 10 Anhang - Zuordnung chirurgischen und orthopädischen Einweisungsdiagnosen 31 Tabelle 11 Anhang - Zuordnung internistischer Einweisungsdiagnosen................................ 32 3
1 Ausgangssituation des Projektes Das aktuelle DRG-Vergütungssystem setzt Anreize für eine frühzeitige Entlassung aus dem Akut- Krankenhaus (von Eiff, 2011). Demzufolge braucht es für Patienten mit einem hohen poststationären Pflege- und Behandlungsbedarf eines sektorenübergreifenden Entlassungs- managements (GKV-SV; KBV; DKG 2016). Das Entlassungsmanagement wird vom sozialen Dienst des Krankenhauses koordiniert und umfasst alle Maßnahmen zur Planung und Umset- zung der Nach- und Weiterversorgungsbedarfe von Patienten (AQUA 2015). Eine Hürde in der poststationären Versorgung ergibt sich diesbezüglich für ältere und insbesondere hochaltrige Patienten, wenn diese aufgrund eines erhöhten pflegerischen Versorgungsaufwandes nicht un- mittelbar in ihre Häuslichkeit entlassen werden können. Hier bedarf es für die vulnerable Per- sonengruppe Hochaltriger einer (Anschluss)Kurzzeitpflege (AKZP), mit der Zielsetzung der Wiederherstellung bzw. des Erhalts von Alltagskompetenzen und Selbstbestimmtheit. Das An- gebot der AKZP (nach § 39 bzw. § 42 des SGB XI) soll Versorgungslücken wie auch einer vorschnellen vollstationären Heimeinweisung entgegenwirken (Deckenbach et al. 2019). „Die Pflegekasse übernimmt die pflegebedingten Aufwendungen einschließlich der Aufwen- dungen für Betreuung sowie die Aufwendungen für Leistungen der medizinischen Behand- lungspflege bis zu dem Gesamtbetrag von 1.612 Euro im Kalenderjahr. 3Der Leistungsbetrag nach Satz 2 kann um bis zu 1.612 Euro aus noch nicht in Anspruch genommenen Mitteln der Verhinderungspflege nach § 39 Absatz 1 Satz 3 auf insgesamt bis zu 3.224 Euro im Kalen- derjahr erhöht werden. 4Der für die Kurz- zeitpflege in Anspruch genommene Erhöhungsbe- trag wird auf den Leistungsbetrag für eine Verhinderungspflege nach § 39 Absatz 1 Satz 3 angerechnet“ (§ 42 SGB XI, Auszug). Modellprojekte im Rahmen der AKZP bestätigen, dass die vulnerable Personengruppe der Hochaltrigen hinsichtlich ihrer komplexen, medizinischen, pflegerisch-therapeutischen und psychosozialen Versorgungssituationen ein interprofessionelles Zusammenwirken erfordert (Deckenbach et al. 2019; Bär et al. 2015). Des Weiteren wird darauf verwiesen, dass mit dem sofortigen Beginn, einer auf Aktivierung und Rehabilitation ausgerichteten Pflege nachweislich positive Effekte erreicht werden, die auch hochaltrigen Pflegebedürftigen eine Rückkehr in Ihre Häuslichkeit ermöglicht (vgl. Bär et al. 2015). Daraus ist schlussfolgernd zu fordern, dass, ne- ben einem optimierten Entlassungsmanagement zwischen dem Krankenhaus und der AKZP als auch der AKZP im Übergang in die Häuslichkeit, ein interprofessionelles, pflegerisch-the- rapeutisches Versorgungskonzept für ältere und hochaltrige Pflegebedürftige vorliegt. Projektziel Die Diakonie Dresden hält für die postakute Nachsorge älterer Patienten im neu eröffneten Pflegezentrum in Dresden - Plauen 14 Plätze für eine AKZP vor. 4
In einer Projektkooperation zwischen der Diakonie Dresden, der AOK PLUS und dem Univer- sitätsklinikum „Carl Gustav Carus“ in Dresden (UKD) sollte evaluiert werden, ob ältere pflege- bedürftige Patienten, zur poststationären Nachsorge aus dem UKD mittels den zur Verfügung stehenden Mitteln sowie dem interprofessionellen pflegerisch-therapeutischen Betreuungs- und Behandlungskonzept in der AKZP der Diakonie Dresden, befähigt werden in ihre Häus- lichkeit zurückzukehren. Aufgrund der pandemiebedingten Prozessveränderungen konnte die Kooperation mit dem UKD nicht in Kraft treten. 2 Methodisches Vorgehen Das Projekt ist auf die Evaluation von Maßnahmen ausgerichtet, die älteren Patienten mit er- höhten Pflegeaufwand in der postakuten Nachsorge in der AKZP (nach einem Krankenhaus- aufenthalt) eine Rückführung in die Häuslichkeit ermöglicht. Der Fokus des Projektes liegt ins- besondere auf der Machbarkeit des Konzeptes der interprofessionellen pflegerisch-therapeu- tischen Versorgung. Die Laufzeit des Projektes war vom 01.02.2020 bis zum 31.10.2020 ge- plant. Eine Verzögerung in der Bauphase des Pflegezentrums und die nicht zeitgerechte Ein- stellung von Fachpersonal führten zu einem späteren Projektstart im März 2020. Nachfolgend erfolgte die konsekutive Aufnahme der Pflegebedürftigen in die AKZP. Aufgrund der Pandemie ergab sich eine Verzögerung beim Einschluss der Pflegebedürftigen. Nach Rücksprache mit Frau Schöne von der AOK PLUS wurde der Projektabschluss auf den 30. November 2020 und die Abgabe des Abschlussberichtes auf den 31. Januar 2021 terminiert. 2.1 Rekrutierung der Patienten Die geplante Rekrutierungsstrategie musste im März 2020 neu überdacht werden, da das UKD die geplante Zusammenarbeit in Folge der Corona-Pandemie nicht gewährleisten konnte. In Rücksprache mit Frau Schöne von der AOK PLUS wurde eine neue Rekrutierungsstrategie festgelegt: Die Erhebung wird auf alle infrage kommenden Pflegebedürftigen in der AKZP aus- geweitet, unabhängig von ihrer Krankenkassenzugehörigkeit bzw. aus welchem Krankenhaus die Einweisung erfolgt. Dies hatte zur Folge, dass eine systematische strukturierte Überleitung zwischen dem Kran- kenhaus und der AKZP, wie auch die Zuarbeit von patientenspezifischen Daten (Nebendiag- nosen u. a.) nicht mehr gegeben war. Dennoch kann auf Grundlage der vorliegenden Konzepte und zu erhebenden Daten evaluiert werden, ob die in das Projekt eingeschlossenen Pflege- bedürftigen, auf Basis der zur Verfügung stehenden Mittel und den interprofessionellen pflege- risch-therapeutischen Maßnahmen in die Häuslichkeit entlassen wurden oder nicht. Die Identifikation der Patienten für das Projekt „Anschlusskurzzeitpflege - Rückführung in die Häuslichkeit“ erfolgte mittels des Erhebungsbogens „Initialem Screening UKD“. 5
Dieser war bereits im Vorfeld mit den UKD-Mitarbeitern erarbeitet worden und basiert u. a. auf literaturbasierten Empfehlungen. Die nachfolgend aufgezeigten vier Einschlusskriterien sind im Formular „Initialem Screening UKD“ abgefasst (siehe Anhang). 1. Es besteht der Wunsch des Pflegebedürftigen in die eigene Häuslichkeit zurückzukehren, wie auch die Zusage der Angehörigen (ggf. Vorsorgebevollmächtigten) den Patienten bei der Rückkehr in die eigene Häuslichkeit zu unterstützen (vgl. Bär et al. 2015). 2. Es liegt eine Rehabilitationsbedürftigkeit zur Stabilisierung der Gesamtsituation des Pfle- gebedürftigen vor, um in die Häuslichkeit zurückzukehren (ggf. mit Anpassung von formel- len Hilfen, Hilfsmitteln, etc. in der Häuslichkeit) oder 3. Es liegt eine Rehabilitationsbedürftigkeit zur Stabilisierung der Gesamtsituation des Pfle- gebedürftigen vor, um eine rehabilitative Maßnahme antreten zu können. Hier wurde zur Verlaufsbeobachtung von Alltagsaktivitäten bei Aufnahme und Entlassung der Barthel-Index erhoben (siehe Anhang „Barthel Score“). Es ist zu beachten, dass der Score-Wert (von 100 Punkten) lediglich aussagt, ob ein Pati- ent in der Lage ist, die im Score aufgeführten Aktivitäten durchzuführen (Mahoney et al. 1965). Dies gibt keine Auskunft darüber, ob der Patient sein Leben selbständig und eigen- verantwortlich führen kann (Dewing, J. 1992; Granger, C. V. 1993). 4. Der Pflegegrad 3 wird nicht überschritten. 5. Es liegt eine ausreichende körperliche und psychisch/kognitive Belastbarkeit vor, damit der Pflegebedürftige an den rehabilitativen Maßnahmen teilnehmen kann. Hier wird zur Ein- schätzung der Kognition die Reisberg-Skala angewendet (vgl. Bär et al. 2015). Die aufgezeigten Einschätzungsempfehlungen zum „Initialem Screening UKD“ (Tabelle 1) sollten den Pflegenden eine Orientierung für die Identifikation geeigneter Patienten geben. Primär sollten Patienten mit einem hohen und mittleren Potenzial eingeschlos- sen werden. Abweichungen waren im begründeten Einzelfall möglich. Tabelle 1 Einschätzung für den Einschluss zur AKZP Einschätzung für den Einschluss zur AKZP Sind 4 von 4 Kriterien positiv – hohes Potenzial Sind 3 von 4 Kriterien positiv – mittleres Potenzial Sind 2 von 4 Kriterien positiv – geringes Potenzial Der Kriterien geleitete Einschluss der Pflegebedürftigen und die Erhebung der Daten (u. a. Bar- thel-Index und Reisberg-Skala) erfolgte primär durch die Pflegedienstleitung (Projektkoordina- torin) der Einrichtung in Dresden-Plauen. 6
2.2 Datenaufbereitung und Analyse Nachfolgend wird die Art der erhobenen Daten, deren Transformation und deren Analyse aufge- zeigt. Anonymisierung der Daten Die erhobenen personenbezogenen Daten wurden von der Projektkoordinatorin in der Eirichtung erhoben, codiert, und anonymisiert an die Autorin des Berichtes versendet. Nach Abschluss des Projektes wurden die Daten gelöscht. Datenerhebung und -transformation Zur Einschätzung der Kognition wurde die Reisberg-Skala (Auer et al. 1996) angewendet (siehe Anhang „Reisberg-Skala“). Damit keine Doppeldokumentation zum Assessment der Einrichtung erfolgte, wurde die Gradierung der Reisberg-Skala der Pflegedokumentation angepasst (siehe Tabelle 2). Tabelle 2 Anpassung der Reisbergskala Gradierung der Reisberg-Skala Kognition Grad 1 oder Grad 2 0 uneingeschränkt Grad 2 und Grad 3 1 leicht eingeschränkt Grad 4 oder Grad 5 2 eingeschränkt Grad 6 oder Grad 7 3 stark eingeschränkt Für die Evaluation des Projektziels wurden nachfolgende Daten zur deskriptiven Ergebnisauswer- tung einbezogen: Soziodemografische Daten Alter, Geschlecht, Familienstand Pflegegrad Einschätzung der Alltagsfähigkeiten Barthel-Index (Punktwert) Kognitive Einschätzung mittels Reisberg-Skala Krankheitsbedingte Daten Informationen zum Grund des Klinikaufenthaltes (Einweisungsdiagnose) Entlassungsort [eigene Wohnung oder Haus / Angehörigen / Betreutes Wohnen / Re- habilitation/ Pflegeheim / sonstiges] Befunde zu kognitiven und psychischen Beeinträchtigungen (ärztlicher Befund) Daten zur Anschlusskurzeitpflege Aufenthaltsdauer in der AKZP Häufigkeit der Rückführung in die Häuslichkeit 7
Daten zu fördernden oder hemmenden Einflussfaktoren Haltung des Patienten/Angehörigen zur Rückführung in die Häuslichkeit Koordinierung mit dem Entlassungsmanagement des Krankenhauses Koordinierung von Diensten/Leistungen zur Rückführung in die Häuslichkeit Pflegerische und therapeutische Versorgung Befragung der Mitarbeiter (Pflegedienstleitung, Präsenzkräfte, Therapeuten) Art der Datenanalyse Die Auswertung der prospektiv erfassten Daten erfolgt mittels deskriptiver Statistik. 2.3 Maßnahmen zur Sicherstellung der Versorgungskontinuität in der Über- leitung in die AKZP Zur Sicherung der Versorgungskontinuität leitet das Entlassungsmanagement des Kranken- hauses einen aussagekräftigen Arztbericht, den pflegerischer Überleitungsbogen wie auch die notwendigen Medikamente für mindestens zwei Tage (insbesondere am Wochenende) an die Einrichtung der AKZP weiter und benennt eine Ansprechperson für etwaige Rücksprachbe- darfe (vgl. DNQP 2019). Grundlegend orientierte sich die Diakonie Dresden zur Prozessdokumentation und Überleitung in die Häuslichkeit u. a. an den Empfehlungen des Entlassungsmanagements von AQUA (2015) und dem DNQP (2019). Die Schritte zum Aufnahme-, Verlaufs- und Überleitungspro- zess sind durch eine strukturierte und systematische pflegerische-therapeutische Dokumenta- tion nachzuvollziehen. Für das Pflegezentrum Dresden-Plauen liegt eine Gesamtkonzeption zur Versorgung von älteren und hochaltrigen Pflegebedürftigen für die AKZP vor. 2.4 Maßnahmen zur rehabilitativen Förderung in AKZP Bei Aufnahme wurden die Pflegebedürftigen mittels eines strukturierten und systematischen Assessment zu ihren pflegerisch-therapeutisch Bedarfen eingeschätzt und zu ihren persönli- chen Bedürfnissen befragt. Dementsprechend wurden individuelle Maßnahmenpläne abgelei- tet. Diese orientierten sich an den hausinternen Konzepten für Präsenzkräfte (Konzept der aktivierend-rehabilitativen Pflege) und Therapeuten (Konzept der Ergo-, Physiotherapie). Die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen wurden zur Bewältigung der Versorgungssituation in der Häuslichkeit durch Pflegende und Therapeuten beraten und bei Bedarf angeleitet. Die medizinische Versorgung und die Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln liefen über den haus- bzw. fachärztlichen Dienst. 8
2.4.1 Pflegende - Konzept der aktivierend-rehabilitativen Pflege Pflegefachkräfte erstellten in Zusammenarbeit mit den Präsenzkräften eine individuelle Maß- nahmenplanung für eine rehabilitierende und aktivierende personenzentrierte Pflege. Eine personenzentrierte Pflege meint hier insbesondere die biografische Berücksichtigung der Lebenssituation der Pflegebedürftigen. Dies beginnt mit der Anerkennung der Lebensleistung der Betroffenen und orientiert sich an den individuellen Bedarfen und Bedürfnissen für eine häusliche Rückführung. Dies beinhaltet u. a., dass hochaltrige Pflegebedürftige nicht in ein rehabilitatives Förderkonzept hineingezwungen werden. Das psychosoziale Wohlbefinden bil- dete die Grundlage für eine vertrauenswürdige Zusammenarbeit zwischen Pflegenden und Pflegebedürftigen. Auf der Grundlage der persönlichen Bedarfe und Bedürfnisse waren die „persönlichen Beweg- gründe“ der Pflegebedürftigen für eine Rückkehr in die Häuslichkeit zu eruieren. Was sind neben Alltagsbezügen, wichtige Motivatoren und Antreiber? Je nach Beeinträchtigung waren es meistens ganz kleine Ziele, die die Bewohner zuerst wiedererlangen wollten. Beispiels- weise, dass eigenständige Öffnen einer Tür, den Rollstuhl eigenständig lenken oder die halbe Gangstrecke zum Speiseraum oder zum Badezimmer zu gehen. Die gezielte Förderung der Mobilität und der Selbstständigkeit bei der Selbstversorgung be- wirkte bei vielen Pflegebedürftigen nicht nur eine verbesserte Beweglichkeit und Kraft, sondern auch Selbstvertrauen, trotz der ggf. bleibenden Funktionseinschränkungen noch selber zu- rechtkommen. Ziel war es, dass der Pflegebedürftige nicht nur seine Defizite und den Abbau von Fähigkeiten wahrnahm, sondern sich seiner Potenziale bewusst wurde. Gerade kleine Verbesserungen bestärkten die pflegebedürftigen Menschen es zu versuchen, ob nicht doch „noch mehr geht“ (Zegelin 2013). Ein Beispiel dazu ist die Fingergymnastik vor dem Essen. Mittels kleiner spielerischer Übungen gelang es den Pflegebedürftigen mit der Zeit den Löffel oder die Gabel sicherer zu greifen und zu führen. Mit der Zeit bedurfte es keines Essenreichens mehr. Mit dem großen Zugewinn, wieder im eigenen Tempo und zu individuellen Zeiten mit Genuss Essen zu können, verbesserte sich die Lebensqualität der Betroffenen. Insgesamt sollte das Umfeld (z. B. Büfett - statt Tablett-System) so gestaltet werden, dass der Pflegebe- dürftige initiiert wird „selbst“ tätig zu werden. Der häusliche individuelle Kontakt zur Familie oder Freuden war maßgeblich. Fast immer wurde als ein großer Wunsch benannt, Angehörigen und Freunde in ihrer ganz persönlichen Umgebung wieder besuchen zu können, d. h. in ein Auto steigen zu können oder eine Treppe zu erklimmen. Präsenzkräfte Präsenzkräfte nahmen eine Schlüsselposition in der Versorgung der Pflegebedürftigen in der 9
AKZP ein. Pflege wurde im Sinne des personen-zentrierten Ansatzes nicht als zwangsrationa- les Handeln verstanden. Es bedurfte einer kontinuierlichen Beziehung (Bezugspflege), die es der Präsenzkraft ermöglichte, ein Gespür für das Erleben und Empfinden des Pflegebedürfti- gen zu erlangen und ein gemeinsames erfahrungsgeleitetes Handeln herbeizuführen. Dies erleichterte die Abstimmung im Vollzug der Pflegehandlung mit dem Pflegebedürftigen, bot Sicherheit und ermöglichte ein vertrauensvolles Zusammenwirken (Böhle et al.2020). Um ein gemeinsames erfahrungsgeleitetes Handeln herbeizuführen, wurden den Präsenzkräf- ten übergreifende Tätigkeiten in den Bereichen Pflege, Alltagsbetreuung und Hauswirtschaft zugeordnet. Dies erlaubte den Präsenzkräften die Pflegebedürftigen, wo es deren tagesaktu- elle Verfassung zuließ, intensiver in die Alltags- bzw. Tagesstruktur einzubinden. Diese indivi- duelle Vorgehensweise war für hochaltrige Pflegebedürftige (über 80-jährige) mit vielseitigen Erkrankungen, wie einer ausgeprägten Herzinsuffizienz oder kognitiven Beeinträchtigungen, unabdingbar (Kitwood 2019, Böhle et al.2020) (siehe Anhang „Aufgaben der Präsenzkraft“ im Heimkonzept II Pflege). 2.4.2 Therapeuten - Konzept der Ergo-, Physiotherapie Die physiotherapeutische Behandlung leistete einen wesentlichen Beitrag zur individualisier- ten Bewegungsförderung. Hier stand ebenso die biografische vertrauensfördernde Bezie- hungsarbeit im Mittelpunkt. Im Rahmen der interprofessionellen Aufgabenteilung fokussierte die Physiotherapie den Erhalt der sicheren Mobilität durch Gleichgewichtstraining und Kräftigung atrophierter Muskeln (z. B. Widerstandstraining, Treppensteigen). aktive unterstützende Mobilitätsförderung, ggf. Steh-, Aufsteh-, und Gleichgewichtsübun- gen, den Funktionserhalt von Gelenken, Sehnen und Bändern, u. a. durch die Mobilisie- rung kontrakter Gelenke (z. B. tägliche Sportgruppen). die Stabilisierung instabiler Gelenke anhand von Hilfsmitteln wie Orthesen oder dem Einbe- zug von Rollatoren. die Atemtherapie zur Verbesserung des Lungenvolumens (z. B. mit dem Mediflow) und Infektvermeidung. Das Aufgabenspektrum der Ergotherapie, basierend auf einer ganzheitlichen Betrachtung, richtete sich auf die Wiedereingliederung in Alltagsaktivitäten aus. Im Rahmen der interprofes- sionellen Aufgabenteilung fokussierte die Ergotherapie ein Alltagstraining (Wasch-, und Anziehtraining, Esstraining, Haushaltstraining). ein feinmotorisches Training, u.a. Übungen zur Beweglichkeit, Geschicklichkeit und Koordination der Finger und Hände - mittelst verschiedener Materialien oder Alltags- gegenstände. 10
die Aktivierung und Koordination der beiden Gehirnhälften, um Alltagsverrichtungen so lange wie möglich selbstständig ausführen zu können (z. B. Nahrungszubereitung, Zähne putzen, Knöpfe bzw. Flaschen öffnen und schließen) bzw. Erlernen von Kom- pensationsstrategien. kognitive Trainings, wie Gedächtnistraining oder (Re-) Orientierungstraining. 2.4.3 Interprofessionelle Zusammenarbeit Auf der Grundlage von Pflege-, Therapie- und Versorgungszielen wurde eine gemeinsame interprofessionelle Maßnahmenplanung erstellt, die ebenso die Hilfsmittelversorgung und Wohnraumanpassung als auch die pflegerische und rehabilitative Weiterversorgung in der Häuslichkeit mit einbezog Dazu wurden tägliche Kurzbriefings und wöchentliche Team- und Fallbesprechungen durch die Pflegedienstleitung koordiniert. Ebenso war die haus- und fachärztliche Versorgung unabdingbar. Beispielsweise führte ein gezieltes Schmerzmanagement aus medikamentösen und nichtmedikamentösen Maßnahmen zu einer signifikanten Schmerzreduktion und Stabilisierung der Versorgungssituation (Pinter et al. 2020). 2.4.4 Zusammenarbeit mit den Patienten und Ihren Angehörigen Die Pflegedienstleitung beriet die Pflegebedürftigen und Angehörigen bezüglich der weiteren Versorgung nach dem Kurzzeitpflegeaufenthalt und half bei der Vermittlung ebensolcher An- gebote. Eine direkte Anleitung zur Bewältigung der Versorgungssituation in der Häuslichkeit erfolgte durch die Therapeuten und Pflegenden. 3 Berichterstattung der Ergebnisse Die Rückführung der Pflegebedürftigen aus der AKZP in die Häuslichkeit (n=60) bzw. Rehabilitationsnachsorge (n=2) wurde bei allen eingeschlossenen Pflegebedürftigen mit internistischer und chirurgischer Einweisungsdiagnose (siehe Anhang, Tabellen 8, 9) erreicht. Nachfolgend wird Bericht erstattet, welche Merkmale die, in die Untersuchung eingeschlosse- nen, Pflegebedürftigen der AKZP (soziodemografische, krankheitsbedingte, spezifische Daten zur Anschlusskurzeitpflege) aufwiesen. Dies ist insofern wesentlich, um darzulegen, ob die hier abgebildete Kohorte der teilnehmenden Pflegebedürftigen die zukünftige Zielgruppe für die AKZP widerspiegelt. 3.1 Anschlusskurzzeitpflege- beteiligte Akteure Aus der Gesamtheit der aufgenommenen Pflegebedürftigen des Pflegezentrums identifizierte die Pflegedienstleitung (Koordination im Projekt) anhand der Einschlusskriterien 62 geeignete 11
Probanden für das Projekt „AKZP - Rückführung in Häuslichkeit“. Die inkludierten Pflegebedürftigen waren zur besseren Vergleichbarkeit chirurgischen, ortho- pädischen (n=28) und internistischen Fachbereichen (n=34) zugeordnet (siehe Anhang Tabel- len 10, 11). Die Pflegebedürftigen zur AKZP wurden konsekutiv, je nach Besetzung der Pfle- gestellen, aus 13 Krankenhäusern in Dresden und Umgebung aufgenommen (siehe Tabelle 3). Tabelle 3 Einweisende Krankenhäuser Chirurgische, or- Dresden, Um- Internistische Krankenhäuser thopädische gebung Fälle (n=34) Fälle (n=62) (n=28 ) Diako 5 2 3 Elblandklinik Riesa 1 1 - Friedrichstadt * 5 2 3 Helios Pirna 1 - 1 Herzzentrum 1 1 - St. Joseph 22 16 6 Arnsdorf 1 1 - Neustadt 3 2 1 Meißen 2 1 1 St. Marien 1 1 - Radebeul 1 1 - Reha Radeberg 1 - 1 Universitätsklinik Dresden (UKD) 18 6 12 Die Finanzierung für die vorübergehende vollstationäre Betreuung (AKZP) erfolgte durch die Inanspruchnahme der Leistungen aus der Pflegeversicherung (dem SGB XI § 39 (n=60); SGB XI § 42 (n=37)) (siehe Anhang, Tabellen 9, 10) (https://dejure.org/ge- setze/SGB_XI/42.html, Stand 07.02.21). Die Genehmigung der Leistungen erfolgte durch die jeweilige Krankenkasse des Pflegebedürftigen (siehe Tabelle 4). Tabelle 4 Krankenkassen & einweisende Fachdisziplin Krankenkassen Kranken- Internis- Chirurgie, Or- haus ten n=34 thopädie n=28 (n=62) AOK PLUS 26 14 12 Barmer 16 8 8 DAK 7 5 2 IKK 4 2 2 KKH 1 1 - Knappschaft 1 1 - Techniker 7 3 4 12
3.2 Demographische Charakteristika der Pflegebedürftigen In das Projekt eingeschlossen wurden insgesamt 18 Männer und 44 Frauen (n=62) (Tabelle 6). Das Durchschnittsalter der Pflegebedürftigen lag zwischen 81 und 90 (48,3 %) Jahren. Die jüngsten Pflegebedürftigen gehörten der Altersgruppe der 60 bis 70-jährigen an, der älteste Pflegebedürftige war 96 Jahre alt. Insgesamt waren 17,74 % (n=11) der Eingeschlossenen über 90 Jahre alt (Tabelle 6). Das Alter beeinflusste die Verweildauer (VWD) nur geringfügig. Die große Kohorte der 81-90-jährigen (n=30) wies eine Durchschnittliche VWD von 17,4 Tagen und die der über 90-jährigen eine von 19,54 Tagen auf (Tabelle 6). Insgesamt lag die durch- schnittliche Verweildauer im Referenzzeitraum bei 18 Tagen und wies eine große Spannbreite von 3-39 Tagen auf (vgl. Tabelle 6). Die VWD schien durch die Schwere der Erkrankung ge- triggert zu sein. So lag beispielsweise die VWD bei einem entgleisten Diabetes mellitus bei 3 Tagen, nach einem Verkehrsunfall mit diversen Frakturen bei 39 Tagen. Einfluss hatte aber auch, ob eine Person sich in der Häuslichkeit alleinig versorgt (VWD bei Unterschenkelfraktur von 35 Tagen) bzw. mit den Angehörigen lebt (VWD bei einer Radiusfraktur von 5 Tagen) (siehe Anhang, Tabelle 8, 9). Teilweise hatten die Pflegebedürftigen bei Aufnahme bereits einen Pflegegrad (PG) nach SGB XI auf. Mehr als der Hälfte (n=36) gaben einen PG „2" und ca. 27,5 % (n=27) den PG 3 an. Der PG 4 ging fast immer mit einer Hochaltrigkeit einher. Sieben von acht Personen mit einem PG von 4 waren über 88 Jahre alt (siehe Anhang, Tabelle 8, 9). Die Einschätzung mit der Reisberg-Skala ließ bei 40 % (n=25) der Pflegebedürftigen eine kog- nitive Beeinträchtigung erkennen: leichte Beeinträchtigung n=16; mittlere Beeinträchtigung n=7; schwere Beeinträchtigung n=2 (siehe Tabelle 5). Hier zeigte sich ein Zusammenhang zur Hochaltrigkeit. Sechs von sieben Personen mit einer mittleren kognitiven Beeinträchtigung waren über 88 Jahre alt. Bei schweren kognitiven Beein- trächtigungen (n=2) lag ein Delir bzw. eine demenzielle Erkrankung vor. Tabelle 5 Zusammenhang von „Alter, Kognition & Pflegegraden“ Kognitive Pflegegrad Alter Einschränkung Erkrankung: Demenz, Delir 89 2 eingeschränkt F00.1 3 88 1 leicht eingeschränkt Demenz 4 72 2 eingeschränkt n 2 91 2 eingeschränkt Demenz, Diagnostik 2 91 2 eingeschränkt n 2 93 2 eingeschränkt n 4 95 2 eingeschränkt n 4 95 2 eingeschränkt Delir 4 78 3 stark eingeschränkt V.a. dementielles Syndrom 2 85 3 stark eingeschränkt Demenz 2 13
Die erhobenen Daten im Projekt (Alter, Kognition, PG, VWD und in Anspruch nehmende finan- ziellen Leistungen) sind vergleichbar mit denen von Hartmann (2015) in seiner BMBF-Studie, einer deutschlandweiten Erhebung von Daten zur „Kurzzeitpflege in der Region“. 3.3 Demografische Charakteristika der Pflegebedürftigen nach Einwei- sungsdiagnose Die AKZP wurde von Pflegebedürftigen in Anspruch genommen, die primär eine internistische (54,8 %, n=34) oder (unfall)chirurgische bzw. orthopädische (45,2 %, n=34) Einweisungsdiag- nose aufwiesen (siehe Tabelle 6). Die (unfall)chirurgischen und orthopädischen Einwei- sungsdiagnosen (n=34) bezogen sich fast zu 2/3 (71,42 %, n= 20) auf Frakturen. Bei neurolo- gischer Beteiligung handelte es sich neben den Frakturen um ein Schädelhirntrauma (n=2). Im Weiteren waren hier u. a. Knieverletzungen (n=2) und sturzbedingte Mobilitätseinschränkun- gen (n=3) relevant (siehe Anhang, Tabelle 10). Die internistischen Einweisungsdiagnosen (n=34) waren Herz- und Kreislauferkrankungen (n=9), neurologische Erkrankungen (n=8), gastroenterologische Erkrankungen (n=5) und Stoffwechselerkrankungen (n=5). Ebenso wurden hier Infekte (n=4), geriatrische (n=1), häma- tologische (n=1) und nephrologische (n=1) Erkrankungen zugeordnet (siehe Anhang, Tabellen 11). Die Charakteristika der Pflegebedürftigen in der chirurgischen bzw. internistischen Gruppenzu- weisung wiesen Unterschiede auf. Diesbezüglich zeichneten sich in der chirurgischen Gruppe eine längere VWD von 20,92 (16,4 internistisch) Tagen ab, gefolgt von einem niedrigeren Bar- thel-Index. Im Mittelwert waren dies bei Aufnahme 55,22 (63,21 internistisch) Punkte und bei der Entlassung 69,81 (75,71 internistisch) Punkte. Hier war in Betracht zu ziehen, dass die fehlenden sechs internistischen Datensätze beim Barthel-Index eine Verzerrung bewirken konnten. Infolgedessen war der Barthel-Index als Unterscheidungsmerkmal für die Bewertung nur bedingt als relevant anzusehen. Die längere VWD der chirurgisch zugeordneten Pflegebedürftigen kann ggf. durch die Schwere der Erkrankungen (Z. n. Verkehrsunfall, Schädelhirntrauma), als auch die Art der Erkrankung (ggf. komplizierte Frakturen) erklärt werden (siehe Tabelle 6). 14
Tabelle 6 Demographische Daten der Pflegedürftigen nach Einweisungsdiagnose Charakteristika Pflegebedürf- Pflegebedürf- Pflegebedürf- der Pflegebe- tige Gesamt tige Internis- tige (Un- dürftigen ten fall)Chirurgie Anzahl (n) 62 34 (54,8 %) 28 (45,2 %) Geschlecht Männer 18 12 6 Frauen 44 22 22 Alter Spannbreite 60-96 66-96 60-95 Mittelwert/Jahre 83,33 83,60 83,64 Altersgruppen 60-70 Jahre 3 2 1 71-80 Jahre 18 10 8 81-90 Jahre 30 16 14 91-100 Jahre 11 6 5 Pflegegrade (PG) Spann- 2-4 2-4 2-4 breite 2,54 2,57 2,625 Mittelwert/PG Pflegegrade Grad 1 0 0 0 Grad 2 36 (58%) 18 (53%) 18 Grad 3 17 (27,5%) 12 (35%) 5 Grad 4 8 (12,9 %) 3 (8%) 5 Barthel/Aufnahme n=55* n=28* N=27* Spannbreite 5-95 5-95 25-90 P Mittelwert/Punkte 60,27 63,21 55,22 Barthel/Entlassung n=55* n=28* N=27* 35-100 35-100 30-90 Spannbreite Mit- 72,81 75,71 69,81 telwert/Punkte Kognition unein- n=61* n=33* n=28 geschränkt leicht 36 19 * 17 eingeschränkt ein- 16 9 7 geschränkt 7 4 3 stark eingeschränkt 2 1 1 Verweildauer (VWD) Spannbreite 3-39 3-28 5-39 Mittel- 18 16,64 20,92 wert/Tage Legende: n= Anzahl, *n=fehlende Datensätze 3.4 Demographische Charakteristika der Pflegebedürftigen der AOK PLUS Die Pflegebedürftigen (n=26), die eine AKZP in Anspruch genommen hatten und in der AOK PLUS versichert waren, wurden aus neun Krankenhäusern (Dresden und dem Umland) zuge- wiesen: UKD (=n7), Joseph Stift (=n7), Friedrichstadt (=n3) Neustadt (=n2), Helios Pirna (=n1), Herzzentrum (=n1), KH Arnsdorf (=n1), KH Radebeul (=n1) und aus dem KH St. Marien (=n1). Es zeigte sich, dass die Charakteristika der Pflegebedürftigen in der AOK PLUS (siehe Anhang Tabelle 7) eine ähnliche Verteilung aufwiesen, wie die Gesamtheit aller Teilnehmenden (Ta- belle 6). Ein Unterschied zur Gesamtkohorte zeigte sich in einem niedrigeren Barthel-Index, sowohl in den internistischen als auch in den unfallchirurgischen bzw. orthopädischen Befun- den. 15
Bei Aufnahme lag dieser im Mittelwert um die 55 Punkte und bei der Entlassung bei 70 Punk- ten. Bei genauer Sichtung der Daten wurde deutlich, dass drei extreme Ausreißer (kleiner 25 Punkte) aufgrund eines hyperdynamen Delirs, einer kardialen Dekompensation und einer Femurfraktur (bei kognitiver Einschränkung) den Barthel-Index beeinflusst hatten (siehe An- hang, Tabelle 10,11). Eine Berechnung ohne Ausreißer (n= 23) zeigte einen Barthel-Index im Mittelwert von um die 64 Punkte bei Aufnahme und von 76,5 Punkten bei Entlassung. Damit lag eine Vergleichbarkeit zu der Gesamtgruppe vor. 4. Überleitung in die Häuslichkeit - fördernde und hemmende Einflussfaktoren Insgesamt wurden 62 Pflegebedürftige in der Untersuchung erfasst und erfolgreich in ihre Häuslichkeit oder Rehabilitation übergeleitet. Nachfolgend werden die im Projektablauf identi- fizierten einflussnehmenden Faktoren, die auf die pflegerisch-therapeutische Versorgung der Pflegebedürftigen und damit auch auf die Versorgungsgüte eingewirkt haben, durch die Aus- sagen der Mitarbeiter bzw. literaturbasiert verifiziert und Empfehlungen abgeleitet. Die Gespräche mit der Pflegedienstleitung erfolgten (pandemiebedingt telefonisch) regelmä- ßig mindestens einmal im Monat. Die Befragung der Präsenzkräfte wie auch der Ergo- und Physiotherapeuten erfolgte zum Abschluss des Projektes. 4.1 Koordinierung der AKZP- Plätze – hausintern Bereits aus zurückliegenden Modellprojekten ist bekannt (Bär et al. 2015, Deckenbach et al. 2019), dass die Steuerung des Belegungsmanagements in der AKZP-Einrichtung herausfor- dernd ist. Die Pflege- und Betreuungsintensität der Pflegebedürftigen unterliegt starken Schwankungen. Die reale VWD ist bei Aufnahme selten klar umrissen. Diese Herausforderungen fanden sich auch im Pflegezentrum in Dresden-Plauen wieder. Ei- nerseits waren die (bis zu) 14 zur Verfügung stehenden AKZP Plätze in der Mehrzahl mit sehr pflegeleichten Versorgungsfällen (z. B. Nachsorge von unkomplizierten Frakturen, Mobilitäts- einschränkungen) belegt, anderseits mit hochkomplexen und aufwendigen Pflege- und Be- handlungsfällen (z. B. nach kardialer Dekompensation, Delir oder Mehrfachfrakturen). Dieser ungleiche Mix kam u. a. durch Fehlinformationen der einweisenden Krankenhäuser zustande. Da die materiellen und personellen Kapazitäten der Einrichtung begrenzt waren, bedurfte es effizienter Steuerungsinstrumente für die koordinierende Pflegedienstleitung, um einen angemessenen Mix der zu versorgenden Pflegebedürftigen herbeizuführen und so eine ange- messene Versorgung zur Erzielung der Rückverlegung in die Häuslichkeit zu gewährleisten. 16
4.2 Koordinierung der AKZP- Plätze & Entlassungsmanage- ment der Krankenhäuser Das Entlassungsmanagement der einweisenden Krankenhäuser wies sehr unterschiedliche Qualitäten auf. Von der Koordinatorin im Pflegezentrum wurde die Überleitung aus dem Dia- konissenkrankenhaus Dresden als sehr zufriedenstellend beschrieben. Die anderen noch verbliebenden 12 Krankenhäuser wiesen mitunter eklatante Mängel auf. Die häufigsten Missstände werden nachfolgend benannt: • Es fehlte an aussagekräftigen Begleitbriefen mit der Auskunft zu ärztlichen Befunden, aber auch zu pflegerischen Notwendigkeiten. Pflegende der AKZP mussten im Nachhinein stetig telefonisch die Informationen einholen. Ansprechpartner für Rückfragen waren nicht be- nannt oder nicht erreichbar. • Es fehlte die Bereitstellung u. a. von Medikamenten oder Verbandsmaterialien zur kurzfris- tigen Versorgung der Pflegebedürftigen (insbesondere am Wochenende). • Die Krankenhäuser verlegten die Patienten oftmals kurzfristig. Dementsprechend kamen die Pflegebedürftigen verunsichert, ohne klare Information zum Anlass der Verlegung, in der AKZP an. Angehörigen fehlte im Vorfeld die Information zur Verlegung bzw. zum Ver- legungsgrund. Dies führte zu Unmut auf allen Seiten und bedurfte zusätzlicher klärender Gespräche. In Folge dessen nahm der administrative Aufwand in der AKZP-Einrichtung, begründet im Missmanagement der Krankenhäuser, drastisch zu und beschnitt sogleich die Ressourcen für die eingewiesenen Patienten. Die hier aufgezeigten Missstände wurden bereits 2019 im in der Modellerprobung „Überlei- tungsmanagement und Behandlungspflege in der Kurzzeitpflege“ vom IGES Institut durch De- ckenbach et al. (2013, 2019) aufgezeigt und der erhebliche Zeitaufwand zur Informationsbe- schaffung hervorgehoben. Es bedarf vordringlich der Verbesserung von Koordinationsleistungen durch die einwei- senden Einrichtungen. Aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre ist nicht anzunehmen, dass sich das derart unzureichende Entlassungsmanagement der Krankenhäuser kurzfristig verbessern wird. Hier bedarf es der Überlegung, spezielle Kooperationen mit Kliniken zu treffen, die ein funktionierendes Entlassungsmanagement vorhalten. Hier verweisen Decken- bach et al. (2019) auf bereits gute Erfahrungen mit Kooperationsvereinbarungen zwischen AKZP und zuweisenden Krankenhäusern. 17
4.3 Koordinierung von Diensten/Leistungen zur Rückführung in die Häuslichkeit Die Überleitung der Betroffenen aus der AKZP in die Häuslichkeit basierte in erster Linie auf der frühzeitigen Beratung der Pflegebedürftigen und deren Angehörigen. Hier wurden zent- rale Beratungsstellen benannt, als auch lokale Anbieter für spezifische Leistungen (z. B. am- bulante Ergo- und Physiotherapie, Sozialstationen mit spezifischen Ausrichtungen, Betreuer u. a.) aufgezeigt. Darüber hinaus wurden die Pflegebedürftigen und deren Angehörige zu ta- gesstrukturierendem Vorgehen (u. a. bei kognitiven Beeinträchtigungen) oder speziellen Pflegebedarfen (z. B. Blasenverweilkatheter, Hilfsmittel) beraten und angeleitet. Ähnliche Prozessschritte zeigten auch Bähr et al. (2015) und Deckenbach et al. (2019) als Kernanforderungen für an ein effektives Überleitungsmanagement auf. Die Autoren verwiesen diesbezüglich darauf, dass mit den aufgezeigten Prozessschritten auch eine erhöhte Kommunikations- und Dokumentationsnotwendigkeit eintritt, die nicht mit der sta- tionären Langzeitpflege vergleichbar ist und daher ein erhöhter Personalschlüssel anzusetzen ist. Aus den Erfahrungen des hier durchgeführten Projektes ist darauf zu verweisen, dass die Ef- fektivität der Überleitung auch von den finanziellen und personenbezogenen Ressourcen der Pflegebedürftigen bzw. deren Angehörigen beeinflusst wurde. Es blieb unklar, wie Nachhaltig die Rückführung in die Häuslichkeit ist. Welche Bedarfe die Pflegebedürftigen nach dem Wiedereintritt in die Häuslichkeit hatten und ob die Mittel dazu vorgehalten wurden. Diesbezüglich wäre auch zu bedenken, ob für eine nachhaltige Überlei- tung in die Häuslichkeit, die Zusammenarbeit mit einem Sozialarbeiter oder einer Community Health Nurse effektiv wäre. Deckenbach et al. (2013, 2019) sprechen sich für eine solche Empfehlung aus. Dennoch bedarf es hier dringend weiterer Forschungsergebnisse, die eine Klärung herbeiführen, welche Bedarfe sich nach dem Aufenthalt in AKZP ergeben und ob bzw. wie diese realisiert werden können. 4.4 Pflegerische und therapeutische Versorgung Die zuvor dargelegten Ergebnisse haben es bereits gezeigt, dass sich trotz der vorgegebenen Einschlusskriterien, sich ein sehr heterogenes Bild der zu versorgenden Pflegebedürftigen abzeichnet. Dabei ist zu benennen, dass es sich um teils schwerwiegende hochkomplexe Krankheitsver- läufe handelte, wo dennoch die Überleitung in die Häuslichkeit gelang. Dies soll nachfolgend an zwei Beispielen dargelegt werden. 18
Beispiel 1: Hier handelt es sich um eine 94-jährige Pflegebedürftige, die im Anschluss an einen stationä- ren Krankenhausaufenthalt in AKZP aufgenommen wurde. Sie litt an einer eingeschränkten Herz-Kreislauf Situation (kardialer Dekompensation, Tabelle, Nr. 3) bei deutlich reduzierten Alltagsaktivitäten (Barthel-Index 20, PG 3, leichten kognitiven Einschränkungen). Jedoch war Sie war sehr motiviert [nach Rückmeldung der Mitarbeiter]. Vor ihrer Akutbehandlung im Krankenhaus lebte sie allein zu Hause, unterstützt durch Angehörige, einer Haushaltshilfe (einmal wöchentlich) und einen Pflegedienst (zweimal wöchentlich). In der AKZP bedurfte es eines gestuften interprofessionellen Maßnahmenplans zur körperli- chen Stabilisierung und der Ermutigung, die verbleibenden Ressourcen in kleinen Schritten wieder weiterzuentwickeln (Training des Gleichgewichts und der Kraft, 10-Schritte-Programm, Einsatz eines Rollators). In Absprache mit der 94-jährigen und deren Angehörigen wurde durch Beratung der Pflegenden eine häusliche Anpassung in Bezug auf sichere Mobilität und eine tagesstrukturierende Versorgung durch einen ambulanten Anbieter angebahnt. Nach 28 Ta- gen in der AKZP wurde der rehabilitative Zugewinn von der 94-jährigen und ihren Angehörigen als so positiv eingeschätzt, dass eine Rückführung in die Häuslichkeit (alleinlebend, mit Pfle- gedienst, Assistenz und Haushaltshilfe sowie der Unterstützung durch die Angehörigen) er- folgte. Beispiel 2: Hier handelt es sich um eine 85-jährige Pflegebedürftige, die sich postoperativ (mediale Schenkelhalsfraktur) neurologisch auffällig verhielt (kognitiv stark eingeschränkt) und daher nicht alleine in die Häuslichkeit entlassen werden konnte. In der Befundung (bei der Aufnahme in die AKZP) wurde das Verhalten einem hyperdynamen Delir (mittleres Stadium) zugeordnet. Die Pflegebedürftige wurde in das Projekt eingeschlossen, da es sich hier [nach Einschätzung der Pflegenden] um ein sehr punktuelles Geschehen handelte, mit guter Aussicht auf eine Rückführung in die Häuslichkeit. Zwar deuteten die eingangs erhobenen Befunde auf eine eher hilflose, kognitiv beeinträchtige Person hin (Nr. 14, Tabelle 9, stark eingeschränkte, Barthel-Index 55 Punkte, PG 2), dennoch war es für die erfahrene Pflegefachkraft in der ersten Kontaktaufnahme ersichtlich, dass die Pflegebedürftige über vielfältige alltagsbezogene Ressourcen verfügte. Das Delir wies einen leichten bis mittleren intermittierenden Verlauf auf. Dementsprechend konnte sich die 85-Jäh- rige von einer orientierenden Tagesstruktur leiten lassen und sich darunter psychisch stabili- sieren. Im Mittelpunkt der Leistung stand hier ein Vertrauens- und Beziehungsaufbau. Dieser vermittelte der Pflegebedürftigen Ruhe und Sicherheit. Ggf. „unruhige und verunsichernde Phasen“ konnten durch eine kompetente und verständige Begleitung durchlebt werden. Die 19
Angehörigen, die bei der Einweisung gegen eine Rückverlegung in die Häuslichkeit waren, ver- hielten sich zunehmend unterstützender, so dass eine Überleitung in die Häuslichkeit (alleinle- bend, mit Pflegedienst, Assistenz und Haushaltshilfe, ambulanter Physiotherapie, sowie der Unterstützung durch die Angehörigen) nach 12 Tagen gewährleistet werden konnte. Bereits diese beiden Beispiele zeigen, die Hilfebedarfe der Pflegebedürftigen sind vielschichtig. Es wird deutlich, dass die pflegerische und therapeutische anamnestische und diagnosti- sche Expertise für eine geeignete Maßnahmenkoordination ausschlaggebend ist. Es ist er- sichtlich, dass die personellen Anforderungen in der AKZP nicht mit denen in der stationären Langzeitpflege vergleichbar sind. Demzufolge bedarf es eines deutlich erhöhten Perso- nalschlüssels bzw. Qualifikationsniveaus bei den Pflegenden. Diese Forderung wird auch von Deckenbach et al. (2013, 2019) vertreten. Im Bereich der Pflege von hochaltrigen Menschen muss jedoch auch die tagesstrukturierende Betreuung zum Erhalt von Alltagsfähigkeiten und -fertigkeiten mitgedacht werden. Hier braucht es gut ausgebildete Präsenzkräfte, die den rehabilitativen Anteil der Pflege mitgestalten kön- nen. Das interprofessionelle Team Die Vernetzung des interprofessionellen Teams wurde bereits im zweiten Kapitel differenziert dargelegt. Diesbezüglich ist noch herauszustellen, dass die ärztliche Versorgung, zur Sicher- stellung der notwendigen ärztlichen Konsultation bzw. zum Erhalt der Rezepte und Verordnun- gen, aus der AKZP teilweise erschwert ist. Deckenbach et al. (2013, 2019) empfehlen hier die Einstellung eines Arztes. Dies scheint je- doch kurzfristig nicht realisierbar. Hier könnte die Telemedizin ein Bindeglied sein. Zum einen wäre ggf. ein schnellerer und effektiverer Zugang zum ärztlichen Dienst gegeben und zum anderen würden die Pflegebedürftigen nicht durch ggf. notwendige Transporte (wie z. B. zum Ableiten eines EKGs) beeinträchtigt. Hier wären zukünftige Modellprojekte von großem Inte- resse. Die Mitarbeitenden berichteten, dass die psychische Stabilisierung der Patienten gerade in der ersten Phase der Überleitung in die AKZP im Mittelpunkt stand. Hier erlebten die Pflegebe- dürftigen eine große Unsicherheit „ Was wird jetzt mit mir geschehen?“, einhergehend mit leichten bis schweren Verstimmungen und großer Traurigkeit. Gerade zu Zeiten der Pandemie wurden psychische Problemsituationen insbesondere durch die Isolation in der der AKZP sichtbar. Zu diesem Zeitpunkt war ein vertrauensschaffendes und ermutigendes Miteinander (insbesondere für hochaltrige Menschen) vorrangiger, als die explizite Umsetzung von Maß- nahmenplänen. Mitarbeiter wünschten sich für die Pflegebedürftigen eine ausgeweitete psy- chische Betreuung. Es wäre zu überlegen, das Netzwerk der Experten zu erweitern und ggf. gezielte Fortbildungen für Pflegende und Therapeuten anzubieten. 20
Nachfolgend wird insbesondere zu den Erfahrungen des neuen Personalmix durch die Anstel- lung von Präsenzkräften und Therapeuten in der Einrichtung berichtet. Im Rückblick schilderte die Pflegedienstleitung den Einsatz der Präsenzkraft als unverzichtbar. Frühere Schnittstellenprobleme in der Übergabe zwischen Pflegenden, Betreuern und Haus- haltshilfen entfielen. Die pflegerische Maßnahmenplanung und -umsetzung war in Bezug auf die zu erreichenden Ziele, sowohl in der Praxis als in der Dokumentation, eindeutiger nach- vollziehbar. Dies zeigte sich durch den guten Zugang der Präsenzkraft zu den Pflegebedürftigen. Individu- elle Maßnahmen konnten im Rahmen der Tagesstruktur angepasst werden. Die Art der Abwä- gung, wann bei einem Pflegebedürftigen eine Förderung, Entlastung oder aber das Einfordern von Mitarbeit anzustreben ist, wirkte sich positiv auf die rehabilitativen Erfolge der Pflegebe- dürftigen aus. Die Präsenzkraft nahm als Bezugspflegende, mit dem kontinuierlichen Kontakt zum Pflegebedürftigen, eine Schlüsselposition im interprofessionellen Team ein. Aus der Sicht der Präsenzkräfte wurde dies bestätigt. Mit Rückblick auf die Zeit, in der sie ausschließlich für die pflegerische, körperbezogene Maßnahmen (z. B. die Körperpflege oder Toilettengang) zuständig waren, konnte sich eine ganz neue Beziehungsqualität zu den Pfle- gebedürftigen entwickeln. Die Präsenzkräfte erlebten die Pflegebedürftigen in all ihren Facetten – sowohl in der körper- bezogenen Unterstützung als auch bei Einzelangeboten in der Betreuung – die eine indi- viduellere Förderung, aber auch das Verstehen von Sorgen und Nöten ermöglichten, die ggf. relevant für die anstehende Überleitung in die Häuslichkeit sind. Die Empfehlungen durch Experten sind eindeutig, Ergo- und Physiotherapeuten und bei Be- darf Logopäden gehören zum interprofessionellen Netzwerk einer rehabilitativen AKZP (De- ckenbach et al. 2013, 2019). Dementsprechend ist hier die Diakonie Dresden neue Wege gegangen und hat sich für eine Anstellung eines Physio- und Ergotherapeuten entschlossen. Die neu angestellten Therapeuten waren und sind vom Konzept der AKZP bzgl. der Rückfüh- rung in die Häuslichkeit überzeugt. Laut Aussage der Pflegedienstleitung gelang es den Thera- peuten, durch ihre besondere Expertise, die Pflegebedürftigen zu Maßnahmen zu veranlassen (z. Bsp. Bezug auf die Bewegungsförderung), die bei Pflegenden abgelehnt würden. Die Thera- peuten könnten Bewegung, u. a. durch vorweg durchgeführte Gleichgewichts- oder Kräfti- gungsübungen, differenzierter anbahnen. Die so gewonnene körperliche Orientierung gab Si- cherheit und die Pflegebedürftigen vermochten die Anleitungen der Therapeuten zur Verbes- serung ihrer Bewegungsabläufe wesentlich effektiver umzusetzen. Das Anstellungsverhältnis der Therapeuten in der Einrichtung ermöglichte ihnen eine intensi- vere und gezieltere Zusammenarbeit mit den Pflegebedürftigen. Im direkten Zugang konnten 21
die Therapeuten ggf. Maßnahmen nach Tagesform abwandeln oder einfach zu einem günsti- geren Zeitpunkt wiederkommen. Die Absprachen zwischen Pflegenden und Therapeuten konnten sich jetzt an den Tagesverläufen der Pflegebedürftigen orientieren, statt an den ter- minierten Routenverläufen des Therapeuten. Die Pflegedienstleistung betonte, dass die teils herausfordernde und intensive Arbeit mit den Pflegebedürftigen durch Schulungen des interprofessionellen Teams gestützt wurden. So wur- den komplexe Pflegesituationen in Form von gemeinsamer Fallarbeit reflektiert. Ein vonei- nander Lernen stand im Mittelpunkt des Austausches. Für eine Rückführung in die Häuslichkeit ist eine zentrale Erkenntnis des Teams, dass vor allem „der Wille der Pflegebedürftigen zählt! Diesen gelte es zu stützen.“ Sie waren oftmals mehr als positiv überrascht, wie unabhängig von Alter, Gesundheitszustand oder Pflegegrad, das Voranschreiten der pflegerisch-therapeutischen Behandlungserfolge durch Elan und Le- benswillen der Pflegebedürftigen bewirkt wurde (vgl. Bähr et al. 2015). 4.5 Methodische Anmerkungen Das methodische Vorgehen zu den hier aufgezeigten Ergebnissen ist limitiert. Die pandemie- bedingten Hygienevorschriften der Einrichtung ließen keine direkte Beobachtung des Projekt- verlaufes zu. Die Befragung von Pflegebedürftigen und deren Angehörigen war aufgrund der strengen Iso- lation nicht zu realisieren. Wie bereits in Kapitel 2 geschrieben, war eine umfassende Daten- erhebung nicht zu gewährleisten. Ebenso konnte eine vertiefende Reflexion der Maßnahmen, beispielsweise wie diese zur Rückführung in die Häuslichkeit beigetragen haben, nicht evalu- iert werden. Dennoch kann das Projekt als Pilotprojekt angesehen werden. Die Rückführung der Pflegebe- dürftigen in die Häuslichkeit konnte an den Aspekten der Machbarkeit (u. a. die Umsetzung der interprofessionellen pflegerisch-therapeutischen Betreuungs- und Behandlungskonzepte), der Praktikabilität (u. a. in der Anwendung der Erhebungsinstrumente) und der Plausibilität (u.a. in der Nachvollziehbarkeit der vorgefundenen Daten) nachvollzogen werden. 22
5 Fazit Die hier dargelegten aktuellen Projektergebnisse sind ermutigend. Eine Rückführung der Pfle- gebedürftigen aus der AKZP in die Häuslichkeit bzw. Rehabilitationsnachsorge konnte bei al- len eingeschlossenen Pflegebedürftigen mit internistischer und chirurgischer Einweisungsdi- agnose erreicht werden. Die Projektergebnisse bestätigten insbesondere das vorliegende Rahmenkonzept und die Kon- zepte zur interprofessionellen pflegerisch-therapeutischen rehabilitativen Betreuung und Be- handlung für die AKZP der Diakonie - Dresden. Damit ist auch ein Signal gesetzt, den hier begonnenen Weg weiterzudenken. Die Evaluationsergebnisse haben für eine nachhaltig aus- gerichtete Überleitung von der AKZP in die Häuslichkeit sowohl spezifische Erkenntnisse, Op- timierungsbedarfe als auch offene Fragen aufgezeigt. Eine wesentliche Erkenntnis der hier vorliegenden Projektergebnisse ist, dass sich ältere hoch- betagte Pflegebedürftige, aufgrund der ggf. bestehenden Multimorbidität, ihrer körperlichen Gebrechlichkeit (Frailty-Syndrom) und der Notwendigkeit der psychosozialen Eingebunden- heit, nicht ohne weiteres in (algorithmisch) strukturierte Versorgungspfade einbinden lassen. Es bedarf fast immer einer, der Tagesform angepassten, individualisierten Vorgehensweise, die sich an einem strukturierenden Förderansatz orientiert und einer Betreuungsstruktur, die sich in die rehabilitativen Strukturen einpasst. Hier haben sich die Präsenzkräfte sehr bewährt. Bei den Optimierungsansätzen ist vordringlich die Verbesserung von Koordinationsleistungen durch das Entlassmanagements der Krankenhäuser zu sehen. Hier wären Kooperationsver- einbarungen zwischen AKZP und zuweisenden Krankenhäusern eine Lösung. Eine Verbesserung des Zugangs zur ärztlichen Versorgung könnte die Telemedizin bieten. Hier bedarf es weiterer Modellprojekte. Betrachtet werden müssen ebenso die Anforderungsprofile (u. a. das Qualifikationsniveau) für das interprofessionelle Team, wie auch die in allen bisherigen Modellprojekten geforderte An- hebung des Personalschlüssels. Dies ist darin begründet, dass die Arbeits-, Koordinierungs- und Pflegeintensität aufgrund des vorangegangenen Krankenhausaufenthaltes der älteren/hochaltrigen Pflegebedürftigen we- sentlich höher anzusehen sind als in der stationären Langzeitpflege. Differenziert hinterfragt werden müssen zudem Verläufe, bei denen Pflegebedürftige bzw. ihre Angehörigen den Übergang als auch die weitere Versorgung in der Häuslichkeit nicht ausrei- chend eigenständig organisieren können. Ggf. wäre hier der Einsatz eines Sozialarbeiters und/oder einer Community Health Nurse unterstützend. 23
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