Extended Floating Car Data - Potenziale für die Verkehrsinformation und notwendige Durchdringungsraten

 
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Extended Floating Car Data - Potenziale für die Verkehrsinformation und notwendige Durchdringungsraten
Veröffentlichung ‚Straßenverkehrstechnik’

Breitenberger, Susanne; Grüber, Bernhard; Neuherz, Martina

Extended Floating Car Data –
Potenziale für die Verkehrsinformation und notwen-
dige Durchdringungsraten
Kurzfassung

Aufgrund der hohen Auslastung des Straßennetzes steigen die Ansprüche an die
Qualität der Verkehrsinformation. Voraussetzung für den Betrieb von Verkehrsinfor-
mationssystemen ist die Erfassung von aktuellen und zuverlässigen Daten. Diese
Voraussetzung ist in weiten Teilen des Verkehrsnetzes nicht zufriedenstellend gege-
ben. Verkehrsstörungen werden häufig zu spät entdeckt, ungenau lokalisiert und
zeitlich unpräzise erfasst. Zur Sicherung der Produktqualität ‚Telematikdienste’ sah
sich die BMW Forschung daher veranlasst, nach neuen Wegen zur netzweiten Ver-
besserung der Verkehrsdatenerfassung zu suchen. Der Ansatz im Verkehr ’mit-
schwimmende’ Fahrzeuge, sogenannte Floating Cars, als mobile Sensoren einzuset-
zen rückte dabei in den Vordergrund. Dieser Artikel zeigt die Potenziale der fahr-
zeuggenerierten Verkehrsdatenerfassung für die Gewinnung von Verkehrsinformati-
onen und für die lokale Gefahrenwarnung auf. Es wird ein Verfahren vorgestellt, das
eine Abschätzung der notwendigen Durchdringungsraten von Floating Cars auf Basis
von Verkehrsstärke und Ankunftswahrscheinlichkeiten ermöglicht. Als Diskussions-
beitrag werden abschließend drei auf den Betrachtungshorizont 2015 bezogene
Szenarien für die Ausbreitung der fahrzeuggenerierten Verkehrsdatenerfassung ent-
wickelt.

Abstract

Increasing saturation of the roadway network requires more detailed traffic
information for travellers. Network-wide, reliable traffic data detection in real time is
scarcely available. Frequently, incidents are detected either too late or not at all.
Spatial and temporal localization and duration are often quite inaccurate. To assure
the quality of telematic services, BMW has investigated potential improvements by
collecting data automatically from intelligent vehicles as mobile sensors, so-called
‘floating cars’. This article highlights the potential of Extended Floating Car Data
(XFCD) for traffic information and local hazard warning. In particular, a method for
estimating the required floating car penetration is described, based on traffic volume
and arrival probabilities. As an illustration, three scenarios for the increased use of
vehicle-based mobile traffic data detection are developed for the timeframe from
today to 2015.

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Extended Floating Car Data - Potenziale für die Verkehrsinformation und notwendige Durchdringungsraten
Einführung
Der Autofahrer kann auf eine Vielzahl an Informationen im Fahrzeug zugreifen: Ziel-
führung mit aktuellen Staumeldungen, Witterungsinformationen und Warnungen vor
lokalen Gefahren gehören heute zur Standardausstattung der oberen Fahrzeugklas-
sen.
Die Qualität dieser Dienste ist in hohem Maße abhängig von der Erfassung aktueller
und zuverlässiger Verkehrs- und Wetterdaten. Diese Voraussetzung ist in weiten Tei-
len des Verkehrsnetzes nicht zufriedenstellend gegeben, da die Verkehrsdatenerfas-
sung im wesentlichen auf stationären Messschleifen und Sensoren beruht, die in ih-
rer Anzahl beschränkt sind und nur in ihrem unmittelbaren Umfeld zuverlässige Da-
ten liefern. Die Verkehrssituation zwischen diesen Messstellen bleibt weitgehend un-
bekannt.
Verkehrsstörungen werden daher oft zu spät entdeckt, ungenau lokalisiert und zeit-
lich unpräzise erfasst. Hinzu kommt, dass Strecken außerhalb des Autobahnnetzes
kaum mit Erfassungseinrichtungen ausgestattet sind. Vor diesem Hintergrund sah
sich die BMW Forschung zur Sicherung der Produktqualität ‚Telematikdienste’ veran-
lasst, nach neuen Wegen zur netzweiten Verbesserung der Verkehrsdatenerfassung
zu suchen. Die Technologie der ‚Floating Car Data’ rückte dabei in den Vordergrund.
Dieser Artikel zeigt zunächst die Potenziale der fahrzeuggenerierten Verkehrsdaten-
erfassung für die Gewinnung von Verkehrsinformationen und für die lokale Gefah-
renwarnung auf. Darauf aufbauend wird ein Verfahren vorgestellt, das eine Abschät-
zung der notwendigen Durchdringungsraten von Floating Cars auf Basis von An-
kunftswahrscheinlichkeiten und relativer Verkehrsstärke ermöglicht. Es werden Flot-
tenausstattungen für die mobile Datenerfassung auf Autobahnen, Bundesstraßen
und für den Ballungsraum untersucht.
Als Diskussionsbeitrag werden abschließend drei auf den Betrachtungshorizont 2015
bezogene Szenarien für die Ausbreitung der fahrzeuggenerierten Verkehrsdatener-
fassung entwickelt. Während das Szenario ‚Business-Trend’ die bei trendmäßiger
Extrapolation zu erwartende Entwicklung aufzeigt, gehen die Szenarien ‚Stabiler Zu-
wachs’ und ‚Optimistischer Zuwachs’ von einem deutlichen Kooperationswillen der
Akteure und einer zielgerichteten Umsetzung des Floating Car – Ansatzes aus.

Fahrzeuge sammeln anonym Verkehrsdaten während der Fahrt
Um ortsunabhängig aktuelle Verkehrsdaten aus dem gesamten Netz zu sammeln,
werden durch die BMW Group seit 1999 im Verkehr ’mitschwimmende’ Fahrzeuge,
sogenannte Floating Cars, als mobile Sensoren eingesetzt [1, 2, 3]. Dabei ist das
teilnehmende Fahrzeug gleichzeitig Lieferant aktueller Zustandsdaten und Nutzer der
im System gesammelten, verdichteten und aufbereiteten Informationen.
Floating Cars verfügen über einen GPS-Empfänger zur Positionsbestimmung des
Fahrzeugs und nutzen die im Fahrzeug erhobenen Messdaten zur Generierung von
Streckengeschwindigkeiten. Mit Hilfe eines Mobilfunk-Moduls werden die verkehrs-
flussrelevanten Fahrzeugdaten anonym an eine Verkehrsdatenzentrale versendet.
Das Verfahren nach dem die Daten im Fahrzeug aggregiert werden, wurde von Man-
nesmann Autocom und TEGRAON Mitte der 90er Jahre entwickelt (GATS -Global
Automotive Telematics Standard). Empfänger der GATS-FCD-Meldungen ist gegen-

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Extended Floating Car Data - Potenziale für die Verkehrsinformation und notwendige Durchdringungsraten
wärtig die DDG - Gesellschaft für Verkehrsdaten mbH. Sie ermittelt aus den empfan-
genen Daten die aktuelle Verkehrslage auf bestimmten Netzabschnitten. Gegenwär-
tig sind in Deutschland ca. 40.000 aktive FCD-Fahrzeuge (= 0,09% des Pkw - Be-
stands) im Straßennetz unterwegs. Darüber hinaus werden aktuelle Verkehrsdaten
deutschlandweit im Fernstraßennetz über das privatwirtschaftliche Stationäre Erfas-
sungssystem (SES) der DDG gesammelt.
Gegenwärtig liegen Verkehrslageinformationen vorwiegend aus dem Autobahnnetz
vor. Belastungsorientierte Streckeninformationen (Reisezeit auf einem Streckenab-
schnitt) bzw. die Erfassung von Gefahrensituationen mit entsprechendem Ortsbezug
ist aufgrund unzureichender Dichte der Detektionseinrichtungen, insbesondere im
nachgeordneten Netz, nicht möglich.
Zunehmend mehr Fahrzeuge verfügen über Telematikanwendungen wie automati-
scher Notruf, Pannenhilfe oder dynamische Verkehrsinformationsdienste. Weil die
dafür ins Fahrzeug integrierten elektronischen Komponenten für die FCD-Erfassung
genutzt werden können, wird damit auch die Anzahl potenziell nutzbarer Floating
Cars in Zukunft steigen.

Verkehrszustandserfassung und lokale Gefahrenwarnung mit XFCD
Da die durch FCD erfassbaren Parameter Position und Geschwindigkeit für eine um-
fassende Verkehrslage- und Witterungszustandsabbildung unzureichend sind, entwi-
ckelte BMW den FCD-Ansatz weiter zur erweiterten fahrzeuggenerierten Verkehrsda-
tenerfassung ‚Extended Floating Car Data - XFCD’.
Für XFCD werden die in den Steuergeräten und Subsystemen generierten und auf
den Fahrzeugdatenbussen vorliegenden aktuellen Daten ausgelesen und aufbereitet
[4, 5]. Die Algorithmen zur Auswertung und Weiterverarbeitung der relevanten Daten
können in die vorhandene Telematikplattform des Fahrzeugs eingespielt werden. So
lassen sich aus den Schaltzuständen von u.a. Abblend-, Fern- und Nebellicht, ABS,
ASC, Außenthermometer, Klimaanlage, Navigationssystem, Bremse, Regensensor,
Scheibenwischer und Warnblinker zusammen mit den aktuellen Geschwindigkeits-
werten folgende Ereignis- und Zustandsdaten generieren:

        XFCD - Meldungsinhalte                      FCD - Meldungsinhalte

           •   Verkehrszustand                        •   Reisezeiten
           •   Staueinfahrten
           •   Stauausfahrten
           •   Staudurchfahrtsgeschwindigkeiten/
               Stauqualitäten (zähfließend, sto-
               ckend, stehend)
           •   Niederschläge, Aquaplaning
           •   Glätte, Eis
           •   Sichtbehinderungen, Nebel

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Folgende Dienste können durch XFCD-Meldungsinhalte unterstützt werden:

           XFCD unterstützte Dienste

               •   Verkehrsinformationsdienste (Unter-
                   stützung netzweit)
               •   Dynamische Zielführung
               •   Lokale Gefahrenwarnung (Stauen-
                   den, Unfall, Nässe, Glätte, Nebel,...)
               •   Straßenwetterinformation

Im Fernstraßennetz kann XFCD dazu beitragen, die aus ortsfesten Detektoren gene-
rierten Daten hinsichtlich Aktualität, Staulokalisierung, Geschwindigkeit im Stau, ex-
akte Ermittlung der Stauein- und -ausfahrten zu vervollständigen. Im untergeordneten
Netz dient XFCD vornehmlich zur lokalen Störungserkennung.

XFCD aus Gründen der Wirtschaftlichkeit
XFCD nutzt Mobilfunk, um verkehrliche Ereignisse (z. B. Stauein- und -ausfahrten)
per SMS zu versenden. XFCD bietet zusätzlich die Möglichkeit der Rückkanalrefe-
renzierung, d. h. ein Fahrzeug, das in einen Stau fährt und diesen bereits durch den
Rundfunk via TMC (Traffic Message Channel) gemeldet bekam, registriert die Über-
einstimmung und wird den Stau nicht mehr melden. Dieses Verfahren unterstützt die
Kosteneffizienz von XFCD.
Die BMW Forschung hat ermittelt, dass allein durch die Möglichkeit der Rückkanalre-
ferenzierung bei Nutzung von XFCD gegenüber FCD ausgehend von den derzeit rd.
40.000 aktiven FCD-Fahrzeugen in Deutschland rd. 90.000 Euro/Jahr Kommunikati-
onskosten eingespart werden können. Dieses Einsparpotenzial nimmt mit steigender
Durchdringungsrate zu (Abb. 1).
Durch die Nutzung des paketorientierten Datenübertragungsstandards GPRS1 wird
sich diese Einsparung zwar relativieren, XFCD ist allerdings gegenüber FCD weiter-
hin im Vorteil. Denn die mobile Datenkommunikation wird mit GPRS nicht mehr nach
Online-Dauer, sondern nach Transfervolumen (bis zu 115 kbit/s) berechnet und
XFCD-Meldungsinhalte sind i.d.R. kürzer als die durch FCD generierten Reisezeiten,
die mittels aneinandergereihter Positionspunkte mit Zeitstempeln als sogenannte
Perlenketten übermittelt werden.

1
    GPRS (General Packet Radio Service).

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Extended Floating Car Data - Potenziale für die Verkehrsinformation und notwendige Durchdringungsraten
Abb. 1: Entwicklung des Meldungsaufkommens je Fahrzeug bei Substitution von
FCD durch XFCD

XFCD unterstützt das konventionelle Verkehrsmeldungsmanagement
Die Rückkanalreferenzierung ermöglicht nicht nur den Abgleich der onboard errech-
neten Information mit den durch den Rundfunk via TMC gemeldeten Störungen, sie
trägt auch zur Aktualitätsprüfung der ausgestrahlten Meldungen bei. So kann bei feh-
lender Übereinstimmung ein Hinweis an die Verkehrsdatenzentrale gesendet wer-
den, der zur Berichtigung des Meldungsbestands z. B. bei Stauauflösung führt.
Im Innerortsbereich ist die vorhandene ortsfeste online-Verkehrsdatenerfassung oft
lückenhaft und teilweise mit extrem hohen Ausfall- und Fehlerraten behaftet. XFCD
kann dazu beitragen, vorhandene Erfassungssysteme zu ergänzen.
Um eine befriedigende Qualität der Verkehrslagedetektion im gesamten Straßennetz
durch XFCD zu erreichen, muss ein gewisser Anteil des Gesamtfahrzeugbestandes
XFCD-fähig sein. Im Folgenden werden Verfahren vorgestellt, um die erforderliche
Durchdringungsrate in Abhängigkeit von der zu erzielenden Informationsqualität zu
ermitteln.

Bestimmung von XFCD-Durchdringungsraten über Ankunftswahrscheinlichkei-
ten
Die Qualität der erzeugten Informationen hängt von folgenden Faktoren ab
   •   Detektionsrate – netzweite Vollständigkeit
   •   Detektionsverzögerung – Aktualität

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Extended Floating Car Data - Potenziale für die Verkehrsinformation und notwendige Durchdringungsraten
•   Zuverlässigkeit – Funktionsfähigkeit der Informationserfassung und Mel-
       dungsübermittlung
Verschiedene statistische Ansätze zur Dimensionierung der optimalen Durchdrin-
gungsrate geben Aktualitätszeiträume von 5 bis 10 Minuten vor und errechnen eine
Ankunftswahrscheinlichkeit eines oder mehrerer XFCD-Fahrzeuge bei einem Ereig-
nis (oder Querschnitt) für diesen Zeitraum (vgl. Ergebnisse der Projekte LISB,
RHAPIT, VERDI). In dieser Untersuchung wird ein Detektionszeitraum von Δt = 10
Minuten gewählt. Mit diesem Wert kann vor dem Hintergrund der Kostenminimierung
eine für eine attributive Verkehrsbeurteilung zufriedenstellende Aussagequalität er-
zielt werden. Wird eine höhere statistische Sicherheit gefordert, erhöhen sich die
notwendigen Ausstattungsraten.
Vereinfachende Annahme bei dem angewandten Verfahren ist die gleichmäßige Ver-
teilung der XFCD-Fahrzeuge in dem jeweils im Straßennetz auftretenden Fahrzeug-
strom, proportional zum Anteil am gesamten Fahrzeugbestand. Vereinfacht ausge-
drückt: Wo viele fahren sind auch viele XFCD-Fahrzeuge beteiligt.
HUBER [6] ermittelt die Ankunftswahrscheinlichkeit P [%] von X [Anzahl Fz] XFCD-
Fahrzeugen bei einem Ereignisort (beliebiger Querschnitts“punkt“) in Abhängigkeit
von Verkehrsstärke und Detektionszeit Δt (Aktualitätszeitraum):

                      mit μ = qXFC  Δt / t
                      x = Anzahl erwarteter XFCD-Fahrzeuge innerhalb Δt

Wenn mindestens ein XFCD-Fahrzeug in einem Zeitintervall Δt eintreffen soll, kann
nach HUBER die Wahrscheinlichkeit des Eintreffens von einem oder mehreren Fahr-
zeugen aus der Summe aller Eintreffenswahrscheinlichkeiten P(1) bis P(n) abzüglich
der Wahrscheinlichkeit des Eintreffens keines Fahrzeuges P(0) errechnet werden.
Daraus folgt:

Für die Δt = 10 Minuten späteste Ankunft eines XFCD-Fahrzeuges, also x = 1, ergibt
sich aus obiger Formel folgender Graph für die Ankunftswahrscheinlichkeit P [%] in
Abhängigkeit von der relativen Verkehrsstärke qXFCD [XFCD-Fzg/h]:

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Extended Floating Car Data - Potenziale für die Verkehrsinformation und notwendige Durchdringungsraten
Abb. 2: Ankunftswahrscheinlichkeit für ein XFCD-Fahrzeug an einem Ereignisort in-
nerhalb 10 Minuten
Aus Abb. 2 lässt sich ablesen, mit welcher relativen Verkehrsstärke qXFCD die Ankunft
eines XFCD-Fahrzeugs mit 95% Ankunftswahrscheinlichkeit innerhalb von 10 Minu-
ten erwartet werden kann: qXFCD = 18.
Allgemein formuliert errechnet sich die relative Verkehrsstärke qXFCD aus dem Pro-
dukt der Verkehrsstärke q[Kfz/h] und der Durchdringungsrate DXFCD [%] :

Für die 95% Ankunftswahrscheinlichkeit innerhalb 10 Minuten ergibt sich damit für
die Verkehrsstärken von q = 2000 [Fz/h] die erforderliche Durchdringungsrate zu

Für die Ankunft von mehreren XFCD-Fahrzeugen legt man eine Poissonverteilung für
die Auftretenswahrscheinlichkeit zugrunde. Für drei Fahrzeuge lässt sich demnach
bei stationärem Verkehrsfluss q [Fz/h] die Auftretenswahrscheinlichkeit nach folgen-
der Bedingung berechnen:

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Extended Floating Car Data - Potenziale für die Verkehrsinformation und notwendige Durchdringungsraten
Fordert man eine Wahrscheinlichkeit von 95% für das Auftreten von drei Fahrzeugen
innerhalb eines Zeitintervalls von 10 Minuten, ergibt sich eine erforderliche relative
Verkehrsstärke von qXFCD = 38 [XFCD-Fz/h].

Durchdringungsraten in Abhängigkeit von der Verkehrsstärke
Die Qualität der aus XFCD unterstützten Dienste hängt davon ab, wie schnell in ei-
nem Verkehrsstrom eine definierte Anzahl von Fahrzeugen ein Ereignis melden.
Prinzipiell nimmt die Detektionszeit mit zunehmender Verkehrsstärke ab.
Die folgende Tabelle zeigt die Berechnungsergebnisse für die XFCD-
Durchdringungsrate DXFCD[%] für die Ankunft von einem und von drei XFCD-
Fahrzeug(en) an einem beliebigen Querschnitt innerhalb von 10 Minuten mit 95%
Ankunftswahrscheinlichkeit bei unterschiedlichen Verkehrsstärken q [Kfz/h]:

Tab. 1: XFCD-Durchdringungsraten in Abhängigkeit von der Verkehrsstärke bei 10
min. Detektionszeit
Durchdringungsraten DXFCD[%] bei 10 min
XFCD- Δt    qXFCD 250 500             1000 1500 2000 2500 3000 3500 4000 4500
Fzg.  [min] (P=95%) [Kfz/h] [Kfz/h]   [Kfz/h]   [Kfz/h]   [Kfz/h]   [Kfz/h]   [Kfz/h]   [Kfz/h]   [Kfz/h]   [Kfz/h]

1       10      18      7,2   3,6     1,8       1,2       0,9       0,72      0,6       0,5       0,45      0,4

3       10      38      15,2 7,6      3,8       2,5       1,9       1,5       1,3       1,1       1,0       0,8

Wie aus Tab. 1 hervorgeht, erfordern durchschnittliche Pkw-Verkehrstärken von
1.000 Pkw/h u. Richtung Durchdringungsraten von 3,8%, um innerhalb von 10 min.
eine Störung mit drei XFCD-Fahrzeugen sicher zu detektieren. Bei einer Detektions-
zeit von 20 min. halbieren sich in etwa die erforderlichen Durchdringungsraten.

Zu Anfang einer Implementation sind jedoch geringere Durchdringungsraten, z. B.
1% bis 2% üblich. Diese führen nur bei sehr hohen Verkehrsdichten (siehe Tab. 1) zu
den gewünschten hochwertigen Informationen. Derart hohe Verkehrsdichten sind
jedoch nicht ganztägig und nicht überall im Straßennetz vorhanden, d.h. geringe
Durchdringungsraten stehen entweder langen Detektionszeiten oder nur bestimmten
Zeiträumen (z.B. Berufsverkehr) bzw. nur bestimmten Netzteilen (z. B. Ballungsräu-
men) gegenüber.

Verkehrsaufkommen und Fahrleistungen
Um Aussagen über erforderliche Durchdringungsraten in Deutschland machen zu
können, ist zunächst zu analysieren, wie häufig welche Verkehrsstärken im Straßen-
netz auftreten. Untersuchungen der Bundesanstalt für Straßenwesen, wie die Stra-
ßenverkehrszählung 2000 [7], enthalten historische Verkehrsbelastungen als DTV-
Werte (durchschnittlicher täglicher Verkehr für beide Richtungen [Kfz/d]).
Der DTV-Wert der Autobahnen in Deutschland lag im Jahr 2000 im Mittel bei 47.800
Kfz/d. Vereinzelte Autobahnabschnitte wiesen Extremwerte von weit über 120.000
Kfz/d auf. Die durchschnittlichen täglichen Kfz-Verkehrsstärken auf den Bundesstra-
ßen lagen im Jahr 2000 bei 9.270 Kfz/d und auf Landstraßen bei 3920 Kfz/d [7], wo-

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bei die Verkehrsstärken sowohl nach Wochentag als auch nach Tageszeit stark
schwanken (Abb.3).

Abb. 3: Verschiedene Tagesgangcharakteristika unterschiedlicher Verkehrsstärken
q[Kfz/h] auf Autobahnen (Dienstag bis Donnerstag), Typ A – G gemäß Typisierung
nach [7]

Da die Verteilung eines Mittelwertes über 24 Stunden keine Aussage über die tat-
sächliche Verkehrsbelastung während des Tages ermöglicht, werden im Folgenden
die Spitzenstundenwerte betrachtet, und zwar die Hauptverkehrszeit (qHVZ, im Mittel 6
- 12% des DTV) sowie die mittlere Belastung über 20 Stunden des Tages (qd20).

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Tabelle 2: Durchschnittliche Verkehrsstärken (DTV) und Pkw-Fahrleistungen nach
Straßenkategorien; Außerortsstraßen aus 2000 [7], Innerortsstraßen aus 1993 [8, 9]
(Umrechnung in stündliche Verkehrsstärken auf Basis von Spitzenstundenfaktoren bzw. Tagesdurchschnittswer-
ten)

Pkw 2000                  BAB           Bundes-               Landes-          Kreis-       Innerorts-
                                        straßen               straßen         Straßen      Hauptstraßen
                                                                             (nur ABL)

Gefahrene km            163.010           93.113              82.560           35.852          123.256
[MioFz-km]

Netzlänge [km]           11.613           31.879              65.414           55.400           45.237

DTV [Pkw/d]              38.350           7.980                3.448           1.768            7.465

Spitzen-                  8,3%             9,2%                9,5%             10%              10%
stundenwerte             (aus SVZ     (aus SVZ 2000       (aus SVZ 2000
                          2000 [7]      [7] ermittelt)      [7] ermittelt)   (geschätzt)     (geschätzt)
[% des DTV je            ermittelt)
Ri.] 1

Spitzenver-               1.592            367                 164               88              373
kehrsstärke
qHVZ [Pkw/h u. Ri.]

Tagesdurchschn             960             200                  85               44              187
ittsverkehrsstärk
e
qd20 [Pkw/h u. Ri.]
1
 Ermittlung der Spitzenstundenanteile q[Fz/h] im Wochendurchschnitt über alle Zählstellen nach [8] aufgrund
der strecken- und wochentagsspezifischen Tagesganglinien (Typ A –G, Abb. 2) gemittelt über alle DTV-Werte
auf den verschiedenen Straßenkategorien

Aus den in Tab. 2 dargestellten mittleren Spitzenstundenverkehrsstärken (qHVZ) und
den Tagesdurchschnittsbelastungen (qd20) lassen sich in Verbindung mit den in Tabel-
le 1 ermittelten Durchdringungsanteilen die notwendigen Floating Car - Durchdrin-
gungsraten ableiten und auf die Straßennetzanteile spiegeln (Abb. 4).

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Durchdringungsraten auf Bundesautobahnen
Bei einer Detektionszeit von 10 min. und einer Spitzenverkehrsstärke qHVZ von 1.593
Pkw/h u. Ri. (vgl. Tab. 2) kann mit einer XFCD-Durchdringungsrate von knapp 2,4%
der Fahrzeugpopulation eine Störung auf 50% des BAB-Netzes ortsgenau und hoch-
aktuell detektiert werden (95% Ankunftswahrscheinlichkeit durch Ankunft von drei
XFCD-Fahrzeugen abgesichert). Zur Nebenverkehrszeit qd20 mit einer Verkehrsstär-
ke von durchschnittlich 960 Pkw/h u. Ri. kann die gleiche Erfassungsqualität mit einer
Durchdringungsrate von 3,9% erreicht werden. Damit kann eine Netzabdeckung von
rd. 80% auf BAB erzielt werden (Abb. 4).

Abb. 4: XFCD-Durchdringungsraten auf BAB, differenziert nach verschiedenen Ver-
kehrsstärken (Pkw/h zu Spitzenstunden aufsummiert) und Erfassungsqualitäten
Auf großen Teilen des hochbelasteten BAB-Netzes, insbesondere im Einzugsbereich
der Ballungsräume, sind Informationen aus ortsfesten Detektoren oder von Staumel-
dern verfügbar. Daher werden hier nicht unbedingt drei Fahrzeuge für die Detektion
einer Störung benötigt, sondern es reicht vielfach schon die Meldung eines XFCD-
Fahrzeuges aus, um einen Stau zu verifizieren. Geht man von der Erfassung durch
ein XFCD-Fahrzeug aus, so können bereits mit einer innerhalb von wenigen Jahren
erreichbaren Durchdringungsrate von 2,5% auf 90% des BAB-Netzes Verkehrsstö-
rungen zufriedenstellend detektiert werden (q=720 [Kfz/h], 95% Ankunftswahrschein-
lichkeit durch ein XFCD-Fahrzeug abgesichert, Abb. 4)

                                         11
Bundesstraßen
Bei den Außerortsstraßen wird hier bevorzugt auf die Bundesstraßen eingegangen,
da diese als Backbone-Netz die Bundesautobahnen ergänzen und im Verhältnis zu
Kreis- und Landesstraßen mehr durch Staus belastet werden.
Bundesweit treten zu Hauptverkehrszeiten qHVZ durchschnittliche Belastungen von
ca. 367 Kfz/h u. Richtung auf Bundesstraßen auf. Damit würden ab einer XFCD-
Durchdringungsrate in Höhe von rd. 10% (Detektionszeit von 10 min., durch drei
Fahrzeuge gemeldet) zuverlässige XFCD-Daten aus dem Bundesstraßenetz gelie-
fert. Wie aus Abb. 5 ersichtlich, ließen sich bei qHVZ 367 Kfz/h und einer XFCD-
Ausstattung von 10% rund 65% des Bundesstraßennetzes zuverlässig erfassen.
Zur Nebenverkehrszeit qd20 mit einer Verkehrsstärke von durchschnittlich 200 Kfz/h u.
Richtung kann die gleiche Erfassungsqualität erst bei einer Durchdringungsrate von
knapp 19% erreicht werden, womit dann bereits 80% des Bundesstraßennetzes mit
der angegebenen Qualität detektiert werden (Abb. 5).

Abb. 5: XFCD-Durchdringungsraten auf Bundesstraßen, differenziert nach verschie-
denen Verkehrsstärken (Pkw/h zu Spitzenstunden aufsummiert)

Innerortsstraßen
Innerorts wird die Betrachtung auf das Geschehen auf Hauptstraßen fokussiert, die
im Durchschnitt zu den Hauptverkehrszeiten mit 373 Pkw/Stunde belastet sind (Tab.
2, [9]). Analog zu dem Vorgehen auf BAB und Bundesstraßen ist für die Hauptver-
kehrszeit qHVZ eine XFCD-Druchdringungsrate in Höhe von 10,2% bezogen auf den

                                         12
DTVPkw-Wert erforderlich (Detektionszeit 10 min, dreifach gemeldet). Während der
Nebenverkehrszeit qd20 wird im Innerortsbereich eine Flottendurchdringung von
20,3% notwendig.

XFCD - Durchdringung am Beispiel des Ballungsraums München
Die Landeshauptstadt München stellt mit Ihren rd. 1,3 Millionen Einwohnern einen
bedeutenden europäischen Verkehrsknotenpunkt dar. Im Hauptstraßennetz nimmt
der Mittlere Ring mit einer Verkehrsbelastung von bis zu 150.000 Kfz/24 Std. eine
dominierende Rolle ein. Am Beispiel der Landeshauptstadt München werden im Fol-
genden die für eine zufriedenstellende Verkehrslageerfassung in stark belasteten
Ballungsräumen erforderlichen XFCD-Durchdringungsraten erläutert.
In Abb. 6 ist das Verkehrsaufkommen im Hauptstraßennetz München im 20-Stunden
–Tagesmittel qd20 (DTV-Werte 2003 [11]) differenziert für das Primär- und Sekundär-
netz2 sowie den Mittleren Ring dargestellt. Während im Primärnetz (ohne BAB) zur
Nebenverkehrszeit (qd20) Verkehrsstärken von durchschnittlich 814 Pkw/h u. Rich-
tung bewältigt werden, treten im Sekundärnetz im Mittel Verkehrsstärken von 425
Pkw/h u. Richtung auf. Der Mittlere Ring nimmt mit seinen rd. 19 km Länge zur Ne-
benverkehrszeit qd20 rd. 2.260 Pkw/h u. Richtung auf, in den Spitzenstunden wesent-
lich mehr.

Abb. 6: XFCD-Durchdringungsraten auf dem Hauptstraßennetz der Landeshaupt-
stadt München (Pkw/h zu Spitzenstunden aufsummiert)

2
 Primärnetz: Hauptverkehrsstraßen mit überregionaler und regionaler Verbindungsfunktion (hier ohne
BAB, aber mit B304, B13-N, B11-S, B2-W, Mittlerer Ring, div. Radialen und Tangentialen); Sekundär-
netz: alle weiteren Hauptverkehrsstraßen mit überwiegend örtlicher Verbindungsfunktion gemäß Ent-
wurf Verkehrsentwicklungsplan 2001

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Bei einer Durchdringungsrate von knapp 9% wird der Verkehrsablauf auf über 50%
des Sekundären Netzes, das vornehmlich der Aufnahme des Binnenverkehrs und
der Verteilung des Quell-/Zielverkehrs dient, nach den geforderten Qualitätsmerkma-
len erfasst. Betrachtet man lediglich das für Störungen besonders anfällige Primär-
netz, dann reicht eine XFCD-Flottenrate von knapp 5% bereits aus, um innerhalb von
10 min. eine Störung mit drei XFCD-Fahrzeugen auf Zweidritteln des Netzes sicher
zu detektieren. Auf dem Mittleren Ring ist dies zur Nebenverkehrszeit (qd20) bereits
bei einer Durchdringungsrate von rd. 2% erreichbar.

Abb. 7: Erforderliche XFCD - Durchdringungsraten für den Nordwest-Sektor des
Münchener Stadtbereichs [11]
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass für die Landeshauptstadt Mün-
chen bereits eine XFCD - fähige Fahrzeugflotte in der Größenordnung von 7,3% des
gesamten Pkw-Aufkommens hinreichend ist, um den Verkehrszustand auf über 80%
des Hauptstraßennetzes (Primärnetz ohne BAB, Sekundärnetz und Mittlerer Ring)
zu detektieren. Eine effektive Störungsdektektion auf besonders staugefährdeten
Streckenabschnitten kann mit weit geringeren Durchdringungsraten erreicht werden.

Zusammenfassung der erforderlichen Durchdringungsraten
Bei Betrachtung der Verkehrsstärken aus Tab. 2 sind vor allem die für fahrerassistie-
rende Dienste wichtigsten Straßentypen zu fokussieren, also Bundesautobahnen,
Bundesstraßen und das innerörtliche Hauptverkehrsstraßennetz, auf denen fast 80%
der gesamten Fahrleistung stattfindet. In Abb. 8 sind die für diese Netzbereiche er-
forderlichen Mindest - Durchdringungsraten zusammenfassend dargestellt.

                                         14
Abb. 8: Zusammenfassung der erforderlichen XFCD-Durchdringungsraten für unter-
schiedliche Straßennetzkategorien

Problem der Durchschnittsbetrachtungen
Bei der Ermittlung der angeführten Durchdringungsraten konnten folgende Faktoren
nicht berücksichtigt werden:
a) die Tatsache, dass nicht alle 45 Millionen in Deutschland zugelassenen Pkw
   gleich viel unterwegs sind,
b) die zusätzliche Erhöhung der Detektionsrate und Aussagekraft jeder XFCD-
   Meldung durch:
   -   zentralenseitige Fusion der FCD- / XFCD-Informationen mit Daten anderer Er-
       fassungseinrichtungen
   -   Meldungen mehrerer FCD- / XFCD-Fahrzeuge zur gleichen Störung oder Ge-
       fahrenstelle
   -   Verteilung des Verkehrsaufkommens (Gleichverteilung oder Vielfahrer)
   -   Detektionssensibilität und –sicherheit von XFCD,
c) das Phänomen, dass sich die Fahrzeuge nicht gleichverteilt im Straßennetz auf-
   halten, sondern oft dort gehäuft sind, wo Staus auftreten.
Bezogen auf Stauereignisse stellt die Gleichverteilung eine ungünstige Annahme
dar, weil die Wahrscheinlichkeit von 95% innerhalb von 10 Minuten einen Stau durch
ein XFCD-Fahrzeug zu detektieren häufig schon bei sehr viel geringeren Durchdrin-

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gungsraten als 2% erreicht wird. Schließlich entstehen die meisten Staus auf Stre-
ckenabschnitten mit hohem Verkehrsaufkommen, d. h. wo Verkehrsstärken von 3000
Fahrzeuge pro Stunde und mehr über zwei Spuren feststellbar sind. Für q= 3000
Fz/h wird bereits bei einer Durchdringungsrate 0,6% des Verkehrsstroms ein Ereignis
innerhalb 10 Minuten von einem XFCD-Fahrzeug detektiert.

XFCD stellt nicht nur ein vielversprechendes Verfahren zur Dektektion von Verkehrs-
flussstörungen dar, auch die kleinräumige witterungsbezogene Situationserkennung
kann mit XFCD verbessert werden. Vor allem im untergeordneten Netz, das kaum
mit Erfassungseinrichtungen ausgestattet ist, kann XFCD auch bei unterdurchschnitt-
licher Durchdringungsrate dazu beitragen, dass Gefahren erkannt und Warnungen im
Fall von Nebel, Rutschgefahren etc. erzeugt werden.

Wie schnell können Durchdringungsraten von 2%, 4% und 10% erreicht wer-
den?
Derzeit sind rd. 78.000 FCD-fähige BMW - Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen un-
terwegs. XFCD - Versuchsfahrzeuge befinden sich bei BMW in der Erprobungspha-
se.
Auf der Grundlage von drei unterschiedlichen Zukunftsszenarien werden im Folgen-
den denkbare Trends für die Durchdringung von XFCD-Flotten aufgezeigt:
Im Szenario "Business-Trend " wird unterstellt, dass die Automobilhersteller telema-
tikfähige Fahrzeugflotten mit Ortungsfunktionalität aufbauen und stetig ausbauen.
Die neuen deutlich leistungsfähigeren Mobil- und Rundfunktechnologien (GPRS,
UMTS, DAB, DVB-T) erweitern das Spektrum zukünftiger Telematikapplikationen.
Die Kosten für Multimedia-Systeme mit Mobilfunkschnittstelle sinken, so dass ein
Massenmarkt entsteht. In Deutschland werden in diesem Jahr ca. 5 Mio. Fahrzeuge
mit Navigationssystem ausgerüstet sein; nach Angaben des ADAC wird der Zuwachs
in den nächsten Jahren zwischen 15-19% / Jahr liegen [10]. Es zeichnet sich ein
Trend zu durchgängigen und personalisierten Anwendungen ab, bei denen das In-
ternet mit Navigationssystem und portablen Endgeräten vernetzt sein wird. Die für
die dynamische Navigation vorhandene Technologieausstattung im Fahrzeug wird für
die Einführung von XFCD genutzt. Basierend auf der zu erwartenden Marktdurch-
dringung von Navigationssystemen wird davon ausgegangen, dass bis 2015 rd. 15%
der Fahrzeuge der Mittelklasse, Oberen Mittelklasse und Oberklasse XFCD senden.
Dies entspricht mit 2.160.000 Pkw3 einer Durchdringungsrate von 4,3% am Fahr-
zeugbestand (Prognose 49,8 Mio. Pkw-Bestand in 2015 nach BVWP).
Im Szenario ‚Stabiler Zuwachs’ wird unterstellt, dass sich die deutschen Automobil-
hersteller (OEM4) in Form eines Memorandums of Understanding dahingehend ver-
ständigen, die Schaffung von XFCD-fähigen Fahrzeugflotten zielstrebig voranzutrei-
ben. Die Verbesserung der Datenerfassung stellt eine zentrale Aufgabe der Markt-
führer im Automobilbereich dar. Durch Kooperation mit Service Providern soll Premi-
umqualität auf Ebene der Telematikdienste, insbesondere hinsichtlich dynamischer
Zielführung, erzielt werden. Die OEM schaffen eine übergreifende, europaweite
Technologieplattform und ermöglichen somit die Realisierung von Economies of Sca-
le. Es wird unterstellt, dass bis 2015 Eindrittel aller Fahrzeuge der Mittelklasse, Obe-

3
  Fortschreibung 30% Anteil Mittelklasse, Obere Mittelklasse und Oberklasse am Pkw-Bestand zum
1.04.04.
4
  OEM – Original Equipment Manufacturer

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ren Mittelklasse und Oberklasse über eine XFCD-Funktionalität verfügen werden.
Dies entspricht mit 4.975.000 Pkw einer Durchdringungsrate von rd. 10% am Fahr-
zeugbestand.
Im Szenario ‚Optimistischer Zuwachs’ wird zusätzlich zu den im Szenario ‚Stabiler
Zuwachs’ unterstellten Durchdringungsraten davon ausgegangen, dass die XFCD-
Fähigkeit der Pkw mit staatlicher Unterstützung vorangetrieben wird. Der Staat unter-
stützt die XFCD-Fähigkeit, da XFCD aktiv zur Erhöhung der Verkehrssicherheit bei-
trägt (Detektion Stauenden, Gefahrenwarnung, Einsparungen bei konventioneller
Erfassung). Die Integration der Daten aus öffentlichen und privaten Dateneinrichtun-
gen wird angestrebt. Durch die staatliche Unterstützung kann die Durchdringungsrate
auf 20% des gesamten Pkw-Bestands ausgeweitet werden. Diese Penetration ent-
spricht mit knapp 10 Mio. Pkw der zu erwartenden Sättigungsrate. Eine Ausstat-
tungsrate in dieser Höhe ermöglicht nicht nur eine deutlich verbesserte flächenhafte
Datenerfassung in Deutschland, sondern bildet vor dem Hintergrund der EU-
Erweiterung ein wesentliches Standbein zur Verbesserung der Verkehrsinformation
in Europa.
Mit den vorgestellten Szenarien wird das Ziel verfolgt noch nicht erreichte Zustände
denkbar und daran geknüpfte Erwartungen Diskussionsprozessen zugänglich zu
machen. Die in diesem Beitrag vermittelten Durchdringungsraten und Technologie-
trends sollen dazu anregen, die Auseinandersetzung mit dem Thema XFCD zu in-
tensivieren, die vorhandenen Ansätze zu konkretisieren und fortzuentwickeln.

Fazit
Nur mit dem Daten - Content aus XFCD können aus heutiger Sicht die gewünschten
Qualitäten für verschiedene Dienste wie Verkehrsinformation, Dynamisches Routing,
Straßenwetter und Gefahrenwarnung erreicht werden. So kann der Dienst ‚Lokale
Gefahrenwarnung’ mit der Applikation ‚Erkennung von Stauenden’ bereits bei einer
Durchdringungsrate von 1% auf Autobahnen zufriedenstellend versorgt werden.
Für weitergehende Qualitätsverbesserungen sind Durchdringungsraten von wenigs-
tens 2% erforderlich. Damit wird das BAB-Netz zu Hauptverkehrszeiten gut erfasst.
Mit Durchdringungsraten von rd. 4% können auf 80% des Autobahnnetzes aktuelle
Verkehrs- und Straßenzustandsinformationen generiert werden. Für eine gute Infor-
mationsqualität in Ballungsräumen und auf Bundesstraßen werden bundesweit 7 -
10% Bestandsdurchdringung benötigt.
Es ist zu bedenken, dass die ermittelten Durchdringungsraten einen höheren Wir-
kungsgrad erzielen können, da zunächst Fahrzeuge mit 50% höheren Jahresfahrleis-
tungen (X)FCD-fähig sein werden. Vereinfacht kann man sagen, dass bei 2% Anteil
(~ 1 Mio. Pkw)5, dargestellt durch Premiumfahrzeuge, ihre Wirkung wie 3% Durch-
dringungsrate beträgt.
Für eine zügige Umsetzung des XFCD-Verfahrens spricht aber nicht nur das damit
verbundene Informationspotenzial, sondern auch dessen Wirtschaftlichkeit, auch
wenn anfangs noch nicht flächendeckend Informationen generiert werden können.
Ein weiterer Vorteil ergibt sich auf europäischer Ebene. Mit Hilfe von XFCD kann

5
 Fahrzeugausstattungen für FCD bezeihen sich auch hochwertige Fahrzeuge, vereinfacht Fahrzeuge
mit 2l Hubraum und mehr. Diese haben zwar nur einen Anteil von ca. 20% an den Zulassungen, sie
haben dafür aber eine höhere durchschnittliche Jahresfahrleistung (1990 war diese rund 50% höher
als die durchschnittliche [4].

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kurzfristig die Datenerfassung auf den Fernstraßen vor allem auch in den neuen EU-
Ländern ausgebaut und entsprechende Servicequalität geschaffen werden.
Zur Erzielung signifikanter XFCD-Flotten ist die Kooperation zwischen den Automo-
bilherstellern und der TK/IT-Industrie erforderlich. Nur durch Zusammenarbeit mit
starken Marktteilnehmern und Kooperationspartnern sind qualitativ hochwertige Ver-
kehrsinformationen kostengünstig generierbar.
Des weiteren können folgende Maßnahmen den Durchbruch von XFCD unterstützen

   •   Zunehmende Wahrnehmung der XFCD-Potenziale
   •   Abnehmende Preise für onboard Telematik-Hardware, vor allem bei den OEM
   •   OEM-übergreifende, offene und mobilfunkbetreiberunabhängige Technologie-
       plattformen
   •   Staatliche Förderung der Datenerfassung mit XFCD

Voraussetzung für ein beschleunigtes Durchdringen von Fahrzeugbeständen ist aber
nicht nur das Engagement der OEM, sondern auch eine verstärke Zusammenarbeit
mit dem Kunden. Neben der (X)FCD-Fähigkeit auf Fahrzeugebene, zählt vor allem
die Partizipationsbereitschaft der Kunden. Hier sind verstärkt Marketingmaßnahmen
erforderlich, um die Freischaltungsquote zu erhöhen.

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Quellen:
[1] HUBER, W.; LÄDKE, M.; OGGER, R.: Extended Floating Car Data for die Acquisi-
tion of Traffic Information.
www.bmwgroup.com/e/0_0_www_bmwgroup_com/8_science_mobility/
8_2_mobilitaet_verkehr/pdf/XFCD_englisch.pdf
[2] BREITENBERGER, S. (1997): Einschätzung aktueller Verkehrszustände aus fahr-
zeuggenerierten Daten, Diplomarbeit. München
[3] BMW AG: Erkennung von Verkehrszuständen auf Bundesautobahnen. Patent-
schrift PA 19833614 DE.
[4] HAUSCHILD, M. (2003): Echtzeit-Verarbeitung von Fahrzeug-Bus-Daten zur Ver-
kehrszustandserkennung im öffentlichen Verkehrsnetz, Diplomarbeit. München
[5] BMW AG: Multimodales XFCD Schwellenwertverfahren. WO Patentschrift
PCT/EP03/14642 - 46
[6] HUBER, W. (2001): Fahrzeuggenerierte Daten zur Gewinnung von Verkehrsinformatio-
nen. Dissertation. TU München – Fachgebiet Verkehrstechnik und Verkehrsplanung, Mün-
chen
[7] BUNDESANSTALT FÜR STRAßENWESEN (BAST): Straßenverkehrszählung (SVZ)
2000, Bergisch-Gladbach, Februar 2003
[8] HAUTZINGER, H., HEIDEMANN, D. KRÄMER, B.: Fahrleistungserhebung 1990 . 1.
Kurzbericht zum Forschungsprojekt 8902 der Bundesanstalt für Straßenwesen, Bergisch
Gladbach, Juli 1992
 [9] PALM, I., REGNIET, G., SCHMIDT, G. (1996): Ermittlung der Pkw- und Nutzfahrzeug-
Jahresfahrleistungen 1993 auf allen Straßen in der Bundesrepublik Deutschland“, FE-Nr.
90434/94, Aachen März 1996
[10] ADAC (2002): Marktentwicklung für Kfz-Navigation. ADAC Schätzung und Prog-
nose bis 2005. Daten basieren auf interner Aktualisierung durch den ADAC.
[11] LH München, Planungsreferat (2003): Durchschnittlicher Täglicher Verkehr
(DTV) – Werte Stadtgebiet München, Stand: Jan. 2003. München

Autoren:

Susanne Breitenberger
Verkehrstechnik
BMW Group
80788 München
susanne.breitenberger@bmw.de
Tel. 089 – 382 48992

Bernhard Grüber, BMW Group
Martina Neuherz, i. A. BMW Group

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