EXTRA - Neues aus Köln 60 - WOHNEN - Aber bitte natürlich 48 Bad & Wellness - Auszeit gefällig? 86 2
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
| | Februar/März 02/20 raum-und-wohnen.ch CHF 10.00 0 2 RAUM UND WOHNEN — Wohnen in Norwegen, Südafrika und der Schweiz — Imm Cologne — Portrait: Besau Marguerre WOHNEN — Aber bitte natürlich 48 Bad & Wellness — Auszeit gefällig? 86 2 EXTRA — Neues aus Köln 60 0
EXTRA — Imm Cologne Die Zukunft ist grün Seit 1995 betreibt die Kommunikationswissenschaftlerin und Journalistin Corinna Mühlhausen Trend- und Zukunftsforschung. «Jeder einzelne Trend hat so viele Facetten», findet die Neunundvierzigjährige. Um zu verstehen, was die Menschen antreibt, schaut sie alle an. Ihre Erkenntnisse klingen verheissungsvoll: ein achtsamerer Umgang mit den eigenen Ressourcen, mehr Wir-Gefühl und trotzdem Möglichkeiten des Rückzugs, ein Leben mit der Natur... Anlässlich der Imm Cologne orakelt die Hamburgerin keine Goldenen Zwanzigerjahre wie im letzten Jahrhundert, sondern grüne. INTERVIEW: Ulrike Wilhelmi 56 RAUM UND WOHNEN 2/20
1_Corinna Mühlhausen ist Kommunikationswissenschaftlerin und Journalistin in Hamburg. Seit 1995 betreibt sie Trend- und Zukunftsforschung. Sie berät Unternehmen bei der Weiterentwicklung ihrer Marken, hält Vorträge und publiziert. Foto Matthias Moeller-Friedrich 2_Schlafsofa «Ell» ist ein Entwurf des Kölner Designer-Duos Kaschkasch. Das Sofa lässt sich unkompliziert von seinem Bezug befreien: Wer die vordere Liegefläche nach vorne zieht und die Rückenlehne umklappt, hat ein schlichtes, gutes Doppelbett. Schramm Werkstätten 3_An dieser Farbe kommt 2020 niemand vorbei: Sebastian Herkner lässt selbst die Füsse seines neuen Sofaentwurfs mit grünem Stoff beziehen. Mit «Taru» wollte der Designer eine komfortable Sitzgelegenheit schaffen, die das handwerkliche Können des Design-Möbelherstellers betont. Ligne Roset 4_Designfans ist die Beistelltischserie «BC05 Stomp» nicht neu. Die charakteristische Tischplatte, die aus einer massiven Baumscheibe besteht, gibt es jetzt mit gewachster Oberfläche. Janua 5_Ohne Grün geht 2020 nichts, was exotische Gartenmöbel mit sich bringt. Mit «Dine Out» entwarf Rudolfo Dordoni eine farbenfrohe Outdoor-Kollektion, bei der wohl die Fauna Südamerikas Pate stand. Cassina Frau Mühlhausen, seit einiger Schlaf inzwischen auch wieder eine viel grössere Zeit beobachten wir das Ineinein- Bedeutung zugemessen wird. Es ist die einzige anderfliessen einzelner Wohnräume Zeit, in der wir die Informationsflut des Tages zu Zonen. Woran liegt das? An der gleich klingt. Töne sind unheimlich wichtig im verarbeiten können. Das Bewusstsein für guten multimedialen Vernetzung, an den vielfältigen Moment. Die Nuancen sind uns verloren ge- Schlaf ist ein grosses Thema, welches uns die Kommunikationsmöglichkeiten und an den Ver- gangen. Eine Wohnung mit Teppichen hat eine nächsten zehn Jahre begleiten wird. änderungen der Arbeitswelt. Alles ist überall, andere Wärme und einen anderen Klang. Offene jederzeit und oft auch parallel möglich. Auf dem Räume brauchen Textilien und mit Teppichen Und welche Impulse geben die nachfolgenden Sofa liegen und Mails verschicken, während man lassen sich offene Wohnbereiche abgrenzen. Generationen? Die nächsten Generationen streamt, vom Bett aus an der Skype-Konferenz «Z» und «Alpha» werden nicht mehr so sehr teilnehmen oder kochen, gleichzeitig telefonie- Präsentieren wir uns heute durch unseren die Verschmelzung von Arbeit und Freizeit ren und ein Auge auf die Kinder haben, die am Einrichtungsstil? Ja, aber nicht so sehr im anstreben wie die Millennials, sondern deren Esstisch Schularbeiten machen. materiellen Sinne. Vielen geht es eher darum, deutliche Trennung. Statements zu setzen. Indem sie sich bei- Und wie wirkt sich das auf die Gestaltung spielsweise entgegen dem Überkonsum mit Warum? Ihnen spielt der sogenannte Fach- der Räume aus? Diese Überkomplexität und besonders wenigen Sachen umgeben oder als kräftemangel in die Karten. Sie bringen die die Schnelllebigkeit steigern das Bedürfnis Tisch einfach eine Baumscheibe aus dem Wald Qualifikationen mit, die der Arbeitsmarkt heute nach Individualisierung. Einrichten ist heute haben, weil sie den Bezug zur Natur nicht braucht. Wenn man keine Angst um seinen Job viel stärker mit einer grossen Lust verknüpft, verlieren möchten und echte Materialien mögen. haben muss, weil man etwas kann, was kein die eigene Persönlichkeit darüber auszudrücken. Und wenn ich meinen Lieblingssessel mit einem anderer und keine Maschine machen kann, wa- Und weil die Räume offen sind, werden sie auch Stoff aus recycelter Wolle neu beziehen lasse, rum sollte man sich dann quälen und die Arbeit alle ausgestaltet — selbst das Badezimmer, zeige ich, dass mir Nachhaltigkeit wichtig ist. ins Privatleben eindringen lassen? Die heute etwa mit Bildern oder mit Pflanzen, die von der Zwanzig- und Dreissigjährigen sind durchaus Decke hängen. Ausserdem braucht es natür- Wo bleibt denn bei so viel Offenheit der Rück- leistungsbereit und erkennen Autoritäten an, lich Möbel, die zu unserem Verhalten passen: zugsort — der Raum, in dem ich für mich sein aber wenn genug gearbeitet wurde, dann soll Sofas, auf denen man sich trifft, um Medien zu kann? Das Abschalten der Technik bedeutet auch Ruhe sein. Homeoffice ist für sie gar konsumieren — aber jeder mit seinem eigenem heutzutage Rückzug. Das «Ich» findet statt, nicht mehr so attraktiv. Lieber wollen sie einen Gerät und eventuell sogar mit Kopfhörern. wenn die Nabelschnur zum Netz gekappt wird. schönen Arbeitsplatz in der Firma haben und Betten, in denen man bequem verschiedene nach Feierabend soll kein Diensthandy mehr Sitz- und Liegepositionen einnehmen kann oder Neulich sah ich einen Schriftzug «Offline klingeln. Vielleicht wird die Gesellschaft dann induktive Oberflächen, die alle Geräte schnell ist the new luxury»... Ja, es gibt schon viele auch tatsächlich familienfreundlicher, so wie es wieder aufladen. Leute, die ihr Smartphone am Wochenende in Skandinavien ja schon lange der Fall ist. Dort Auch werden wieder vermehrt Teppiche und einfach ausmachen oder ihren Urlaub in Hotels finden nach 16 Uhr keine wichtigen Meetings Heimtextilien eingesetzt, denn die Digitalisie- verbringen, die kein Netz haben. Auch wenn mehr statt, die man verpasst, wenn man sich rung des Hörens hat dazu geführt, dass vieles wir schlafen, sind wir offline. Weshalb dem um seine Kinder kümmert. 2/20 RAUM UND WOHNEN 57
Mögen wir darum den Skandi-Style immer arbeiten und den Raum brauchen. Oder noch so gerne? Kann schon sein, dass wir solche, die einfach für sich finden: Jetzt ist uns damit ein bisschen die Leichtigkeit der es mir in der Stadt zu voll geworden. Das nordischen Nachbarn ins Haus holen wollen. ist ein Gegentrend. Eine Form von Flucht. Auf Warme Farben, natürliche Materialien und klare sich gar dem Land entstehen aber auch Communities, Formen bedienen ja diese Sehnsucht. nicht mehr man verbindet Wohnen und Arbeiten oder um andere kümmern können. Wir werden im gründet Projekte wie das Dorf 2.0. Und wie wird sich diese neue Work-Life- nächsten Jahrzehnt zurückrudern und wieder Balance auf das Wohnen auswirken? Viel- versuchen, unser soziales Wesen mehr heraus- Und die, die nicht aufs Land ziehen wollen, leicht entsteht dadurch wieder ein ganz neues zukehren. Das Zeitalter der «Ichlinge», wie wir holen sich die Natur mit Pflanzen, Körben Raumdesign, indem es dann heisst: Im Bett es jetzt erlebt haben, wird einen Gegentrend und Tongefässen in die Wohnung? Wir wün- wird nicht gearbeitet. Schon jetzt ist eine erfahren. Auch durch alles, was Nachhaltigkeit schen uns wieder einen stärkeren Bezug zur Renaissance des Arbeitszimmers zu beobach- und Ökologiebewusstsein mit sich bringen. Natur und Anschluss an das, was man fühlen ten, denn wenn ich zuhause arbeiten muss, dann und spüren kann. Darum umgeben wir uns mit doch bitte nicht am Esstisch und auch nicht Ist denn auch ablesbar, dass die Wohnbereiche Pflanzen. Aber auch Materialien und Strukturen zwischen Kinderspielzeug und Bücherregal, wieder separiert werden? Nein, ich sehe das werden immer wichtiger. Wir sind ja stark ins sondern wirklich in einem abgegrenzten Raum. noch nicht. Vielleicht hilft man sich ja auch Digitalisieren und Glattmachen gegangen und Letztlich geht es uns besser, wenn wir uns erst mal mit Paravents. Wünschenswert wären die logische Gegenbewegung ist der Wunsch auf eine Sache fokussieren und nicht versu- flexible Trennwände, die vor allem in Stadtwoh- nach raueren, griffigeren Oberflächen. Des- chen, alles gleichzeitig zu machen. Es gibt viele nungen mit begrenztem Raum Sinn machen. halb liegen natürliche Materialien und Hand- Studien, die belegen, dass man viel schneller Das Wachsen der Städte bleibt auch weiterhin werkskunst im Trend. Die Besinnung auf das und effektiver ist, wenn man erst eine Sache einer der Megatrends. Ihre Ausweitung ist Ursprüngliche spielt ja bereits eine grosse fertig macht, bevor man die nächste beginnt. begrenzt, der Wohnraum knapp und teuer. Die Rolle in der Gesellschaft. Was aber nicht heisst, Der Mensch ist eben einfach kein Computer. ökonomische Notwendigkeit wird es bringen, dass die Menschen aufhören, in die Städte zu Und selbst der ist ja überfordert, wenn wir dass wir wieder Wohnmodelle haben, in denen ziehen oder ihr Handy zu benutzen, sondern zu viele Programme gleichzeitig aufmachen. es Gemeinschaftszonen gibt und darum herum eher, dass sie eben versuchen, einen Ausgleich Dann fährt er runter und ich glaube, dass wir kleine Bereiche, in denen wir unser eigenes zu finden. Was Balkone und Dachgärten un- das auch wieder lernen können. Ding machen. Studentenwohnheime oder Co- verzichtbar macht als Anker zum Draussen Living Spaces sind ja schon so strukturiert. und als Symbol dafür, dass man in die Natur Also «Digital Detox»? Es muss ja nicht ins Ex- Ein bisschen geht das auf den Siedlungsge- gehen kann, ohne die eigenen vier Wände trem umschlagen, aber es wird vielleicht wieder danken von früher zurück. Was wiederum das verlassen zu müssen. Auf ihnen werden wir eine stärkere Trennung von unterschiedlichen Wir-Gefühl fördert. noch viel mehr Gärtnern, Salat und Gemüse Bereichen und Anforderungen geben. Das wird anpflanzen, woraus wir dann gesunde Speisen sich dann auch auf das Private auswirken. Ich Es gibt jedoch auch Menschen, die bewusst zubereiten. Die Zukunft ist grün und wer kann mir nicht vorstellen, dass auch in Zukunft aufs Land ziehen. Ja, Familien zum Beispiel keinen Balkon hat, züchtet Hydrokulturen auf manche Menschen so ausgelastet sind, dass sie und Menschen, die kreativ oder künstlerisch der Fensterbank. 58 RAUM UND WOHNEN 2/20
EXTRA — Imm Cologne 1_«Silhouette» von Jaime Hayón kann sowohl im Innenraum wie auch draussen liegen. Der in Handtuft-Technik gefertigte Teppich besteht aus 100 Pro- zent recyceltem PET und wird nach traditioneller Art in Indien von Hand gefertigt. Nanimarquina 2_In dem Rahmen aus Nussbaum liegt ein ökologisches Polster aus Pflanzendaunen. Dank der flaumigen Hohlfaser der Samen des Kapokbaumes macht Sessel «Sova» seinem Namen alle Ehre. More 3_Nicht nur die Farbe entspricht den Trends 2020. Die rustikale Terrakotta des Service «Junto» vermittelt ein griffiges, handgemachtes Gefühl. Normann Copenhagen 4_Bloggerin Anastasia Benko ist bekannt für ihre verträumten Bilder, in denen sie Kunst, Natur und traditionelles Handwerk in Szene setzt. Hier hat sie Stuhl «Celine» von Lucie Koldova mit trendigen Produkten und natürlichen Materialien kombiniert. Freifrau 2/20 RAUM UND WOHNEN 59
Sie können auch lesen