Fachpraktische Prüfung im Fach "Materielle Kultur: Textil"

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Fachpraktische Prüfung im Fach "Materielle Kultur: Textil"
Fachpraktische Prüfung
     im Fach „Materielle Kultur: Textil“

                 Thema der Arbeit:

„Geschlecht und Ethnizität durch Kleidung?!“

                   Vorgelegt von:
                    Imke Müller
                   Kirchenweg 37
               26624 Südbrookmerland
                 Tel.: 04941/ 87912
            e-mail: imke.mueller@arcor.de
                Matrikelnr.: 7984220

                   Prüfende sind:
                  Herr Marco Atlas
                    Frau C. Heise
Fachpraktische Prüfung im Fach "Materielle Kultur: Textil"
Inhaltsverzeichnis

1.) Einleitung …………………………………………………………………..S.1

2.) Was ist Kleidung – Definitionsmöglichkeiten …………………………..S.2
   2.1.) Der erweiterte Kleidungsbegriff nach Barnes und Eicher …..…..S.4

3.) Kleidung und seine unterschiedlichen Funktionsmöglichkeiten ……...S.6
   3.1.) Kleidung und Ethnizität ……………………………………………..S.7
   3.2.) Kleidung und Geschlecht ………………………………………….. S.8
         3.2.1.) Geschlechterkategorien und Geschlechtervarianzen …...S.10

4.) Kleidung und Mode als cross – dressing ……………………………….S.14

5.) Praktische Arbeit …………………………………………………………..S.18
   5.1.) Motivation und Vorüberlegungen …………………………………..S.19
   5.2.) Die Arbeit am Objekt ………………………………………………...S.22
   5.3.) Das fertige Objekt ……………………………………………………S.25
   5.4.) Reflexion ……………………………………………………………...S.28

6.) Fazit ………………………………………………………………………….S.29

Anhang

Literaturverzeichnis und Bilderquellen
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1.) Einleitung
Das Thema Kleidung ist ein großer Bestandteil im Leben vieler Menschen.
Zum einen bietet sie uns Schutz vor unterschiedlichen äußeren Einflüssen,
zum anderen ermöglicht sie aber auch das Vermitteln von Informationen,
ohne dass eine verbale Kommunikation stattfinden muss. Kleidung kann
nicht nur eine bestimmte Vereinszugehörigkeit verdeutlichen, sie kann auch
das große Feld einer Ethnizität sichtbar machen. Durch Landestrachten oder
andere traditionelle Kleidungsstücke ist es möglich, die eigene kulturelle
Identität auszudrücken und sie vor anderen Menschen zu präsentieren.
Neben dem Schutz und der kulturellen Identität hat die Kleidung noch eine
weitere Funktion: Sie repräsentiert das Geschlecht eines Menschen!
In der nachfolgenden Arbeit möchte ich herausstellen, ob diese Aussage
wirklich zutrifft oder ob es sich dabei um eine Vorstellung handelt, die sowohl
in unserer heutigen westlichen Welt als auch in anderen Kontinenten der
Erde nicht mehr das reale Bild der Geschlechterkategorien widerspiegelt und
somit die Kleidung nicht immer das Geschlecht demonstrieren kann?!
In dem ersten Teil meiner Arbeit soll beschrieben werden, welche Aspekte
der   Begriff    „Kleidung“    umfasst    und     welche     unterschiedlichen
Beschreibungsmöglichkeiten in der Literatur zu finden sind. Hierzu soll auch
der „erweiterte Kleidungsbegriff“ nach Barnes und Eicher zählen.
Anschließend möchte ich auf die verschiedenen Funktionsmöglichkeiten von
Kleidung eingehen, insbesondere auf Kleidung in Zusammenhang mit
Ethnizität und Geschlecht. Um die Thematik Kleidung und Geschlecht besser
verstehen zu können, soll dann ein kleiner Exkurs zu dem Thema
„Geschlechterkategorien und Geschlechtervarianzen“ gemacht werden, um
abschließend die Mode als cross – dressing zu beschreiben.
Nachdem der theoretische Teil meiner Arbeit abgeschlossen ist, möchte ich
über meine aus der Thematik heraus entwickelten praktischen Arbeit
berichten. Zunächst möchte ich meine Motivation zum Thema und die damit
verbundenen Vorüberlegungen darstellen, bevor die Beschreibung und
Arbeit am konkreten Objekt beschrieben werden soll. Mit einer Reflexion
über die eigene praktische Arbeit und die gesamte Auseinandersetzung mit
dem Thema soll meine Ausarbeitung dann abgeschlossen werden.
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2.) Was ist Kleidung – Definitionsmöglichkeiten
Der Begriff „Kleidung“ tritt im Alltag jedes Menschen in unterschiedlicher
Form auf. In jeder Kultur gibt es Kleidung, mit der sich die Menschen vor
äußeren Einflüssen schützen können. In einigen Regionen übernimmt die
Kleidung überwiegend eine zweckmäßige Funktion, nämlich die des
Schutzes, in anderen Teilen der Welt spielt Mode und Optik in Bezug auf
Kleidung eine große Rolle.
Probleme bezüglich des großen Themas „Kleidung“ treten dann auf, wenn
man sich fragt, was der Begriff Kleidung denn nun alles umfasst. Beinhaltet
die Kleidung nur Stoffhüllen, die sich direkt am Körper befinden, gehören
Frisuren, Schmuck, Nägel, Tattoos oder Ähnliches auch zum Begriff
Kleidung? Kann Kleidung in irgendeiner Form unterteilt werden oder nach
unterschiedlichen Aspekten eingeordnet werden? Diese Fragen können
geklärt werden, betrachtet man unterschiedliche Definitionen, die in der
Literatur gegeben werden:
a.) Definition nach „Brockhaus – Enzyklopädie“1
Brockhaus bietet eine sehr ausführliche Definition von Kleidung. Da ich
allerdings nicht zu sehr ins Detail gehen möchte, soll an dieser Stelle
lediglich die Grunddefinition gegeben werden.
Kleidung wird laut Brockhaus ebenfalls zum Schutz gegen äußere Einflüsse,
wie Hitze, Kälte, Nässe oder Verwundungen, getragen. Kleidung hat viele
Formen, die je nach Kultur, Technik, Sitten und Bräuchen, Stand, Beruf
sowie unterschiedlichen Anlässen wechseln. Kleidung symbolisiert aber auch
unser Schamgefühl, das Schmuckbedürfnis oder die jeweilige Mode.
Kleidung kann in Unter-, Ober- und Überkleidung unterteilt werden, zu ihr
gehört aber auch das Beiwerk, wie zum Beispiel die passenden Accessoires,
womit Fächer, Schirme, Taschen etc. gemeint sein können.
Laut Brockhaus wird Kleidung zumeist aus Leder, Pelzwerk oder Gewebe
bzw. Gewirke aus Faserstoffen hergestellt. Bei den Faserstoffen handelt es
sich meistens um Wolle, Baumwolle, Seide oder den unterschiedlichen
Chemiefasern.

1
    Brockhaus- Enzyklopädie. Zehnter Band. 1970
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b.) Definition nach der öffentlichen Enzyklopädie „Wikipedia“2
Nach Wikipedia ist Kleidung die Gesamtheit der Kleider. Die ursprüngliche
Funktion ist der Schutz des menschlichen Körpers vor äußeren Einflüssen
wie zum Beispiel Kälte, Nässe oder Hitze. Weitere Funktionen sind unter
anderem aber auch das Schmücken des Trägers sowie die Präsentation von
Berufsrollen, Rangunterschieden oder Standesunterschieden und somit die
Abgrenzung beziehungsweise Zugehörigkeit von anderen gesellschaftlichen
Gruppen beziehungsweise Individuen.
Kleidung kann nach Wikipedia durch unterschiedliche Faktoren unterteilt
werden. Einige sollen im Nachfolgenden aufgezeigt werden:
       •    Unterschiedliche Materialien können für die Kleidung verarbeitet
            werden, wie zum Beispiel Pelze, Leder oder Webstoffe
       •    Durch die Begriffe Ober – und Unterbekleidung wird die Lage der
            Kleidung am Körper deutlich gemacht
       •    Kleidung weist eine Vielzahl von Formen auf, wie zum Beispiel
            Jacken, Hosen, Röcke oder Blusen
       •    Kleidung kann durch das unterschiedliche Beiwerk, z.B. Accessoires
            oder Schmuck, unterteilt werden
       •    Das Geschlecht des Trägers teilt ebenfalls die Kleidung ein und zeigt
            sich in Begriffen wie Damenoberbekleidung (DOB) oder Herren und
            Knaben (HAKA)
       •    Unterschiedliche Moden der einzelnen Epochen und Jahrzehnte
            können ebenfalls zur Einteilung dienen
Wikipedia schreibt der Kleidung außerdem eine hohe Zeichenhaftigkeit zu.
Kleidung als Bedeutungsträger lässt sich zum Beispiel in Volksstämmen
finden, die stammesspezifische Kleidung tragen. Unterschiedliche Nationen
tragen       Nationaltrachten,         wie    zum       Beispiel   Burnus   (nordafrikanische
Beduinen), Tunika oder Toga (römische Kleidungsstücke), und verdeutlichen
somit ihre Zugehörigkeit. Kleidung hat auch die Funktion als Amtsträger und
zeigt sich in Uniformen, Amtstrachten oder Dienstkleidung. Die Religion
verdeutlicht mit religionsspezifischer Kleidung wie unter anderem Kopftuch

2
    Vergleiche: http://de.wikipedia.org/wiki/Kleidung
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oder Burka die Zeichenhaftigkeit von Kleidung. Im Beruf wird durch
Berufsbekleidung die Rolle der Personen veranschaulicht und auch die
Vereinszugehörigkeit lässt sich bestimmte Gattungen oder Ränge erkennen.
Kleidung kann laut Wikipedia geschlechts -, alters -, und standes -/ klassen -/
kastenspezifisch sein.
In den westlichen Industriestaaten begründen unterschiedliche Lebensstile
die unterschiedlichen Ausprägungen von und Abgrenzungen durch Kleidung.
Unterschiedliche Größen moderner Kleidung werden in Konfektionsgrößen
gegliedert.

c.) Definition nach Ruth Barnes und Joanne B. Eicher3
    Nach Barnes und Eicher umfasst der Begriff „Kleidung“ nicht nur visuelle
Aspekte sondern auch die Haptik, den Geruch und die Akustik (vgl. Seite 3).
Sie merken aber an, dass visuelle Stimuli in Hinblick auf Kleidung gegenüber
anderen sensorischen Stimuli überwiegen (vgl. Seite 17).
Kleidung hat soziokulturelle Aspekte und weist eine hohe Zeichenhaftigkeit
auf, die sowohl der Träger als auch der Betrachter zur Kenntnis nimmt.
Kleidung        ist   für    Barnes          und   Eicher   also   unter   anderem   als
Kommunikationsmittel zu verstehen.

2.1.) Der erweiterte Kleidungsbegriff nach Barnes und Eicher4
In der in 2.) beschriebenen Kleidungsdefinition von Barnes und Eicher
wurden lediglich allgemeine Angaben über den Begriff Kleidung gemacht. In
diesem Abschnitt soll ihre Definition etwas ausführlicher dargestellt werden,
denn sie vertreten den „Erweiterten Kleidungsbegriff“ und beziehen Kleidung
auf unterschiedliche Ebenen.
Für Barnes und Eicher ist eine Person gekleidet, wenn sie als Gestalt den
Körper, alle direkten Veränderungen am Körper und alle drei Dimensionen
einbezieht (vgl. Seite 13). Kleidung ist für die beiden Autoren also eine
Ansammlung von körperlichen Veränderungen und Nachträgen
(vgl. Seite 16).

3
    Barnes/ Eicher: Dress and Gender. 1993
4
    Barnes/ Eicher: Dress and Gender. 1993
Fachpraktische Prüfung im Fach "Materielle Kultur: Textil"
Beispiele für solche körperlichen Veränderungen und Nachträge sind unter
anderem die Tiv in Nigeria, die 1956 von Bohannan beobachtet wurden.
Bohannan berichtet insbesondere über die Methode der Narbenbildung, die
in dieser ethnischen Gruppe betrieben wird. Die Narbenbildung ist sowohl für
Männer als auch für Frauen gedacht und variieren dementsprechend im
Geschlecht. Die Narben sind ästhetisch und haben oftmals eine erotische
Bedeutung (vgl. Seite 11).
Andere Beispiele für den „Erweiterten Kleidungsbegriff“ wären neben der
Narbenbildung auch das Piercing5, das in unserer westlichen Welt erst seit
einigen Jahren als Mode getragen und akzeptiert wird. In anderen Kulturen,
wie zum Beispiel Nepal oder Indien, hat dieser Körperschmuck eine sehr
lange Tradition und gehört zum täglichen Erscheinungsbild dazu. Schon als
Neugeborene werden Jungen und Mädchen in Nase und Ohr gepierct und
mit teilweise aufwendigem Schmuck ausgestattet.6
Auch das Tattoo7 gehört laut Barnes und Eicher zu dem „Erweiterten
Kleidungsbegriff“. Es erfährt ebenso wie das Piercing ein Hoch in der
heutigen Mode, trat aber auch in früheren Zeiten schon in unserer westlichen
Welt auf, überwiegend in der Seefahrt oder später unter Gefangenen im
Gefängnis. In anderen Kulturen gehört das Tattoo, ebenso wie das Piercing,
zu einer jahrhunderte alten Tradition. Viele traditionelle Volkstämme tragen
Tattoos aus einer Kultur heraus. Zu diesen Stämmen zählt unter anderem
der ehemals berüchtigte Kopfjägerstamm „Naga“, der im Himalaya lebt. Auch
die Berberfrauen in Nordafrika weisen Tattoos auf Gesicht und Körper auf.
Sie tragen die „Oushem“, kleine elegante Ornamente, um ihre Schönheit
hervorzuheben und um sich vor Geistern und Unglück zu schützen.8
Neben      diesen    Beispielen     zählen    auch   Bodypainting,   Make   –   up,
Haarfrisuren, Fingernägel, Schmuck und Parfum etc. zum „Erweiterten
Kleidungsbegriff“.

5
  Tätowierer Magazin. Oktober 2004
6
  Vergleiche Bildmaterial im Anhang
7
  Tätowierer Magazin. November 2003 und März 2004
8
  Vergleiche Bildmaterial im Anhang
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3.) Kleidung und seine unterschiedlichen Funktionsmöglichkeiten9
Textilien und Felle als Kleidung sollen in erster Linie schützen. Sie haben
aber auch eine soziale Bedeutung, denn dekorative Ornamente, wie zum
Beispiel Ohrringe, Fingerringe oder aber Tattoos, Piercings etc. können die
gesellschaftliche Position einer Person deutlich machen (vgl. Seite 1).
Kleidung signalisiert nach Barnes und Eicher die Gruppenzugehörigkeit und
vermag es, durch Unterschiede in der Kleidung den Einfluss und die Macht
der Menschen in Religion, Wirtschaft und Politik zu demonstrieren
(vgl. Seite 20). Kleidung ist ein Indikator für das soziale Geschlecht und
produziert es auch (vgl. Seite 7). Beispiele hierfür wären unter anderem
schwarze Anzüge, der Talar oder die Bischofsmütze.
Callaway und Young beschäftigten sich in diesem Zusammenhang unter
anderem mit dem Thema „Kleidung in Verbindung mit Manipulation von
Stärke und Macht“ und führten als Beispiel das der Britischen Polizei an. Sie
erklären, dass durch die hohe Zuwachsquote an Frauen in einer maskulin
dominierte Gruppe, und der damit einhergehenden Weiblichkeit, das Bild der
politischen Autorität verloren geht. Um dieses Problem zu lösen, wurden
Uniformen verordnet, die die Weiblichkeit der Frauen verstecken und sie zu
androgynen Geschlechtern machen, die nun wieder Macht und Autorität
ausstrahlen.
Kleidung ist aber auch ein Kommunikationsmittel. Sie ermöglicht die
nonverbale Kommunikation und kann Informationen transportieren, die
gegebenenfalls nicht in Worte gefasst werden können (vgl. Seite 17).
Trauernde Menschen tragen in unserer Region zum Beispiel schwarze
Kleidung, um ihrem Schmerz und ihrem Leid Ausdruck zu verschaffen.
Obwohl die Farbe Schwarz heute auch zu anderen Anlässen getragen wird,
konnte man in früheren Zeiten trauernde Menschen gleich erkennen und
jeder wusste, wie mit ihnen umzugehen war.
Barnes und Eicher merken aber auch an, dass Kleidung zur Identitätsbildung
beiträgt und verschiedene Altersabschnitte markiert. Kinder lernen mit
zunehmender körperlichen und sozialen Unabhängigkeit, ihr eigenes Outfit

9
    Barnes/ Eicher: Dress and Gender. 1993
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unter Berücksichtigung des Alters und des sozialen Geschlechts zu
verändern (vgl. Seite 19).

3.1.) Kleidung und Ethnizität10
Kleidung kann in ihrer Zeichenhaftigkeit zum einen die Zugehörigkeit einer
Person zu einer bestimmten Gruppe signalisieren, sie kann Individuen aber
auch von einer Gruppe abgrenzen (vgl. Seite 1).
Der größte dieser Bereiche ist wohl die kulturelle Identität, die durch eine
spezielle Art der Kleidung deutlich gemacht werden kann (vgl. Seite 3).
Neben dem weiten Bereich der Nationaltrachten, wie zum Beispiel die
Burnus, die von nordafrikanischen Beduinen getragen werden, oder die
Tunika beziehungsweise Toga, die die römische Mentalität widerspiegelt, gibt
es auch kleinere Bereiche innerhalb der unterschiedlichen Länder, die durch
Kleidung repräsentiert werden. In diesen Fällen spielen verschiedene
Traditionen und Religionen oftmals eine große Rolle.
Buddhistische Mönche zeigen unter anderem durch die Form und Farbe ihrer
Roben ihre Positionen innerhalb der Glaubensgemeinschaft (vgl. Seite 3).
Murphy beobachtete 1964 die Tuareg in Afrika (vgl. Seite 11). Die
erwachsenen männlichen Tuareg umhüllen sich mit einem Schleier, der die
für Frauen nicht verfügbare öffentliche Rolle des Mannes anzeigt. Der
Schleier        erleichtert    den     Männern       zum     Beispiel     den   Umgang   mit
konfliktbehafteten Situationen in den komplexen Verwandtschaftssystemen
(vgl. Seite 11).
Ein weiteres bekanntes Beispiel für das Thema „Kleidung und Ethnizität“
wäre der Sari11, der in Indien getragen wird. Hierbei handelt es sich um ein
ungefähr neun Meter langes Gewand, das aus Baumwolle oder Seide
bestehen kann und sowohl bei der Arbeit als auch in der Freizeit getragen
wird. Unter dem Sari trägt die Frau einen langen Unterrock, der Oberkörper
wird mir einer kurzen, festen Bluse namens Choli bedeckt. Die Kleidung einer
Frau in Indien repräsentiert ihre soziale Stellung ebenso wie ihre religiöse

10
     Barnes/ Eicher: Dress and Gender. 1993
11
     Vergleiche: http://kant.stepnet.de/projekt/indien/html/kleider.htm und
     http://de.wikipedia.org/wiki/Sari
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Bindung, ihr Schönheitsempfinden und ihre Herkunft. In dem Ort Gujarat
hängt das Ende des Saris zum Beispiel nicht hinten, sondern vorne.12
Ein anderes Beispiel ist die Burka13, die von Frauen in Afghanistan und
teilweise in Pakistan getragen wird. Es handelt sich hierbei um ein großes,
kreisförmiges Stofftuch, das in der Mitte mit einer kleinen flachen Kappe
verstärkt wird und je nach Region ein wenig variiert. Das Gewand verhüllt
sowohl Kopf als auch Körper, wobei im Bereich der Augen ein Schlitz
ausgespart und mit einem Schleier aus Rosshaar oder eine Art Gitter aus
Stoff ersetzt wird oder ganz geöffnet bleibt. Somit wird das Sehen trotz der
totalen Verhüllung ermöglicht. Burkas sind meistens blau. Diese Farbe ist
eine der wenigen Möglichkeiten, den sozialen Status, den eine Frau hat,
anzuzeigen. Sie werden aber auch in anderen Farben hergestellt und weisen
manchmal kunstvolle Verzierungen und Stickereien auf. Nach dem Ende der
Taliban – Regierung wurde das Gesetz zum Tragen einer Burka zwar
aufgehoben, trotzdem mögen nur wenige Frauen ohne ihr Gewand die
Öffentlichkeit betreten. Man trägt sie aus Sorge um den persönlichen Ruf und
die eigene Sicherheit, aus religiösen Gründen und wegen dem traditionellen
Stammesdenken.14
Als Beispiele können auch Kimonos in Asien oder die Kopftücher, Schleier
und Turbane unter anderem in der Türkei angeführt werden.

3.2.) Kleidung und Geschlecht15
Kleidung kann neben einer Vielzahl von Funktionsmöglichkeiten, wie sie
unter anderem bereits in Punkt 3.) und 3.1.) genannt wurden, auch das
Geschlecht des Trägers repräsentieren.
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begannen nach Barnes und
Eicher die Untersuchungen zu anthropologischen Perspektiven auf Kleidung
und sozialen Geschlechterrollen. Crawley, ein Anthropologe des 20.
Jahrhunderts, wurde durch seine umfassenden Beobachten zu dem Thema
„Sexuelle oder sozialgeschlechtliche Kleidung“ bekannt (vgl. Seite 10). Nach

12
   Vergleiche Bildmaterial im Anhang
13
   Vergleiche: http://de.wikipedia.org/wiki/Burka
14
   Vergleiche Bildmaterial im Anhang
15
     Barnes/ Eicher: Dress and Gender. 1993
seiner Meinung ist von den gesamten sozialen Unterscheidungen, die
Kleidung treffen kann, die Sexuelle die Wichtigste.
Nach 1960 wurden außer Crawley auch andere Anthropologen auf die
Thematik aufmerksam und forschten auf dem Gebiet der männlichen und
weiblichen Kleidung sowie der kulturellen Ähnlichkeiten und Unterschiede
zwischen den Gesellschaften weiter.
Barnes und Eicher führen einige Beispiele für geschlechterrepräsentierender
Kleidung in unterschiedlichen Kulturen an. Zu diesen Beispielen zählen unter
anderem einige Äthiopier, die 1960 von Messing beobachtet wurden. Bei
ihnen wird ein Gewand getragen, das von beiden Geschlechtern getragen
wird, dem so genannten „shamma“ (vgl. Seite 11). Unterschiede bezüglich
der Stoffmenge, der Farben, der Textur und des Oberflächendesigns haben
eine Vielzahl von Bedeutungen und unterscheiden dann auch, ob der/ die
TrägerIn männlich oder weiblich ist.
Das folgende Beispiel verhält sich ähnlich, denn japanischen Gewänder
besitzen keine geschlechtsspezifische Gestalt, unterscheiden sich aber
durch ihre Musterung und repräsentieren so das jeweilige Geschlecht.
Im Hinduismus tragen die Frauen geschlechtsspezifische Kleidung. Die Tage
der Menstruation einer Hindu - Frau werden durch spezielle Kleider
gekennzeichnet, die Kleidung variiert ebenfalls je nachdem, ob der Ehemann
an- oder abwesend ist (vgl. Seite 7).
Auch in unserem westlichen Verständnis wird durch Kleidung oftmals ein
Geschlecht festgelegt. Nicht nur in der Vergangenheit wurden neugeborene
Jungen in Blau gekleidet, die Mädchen in Rosa. In früheren Zeiten trugen
ausschließlich Frauen Röcke, Männer trugen Hosen.
Es gibt aber auch Situation, überwiegend im beruflichen Leben, wo das
Geschlecht durch die Kleidung nicht präsentiert werden kann. Dies wären
zum Beispiel der Polizei- oder Militärdienst oder das Richteramt. Da es bei
der Polizei und beim Militär keine Uniformen gibt, die speziell für Frauen
angefertigt wurden und auch die Richterrobe keine oder nur geringe
Weiblichkeit erkennen lässt, muss dies über das Make – up, die Frisuren
oder anderes erfolgen.
Betrachtet man allerdings die heutige Gesellschaft, ist zu erkennen, dass
bestimmte Kleidung nicht nur für ein Geschlecht steht, sondern dass immer
häufiger auch           Geschlechternormen überschreitende Kleidung auftritt und
diese        zum       Beispiel       in   Modeblättern,        Musikvideos,        Zeitschriften,
Modeschauen oder in der Kunst zur Schau gestellt wird. Dieser wichtige
Ansatz soll in Punkt 4) näher beleuchtet werden, aber vorher soll noch ein
kleiner Einblick in die Geschlechterkategorien und Geschlechtervarianzen
gegeben werden.

3.2.1.) Geschlechterkategorien und Geschlechtervarianzen16
Nach Jacobs und Cromwell ist das vorherrschende euro – amerikanische
Geschlechterkonzept eines, das zwei Geschlechter, nämlich männlich und
weiblich, vorsieht und diese dann auch ein Leben lang behält.
Diese Repräsentation kann allerdings weder anatomisch noch biologisch
aufrecht gehalten werden (vgl. Seite 44) und so muss die euro –
amerikanische Sicht auf das Geschlechterkonzept unbedingt ausgedehnt
werden.
Ethnologische Fallstudien haben ergeben, dass die Komplexität des
Geschlechtes nicht adäquat in strenge und beschränkte Kategorien
eingeordnet werden können (vgl. Seite 44). Kategorien können zum einen
die Sicht der Leute ordnen, sie können sich aber auch negativ auswirken.
Menschen, die nicht in eine der aufgestellten Kategorien passen, könnten als
„abnormal“ bezeichnet werden und sich somit schuldig fühlen.
 Sobald         ein    Kind       einem     Geschlecht        aufgrund       der    erkennbaren
Geschlechtsmerkmale zugeordnet wurde, beginnt die geschlechtstypische
Erziehung (vgl. Seite 45). Jacobs und Cromwell bezeichnen diesen Prozess
als „Soziokulturelles Konstrukt von Geschlecht“, wobei es unter anderem
abhängig ist von Glauben, Werten, Verboten und Vorschriften bezüglich der
Sexualität und dem Geschlecht (vgl. Seite 45).
Das Geschlecht wird oft mit bestimmten Rollen innerhalb der Gesellschaft
verbunden (vgl. Seite 48). So sind biologische Mädchen/ Frauen immer
weiblich und übernehme innerhalb der Gesellschaft für sie typische
Aufgaben, wie zum Beispiel Waschen, Kochen, Kinderpflege/ Erziehung etc.,
Jungs/          Männer         sind        männlich       und       übernehmen           ebenfalls

16
     Jacobs/ Cromwell: Visions and Revisions of Reality: Reflections on Sex, Gender and Gender
     Variance. 1992
geschlechtstypische Aufgaben wie Arbeit, Nahrungssuche Unterhalten der
Familie etc. Allerdings lassen sich nicht alle Menschen in dieses System
einordnen, denn die Geschlechteridentifikation betrifft viele Bereiche, unter
anderem die Sexualität, die sexuelle Identifikation, womit sexuelle Vorlieben
und Praktiken gemeint sind, und die soziokulturelle Rolle. Nach Jacobs und
Cromwell ist das Geschlecht biologisch, sozial, psychologisch und kulturell
(vgl. Seite 62). Kultur, Sprache und Normen einer Gruppe entscheiden
darüber, wie eine Person andere und sich selbst geschlechtlich definiert.
Die beiden Autoren zeigen also auch die Möglichkeit des Überwechselns von
einer Kategorie in die andere und sagen: „Es gibt so viele anatomische und
soziale Geschlechter, wie Gesellschaften sie definieren und deklarieren.“17
Geschlechtervarianz             sollte    also     auch     ein     Teil    im    Denken       über
Geschlechterkategorien              sein.     Das      Wort       „Geschlechtervarianz“          soll
ausdrücken, dass es mehr als zwei biologische und soziale Geschlechter
gibt. Außerdem wird damit die Möglichkeit ausgedrückt, die soziale
Geschlechterrolle und Geschlechteridentität des Öfteren im Leben zu
wechseln.
Laut Jacobs und Cromwell existieren eine Reihe unterschiedlicher
menschlicher sozialer Geschlechter und sexuelle Varianten, wie zum
Beispiel:
       •   Intersexuelle
       •   Menschen, die ihr soziales Geschlecht ändern
       •   „Berdaches“
       •   Transsexuelle
       •   Heterosexuelle

Intersexualität beschreibt die Situation, dass bei einer Person keine eindeutig
männlichen oder weiblichen körperlichen Geschlechtsmerkmale erkannt und
zugeordnet werden können. Intersexuelle Menschen werden manchmal auch
Zwitter oder Hermaphroditen genannt.

17
     Vgl.: Jacobs/ Cromwell: Visions and Revisions of Reality: Reflections on Sex, Gender and Gender
     Variance. 1992. Seite 62
Ein Beispiel für diese sexuelle Variante sind die „Pokot“ im Nordwesten
Kenias, die 1960 vom amerikanischen Ethnologen R. Edgerton besucht und
beobachtet wurden.
In dieser Kultur gehen die Menschen von zwei Kulturen aus, wissen aber um
eine dritte, nämlich die der intersexuellen Leute, auch „Serrer“ genannt.
Dieser Name bedeutet „männlich und weiblich und dennoch männlich oder
weiblich“.
Intersexuelle Kinder werden unter den Pokot nicht geduldet, sie werden
gehänselt, gequält oder sogar getötet. Die betroffene Familie überlegt sich,
welches Geschlecht zurzeit gut in die Gemeinschaft passen würde und
sozialisiert das Kind dementsprechend. Ab einem bestimmten Alter muss der
Nachwuchs dann hart für die Familie arbeiten und bekommt nur wenig
Aufmerksamkeit und Anerkennung zugesprochen. Intersexuelle haben somit
keine besondere soziale Rolle innerhalb der Gesellschaft oder Familie.
Außerdem vertreten die Pokot die Meinung, dass intersexuelle Menschen
nicht über die natürlichen Begabungen einer der beiden Geschlechterrollen
verfügen, müssen sich aber trotzdem innerhalb der Gesellschaft nützlich
machen (vgl. Seite 50).
Auch die Hijra in Indien sind ein Beispiel für Menschen mit männlichen und
weiblichen Geschlechtsmerkmalen.
Ein Beispiel für Menschen, die ihr soziales Geschlecht ändern, bringt
Bogoras um1900 mit seinen Beobachtungen zu den „Chucki´s“.
In ihrer Kultur gibt es sieben Geschlechterkategorien und zusätzlich noch die
Kategorie Mann/ Frau. Die Schamanen nutzen das Wechseln zwischen den
unterschiedlichen Kategorien, um böse Geister zu verwirren und somit zu
vertreiben. Chucki können zu jeder Zeit ihres Lebens ein soziales Geschlecht
annehmen, das nicht ihrem eigenen entspricht (vgl. Seite 51). In dieser Kultur
steht einer Transformation von Frau zu Mann oder Mann zu Frau, den so
genannten „soft- men“, nichts im Wege, hierbei wird allerdings die Frisur,
Kleidung, Sprache und das soziale Geschlecht geändert. Die Betroffenen
werden in der Gemeinschaft der Chucki akzeptiert und dürfen sogar heiraten.
Das „Sieben – Kategorien – System“ lässt also Raum für cross – gender,
ohne sich zu stigmatisieren.
Eine Transformation muss allerdings nicht immer aus eigenem Antrieb
erfolgen, sie kann auch dann von der Familie gefordert werden, wenn zum
Beispiel zu wenig männliche Familienmitglieder vorhanden sind.
Die „Geschworenen Jungfrauen“ auf dem Balkan können an dieser Stelle
ebenfalls als Beispiel genannt werden, denn auch sie wechseln ihr soziales
Geschlecht, schwören aber innerhalb ihrer Gemeinschaft, Jungfrau zu
bleiben und realisieren deshalb die Hochzeit unter anderem fast nie.
Die „Berdaches“ sind einer von vielen amerikanischen Indianerstämmen und
sind nach Jacobs und Cromwell ein Beispiel für institutionelle soziale
Geschlechter. Die „Berdaches“ können sowohl zeremonielle Transvestiten
als auch Homosexuelle sein, sie können aber auch ihr soziales Geschlecht
geändert haben (vgl. Seite 54).
Das Beispiel der „Bedaches“ soll zeigen, dass das soziale Geschlecht
(gender) nichts mit der Sexualität zu tun haben muss (vgl. Seite 54).
Zu dieser Kategorie gehören auch die der „kwido“ aus Neumexiko aus dem
Volk der Tewa. Diese androgynen Persönlichkeiten wurden laut Jacobs und
Cromwell    von    spirituellen   Mächten   erschaffen    und   haben    eine
außergewöhnliche Nähe zu natürlichen Gottheiten. Die „kwido“ sollen zu dem
erzogen werden, was sie sind, nämlich nicht nur zu Mann oder Frau, sondern
zu etwas, das dazwischen liegt. Das Volk der Tewa weiß um das dritte
Geschlecht und lebt mit dem Bewusstsein über die „Trisexualität“ (vgl. Seite
56).
Zu den transsexuellen Menschen gehören unter anderem die Kathoey oder
so genannten „Ladyboys“, die Travestis in Brasilien und viele andere
Gruppen, die zwar körperlich einem bestimmten Geschlecht zugeordnet
werden können, gefühlsmäßig aber dem anderen Geschlecht zugeneigt sind
und dies möglichst dauerhaft, sozial und körperlich verwirklichen möchten,
meistens durch chirurgische oder hormonelle Eingriffe.
Anne Bolin erörterte 1988, dass transsexuelle Stigmata versteckt werden,
ebenso wie das eigene geschlechtstypische Aussehen, die Geschichte sowie
die vergangene soziale Identität, damit sich der oder die Transsexuelle in der
neuen Geschlechterrolle völlig natürlich und unbefangen fühlt (vgl. Seite
56/57).
Roger Santon fügt noch hinzu, dass der oder die Transsexuelle durch eine
Geschlechtsumwandlung                zwar      den       für     einen     Mann/     eine     Frau
charakteristischen Körper erhält, das soziale Geschlecht durch so eine
Maßnahme allerdings nicht erzielt werden kann (vgl. Seite 57).
Zum         Schluss       soll    noch      der      Punkt       der      Heterosexualität      als
Geschlechterkategorie angesprochen werden. In unserem westlichen
Verständnis meint Heterosexualität, dass Menschen das andere Geschlecht
begehren. Mann begehrt Frau und umgekehrt. In anderen Kulturen, wie zum
Beispiel Nicaragua, werden Männer, die andere Männer penetrieren,
ebenfalls als heterosexuell angesehen, die penetrierten Männer sind dort
allerdings homosexuell.
Beschäftigt man sich mit dem Thema „Geschlecht und Varianzen“, muss
aber auch das Thema „Kontrolle über Sexualität“ angesprochen werden.
Inzucht, also der Geschlechtsverkehr mit Familienmitgliedern, ist in sehr
vielen Kulturen verboten und wird strafrechtlich verfolgt (vgl. Seite 59). In
einigen wenigen Kulturen zieht dieses Verhalten keinerlei Konsequenzen
nach sich.
Homosexualität wird in einigen Kulturen bestraft, weil es nicht zur jeweiligen
Religion oder Politik passt, in anderen Regionen ist Homosexualität ein
normaler Bestandteil der Sexualität (vgl. Seite 60).
Leider ist es aber so, dass gegenüber „Andersartigen“ immer noch mit
körperlicher und seelischer Gewalt vorgegangen wird, die in einigen Fällen
sogar bis zum Tod führen kann. Ausgrenzung und Diskriminierung stehen
auch in der heutigen Zeit leider noch zu oft an der Tagesordnung.

4.) Kleidung und Mode als cross - dressing
Das         Thema“        Mode       als     cross       –      dressing“      und       allgemein
geschlechtsunspezifische                   beziehungsweise                 Geschlechternormen
überschreitende Kleidung hat eine Geschichte und ist schon seit langer Zeit
ein Thema, dass in vielen Medien, wie zum Beispiel Fernsehen, Zeitschriften
aber auch in der Modebranche oder der Kunst zu beobachten ist.18
Außerdem           wird    die    Thematik        immer        häufiger    auch    von      einigen

18
     Vergleiche dazu Beispiele aus der „I-D“ im Anhang
Wissenschaften, wie zum Beispiel der Geschlechterstudie oder der
Textilwissenschaft, aufgegriffen und bearbeitet.
Viele Künstler, wie zum Beispiel Marilyn Manson19, Freddy Mercury, Lilo
Wanders20, Madonna, Boy George oder andere spielen beziehungsweise
spielten während ihrer Auftritte oder Musikvideos mit dem Wechsel oder dem
Vermischen beider Geschlechter und deren Kleidung.
Der von den Männern in Schottland traditionell getragene Kilt passt nicht in
das Bild, was wir von einem Mann haben und soll an dieser Stelle nur ein
Beispiel dafür sein, dass die Thematik von geschlechtsunspezifischer Mode
schon seit vielen Generationen für Gesprächsstoff sorgt.
Heute erzeugen zum Beispiel Männer in Röcken nicht mehr so viel
Aufsehen, da dieser Anblick spätestens seit der Modewelle rund um die
Musikrichtung Techno wenigstens in Großstädten zum Alltagsbild gehört.
Auch die Travestie nimmt immer öfter Einzug in unsere Alltagswelt. Die
Menschen werden auch durch das Fernsehen öfter mit Travestiekünstlern
und     ihrer    Show       konfrontiert      und      lernen      so    den      Umgang           mir
Geschlechternormen überschreitender Kleidung kennen und akzeptieren.
In der Modebranche wird „Unisex – Kleidung“ hergestellt, das heißt, dass sie
sowohl von Männern als auch von Frauen getragen werden kann.
Barbara Vinken versucht in ihrem Aufsatz „Frau als Mann als Frau –
Mode als cross – dressing“21 das Zusammenspiel zwischen Geschlecht und
Kleidung herauszustellen.
Nach Vinkens Ansicht repräsentiert Kleidung sowohl die Klasse als auch das
Geschlecht. Nach ihrer Meinung kann die Mode seit Beginn der haute
couture nur angemessen als cross – dressing beschrieben werden, da sie
Verkleidung, Transvestismus und Travestie bedeutet (vgl. Seite 75).
Zunächst wird erklärt, dass es im 19. Jahrhundert Unterschiede zwischen der
adeligen und der bürgerlichen Kleidung gab. Im Gegensatz zum höfischen
Männerkörper, der grade im 17. und 18. Jahrhundert wegen seines reichen
Schmuckes eher weiblich aussah, wurde der bürgerliche Männerkörper im

19
   Vergleiche dazu Bilder von Marilyn Manson im Anhang
20
   Vergleich dazu Bilder von Lilo Wanders im Anhang
21
   Vinken, Barbara: Frau als Mann als Frau – Mode als cross – dressing. Freiburger FrauenStudie.
   1999
19. Jahrhundert nicht mehr sexuell markiert. Das heißt, dass eine
Vereinheitlichung der Männermode vollzogen wurde, der so genannten
Reformkleiderbewegung. Wurden vorher zum Beispiel noch die Waden durch
enge Stiefel und auffallenden Seidenstrümpfen hervorgehoben, so nimmt
nun der Röhrenanzug eine wichtige Position in der Modewelt der Männer ein
und verkörpert nach Vinken Identität, Authenzität, Männlichkeit und Seriosität
(vgl. Seite 77).
Uniformen stellen ebenso einen Gegensatz zum bürgerlichen Anzug dar, da
sie männliche Geschlechtlichkeit durchaus markieren. Überall dort, wo
Uniformen getragen werden, dominieren Männer und sind dort unter sich.
Auch heute noch sind in der Mode für Männer und erstaunlicherweise auch
für Frauen uniforme Elemente zu finden, außerdem in der Schwulen- Szene.
Dort wird diese Art von Kleidung genutzt, um sich als homosexuellen Mann
zu kennzeichnen, der sich als ganzer Mann fühlt und sich somit auf der
anderen Seite von den Tunten und Transvestiten distanziert.
Weiter beschreibt Vinken, dass die Mode im 19. Jahrhundert die
Geschlechter extrem teilte. Wie wir eben erfahren haben, stand der
Röhrenanzug für das unmarkierte Männliche, das Weibliche bedeutet
allerdings die markierte Geschlechtlichkeit (vgl. Seite 78). Der Mann trat
elegant und dezent in Erscheinung, die Frau dagegen trug glamouröse
Kleidung, die sofort auffiel und die Weiblichkeit betonte, allerdings so einen
künstlichen und hergestellten Eindruck machte.
Künstlichkeit wurde ebenso durch das Aufpolstern gewisser Körperstellen
hervorgerufen, was sowohl im 19. Jahrhundert ein gängiges Verfahren war,
aber auch heute noch zum Beispiel durch Push – up – BH oder Popolster
praktiziert wird.
Nach Vinken „wurde die Silhouette des weiblichen Körpers immer
oberflächenintensiver und raumgreifender als Produktion inszeniert.“22
Der weibliche Körper verlangte immer mehr Zeit, sich mit ihm zu
beschäftigen, sei es durch Diäten, Fitness, Frisör, Schönheitssalons oder
Einkäufe.

22
     Vinken, Barbara: Frau als Mann als Frau – Mode als cross – dressing. Freiburger FrauenStudie.
     1999, Seite 80
Ein kurzzeitiger Versuch, das Problem der Künstlichkeit durch eine Kleidung
zu beheben, die die Natürlichkeit der Frau hervorhebt, ohne eine
geschlechtliche Markierung zu produzieren und so der Männermode und
dem dahinter stehenden Gedanken sehr ähnelte (vgl. Seite 79), schlug leider
fehl.
Auf Seite 91 ihres Aufsatzes stellt Vinken fest, dass die Weiblichkeit der Frau
eigentlich nur Maskerade ist und den Ehemann widerspiegelt. Sie sagt, dass
der Mann mit seinem Vermögen die Weiblichkeit der Ehefrau ermöglicht und
somit eigentlich ihn repräsentiert. Also ist nach Vinken die weibliche
Geschlechtsrolle im weitesten Sinne eine Travestie, die Verkleidung der
männlichen Identität (vgl. Seite 81).
Dass Kleidung mit Travestie zusammenhängt, versucht Vinken mit einer
Aussage von Christian Lacroix zu belegen. Er merkte an, dass die eleganten
Kunden nicht mehr die Frauen sind, sondern die New Yorker Drag Queens
(vgl. Seite 82).
Daraus schließt Vinken, dass die Mode, also cross – dressing, nicht nur als
ein Wechsel der Geschlechter beschrieben werden kann, sondern dass sich
in ihr auch Geschlecht und Klasse überschneiden (vgl. Seite 82).
Dann trat nach Vinken plötzlich der Dandy in der Modewelt auf. Er
unterschied sich von anderen Männern dadurch, dass er sich wie eine Frau
sehr ausgiebig mit seiner äußeren Erscheinung beschäftigte. Er erotisierte
seinen Körper durch die Kleidung und markierte das Geschlecht, wie es
zuvor nur die Frauen taten.
Diesen Typen von Mann nahm die haute couture später als Vorbild auf und
entwickelte daraus eine Mode für Frauen, die so genannte „Dandymode“
(vgl. Seite 83). Zunächst setze sich dieser Look allerdings nicht durch. Paul
Poiret versuchte laut Vinken ohne Erfolg, weibliche Kleidungsstücke und
Korsetts abzuschaffen und Hosen, wie sie damals schon von orientalischen
Männern und Frauen getragen wurden, in die europäische Modewelt
einzufügen.
Endgültig konnte sich die Dandymode mit Hilfe von Coco Chanel
durchsetzen und die erste große Künstlerin, die den neuen Kleidungsstil in
der Öffentlichkeit präsentierte, war Marlene Dietrich. Sie trug bei einem
Auftritt einen Smoking, der von Yves Saint Laurent kreiert wurde.
Die Entwicklung der Kleidung zog voran und so war laut Vinken zu
beobachten, dass die Mode in den 80er Jahren immer seltener die Trennung
zwischen     männlich      und   weiblich   vornahm.    Geschlechternormen
überschreitende Kleidung wurde in der Modewelt zum Thema, berühmte
Designer wie Dior, Chanel, Versace und Gaultier brachten Kollektionen raus.
Jean Paul Gaultier nahm zum Beispiel in seiner Winterkollektion 1993 und
1995/ 96 das Thema „Homosexuellenkultur“ auf und entwarf Kleidung, in der
auch Männer Weiblichkeit ausstrahlten, wie es bereits längst schon die
Tunten,    Transvestiten   und   Drag    Queens    gemacht   haben.   In   die
Herrenkollektion flossen Kunstpelze, schrille Farben, auffallende, enge
Schnitte und    der Uniformfetischismus mit ein (vgl. Seite 86). Außerdem
wurden Wollhaare in die Kleiderausschnitte eingearbeitet, die sowohl dass
männliche Brusthaar darstellen sollten als auch die Möglichkeit, dass eine
Drag Queen die Rasur vergessen habe.
Auch Vivienne Westwood spielte in ihrer Winterkollektion 1995 mit den
Geschlechtern und der Weiblichkeit, in dem sie Po-, Busen- und
Schenkelpolster in ihre Kreationen einarbeitete.
Auch unbekannte Designer beschäftigten sich mit der Thematik, wie zum
Beispiel Martin Margiela oder Comme des Garcon, die die eben erwähnten
Westwood – Polster in der einen Kollektion „Dress meets Body 97“
verrutschen ließen (vgl. Seite 87) und so eine neue Form der Weiblichkeit
darzustellen versuchten.

5.) Praktische Arbeit
Im fünften Teil meiner Ausarbeitung möchte ich mich mit meiner eigenen
praktischen Arbeit auseinander setzen.
Zunächst möchte ich darüber berichten, warum ich mich mit dem Thema der
Kleidung in Bezug auf Geschlecht und Ethnizität beschäftigt habe und wie
die Idee zu meinem Objekt entwickelt wurde.
Anschließend möchte ich beschreiben, wie aus meinem Entwurf ein
konkretes Objekt wurde, bevor ich dieses dann vorstelle.
Am Ende erfolgt eine kurze Reflexion über den Arbeitsprozess.
5.1.) Motivation und Vorüberlegungen
Mein Interesse an dem Thema „Geschlecht und Ethnizität durch Kleidung?!“
entstand in dem Seminar „Kleidung alternativer Geschlechter“.
Innerhalb dieses Seminars beschäftigten wir uns zum einen mit der Frage,
welche Geschlechterkategorien es in Europa gibt, wir schauten aber auch
auf andere Kontinente und arbeiteten heraus, wie dort die Geschlechter
klassifiziert werden. Es stellte sich schon schnell heraus, dass unser
westliches Verständnis bezüglich Geschlechter, nämlich der Ausgangspunkt,
dass es ein männliches und ein weibliches Geschlecht gibt, nicht ausreicht,
um alle möglichen Menschen zu beschreiben.
Also lernten wir weiterhin andere Formen von Geschlecht auf der ganzen
Welt kennen, zum Beispiel Hermaphroditen, Transvestiten, Transsexuelle,
Menschen, die ihr soziales Geschlecht aus unterschiedlichsten Gründen
wechseln etc. Wir beschäftigten uns ebenfalls damit, wie dieses „Dritte
Geschlecht“, die unterschiedlichen Geschlechtervarianzen, in verschiedenen
Ländern innerhalb der Gesellschaft integriert oder ausgestoßen wird und
welche soziale Rolle es dort einnimmt.
Die Kleidung verschiedener Geschlechterkategorien wollten wir im Seminar
ebenfalls untersuchen, um womöglich einen speziellen Kleidungsstil
herauszuarbeiten. Der Versuch endete aber mit der Feststellung, dass sich
keine   eigene    Moderichtung     herausstellen   lässt.   Auch    in   der
Geschlechterkategorie des „Dritten Geschlechts“ hat die Kleidung nicht nur
was mit dem Geschlecht zu tun, sie wird auch sehr beeinflusst von der
gegebenen kulturellen Situation und den Traditionen eines Landes.
Ich musste mich, wie viele andere auch, zunächst in diese Thematik
einarbeiten und versuchen, meine westliche Denkweise abzulegen. Es war
zunächst sehr schwer, die Trennung zwischen Männlich und Weiblich zu
vergessen und andere Geschlechterkategorien mit deren individuellen
Lebensformen zu akzeptieren und zu begreifen.
Auch in der Kleiderfrage musste ich selber feststellen, dass sich alte
Ansichten noch sehr festgesetzt haben. Zwar tragen Frauen heute Hosen,
Männer in Röcken passen aber immer noch nicht in unser Verständnis, was
Männlichkeit bedeutet.
Nach diesen informativen Erkenntnissen und Selbstbeobachtungen ist mir
klar geworden, dass ich in meiner fachpraktischen Prüfung gerne an dieser
Thematik weiter arbeiten möchte. In unserem Alltag ist das Thema rund um
die alternativen Geschlechter und deren kulturelle Identitäten kaum präsent
und wird nur selten überdacht. Mit meiner textilen Arbeit möchte ich einen
kleinen Anlass geben, sich mit diesem interessanten Thema zu beschäftigen
und die veralterten Sichtweisen ein Stück weit hinter sich zu lassen.

Die ersten Überlegungen zu meinem konkreten textilen Objekt waren von
Anfang an sehr klar. Ich wollte ein Kleidungsstück herstellen, das nach
meinem Verständnis sowohl männliche als auch weibliche Elemente
beinhaltet. Es sollte ein Kleidungsstück werden, das sowohl von Frauen, als
auch von Männern und anderen Geschlechtern getragen werden kann.
Ich habe mich dann ziemlich schnell entschlossen, eine Art Hosenrock
herzustellen, da für mich die Hose ein männliches Element darstellt, was
bereits seit einiger Zeit in die Frauenwelt vorgedrungen ist, der Rock
verkörpert für mich Weiblichkeit, wird aber auch schon von Männern
getragen. Diese Kombination war für mich die Grundlage meines Konzepts.
Zunächst habe ich darüber nachgedacht, eine bereits vorhandene Hose ab
Kniehöhe aufzutrennen und sie durch Einnähen unterschiedlicher Stoffe
unten als Rock zu gestalten. Dieser Plan wurde von mir aber sehr schnell
wieder verworfen, denn die Trennung zwischen Männlich und Weiblich war
bei diesem Konzept zu offensichtlich und hätte nicht die von mir angestrebte
Verwirrung und Vermischung der beiden Geschlechter hervorgerufen.
Dann dachte ich an ein Herrenhemd und an eine Damenbluse, die ich zuerst
teilen   wollte   um   anschließend   die   verschiedenen     Hälften   wieder
zusammenzufügen. Aber auch hier ergab sich das gleich Problem wie bei
der Hose. Die Trennung der beiden Geschlechter war zu banal und zu wenig
miteinander verworren, außerdem fehlte mir das gewisse Etwas.

Die Idee zu meinem Objekt kam mir nach reichlichen Überlegungen dann,
als ich in unterschiedlichen Ausgaben der Zeitschrift „I – D“ blätterte und auf
eine interessante Fotografie stieß.
Hier ist ein männliches Modell zu sehen. Der verzierte Oberkörper ist
allerdings zunächst der einzige Hinweis darauf, dass es sich hierbei um
einen Mann handelt. Die Frisur und das Make – up lassen das Gesicht
weiblich aussehen, ebenso wie der Rock mit angedeuteter Korsage und die
Stiefel mit Absätzen, die allerdings in der Geschichte durchaus auch von
Männern getragen wurden.
Als ich dieses Bild sah, kam ich auf die Idee, den Rock als Vorlage zu
nehmen, ihn allerdings abzuwandeln und so entstand mein Konzept, das ich
später auch umgesetzt habe und im nächsten Punkt vorstellen möchte.

5.2.) Die Arbeit am Objekt
Wie schon im vorangegangenen Punkt beschrieben, sollte mir die soeben
präsentierte Fotografie aus der Zeitschrift „I – D“ als Vorlage dienen. Ich
überlegte mir, dass ich ebenfalls einen Rock nähen wollte, der an der Taille
eine Korsagennachahmung aufweisen sollte. Nach meiner persönlichen
Einstellung, die ich an dieser Stelle nur berücksichtigen möchte, repräsentiert
diese Kombination Weiblichkeit und hebt diese am Körper hervor. Ein
weiterer Gedanke war, dass der Rock asymmetrisch sein sollte, das heißt,
die rechte Hälfte sollte bis zum Fußknöchel reichen, die linke Hälfte sollte
ungefähr auf Kniehöhe enden, damit die Hose am Ende zu sehen ist.
Außerdem wählte ich einen schwarzen, schlichten Stoff, um die edle Optik
von dem Rock auf der Fotografie zu imitieren.
Unter der knielangen Rockseite wollte ich im nächsten Schritt dann ein
Hosenbein hervortreten lassen. Die Hose stellt für mich im traditionellen
Sinne die Männlichkeit dar. Während meiner Recherche in Mode – und
Schwulenmagazinen bin ich immer wieder auf Tarnfarben und Militäroptik
als männliches Zeichen gestoßen. Für mich war sehr schnell klar, dass ich
die Hose aus diesem Stoff herstellen wollte.
Zunächst hatte ich den Gedanken, dass die Hose und der Rock miteinander
verbunden sein sollten, damit das Objekt zusammenhängend ist. Ich
scheiterte aber an der Umsetzung und kam zu dem Entschluss, dass ein
einzelner Rock und eine separate Hose zusammen angezogen ebenfalls ein
Ensemble ergeben.
Nun hätte die praktische Arbeit eigentlich beginnen können, es fehlte mir
aber noch ein entscheidendes Element. Nachdem ich in dem theoretischen
Teil meiner Ausarbeitung ebenfalls auf die Ethnizität in Zusammenhang mit
Kleidung eingegangen bin, wollte ich diesen Teil natürlich auch in meine
praktische Arbeit mit einbauen. Mir war bewusst, dass die Hose und der
Rock alleine schon Ethnizität zeigen, denn sie sind nicht in allen Kulturen
Bestandteil in der Mode und repräsentieren so unter anderem die
europäische Tradition. Ich wollte aber trotzdem ein auffallendes kulturelles
Element einbauen, das sofort sichtbar ist und jeden Betrachter auf den
Zusammenhang zwischen kultureller Identität und Kleidung aufmerksam
macht. In meiner theoretischen Ausarbeitung hatte ich in Punkt 3.1.) das
Beispiel des Saris gebracht, der in Indien getragen wird. Mir kam die Idee,
dass ich eine Art Schärpe an die Korsagenimitation anbringen könnte. Damit
würde mein Kleidungsstück vollkommener aussehen, denn das Sari –
Element rundet im Bereich des Oberkörpers das Bild ab. Der Sari wird in
Indien von Frauen getragen. Um dieses Bild etwas aufzulösen, wollte ich die
Schärpe ebenfalls aus dem für mich männlich aussehenden Stoff in
Militäroptik herstellen.
Nachdem mein Konzept nun fertig gestellt war, konnte die Arbeit am Objekt
beginnen.
Im Textilgeschäft fand ich sehr schnell den Stoff, der meinen Vorstellungen
entsprach. Die Mitarbeiterin merkte an, dass ich für den Rock ungefähr zwei
Meter Stoff benötigen würde, für den Standardschnitt der Hose und für die
Schärpe cirka drei Meter.
Den ersten Teil meiner Arbeit stellte der Rock dar. Ich hatte hier keinen
Schnitt und malte mit Kreide zunächst die Grundform auf. Dann ließ ich ihn
an einer Seite schräg zulaufen. Nachdem ich die Vorder – und Rückseite
zugeschnitten hatte, konnten die beiden Teile bereits zusammen genäht
werden. Hierbei ist anzumerken, dass ich in meiner gesamten Arbeit keine
Stoffränder gekettelt habe, da mir im privaten Bereich die benötigte Maschine
fehlte. Ich habe mich auf Zickzack – Nähte beschränkt, um das Auflösen der
Stoffränder zu verhindern. Im nächsten Schritt habe ich im Taillenbereich
kleine Falten festgesteckt, damit der Rock, wie auf dem Foto, locker fallen
kann. Anschließend wurde noch einmal mit der Maschine genäht. Für das
Korsagenimitat ließ ich meinen Taillenumfang messen und schnitt dann ein
rechteckiges Stoffstücke zu. Dafür musste vorher ebenfalls überlegt werden,
wie breit die Korsage werden sollte, um anschließend die doppelte Breite
einzuplanen, da die Korsagenimitation nachher als Bündchen aufgesetzt
werden musste. Auf Anraten verstärkte ich die einfache Breite mit Vlieseline,
damit der Stoff etwas Halt bekam. Nachdem ich das Korsagenelement als
Bündchen im Taillenbereich angesteckt und mit der Maschine genäht hatte,
brachte ich eine kleine Kordel an, die eine Korsagenschnürung darstellen
sollte. Im Seitenbereich der Korsage ließ ich dann einen Reißverschluss
einnähen, da dieser Vorgang meine Kompetenzen überschritt. Am Ende
nähte ich den unteren Saum um. Die Grundform meines Rockes war somit
gefertigt.
Dann begann ich die Arbeit an der Hose. Von einer Bekannten hatte ich mir
einen Hosenstandardschnitt aus der Modezeitschrift „Burda“ besorgt. Diesen
übertrug ich mit Kreide auf den Militärstoff. Das linke Hosenbein ließ ich
allerdings nach unten hin etwas weiter auslaufen, weil ich mir so einen
Schlagschnitt erhoffte. Das rechte Hosenbein kürzte ich, weil ich vermeiden
wollte, dass die Hose unter der langen Rockhälfte zu sehen ist.
Anschließend setzte ich die Hose mit der Maschine zusammen, hatte
allerdings Hosentaschen sowohl hinten als auch vorne außer Acht gelassen,
da die Hose zum größten Teil sowieso vom Rock verdeckt wird.
Nachdem die Hose ihre Grundform gewonnen hatte, nähte ich ebenfalls die
Säume um und ließ mir anschließend wieder einen Reißverschluss einnähen
und zusätzlich ein Knopfloch fertigen, da ich mir auch dies nicht zutraute.
Die Sari – Schärpe malte ich ebenfalls nach vorherigem Ausmessen mit
Kreide auf den Stoff, ließ sie nach unter spitz zulaufen. Eine der beiden
Hälften verstärkte ich ebenfalls mit Vlieseline, bevor ich beide Stoffstücke auf
links zusammen nähte. Das Sari – Element befestigte ich mit der
Nähmaschine an der Rückseite meines Rockes.
Als ich mein fast fertiges Kleidungsstück dann anprobierte, musste ich
feststellen, dass die Hose noch zu sehr von dem Rock verdeckt wurde. Mir
kam die Idee, die knielange Seite des Rockes mit Nadel und Faden
zusammen zu raffen und diese Stelle mit einer Stoffblume zu verzieren, da
für mich der Rock dadurch noch femininer aussah. Die Raffung stellte schon
eine Verbesserung dar, ich entschloss mich aber zusätzlich für eine weitere
Raffung, um das Hosenbein noch mehr in den Vordergrund zu rücken. Mit
diesem Ergebnis war ich dann sehr zufrieden.
Außerdem bemerkte ich, dass die Sari – Schärpe immer wieder von der
Schulter rutschte. Ich entschloss mich dafür, an dem Korsagenteil noch eine
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