Fair Play Ein Gespräch mit Philipp Lahm über sein Wirken als Stifter und Unternehmer - OrganisationsEntwicklung

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Fair Play Ein Gespräch mit Philipp Lahm über sein Wirken als Stifter und Unternehmer - OrganisationsEntwicklung
Gespräch | Schwerpunkt | Fair Play | Philipp Lahm, Brigitte Winkler

Fair Play
Ein Gespräch mit Philipp Lahm über sein Wirken
als Stifter und Unternehmer

Philipp Lahm hat als Fußballspieler alle Titel gewonnen und galt trotzdem als sehr fairer Spieler. Kein einziges Mal
in seiner Karriere wurde er vom Platz verwiesen. Auch in seinen Rollen als Stifter und Unternehmer ist es ihm ein An­
liegen, die Werte eines fairen Miteinanders zu etablieren. Wie Philipp Lahm in seinen Führungsaufgaben außerhalb
des Spielfelds wirkt und welche Erfahrungen er dabei aus dem Profi-Fußball nützen kann, hat unsere Redakteurin
Dr. Brigitte Winkler mit ihm besprochen.

ZOE: Herr Lahm, schon lange vor Ihrem Rücktritt als aktiver       ZOE: Wie halten Sie nach, dass Ihre Initiativen die intendierten
Fußballspieler und langjähriger Kapitän des FC Bayern Mün­        Ziele erreichen bzw. nachhaltige Veränderungen bewirken?
chens und der deutschen Nationalmannschaft gründeten Sie
die Philipp Lahm Stiftung, die zum Ziel hat, soziale Werte zu     Lahm: Das ist schwer zu messen. Ein Erfolg ist, dass wir mit
vermitteln und die Bildung von Kindern und Jugendlichen aus       unseren Projektpartnern über einen längeren Zeitraum stabil
unterprivilegierten Verhältnissen zu fördern. Was möchten Sie     zusammenarbeiten. Unsere Partner führen die verschiedenen
mit Ihren Initiativen konkret bewirken?                           Projekte schon lange motiviert und tatkräftig durch. Wir er­
                                                                  weitern die Projekte und entwickeln sie ständig weiter. Mein
Lahm: Ich möchte Kindern, die keine so privilegierte Kindheit     ehrenamtliches Stiftungsteam ist sehr engagiert. Das ist keine
hatten wie ich, etwas von meinem Glück abgeben. Ich hatte         Selbstverständlichkeit. Und natürlich sehe ich es als absoluten
eine Familie, Freunde und einen Verein mit vielen Leuten, die     Erfolg an, dass unsere Projekte immer gut besucht sind und
sich um mich gekümmert haben. Ich weiß, dass nicht jeder das      die Kinder gerne kommen. Daraus ziehen wir auch die Moti­
Privileg hat, so aufzuwachsen. Als Fußballprofi durfte ich viel   vation, immer weiter zu machen.
Geld verdienen, und da hat man eine gesellschaftliche Verant­
wortung, der ich gerecht werden will. Daher habe ich diese        ZOE: Im Rahmen Ihrer Stiftungsarbeit sehen Sie sportliche
Stiftung gegründet. Sie ist in den Bereichen Sport und Bildung,   Aktivitäten als wesentlichen Beitrag für die Persönlichkeits­
die mir sehr wichtig sind, mit Projekten in Deutschland und       entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Ihrer Erfahrung
Südafrika tätig.                                                  nach: Welche Kompetenzen werden durch Sport, insbesonde­
                                                                  re Fußball, besonders gefördert?
ZOE: Wo sehen Sie die Möglichkeiten und die Grenzen Ihrer
Stiftungsarbeit?                                                  Lahm: Im Sport lernt man vor allem, im Team respektvoll mit­
                                                                  einander umzugehen, aber auch Regeln einzuhalten. Das er­
Lahm: Die Tatsache, dass wir die verschiedenen Projekte so fest   achte ich für sehr wichtig und wir versuchen das natürlich
etablieren konnten, eröffnete uns viele Möglichkeiten. Wenn       auch zu vermitteln. Im Sommercamp fokussieren wir uns auf
ich sehe, dass beispielsweise die Kinder im Sommercamp et­        die Themen Bewegung, Ernährung und Persönlichkeitsent­
was über gesunde Lebensführung lernen und gestärkt aus der        wicklung. In dieser intensiven Woche erleben die Kinder in
Woche herausgehen, dann haben wir unsere Möglichkeiten            einem traumhaften Ambiente so viele verschiedene Themen,
optimal genutzt. Ich weiß jedoch auch, dass das nur ein Trop­     bis hin zum Kühe melken im Biobauernhof. Kinder können im
fen auf dem heißen Stein ist, wenn auch ein guter. Als Stiftung   Camp ihre Fähigkeiten kennenlernen, um in der Gruppe opti­
haben wir begrenzte Möglichkeiten, aber wir versuchen mit         mal agieren zu können. Dadurch gehen sie gestärkt zurück
unseren Mitteln das Beste rauszuholen.                            und wissen, worin sie gut sind und woran sie weiterarbeiten

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Fair Play Ein Gespräch mit Philipp Lahm über sein Wirken als Stifter und Unternehmer - OrganisationsEntwicklung
Philipp Lahm, Brigitte Winkler | Fair Play | Schwerpunkt    | Gespräch

wollen. Ich weiß, dass wir in einer Woche Sommercamp nicht             Aufgabe ist es zu kontrollieren, dass das läuft. Die Trainer ha­
das Leben verändern können, aber die Kinder können Erfah­              ben im Rahmen des Projektes alle den ersten SAFA (South Af­
rungen mit nach Hause nehmen, was ein Anstoß sein kann,                rican Football Association) Trainerschein erworben und die
sich weiter darüber Gedanken zu machen.                                Hälfte jetzt auch den zweiten. Externe Profis nahmen die Trai­
                                                                       nierqualifizierungsprüfungen ab, das war schwer für unsere
ZOE: Gibt es Anschlussprozesse, mit denen Sie die Entwick­             Trainer, aber sie haben bestanden und sind sehr stolz darauf.
lung der Kinder weiter betreuen bzw. nachverfolgen, um die­            Für die Kinder ist es auch gut zu sehen, dass es jemand aus
sen Effekt nicht verpuffen zu lassen?                                  dem Township zum qualifizierten Trainer gebracht hat.
                                                                          Vor Ort arbeiten wir mit einer Partnerorganisation, der süd­
Lahm: Wir holen Feedback ein. Teilweise bekommen wir Brie­             afrikanischen NGO Dreamfields, zusammen, die den Fußball­
fe von Kindern und Eltern. Anfangs hatten wir versucht, eine           platz gebaut hat. Wir haben alle vier Wochen ein Skype-Mee­
Plattform einzurichten, damit die Kinder untereinander in Kon­         ting und Dreamfields ist jede Woche einmal vor Ort, kontrol­
takt bleiben können. Das wurde jedoch nicht so aktiv ange­             liert die Aktivitäten und bezahlt die Gehälter der Trainer, die
nommen. Die Kinder halten von sich aus Kontakt, wenn sie               von uns finanziert werden.
sich gut verstanden haben. Am Abholungstag haben die Kin­                 Unser Ansatz in Südafrika ist es, Kindern die Möglichkeit zu
der einen halben Tag Zeit, um die Eltern durch das Sommer­             geben, mit ihrer Zeit etwas anzufangen, von zu Hause wegzu­
camp zu führen und ihnen zu zeigen, was sie erlebt haben. Zu­          kommen und an fixen Terminen ein Ziel zu verfolgen. Hier
dem nehmen sie Bücher mit nach Hause, die sie selbst in die­           geht es uns darum, zu vermitteln, was es bedeutet, in einem
ser Woche erarbeitet haben. Deswegen hoffen wir, dass die              Team zu spielen, in das ich mich einbringen kann und das mich
Themen auch danach präsent bleiben. Aus meinem Bekann­                 unterstützt. Bei den Projekten in Südafrika sehen wir, dass die
tenkreis erfuhr ich zum Beispiel von einem übergewichtigen             Kinder jeden Nachmittag zum Training kommen, weil sie Teil
Mädchen, das immer viel Cola getrunken hatte. Durch das Som­           der Mannschaft sein wollen. Es gibt sonst für diese Kinder
­mercamp wurde ihr aufgezeigt, wie viel Zucker darin enthal­           keine Aktivität, in die sie kontinuierlich eingebunden sind. Wir
 ten ist. Seitdem hat sie keinen Schluck Cola mehr getrunken           haben zum Beispiel im Johannisburg-Projekt am Wochen­ende
 und enorm abgenommen. Das war für mich schön zu sehen.                Turniere und Pflichtspiele in unserer eigenen Liga eingeführt,
                                                                       und jetzt haben sie auch Pflichtspiele in der lokalen Liga.
ZOE: Oftmals ist es schwierig, bei sozialen Initiativen in ande­       Durch die Einbindung in die längerfristige Disziplin, zu den
ren Ländern die lokalen Besonderheiten und vielleicht auch             Spielen und ins regelmäßige Training zu kommen, kann man
unerwünschte Nebeneffekte, die diese Initiativen auslösen kön­         die Entwicklung der Kinder auch dauerhaft mitverfolgen. Es
nen, im Blick zu behalten. Wie stellen Sie sicher, dass Ihre Ini­
tiativen in Südafrika Früchte tragen? Wie vernetzen Sie sich mit
der lokalen Community oder lokalen Bildungseinrichtungen?
                                                                         Philipp Lahm — Biografie
Lahm: In Kapstadt unterstützen wir mit dem Projekt «Soccer
in Philippi» den iThemba Labantu FC im Township Philippi,
der am Community Center iThemba Labantu angesiedelt ist.                 Philipp Lahm ist einer der weltweit renommiertesten Fußballspieler: Er
Hier wird eine umfangreiche Jugendarbeit und die Heranfüh­               war von 2004 bis 2014 deutscher Nationalspieler und führte die Mann-
rung an Bildungsangebote gefördert. Um dieses Community                  schaft als Kapitän 2014 in Brasilien zum Weltmeistertitel. Von 2011 bis 2017
Center befinden sich Behausungen, die teilweise Wasser und               war er Kapitän des FC Bayern München, der 2013 das Triple aus Deutscher
Strom haben. Unser Johannesburg-Projekt «Shongi Soccer»,                 Meisterschaft, DFB-Pokal und Champions League gewann.
ist in einem noch viel ärmeren Slum angesiedelt, mit armselig­              Er ist Ehrenspielführer der deutschen Fußball-Nationalmannschaft und
­sten Hütten ohne Strom und fließendem Wasser. Ende 2008                 Botschafter der Bewerbung des Deutschen Fußball-Bundes um die Aus-
 haben wir hier den Bau eines Sportplatzes zwischen zwei                 richtung der UEFA EURO 2024.
 Townships realisiert, an dem regelmäßige Trainings und Spiele              2007 gründete Philipp Lahm seine Stiftung für Sport und Bildung. Mit die­
 statt­finden können. Mittlerweile haben wir das Projekt auf fünf        ser ist er in Deutschland und Südafrika aktiv – hier geht es in allen Projek-
 lokale Schulen ausgeweitet und es nehmen 1.800 Kinder an                ten um eine ganzheitliche und nachhaltige Erziehung.
 einer Liga teil, die wir gestartet haben. Unsere sechs festen Trai­        Seit dem Ende seiner aktiven Fußballkarriere im Mai 2017 ist Philipp Lahm
 ner stammen alle aus den jeweiligen Townships, vier von ihnen           verstärkt unternehmerisch tätig: Er ist alleiniger Anteilseigner der Sixtus
 sind schon seit neun Jahren dabei. Es bringt nichts, einen Trai­        Werke Schliersee GmbH und mehrheitlicher Anteilseigner am Naturkost-
 ner aus Deutschland hinzuschicken, sondern die Leute vor                händler Schneekoppe GmbH.
 Ort müssen diese Projekte zu ihren Projekten machen. Unsere

OrganisationsEntwicklung Nr. 1 |2019 Langfassung — exklusiv für das Online-Archiv                                                                    47
Fair Play Ein Gespräch mit Philipp Lahm über sein Wirken als Stifter und Unternehmer - OrganisationsEntwicklung
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sind jeweils im Durchschnitt um die 200 Kinder, die für unser                    jekt gelaufen sind, Kontakt zu halten. Zum Beispiel macht ein
Trainingsprogramm angemeldet sind, und ca. 80, die jeden Tag                     Mädchen, das mehrere Jahre in unserer Mädchenmannschaft
teilnehmen. Manche kommen sogar mehrmals die Woche.                              spielte, jetzt eine Ausbildung zur Krankenschwester. Erfolg ist
                                                                                 für mich, dass wir seit 2009 vor Ort sind, unser Angebot an­ge­
ZOE: Evaluieren Sie den Social Impact Ihrer Aktivitäten in                       nommen wird und wir es sukzessive weiterentwickeln können.
Südafrika?                                                                           Es ist auch als Erfolg zu verbuchen, dass der Soccer Club
                                                                                 Shongi als Teil von der Local Football Association etabliert ist
Lahm: Wir haben uns lange mit diesem Thema auseinander­                          und wir schon in einer Liga spielen.
gesetzt und stehen jetzt am Anfang eines Evaluierungsprojekts                       In den Ligaspielen haben wir einen Fairplay-Pokal einge­
in Zusammenarbeit mit der University of Pretoria. Wir sehen                      führt, für die Mannschaft, die sich nach Einschätzung der
keine Möglichkeit, statistisch zu belegen, was unser Impact ist,                 Schiedsrichter am fairsten gegenüber den Mitspielern, dem
da wir ja auch nicht abschätzen können, ob das ohne unser                        Trai­ner und dem Schiedsrichter verhalten hat. Dass auf dem
Projekt nicht auch passiert wäre. Zudem ist es schon schwer                      Fußballplatz ein respektvolles Miteinander und Regeln einge­
genug, von den Eltern einen Bogen mit der Registrierung des                      halten werden, allein das ist für einige ein wichtiger Lernpro­
Kindes ausfüllen zu lassen, daher wäre eine quantitative Eva­                    zess.
luation z. B. mit Fragebögen gar nicht möglich.
   Qualitativ verlassen wir uns auf Feedback, auf Beobach­                       ZOE: Wie ist Ihre Rolle dabei? Besuchen Sie die Spiele, sind Sie
tung und Begleitung von Kindern. Wir holen immer Rück­mel­                       dann vor Ort?
dungen ein und versuchen mit den Kindern, die durch das Pro­
                                                                                 Lahm: Aus der Stiftung reist jedes Jahr jemand nach Südafrika.
                                                                                 Bei mir ist es schon länger her, dass ich vor Ort war; ich bin
                                                                                 aber in die Aktivitäten und Entscheidungsprozesse von hier
  Die Philipp Lahm-Stiftung                                                      aus immer eingebunden. Bis auf wenige Ausnahmen war ich
                                                                                 bei allen bisherigen 27 Sommercamps persönlich präsent. Ich
                                                                                 glaube, es ist wichtig für die Kinder, dass sie nicht nur Video­
  Die Philipp Lahm-Stiftung unterstützt vier Projekte und ausgewählte Initi-     botschaften von mir bekommen, sondern dass sie mir persön­
  ativen in Deutschland und in Afrika — vor allem in Südafrika — die Sport und   lich Fragen stellen können und sehen, ich stehe voll hinter den
  Spiel als nachhaltiges Instrument einsetzen, um soziale Werte zu vermit-       Inhalten des Camps. Zudem sind Kinder ehrlich. Wenn ir­
  teln und die Bildung von Kindern und Jugendlichen zu fördern. Insbeson-        gendwas nicht passt, dann sagen sie es mir auch. Es ist jedoch
  dere junge Menschen aus unterprivilegierten Familien und Verhältnissen         auch wichtig, das Camp wieder zu verlassen, weil meine An­
  werden unterstützt.                                                            wesenheit dann doch ablenkt.

  Projektziele in Deutschland:                                                   ZOE: Mit der Philipp Lahm Schultour besuchen Sie im Laufe
  • Unterstützung der Kinder/Jugendlichen bei Entdeckung und Ausbau              von drei Jahren 46 bayerische Mittel- und Realschulen, mit
    ihrer individuellen sportlichen und persönlichen Fähigkeiten und Nei-        dem Ziel die Gesundheitskompetenz der Schülerinnen und
    gungen                                                                       Schüler der 5. und 6. Klassen zu stärken. In Workshops erleben
  • Förderung der gesunden Lebensführung bei Kindern und Jugendlichen            und erfahren Kinder während der Aktionstage die Bedeutung
  • Förderung der sozialen Kompetenz von Kindern und Jugendlichen                der Themen Bewegung und Ernährung für die Persönlich­
    durch Wertebildung und Persönlichkeitsentwicklung                            keitsentwicklung. Darüber hinaus soll jedoch das Lernkon­
                                                                                 zept langfristig in den Schulunterricht integriert werden. Wie
  Projektziele in Afrika:                                                        wollen Sie das erreichen?
  • Wertevermittlung durch Sport für Kinder und Jugendliche
  • Schaffung von Trainingsmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche              Lahm: Wir sind bei der Schultour abhängig von den Schuldi­
  • Aufbau und Festigung sozialer Strukturen durch das Angebot von               rektoren und Lehrern. Der Schuldirektor bestimmt, ob wir an
    Sport-Aktivitäten                                                            die Schule kommen können und muss die Schule dafür an­
  • Unterstützung von Bildungs- und Ausbildungsmaßnahmen                         melden. Noch wichtiger als der Schuldirektor ist, ob Lehrer
                                                                                 bereit sind, das Projekt zu unterstützen und mit den Kindern
  http://www.philipp-lahm-stiftung.de                                            immer wieder über diese Themen zu sprechen. Wir unterstüt­
  https://www.linkedin.com/in/philipplahm                                        zen mit Unterlagen, die von den Kindern bearbeitet werden
  https://21-raum.de                                                             können, und mit Auszeichnungen für gute Ideen. So gibt es
                                                                                 z. B. ein Meet & Greet mit mir für die Schulklasse mit der bes­

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Philipp Lahm, Brigitte Winkler | Fair Play | Schwerpunkt    | Gespräch

ten Projektumsetzung. Die Kinder entwickeln tolle Ideen –
z. B. «gesunder Pausensnack» und Infoposter für die ganze
Schule. In Elternabenden erhalten die Eltern Informationen
über die Themen der gesunden Lebensführung, die wir in der
Schultour vermitteln, z. B. wie wichtig es ist, Bewegung in den
Alltag zu integrieren. In einer Einheit geht es z. B. um Bewe­
gungseinschränkungen, die Menschen aufgrund von Alter oder
Fettleibigkeit erfahren. Über den Perspektivwechsel versuchen
wir einerseits zu vermitteln, wie man durch Bewegung und ge­
sunde Ernährung Fettleibigkeit vorbeugen kann, aber auch
wie es jemandem geht und wie man jemandem helfen kann,
der körperlich benachteiligt ist. In der Persönlichkeitsentwick­
lung geht es beispielsweise darum, einen Reflexionsprozess
anzuregen zum Thema Freundschaft und was es braucht, um
ein guter Freund zu sein.

ZOE: Gibt es Werte oder Erfahrungen aus Ihrer Zeit als aktiver
Fußballspieler, auf die Sie in Ihrer Stiftungsarbeit zurückgrei­
fen können?

Lahm: Ganz klar: Wie verhalte ich mich eigentlich in einer
Gruppe. Fairplay, Teamgedanke, respektvoll miteinander um­            ZOE-Redakteurin Brigitte Winkler im Gespräch mit Philipp Lahm.
zugehen, das sind definitiv Werte, die im Fußball großge­
schrieben werden. Offen, ohne irgendein Vorurteil auf Men­
schen zuzugehen. Im Fußball treffen viele Kulturen aufeinan­          zu konzentrieren, aber diese dann nachhaltig mit Hilfe von
der. Die Schwächen von meinem Nebenmann zu korrigieren                Feedback immer weiterzuentwickeln.
oder meine Stärken einzubringen, um andere Schwächen zu
egalisieren, das ist im Fußball enorm wichtig.                        ZOE: Neben der Stiftungsarbeit investieren Sie mit strategi­
   Ich war nie der Stürmer und wusste, ich brauche jemanden           schen Beteiligungen in Unternehmen, die den geschäftlichen
da vorne. Aber der vorne weiß auch, dass er mich hinten               Fokus auf die Themen Gesundheit, Pflege sowie bewusste und
braucht. Verschiedene Aufgaben zu haben, seine Stärke zu fin­         selbstbestimmte Lebensführung legen. Hierzu zählen unter
den und diese dem Team zur Verfügung zu stellen, das ist es,          anderem die Beteiligungen an Sixtus und Schneekoppe. Was
was ich im Fußball gelernt habe. Das kann man sehr gut in die         reizt Sie an der unternehmerischen Tätigkeit und welche Kri­
Stiftungsarbeit transportieren oder den Kindern auf einfache          terien ziehen Sie für die Auswahl der Unternehmen heran?
Art und Weise vermitteln. Sie sehen ja auch das Spiel und be­
obachten ganz genau, wer mit wem gut zusammenarbeitet.                Lahm: Meine Karriere verlief in verschiedenen Schritten: Erst
Weitergedacht denke ich, dass diese Verhaltensweisen auch             wollte ich Profi werden, dann war ich Profi. Damit war für
zu einer offenen Gesellschaft beitragen. Ich weiß, das ist nur        mich eine gesellschaftliche Verantwortung verbunden und ich
ein kleiner Teil, den ich hierfür mit meiner Stiftung beitragen       habe die Stiftung gegründet. Danach wurde ich Führungsspie­
kann, aber das wäre es, was ich mir für die Zukunft wünsche.          ler bzw. Kapitän. Zugleich habe ich mir Gedanken gemacht,
                                                                      was ich nach meiner Fußballkarriere machen möchte. Für die
ZOE: Was haben Sie persönlich während Ihrer langjährigen              Stiftung habe ich immer Zeit, weil sie mir Freude macht, aber
Stiftungsarbeit bei der Implementierung von sozialen Initiati­        ich wollte trotzdem noch einen anderen Bereich kennenler­
ven gelernt? Was würden Sie anderen Stiftern empfehlen, die           nen und Unternehmertum hat mich einfach interessiert. So
Gutes tun wollen?                                                     habe ich vor meinem Karriereende schon angefangen, bei Six­
                                                                      tus einzusteigen, eine Holding zu gründen, um einfach noch
Lahm: Ich bin ein Freund davon, eigene Projekte ins Leben zu          etwas Neues zu lernen. Die Unternehmen müssen zu mir und
rufen, in Bereichen, die einem persönlich wichtig sind, sich für      dem Thema, das mich interessiert – gesunde Lebensweise –
die Umsetzung vor Ort mit kompetenten Partnern zu vernet­             passen.
zen und dabei langjährige Partnerschaften zu etablieren. We­
niger ist dabei mehr, d. h. es ist besser, sich auf wenige Projekte   ZOE: Wie sehen Sie Ihre Rolle als Unternehmer?

OrganisationsEntwicklung Nr. 1 |2019 Langfassung — exklusiv für das Online-Archiv                                                      49
Gespräch | Schwerpunkt | Fair Play | Philipp Lahm, Brigitte Winkler

Mannschaft von Shongi Soccer in Südafrika, einem Projekt der Philipp Lahm-Stiftung

Lahm: Ich bin als hundertprozentiger Eigentümer der Sixtus                           ZOE: Wie organisieren Sie die Beteiligungsstrategien für Ihre
Werke Schliersee GmbH oder auch als Mehrheitseigner von                              Unternehmen? Welche Führungsprinzipien wenden Sie an?
Schneekoppe in beide Firmen voll involviert. Ich sehe mich als
Teil eines Teams mit mit der Geschäftsführung und den Mitar­                         Lahm: In einem gemeinsamen Strategieprozess mit dem Ma­
beitenden der jeweiligen Firmen.                                                     nagement entwickeln wir die übergeordnete Idee, in welche
                                                                                     Richtung es mit den Firmen gehen soll. Davon leiten wir dann
ZOE: Jetzt haben Sie ja auch Unternehmen übernommen, die –                           einzelne Maßnahmen ab, diskutieren sie und geben sie in die
wie z. B. Schneekoppe, welches 2014 in die Insolvenz geriet –                        Umsetzung, kontrollieren und evaluieren diese und leiten
Sanierungsbedarf haben. Wie versuchen Sie hier vorzugehen?                                                                                     top-
                                                                                     dann wieder die nächsten Schritte davon ab. Das ist kein top­
                                                                                     down Prozess wie in einem Großkonzern, sondern die ge­
Lahm: Zwei Traditionsunternehmen in die Moderne zu ent­                              meinsame Richtung entsteht im Diskurs. Wir haben jede Wo­
wickeln ist etwas sehr Interessantes. Wenn ich ein Unterneh­                         che ein Meeting, in dem wir besprechen, was wir gemacht ha­
men genommen hätte, das einfach nur so läuft, wie hätte ich                          ben, und wo es hingehen soll. Mitarbeitende merken, wenn
mich einbringen können? Wir müssen uns hier mit allen The­                           das Management hinter Entscheidungen steht. Im Fußball als
men beschäftigen und man lernt einfach sehr viel dabei. Neh­                         ich Kapitän war, habe ich auch aus der Mitte heraus kooperativ
men wir das Beispiel Digitalisierung. Ich bin darin kein Fach­                       beteiligungsorientiert geführt und hatte immer Führungsspie­
mann, aber mir helfen Experten das Thema in der Arbeitswelt                          ler um mich herum, wie z. B. Manuel Neuer, Bastian Schwein­
der Firmen zu etablieren. Das finde ich absolut interessant.                         steiger, Thomas Müller, mit denen ich die Richtung, in die es
                                                                                     gehen soll, diskutiert habe und die das dann gerne mitgetra­
ZOE: Wie wirken Sie selbst in die Führungskultur der Unter­                          gen haben. Diesen Stil setze ich auch als Unternehmer fort.
nehmen, die Sie besitzen oder an denen Sie beteiligt sind, hin­                      Wir diskutieren mit den Leitern der verschiedenen Abteilung­
ein? Welchen «Fußabdruck» möchten Sie als Philipp Lahm in                            en unsere Strategie und beschließen, wie wir geschlossen nach
diesen Unternehmen setzen?                                                           außen diese Strategie sowie die Positionierung der Marke ver­
                                                                                     treten und umsetzen wollen. Verbündete zu haben, die das
Lahm: Mein Stil ist, wie ich im Fußball auch geführt habe. Ich                       eigene Führungskonzept mit verbreiten, ist sehr wichtig. Auch
will, dass alle beteiligt sind, dass alle sich Gedanken machen                       sind zu viele Hierarchieebenen kontraproduktiv. Hierarchie
über das Unternehmen, über die einzelnen Produkte und Pro­                           muss sein, da sie Orientierung gibt und am Ende muss irgend­
zesse. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass alle Mitarbeiter ein­                   jemand Entscheidungen treffen. Dafür hole ich von verschie­
gebunden und motiviert sind, das Unternehmen nach vorne                              denen Experten Meinungen ein, um am Ende eine gute Basis
zu bringen. Verschiedene Generationen brauchen dabei ver­                            für die Entscheidung zu haben.
schiedene Ansprachen, das ist ganz normal, weil sie in der
Kindheit jeweils durch eine andere Zeit geprägt wurden.                              ZOE: Welche Veränderungen haben Sie schon erreicht?

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Philipp Lahm, Brigitte Winkler | Fair Play | Schwerpunkt              | Gespräch

Lahm: Wir haben zum Beispiel das Sortiment stark verklei­            ZOE: In Ihrem Buch «Der feine Unterschied» schreiben Sie
nert, um uns auf die für uns wichtigen Bereiche zu fokussieren.      auf Seite 260: «Wir sind moderne Gladiatoren. Softies haben
Das wirkt sich nicht sofort positiv auf die Zahlen aus. Unser        im Fußball keinen Erfolg.» Trotzdem sind Sie als Spieler wäh­
Ansatz ist, langfristig erfolgreich zu sein. Ich denke, die Kultur   rend Ihrer langen Karriere kein einziges Mal vom Platz verwie­
im Unternehmen haben wir ebenfalls schon verändert, auch             sen worden und gaben damit ein Beispiel, dass Fair Play und
wenn nicht alle bei Neuerungen Juhu schreien. Das kenne              Erfolg sich nicht widersprechen müssen. Wie haben Sie das
ich aus dem Fußball. Wir hatten Jupp Heinckes als Trainer und        geschafft? Was bedeutet «Fair Play» für Sie in Ihrer neuen Rolle
als Pep Guardiola kam, hatte dieser einen ganz anderen An­           als Unternehmer?
satz. Da sind nicht alle Spieler gleich begeistert. Unser An­
spruch bei den Firmenbeteiligungen ist es, langfristig zusam­        Lahm: Ich würde sagen, ich hatte immer Respekt vor dem Ge­
menzuarbeiten und sich stetig weiterzuentwickeln, wie auch           samten. Respekt vor meinen Gegnern, Respekt vor dem Fuß­
in unserer Stiftungsarbeit. Meine in dieser Hinsicht konse­          ball, Respekt vor den Schiedsrichtern. Die Regeln zu verstehen
quente Haltung schlägt sich dann auch in Unternehmensent­            und einzuhalten, erachte ich für sehr wichtig und das habe ich
scheidungen nieder und von außen betrachtet ist das Feed­            einfach getan. Ich denke, dass meine Gegner immer gewusst
back sehr positiv.                                                   haben, dass ich mit ihnen respektvoll umgehe und ich daher
                                                                     auch wenig Aggressionen anderer erfahren habe. Ich hatte nie
ZOE: Mit welchen neuen Herausforderungen sehen Sie sich in           mit einem Gegenspieler große Probleme, aber wahrscheinlich
der Rolle als Unternehmer konfrontiert? Wie eignen Sie sich          auch, weil ich selbst nicht aggressiv aufgetreten bin. So wie
unternehmerisches Wissen an?                                         man sich verhält, kommt das auch zurück. Diese Haltung be­
                                                                     wahre ich auch als Unternehmer.
Lahm: Ich weiß, dass ich Fachmann im Fußball bin und ich
werde mir in keinem anderen Fachgebiet mehr so viel tief­            ZOE: Herr Lahm, vielen Dank für das interessante Gespräch.
gehendes Wissen aneignen können. Als Unternehmer sehe ich
mich als Lernender und als Mitglied eines Teams. Ich muss
mich mit Fachleuten austauschen, deren Meinung gelten las­
sen, um gute Entscheidungen zu treffen. Kommunikation ist ja
im Fußball wie überall, finde ich, das A und O. Ich erhalte
durch Gespräche Verständnis für die Themen und dadurch
eigne ich mir nach und nach Wissen an.
                                                                                                                    Philipp Lahm
ZOE: Wodurch entstand der außerordentliche Teamspirit von                                                           Vorstandsvorsitzender der Philipp Lahm-
«Der Mannschaft», die ihr zum WM-Sieg 2014 verhalf? Lässt                                                           Stiftung, die 2007 gegründet wurde und
                                                                                                                    ihren Sitz in München hat
sich davon etwas auf die Teamarbeit in Unternehmen über­
                                                                                                                    Kontakt:
tragen?                                                                                                             info@philipp-lahm-stiftung.de

Lahm: Ich bin mir nicht sicher, ob das auf Unternehmen über­
tragbar ist. Aber 2014 hatten wir beispielsweise den perfekten
                                                                                                    © Nadine Rupp

Campus, der uns als Mannschaft die Möglichkeit gab, häufig
auch außerhalb der Trainingseinheiten zusammenzutreffen,
sich aber auch zurückzuziehen. Wir hatten ein klares Ziel und
es gab viele in der Mannschaft, die Verantwortung überneh­
men wollten, und mithalfen, den Weg vorzugeben. Wir haben
                                                                                                                    Dr. Brigitte Winkler
                                                                                                                    Redakteurin der OrganisationsEntwick­lung,
darauf geachtet, dass keiner auf der Strecke bleibt, sondern                                                        Geschäftsführende Partnerin von A47
alle den Weg zum Ziel kennen und mittragen. Auf allen Posi­                                                         Consulting, Beratung für Unter­nehmens­
                                                                                                                    entwicklung und Managementdiagnostik
tionen hatten wir Top-Spieler, die ihre Stärken dem Team zur                                                        in München
Verfügung stellen und sich auch hinten anstellen können, um
                                                                                                                    Kontakt:
das Team voranzubringen. Ich denke, 2014 hatten wir diesen                                                          brigitte.winkler@a47-consulting.de
Teamspirit in Perfektion erreicht. Es war für den Erfolg ent­
scheidend, dass wir als Mannschaft jedes Spiel angegangen
sind, zusammengehalten und Verantwortung für das Ganze
übernommen haben.

OrganisationsEntwicklung Nr. 1 |2019 Langfassung — exklusiv für das Online-Archiv                                                                          51
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