Forschungsbericht im Rahmen des Projektes "REMSKA - Remote Working Skills for All" Anna Siegl Juni 2021 - HAW Hamburg

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Forschungsbericht im Rahmen des Projektes "REMSKA - Remote Working Skills for All" Anna Siegl Juni 2021 - HAW Hamburg
Remote Working Skills: Empirische Evidenz über die Relevanz und
                 den Bedarf aus sechs EU-Ländern

 Forschungsbericht im Rahmen des Projektes „REMSKA – Remote Working Skills
                                  for All“

                                                  Anna Siegl

                                            Deutsche Fassung 1        0F

                                                   Juni 2021

1 Bei diesem Bericht handelt es sich um die deutsche Fassung des REMSKA Forschungsberichts „Remote Working Skills:

Empirical Evidence on the Relevance and Needs from Six EU Countries“, der von der Autorin Anna Siegl von der Ar-
beitsstelle Migration an der Hochschule für Angewandte Wissenschaten (HAW) Hamburg übersetzt wurde. Der Origi-
nalbericht auf Englisch sowie die übersetzten Fassungen auf Bulgarisch, Deutsch, Französisch, Griechisch, Italienisch
und Slowenisch sind auf der Projektwebseite vorzufinden: www.remskaproject.eu.
Forschungsbericht im Rahmen des Projektes "REMSKA - Remote Working Skills for All" Anna Siegl Juni 2021 - HAW Hamburg
REMSKA Forschungsbericht

 Projektakronym:             REMSKA

 Projektname:                Remote Working Skills for All

 Projektcode:                2020-1-DE02-KA204-007722

 Dokumenteninformation

 Dokument-ID-Name:              REMSKA_IO1_O1-T4 Report_2021-03-19

 Titel des Dokuments:           Learning Outcomes on Remote Working Skills

 Outputtyp:                     Intellectual Output 1

 Tag der Abgabe:                19.03.2021

 Aktivitätstyp:

 Leitung der Aktivität:         HAW

 Dissemination:                 Öffentlich

 Beleghistorie

                                                              Art der Ände-
     Version               Datum             Änderung                           Abgabe durch
                                                                   rung

        1.0               19.03.2021      Initial document           -             HAW

                                                              Revision of the
        2.0               06.05.2021       Final document                          HAW
                                                                first draft

Haftungsausschluss

Die Unterstützung der Europäischen Kommission bei der Erstellung dieser Veröffentlichung stellt
keine Zustimmung zum Inhalt dar, der ausschließlich die Meinung der Autor*innen wiedergibt,
und die Kommission kann nicht für die Verwendung der darin enthaltenen Informationen verant-
wortlich gemacht werden.

Dieses Werk ist unter einer Creative Commons Attribution 4.0 Lizenz publiziert (CC-BY 4.0).
REMSKA Forschungsbericht

Zitiervorschlag

Siegl, Anna (2021): Empirische Evidenz über die Relevanz und den Bedarf aus sechs EU-Ländern.
REMSKA Forschungsbericht. Deutsche Fassung. Arbeitsstelle Migration. Hochschule für Ange-
wandte Wissenschaften (HAW) Hamburg.

Abstract

Diese Studie untersucht die Relevanz und Verfügbarkeit von Remote Working Skills auf dem eu-
ropäischen Arbeitsmarkt und nimmt dabei auch in den Blick, wie groß der Bedarf an diesen Fä-
higkeiten ist. Viele Menschen in der EU besitzen nur unzureichende Fähigkeiten für die Arbeit im
Homeoffice. Die Resultate der Sekundär- und Feldforschung in sechs EU-Ländern deuten darauf
hin, dass eine Kombination von digitalen und nicht-kognitiven Fähigkeiten benötigt wird, um in
einer sich schnell digitalisierenden Welt erfolgreich arbeiten zu können. Diejenigen Fähigkeiten,
die im Verlauf des Forschungsprozesses als essenziell identifiziert wurden, werden als Lerner-
gebnisse formuliert – als das, was eine Person, die im Homeoffice arbeitet, können und wissen
sollte.

 Ich möchte mich bei meiner lieben Kollegin und Forschungssupervisorin Vesela Kovacheva be-
 danken, die mich mit ihrer umfassenden Expertise bei der Erstellung dieses Berichts tatkräftig
                                        unterstützt hat.
REMSKA Forschungsbericht

1       Einführung ..........................................................................................................................................1

2       Hintergrund: Digitale Transformation des Arbeitsmarktes.................................................2

    2.1          Digitale Umstellung und Homeoffice ...................................................................................2

    2.2          Der Einfluss der COVID-19-Pandemie auf die digitale Transition und Arbeiten Homeoffice .4

    2.3          Die Europäische Kompetenzagenda ...................................................................................7

    2.4          Qualifikationsanforderungen für die zukünftige Arbeitswelt..................................................9

3       Methodik: Sekundärforschung und Expert*innenbefragung ............................................ 10

    3.1          Analyse von Artikeln zu „Remote Work“............................................................................11

    3.2          Stellenanzeigenanalyse ....................................................................................................12

    3.3          Expert*innenumfrage ........................................................................................................12

4       Ergebnisse: Empirische Belege für den Bedarf an Fähigkeiten für das Arbeiten im
Homeoffice ................................................................................................................................................ 13

    4.1          Digitale und nicht-digitale Fähigkeiten in der Debatte über das Arbeiten im Homeoffice .... 13

    4.2          Qualifikationsanforderungen in Stellenanzeigen mit Homeofficebezug ..............................17

    4.3          Expert*innensicht auf Relevanz, Verfügbarkeit und Bedarf von Fähigkeiten für das
    Homeoffice ...................................................................................................................................20

5       Fazit: Lernergebnisse zu Fähigkeiten beim Arbeiten im Homeoffice ............................. 29

Literaturverzeichnis .............................................................................................................................. 34

Anhang ....................................................................................................................................................... 36
REMSKA Forschungsbericht

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Erwerbstätige im Homeoffice in 2011 und 2019 ......................................................................... 6

Abbildung 2: Digitale und nicht-digitale Fähigkeiten in der Artikelanalyse ............................................ 14

Abbildung 3: Homeoffice in Stellenanzeigen ............................................................................................................ 17

Abbildung 4: Digitale und nicht-digitale Fähigkeiten als Voraussetzung in Stellenanzeigen ......... 19

Abbildung 5: Herausforderungen im Homeoffice .................................................................................................. 22

Abbildung 6: Verfügbarkeit und Relevanz digitaler Fähigkeiten ................................................................... 24

Abbildung 7: Verfügbarkeit und Relevanz von nicht-digitalen Fähigkeiten ............................................ 26

Abbildung 8: Weiterbildungsbedarf .............................................................................................................................. 28

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Lernergebnisse für das Homeoffice......................................................................................................... 32
REMSKA Forschungsbericht

Jede Person hat Recht auf allgemeine und berufliche Bildung und lebenslanges Lernen von hoher Qualität und
    in inklusiver Form, damit sie Kompetenzen bewahren und erwerben kann, die es ihr ermöglichen, vollständig
      am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und Übergänge auf dem Arbeitsmarkt erfolgreich zu bewältigen.

                                                     Erster Grundsatz der Europäischen Säule sozialer Rechte

1       Einführung
Technologischer Fortschritt ändert unweigerlich die Struktur von Arbeit. Mit dem Ausbruch des
COVID-19-Virus kam es in den frühen 2020er-Jahren zu einem sprunghaften Anstieg von Tätig-
keiten im Homeoffice. Die Nachfrage nach Personen mit Erfahrungen im Arbeiten im Homeoffice
ist hoch und es ist zu erwarten, dass diese weiterhin ansteigt, – auch nachdem die Pandemie vor-
bei sein wird. Die digitale Transformation der Arbeitswelt wirft Fragen bezüglich der Fähigkeiten
von Erwerbstätigen im Homeoffice und die darauf resultierenden Qualifikationsbedarfe auf. Das
Projekt „REMSKA – Remote Working Skills for All“ 2 zielt darauf ab, die Qualifizierungsbedarfe von
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Erwachsenen, die von Hause aus arbeiten oder sich darauf vorbereiten, zu identifizieren. Auf die-
ser Grundlage werden im weiteren Projektverlauf Fortbildungsmaterial und freiverfügbare On-
line-Schulungsinhalte entwickelt, die das Arbeiten im Homeoffice und die erfolgreiche Teilhabe
an der digitalen Arbeitswelt vereinfachen sollen.

Dieser Forschungsbericht zielt darauf ab, empirische Nachweise über die Relevanz von bestimm-
ten Fähigkeiten, die im Homeoffice benötigt werden, zu liefern und den Schulungsbedarf bezüg-
lich dieser Fähigkeiten in sechs EU-Ländern zu ermitteln: Belgien, Bulgarien, Deutschland, Grie-
chenland, Italien und Slowenien.

Der Bericht beginnt mit einem Einblick in den Diskurs über die digitale Transformation des Ar-
beitsmarktes und einer Beschreibung, wie die COVID-19-Pandemie die Diskussion über das Ar-
beiten im Homeoffice beeinflusst hat (Kapitel 2.1 und 2.2). Anschließend werden die wichtigsten
Maßnahmen der Europäischen Kommission, die als Reaktion auf den digitalen Wandel des Ar-
beitsmarktes geschaffen wurden, skizziert sowie die für den empirischen Teil dieser Arbeit ver-
wendeten Typologie von „Remote Working Skills“ vorgestellt (Kapitel 2.3 und 2.4). Kapitel 3 be-
schreibt den methodischen Ansatz zur Erhebung empirischer Daten über die Bedeutung,

2Im REMSKA-Projekt kooperieren sechs Euroopäische Partnerinstitutionen mit verschiedenen und daher sich ergänz-
nden Fachwissen aus dem Bereich der Hochschulbildung, Erwachsenenbildung, Arbeitnehmer*innenvertretung, For-
schung und Beratung: Innovela sprl (Belgien), Economic Policy Institute (Bulgarien), Hochschule für Angewandte Wis-
senschaften Hamburg (Deutschland), PROMEA – The Hellenic Society for the Promotion of Research & Development
Methodologies (Griechenland), IAL Nazionale – Innovazione Apprendimento Lavoro (Italien) und AZM – Andragoški
zavod Maribor (Slowenien). Das Projekt ist durch das Erasmus+-Programm der Europäischen Union kofinanziert.

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REMSKA Forschungsbericht

Verfügbarkeit und den Bedarf an Fähigkeiten für das Homeoffice in sechs EU-Ländern: die Analyse
relevanter Artikel zum Thema Homeoffice, die Analyse von Stellenanzeigen mit Fokus auf das
Homeoffice und eine webbasierte Umfrage mit Expert*innen im Bereich Homeoffice. Schließlich
stellt der Bericht die Ergebnisse der Sekundär- und Feldforschung aus den sechs EU-Ländern (Ka-
pitel 4) und die in der empirischen Arbeit ermittelten Lernergebnisse zu Fähigkeiten für das
Homeoffice (Kapitel 5) vor.

2     Hintergrund: Digitale Transformation des Arbeitsmarktes

2.1    Digitale Umstellung und Homeoffice

Seit einigen Jahren beschäftigt die Digitalisierung und ihr Einfluss auf die Arbeitswelt Politik und
Gesellschaft. Viele Studien in Europa und auf der ganzen Welt haben sich damit beschäftigt, die
wichtigsten Entwicklungen der Arbeitswelt von morgen zu identifizieren, um eine Anpassung an
diese Entwicklungen zu ermöglichen (Deutsche Gesellschaft für Personalführung e.V. 2016;
Kimpeler & Dönitz 2016; Deloitte 2018; Gonzalez Vazquez et al. 2019).

Der Wandel der Arbeitswelt wird nicht nur durch Digitalisierung verursacht, sondern ist auch
durch die globale wirtschaftliche Entwicklung und demografische Veränderungen stark beein-
flusst (Kimpeler & Dönitz 2016: 7). Dieses Kapitel fokussiert den Einfluss der Digitalisierung auf
den Arbeitsmarkt, dabei besonders die Möglichkeit, im Zuge der Digitalisierung im Homeoffice
arbeiten zu können.

Der Begriff “Digitalisierung” umfasst verschiedene Ideen und Bedeutungen. Zuallererst meint der
Begriff, die Umwandlung von analogen in digitale Formate. In einer Studie von Deloitte ist Digita-
lisierung als „eine Philosophie oder ein Verständnis von Geschäftsmodell, Strategie und Zukunfts-
orientierung, die auf dem Einsatz und der Nutzung moderner Informations- und Kommunikati-
onstechnologien (IKT) und konkreter Kommunikationstechniken basiert“ (Deloitte 2013: 8) be-
schrieben. Zudem wird verdeutlicht, dass die Nutzung dieser neuen Technologien und Techniken
eine Verbesserung von Geschäftsprozessen bewirken sollen (ibid.).

Eine andere Definition verdeutlicht den Unterschied zwischen der dritten (digitalen) Revolution,
die im letzten Fünftel des 20. Jahrhunderts begann, und den Innovationen seit dem 21. Jahrhun-
dert, die in der sogenannten vierten industriellen Revolution kulminieren. Während nach dieser
Definition die dritte Revolution in erster Linie Automatisierung, Optimierung und die Moderni-
sierung von privaten Haushalten und Arbeitsplätzen umfasst, bringt die aufkommende vierte

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REMSKA Forschungsbericht

industrielle Revolution disruptive Technologien, Autonomisierung, Flexibilisierung und Individu-
alisierung in den Fokus der Digitalisierung (Blendel 2018: n.s.).

Die alternative Bezeichnung “Industrie 4.0” verdeutlicht die Verbindung mit dem Begriff “Arbeit
4.0”. Arbeit 4.0 umfasst verschiedene Konzepte, die in der entsprechenden Literatur gefunden
werden können. Grundsätzlich beschreibt Arbeit 4.0 als Oberbegriff den Einfluss von Digitalisie-
rung auf den Arbeitsmarkt und die sich aus dem zunehmenden Einsatz von Technologie in der
Arbeitswelt ergebenden Konzepte von Arbeit im digitalen Zeitalter (Lindner 2020: 2). Lindner
zufolge werden spezifische Aspekte der Arbeit 4.0 mit weiteren Termini beschreiben, von denen
zwei für das Verständnis von „Remote Work“ aus der Perspektive des REMKSA-Projektes von Be-
deutung sind. Zum einen bezieht sich Linder auf den Begriff „Digital Workplace“, der als ein Ar-
beitsplatz verstanden wird, der zunehmend durch Tools und Technologien unterstützt wird, was
zu neuen Möglichkeiten führt, wie z. B. einer stärkeren Vernetzung der Erwerbstätigen oder dem
Arbeiten im Homeoffice. Des Weiteren beschreibe der vom Austro-amerikanischen Philosophen
Bergmann geprägte Begriff „New Work“ die Auflösung der Bindung an feste Arbeitsorte und -zei-
ten sowie von Organisationsstrukturen, wie es z. B. bei der Arbeit im Homeoffice der Fall ist (Lind-
ner 2019: 22 f.). Beide Begriffe stehen in engem Zusammenhang mit dem Begriff „Remote Work“,
der im REMSKA-Projekt verwendet und definiert wird als "the practice of an employee working
at their home, or in some other place that is not an organisation's usual place of business"
(Cambridge Dictionary n.s.). 3    2F

Digitalisierung bringt Chancen und Herausforderungen für die Arbeitswelt. Strassnig et al. führen
aus, dass die größten Herausforderungen der Digitalisierung, die Verdrängung menschlicher Ar-
beitskraft durch digitale Technologien, aber auch die Entwicklung neuer Berufe durch die Digita-
lisierung und die schnelle Veränderung der Qualifikationsanforderungen für bestimmte Berufe
sind (Strassnig et al. 2019: 20). Gonzalez Vazquez et al. verweisen darauf, dass selbst zurückhal-
tende Schätzungen davon ausgehen, dass Millionen von Arbeitsplätzen einem hohen Risiko der
Automatisierung ausgesetzt sind (Gonzalez Vazquez et al. 2019: 13 ff.). Jobs im Niedriglohnsektor,
die ein geringeres Maß an formaler Bildung erfordern, sind mit einer größeren

3 Der deutsche Übersetzung des Begriffs „Remote Work“ lautet frei übersetzt etwa „Fernarbeit“. Diese Begrifflichkeit
scheint sich jedoch im deutschen Sprachraum nicht durchgesetzt zu haben. In einigen deutschen Quellen wird der eng-
lische Begriff „Remote Work“ verwendet, oder es wird auf Synonyme oder Umschreibungen wie beispielsweise Home-
office, arbeiten von zu Hause aus, remotes Arbeiten oder ortsunabhängiges Arbeiten zurückgeriffen. Wichtig hierbei ist
vor allem die in dem Zitat aus dem Cambridge Dictionary gemachte Unterscheidung, dass die Tätigkeit nicht in einem
festen Büro im Unternehmen selbst durchgeführt wird, sondern an einem anderen Ort, welcher akutell in den meisten
Fällen aufgrund der fortwährenden pandemischen Situation wohl das eigene Zuhause sein wird. In der hier vorliegen-
den deutschen Übersetzun des Berichts werden je nach sprachlichem Kontext der englische Begriff oder auf den Begriff
„Homeoffice“ zurückgegriffen.

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REMSKA Forschungsbericht

Wahrscheinlichkeit von der Verdrängung betroffen als Jobs, die eine höhere Qualifizierung erfor-
dern (Arntz et al. 2016: 19; Gonzalez Vazquez et al. 2019: 18). Der Anteil der Menschen, die ein
hohes Risiko haben, ihren Arbeitsplatz durch die Automatisierung zu verlieren, wird beispiels-
weise für Deutschland auf 12 Prozent und für Belgien auf 7 Prozent geschätzt (Arntz et al. 2016:
15). Arntz et al. grenzen sich vom Narrativ der ausschließlich riskanten Digitalisierung ab und
fokussieren auch die Vorteile der Digitalisierung und argumentieren, dass sich die Arbeitswelt
allmählich anpassen wird, z. B. könnten Erwerbstätige zu neuen Aufgaben wechseln (ibid.: 7ff.).

Es ist offensichtlich, dass die Digitalisierung die Arbeitswelt verändern wird. Die Vergangenheit
hat uns gezeigt, dass die durch den technischen Fortschritt angestoßenen Veränderungen in der
Arbeitswelt immer einen großen Einfluss auf die Nachfrage nach bestimmten Fähigkeiten hatten
(Hammermann & Stettes 2015: 9). Während es wahrscheinlich ist, dass der zukünftige Arbeits-
markt "a moderate level of digital skills combined with strong non-cognitive skills" (Gonzalez
Vazquez et al.: 32) erfordert, hatten laut dem Joint Research Center der Europäischen Kommission
in 2019 ein Drittel der Arbeitskräfte in der EU keine oder fast keine digitalen Fähigkeiten (ibid.:
35). Kimpeler und Dönitz betonen, dass die Sicherung der sozialintegrativen Funktion von Arbeit
davon abhängt, wie die Gesellschaft und dabei insbesondere das Bildungssystem auf die Heraus-
forderungen der Digitalisierung reagiert (Kimpeler & Dönitz 2016: 8). Um alle Menschen an den
Vorteilen der digitalen Transformation teilhaben zu lassen und Bildungsgerechtigkeit zu ermög-
lichen, ist es unerlässlich, den Zugang zu Lerninhalten zu erleichtern und (Re-)Qualifizierung und
lebenslanges Lernen für alle zu gewährleisten.

2.2   Der Einfluss der COVID-19-Pandemie auf die digitale Transition und Arbeiten Home-
      office

Die COVID-19-Pandemie hatte schwerwiegende Auswirkungen auf die gesellschaftliche Gesund-
heit und verursachte Brüche in der Wirtschaft und auf den Arbeitsmärkten der ganzen Welt (ILO
2020a: 5). Die Schließung von nicht systemrelevanten Betrieben und die makroökonomischen
Folgen der Pandemie führten zu Entlassungen und Kurzarbeit (Naumann et al. 2020). Gleichzeitig
hat der pandemiebedingte Lockdown den Übergang in die digitale (Arbeits-)Welt beschleunigt
und das Arbeiten im Homeoffice wurde für Millionen von Menschen in Europa zur Realität. Viele
Arbeitgeber*innen erweiterten, zumindest vorübergehend, die Möglichkeiten, im Homeoffice zu
arbeiten. Zahlreiche Unternehmen wurden jedoch unvorbereitet getroffen und mussten zum

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REMSKA Forschungsbericht

ersten Mal und in aller Eile Homeofficeoptionen einführen (ILO 2020a: 3). 4 Die Internationale Ar-
                                                                                       3F

beitsorganisation (ILO) weist darauf hin, dass die Fortschritte durch die Digitalisierung zwar das
Arbeiten im Homeoffice ermöglicht haben, aber nicht alle Arbeiten außerhalb von Betrieben erle-
digt werden können, beispielsweise wenn der Einsatz von Informations- und Kommunikations-
technologie (noch) nicht sinnvoll oder möglich ist (ebd.: 6). Die negativen ökonomischen Folgen,
wie etwa arbeitslos zu werden oder aufgrund der pandemischen Einschränkungen in Kurzarbeit
gehen zu müssen, betrafen nicht alle gleichermaßen, sondern verschärften bestehende soziale Un-
gleichheiten.

Die Relevanz von Homeofficetätigkeiten hat in den letzten zehn Jahren leicht zugenommen, und
der Ausbruch von COVID-19 hat diesen Trend zuletzt beschleunigt. Während im Jahr 2011 weni-
ger als 13,1 Prozent der Erwerbstätigen in der EU manchmal oder gewöhnlich im Homeoffice ar-
beiteten, stieg ihr Anteil auf 16,1 Prozent im Jahr 2019 (Eurostat 2020). Zwischen den einzelnen
EU-Mitgliedsstaaten bestehen erhebliche Unterschiede (siehe Abbildung 1). Das wird vor allem
dann deutlich, wenn man die folgenden Länder vergleicht: Im Vereinigten Königreich arbeiteten
2019 48,1 Prozent der Erwerbstätigen manchmal oder gewöhnlich im Homeoffice, in Rumänien
dagegen lediglich 0,7 Prozent. Mit Blick auf die REMSKA-Partnerländer fällt auf, dass Bulgarien
mit 1,1 Prozent, Italien mit 4,7 Prozent und Griechenland mit 5,3 Prozent der Erwerbstätigen, die
im Jahr 2019 manchmal oder gewöhnlich im Homeoffice arbeiteten, deutlich unter dem europäi-
schen Durchschnitt von 16,1 Prozent liegen. Auch Deutschland liegt mit 12,6 Prozent unter dem
Durchschnitt, während Slowenien mit 17,8 Prozent und Belgien mit 24,6 Prozent über dem euro-
päischen Durchschnitt liegen.

4Siehe REMSKA-Bericht "Analysis of challenges faced and lessons learnt for workers that had to switch to remote wor-
king during the 2020 epidemic" (INNOVELA 2021) für weitere Erkenntnisse über die Auswirkungen von COVID-19 auf
Erwerbstätige.

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REMSKA Forschungsbericht

Abbildung 1: Erwerbstätige im Homeoffice in 2011 und 2019

      Rumänien
       Bulgarien
         Zypern
         Litauen
         Ungarn
          Italien
        Lettland
   Griechenland
       Kroatien*
        Spanien
        Portugal
       Slowakei
     Tschechien
          Malta
    Deutschland
          Polen
      Slowenien
          Irland
         Estland
      Österreich
      Frankreich
         Belgien
      Dänemark
       Finnland
     Luxemburg
   Niederlande**
      Schweden
             UK
   Total (EU-28)

                    0%   5%       10%          15%       20%        25%     30%        35%    40%     45%   50%

                                        2019                                           2011

                         gewöhnlich                  manchmal             gewöhnlich           manchmal

Quelle: eigene Zusammenstellung auf Basis von Statistiken von Eurostat 2020; *Kroatien ist seit 2013 EU-Mitglied;
**Daten für 2011 nicht vollständig verfügbar

Umfrageergebnisse von Eurofound deuten darauf hin, dass die Zahl der Personen, die im Home-
office arbeiten, infolge der COVID-19-Pandemie im Jahr 2020 rapide anstieg (Eurofound 2020b).
Etwa 45 Prozent der derzeit in der EU (EU-27) Beschäftigten arbeiteten im Juni und Juli 2020 im
Homeoffice – in einer Zeit, in der sich Gesellschaft und Wirtschaft langsam wieder öffneten
(Eurofound 2020a: 68, 2020b). In Belgien arbeiteten Erwerbstätige mit 66 Prozent am häufigsten

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REMSKA Forschungsbericht

im Homeoffice, während Arbeit im Homeoffice in Bulgarien mit 26 Prozent am wenigsten verbrei-
tet war.

Die Tatsache, dass viele Erwerbstätige in Europa während der Pandemie im Homeoffice arbeite-
ten, offenbarte eine bereits bestehende Qualifikationslücke sowie neu entstehende Ungleichhei-
ten, da viele Menschen nicht über die erforderlichen digitalen Fähigkeiten verfügen (European
Commission 2020: 3). Angesichts umfangreicher Einschränkungen und massiver wirtschaftlicher
Einschnitte betont die Europäische Kommission, dass "now, more than ever, the EU needs a par-
adigm-shift on skills […] to drive the [climate neutral and digital] 5 transition and ensure recovery
                                                                            4F

from the socio-economic impact of the COVID-19" (ebd.). Die Maßnahmen, die teilweise schon vor
der Pandemie von der Europäischen Kommission als Reaktion auf die sich verändernde Arbeits-
welt durchgeführt wurden, werden im nächsten Kapitel umrissen.

2.3       Die Europäische Kompetenzagenda

Die digitale Transformation verändert das gängige Verständnis von Arbeit und beeinflusst den
Bedarf an bestimmten Fähigkeiten (European Commission 2016: 2 f.). Qualifikationen werden als
Wegbereiter für Beschäftigungsfähigkeit und Wohlstand angesehen, und es wird argumentiert,
dass Menschen mit den passenden Fähigkeiten sichere Arbeitsplätze finden und ihr Potenzial als
selbstbewusste und aktive Bürger ausschöpfen können (ebd.: 1).

Die Kompetenzagenda der Europäischen Kommission hebt Herausforderungen und Chancen für
Europa hervor, darunter die folgenden Aspekte, die hauptsächlich mit der digitalen Transforma-
tion auf dem Arbeitsmarkt zusammenhängen (ebd.: 2 f.):

      •    Der digitale Wandel verändert das bisherige Verständnis von Arbeit und beeinflusst den
           Bedarf an bestimmten Fähigkeiten.
      •    Viele Branchen erleben einen rasanten technologischen Wandel, und für viele Jobs – von
           den einfachsten bis zu den anspruchsvollsten – werden digitale Fähigkeiten benötigt. Ein
           hohes Maß an Fähigkeiten ermöglicht es den Menschen, sich an unvorhergesehene Verän-
           derungen anzupassen.
      •    Qualifikationsdefizite behindern Produktivität und Wachstum und beeinträchtigen die
           Widerstandsfähigkeit der Mitgliedstaaten gegenüber wirtschaftlichen Krisen.

5 Der klimaneutrale und digitale Wandel, der die Lebens- und Arbeitswelt und die des Miteinanders umgestaltet, wird
in der englischsprachigen Quelle als „Twin Transition” bezeichnett.

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REMSKA Forschungsbericht

Die Nachfrage nach digitalen Fähigkeiten ist kontinuierlich gestiegen, aber die Verfügbarkeit die-
ser Fähigkeiten ist unzureichend. In der EU verfügen 61 Millionen Menschen über keine ausrei-
chenden Lese- und Schreibkenntnisse und digitalen Fähigkeiten und sind daher von Arbeitslosig-
keit, sozialer Ausgrenzung und Armut bedroht (European Commission 2019: 1). Etwa 40 Prozent
der europäischen Arbeitgeber*innen berichteten über Schwierigkeiten bei der Rekrutierung von
Mitarbeiter*innen, die über die für Wirtschaftswachstum und Innovation erforderlichen Qualifi-
kationen verfügen (ebd.).

Um auf diese Herausforderungen zu reagieren, hatte die Europäische Kommission im Jahr 2016
mehrere Maßnahmen im Rahmen der Europäischen Kompetenzagenda umgesetzt. Zwei davon
sind eng mit dem Bereich des Arbeitens im Homeoffice verbunden: die Empfehlung des Rates zu
Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen sowie der Europäische Qualifikationsrahmen
(EQR) (European Commission 2016: 1).

Die Empfehlung des Rates zu Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen aus Mai 2018
(Council of the European Union 2018; ILO 2020b) zielt darauf ab, die Entwicklung von Grundfer-
tigkeiten und Schlüsselkompetenzen für alle zu verbessern, und zwar von einem frühen Alter an
und während des gesamten Lebens, da sie für die persönliche Entfaltung und Entwicklung eine
aktive und verantwortungsbewusste Bürger*innenschaft, soziale Eingliederung und Beschäfti-
gung benötigt werden (Council of the European Union 2018). Die Empfehlung soll die EU-Mit-
gliedsstaaten ermutigen, ihre Bemühungen zu verstärken, um die Menschen in Europa auf die sich
verändernden Arbeitsmärkte und die aktive Bürger*innenschaft in einer vielfältigeren, mobile-
ren, digitalen und globalen Gesellschaft vorzubereiten (European Commission 2019: 2).

Der Europäische Qualifikationsrahmen (EQR) wurde 2008 als gemeinsamer Referenzrahmen für
Qualifikationen ins Leben gerufen. Der EQR wurde entwickelt, um Qualifikationen für Arbeitge-
ber*innen und Institutionen in ganz Europa leichter verständlich zu machen, indem verschiedene
Qualifikationssysteme und deren Niveaus vergleichbar gemacht werden (European Commission
2018b: 5). Der Vergleich von Qualifikationen ist durch die Formulierung von Lernergebnissen
möglich, d.h. was Menschen lernen, wenn sie neue Qualifikationen erlangen (European
Commission 2016: 10). Als eine der zehn Maßnahmen der Kompetenzagenda wurde der EQR im
Jahr 2017 überarbeitet, um diesen an die heutigen und zukünftigen Herausforderungen anzupas-
sen (European Commission 2018b: 13).

Als Antwort auf die Herausforderungen der Pandemie und um den digitalen und ökologischen
Wandel voranzutreiben, hat die Europäische Kommission im Juli 2020 die neue europäische Kom-
petenzagenda für nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit, soziale Gerechtigkeit und Resilienz

                                                8
REMSKA Forschungsbericht

vorgestellt, die auf der Kompetenzagenda von 2016 aufbaut (European Commission 2020: 3). Ziel
der Kompetenzagenda 2020 ist es, Einzelpersonen und Unternehmen dabei zu unterstützen, um-
fassendere Kompetenzen zu entwickeln und umzusetzen, um so die nachhaltige Wettbewerbsfä-
higkeit zu stärken. Der Schwerpunkt liegt dabei auf Qualifikationen und lebenslangem Lernen für
nachhaltiges Wachstum, Produktivität und Innovation, wobei soziale Gerechtigkeit gewährleistet
werden soll, indem der Zugang zu Weiterbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten ermöglicht
sowie auf der Grundlage der während der COVID-19-Pandemie gewonnenen Erkenntnisse Resili-
enz aufgebaut wird, um auf kommende Krisen reagieren zu können (ebd.). Die Agenda betont,
neben dem lebenslangen Lernen als Voraussetzung für das Erreichen dieser Ziele, das Erreichen
von arbeitsplatzrelevanten Fähigkeiten als eines ihrer Leitziele (ebd.).

2.4       Qualifikationsanforderungen für die zukünftige Arbeitswelt

Digitale Kompetenzen gehören zu den acht Kompetenzen, die in dem gemeinsamen europäischen
Referenzrahmen für Schlüsselkompetenzen von 2018 als wichtig definiert werden, um mit der
sich schnell verändernden und vernetzenden Welt Schritt halten zu können (Council of the
European Union 2018: 187/7): Lese- und Schreibkompetenz, Mehrsprachigkeit, mathematische,
naturwissenschaftliche und technische Fähigkeiten, persönliche und soziale Kompetenzen sowie
Fähigkeit, neue Kompetenzen zu erwerben, aktive Bürger*innenschaft, unternehmerische Kom-
petenzen, kulturelles Bewusstsein und digitale Kompetenzen.

Der europäische Referenzrahmen für digitale Kompetenz (DigComp), der 2013 erstmals veröf-
fentlicht wurde, wird verstanden als "free, flexible reference framework that can be adapted to
support the development and understanding of digital competence in any setting" (European
Commission 2018a: 1). DigComp definiert digitale Kompetenz als selbstbewussten, kritischen und
verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Technologien fürs Lernen, bei der Arbeit und für die
Teilhabe an der Gesellschaft (Vuorikari et al. 2016: 5). Der Referenzrahmen unterteilt die digitalen
Kompetenzen in fünf Schlüsselkompetenzbereiche, von denen jeder mehrere Fähigkeiten um-
fasst:

      •    Informations- und Datenkompetenz
      •    Kommunikation und Zusammenarbeit
      •    Erstellung digitaler Inhalte
      •    Sicherheit und
      •    Problemlösung (European Commission 2018a: 4).

                                                     9
REMSKA Forschungsbericht

Neben diesen digitalen Fähigkeiten sind auch nicht-digitale Fähigkeiten für den zukünftigen Ar-
beitsmarkt wichtig. Gonzalez Vazquez et al. unterscheiden zwischen kognitiven und nicht-kogni-
tiven Fähigkeiten und weisen darauf hin, dass der Referenzrahmen für Schlüsselkompetenzen be-
reits einige nicht-kognitive Fähigkeiten berücksichtigt, diese aber im Hinblick auf die zukünftige
Arbeitswelt stärker in den Fokus gerückt werden müssen (Gonzalez Vazquez et al. 2019: 32). Sie
argumentieren zudem, dass zukünftige Arbeitsplätze mindestens ein moderates Maß an digitalen
Fähigkeiten in Kombination mit starken nicht-kognitiven Fähigkeiten erfordern (ebd.).

Nicht-kognitive Fähigkeiten, auch Soft Skills genannt, werden in der Literatur bisweilen leicht un-
terschiedlich bezeichnet und klassifiziert. Sie können jedoch allgemein als persönliche Eigen-
schaften und Einstellungen beschrieben werden (Borghans et al. 2008: 975; Pierre et al. 2014: 8;
Gonzalez Vazquez et al. 2019: 31). Insbesondere die nicht-kognitiven Fähigkeiten wie Planung,
Teamarbeit und Kommunikation werden als wesentlich für den zukünftigen Arbeitsmarkt her-
vorgehoben (Kimpeler & Dönitz 2016: 5).

In der Literatur gibt es unterschiedliche Definitionen von kognitiven Fähigkeiten, die sich jedoch
in der Regel auf mentale Fähigkeiten beziehen. Nach Gottfredson zum Beispiel beinhalten kogni-
tive Fähigkeiten "the ability to reason, plan, solve problems, think abstractly, comprehend com-
plex ideas, learn quickly and learn from experience" (Gottfredson 1997: 19). Gonzales Vazquez et
al. sehen kognitive Fähigkeiten als relevant für den zukünftigen Arbeitsmarkt an, darunter Prob-
lemlösungs-, Rechen- und Lesefähigkeiten, bringen diese aber nicht in den Fokus (Gonzalez
Vazquez et al. 2019: 32).

Das Projekt REMSKA zielt darauf ab, die spezifische Kombination von Fähigkeiten zu identifizie-
ren, die für das Arbeiten im Homeoffice erforderlich ist und die damit als entscheidender Bestand-
teil der zukünftigen Arbeitswelt angesehen wird. Dabei wird hauptsächlich zwischen nicht-digi-
talen Fähigkeiten, die nicht-kognitive sowie kognitive Fähigkeiten umfassen und digitalen Fähig-
keiten unterschieden. Um die Relevanz, die Verfügbarkeit und den Bedarf an spezifischen digita-
len und nicht-digitalen Fähigkeiten für die Arbeit im Homeoffice empirisch zu belegen, wurden in
sechs EU-Mitgliedsstaaten empirische Untersuchungen durchgeführt.

3   Methodik: Sekundärforschung und Expert*innenbefragung
In diesem Kapitel wird der methodische Ansatz für die Erhebung von empirischen Daten zu Kom-
petenzen im Homeoffice in den sechs am Projekt beteiligten EU-Ländern vorgestellt. Mit dem Ziel,
empirische Belege für die Relevanz und Verfügbarkeit spezifischer Fähigkeiten zu liefern und den
Schulungsbedarf von Erwerbstätigen im Homeoffice zu ermitteln, wurden Sekundär- und

                                                10
REMSKA Forschungsbericht

Feldforschung kombiniert. Die Sekundärforschung umfasste die Analyse relevanter Dokumente
und Stellenausschreibungen im Bereich der Arbeit im Homeoffice. Sie lieferte somit einen Einblick
in die Debatten über Fähigkeiten für das Homeoffice und zeigte empirisch den aktuellen Bedarf
an diesen Fähigkeiten auf dem Arbeitsmarkt auf. In der Feldforschung wurde eine webbasierte
Umfrage unter Expert*innen im Bereich der Arbeit im Homeoffice in den sechs EU-Ländern durch-
geführt. Die Umfrage sammelte Wissen und Meinungen von Expert*innen zu den Herausforderun-
gen und dem Bedarf an spezifischen Fähigkeiten für das Homeoffice mithilfe einer standardisier-
ten Umfrage.

3.1   Analyse von Artikeln zu „Remote Work“

Die Analyse relevanter Artikel zielte darauf ab, Informationen über den Diskurs über das Arbeiten
im Homeoffice in den jeweiligen Ländern zu sammeln und die Herausforderungen und den Bedarf
an Kompetenzen für das Homeoffice auf dem sich verändernden Arbeitsmarkt zu identifizieren.

Zur Dokumentation ausgewählter Artikel wurde ein standardisiertes Formblatt erstellt (siehe An-
hang 1). Das Formblatt diente der Erfassung von digitalen und nicht-digitalen Fähigkeiten und
Anforderungen in Bezug auf das Arbeiten im Homeoffice. Darüber hinaus wurden Herausforde-
rungen und Vorteile der Arbeit im Homeoffice für Arbeitnehmer*innen und den Arbeitsmarkt er-
fasst. Diese Ergebnisse werden im REMSKA-Bericht zu Herausforderungen und Erfahrungen von
Arbeitnehmer*innen, die während der Epidemie 2020 auf Homeofficearbeit umstellen mussten,
vorgestellt (INNOVELA 2021).

Die Datenerhebung fand im Dezember 2020 statt. Jeder Partner wählte 10 bis 12 aktuelle Artikel
über Homeoffice im jeweiligen Land aus und füllte das standardisierte Formblatt in englischer
Sprache aus. Bei den meisten der analysierten Dokumente handelt es sich um Medienartikel und
akademische Berichte, die im Jahr 2020 veröffentlicht wurden (siehe eine Liste der analysierten
Artikel in Anhang 2). Daher wird davon ausgegangen, dass die in den Artikeln skizzierte Debatte
über das Arbeiten im Homeoffice durch die COVID-19-Pandemie beeinflusst wurde.

Die erhobenen Daten wurden induktiv nach der Methodik von Mayring kodiert, die eine qualita-
tive und quantitative Analyse ermöglicht (Mayring 2014). Die Kategorien wurden anschließend
den Bereichen digitale, nicht-digitale Kompetenzen und Rahmenbedingungen zugeordnet und zu-
sammengefasst. Anschließend wurde eine Analyse der Kategorienhäufigkeiten durchgeführt. Auf
diese Weise konnten die im öffentlichen Diskurs über Arbeiten im Homeoffice am häufigsten dis-
kutierten Kompetenzen identifiziert und untersucht werden.

                                               11
REMSKA Forschungsbericht

3.2      Stellenanzeigenanalyse

In jedem Land wurden Stellenanzeigen zum Thema Homeoffice gesammelt und analysiert, um ei-
nen Einblick in die Qualifikationsanforderungen bei der Einstellung von Personen, die im Home-
office arbeiten, zu erhalten. Zur Identifizierung von Stellenanzeigen mit Homeofficebezug wurden
die jeweiligen Jobplattformen der Länder nach Stichworten wie "Homeoffice", "Homeoffice-Stel-
lenangebote" und "Arbeiten von zu Hause aus" durchsucht. In jedem Land wurden 25 bis 30 Stel-
lenanzeigen zum Thema Homeoffice gesammelt und in einem standardisierten Formblatt doku-
mentiert (siehe Anhang 3). Insgesamt wurden 162 Stellenanzeigen gesammelt und ausgewertet.
Das Formblatt diente dazu, relevante Inhalte der Stellenanzeigen zu erfassen – in erster Linie di-
gitale und nicht-digitale Kompetenzen, die für die Stelle erforderlich sind. Die im Formblatt zu
erfassenden digitalen und nicht-digitalen Kompetenzen wurden hauptsächlich aus der Empfeh-
lung des Rates zu Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen (European Commission 2018b)
und dem europäischen Referenzrahmen für digitale Kompetenzen (DigComp) (European
Commission 2018a) abgeleitet und an den spezifischen Bereichen des Arbeitens im Homeoffice
angepasst.

3.3      Expert*innenumfrage

Eine webbasierte Befragung von Expert*innen wurde in den sechs EU-Ländern durchgeführt und
liefert Expert*innenperspektiven zur Arbeit im Homeoffice. Das erste Ziel der Befragung war es,
die am meisten geschätzte und geforderte Kombination aus Fähigkeiten, Kompetenzen und Wis-
sen zu ermitteln, die Einzelpersonen und Unternehmen in einem Zeitalter der „Remote Work“ be-
nötigen. Das zweite Ziel war es, die bestehenden Diskrepanzen zwischen den Fähigkeiten und
Herausforderungen beim Arbeiten im Homeoffice sowie die Erfahrungen der Expert*innen aufzu-
zeigen. Es wurde ein standardisierter Fragebogen entwickelt. Dieser umfasste 17 Fragen, die
meisten davon geschlossen. Der Fragebogen wurde auf Englisch entwickelt und in die jeweiligen
Sprachen der teilnehmenden Länder übersetzt. Die Umfrage wurde als webbasierter Fragebogen
konzipiert und mit dem EU Survey Tool 6 erstellt. Als Teilnehmer*innen kamen Expert*innen mit
                                         5F

Kenntnissen über Arbeit im Homeoffice in Frage, die mit der Verfügbarkeit von und Nachfrage
nach Personen, die im Homeoffice arbeiten, vertraut sind. Dies sind beispielsweise Arbeitge-
ber*innen, Personalverantwortliche, Arbeitsberater*innen, In-House-Trainer*innen, Ausbil-
der*innen für Arbeitsplatzmentor*innen, Anbieter*innen von berufsbegleitender Weiterbildung

6   EUSurvey - Welcome (europa.eu).

                                                12
REMSKA Forschungsbericht

in Unternehmen und Mitarbeiter*innen von Bildungseinrichtungen. Die Datenerhebung fand im
Januar und Februar 2021 statt. Insgesamt haben 168 Expert*innen 7 teilgenommen und den Fra-
                                                                                   6F

gebogen ausgefüllt.

4       Ergebnisse: Empirische Belege für den Bedarf an Fähigkeiten für das Arbeiten
        im Homeoffice
In diesem Kapitel werden die Ergebnisse aus der Sekundärforschung und der Feldforschung in
den sechs EU-Ländern vorgestellt. Es beginnt mit Erkenntnissen zur öffentlichen Debatte über das
Arbeiten im Homeoffice aus der Analyse der Artikel und diskutiert die Herausforderungen und
den Bedarf an Fähigkeiten für das Arbeiten im Homeoffice (Kapitel 4.1). Dann werden Ergebnisse
aus der Analyse der Stellenanzeigen und die Relevanz von digitalen und nicht-digitalen Fähigkei-
ten vorgestellt (Kapitel 4.2). Abschließend stellt das Kapitel die Ergebnisse der Befragung und die
Einschätzung der Expert*innen der Bedeutung, der Verfügbarkeit und des Bedarfs an Fähigkeiten
bei der Arbeit im Homeoffice vor (Kapitel 4.3).

4.1      Digitale und nicht-digitale Fähigkeiten in der Debatte über das Arbeiten im Home-
         office

Die Analyse der Artikel gibt einen Einblick in die Relevanz von digitalen und nicht-digitalen Fä-
higkeiten für das Arbeiten im Homeoffice in der öffentlichen Debatte. Die Ergebnisse zeigen, dass
nicht-digitale Fähigkeiten in der öffentlichen Debatte über das Arbeiten im Homeoffice häufiger
diskutiert werden als digitale Fähigkeiten (siehe Abbildung 2). Nicht-digitale Fähigkeiten wurden
fast doppelt so häufig genannt wie digitale Fähigkeiten: 65 Prozent aller genannten Fähigkeiten
waren nicht-digitale Fähigkeiten und 35 Prozent waren digitale Fähigkeiten. Betrachtet man die
Unterscheidung zwischen nicht-kognitiven und kognitiven Fähigkeiten (siehe Kapitel 2.4), so zei-
gen die Ergebnisse, dass die nicht-kognitiven Fähigkeiten mit einem Anteil von 95 Prozent bei den
nicht-digitalen Fähigkeiten dominieren. Organisatorische und planerische Fähigkeiten, Anpas-
sungsfähigkeit und Kommunikation werden in den Artikeln am häufigsten genannt. Bei den digi-
talen Fähigkeiten dominieren die IKT-Fähigkeiten, gefolgt von digitalen Kommunikationsfähig-
keiten und Softwarefähigkeiten.

7   Herzlichen Dank an alle Expert*innen, die an der Umfrage teilgenommen haben.

                                                         13
REMSKA Forschungsbericht

Abbildung 2: Digitale und nicht-digitale Fähigkeiten in der Artikelanalyse

                                              Organisation/Planung                                                            30%
                                               Anpassungsfähigkeit                                                     27%
                                                   Kommunikation                                                       27%
                                                   Zeitmanagement                                            21%
                                                     Selbstdisziplin                                         21%
                                                 Work-Life-Balance                                     18%
    Nicht-digitale Fähigkeiten

                                                         Autonomie                               15%
                                             Emotionlae Intelligenz                             14%
                                                         Flexibilität                      12%
                                                     Teamfähigkeit                         12%
                                                         Motivation                       11%
                                                         Kreativität                  9%
                                                     Problemlösung                  8%
                                                        Proaktivität                8%
                                                   Zusammenarbeit                   8%
                                                         Innovation                 8%
                                   Andere nicht-digitale Fähigkeiten                                                                33%
                    Informations- und Kommunikationstechnik                                                                                     44%
                                           Digitale Kommunikation                                                      27%
                                         Software-/Tool-Kenntnisse                                           21%
    Digitale Fähigkeiten

                                                      Cybersecurity                        12%
                                 Informations- und Datenkompetenz                     9%
                                            Digital Content Creation                8%
                           Gesundheitsvorsorge im digitalen Umfeld                  8%
                                           Online-Zusammenarbeit                    8%
                                        Andere digitale Fähigkeiten                                    18%

                                                                        0%          10%                20%              30%               40%              50%

                                                                                                      Artikel in % (N=66)

Quelle: eigene Darstellung auf Grundlage der Artikelanalyse

Wie Abbildung 2 zeigt, sind die am häufigsten diskutierten nicht-digitalen Fähigkeiten in den Ar-
tikeln organisatorische und planerische Fähigkeiten, was auf eine hohe Relevanz dieser nicht-di-
gitalen Fähigkeiten hinweist. Die hohe Relevanz dieser Fähigkeiten scheint damit zusammenzu-
hängen, dass Erwerbstätige im Homeoffice Arbeit selbst organisieren (z. B. BG-12; DE-5) 8 und                                                         7F

Aufgaben planen müssen, ohne dabei von Vorgesetzten kontrolliert zu werden (BG-4), zudem ge-
stalten sie den eigenen Arbeitsplatz selbstständig (GR-2). Die Kategorie Planung/Organisation
umfasst verschiedene Aufgaben, von denen Zeitmanagement in den Artikeln häufig explizit

8Der Ländercode und die Nummer kodieren die analysierten Artikel. BE: Belgien; BG: Bulgarien; DE: Deutschland; GR:
Griechenland; IT: Italien; SI: Slowenien. Die Artikel sind im Anhang aufgelistet (Anhang 2).

                                                                                          14
REMSKA Forschungsbericht

erwähnt wird und daher noch einmal eine eigene Kategorie bildet, um die Bedeutung dessen her-
vorzuheben. Diese Fähigkeit wird etwa als die Fähigkeit umschrieben, einen Arbeitsplan und ei-
nen Terminplan inklusive Deadlines erstellen zu können (SI-8). Eng damit verbunden ist die Ka-
tegorie Selbstdisziplin, da es als wichtig beschrieben wird, sich an die vorgegebenen Arbeitspläne
zu halten (DE-7) und sich auf die Aufgaben im Homeoffice zu konzentrieren (GR-2). Darüber hin-
aus können auch die Fähigkeiten Selbstständigkeit und Motivation diesem Bereich zugeordnet
werden. Work-Life-Balance bezieht sich z. B. auf die Fähigkeit, Beruf und Privatleben klar zu tren-
nen (BG-3; DE-7), um so eine Vermischung von Arbeit und Leben zu vermeiden (SI-8). Die Kate-
gorien Planung und Organisation, Zeitmanagement, Selbstdisziplin, Autonomie und Motivation
stellen Fähigkeiten dar, die die Arbeitshaltung und -struktur betreffen.

Ebenfalls häufig genannt wird Anpassungsfähigkeit, die in den Artikeln als Offenheit für Verände-
rungen (GR-5), schnelle Reaktionsfähigkeit auf ein sich veränderndes Umfeld (SI-1), schnelle An-
passung an neue Situationen und Veränderungen (DE-3), die Notwendigkeit Änderungen der
Denkweisen (BG-5) und Anpassung an neue Technologien (IT-3) diskutiert wird. Eng damit ver-
knüpft und in Teilen überlappend mit dieser Kategorie ist Innovationsfähigkeit, die sich als Ein-
satz neuer Ideen und Methoden definieren lässt und z. B. als Offenheit für Aktualisierung beste-
henden Wissens beschrieben wird (GR-4). Darüber hinaus werden die Fähigkeiten Flexibilität,
Proaktivität und Kreativität genannt. All diese Fähigkeiten unterstützen die mentale Haltung, Ver-
änderungen annehmen zu können.

In einigen Artikeln wird darauf hingewiesen, dass Kommunikationsfähigkeiten für die Arbeit im
Homeoffice unerlässlich sind, z. B. in der Interaktion mit Kolleg*innen und Kund*innen (GR-7).
Auch emotionale Intelligenz wird in den Artikeln relativ häufig thematisiert, z. B. wird davon aus-
gegangen, dass ein hohes Maß an emotionaler Intelligenz (SI-10) und Empathie (IT-1; GR-4) für
die Arbeit im Homeoffice erforderlich ist. Auch Teamwork- und Kollaborationsfähigkeiten wer-
den als essenziell angesehen, da es z. B. in Zukunft wahrscheinlich mehr fluide und hierarchiefreie
Projekte geben wird (DE-3). Es kann davon ausgegangen werden, dass die Fähigkeiten Kommu-
nikation, Teamwork, Kollaboration und emotionale Intelligenz miteinander zusammenhängen, da
sie alle für eine erfolgreiche Zusammenarbeit benötigt werden. Unter den anderen nicht-digitalen
Fähigkeiten, die in den Artikeln diskutiert werden, ist das kulturelle Bewusstsein erwähnenswert,
da dies mit einer weltweit vernetzten Kommunikation verbunden ist. Unter den nicht-digitalen
Fähigkeiten ist Problemlösefähigkeit die einzige relevant diskutierte kognitive Fähigkeit.

Als digitale Fähigkeiten werden in den Artikeln am häufigsten digitale Kommunikations-, Infor-
mations- und Kommunikationstechnologie- und Software-/Tool-Fähigkeiten als relevant für das
Arbeiten im Homeoffice diskutiert. Auffallend ist, dass Kommunikationsfähigkeit sowohl den

                                                15
REMSKA Forschungsbericht

nicht-digitalen als auch den digitalen Fähigkeiten zugeordnet werden kann, wobei diese in einigen
Fällen nicht klar voneinander abgegrenzt werden können. Einige der analysierten Artikel weisen
darauf hin, dass sich die digitale Kommunikation von der Face-to-Face-Kommunikation unter-
scheidet (z.B. IT-7; DE-3; BE-2; GR-5; SI-9). Dies führt zu der Annahme, dass Kommunikationsfä-
higkeiten als sehr wichtig für die Arbeit von zu Hause angesehen werden, aber dass sich die On-
line-Kommunikation von den vertrauten Kommunikationsmethoden unterscheidet. Aus diesem
Grund müssen bestehende Kommunikationsfähigkeiten an eine digitale Umgebung angepasst
werden. So findet sich in den Artikeln die Aussage, dass Kommunikation im digitalen Raum pro-
aktiver, beschleunigt, global und interkulturell ist und auf mehreren Kanälen gleichzeitig stattfin-
det (DE-3). Um sich auf die neuen Formen der Online-Kommunikation einzustellen, wird es als
essenziell angesehen, Anliegen offen anzusprechen, da nonverbale Kommunikation wegfällt, eine
virtuelle Präsenz zu schaffen (DE-6), aktiv an Online-Meetings teilzunehmen (BE-2), transparent
zu interagieren (GR-4) und klare Regeln für die Art und Häufigkeit der Kommunikation zu schaf-
fen (SI-5). Es ist zu vermuten, dass es eine Überschneidung einiger nicht-digitaler und digitaler
Fähigkeiten gibt, insbesondere bezüglich Kommunikationsfähigkeiten. Eng verknüpft mit den On-
line-Kommunikationsfähigkeiten sind Informations- und Kommunikationstechnologie-Fähigkei-
ten, die sich auf die Fähigkeit beziehen, sich durch den Einsatz verschiedener Technologien aus-
zutauschen, aber eher die technischen Aspekte der Online-Kommunikation und -Zusammenarbeit
betreffen, wie z. B. die Nutzung von Videokonferenz-Tools (DE-2), die Nutzung von gemeinsamen
Plattformen und Netzwerken wie VPN (Virtual Private Network) (SI-11), die Kommunikation
über E-Mail, Datentransfer und die Nutzung des Internets im Allgemeinen (BE-10). Damit verbun-
den sind auch Software-/Tool-Kenntnisse, da diese neben der Anwendung von Produktivitätssoft-
warepakten auch die Fähigkeit umfassen können, spezifische Programme oder Tools für die Ar-
beit im Homeoffice zu nutzen, z. B. die Fähigkeit, über unternehmenseigene Software auf Unter-
nehmensdaten zuzugreifen (BE-7). Einige Artikel weisen auf die dringende Notwendigkeit hin,
sich mit der Cybersicherheit im Homeoffice zu befassen (GR-3, SI-12), um Unternehmensdaten
sowie persönliche Daten zu schützen und darüber hinaus ein Bewusstsein für Datenschutz zu
schaffen, z. B. wie die Verwendung eines sicheren Passworts, eines Antivirenprogramms und ei-
ner Zwei-Faktor-Authentifizierung (DE-8). In den Artikeln wird auch immer wieder darauf hinge-
wiesen, dass die Gesundheitsvorsorge in einer digitalen Umgebung besondere Aufmerksamkeit
erfordert, um physische und psychische Belastungen zu vermeiden. Zum Beispiel fördert das Zie-
hen klarer Grenzen nach der Arbeit im Homeoffice mit bewusst gewählten Aktivitäten wie Spa-
zierengehen die Erhaltung der Gesundheit (DE-10).

                                                16
REMSKA Forschungsbericht

Darüber hinaus weisen einige der Artikel auf Voraussetzungen hin, die eher Rahmenbedingun-
gen für die Kompetenzentwicklung und das Arbeiten im Homeoffice darstellen. Darunter wird
relativ häufig die Notwendigkeit, ein Homeoffice einzurichten, diskutiert. Es wird auch mehrfach
erwähnt, dass es notwendig ist, über die erforderliche technische Ausstattung für das Home-
office zu verfügen und Unterstützung bei der Ausbildung zu erhalten, – wobei darauf hingewie-
sen wird, dass Arbeitgeber*innen ihren Mitarbeiter*innen beides zur Verfügung stellen sollten.

4.2     Qualifikationsanforderungen in Stellenanzeigen mit Homeofficebezug

In den sechs EU-Ländern wurden insgesamt 162 Stellenanzeigen mit Fokus auf Tätigkeiten im
Homeoffice analysiert. Die Branchen IT und Internet (37,7 Prozent), Agentur, Werbung, Marketing
und PR (14,8 Prozent), Groß- und Einzelhandel (6,2 Prozent), Medien (4,3 Prozent), Finanzdienst-
leistung (3,7 Prozent) sowie Telekommunikation (3,7 Prozent) sind unter den analysierten Stel-
lenanzeigen am häufigsten vertreten. Die meisten der Stellenangebote bezogen sich dabei auf Bü-
roarbeit.

Zunächst werden die Rahmenbedingungen der Tätigkeit im Homeoffice auf der Basis der Analyse
der Stellenanzeigen aus den sechs REMSKA-Ländern beschrieben. Aufgrund der geringen Anzahl
der erhobenen Daten pro Land können die Zahlen nur als Näherungswerte verstanden werden
und sind nicht repräsentativ.

Abbildung 3: Homeoffice in Stellenanzeigen

 100%                                                                        85%
                            72%                                                       70%               69%
  75%                63%                       67%
                                                                                                                          55%
  50%    37%                                                                                      36%                                 38%
                                  24%                27%                                    26%
                                                           22%                                                19%
  25%                                                             15%                                               12%         16%
                0%                      4%                              0%
   0%
            Deutschland      Griechenland      Belgien (N=24)    Slowenien (N=26) Bulgarien (N=30)       Italien (N=26)   Total (N=161)
              (N=30)            (N=25)

        Homeoffice ist eine Voraussetzung für die Anstellung                       Homeoffice ist während der COVID-1-Pandemie möglich
        Homeoffice ist bei Interesse optional

Quelle: eigene Darstellung basierend auf der Analyse von Stellenanzeigen

Wie Abbildung 3 zeigt, wurde das Arbeiten im Homeoffice im Durchschnitt in mehr als der Hälfte
aller Stellenanzeigen als Voraussetzung für die Stelle aufgeführt, während Homeoffice während

                                                                    17
REMSKA Forschungsbericht

der Pandemie in 15 Prozent der angebotenen Stellen möglich war. In 38 Prozent aller Stellenan-
zeigen wurde das Arbeiten im Homeoffice als möglich beschrieben, wenn der*die Arbeitneh-
mer*in daran interessiert ist. Abbildung 3 verdeutlicht ebenfalls, dass es erhebliche Unterschiede
zwischen den Ländern gibt. Während in Griechenland, Belgien, Italien und Bulgarien etwa zwei
Drittel der Stellenanzeigen das Arbeiten im Homeoffice als Voraussetzung angaben, waren es in
Deutschland etwa ein Drittel und in Slowenien nur etwa ein Sechstel der Stellenanzeigen.

Zusätzlich zu den in der Abbildung gezeigten Daten wurde festgestellt, dass Erfahrung mit dem
Arbeiten im Homeoffice in 67 Prozent der bulgarischen Stellenanzeigen als Vorteil bezeichnet
wurde, aber nur in 8 Prozent der griechischen Stellenanzeigen und in 3 Prozent der deutschen
Stellenanzeigen. In allen anderen Stellenanzeigen wurde Erfahrung mit dem Arbeiten im Home-
office nicht erwähnt. In 9 Prozent aller Anzeigen wurde angegeben, dass die Stelle eine eigene
technische Ausrüstung erfordert, wobei dies vor allem in Griechenland (20 Prozent), Bulgarien
(17 Prozent) und Italien (15 Prozent) vorausgesetzt wird. Auffällig ist, dass vor allem in den Län-
dern, in denen vor der Pandemie die wenigsten Personen regelmäßig im Homeoffice arbeiteten,
eine eigene technische Ausrüstung als Voraussetzung genannt wurde (Griechenland, Italien, Bul-
garien) und Erfahrung mit dem Arbeiten im Homeoffice als Vorteil angesehen wird (Bulgarien).
Die Gründe dafür lassen sich nicht aus den Daten ableiten.

Nicht-digitale Fähigkeiten wurden in allen Stellenausschreibungen als Voraussetzung für die je-
weilige Stelle genannt und dabei doppelt so oft als Anforderung angeführt wie digitale Fähigkei-
ten. Digitale Fähigkeiten scheinen dennoch für die Jobs von großer Relevanz zu sein. Diese wurden
in 91 Prozent der Anzeigen als Voraussetzung für die Stelle genannt. Abbildung 4 zeigt die Vertei-
lung der am häufigsten geforderten Fähigkeiten.

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