Fotoprotokoll Workshop IV - Leerstand - Oktober 2019, 10:00 - 18:00 Uhr Stadthaussaal, Gemeindeverwaltung und Bahnhofstrasse 4 ...
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Fotoprotokoll Workshop IV - Leerstand 26. Oktober 2019, 10:00 - 18:00 Uhr Stadthaussaal, Gemeindeverwaltung und Bahnhofstrasse 4 Dencity Urbane Entwicklung und Mobilität BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
Moderation Workshop Prof. Christine Seidler, Co-Leiterin BFH Dencity Angela von Däniken, Assistentin BFH Dencity Katrin Büsser, Dozentin AHB BFH Prof. William Fuhrer, Co-Leiter BFH Dencity Jürg Bührer, Assistent BFH Dencity Fotoprotokoll Angela von Däniken, BFH Dencity Andreas Bachmann, BFH Dencity Prof. Christine Seidler, BFH Dencity Fotos Patrick Brisset, Kommunikation BFH Jürg Bührer, Assistent BFH Dencity Prof. William Fuhrer, Co-Leiter BFH Dencity Angela von Däniken, BFH Dencity Grafiken Marcel Abegglen, BFH Dencity Angela von Däniken, BFH Dencity Andreas Bachmann, BFH Dencity Version 28.11.2019 BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
Inhalt 1 Ziel 4 2 Programm 6 3 Präsentation Forschungsergebnisse: 7 Prof. Christine Seidler 7 4 «Es geht auch anders»: 19 Vortrag Niklaus Schär 19 5 Infostand am Zibelemärit 20 Lieblingsorte und Wünsche 21 6 Raumbüro 24 Stammtisch 26 Ideensammlung 30 Malwettbewerb 36 7 Ideensammlung 37 Einmachgläser 37 www.städtliwerkstatt.ch 39 Perlen von Huttwil 61 8 Wie weiter? / Handlungsfelder 62 BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
1 Ziel Ausgangslage und Ziel «Leerstandsworkshop» IV Im Rahmen einer «Städtliwerkstatt» (integrativer Denn erster Schritt zur Lösung ist das Problem als Stadtentwicklungsansatz) galt es, Ursache und Wir- Problem zu anerkennen. Dies ist in Huttwil noch nicht kung aufzuzeigen und umfassende Lösungsansätze für selbstverständlich, jedoch wichtige Voraussetzung da- die Leerstandsproblematik, den Strukturwandel und für, dass Massnahmen greifen. Auf Basis mehrerer und Identität zu entwickeln respektive mögliche Hand- internationaler Forschungsergebnisse, welche Leerstan- 4 lungsoptionen aufzuzeigen. dentwicklungen untersucht haben, bestätigt sich folgen- de These: Strategien und Massnahmen im Umgang mit Im auf die breite Bevölkerung ausgerichteten letzten Leerständen müssen integrativ angelegt sein und erzeu- «Leerstandsworkshop» am 26.Oktober 2019 stand die gen erst Wirkung, wenn sich eine wachstumsorientierte Präsentation der Forschungsergebnisse, sowohl in Be- Stadtentwicklungspolitik ändert und auf Schrumpfung zug Analyse als auch Resultate der Beiträge der Bevöl- ausgerichtet wird. Die Anerkennung des Leerstandes, kerung in den digitalen und analogen Werkstätten im die Wahrnehmung der damit verbundenen Leerstands- Vordergrund. entwicklung als langfristige und ernstzunehmende Pro- Mit dem Einrichten eines Raumbüros als auch blematik, ist dafür Grundvoraussetzung. Marktstandes, inklusive Malatelier und «Do- Andererseits dienten Marktstand und Raumbüro als tem- nutwerfen» wurde einerseits noch einmal der poräre Referenzbeispiele einer implementierten und in- direkte Kontakt mit der Bevölkerung aller Al- stitutionalisierten künftigen Massnahme einer integrati- tersstufen gesucht. Einerseits um die Leerstandspro- ven Stadtentwicklung, um die Wahrnehmungen, Sorgen blematik und die damit verbundenen Konsequenzen und Ideen der Bevölkerung zu Entwicklung und Identiät für Huttwil auf sachlicher Ebene bewusst zu machen. von Huttwil abzuholen und einzubinden. BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
1 Ziel Hintergrund Projektziele In der Schweiz schrumpfen die Städte, doch wird diese Übergeordnetes Ziel ist das Aufzeigen von ökonomischen Tatsache bei raumplanerischen Massnahmen oft stark und raumplanerischen Wirkungszusammenhängen. ausgeblendet. Vielmehr gilt Wachstum seit der Indust- rialisierung als das universale Muster der Stadtentwick- • Huttwil als Spitze des Eisbergs positionieren. Im lung (Seidler et al.) – so auch in Huttwil. Investoren bau- Rahmen dieses «Reallabors» die raumplanerischen 5 en heute Häuser und Wohnungen zum Parkieren ihres und ökonomischen Herausforderungen und möglichen Kapitals, und nicht für die Menschen, welche die Woh- neuen Planungsformate als Lösungsansätze aufzeigen. nungen nutzen. Doch der hohe Wohnungsleerbestand in • Eine Standortbestimmung von Huttwil und entspre- Leerstand - na und? der Gemeinde zieht volkswirtschaftliche und kulturelle, negative Effekte nach sich. Das grosse Wohnungsange- chende Handlungsempfehlungen zur Weiterentwick- lung präsentieren. Ab jetzt läufts rund! bot drückt auf die Immobilienpreise und die sinkenden Um dem Leerstand entgegenzuwirken, • Die Planung und Evaluation von entsprechenden Mieten ziehen Personen mit wenig Ressourcen an. Für braucht es jede Idee und die breite Massnahmen und Handlungsoptionen zur Stärkung Huttwil bedeutet dies: sinkende Steuerkraft und höhere Ausgaben. Ein negativer Strukturwandel mit Entleerung der Identität, Steigerung der Attraktivität und Bele- Unterstützung der Bevölkerung! Ohne bung des Stadtkerns von Huttwil. Massnahmen führt ein hoher Leer- und Verödung des Stadtkerns setzt ein. • Chancenfelder aufzeigen: Leerstand und Schrumpfung stand zu negativen Auswirkungen als Teil der Stadtentwicklungsstrategie und als Chan- für die gesamte Gemeinde. ce für weniger Dichte, mehr Grünraum und Lebens- qualität sowie mehr Raum für kulturelle, soziale oder gesellschaftliche Nutzungen • Eine Sensibilisierung für die Zusammenhänge von Wirtschaft und Raumplanung erzielen und ein Um- denken in Gesellschaft und Politik fördern - Hin zur Entwicklung von Leerstand-Strategien und weg von Wachstumsstrategien. BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
2 Programm 10 Uhr Präsentation der Forschungsergebnisse ab 1 Uhr „Raumbüro“ in einer leeren Wohnung (Bahnhofstrasse 4) Präsentation und Auswertung der Erkenntnisse aus den Umfragen mit betroffenen EigentümerIn- 6 nen, der Ideensammlung der Städtliwerkstatt sowie den Ideen aus den Einmachgläser. Diskussion der Handlungsempfehlungen und Sammlung weiterer Ideen und Handlungsmöglichkei- ten. Stammtisch: Ideen, Ärger, Herzensanliegen ab 12 Uhr Infostand am Zibelemärit 16 Uhr Vortrag und Reflexion mit Apéro im Stadthaussaal „Geht doch“ - ein Beispiel: Vortrag der Wohn- und Gewerbegenossenschaft Huttwil WGH Keine Spur von Leerstand: Die leeren, weitläufigen Räume der alten Aebi Möbelfabrik fragten stumm nach einer neuen, sinnvollen Nutzung. Ein paar Unerschrockene haben eine Lösung gefun- den: Eine Mischung aus Arbeiten und Wohnen und ein Brückenschlag vom Alten ins Neue. Nicht die anonyme Immobiliengesellschaft im Hintergrund, sondern die Organisation unter den Genos- senschafterInnen gewährleistet eine verbindliche Mitverantwortung und volle Wohnungen. Diesen Herbst konnte die Genossenschaft ihr 25-jähriges Jubiläum feiern. Anschliessend Reflexion und Diskussion mit Apéro im Stadthaussaal, Gemeindeverwaltung BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
3 Präsentation Forschungsergebnisse: Leerstand und Identität Prof. Christine Seidler Ausgangslage Im Kontext der SRF Radio Sendung Echo der Zeit – welche die Leerstandsentwicklung in Huttwil thema- tisierte (Oktober 2018, Lorenzo Bonati) wurde Dencity mit einem Forschungsmandat beauftragt. Im Rahmen ei- ner «Städtliwerkstatt» (integrativer Stadtentwicklungs- 7 ansatz) galt es, Ursache und Wirkung aufzuzeigen und umfassende Lösungsansätze für die Leerstandsproble- matik, den Strukturwandel und Identität zu entwickeln respektive mögliche Handlungsoptionen aufzuzeigen. Analyse und Ergebnisse Bisher galt in Forschung und Praxis (Krisen durch Krie- ge und Naturkatastrophen ausgenommen) Schrumpfung als Ursache für die Entstehung von Leerstand. Schrump- fung verursacht durch tiefgreifend strukturelle Einflüsse oder gar Strukturbrüche, wie bspw. Wegfall von Wirt- schaftsstrukturen, Lebensgrundlagen, tiefgreifenden kulturellen und oder politischen Änderungen. Mit der Auswirkung von arbeitsmarktbedingten Abwanderung, Überalterung sowie Brain-Drain die mittel- bis langfris- tig mit dem physischen Verfall und sozialen Erosion von Städten und Gemeinden einhergeht. (bspw. Ge- biete Ostdeutschland, Ruhrgebiet, Saarland, aber auch Detroi USA). BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
3 Präsentation Forschungsergebnisse: Leerstand und Identität Prof. Christine Seidler Leerstand und Abwanderung erwartet man in Bergregionen. Sie finden jedoch im Neues Phänomen Mittelland Die Region Oberaargau statt.Abwanderung Leerstand und erwartet manistinam stärksten betroffen. Bergregionen. Sie finden jedoch im In Huttwil zeigt sich erstmals ein neues Phänomen. Mittelland statt. Die Region Oberaargau ist am stärksten betroffen. Anzahl leere Wohnungen Auslöser des Leerstandes ist nicht der herkömmlichen 2000 Anzahl leere Schrumpfungsdynamik zuzuschreiben. Ursache des Wohnungen 1951 Oberaargau Leerstandes ist eine sich bereits in den letzten Jahren 2000 1800 1951 Oberaargau abzeichnende Überlagerung mehrerer Faktoren. Es kann 8 angenommen werden, dass die nachfolgend jeweils kurz 1800 1600 beschriebenen Faktoren - zu hohe Baulandausweisung am falschen Ort, die Entwicklungen Reurbanisierungs- 1600 1400 prozess und Kapitalisierung des Bodens sowie Zinspo- 1400 litik - die wichtigsten Treiber sind, die sich nicht nur 1200 1219 Locarno überlagern sondern gegenseitig kumulieren. Gleichzeitig 1219 Locarno 1200 die periphere Lage das Wachstum der Gemeinde Huttwil 1000 973 Jura gebremst hat. 1000 800 973 Jura 800 600 600 400 411 Sursee-Seetal 389 Oberland-Ost 400 411 Sursee-Seetal 200 389 Viamala Oberland-Ost 174 200 0 174 Viamala 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Jahr 0 1995 1996 1997 Anzahl leerstehender Wohnungen seit 1995 nach MS-Regionen 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 Jahr Anzahl leerstehender Wohnungen seit 1995 nach MS Regionen - Anzahl leerstehender Wohnungen Locarnoseit 1995 nach MS-Regionen Datenquelle: Gebäude und Wohnstatistik, BFS 2018, Aggregation: Dencity Oberaargau Jura Sursee-Seetal Oberland-Ost Viamala Anzahl leerstehender Wohnungen seit 1995 nach MS Regionen - Datenquelle: Gebäude und Wohnstatistik, BFS 2018, Aggregation: Dencity Oberaargau Jura Sursee-Seetal Locarno Oberland-Ost Viamala BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
3 Präsentation Forschungsergebnisse: Leerstand und Identität Prof. Christine Seidler Zusammengefasst wichtigste Erkenntnisse aus dem Forschungsmandat sind: • Die Wirkungszusammenhänge sind sehr komplex. Ent- sprechend bedarf es einer vielschichtigen Betrachtung und diversifizierte Lösungsansätze. Der Leerstand in Huttwil wurde deshalb Regional oder national und im Kontext der Wirtschaftlichen, Gesellschaftlichen und 9 Raumplanerischen Entwicklung betrachtet. Festge- stellt und statistisch nachgewiesen wurden folgende wichtigste Wirkungszusammenhänge: Ursachen • Der Leerstand ist verursacht einerseits durch eine zu hohe (Politik in Huttwil um Steuersubstrat zu generie- ren und der vermeintlichen Nachfrage nach Bauland für zusätzliche BewohnerInnen Rechnung zu tragen). • Baulandausweisung am «falschen» Ort. • Durch die Reurbanisierung ist die Nachfrage im Met- ropolitanraum gross, nimmt im ländlichen Raum ab. Nach jahrelangem ausgeglichenem Bevölkerungs- wachstum zwischen Stadt und Land, ist weiter eine Rückwanderung in die Städte zu beobachten welche den Reurbanisierungsprozess kumuliert. Der Globale Trend zur Verstädterung (Metropolen), ist auch in der Schweiz – verbunden mit mässiger Landflucht, fest- stellbar. BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
3 Präsentation Forschungsergebnisse: Leerstand und Identität Prof. Christine Seidler In den In den letzten letzten 40 40 Jahren Jahren verzeichnete verzeichnete Huttwil Huttwil einein unterdurchschnittliches unterdurchschnittliches Bevölkerungswachstum. Bevölkerungswachstum. In den letzten 40 Jahren verzeichnete prozentuales Huttwilseitein Wachstum der Bevölkerung 1981unterdurchschnittliches prozentuales Wachstum der Bevölkerung seit 1981 • Huttwil weist für die letzten Jahre ein im nationalen 130 Bevölkerungswachstum. 130 Vergleich unterdurchschnittliches Bevölkerungs- prozentuales Wachstum der Bevölkerung seit 1981 wachstum aus. Dies bei einer gleichzeitigen über- 130 durchschnittlichen Ausweisung von Bauland, mit- 120 120 unter, so die Aussagen der Exekutive, aufgrund des 10 anhaltenden Immobilienbooms. Nicht nur in Huttwil 120 114.29% Langenthal Zürich 114.29% Langenthal ein verzweifelter Versuch der Politik, der drohenden 110 Zürich Schrumpfung entgegenzuwirken und Einwohner und 110 114.29% Langenthal 105.76% Huttwil Unternehmen anzulocken1. Ein Instrument, das kurz- 105.76% Huttwil Zürich fristig funktioniert, auch wenn die Nachbargemeinden, 110 100 deren Bewohner abgeworben werden, in der Regel das 100 105.76% Huttwil Nachsehen haben (bspw. Gemeinde Rohrbach). Doch die langfristigen Folgen sind für alle negativ. „Diese 100 Neubaugebiete in schrumpfenden Regionen sind der90 90 Leerstand von morgen“, sagt Michael Voigtländer vom Institut für Wirtschaft Deutschland, einer der Autoren 90 der Bertelsmann- Studie. Die zunehmende Zersiede- 80 80 lung der Landschaft ist nicht nur ein ästhetische Frage, sie erzeugt auch hohe Folgekosten: Die Infrastruktur- 80 kosten für jeden, der bleibt, steigen. 70 70 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 1985 1990 1995 2000 2005 2010 2015 Huttwil Prozentuales Wachstum der Bevölkerung seit 1981Zürich Langenthal bis 2018 Zürich 70 Huttwil 1985 Prozentuales 1990 Wachstum 1995 der 2000 Langenthal Bevölkerung2005 seit 1981 bis 20102018 2015 Datenquelle: BFS 2019 Datenquelle: BFS 2019 Huttwil Prozentuales Wachstum der Bevölkerung seit 1981 bis 2018 Langenthal Zürich Datenquelle: BFS 2019 BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur 1 FAZ: https://www.faz.net/aktuell/finanzen/meine-finanzen
Die Börsenkapitalisierung von Immobilienfonds in der Schweiz hat sich in 3 Präsentation Forschungsergebnisse: Leerstand und Identität weniger als 20 Jahren verfünfzehnfacht... Prof. Christine Seidler Die Börsenkapitalisierung von Immobilienfonds in der Schweiz hat sich in weniger als 20 Jahren verfünfzehnfacht... Kapitalisierung des Bodens • In der Schweiz ging Prof. Christine Seidler davon aus, dass die Lage ähnlich aussieht – langsam aber stetig die Immobilienmärkte zu Kapitalmärkten umgebaut und eine Verschiebung von direkten zu indirekten Anla- geformen stattfindet. Im Rahmen der kontextuellen Be- 11 trachtung stand deshalb nachfolgende wirtschafts-wis- senschaftliche Frage im Zentrum; wie sich Immobilien von Wertanlagen zu Ertragsanlagen wandeln, die Kapi- talakkumulation dabei in welchem Masse oder Verhält- nis wächst. In den 90er-Jahren transformierten Indus- trieunternehmen zu Immobiliengesellschaften (Maag, Feldschlösschen Primeside, etc.), bedingt durch den Strukturwandel. Grosskonzerne transferierten ihre Immobilien in Aktiengesellschaften, verbunden mit einer Professionalisierung des Immobilienmanage- ments. Seit Ende 2001 hat sich die Marktkapitalisie- rung Schweizer Immobiliengesellschaften von rund 3 Milliarden CHF auf 6 Milliarden CHF verdoppelt. Zwi- Januar 1991 Januar 2001 Dezember 2011 Juli 2019 September 2019 schen 1995 und 2005 sind die Fondvermögen von 8 Milliarden CHF auf 14 Milliarden geklettert (Handels- 3 Milliarden 6 Milliarden 30.5 Milliarden 47 Milliarden 54 Milliarden zeitung 2011). Heute stehen sie bei 54.8 Milliarden ein Januar 1991 JanuarBörsenkapitalisierung 2001 Dezember 2011 Juli 2019 von Immobilienfonds September 2019 Zuwachs von fast 400% seit 2011 (Statistik Dencity) womit sich die These Seidler bestätigt. 3 Milliarden 6 Milliarden 30.5 Milliarden 47 Milliarden 54 Milliarden Datenquelle: Datenerhebung aus mehreren opensource Datenbanken und Statistiken wie BfS, six und SMI als auch Geschäftsberichte diversen Anleger Börsenkapitalisierung von Immobilienfonds Datenquelle: Datenerhebung aus mehreren opensource Datenbanken und Statistiken wie BfS, six und SMI als auch Geschäftsberichte diversen Anleger BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
3 Präsentation Forschungsergebnisse: Leerstand und Identität Prof. Christine Seidler • Lange Periode der tiefen Zinsen führt zu noch grösse- ren Geldmengen die angelegt werden müssen 12 • Negativzinsen SNB drohen bei nicht Investition Pen- sionskassen Kapital zu vernichten ->dieser Investiti- onsnotstand der Pensionskassen führt zu blindern In- vestition in Bauprojekte die weder nachgefragt noch nachhaltig sind. (auch in Huttwil) • Fazit Ökonomie: durch eine Marktverzerrung werden über die eigentliche Nachfrage hinaus Wohnungen er- stellt. (auch in Huttwil) BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
3 Präsentation Forschungsergebnisse: Leerstand und Identität Donut-Effekt führt Prof. zu Leerstand Christine im Der Seidler Donut-Effekt Ortskern. Derführt zu Leerstand Donut-Effekt im Ortskern. führt zu Leerstand im Ortskern. Der Donut-Effekt führt zu Leerstand im Ortskern. Wirkung: • Dies führt zu zunehmendem Leerstand den sich grosse Anleger leisten können respektive diesem mit Dumpin- gangeboten – «im Speckgürtel» begegnen. • Dies wiederum führt zu Binnenwanderung -> Mietprei- 13 se die in Neubauwohnungen am Siedlungsrand tiefer sind als in Altbauten, Angebote wie 6. Monate mietfrei etc. • Durch fehlende Mieteinnahmen der Liegenschaftsbe- sitzer im Zentrum von älteren Liegenschaften (meist Familien und Erbengemeinschaften) sind Unterhalts- kosten nicht gedeckt und entsteht Investitionsstau was wiederum zu noch mehr Leerstand führt -> da- durch entsteht der «Donuteffekt» Der Donuteffekt beschreibt zusammenfassend Bin- nenwanderung, Entleerung des Zentrums, Verödung, Zerfall und ökonomische Erosion der Gemeindefinanzen -> Negativer Strukturwandel Leerwohnungsanteil setzt ein. in Prozent - Anteil Leerwohnungen / Total Wohnungen Leerwohnungsanteil in Prozent - Anteil Leerwohnungen / Total Wohnungen Datenquelle: Gemeinde Huttwil (Leerwohnungen); Gebäude und Wohnungsregister (GEOSTAT) BFS Datenquelle: Gemeinde Huttwil (Leerwohnungen); Gebäude und Wohnungsregister (GEOSTAT) BFS Leerwohnungsanteil in Prozent - Anteil Leerwohnungen / Total Wohnungen Datenquelle: Gemeinde Huttwil (Leerwohnungen); Gebäude und Wohnungsregister (GEOSTAT) BFS Leerwohnungsanteil in Prozent - Anteil Leerwohnungen / Total Wohnungen Datenquelle: Gemeinde Huttwil (Leerwohnungen); Gebäude und Wohnungsregister (GEOSTAT) BFS BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
3 Präsentation Forschungsergebnisse: Leerstand und Identität Prof. Christine Seidler • Strategien und Massnahmen im Umgang mit Leerstän- der Stadtentwicklungspolitik auf die neuen Bedingun- den müssen integrativ angelegt sein und erzeugen erst gen einstellte und neue Instrumente, Massnahmen und Wirkung, wenn sich eine wachstumsorientierte Stad- Strategien institutionalisierte, die den Schrumpfungs- tentwicklungspolitik ändert und auf Schrumpfung aus- prozess als ein langfristiges und politisch zu steuern- gerichtet wird. des Problem begriffen. 14 • Schrumpfungsprozesse die alleine dem Marktprozess • Dringend sind Massnahmen zur Vermeidung von wei- überlassen werden, bergen die Gefahr einer Spira- teren Immobilieninvestitionen und somit einer weite- le des Niedergangs und des Verfalls. Durch sinkende ren Zunahme des Leerstands. Gewerbe- und Einkommens- steuern erodiert die fi- • Massnahmen zur Bekämpfung von Abwanderung (z.B. nanzielle Basis der Städte, während die Kosten des Jugendliche) und wenn möglich sogar Wachstum. > ökonomischen, sozialen und demographischen Wan- Zentrale Fragestellung ist hier Identität / Identifikati- dels ansteigen. Einem steigenden Handlungsbedarf on. Und wiederum Integrativer Stadtentwicklungsan- stehen also sinkende finanzielle Mittel und damit ein satz abnehmendes Steuerungspotential gegenüber. Huttwil bezog dieses Jahr erstmalig einen kantonalen Finanz- • Zwingend der Erhalt von Arbeitsplätzen respektive ausgleich. Schaffung von qualitativ hochwertigen Arbeitsplätzen und /oder Schaffung von relokalisierten Wertschöp- • Schrumpfungsprozesse müssen als ein langfristiges fungsketten und politisch zu steuerndes Problem begriffen wer- den. In der Studie von Dr. Birgit Glock «Stadtpolitik • Es müssen Wege im Umgang mit Leerstand gefunden in schrumpfenden Städten» (2006), die die Stadtent- werden. wicklungspolitik in zwei Städten über mehrere Jahre • Ziel der Städtliwerkstatt ist es, mittels Ansatz integra- vergleicht, wurde deutlich, dass sich die städtische tiver Stadtentwicklung die Möglichkeit eines Perspek- Politik nur langsam, und auch nur unter bestimmten tivenwechsels von Flächenwachstum zu Schrumpfung Voraussetzungen, in einer Stadt in einigen Bereichen aufzuzeigen und mittels bottom up Prozess eine Leer- standsstrategie für die Gemeinde Huttwil zu erarbei- ten. BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
3 Präsentation Forschungsergebnisse: Leerstand und Identität Prof. Christine Seidler Handlungsoptionen Bevölkerung und Politik: Das örtliche Entwicklungskonzept von Huttwil ist als Städtliwerkstatt – gemeinsam die Gemeinde gestalten raumordnerisches Steuerungsinstrument im Umgang mit • Stärkung und Konzentration auf Belebung Stadtkern Leerständen zu entwickeln respektive in ein Bestehen- mit klarer Absage an den Speckgürtel des zu adaptieren. • Bewusstsein und Akzeptanz der Problematik 15 Schrumpfung und Leerstand bedeuten nicht automatisch Stillstand. Leerstand kann auch als Chance und Motor für • Ein gemeinsames grosses Ziel als Motor für die Ent- neue Entwicklungen gesehen werden. wicklung und Umsetzung Dringliche Massnahmen: Konzept Umgang / Umnutzung Leerstand: • Planungsmoratorium und Baustopp • Koordination und Bündelung der Synergien und sowie koordinierte Umsetzung der Potentiale: • Aktive Bodenpolitik und eigene Portfoliostrategie • Erstellen Gesamtstrategie Entwicklungsleitbild oder Zielbild Huttwil Ein Gesamtentwicklungskonzept kann auf kommunaler Ebene zur Steuerung von Leerständen und zur voraus- schauenden Planung in der Stadtentwicklung dienen. Ein örtliches Entwicklungskonzept von Huttwil ist nach seiner inhaltlichen Ausrichtung auf Innenentwicklung zu fokussieren. Empfohlen wird eine funktionale, bei Be- darf bauliche Verdichtung im Städtlikern, die Erhaltung und Sanierung alter Bausubstanz und der Ankauf unge- nutzter Gebäude in der Altstadt (aktive Bodenpolitik und Portfoliostrategie), sowie eine Umgestaltung des öffent- lichen Raums. Nach einem strategischen Planungsver- ständnis integriert das Konzept eine Legitimation durch Partizipationsprozesse. BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
3 Präsentation Forschungsergebnisse: Leerstand und Identität Prof. Christine Seidler Intaktes Ortsbild Ein intaktes Ortsbild respektive die Vermeidung der Spirale von Verödung und Zerfall bedarf langfristigen, programmhaften Stadterneuerungsmassnahmen für die Altstadt respektive den Stadtkern von Huttwil. Sowie die Investitionsbereitschaft, Flächenentwicklungen im 16 Stadtaussenbereich im Sinne von qualitativen funkti- onal vielfältigen Räumen (Brunnenplatz) zu unterstüt- zen. Ziel dabei sind eine funktionale Verdichtung sowie Unterhalt und Werterhalt von Liegenschaften. Verödung vermeiden, durch ein aktives Flächenmanagement, eine Wissenschaftlich breit fundierte Ergebnisse zeigen, dass diese Massnahmen zur Innenentwicklung unter schrumpfenden Bedingungen unbedingt notwendig sind, um einerseits den Landschaftsverbrauch einzudämmen und insbesondere bauliche sowie soziale Erosionspro- zesse abzuschwächen. Dieser Massnahme Punkt lässt sich jedoch ganz klar nicht von einer übergeordneten, politischen Strategie trennen. Dem Planerlass einer Planungszone um sich eine Atempause und der Erarbei- tung einer Gesamtentwicklungsstrategie zuzuwenden. BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
3 Präsentation Forschungsergebnisse: Leerstand und Identität Prof. Christine2018 stehen in Huttwil 56 Seidler 2018 Neubauwohnungen 132018 stehen in Huttwil undEigentumswohnungen 320stehen Altbauwohnungen in Huttwil 5und Einfamilienhäuser 363 Mietwohnungen leer. und 371 Wohnunge leer. Mehrfamilienhäuser leer. Umnutzung Liegenschaften Hier geht es darum bauliche und räumliche Strukturen Alt- /Neubau 56 Neubauwohnungen 13 Eigentumswohnungen Miet- / Eigentumswohnung EFH / MFH 5 Einfamilienhäuser zu schaffen die entwicklungs-, anpassungs-, und damit adaptierbar und lernfähig sind. Die Voraussetzung sich ändernden Bedürfnissen und Umgebung Rechnung tra- gen können. Nutzungsoffenheit (Gebäude und Baustruk- 17 tur) ist dabei ein Schlüsselfaktor. Nutzungsoffene Gebäu- de sind langfristig wirtschaftlicher. Eine nutzungsoffene Bauweise ermöglicht lebendigere und öffentlichere Räu- me und Quartiere welche als attraktiv wahrgenommen werden. Diese wiederum haben Ausstrahlung auf die Umgebung (Bruppacherplatz Zürich, Unort Tramdepot Kalkbreite, Warmbächliareal etc.) So kann Identität (wie- der) entstehen. Bsp. Gelateria di Bern kommt nach Hutt- 320 Altbauwohnungen 363 Mietwohnungen 1 2 1 2 371 Wohnungen 1 2 in wil, im Sinne einer bewussten aktiven Gentrifizierung Mehrfamlienhaus (Gélateria di berna Huttwil bspw.) Anzahl leerstehender WohnungenAnzahl im Jahr leerstehender 2018 WohnungenAnzahl im Jahrleerstehender 2018 Wohnungen im Jahr 2018 Datenquelle: Gebäude und Wohnstatistik, BFS 2018, Aggregation: Dencity Datenquelle: Gebäude und Wohnstatistik, BFS 2018, Aggregation: Dencity Datenquelle: Gebäude und Wohnstatistik, BFS 2018, Aggregation: Dencity BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
3 Präsentation Forschungsergebnisse: Leerstand und Identität Prof. Christine Seidler Der Donut-Effekt führt zu Leerstand Der Donut-Effekt im Ortskern. führt zu Leerstand im Ortskern. Integrative Stadtentwicklung Die Bevölkerung fungiert als Stadtmacher (Umsetzung des Paradigmenwechsel) oder ein lustvolle Öffentlich- keitsbeteiligung (Format Städtliwerkstatt) Die Bewohner und Bewohnerinnen sowie Nutzenden 18 mit mutigen und experimentellen Beteiligungsprozes- sen zum gemeinsamen Weiterdenken zu motivieren, den angestossenen Prozess weiterführen und mit ihr eine Vielzahl an Ideen zu entwickeln, ist ein entschei- dender Schritt in Richtung eines umfangreichen «Raum- rezeptes», mit dem sich am Ende der ganze Ort Huttwil wohlfühlt. Die Einwohnenden von Huttwil kennen ihre Gemeinde am besten. Sie sind die Experten und Exper- tinnen vor Ort und haben vielfach sehr gute zukunftswei- sende Ideen, die, bei einem lustvollen und engagierten Prozess, zum spannenden gemeinsamen Nenner gebün- delt werden können und eine wesentliche Basis für nach- haltige Lösungen und breite Akzeptanz vor Ort sind. Aktives Leerflächenmanagement Ermittlung und Bewertung innerstädtischer Flächenpo- tenziale Einrichtung eines Ideenbüros (Installation / Arbeitsort KümmererIn / Leerstands Concierge (w/m)) zur Abhal- tung von partizipativen Planungsprozessen mit dem Ziel, ein Leuchtturmprojekt zur Leerstands- aktivierung in Kooperation mit den BewohnerInnen zu erarbeiten und umzusetzen. Anzahl leerstehende Wohnungen pro Anzahl leerstehende Feld (ca. 1ha) Wohnungen pro Feld (ca. 1ha) Datenquelle: Gemeinde Huttwil (Leerwohnungen) Datenquelle: Gemeinde Huttwil (Leerwohnungen) BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
4 «Es geht auch anders»: Wohn- und Gewerbegenossenchaft Huttwil Vortrag Niklaus Schär Die ehemalige Fabrik der Wohn- und Gewerbegenossen- schaft Huttwil besteht aus 5 Bauten mit einer Geschoss- fläche von nahezu 5000 m2. Die vier Hauptgebäude gruppieren sich um einen Innnenhof mit einem alten backsteinroten Industriekamin. 19 Die leeren, weitläufigen Räume der alten Aebi Möbelfa- brik fragen stumm nach einer sinnvollen Nutzung. „Was passiert mit dieser alten, soliden Bausubstanz?, mit den alten Eichenböden?, mit den hohen, kargen Fabrikräu- men? Diese grossen Fragezeichen über der alten Fabrik liessen ein paar Unerschrockene nach Antworten su- chen. Sie haben Lösungen gefunden: Eine befruchtende Mischung aus Arbeiten und Wohnen und einen Brücken- schlag vom Alten ins Neue. Die heute realisierten Ideen zeigen im Wohn- wie auch im Gewerbebereich den Zug individueller pragmatischer Lösungen mit viel Sorgfalt und Sinn für das Detail. Das individuelle Engagement der Bewohnerinnen und Bewohner und auch das der Gewerbetreibenden, be- gründet sich in der Rechtsform unserer Fabrik: Die Ge- nossenschaft. Nicht die anonyme Immobiliengesellschaft im Hinter- grund, sondern die Organisation unter den Genossen- schafterInnen gewährleistet eine verbindliche Mitver- antwortung die immer wieder neu definiert werden soll. Text: wgh-huttwil.ch BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
5 Infostand am Zibelemärit Kinder (von wirklich Grossen und noch kleineren) Partizipation ;-) und Donutschiessen Am Infostand gab es die Möglichkeit einen riesigen Do- nut in der Grösse eines Lastwagenreifens zu einem Ber- liner zu machen. Selbstredend als Spiel. Als Confiture oder Vanillecrème dienten jeweils drei Tennisbälle, die es galt in die Mitte des Donuts zu werfen und so das 20 Loch zu füllen. Klingt einfacher als es ist. Denn die Bäl- le mussten im Loch bleiben – dies bedurfte viel Finger- spitzengefühl, sowie den richtigen Schwung und Präzi- sion der Wurftechnik. Genauso verhält es sich auch mit der Revitalisierung des Ortskerns von Huttwil. Aus dem Leerstand wieder einen lebendigen Ortskern zu generie- ren braucht viel Fingerspitzengefühl, das richtige Tempo und auch Geduld, wenn es beim ersten Wurf nicht genau und präzise gelingen mag, die Füllung perfekt ins Loch zu manövrieren. Wer es im Spiel geschafft hatte, wurde mit einem richtigen Berliner oder Donut, je nach Wahl der glücklichen Sieger, belohnt. Auch die Geduld und Zu- versicht aus dem Donut in Huttwil wieder ein lebendigen Ortskern zu machen wird sich lohnen - als Preis wartet ein hübsches Städtchen das wieder aus einer schwieri- gen Zeit in eine identitätsstiftende Zukunft finden wird – mit Engagement und Ideen aus der Bevölkerung und der Offenheit einer unterstützenden Behörde. BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
5 Infostand am Zibelemärit Lieblingsorte und Wünsche Am Infostand konnten sich die BesucherInnen des Zibe- lemärits über das Projekt Städtlierwerkstatt informieren sowie die Forschungsergebnisse einsehen. Zusätzlich gab es eine grosse Karte von Huttwil, auf der die Bewoh- ner und Bewohnerinnen ihre Wünsche und Lieblingsorte 21 von Huttwil eintragen konnten (Bild). An den Roten Punkten (Lieblingsorte) lässt sich gut er- kennen, das der Stadtkern «Loch im Donut» von der Be- völkerung geschätzt und nachgefragt wird. Besonders der Brunnenplatz sowie die Lokalitäten ent- lang der Hauptrasse manifestieren sich auf Basis der Aussagen der Bevölkerung als Identifikationsorte denen es Sorge zu tragen gilt. Dabei wurde viele Ideen und Wünsche zur Aufwertung des Dorfkerns (siehe Auflistung nächste Seite) aufge- führt. Karte von Huttwil mit Lieblingsorten (Rote Punkte), sowie Ideen und Wünschen (Zettel). BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
5 Infostand am Zibelemärit Lieblingsorte und Wünsche Kultur/Freizeit Begegnungszonen Sport • Eishalle • Brunnenplatz mit Märit • Sportzentrum • Badi • Brunnenplatz Aufenthaltsorte und Cafés • Turnhalle 22 • Grössere Rutschbahn in Badi und 3m Sprungbrett • Migros Treffpunkt • Fussballplatz • Summermärit, Zibälemärit, Weihnachtsmärit • Spycherhandwerk • Vitaparcour im Chamerenwald • Skatepark, Verkehrsgarten • Kirschiweg • Hornusserplatz, kein Mammutpark • Pärkli mit Wasser/Klettern • Pizza Kebab • Huttu-Trail (pro Region ) • Velofahren,Spielen • Keine Ramschläden Verkehr Aufwertung Dienstleistungen • Verkehrssituation Hauptstrasse klären • Altersgerechte Wohnungen im Zentrum • Musikschule • Einbahnverkehr auf der Hauptstrasse sowie Bäume • Quartier-leben im Fiechterquartier und an der Gar- • Kita und Lebensraum tenstrasse • Bibliothek • Parkplätze in zweiter Reihe nicht Zentrum • Arbeitsplätze • Volg/Prima • Verkehr ausbremsen, Begegnung • Lehrstellen • Viel Angebot vor Ort ohne Auto erreichbar? Gut • Spielplätze mit Café • 30er Zone für Rollatoren/2Rad • Baugrube ehemalige Landi • Sitzplätze BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
5 Infostand am Zibelemärit Eindrücke vom Zibelemärit 23 Die Jungen und Jüngsten partizipierten besonders eifrig mit, da es süsse Preise zugewinnen gab. BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
6 Raumbüro Raumbüro Ein Ziel der Städtliwerkstatt war es, mittels dem zu her- kömmlichen Planungsinstrumenten unkonventionellen Ansatz der integrativen Stadtentwicklung die Möglich- keit eines Perspektivenwechsels von Flächenwachstum zu Schrumpfung aufzuzeigen und mittels bottom-up Pro- 24 zess eine Leerstandsstrategie für die Gemeinde Huttwil, in Bezug alternativer Nutzungen auf Basis einer Ideen- sammlung, zu erarbeiten. Die Städtliwerkstatt erfolgte als erste Sofort-Massnahme die Identität und das Poten- tial von Huttwil neu zu entdecken. Im Rahmen der Städt- liwerkstatt entstand einerseits eine Aufbruchstimmung und eine positive Dynamik, andererseits wurden ausser- ordentlich viele gute und engagierte Ideen zusammenge- tragen. Um den Ortskern zu beleben, das ganze Engage- ment nicht versanden zu lassen, müssen Stimmung und Ideen dringend aufgenommen und die erzielten Ergeb- nisse zwingend koordiniert weitergeführt werden. Wir schlagen vor, hierfür ein Raumbüro mit einem Kümmerer (w/m) zu lancieren, finanzieren und installieren. Im Rahmen des Leerstandsworkshop installierte Dencity exemplarisch ein solches „Raumbüro“ für einen Tag, um aufzuzeigen, wie dies funktionieren kann. BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
6 Raumbüro Diese Massnahme ist jedoch als Teil des Prozesses zu verstehen der dringend weitergeführt und in eine über- geordnete Gesamtstrategie überführt oder mit dieser er- gänzt werden muss. Übergeordnet bedarf es wie bereits ausgeführt ein langfristige Gesamtentwicklungsstrategie 25 die auf der politischen Ebene – durchaus im integrati- ven Ansatz gemeinsam mit der Bevölkerung – erarbeitet wird. Das Raumbüro Ist Arbeitsort der, des Kümmerers und Anlaufstelle sowie erste Adresse für Herzanliegen, Ideen, mitteilen respek- tive anmelden von Angebot und Nachfrage. Hauptaufga- ben der / des Kümmerers (w/m) sind: • Die im Rahmen der Stedtliwerkstatt eingebrachten Ideen zu Projekten umzusetzten. Dies insbesondere durch Koordination, Vermittlung in dem Angebot und Nachfage zusammengeführt werde, die Ideen gemäss ausgewiesenem Bedarf evaluiert und zeitgemäss um- gesetzt werden können. • Im Dialog mit privaten Eigentümer/innen versuchen Zentrumskümmerer, Politik und Verwaltung Immobili- en für zentrumsnahes Wohnen zu reaktivieren. • Das Raumbüro fungiert als Vermittlung, Scharnier, Drehscheibe und Kommunikationsstelle zwischen Be- völkerung und Behörden BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
6 Raumbüro Stammtisch 26 Skizze: Prozess Leerstandsentwicklung und Zwischennutzung als Stadtentwicklung BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
6 Raumbüro Stammtisch Am Stammtisch wurden zwei Fragestellungen respekti- Wichtig dabei ist: In unserem Konzept übernimmt die „Zone Donut“ die- ve Themen sehr intensiv diskutiert. Einerseits Chancen se Aufgabe. Sie wird damit der Kopf des Konzeptes und Potential der Etablierung einer Kultur der Zwischen- • die Mieter sorgfältig auszuwählen (sich nur jeden zwei- Zwischennutzung, welches eine Entwicklung nach sich nutzung und die damit verbunden Differenzierung von ten Mieter „zu leisten“) zieht. Die Entwicklung von Huttwil weg vom Leerstand Identität. • Durch Vermietungen eine Diversität, welche einen sich hin zu einer attraktiven Gemeinde mit einem belebten 27 gegenseitig bereichernden Austausch ermöglicht, zu er- Kern im Städtchen ist abhängig von der starken Identität Andererseits die Fragestellung einer Gesamtentwick- und Attraktivität der Adresse „Zone Donut“, in welcher lungsstrategie der Gemeinde Huttwil im Kontext mög- reichen der Brunnenplatz das Zentrum bildet. licher Planungsinstrumente. Hierbei von Interesse war • Mieten zu günstigen Konditionen anzubieten die Diskussion des Potentials und Chance, dass Huttwil In Bezug auf den Gebäudepark wird eine energetische sich als Laborstädtchen etablieren könnte – welches auf • Gratisräume zur Verfügung zu stellen (Beispiel Repara- Nachhaltigkeit nicht gewährleistet werden können. Die Basis der anspruchsvollen Herausforderungen Leerstand tur Werkstatt, Künstlerschule für junge Menschen) „Zone Donut“ generiert ebenfalls nicht primär die mo- – mit Unterstützung des Kantons neue Planungsinstru- netäre Wertschöpfung. Sondern, durch die starke Signal- mente entwickeln und ausprobieren könnte. wirkung und Identitätsbildung, die Funktion einer lang- fristigen und Reputations förderlichen Nachhaltigkeit. Identität durch Zwischennutzung Der sich entleerende Stadtkern respektive das sich bil- dende «Loch im Donut» bedarf einer aktiven Belebung. Als ersten Schritt gilt es Zugkraft durch eine starke Iden- tität und spannende «Adresse» zu generieren. Dabei muss es gelingen, „fremdes“ Publikum anzuziehen, den Ortskern neu zu bespielen. Zwischennutzung spielt da- bei eine zentrale Rolle. (Detaillierte Abhandlung im An- hang / Forschungsbericht ). Zwischennutzungen zeigen Potentiale und Optio- nen auf, generieren als Initialzündung Innovations- kraft. Zwischennutzungen bedingen passendes Recht, vertragliche Rahmenbedingungen und eine gute Vermietungsstrategie. Repair Café (Bildquelle: konsumentenschutz.ch; Matthias Luggen; eingesehen am 21.11.2019) BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
6 Raumbüro Stammtisch / Anhang1 Etablierung von Zwischennutzung als Planungsinstrument Weltbekannte Industrieunternehmen prägten die Städte Die ehemals „verbotenen“ Zonen der Fabrikareale wurden „Banken lassen in der Regel die Immobilien leer stehen, wirtschaftlich, gesellschaftlich und städtebaulich. Na- von den BesitzerInnen nicht einfach Gewerbetreibenden weil sie alle Verwertungsoptionen offen halten wollen“ men wie Sulzer, Escher-Wyss, Maag, BBC, Sprecher & und KulturaktivistInnen überlassen. Die Nachfrage nach Schuh zeugen von der internationalen Einbindung der Büroflächen war in den 1990-er Jahren in vielen Städten Schweizer Maschinenbauindustrie in die Weltmärkte. kleiner als von den Fabrikarealbesitzern gewünscht. Da- 28 Mit dem Strukturwandel, den Rationalisierungen und mit eröffnet sich die Möglichkeit der Zwischennutzungen. Wegzügen wurden viele Produktionsstätten zu Objek- Motive für eine Vermietung sind kostengünstiges Marke- ten des Immobilienmarktes. Zu Beginn der 1990er-Jahre ting (Bader 2007, 18), Schutz vor Vandalismus und Verfall waren die Erwartungen gross, aus den Industriearealen (Sen-Stadt 2007, 144) sowie Bereitstellen von günstigen gewinnträchtige Umnutzungsprojekte zu machen. Die Räumen für Jungunternehmer im Sinne einer Wirtschafts- Rezession vereitelte viele dieser Pläne, weshalb Areale förderung (Valda und Westermann 2004, 16) Anlage ori- leer standen und dann zwischengenutzt wurden. Sieben entierte Eigentümer sind Zwischennutzungen gegenüber Areale in Aarau, Winterthur und Zürich werden im Buch eher wohlgesinnt als Entwickler, die relativ kurzfristige vorgestellt. Projekte realisieren und sie dann wieder veräussern. Eigentümer Ob eine Zwischennutzung zustande kommt oder nicht, hängt natürlich vor allem von den EigentümerInnen eines Areals ab. Ängste, Planungszustand und man- gelnde Erfahrung sind die hauptsächlichen Gründe, die Zwischennutzungen verhindern. Oftmals sind die Eigentümer generell im Immobilienbereich unerfah- ren, da viele von ihnen vormals als industrielle oder gewerbliche Unternehmung tätig waren. Meist ver- mieten sie freigewordene Räumlichkeiten aus Ertrags- gründen jedoch in provisorischer Absicht und ohne spezifisches Wissen.Die „Eroberung“ der brachliegen- den Industrieareale war über längere Zeit mit städti- schen sozialen Bewegungen und Subkultur verbunden. Das Dorf und Die Kunst(Bildquelle: hochparterre.ch; Ralph Feiner; eingesehen am 21.11.2019) BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
6 Raumbüro Stammtisch / Anhang1 Bewilligungen Eigentümer zwischengenutzter Areale: Zwischennutzungen werden – wenn überhaupt – im or- dentlichen Baugesuchsverfahren behandelt. Dies bestä- • Industrielle oder gewerbliche Unternehmung tigen 72% der befragten Städte und drei Partnerstädte • Familie oder Erbgemeinschaft im Projekt zone*imagaire. 29 • Privatpersonen Die meisten Zwischennutzungen entstehen jedoch • Anlage- oder Entwicklungsgesellschaft (Investoren, still, also ungefragt. In vielen Kantonen (u.a. AG und Entwickler) ZH) lässt die Bestandesgarantie rechtmässig erstellter Bauten auch Umnutzungen und Zweckänderungen von • Öffentliche Hand Gebäuden zu, die nicht mehr den Bauvorschriften ent- • Stiftungen, gemeinnützige oder zweckgebundene sprechen. In einigen Fällen ermöglicht dies auch nicht Gesellschaft zonenkonforme Zwischennutzungen (Interview Plüss). Da Zwischennutzende überwiegend im Gewerbe oder Oft übernehmen Zwischennutzer Räume, die von der Ei- in Dienstleistungen tätig sind, gibt es kaum gravierende gentümerschaft als nicht vermietbar eingestuft worden zonenrechtliche Probleme. Ausnahmen sind im Einzel- sind und nicht ausgeschrieben wurden. Pioniere fragen fall möglich, wenn sie den raumplanerischen Absichten die Eigentümer direkt für Räume an. Danach bewirkt die nicht entgegenstehen. Im Prinzip sind aber Ausnahmen Mund-zu-Mund-Propaganda eine rasche Eroberung der von den Nutzungsbestimmungen nicht möglich, die Nut- Areale (Angst 2004). zungsvorschriften sind „dispensfeindlich“ (Interview Störi). Alle kantonalen Baugesetze lassen jedoch in Ein- zelfällen Ausnahmen zu. Als solche Ausnahmen wurden wie Sporthallen Rolling Rock und das Beachvolleyball in der Industriezone Süd in Aarau bewilligt. Arealöffnung Borregaard (Bildquelle: borerarchitektur.ch; Borer Architektur; eingesehen am 21.11.2019) BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur 1 Zone Imaginaire, 2009, Phillipp Klaus, Rosmarie Müller et al, ISBN: 978-3-7281-3277-2
6 Raumbüro Ideensammlung Fragestellung einer Gesamtentwicklungsstrategie der Gemeinde Huttwil im Kontext möglicher alternativer Planungsinstrumente (auch hinsichtlich der anstehenden Revision der Bauordnung). In der Diskussion von Interesse war die Abwägung von Schrumpfungsprozesse müssen deshalb als ein langfris- Potentials und Chance, dass Huttwil sich als Labor- tiges und politisch zu steuerndes Problem begriffen wer- städtchen etablieren könnte – welches auf Basis der den. anspruchsvollen Herausforderungen Leerstand – mit Unterstützung des Kantons neue Planungsinstrumente Kuchendiagramm 30 entwickeln und ausprobieren könnte. Zusammenfas- • Raumplanung send die wichtigsten Gedanken und Diskussionsinhalte: • Ortsplanung Im Rahmen des Forschungsmandates Dencity zur Leer- • Statisch standsanalyse wurden am Workshop IV die Forschungs- resultate präsentiert und möglichen Handlungsoptionen Entleerung skizziert. • Donut Strategien und Massnahmen im Umgang mit Leerstän- • Leerstand den müssen integrativ angelegt sein und erzeugen erst Wirkung, wenn sich eine wachstumsorientierte Stad- • Herausforderung tentwicklungspolitik ändert und auf Schrumpfung aus- Verdichtung gerichtet wird. • Verdichten Schrumpfungsprozesse die alleine dem Marktprozess überlassen werden, bergen die Gefahr einer Spirale des • Dynamisch Niedergangs und des Verfalls. Durch sinkende Gewerbe- • Findet dort statt wo schon jemand ist und Einkommenssteuern erodiert die finanzielle Basis • Emotionen, Zielkonflikte der Städte, während die Kosten des ökonomischen, sozi- alen und demographischen Wandels ansteigen. Einem steigenden Handlungsbedarf stehen also sinken- de finanzielle Mittel und damit ein abnehmendes Steu- erungspotential gegenüber. Huttwil bezog dieses Jahr (2019) erstmalig einen kantonalen Finanzausgleich. Die Raumplannung bedarf dynamischer Instrumente beispielsweise fungieren Zwischennutzung und Reallabor als Planungsinstrumente der 3. Generation BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
6 Raumbüro Ideensammlung Handlungsoptionen in Interaktion Politik und Bevölkerung Eine wichtige Massnahme auf der politischen Gemeinde- Das örtliche Entwicklungskonzept von Huttwil ist als bene ist hier ein integratives Gesamtentwicklungskon- raumordnerisches Steuerungsinstrument im Umgang mit zept mit einem Zielbild, das nicht auf Wachstum, son- Leerständen zu entwickeln respektive in ein Bestehen- dern Stagnation und Schrumpfung ausgerichtet ist. des zu adaptieren. 31 Ein Ziel der Städtliwerkstatt war es, mittels dem zu her- Schrumpfung und Leerstand bedeuten nicht automatisch kömmlichen Planungsinstrumenten unkonventionellen Stillstand. Leerstand kann auch als Chance und Motor für Ansatz der integrativen Stadtentwicklung die Möglich- neue Entwicklungen gesehen werden. keit eines Perspektivenwechsels von Flächenwachstum zu Schrumpfung aufzuzeigen und mittels bottom-up Pro- Vorschläge an die Verwaltung / Politik zess eine Leerstandsstrategie für die Gemeinde Huttwil, • Kerngruppe KW Eingesetzte Kommission des Gemein- in Bezug alternativer Nutzungen auf Basis einer Ideen- derates sammlung, zu erarbeiten. Die Städtliwerkstatt erfolgte als erste Sofort-Massnahme (deren Dynamik aufgenom- • Lösungsorientierte Verwaltung men und Ergebnisse zwingend koordiniert weitergeführt • Kooperation daher weniger Staat von Seite Gemeinde werden muss) den Ortskern zu beleben und die Identität von Huttwil neu zu entdecken. • Ermessensspielraum nutzen Diese Massnahme ist jedoch als Teil des Prozesses zu Begegnung verstehen der dringend weitergeführt und in eine über- • Statt neu kaufen in einer Reparaturwerkstatt (Leer- geordnete Gesamtstrategie überführt oder mit dieser er- standnutzen) gemeinsam über Generationen übergrei- gänzt werden muss. Übergeordnet bedarf es wie bereits fend flicken. ausgeführt ein langfristige Gesamtentwicklungsstrategie die auf der politischen Ebene – durchaus im integrati- • Textile Werkstatt Schneidetische Nähmaschinen ven Ansatz gemeinsam mit der Bevölkerung – erarbeitet • «Walke11» Künstler- und Jugendwerkstatt (alles ge- wird. meinsam flicken) Ideenpool: Um dem Leerstand entgegenzuwirken, braucht es jede Idee und die Breite Unterstützung der Bevölkerung! BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
6 Raumbüro Ideensammlung Entwicklung eines Entwicklungsleitbildes als Basis Bauordnungsrevision Die anstehende Bauordnungsrevision sollte zwingend Top Down als Anlass genommen werden, vorgängig eine behörden- Bspw. Vorgaben Kanton verbindliche Gesamtentwicklungsstrategie von Huttwil zu verabschieden. Aus fachlicher Sicht empfiehlt sich, diese gemeinsam mit der Bevölkerung, Basierend auf 32 den Ergebnissen respektive der Weiterführung des Pro- zesses Städtliwerkstatt zu entwickeln. Eine integrative Gemeinsames Wissen und Lokales Wissen Innensicht Fachwissen Gesamtentwicklungsstrategie bietet die Chance, die Entwicklungsziele für die Gemeinde Huttwil klar zu de- Bspw. Kommissionen, Kümmerer Geklärte Bedürfnisse, Aussensicht finieren, das Potential der Gemeinde optimal zu nutzen gemeinsame Ziele und Risiken zu minimieren. Insbesondere gilt dies für Nutzungskonflikte und die durch die Leerstandsentwick- lung entstandene Abwärtsspirale. Mit einer Entwick- lungsstrategie kann eine effiziente, kostengünstige und nachhaltige Ortsplanungsrevision sichergestellt werden, Bottom up Bedürfnisse da „Marschrichtung“ und Zielkonflikte im Voraus geklärt Gemeinde, Bevölkerung sind. Gegenüber klassischen Ortsplanungsrevisionen stellt ein vorangestelltes Entwicklungskonzept einen in- novativen Ansatz dar. Planungsprozess Der ganze Planungsprozess soll dabei von den Fachpla- nern wie auch der von der Gemeinde eingesetzten, nicht ständigen Planungskommission, aktiv begleitet werden. Prozessmodell für Gebietsplanung und Entwicklung zur nachhaltigen Raumplanung Masterthesis Seidler 2013 Dies ermöglicht die Innensicht (lokales Wissen) und die Aussensicht (Fachplaner) zusammenzuführen und sorgt für nachhaltige und langfristige Ergebnisse, welche von Politik und Bevölkerung gleichermassen getragen wer- den. BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
6 Raumbüro Ideensammlung Stadtentwicklung als Reallabor Im Rahmen der drohenden Verödung und Leerung des Leitende These des Projektes ist es, dass die weltweit Kerns von Huttwil sind ganzheitliche raumplanerische beobachteten people-driven Prozesse Belege dafür Lösungsansätze gefragt, welche sowohl das Thema sind, dass über die Digitalisierung neuartiges Wissen Identität sowie auch langfristige Perspektiven unter bereitsteht, um im Zusammenspiel mit den bestehen- dem Aspekt der Schrumpfung miteinbeziehen. Dieser den Stadtentwicklungsprozessen Probleme besser lösen 33 Ansatz wurde im Rahmen des Forschungsmandates zu können und damit neue Entwürfe und Umsetzungen Städtliwerkstatt auf Basis einer grundlegenden Analyse für die Zukunft von Huttwil zu ermöglichen. Ziel ist von Ursachen und Wirkungszusammenhängen verfolgt es, die Möglichkeit eines Perspektivenwechsels von und umgesetzt. Das Ziel ist die Planung von entspre- Flächenwachstum zu Schrumpfung aufzuzeigen um eine chenden Massnahmen zur Stärkung der Identität sowie der Steigerung der Attraktivität des Stadtkerns mit einer Leerstandsstrategie zu erarbeiten welche die Wiederbe- lebung der Innenstadt durch gezielte Massnahmen und Digital Nativs gut funktionierenden Grundversorgung. Leerstand und Projekte generiert. Die Städtliwerkstatt ermöglicht die Schrumpfung als Ausgangslage bietet der Stadtentwick- Erkenntnis zu Bedürfnissen, Koordination und Bünde- lung neue Chancen, wie beispielsweise weniger Dichte, lung der Synergien sowie eine koordinierte Umsetzung mehr Grünraum und Lebensqualität sowie mehr Raum der Potentiale. Dafür werden Fragen während des für Experimente und Nischen. Für die Zukunft und den Prozesses geklärt, wie zum Beispiel: Wie Betroffene ihre Erhalt der Lebensqualität in schrumpfenden Städten ist Innenstadt in Zukunft sehen? Was soll die derzeit von eine aktive Partizipation von zentraler Bedeutung. Das starkem Leerstand betroffene Hauptstrasse/Zentrum im Rahmen des Forschungsmandates skizzierte digitale können und bieten? Und wie können die Bürgerinnen und analoge Planungsformat «Städtliwerkstatt» bildet und Bürger in der Entwicklung ihren ganz eigenen Bei- das Herzstück des künftigen Entwicklungsprozesses trag leisten? welcher Gegenstand und Basis einer Gesamtentwick- lungsstrategie bildet. Analog einem Reallabor von Stadtentwicklung. In diesem fungieren Bevölkerung als Stadtmacher und Ausschnitt Ideenkarte von www.stedtliwerkstatt.ch Stadtmacherinnen. BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur
6 Raumbüro Ideensammlung Die Problematik und Ausgangslage von Huttwil ver- Wird die Ausnahme zur Regel und Stossen Gesetzte gefällt und Lösungsmöglichkeiten einfacher ausgelotet langt eine andere Herangehensweise als bisher be- durch die Glasdecke braucht es neue Instrumente. Die werden. Nötig ist gegenseitiges Vertrauen zwischen den kannte Planungsformate (Ausführliche Beschreibung Kombination Städtliwerkstatt und Gesamtentwicklungs- Anspruchsgruppen. Dieses wird mit der Städtliwerkstatt Forschungsbericht). Weder Grundordnung noch Sonder- strategie Planungsinstrument in Form eines Reallabors durch transparente Prozesse, eine offene Kommunikati- nutzungsplanung vermögen hier die für eine qualitative stellt ein solch neues und dynamisches Instrument dar. on, einfache und flexible Verfahren, Kompetenz und Pro- 34 Transformation wichtige Fortschreibung und Weiterent- fessionalität sowie politischen Rückhalt geschaffen.2 Zu- wicklung von städtebaulichen Grundmustern zu regeln. Die Entleerung des Siedlungskern basiert auf einem dem helfen ein gemeinsames Problembewusstsein und Bei der Erneuerung und Transformation des Siedlungs- Bestand von Altbauten, Vor- und nicht- oder Zwischen- eine gemeinsame Vision, die längerfristige Identifikation bestands stossen beide städtebaulich, organisatorisch nutzer und ist umgeben von Anspruchsgruppen wie mit dem Projekt zu stärken. Offene, klare und verständli- und prozessual an Grenzen. Nachbarn und Betroffenen. In ihrem Kern muss die Nut- che Information schafft Vertrauen, wohingegen ungenü- zungsverdichtung respektive das Füllen des «Donuts» gende intransparente Kommunikation die Stimmbürger Damit wird die Ausnahme, wie schweizweit zu beobach- zuerst gesellschaftlich ausgehandelt werden, und zwar verunsichert und misstrauisch macht, was sich am Ende ten ist, zur Regel. Vermutungsweise dem Umstand ge- zwischen Gemeindebehörden, Eigentümern, Nachbarn der Planung als Ausdruck von Desinteresse oder negativ schuldet, dass mit der Regelbauweise keine griffigen und und weiteren Anspruchsgruppen1. Erst dann können in politischen Entscheiden auswirken kann.3 klaren Vorgaben zum Umgang mit Qualität, Städtebau formelle Instrumentarien einer künftigen Nutzungspla- und öffentlicher Raum gemacht werden. Man behilft sich nung respektive Entwicklungsstrategien ihren Beitrag – beispielsweise nur schon um die Etappierung oder Erd- zur Sicherung dieser Aushandlungsresultate leisten. Das geschossnutzung zu regeln, mit Sondernutzungsplänen. Format Städtliwerkstatt unterstützt einen kooperativen Die Aneinanderreihungen von Ausnahmeregelungen füh- digital und analog basierten partizipativen Prozess, in- ren zu komplexen schwerfälligen Regelwerkfragmenten dem alle relevanten Anspruchsgruppen (Stakeholder) in Eine kontextuelle und strategische, ortsspezifische Sicht den Entscheidungs- und Umsetzungsprozess einbezo- fehlt dabei ebenfalls. gen werden, Entscheide schneller und unbürokratischer 1 z.B. HSLU CCRO & CCTP (Hrsg.), Qualitätsvolle Innenentwicklung von Städten und Gemeinden durch BFH Institut Siedlungsentwicklung und Infrastruktur Dialog und Kooperation, Argumentarium und Wegweiser, Zürich, 2014.19 ARE 2013, S. 23 f. 2 ARE 2013, S. 22 ff 3 ARE 2013, S. 22
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