Fragen und Antworten zur Überarbeitung der Koordinierungsregeln im Bereich der sozialen Sicherheit - Factsheet
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Europäische Kommission - Factsheet Fragen und Antworten zur Überarbeitung der Koordinierungsregeln im Bereich der sozialen Sicherheit Brüssel, 13. Dezember 2016 Die Europäische Kommission legt heute eine überarbeitete Fassung der EU-Vorschriften zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit vor. Was ist mit „Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit" gemeint? Die Systeme der sozialen Sicherheit umfassen in der Regel Kranken-, Mutterschafts-/Vaterschafts-, Familien-, Alters-, Arbeitslosigkeits- und ähnliche Leistungen, für die ausschließlich die nationalen Behörden zuständig sind. Dies bedeutet, dass jeder Staat sein Sozialsystem selbst gestaltet. Daher sind die Systeme sehr verschieden, sowohl was ihre Struktur als auch das Leistungsangebot betrifft. Damit Bürger/innen, die in einen anderen Mitgliedstaat reisen oder sich dort niederlassen, ihren Sozialschutz nicht verlieren, müssen die nationalen Systeme miteinander verbunden werden. Dafür gibt es in der Europäischen Union Regeln, die die Zusammenarbeit der nationalen Systeme der sozialen Sicherheit koordinieren. Diese Koordinierungsregeln legen fest, welches nationale System für eine mobile Bürgerin/einen mobilen Bürger gilt, und verhindert, dass eine Person in einer grenzüberschreitenden Situation entweder gar nicht oder doppelt abgesichert ist. Dadurch dass die Sozialansprüche geschützt sind, haben mobile Menschen wirklich die Wahl, ob sie in einem anderen Land leben oder arbeiten möchten. Die Vorschriften dienen der Koordinierung nicht der Harmonisierung. Dieses Koordinierungssystem besteht seit 1959 und wurde im Laufe der Jahre immer wieder modernisiert. Die aktuelle Regelung umfasst die Verordnungen (EG) Nr. 883/2004 und (EG) Nr. 987/2009. Was steht in den Koordinierungsregeln für die soziale Sicherheit? Die EU-Vorschriften zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit regeln nicht, wer nach den nationalen Bestimmungen versichert werden muss oder welche Leistungen zu gewähren sind – dies fällt in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten. Die Vorschriften liefern lediglich Kriterien, um festzustellen, unter welches nationale System eine mobile Bürgerin bzw. ein mobiler Bürger fällt. Die EU-Vorschriften basieren auf vier Grundsätzen: - Nur ein Land: Jede Person genießt jeweils immer nur den Schutz eines Sozialsystems, sodass sie nur in einem Land Beiträge zahlt. Sofern die Person Anspruch auf Leistungen hat, besteht dieser in dem Land, in dem sie ihre Beiträge zahlt. - Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung: Eine mobile Person hat dieselben Rechte und Pflichten wie die Staatsangehörigen des Landes, in dem sie versichert ist. - Zusammenrechnung: Wenn eine Person eine Leistung beantragt, werden falls nötig die Versicherungs-, Erwerbs- oder Wohnzeiten, die sie in anderen Mitgliedstaaten zurückgelegt hat, berücksichtigt (z. B. um nachzuweisen, dass die Person die gemäß dem nationalen Recht für einen Leistungsanspruch erforderliche Voraussetzung einer Mindestversicherungszeit erfüllt). - Exportierbarkeit: Hat eine Person Anspruch auf eine Geldleistung von einem Mitgliedstaat, kann sie diese im Allgemeinen auch dann beziehen, wenn sie in einem anderen Mitgliedstaat lebt. Wer ist betroffen? Die Bestimmungen gelten für alle, die in einen anderen Mitgliedstaat ziehen, um sich dort dauerhaft niederzulassen, vorübergehend dort zu arbeiten oder zu studieren, aber auch für alle, die im Urlaub verreisen. Einige Beispiele: Touristinnen und Touristen In den Sommermonaten fahren Millionen von Europäerinnen und Europäern in ein anderes europäisches Land auf Urlaub. Wenn sie während ihres Aufenthalts einen Unfall haben oder krank werden und medizinische Versorgung benötigen, greift das Koordinierungssystem. Mit der
Europäischen Krankenversicherungskarte können sie das Gesundheitswesen in jedem Mitgliedstaat für jede während ihres Aufenthaltes notwendige Versorgung in Anspruch nehmen. Diese Versorgung erfolgt auf derselben Grundlage wie für die Bewohner/innen des betreffenden Mitgliedstaates. Grenzgänger/innen Personen, die die Grenze überqueren, um im Nachbarland zu arbeiten, haben Anspruch auf medizinische Versorgung in beiden Ländern (zu Lasten des Landes, in dem sie arbeiten). Personen im Ruhestand Alle, die im Laufe ihres Berufslebens in mehreren Mitgliedstaaten gearbeitet haben, haben Anspruch auf die Zusammenrechnung ihrer Versicherungszeiten, um eine volle Rente bzw. Pension zu erhalten. Arbeitssuchende Arbeitssuchende, die beschließen, in einem anderen Mitgliedstaat Arbeit zu suchen, können die Arbeitslosenleistungen von ihrem Mitgliedstaat erhalten und für einen bestimmten Zeitraum in einen anderen Mitgliedstaat mitnehmen, um sich dort nach einem Arbeitsplatz umzusehen. Von wie vielen Menschen sprechen wir? Im Jahr 2015 hielten sich rund 11,3 Millionen EU-Bürger/innen im Erwerbsalter (20-64 Jahre) in einem anderen Mitgliedstaat als dem ihrer Staatsangehörigkeit auf; davon waren 8,5 Millionen auf Arbeitssuche. Das sind lediglich 3,7 % der gesamten Erwerbsbevölkerung in der EU. In der EU gab es 1,3 Millionen Grenzgänger/innen (Personen, die in einem EU-Land leben und in einem anderen EU- Land arbeiten). Im Jahr 2014 gab es EU-weit 1,92 Millionen entsandte Arbeitsnehmer/innen. Diese Personengruppe stellt insgesamt nur 0,7 % aller Erwerbstätigen in der EU. Die durchschnittliche Entsendedauer beträgt vier Monate. Welche Vorteile hat die Arbeitskräftemobilität? Der freie Personenverkehr trägt zu Wirtschaftswachstum und Wettbewerbsfähigkeit bei und bringt sowohl den betroffenen Arbeitnehmern und Arbeitgebern als auch der Wirtschaft insgesamt Vorteile. Neue Jobchancen, Arbeitserfahrungen und ein Zuwachs an Kompetenzen (u. a. der Erwerb von Sprachen) – diese Möglichkeiten eröffnen sich allen, die von ihrem Recht Gebrauch machen, in einem anderen Mitgliedstaat zu arbeiten. Aufgrund der gewonnenen Erfahrung finden diese Personen später nicht nur leichter einen Arbeitsplatz in ihrem Herkunftsland, sondern im Schnitt ist auch ihre Erwerbswahrscheinlichkeit höher als die der Staatsangehörigen des Aufnahmelandes. Darüber hinaus leisten sie einen positiven Beitrag zur Wirtschaft im Aufnahmestaat, da sie den Fach- und Arbeitskräftemangel abbauen helfen. Sie erweitern die Vielfalt des Dienstleistungsangebots und fördern die Wettbewerbsfähigkeit. Im Hinblick auf die Kosten für öffentliche Dienstleistungen, die mobile EU- Bürger/innen im Aufnahmemitgliedstaat in Anspruch nehmen, sind sie tendenziell eher Nettobeitragszahler/innen und stellen daher in der Regel keine Belastung für das jeweilige Sozialsystem dar. Jüngsten Studien zufolge gibt es keinen statistischen Zusammenhang zwischen dem Leistungsniveau der einzelnen Sozialsysteme und dem Zustrom mobiler EU-Bürger/innen.[1] Aus makroökonomischer Sicht trägt die Arbeitskräftemobilität dazu bei, unterschiedlich hohe Arbeitslosenquoten in den EU-Mitgliedstaaten auszugleichen und Humanressourcen effizienter zuzuteilen. Die Analyse legt ferne nahe, dass die Arbeitskräftemobilität innerhalb der EU eine wichtige, stabilisierende Rolle während der Krise gespielt und unter Umständen noch höhere Spitzenwerte bei den Arbeitslosenquoten verhindert hat. Welche Leistungen der sozialen Sicherheit werden auf EU-Ebene koordiniert? Die EU-Vorschriften zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit werden in der EU, in Island, Liechtenstein, Norwegen und der Schweiz auf folgende Bereiche des nationalen Rechts angewendet: - Kranken-, Mutterschafts- und gleichgestellte Vaterschaftsleistungen - Altersversorgung, Vorruhestands- und Invaliditätsleistungen - Hinterbliebenenleistungen und Sterbegeld - Arbeitslosenleistungen - Familienleistungen - Leistungen aufgrund von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten Was ist der Unterschied zwischen sozialer Sicherheit und Sozialhilfe? Laut EU-Recht zählen zur sozialen Sicherheit Leistungen, die gemäß dem Sozialrecht der Mitgliedstaaten in folgenden Bereichen erbracht werden: Kranken-, Mutterschafts- und gleichgestellte
Vaterschaftsleistungen; Altersversorgung, Vorruhestands- und Invaliditätsleistungen; Hinterbliebenenleistungen und Sterbegeld; Arbeitslosenleistungen; Familienleistungen; Leistungen bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten. Diese Leistungen werden gewährt, weil die Bürger/innen unabhängig von ihrer materiellen Situation einen Rechtsanspruch darauf haben. Die soziale Absicherung umfasst sowohl beitragsabhängige als auch beitragsunabhängige Leistungen. Als Sozialhilfe werden Leistungen bezeichnet, die Armut verhindern sollen und in der Regel gezahlt werden, um das Existenzminimum zu sichern, oder die in einer speziellen Lebenssituation zum Tragen kommen (zum Beispiel, wenn eine Person nicht über ausreichend Ressourcen verfügt, um ihre Grundbedürfnisse zu decken). Solche Leistungen werden üblicherweise auf der Grundlage einer individuellen Prüfung der Bedürfnisse und Lebensumstände einer Person gewährt und unterliegen meist einer Bedarfsprüfung (d. h. die finanzielle Situation einer Person wird geprüft). Die Leistungen sind an keinen der oben erwähnten Bereiche der sozialen Sicherheit gebunden und sind normalerweise genau auf die wirtschaftliche und soziale Situation des betreffenden Mitgliedstaates zugeschnitten. Was ist der Unterschied zwischen Geldleistungen und Sachleistungen? Die Vorschriften beziehen sich sowohl auf Geld- als auch auf Sachleistungen. Der Unterschied zwischen diesen Kategorien liegt im Wesen und im Zweck der Leistungen. Sachleistungen sind alle Leistungen, die darauf abzielen, bestimmte Produkte und Dienstleistungen bereitzustellen, verfügbar zu machen, die Kosten dafür zu bezahlen oder zu erstatten. Sachleistungen sind zum Beispiel Gesundheitsleistungen, Gutscheine im Rahmen der Familienleistungen, um die Kosten der Kinderbetreuung in einer Krippe abzudecken, oder die Erstattung der Kosten für eine Pflegeperson, die eine pflegebedürftige Person zuhause betreut. Geldleistungen sind Zahlungen (in Form eines Fixbetrags oder Differenzbetrags), deren Höhe im Voraus feststeht (d. h. der gezahlte Betrag entspricht nicht den tatsächlichen Ausgaben, die der Empfängerin oder dem Empfänger entstanden sind). Beispiele für Geldleistungen sind monatliche Arbeitslosenleistungen oder Renten- bzw. Pensionszahlungen, die die Empfänger/innen beliebig ausgeben können. Warum soll das derzeitige System geändert werden? Die EU-Vorschriften zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit gibt es bereits seit 1959. Der Arbeitsmarkt und die Gesellschaft verändern sich ständig, genau wie auch die nationalen Sozialsysteme. Daher werden diese Vorschriften regelmäßig angepasst. An der Gesamtstruktur der Regelung wird nicht gerüttelt, es sind jedoch einige gezielte Anpassungen nötig, um zu gewährleisten, dass die Vorschriften fair, einfacher anzuwenden und leichter durchzusetzen sind. Wie fügt sich dieser Vorschlag in die allgemeine Agenda der Kommission ein? Die derzeitige Kommission hat diesen Vorschlag weit oben auf ihre Agenda für mehr soziale Gerechtigkeit und einen vertieften, gerechteren Binnenmarkt gesetzt. Um die Arbeitskräftemobilität zu erleichtern, sind klare, gerechte und durchsetzbare Regeln notwendig. In Verbindung mit dem Vorschlag zur Überarbeitung der Entsenderichtlinie wird der vorliegende Vorschlag dazu beitragen, faire Bedingungen für die Arbeitskräftemobilität zu gewährleisten. Er erleichtert die Freizügigkeit der Arbeitnehmer/innen – ein Grundpfeiler des Binnenmarktes – und stärkt gleichzeitig die Instrumente für die nationalen Behörden im Kampf gegen Missbrauch und Betrug. Was sind die wichtigsten Änderungen? 1) Arbeitslosenleistungen: - Der Zeitraum für den Export von Arbeitslosenleistungen (in dem eine Person diese Leistungen in einen anderen Mitgliedstaat, in dem sie Arbeit sucht, mitnehmen kann) wird von mindestens drei auf mindestens sechs Monate verlängert, mit der Möglichkeit einer weiteren Verlängerung für den verbleibenden Anspruchszeitraum. - Für die Zahlung von Arbeitslosenleistungen an Grenzgänger/innen ist der Mitgliedstaat der letzten Erwerbstätigkeit zuständig, sofern die betroffenen Personen zwölf Monate dort gearbeitet haben. Gemäß den derzeit geltenden Vorschriften ist der Wohnmitgliedstaat dafür zuständig, obwohl Grenzgänger/innen ihre Beiträge um im Prinzip ihre Steuern dort zahlen, wo sie arbeiten. - Bei der Prüfung, ob eine arbeitslose mobile Person Anspruch auf Arbeitslosenleistungen hat, muss ein Mitgliedstaat lediglich dann die in anderen Mitgliedstaaten zurückgelegten Versicherungszeiten berücksichtigen, wenn die betreffende Person jeweils mindestens drei Monate dort gearbeitet hat. In den anderen Fällen muss der Staat der letzten Erwerbstätigkeit diese Leistungen erbringen. 2) Pflegeleistungen: Der Vorschlag führt bestimmte Koordinierungsregeln für Pflegeleistungen ein, die derselben Logik folgen wie die derzeit im Bereich von Krankenleistungen geltenden Vorschriften.
Das bedeutet, dass der Versicherungsmitgliedstaat die Geldleistungen bei Pflegebedürftigkeit erbringt und die vom Wohnmitgliedstaat bereitgestellten Sachleistungen erstattet. Die neuen Vorschriften werden der aufgrund der Bevölkerungsalterung wachsenden Gruppe von Personen mit Pflegebedarf mehr Rechtsklarheit bieten. 3) Zugang zu Sozialleistungen für nicht erwerbstätige Personen: Der Vorschlag kodifiziert die jüngste Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zu den Voraussetzungen für den Zugang zu Sozialleistungen durch nicht erwerbstätige mobile Personen. Damit sind Personen gemeint, die nicht erwerbstätig sind, nicht aktiv Arbeit suchen und keine abgeleiteten Rechte als Familienangehörige einer erwerbstätigen Person haben. Die Mitgliedstaaten können den Zugang für nicht erwerbstätige mobile Bürger/innen sowohl zur Sozialhilfe als auch zu Leistungen der sozialen Sicherheit davon abhängig machen, dass sich diese legal im Land aufhalten. Nicht erwerbstätige Personen erhalten nur dann das Aufenthaltsrecht in einem Aufnahmestaat, wenn sie ihren Aufenthalt selbst finanzieren können, ohne das Budget des Aufnahmestaates zu belasten, und sie müssen umfassend krankenversichert sein. Anders die Lage für Arbeitssuchende: Ihr Aufenthaltsrecht in einem anderen Mitgliedstaat leitet sich direkt von Artikel 45 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union ab. Aktiv Arbeitssuchende müssen bei der öffentlichen Arbeitsverwaltung vor Ort gemeldet sein, und es muss die Chance bestehen, dass sie innerhalb einer vernünftigen Frist Arbeit finden. 4) Soziale Sicherheit für entsandte Arbeitnehmer/innen: Mit den neuen Regeln werden die administrativen Instrumente für die Koordinierung der sozialen Absicherung entsandter Arbeitnehmer/innen, gestärkt. damit soll gewährleistet werden, dass die nationalen Behörden über angemessene Möglichkeiten verfügen, um den Sozialversicherungsstatus dieser Personen zu überprüfen und eventuellen unfairen Praktiken oder Missbrauch einen Riegel vorzuschieben. Mit dem Vorschlag werden zum Beispiel die Träger, die ein portables Dokument A1 ausstellen (eine Bescheinigung über das nationale Sozialrecht, dem die entsandte Person unterliegt), stärker in die Pflicht genommen, wenn es darum geht, die maßgeblichen Fakten zu prüfen und zu garantieren, dass die Angaben im betreffenden Dokument korrekt sind. Darüber hinaus werden klare Fristen für den Informationsaustausch zwischen den nationalen Behörden eingeführt. Ferner wird mit dem Vorschlag das Ziel verfolgt, den grenzüberschreitenden Informationsaustausch zwischen den Sozialversicherungsträgern und den Arbeitsaufsichtsbehörden, den Einwanderungs- und Steuerbehörden der Mitgliedstaaten zu erleichtern, um sicherzustellen, dass die entsprechenden gesetzlichen Verpflichtungen gemäß Arbeits-, Arbeitssicherheits-, Einwanderungs- und Steuerrecht eingehalten werden. Der Vorschlag enthält auch stärker abschreckende Maßnahmen gegen Missbrauch. 5) Familienleistungen: Im Vorschlag sind die Vorschriften zur Vergütung bei Elternurlaub aktualisiert, die Eltern als Ausgleich für Einkommenseinbußen während der Zeit erhalten, in der sie ein Kind betreuen. Gemäß den derzeit geltenden Vorschriften wird die Vergütung bei Elternurlaub als Leistung für die gesamte Familie behandelt und unterliegt den Antikumulierungsregeln. Damit wird verhindert, dass zwei Mitgliedstaaten für denselben Zweck und für denselben Zeitraum Sozialleistungen zahlen. Im Rahmen des neuen Vorschlags wird die Vergütung bei Elternurlaub als individueller Anspruch des betreffenden Elternteils behandelt, und die Mitgliedstaaten werden wählen können, ob sie diese Vergütung in voller Höhe an beide erwerbstätigen Elternteile zahlen. Auf diese Weise werden jene Mitgliedstaaten, die eine faire Aufteilung der elterlichen Pflichten aktiv fördern, mögliche negative finanzielle Anreize beseitigen können, die verhindern, dass beide Eltern im gleichen Zeitraum Elternurlaub nehmen. Der Vorschlag bewirkt keine Änderung der bestehenden Regelungen für den Export von Leistungen für Kinder. Es ist nicht vorgesehen, die Leistungen für Kinder an einen Index zu binden: Das Land der Erwerbstätigkeit des Elternteils (der Eltern) ist auch weiterhin für die Zahlung der Kinderbeihilfe zuständig und dieser Betrag kann nicht angepasst werden, wenn das Kind woanders lebt. Innerhalb der EU werden weniger als 1 % der Leistungen für Kinder an Kinder gezahlt, deren Wohnmitgliedstaat nicht mit dem Mitgliedstaat identisch ist, in dem ein Elternteil oder beide arbeiten. Die Auswirkungen einer Indexierung von Familienleistungen auf die nationalen Budgets wären gering im Vergleich zu den erheblichen Verwaltungskosten, die ein Indexierungsmechanismus verursachen würde. Die Kommission wird die Mobilitätsströme und ihre Auswirkungen auf die Sozialsysteme weiterhin aufmerksam verfolgen. Welche Verbindung besteht zwischen diesen Änderungen und der Entsenderichtlinie? Obwohl sich sowohl der Vorschlag zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit als auch die
Entsenderichtlinie auf die Arbeitskräftemobilität beziehen, behandeln die beiden Instrumente unterschiedliche Aspekte. In der Entsenderichtlinie geht es um die Beschäftigungsbedingungen für entsandte Arbeitnehmer/innen; die Koordinierungsregeln wiederum dienen dazu festzustellen, welches nationale Sozialrecht im Einzelfall zur Anwendung kommt. Der Vorschlag hat keine Auswirkungen auf den persönlichen Geltungsbereich der EU-Vorschriften zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit und auch nicht der Entsenderichtlinie. Allerdings wird der Vorschlag eine Anpassung der Terminologie der beiden Rechtsakte bewirken, um ihre Anwendung in der Praxis zu erleichtern. Der Begriff „Entsendung“ wird nur für die Entsendung von Arbeitskräften im Sinne der Entsenderichtlinie (Richtlinie 96/71/EG) verwendet werden. Andere Erwerbstätige (z. B. selbstständig Erwerbstätige) werden als „Erwerbstätige, die geschickt wurden“ bezeichnet, um sie klarer von entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern zu unterscheiden. Entsandte Arbeitnehmer/innen bleiben dem Sozialsystem ihres Herkunftsmitgliedstaates angeschlossen, sofern ihre Entsendung nicht länger als 24 Monate dauert oder sie nicht eine andere entsandte Person ablösen. Darüber hinaus hat die Kommission in der Überarbeitung der Entsenderichtlinie eine Neuregelung zu langfristigen Entsendungen vorgeschlagen: Wenn die erwartete oder tatsächliche Entsendedauer 24 Monate übersteigt, soll das Arbeitsrecht des Aufnahmestaates gelten. Derselbe 24-Monate-Zeitraum wird auch in den EU-Vorschriften zur Koordinierung der Sozialsysteme angewendet. Gemeinsam bilden diese EU-Vorschriften einen Rahmen, der fairen Wettbewerb und die Wahrung der Rechte entsandter Arbeitnehmer/innen garantiert, sodass sowohl die Unternehmen als auch die Arbeitskräfte die Chancen des Binnenmarktes umfassend nutzen können. Was ändert sich nicht? Die Bewertung der derzeit geltenden Vorschriften durch die Kommission ergab, dass die Gesamtstruktur und die Grundprinzipien der EU-Koordinierung im Bereich der sozialen Sicherheit nach wie vor tragfähig sind. Der Vorschlag umfasst die gezielte Überarbeitung bestimmter Vorschriften in vier Bereichen, um für mehr Gerechtigkeit, Klarheit und Einfachheit in der Anwendung zu sorgen. Das der Koordinierung zugrundeliegende System ändert sich dadurch nicht. Welcher Entscheidungsprozess der Kommission ist diesen Änderungen vorausgegangen? Der Arbeit der Kommission ist ein kontinuierlicher Dialog mit den Mitgliedstaaten sowie Feedback von Bürgerinnen und Bürgern, Sozialpartnern und Interessenträgern vorausgegangen. Ihre Rückmeldungen machten klar, in welchen Bereichen die Vorschriften die angestrebte Wirkung erzielen und in welchen Änderungen nötig sind. Welche Auswirkungen werden die Änderungen für die Bürger/innen haben? - Personen, die sich entschließen in ein anderes Land zu ziehen, um dort Arbeit zu suchen, werden es aufgrund der neuen Regeln bei der Arbeitssuche und der Rückkehr in den Arbeitsmarkt leichter haben. - Angesichts der Bevölkerungsalterung und weil Unabhängigkeit und Mobilität von Menschen mit Behinderung stärker gefördert werden, benötigen immer mehr mobile Bürger/innen Pflegeleistungen. Die neuen Regeln werden für Klarheit sorgen, unter welchen Bedingungen mobile Bürger/innen berechtigt sind, Pflegeleistungen zu exportieren, wenn sie ins Ausland ziehen. Dadurch sind die Rechte von Menschen in grenzüberschreitenden Situationen besser geschützt. - In Bezug auf mobile EU-Bürger/innen, die weder erwerbstätig sind noch aktiv Arbeit suchen, wird mit der Überarbeitung klargestellt, dass der Aufnahmemitgliedstaat ihren Zugang zu bestimmten Sozialleistungen vom Nachweis abhängig machen kann, dass sie sich gemäß EU-Recht legal in diesem Mitgliedstaat aufhalten. Allerdings müssen die Mitgliedstaaten die in der Freizügigkeitsrichtlinie (Richtlinie 2004/38/EG) festgelegten Bedingungen einhalten. Für den Bereich der Sozialleistungen bedeutet dies, dass nur ein legitimes Ziel (wie die Notwendigkeit, die Finanzen des Aufnahmestaates zu schützen) die Ungleichbehandlung gegenüber Staatsangehörigen des Aufnahmestaates rechtfertigen kann, und dass diese Ungleichbehandlung nicht über das zur Erreichung des Ziels erforderliche Maß hinausgehen darf. Welche Auswirkungen werden die Änderungen für die nationalen Behörden haben? Die neuen Vorschriften stellen eine engere Verbindung zwischen dem Ort der Entrichtung von Beiträgen und dem Ort der Leistungsgewährung her. Die neuen Vorschriften für den Export von Arbeitslosenleistungen stärken die Zusammenarbeit zwischen den nationalen Arbeitsverwaltungen. Mit der Überarbeitung wird geklärt, dass die Arbeitsverwaltung im Aufnahmemitgliedstaat verpflichtet ist, Arbeitssuchende mit aktiven Arbeitsmaßnahmen zu unterstützen und ihre Aktivitäten begleitend zu kontrollieren sowie dem für die Zahlung der Arbeitslosenleistungen zuständigen Staat darüber zu berichten.
Aufgrund der Bevölkerungsalterung ist die öffentliche Hand zunehmend gefordert, Pflegekosten abzudecken. Dank der neuen Vorschriften, können die zuständigen Träger Fälle von Leistungskumulierung leichter feststellen, sodass Ressourcen effizient, bedarfsgerecht und in einer Weise zugeteilt werden können, die sowohl den mobilen Bürgerinnen und Bürgern als auch den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern gegenüber fair ist. Gemäß den überarbeiteten Vorschriften sind die Mitgliedstaaten noch stärker zur loyalen Zusammenarbeit verpflichtet, und die bereits jetzt geltende Verpflichtung der nationalen Behörden, Angaben entsandter Arbeitnehmer/innen oder ihrer Arbeitgeber/innen vor der Ausstellung eines portablen Dokuments A1 zu überprüfen, wird besonders betont. Es werden klare Verfahren festgelegt, wie eine nationale Behörde im Zweifelsfall die Richtigkeit der von einem anderen Mitgliedstaat ausgestellten Dokumente bestreiten kann. Dank der neuen Vorschriften wird das Verfahren zur Beitreibung nicht geschuldeter Sozialleistungen an das bestehende Verfahren zur Beitreibung von Steuer- und Abgabenforderungen angepasst. Die Mitgliedstaaten werden in der Lage sein, einen allgemein anerkannten, einheitlichen Vollstreckungstitel zur Durchsetzung von Forderungen für nicht geschuldete Sozialleistungen sowie klarere Verfahren für die grenzüberschreitende Amtshilfe zu nutzen. Welche Auswirkungen werden die Änderungen für die Arbeitgeber/innen haben? Die neuen Vorschriften bieten mehr Rechtsklarheit. Arbeitgeber/innen werden im Namen ihrer Beschäftigten Informationen von den nationalen Sozialversicherungsträgern anfordern und erhalten können, damit die Sozialbeiträge im richtigen Mitgliedstaat abgeführt werden. Ehrliche Arbeitgeber/innen, die sich an die Regeln halten, werden von den strengeren Verfahren zur Bekämpfung von Betrug und Missbrauch profitieren. Welche Rolle spielen die neuen Vorschriften im Kampf gegen Missbrauch und Betrug? Aufgrund des Vorschlags werden sich „Grauzonen“, Betrug oder Fehler bei der Anwendung der Verordnungen besser feststellen und bekämpfen lassen, u. a. durch den regelmäßigen Austausch personenbezogener Daten zwischen den Mitgliedstaaten, um den Datenabgleich – zum Beispiel beim Export von Alters- und Arbeitslosenleistungen – zu erleichtern. Zusätzlich werden die strengeren Verpflichtungen und Verfahren zur Überprüfung der zwischen den Mitgliedstaaten ausgetauschten Daten zu entsandten Arbeitskräften die EU-Vorschriften zur Entsendung von Arbeitskräften ergänzen. Und schließlich werden mit dem Vorschlag die Verfahren zur Beitreibung nicht geschuldeter Sozialleistungen an die Verfahren gemäß Richtlinie 2010/24/EU zur Amtshilfe bei der Beitreibung von Steuer- und Abgabenforderungen angepasst. Auch dieser Schritt wird für mehr Rechtsklarheit sorgen. In welcher Beziehung steht der Vorschlag zur früheren Neuregelung mit dem Vereinigten Königreich? Im Februar 2016 einigten sich die Staats- und Regierungschefs über eine neue Vereinbarung für das Vereinigte Königreich, in der mehrere Punkte behandelt werden, die auch Gegenstand des neuen Vorschlags sind. Im Einklang mit dieser Vereinbarung und als Folge der Entscheidung des britischen Volkes, aus der Europäischen Union auszutreten, sind die von den Staats- und Regierungschefs getroffenen Vereinbarungen nichtig geworden. Was sind die nächsten Schritte? Der Kommissionsvorschlag wird nun dem Europäischen Parlament und den EU-Mitgliedstaaten (im Rahmen des Ministerrates) zur Erörterung übermittelt. Nachdem diese eine Einigung erzielt haben, wird die Verordnung in allen Mitgliedstaaten ab dem ersten Tag nach der Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union durchsetzbar sein. Personen, die bereits jetzt Arbeitslosenleistungen beziehen, erhalten bis zur Einführung der Änderungen aufgrund der neuen Vorschriften vorübergehenden Schutz. Die derzeitigen Vorschriften bleiben bis zum Inkrafttreten der neuen Bestimmungen gültig. [1] Siehe zum Beispiel die von ICF GHK gemeinsam mit Milieu durchgeführten Analyse zur Frage, wie sich die Ansprüche nicht erwerbstätiger EU-Migrantinnen und M igranten auf besondere beitragsunabhängige Geldleistungen und auf aufgrund des Wohnortes gewährte Gesundheitsversorgung auf die Sozialsysteme der Mitgliedstaaten auswirken; und CEPS, Social benefits and migration, A contested relationship and policy challenge in the EU.
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