Fraktionsbeschluss vom 26. Januar 2021 Aktionsplan Faire Wärme - Aufbruch für klimaneutrale und bezahlbare warme Wohnungen und Häuser
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Fraktionsbeschluss vom 26. Januar 2021 Aktionsplan Faire Wärme – Aufbruch für klimaneutrale und bezahlbare warme Wohnungen und Häuser Die Wärmewende hin zu 100 Prozent er- über 80 Prozent aus fossiler Energie (Erdöl, neuerbar erwärmten Gebäuden und Woh- Erdgas, Kohle) gewonnen. Auch das angeb- nungen ist machbar. Das vergangene Jahr- liche Verbot von Ölheizungen ab 2026 hat zehnt ist jedoch wirkungslos verstrichen, riesige Schlupflöcher und wird sich ledig- ohne unsere Gebäude und Wohnungen lich als weiteres Placebo dieser Bundesre- schrittweise zu dekarbonisieren. Damit gierung im Gebäudebereich erweisen. Das sind die Klimaziele von Paris in ernster Ge- Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung fahr und wir steuern auf eine Erderhitzung spricht daher von einem verlorenen Jahr- von drei Grad und mehr zu. Wir stellen da- zehnt für den Klimaschutz im Gebäu- her die heute nötigen Maßnahmen und debereich. Es drohen auch überhohe Be- Schritte vor: die „Faire Wärme– Aufbruch lastungen für die privaten Haushalte und für klimaneutrale und bezahlbare warme Immobilieneigentümer, da Gebäude die ak- Häuser und Wohnungen“. tuell nicht nach dem Stand der Technik mo- dernisiert oder neu gebaut werden, noch 2010-2020: Ein verlorenes Jahrzehnt für einmal klimagerecht modernisiert werden den Klimaschutz im Gebäudebereich müssen. Die Wärmewende hin zu 100 Prozent er- Gleichzeitig werden Wohnungen und Häu- neuerbar erwärmten Gebäuden und Woh- ser immer teurer und Mieten und Kauf- nungen stagniert in Deutschland seit einem preise vielerorts unbezahlbar. Allein im Jahrzehnt. Die Bilanz der unionsgeführten Jahr 2019 stiegen die Preise für Eigentums- Bundesregierungen ist verheerend. wohnungen in Deutschland um 8 Prozent. In Deutschland werden noch immer 35 Pro- Aufbruch jetzt: Faire Wärme zent der Endenergie für das Heizen, Kühlen und die Warmwasserbereitung von Häu- Klimaschutz ist eine Überlebensfrage – für sern und Gebäuden verbraucht. Dabei ent- uns alle, auch hier in Deutschland. Deshalb stehen 30 Prozent des gesamten klima- ist es richtig und notwendig, dass sich die schädlichen CO2. Die Dekarbonisierung un- internationale Gemeinschaft 2015 in Paris serer Wärmeversorgung ist somit ein ent- auf ein globales Klimaschutzabkommen ge- scheidender Baustein auf unserem Pfad zur einigt hat. Auch Deutschland hat dieses Ab- Klimaneutralität und zur Umsetzung der kommen mit der Zustimmung des Deut- Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens. schen Bundestages einstimmig angenom- men. Nun kommt es darauf an, das Abkom- Laut Umweltbundesamt stiegen die Treib- men zügig und ambitioniert in die Praxis hausgasemissionen im Gebäudebereich im umzusetzen. Vergleich zu 2013 sogar um 5 Mio. Tonnen oder 4,4 Prozent gegenüber 2018 an, in den Gebäude haben eine lange Lebens- und letzten fünf Jahren gab es keine nennens- Nutzungsdauer und weisen dementspre- werte Reduktion. Noch immer werden chend lange Investitionszyklen von Anla- Wärme und Warmwasser für die Behei- gen und Bauteilen von in der Regel 30 bis 50 zung und Versorgung von Gebäuden zu Jahren bei Neubau und Sanierung auf. Um
den Gebäudebestand bis spätestens 2050 2019: „Die Neue Gaswelt. Perspektiven für klimaneutral umzubauen, müssen daher eine effiziente und grüne Gasversorgung.“ ab 2021 alle Neubauten und umfassenden www.gruene-bundestag.de/themen/ener- Sanierungen energiesparend nach dem gie/so-sieht-die-gruene-gas-welt-aus). neuesten Stand der Technik und nahezu kli- Faire Wärme ist klimafreundlich und be- maneutral erfolgen. Die gute Nachricht ist: zahlbar klimafreundliche Gebäude sind günstiger! Wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Energiesparen und Erneuerbare Energien nach dem Grundsatz der Fairen Wärme Ein aktuelles Gutachten des Instituts für schützen nicht nur das Klima, sondern auch technische Gebäudeausrüstung (iTG Dres- Mieter*innen vor unkalkulierbar steigen- den) belegt, dass die Mehrkosten für die kli- den Heizkosten. Wenn die Förderbedingun- maschützenden und energiesparenden gen und der ordnungsrechtliche Rahmen Vorgaben beim Neubau mit 25-50 Euro je stimmen, kommen Vermieter*innen bei Quadratmeter gegenüber einem klima- der energetischen Sanierung wirtschaftlich schädlichen Weiter so überschaubar sind. ohne eine nennenswerte Erhöhung der Durch niedrigeren Energiekosten kommt Warmmiete aus (www.bund.net/filead- die Bauherrin eines Niedrigstenergiehau- min/user_up-load_bund/publika-tio- ses (KfW 40) im Ergebnis sogar günstiger nen/energiewende/energiewende_sozia- weg, als bei einem Gebäude nach heutigem ler_klimaschutz_mietwohnungen.pdf ). Energiestandard (EnEV 2016). Bei einem Zukunftsweisende Standards setzen außer- Gesamtvolumen der Bauinvestitionen in dem starke Impulse für nachhaltiges Wirt- Deutschland in Höhe von 320 Milliarden schaften und geben den Unternehmen der Euro im Jahr, Preissprüngen bei Kauf- und Effizienz- und Baubranchen langfristige Mietpreisen von 5 bis 10 Prozent jährlich Planungs- und Investitionssicherheit. Da- und der Ersparnis, dass man somit für ei- mit können sie an den richtigen Stellen in nen klimaneutralen Gebäudebestand keine Kapazitäten und in die Ausbildung von zweite, erneute Modernisierungswelle be- Fachkräften investieren und so zum Gelin- nötigt, ist das Niedrigstenergiehaus ein gen der Energiewende im Wärmesektor Mehrwert, der sich zudem durch Energie- beitragen. einsparung amortisiert. Wir wollen dazu das Energieeinsparrecht, Die technischen Lösungen für klimagerech- die Förderung, die Qualitätssicherung und tes Bauen und Wohnen sind längst die Kostenverteilung völlig neu ausrichten: vorhanden. Nachhaltige und umweltscho- klimagerecht, einfach, sozial und verbrau- nende Bau- und Dämmstoffe, Energieeffi- cherfreundlich. Mit der „Fairen Wärme zienzstandards auf dem Stand der Technik 2021“ schreiben wir den „Aktionsplan Faire und Erneuerbare Energien für die Wärme- Wärme“ (vgl. Bundestagsdrucksache und Kälteerzeugung können den Gebäude- 18/10979) fort. Wir zeigen auf, wie die Ziele bestand in Deutschland binnen zweier von Paris noch erreicht werden können: Jahrzehnte klimaneutral machen. Mit dem jetzt, effizient, transparent und fair. richtigen gesetzlichen Rahmen kann der Gebäudesektor bis spätestens 2040 ohne Wir fördern die energetische Sanierung Erdöl und Erdgas auskommen. Wärme- von ganzen Stadtquartieren ebenso wie Sa- pumpen, Solarthermie, Biomasse sowie nierungen von Ein- und Zweifamilienhäu- Nah- und Fernwärme auf Basis von Ab- sern. Nur mit dem richtigen Instrumenten- wärme und Erneuerbaren Energien wie mix aus fördern und fordern wird die Ener- auch Geothermie sorgen dann für Wärme giewende im Gebäudebereich gelingen. und Kälte (vgl. Studie der Bundestagsfrak- Wir Grüne denken dabei die ökologische tion von Bündnis 90/Die Grünen, November und die soziale Frage zusammen. Unser Ziel 02/2021, Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion, BESCHLUSS Aktionsplan Faire Wärme – Aufbruch für klimaneutrale und bezahlbare warme Wohnungen und Häuser, Seite 2
sind energetisch modernisierte, klimage- Neubaustandard sein. In den wenigen Fäl- rechte und bezahlbare Wohnungen und len, wo dies wirtschaftlich nicht darstellbar Häuser für alle. Sie helfen dem Klima und ist, wollen wir mit staatlichen Zuschüssen sparen jeden Monat bares Geld. Deshalb den Bau unterstützen. Zudem sollen im Ge- muss ein modernes Energiesparrecht mit bäudeenergiegesetz 100 Prozent erneuer- wirksamem Mieterschutz und gezielter bare Wärme im Neubau bis 2025 festge- Förderung einhergehen. Wir sorgen für schrieben werden. eine echte Mietpreisbremse, eine strikte Be- 62 % der Wohngebäude in Deutschland grenzung und faire Verteilung der Moder- wurden vor 1979 und damit vor der 1. Wär- nisierungsumlage und für gute und güns- meschutzverordnung gebaut (dena Gebäu- tige Wohnungen durch eine neue Wohnge- dereport 2016). Davon sind drei Viertel un- meinnützigkeit. So stellen wir sicher, dass gedämmt. energetische Modernisierung nicht für Ver- drängung missbraucht wird und auch Men- Um das hier schlummernde Energieein- schen mit kleinerem Einkommen in energe- sparpotenzial zu heben, wollen wir Eigen- tisch hochwertigen Häusern und Wohnun- tümer*innen von Ein- und Zweifamilien- gen leben können. Auch Eigenheimbesit- häusern finanziell und organisatorisch da- zer*innen haben wir im Blick. Ihnen wollen bei unterstützen, ihr Haus mithilfe eines in- wir mit kostenloser Klima-Beratung und dividuellen Klima-Sanierungsfahrplans auf passenden Förderprogrammen gezielt hel- Vordermann zu bringen. Um Kosten zu spa- fen. ren und Mittel sparsam einzusetzen soll künftig nach einer Vollsanierung das Nied- Die Faire Wärme umfasst: rigenergiehausniveau KfW Effizienzhaus • Mehr Energieeffizienz: Ordnungs- 55 erreicht werden müssen, außer es ist recht und Förderung weiterentwi- baulich oder wegen Denkmalschutz nicht ckeln möglich. Das spart Kosten und Aufwand. • Mehr Erneuerbare Energien und Kli- Dafür wollen wir das Gebäudeenergiege- maschutz: Vorgaben für Neubau setz anpassen. Denn so lässt sich ein vollsa- und Bestand machen niertes Gebäude mit Hilfe erneuerbarer • Mehr Verbraucherschutz und Quali- Heizenergie klimaneutral und bezahlbar tätssicherung, weniger Bürokratie: erwärmen und muss nicht ein zweites Mal Regeln vereinfachen, Qualitätskon- modernisiert werden um die Klimaziele trolle und -sicherung stärken, Bera- von Paris zu erreichen. Im Gegenzug wol- tung und Information verbessern len wir die Fördermittel deutlich aufsto- • Fair und sozial gerecht klimafreund- cken und zielgerichteter auf diese Moderni- lich wohnen: Faire Kostenvertei- sierungen und die Qualitätssicherung aus- lung, Bezahlbarkeit sichern richten. Energieberater*innen sollen dabei die einzelnen Etappen aufzeigen, um eine schrittweise Sanierung hin zum Niedrig- WIR WOLLEN energiehaus KfW 55 zu ermöglichen. Die EFFIZIENZ IM NEUBAU UND BESTAND Beratung ist für die Eigentümer*innen durch staatliche Förderung kostenlos. Ein- Zukunftsweisende Effizienzstandards zelmaßnahmen entlang dieses Fahrplans schützen Mieter*innen ebenso wie Eigentü- können finanziell gefördert werden, wahl- mer*innen vor steigenden Heizkosten. Da- weise steuerlich, über günstige Kredite o- her brauchen wir einen zeitgemäßen Neu- der Zuschüsse. Gleichzeitig sollen die Bau- baustandard, um heute schon die Gebäude herr*innen einen Zuschuss für eine Klima- für morgen zu bauen. Das Effizienzhaus auf Bauleitung zur Umsetzung der Maßnah- dem Niveau des KfW-Standards 40 erfüllt diese Voraussetzungen und soll daher 02/2021, Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion, BESCHLUSS Aktionsplan Faire Wärme – Aufbruch für klimaneutrale und bezahlbare warme Wohnungen und Häuser, Seite 3
men erhalten, so dass eine fachkundige Per- Bauwende - Innovationen im Baubereich son die Bauleistungen prüft und abnimmt. voranbringen Ab 2021 wollen wir den individuellen Sa- Der Bausektor gehört zu den Wirtschafts- nierungsfahrplan verpflichtend machen, zweigen mit dem höchsten Ressourcenver- sobald ein Eigentümerwechsel erfolgt. brauch. In Deutschland werden jährlich Wir müssen die Sanierungsrate deutlich 517 Millionen Tonnen mineralischer Roh- auf bis zu 4 Prozent im Jahr erhöhen, um stoffe verbaut. Ohne eine Bauwende hin zu bis 2040 den Gebäudebestand klimaneutral mehr Ressourcenschutz und nachhaltigen umzubauen, und dazu das bestehende För- Baustoffen ist die Einhaltung der Klima- dervolumen für erneuerbare Wärme, ener- ziele nicht möglich. Unsere Bauwende be- getische Gebäudesanierung und energieef- ginnt bereits in der Phase der Planung und fizienten Neubau verdreifachen. Dazu wol- des Entwurfs von neuen oder neu zu nut- len wir die bereit gestellten Fördermittel zenden Bauwerken. Es gilt, die Formen, für erneuerbare Wärme, energetische Sa- Ausstattungen, Nutzungskonzepte und Ma- nierung für Gebäude und Quartiere und Infrastruktur für die Wärmeversorgung terialien von Gebäuden neu zu denken. Da- massiv zu erhöhen, und darunter mindes- für wollen wir wollen wir das Gebäu- tens 7 Milliarden Euro für Klimaschutz in deenergiegesetz durch ein Gebäuderes- vermieteten Wohnungen bereit zu stellen. sourcengesetz ergänzen und einen Gebäu- Selbstnutzende Eigentümer*innen von deressourcenausweis darin verankern, um Wohnungen und Ein- und Zweifamilien- das Recycling von Baustoffen und die Redu- häusern adressieren wir gezielt, indem wir zierung der Grauen Energie zu vereinfa- die Förderprogramme attraktiv ausgestal- chen. Um den Bedarf an Primärbaustoffen ten und durch eine Informations-und Bera- zu senken, werden Baustoffe in hochwerti- tungsoffensive auch mit direkter Anspra- gen Kreisläufe geführt werden müssen. Das che begleiten. Die Antragsverfahren wollen Ziel ist es, die Stadt und die in ihr verbauten wir vereinfachen, und Zielgruppen gezielt Materialien als ein Materiallager der Zu- ansprechen, damit die Förderung ankommt kunft zu verstehen und so die Grundlage und wirkt. U.a. wollen wir ein Programm für „Urban Mining“ zu schaffen. Nur wenn „Gutes Klima im Quartier“ für warmmie- tenneutrale Quartierssanierung in der wir auch den Energieeinsatz und die CO2- Städtebauförderung auflegen. Intensität von Baumaterialien, Bauteile und deren Herstellung berücksichtigen, So wird die Faire Wärme ein riesiges Kon- können wir ein ganzheitliches Bild für den junktur- und Investitionsprogramm sowohl Gebäudebereich zeichnen. für das deutsche Handwerk als auch für die Industrie. Ein großes und bisher ungenutztes Poten- Damit wollen wir sicherstellen, dass auch tial liegt auch in der Digitalisierung. Die der Neubau wie auch der Gebäudebestand Bauwirtschaft gehört hier aktuell zu den seinen Beitrag zur Bewältigung der Klima- Schlusslichtern. Das wollen und müssen krise leistet, ohne dabei die Eigentümer*in- wir ändern. BIM (Building Information Mo- nen allein zu lassen. deling) ist ein Baustein dafür – und sollte für größere Bundesbau-Vorhaben ver- Moderne Niedrigenergiehäuser halten pflichtend werden. Grundsätzlich muss die nicht nur in kalten Wintern warm, sondern Digitalisierung des Bauens raus aus der Pi- auch kühl in heißen Sommern. Daher wol- lotphase und zum allgemeinen Standard len wir in Effizienzstandards auch den som- werden. Genauso wie die Art und Weise wie merlichen Wärmeschutz berücksichtigen, und womit wir bauen. Dafür wollen wir um den Wohnkomfort zu erhalten sowie Klimatisierungskosten erst gar nicht entste- • das Gebäudeenergiegesetz (GEG) hen zu lassen. durch ein Gebäuderessourcengesetz 02/2021, Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion, BESCHLUSS Aktionsplan Faire Wärme – Aufbruch für klimaneutrale und bezahlbare warme Wohnungen und Häuser, Seite 4
ergänzen und dem Gebäudeenergie- jedes neue Gebäude erneuerbar be- ausweis einen Gebäuderessourcen- heizt wird. Eine Nutzungspflicht von ausweis zur Seite stellen Solarthermie und/oder Photovoltaik • die Digitalisierung des Bausektors bei Neubauten und Dachsanierun- entschlossen fördern und dazu die gen ebnet den Weg für eine erneuer- sich mit Building Information Mo- bare Versorgung der Gebäude, über- delling (BIM) bietenden Möglichkei- all dort wo technisch und wirtschaft- ten zum ressourcenschonenden Pla- lich sowie aus Denkmalschutzgrün- nen und Bauen zum Durchbruch den möglich. verhelfen und diese im öffentlichen Auch der Gebäudebestand braucht einen Bau konsequent anzuwenden, sowie Schub, damit auch dieser bis 2040 sukzes- ein digitales Urban Mining Kataster sive zu 100 % mit erneuerbaren Energien anzulegen, das mit den neuen Ge- versorgt wird. bäude- und Ressourcenausweisen standardisiert ist, um die Baustoff- • Im Gebäudebestand kommen Erneu- Ressourcen zu erfassen und nach ih- erbare ebenfalls verpflichtend zum rer Nutzung wieder zu verwenden Einsatz, wenn ohnehin ein Hei- und verwerten, zungsaustausch ansteht oder umfas- • eine Holzbaustrategie für Hochbau send saniert wird. Der Pflichtanteil und Ingenieurbau zusammen mit ei- beträgt für solche Fälle ab 2021 zu- nem Waldumbau- und -entwick- nächst 25 Prozent und steigt in 5-Jah- lungsprogramm auflegen, und res-Schritten bis spätestens 2040 auf • den Einsatz ökologischer Baumateri- 100 Prozent an. alien und Dämmstoffe, die den CO2- Für diese wichtigen Aufgaben wollen wir Abdruck verringern können, ver- unser Fördersystem auf rein erneuerbare stärkt fördern mit einem Programm Füße stellen. Handlungsleitend für staatli- KfW Natur Plus in Höhe von 100 Mio. che Förderung soll der klimaneutrale Ge- Euro jährlich. bäudebestand sein. Daher wollen wir die Fördermittel umverteilen. Ab sofort soll es Förderungen für Heizsysteme auf Basis er- MEHR ERNEUERBARE ENERGIEN IN DIE neuerbarer Energien geben, nicht aber für GEBÄUDE fossile oder hybride Heizungen. Erneuerbare Energien sind der Schlüssel zu • Dazu wollen wir die staatliche Sub- einer klimafreundlichen, bedarfsgerechten ventionierung neuer Öl- oder Gas- und vielfältigen Wärmeversorgung. Ihr An- heizungen über aus Bundesmitteln teil stagniert allerdings seit Jahren bei ca. sofort einstellen und keine Ausnah- 14 %. Daher wollen wir die erneuerbaren men mehr zulassen. Heizungstechnologien wie zum Beispiel • die Bundesförderung von Neubau- strombasierte Erdwärmepumpen oder So- ten im KfW Effizienzhaus 55 Stan- larthermie vom Dach gezielt fördern und dard wollen wir einstellen, da dieser ihren Anteil sowohl im Neubau als auch im Standard Stand der Technik ist. Die Gebäudebestand zügig erhöhen. freiwerdenden Mittel wollen wir für Um die grüne Wärme gezielt in das Zu- ambitioniertere Maßnahmen wie hause der Menschen zu bringen, wollen wir die Förderung des Neubaus von Pas- verschiedene Stellschrauben anpassen. sivhäusern oder KfW Effizienzhaus 40 und besser, den Umstiegs auf 100 • Zuallererst wollen wir für den Neu- % erneuerbare Heizungen und ener- bau den Anteil erneuerbarer Wärme getische Modernisierungen einset- konsequent erhöhen, sodass ab 2025 zen. 02/2021, Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion, BESCHLUSS Aktionsplan Faire Wärme – Aufbruch für klimaneutrale und bezahlbare warme Wohnungen und Häuser, Seite 5
o wir wollen das beste- die Wohnungen schön warm werden. Die hende Heizungs- Erneuerbaren stehen mit Großwärmepum- tauschprogramm der pen, Solar- und Geothermie und Wärme- BAFA um eine Zusatz- speichern sowie diverse Abwärmequellen prämie für 1-Million- aus Industrie, Gewerbe oder Rechenzen- Heizungen auf Basis tren in den Startlöchern. Damit geht einher, 100 % erneuerbarer dass der Zugang für Wärmeeinspeiser neu Energien „Sonne statt geregelt wird. Fossil“ ergänzen. So schaffen wir CO2-neutrale Wärmenetze bis 2040. • Wir wollen als Investitionspro- MEHR ERNEUERBARE ENERGIEN IN DIE gramm zur Dekarbonisierung von WÄRMENETZE Wärmenetzen das vorhandene Pro- Wärmenetze zur Verteilung der sogenann- gramm Transformation Wärme- ten Fernwärme oder Nahwärme versorgen netze zunächst auf 500 Mio. Euro ca. ein Viertel der neuen Gebäude und 14 % aufstocken, gerade auch für Wärme- insgesamt1 und spielen damit eine wesent- netze mit erneuerbarer Wärme, ins- liche Rolle in der Wärmeversorgung. Be- besondere Großwärmepumpen, So- sonders in Ballungsräumen müssen sie ei- larthermie, Geothermie und Wär- nen essenziellen Beitrag zur Dekarbonisie- mespeicher (zum Ersetzen von fossi- rung unserer Wärmeversorgung in Mehrfa- len Kraftwerken, die bisher Wärme milienhäusern erfüllen. Daher sind die Be- in Wärmenetze einspeisen), auch treiber*innen wichtige Player in der Wär- mit einer Sprinterprämie für die mewende. Skalierung neuer Technologien für Zukünftig werden Wärmenetze nicht mehr die Erzeugung, Verteilung und Nut- die eine, heute meist fossile Wärmequelle zung klimaneutraler Wärme. wie beispielsweise ein Kohlekraftwerk ha- • In Abstimmung mit Ländern und ben, sondern die Wärme an verschiedenen Kommunen fordern wir zudem ei- erneuerbaren Energiequellen einsammeln, nen Eigenkapitalfonds für klima- etwa aus solarer Wärme, Power to Heat o- neutrale Stadtwerke in Höhe von 1 der Geothermie etwa mit Hilfe großer Wär- Milliarde Euro, die beginnend mit 50 mepumpen. Wir wollen die Betreiber*in- Mio. Euro über mehrere Jahre abflie- nen beim Umstieg zum “Sammeln und Ver- ßen, für die Dekarbonisierung der teilen“ von grüner Wärme unterstützen. Wärmenetze. Mit dem Eigenkapital- Diese finanzielle und organisatorische Un- fonds können Investitionen für die terstützung soll flankiert werden durch konsequente Dekarbonisierung um- eine Grüne-Wärme-Quote für Wärmenetze gesetzt werden, etwa der Wärme- und verstärkte Effizienzmaßnahmen. Und netze. nicht nur die Netze an sich müssen besser • Für die Speicherung von erneuerbar werden, sondern wir wollen auch in den erzeugter Wärme richten wir ein belieferten Gebäuden dafür sorgen, dass Programm für 10.000 Wärmespei- trotz einer geringeren Vorlauftemperatur cher in Höhe von 400 Mio. Euro ein. 1 https://www.unendlich-viel-energie.de/erneuerbare-ener- gie/erdwaerme/deutschlands-waermenetze-die-grossen- und-die-kleinen-unbekannten 02/2021, Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion, BESCHLUSS Aktionsplan Faire Wärme – Aufbruch für klimaneutrale und bezahlbare warme Wohnungen und Häuser, Seite 6
Die Bundesregierung wollte den Wärmebe- darf der eigenen Liegenschaften bis 2020 Bauflächenoffensive – 100.000 Dächer um 20 Prozent und bis 2050 um 80 Prozent und Häuser Programm senken. Das erste Ziel ist bereits verfehlt, Mit einem 100.000 Dächer und Häuser Pro- die vorgesehenen Maßnahmen harren der gramm wollen wir neue Wohnungen ohne Umsetzung. Flächenfraß finanziell fördern, durch den Die öffentliche Hand soll entsprechend der Ausbau von Dachgeschossen in den wach- europäischen Vorgaben in diesem Zuge senden Städten und die Aktivierung leerste- ihre Vorbildfunktion verstärkt wahrneh- hender Wohnungen und Häuser im ländli- men, indem flächendeckend in den eigenen chen Raum. Dort wo Bauland trotz Woh- oder angemieteten Gebäuden zukunftswei- nungsnot brach liegt, zum Beispiel um zu sende Gebäudestandards angewendet wer- spekulieren, wollen wir es den Kommunen den. Darüber hinaus setzt sie für öffentliche erleichtern, Baugebote auszusprechen. Gebäude bei Modernisierung bereits ab Hohe Bodenpreise, gerade in wachsenden 2021 mindestens 40 % erneuerbarer Ener- Regionen, tragen in Deutschland massiv zu gien zur Wärmeerzeugung ein. Ab 2035 hohen Kosten für den Wohnungsbau bei. werden öffentliche Gebäude rein erneuer- Und wir wollen die Dorfkerne und die Orts- bar beheizt. kerne stärken. Wir wollen es belohnen, wenn jemand, statt auf die grüne Wiese zu • Mit einem Sofortprogramm für die bauen, im Ortskern ein altes Haus aufkauft energetische Sanierung öffentlicher und es aufwertet, es wieder bewohnbar Gebäude in Höhe von 100 Mio. Euro macht und es energetisch saniert. Das ist jährlich wollen wir das bisherige besser als jedes Baukindergeld, das Investi- Verfahren beschleunigen: Alle be- tionen auf die grüne Wiese lockt und kaum reits vorliegenden Liegenschafts- neuen Wohnraum in den Innenstädten energiekonzepte werden noch die- schafft. Deswegen wollen wir ein Pro- ses Jahr zur Umsetzung ausgeschrie- gramm, das die Innenentwicklung im Be- ben, alle aktuell in Arbeit befindli- stand stärkt und eine Antwort auf die stei- chen Konzepte werden bis Ende genden Baulandpreise gibt. 2022 fertiggestellt und Anfang 2023 ausgeschrieben. • Durch unser Programm „Grüne Bau- • Darüber hinaus wollen wir öffentli- flächenoffensive - Hunderttausend che Liegenschaften zu Plusenergie- Dächer und Häuser Programm“ in häusern machen, die auch erneuer- Höhe von 1 Mrd. Euro können in den bare Wärme nutzen und auf dem nächsten vier Jahren bereits bis zu Dach Solarstrom produzieren. 100.000 Dächer ausgebaut und leer- stehende Wohnungen modernisiert ZUKUNFTSPAKT SERIELLE SANIERUNG und attraktiv gemacht werden. Für Bestandsgebäude verbrauchen das Drei- den Einbau einer Solarenergiean- bis Fünffache dessen, was technisch heute lage gibt es einen Förderbonus. notwendig ist. Zudem findet energetische So können wir bestehende Gebäude erhal- Sanierung bisher mit einem sehr hohen An- ten, wieder nutzen und bei Bedarf aufsto- teil handwerklicher Arbeit auf der Bau- cken. Das hilft auf dem Weg zu unserem stelle statt. Es fehlt an Kostensicherheit zu Ziel, den Ressourcenverbrauch sowie zu- Beginn der Maßnahmen. Gleichzeitig sätzliche Bodenversiegelung zu verringern herrscht im Handwerk ein Fachkräfteman- und mittelfristig zu beenden. gel, dadurch entstehen lange Wartezeiten VORBILD ÖFFENTLICHE HAND: KLIMA- und höhere Kosten. Bauberufe müssen da- NEUTRALE ÖFFENTLICHE GEBÄUDE her attraktiver werden. Im Bausektor sind 02/2021, Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion, BESCHLUSS Aktionsplan Faire Wärme – Aufbruch für klimaneutrale und bezahlbare warme Wohnungen und Häuser, Seite 7
zudem Innovationen und Produktivitäts- Wohnung bei warmmietenneutraler steigerungen nötig. In Summe bedeuten Modernisierung fördern. Das Pro- diese Aspekte ansonsten ein erhebliches gramm „Serielle Sanierung“ hat eine Hindernis für die schnellere energetische Laufzeit von fünf Jahren und wird Sanierung des Gebäudebestands. auf einen Umfang von insgesamt 500 Mio. Euro aufgestockt. Aktuell werden viele Häuser saniert, die ähnliche oder identische Merkmale aufwei- FAIRE KOSTENVERTEILUNG BEI sen. Hier können und müssen Skalenef- GLEICHZEITIG BESSERER FÖRDERUNG fekte bei der energetischen Sanierung ge- – MIT DEM DRITTELMODELL nutzt werden. Diese können durch serielle Studien belegen, dass mit dem sogenannten Sanierung entstehen, so dass Bauelemente Drittelmodell die Kosten für klimafreundli- in Serie vorgefertigt und montiert werden. che Modernisierungen hin zum KfW 55 Beispiele dafür entstehen gerade. Durch ge- Niedrigenergiehaus fair zwischen Vermie- ringe Kosten können damit vor allem Mie- ter, Staat und Mieter verteilt, für alle be- ter*innen entlastet werden, bei gleichzeiti- zahlbar und für die Vermieter*innen ange- ger Qualitätssicherung. In Deutschland sind messen wirtschaftlich werden können. industrielle Ansätze bei der Gebäudesanie- rung noch weitgehend unbekannt. • Der Bund soll daher seine Förderung auf die Modernisierung hin zu KfW Dabei schlägt die „serielle Sanierung“ zwei 55 Niedrigenergiegebäuden ausrich- Fliegen mit einer Klappe. Die Gebäude sol- ten und sie auf mindestens 7 Milliar- len damit energetisch auf KfW 55 Effizienz- den Euro, die für die Modernisie- hausstandard saniert und dadurch effizien- rung vermieteter Bestände abrufbar ter werden. Durch die industrielle Ferti- sind, erhöhen. Die Fördermittel sol- gung soll es günstiger werden und trotz len anders als heute beim Vermieter Fachkräftemangels machbar sein. Zusätz- verbleiben. lich soll die Energieversorgung mit Solar- • Im Gegenzug wollen wir die Umlage zellen und -kollektoren auf dem Dach auf der Modernisierungskosten für erneuerbare Energie umgestellt werden. energetische Modernisierungen auf Viele alte Bestandgebäude können so sogar die Mieter*innen so absenken dass zu Netto-Null-Häusern weiterentwickelt energetische Modernisierungen in werden. der Regel warmmietenneutral sind. Um den Markt für die Komplettsanierung Die Investition bleibt aufgrund der Förde- aus einer Hand zu entwickeln und der seri- rung und dadurch, dass diese beim Vermie- ellen Sanierung zum Durchbruch zu ver- ter verbleibt, für diese mit angemessener helfen, braucht es ein Investitionspro- Rendite wirtschaftlich. gramm des Bundes. Die Vorteile seriell sa- nierter Gebäude sind niedrigere Kosten, Aufgrund vermiedener Fehlinvestitionen eine kurze Sanierungsdauer, und eine und wiederholter Modernisierungserfor- Funktions- und Einspar-Garantie. dernisse ist es auch für die Volkswirtschaft und damit für alle und für den Staat wirt- Die Niederlande zeigen wie es funktionie- schaftlich. Energetische Modernisierungen ren kann. Dort ist die serielle Sanierung fest werden durch die gesparte Wärmeenergie verankert bei hoher Akzeptanz, geringen in Verbindung mit einer moderaten Mieter- Kosten und schnellem Gelingen. höhung in der Regel warmmietenneutral, • Daher wollen wir die serielle Sanie- die Warmmiete bleibt gleich. Das Drittel- rung von 100.000 Wohnungen auf modell ist zudem rechtssicher umsetzbar. den KfW-Standard 55 durch Aus- Mit dem Drittelmodell werden Klimaschutz schreibung mit bis zu 100.000 € pro und Bezahlbarkeit beim Wohnen erreicht. 02/2021, Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion, BESCHLUSS Aktionsplan Faire Wärme – Aufbruch für klimaneutrale und bezahlbare warme Wohnungen und Häuser, Seite 8
Einkommensschwache Haushalte werden Ab Januar 2021 wird ein CO2-Preis für fos- damit vor Verdrängung durch steigende sile Wärmeenergie eingeführt. Dieser soll Mieten bei energetischen Modernisierun- dazu führen, dass in die Dekarbonisierung gen geschützt. So ermöglichen wir es jeder der Gebäude investiert und die Wärmever- und jedem in effizienten und behaglichen sorgung erneuerbar und kostengünstiger Häusern und Wohnungen zu leben. Wir wird. schützen Klima und Geldbeutel. Damit dieses wichtige Instrument wirken kann, muss es Investitionen anreizen. Aktu- ell ist es aber gesetzlich so geregelt, dass die DIE MODERNISIERUNGSUMLAGE NUR Mieter*innen diesen Preis im Rahmen der FÜR ZIELFÜHRENDE MASSNAHMEN Wärmekosten tragen. Sie haben aber keine ZULASSEN Investitionsmöglichkeit. Heute ist die Unterstützung für Klima- Hingegen tragen die Mieter*innen die Wär- schutz in Gebäuden in Gefahr, denn immer mekosten im Rahmen der Nebenkosten wieder wird energetische Modernisierung heute in voller Höhe. Damit haben sie schon für überzogene Mietsteigerungen und als heute einen erheblichen Anreiz, sparsam Entmietungsinstrument missbraucht. Um zu heizen. Mit einer Veranschlagung der die Paris-Ziele nicht zu gefährden, müssen CO2-Bepreisungskosten bei den Vermie- die Modernisierungs-Mieterhöhung drin- ter*innen würde endlich auch ein Investiti- gend reformiert und den Mieter*innen onsanreiz in die Dekarbonisierung dort wirksame Instrumente gegeben werden, entstehen, wo über Investitionen entschie- um die Einhaltung gesetzlich vorgeschrie- den wird, beim Eigentümer. bener energetischer Standards einzufor- dern. Statt Luxussanierungen über die Mo- Angesichts von Bauinvestitionen in Höhe dernisierungsumlage auf Mieter*innen ab- von 320 Milliarden Euro im Jahr macht das wälzen zu können, wollen wir die Umlage- Aufkommen in Höhe von 7-10 Millionen fähigkeit auf Maßnahmen der energeti- Euro für den CO2 Preis einen zusätzlichen schen Modernisierung, des Abbaus von Anreiz für die Dekarbonisierung des Ge- Barrieren sowie des Einbruchschutzes be- bäudesektors aus, der aber vergleichsweise grenzen. moderat ausfällt. . • In Summe darf für alle künftig zuläs- Durch die Veranschlagung des CO2-Preis- sigen Modernisierungsarten energe- anteils an den Heizkosten bei der Eigentü- tische Modernisierung, Abbau von mer*in sind Mieter*innen weiterhin ange- Barrieren und Einbruchschutz die halten, sparsam zu heizen und Vermie- Umlage nicht mehr als 1,50 Euro o- ter*innen erhalten dadurch einen Anreiz, der 4 % der Kosten jährlich betra- in Klimaschutz zu investieren. So entsteht gen. mehr soziale Gerechtigkeit bei den Wärme- • Mit einem Zuschuss zum Wohngeld, kosten im vermieteten Wohnungsbestand. dem Klimawohngeld, ermöglichen • Daher muss der CO2-Preisbestand- wir Empfänger*innen von Wohn- teil auf Wärmebrennstoffe als Inves- geld auch das Wohnen in klima- titionsanreiz für die Vermieter*in- freundlichen Wohnungen mit 100 nen wirken, den energetischen Zu- Mio. Euro im Jahr. stand ihrer Gebäude zu verbessern und erneuerbare Energien einzuset- zen. Um diese Lenkungswirkung der MIT DEM CO2-PREIS INVESTITIONEN AN- CO2-Bepreisung zu erzielen, muss REIZEN derjenige, der/die auch tatsächlich etwas am Zustand des Gebäudes/der 02/2021, Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion, BESCHLUSS Aktionsplan Faire Wärme – Aufbruch für klimaneutrale und bezahlbare warme Wohnungen und Häuser, Seite 9
Wärmeversorgung ändern kann, die • Es braucht daher attraktive Zu- Kosten für den CO2-Preis tragen. In schüsse für kommunale Dekarboni- diesem Fall müssen das die Vermie- sierungs-Pläne, insbesondere für ter*innen sein. Die Umlage dieser kommunale Wärmepläne, aus ei- Kosten auf Mieter*innen soll nicht nem neuen Programm „Gutes Klima ermöglicht werden. im Quartier“. Damit werden Kom- • Die Mieter*innen tragen weiterhin munen finanziell in die Lage ver- die sonstigen Wärmekosten je nach setzt, die energetische Modernisie- eigenem Verbrauch, und damit wei- rung ganzer Quartiere, die sanie- terhin den Hauptteil der Wärmekos- rungsreif sind, zu steuern und zu or- ten. Damit bleibt auch ihrerseits der ganisieren. Dazu können sie kom- Anreiz bestehen, sparsam mit der munale Sanierungsmanager*innen Wärmeenergie umzugehen. einsetzen, die gezielt Eigentümer*in- • Bei steigendem CO2-Preis muss eine nen und Mieter*innen ansprechen Härtefallregelung für Klein- und und den Modernisierungs-Prozess Kleinstvermietende eingeführt wer- als „Kümmerer“ vorantreiben und den; im Quartier unter Beteiligung aller • Wir fordern zudem eine möglichst Interessengruppen mit dem Ziel bis unbürokratische Kategorisierung 2040 klimaneutraler Wärmeversor- für Gebäudetypen anhand des tat- gung der Quartiere aufeinander ab- sächlichen und Nutzer*innen unab- stimmen. Dazu gehören auch Kom- hängigen Energiebedarfes zu erar- munale Wärmenetz-Transformati- beiten, auf dessen Basis eine vari- onspläne. Für die Gebäude- und able Verteilung des CO2-Preises ab Wärmeversorgungs-Modernisie- 2026 ermöglicht wird. rung gibt es individuelle Beratung und attraktive Zuschüsse. Im Gegen- DAS GROSSE GANZE SEHEN, STATT zug müssen die Maßnahmen sozial VON HAUS ZU HAUS GUCKEN - DIE verträglich und in der Regel warm- QUARTIERSSANIERUNG mietenneutral umgesetzt werden. Heute erhöhen die Kosten für Heizung und • Wir richten dazu und für die warm- Warmwasser den Druck auf Mieter*innen mietenneutrale Quartierssanierung auf einem sich rasant entwickelnden Woh- in der Städtebauförderung ein Pro- nungsmarkt. Mit unserem Programm „Gu- gramm „Gutes Klima im Quartier“ tes Klima im Quartier“ wollen wir dies än- ein, das schrittweise in wenigen Jah- dern, so dass die Kosten für Energie verläss- ren bis zur Höhe von 2 Milliarden lich gesenkt werden – fair und klimage- Euro jährlich aufwächst, das sich am recht. Aufgabe des Programms ist es, die Vorbild des bewährten Programms energetische Quartierssanierung voranzu- der Städtebauförderung „Städtebau- bringen, Klimafahrpläne für die Sanierung liche Sanierung und Entwicklung“ ganzer Stadtviertel und Dörfer zu fördern mit dem Leitbild der behutsamen und die erneuerbare Wärme-Planung in Stadterneuerung orientiert. Der den Kommunen zu stärken. So wollen wir Bund übernimmt 90 Prozent der in allen Städten und Gemeinden den Um- Kosten dieses Bund-Länder-Pro- stieg auf klimafreundliche Wärmeversor- gramms, den Rest tragen Länder gung, Energiesparhäuser und warmmie- und Kommunen. tenneutrale Sanierungen für Menschen mit kleinem Einkommen ermöglichen. 02/2021, Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion, BESCHLUSS Aktionsplan Faire Wärme – Aufbruch für klimaneutrale und bezahlbare warme Wohnungen und Häuser, Seite 10
GUT INFORMIERT • Auch Mieter*innen sollen künftig im Rahmen eines Klima-Checks einma- Entscheidend für das Gelingen der Energie- lig ein kostenloses Heizgutachten für wende im Gebäudebereich sind umfas- ihre Wohnung erstellen lassen, um sende Information, Transparenz und mög- Transparenz über ihre Heizsituation lichst bürokratiearme Prozesse für Inves- zu erhalten und finanzielle und tor*innen und Verbraucher*innen. Energiesparpotenziale zu identifi- Wir setzen auf eine Zusammenarbeit aller zieren. Akteure: • Dafür wollen wir Energieberatung Kommunen, Energieberater*innen, Archi- jährlich mit 200 Mio. Euro fördern. tekt*innen, Quartiersmanager*innen, Bau- leute und Handwerker*innen, Vermieter- und Mieter*innen. Energetische Moderni- FÜR EIN RECHT AUF WOHNEN sierung von Gebäuden und sparsamer Wir wollen sinnvolle Investitionen anrei- Energieeinsatz müssen auf einer guten und zen und keine Immobilienspekulation. Die fundierten Beratung vor Ort basieren. Wir Verwerfungen auf dem freien Wohnungs- wollen Informationen über Energiever- markt, gerade in den attraktiven und wach- brauch und energetische Sanierung so ver- senden Städten, stellen zahlreiche Familien einfachen, dass die Verbraucher*innen und Haushalte vor ernste Probleme – auch eine verlässliche Entscheidungsgrundlage solche mit mittleren und sogar höheren für ihre Immobilienwahl erhalten. Einkommen. Wohnen darf nicht zur Ware Dafür muss das Gebäudeenergierecht einen verkommen. Deshalb braucht es Änderun- einheitlichen Energieausweis schaffen, der gen im Mietrecht, bei Gewerbemieten und aussagekräftig und verbraucherfreundlich deutlich mehr günstige Wohnungen mit ei- gestaltet ist. Wir wollen einen Energieaus- nem Bundesprogramm „Neue Wohnge- weis, der den Energiebedarf des Gebäudes meinnützigkeit“. unabhängig vom Nutzerverhalten darstellt Wirksamer und robuster Mieterschutz und zusätzlich den gemessenen Energie- verbrauch der vergangenen Jahre ausweist. • Wir setzen uns für eine wirksame und starke Mietpreisbremse bei • Für den Einstieg in die Energiebera- Wiedervermietungen ein: Ausnah- tung wollen wir kostenlose Bera- men wie möblierte Wohnungen wol- tungsgutscheine für individuelle len wir abschaffen, die Miethöhe auf Klima-Sanierungsfahrpläne ausge- 5 Prozent über der ortsüblichen ben an Eigenheimbesitzer*innen Miete begrenzen. Lokale Mietenli- (Klimaservice) und mits sollen Mietsteigerungen in be- • bundesweit den Zugang zu qualifi- stehenden Verträgen auf 3 Prozent, zierten Beratungsangeboten für das bis maximal zu ortsüblichen Ver- Energiesparen und für die Umrüs- gleichsmiete, begrenzen. Außerdem tung auf Erneuerbare Energien si- wollen wir den Kündigungsschutz cherstellen. stärken. Gruppen- oder Verbands- • Außerdem wollen wir Mieter*innen klagerechte sollen helfen, Mieter- unterstützen und eine Beschwerde- rechte gegenüber zunehmend fi- stelle einrichten, die in Streitfällen nanzstarken und anonymen Immo- klären hilft, ob Energiesparmaßnah- bilienfonds und Aktiengesellschaf- men wie vom Vermieter angekün- ten zu vertreten. digt umgesetzt wurden, tatsächlich Energie einsparen und zu den ver- Auch Läden und Wohngruppen von sozia- sprochenen Heizkostensenkungen len Trägern sind zunehmend von Verdrän- führen gung bedroht oder betroffen. 02/2021, Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion, BESCHLUSS Aktionsplan Faire Wärme – Aufbruch für klimaneutrale und bezahlbare warme Wohnungen und Häuser, Seite 11
• Ein wirksamer Schutz vor Verdrän- ten, und so in den nächsten 10 Jah- gung von Gewerbemietern durch ren 1 Million dauerhaft günstige ein schützendes Gewerbemietrecht Wohnungen errichten oder sozial mit begrenzten Mietsteigerungen binden, damit das Zuhause auch in und besonderen Kündigungsschutz- Zukunft sicher ist. regeln für Kleingewerbetreibende, EUROPA – GEMEINSAM DIE KLIMA- etwa ein Nachweis des berechtigten ZIELE ERREICHEN Interesses des Vermieters für eine ordentliche Kündigung, sind daher Im Oktober 2020 hat die EU-Kommission dringend erforderlich. die „Renovation Wave“ vorgestellt. Die Stra- tegie zeigt auf, dass bis 2030 35 Millionen Die Neue Wohnungsgemeinnützigkeit – 1 Gebäude renoviert werden könnten und Million günstige Wohnungen müssten und dadurch auch in erheblichem Der Erhalt und die Schaffung von bezahlba- Umfang zusätzliche grüne Arbeitsplätze im rem Wohnraum sind die elementaren sozi- Baugewerbe entstehen würden. Das ist ein alen Fragen, die umgehend angegangen enormer Aufwand und bedarf entspre- werden müssen. Viele Menschen, zuneh- chender Flankierung auf Länderebene. mend aus der Mittelschicht, zahlen auf- Auch die Bundesregierung ist aufgefordert grund rasant steigender Mieten drauf oder eine Strategie zu entwickeln. Aber jedes können sich die Miete in den Städten nicht Jahr wird lediglich 1 Prozent des Gebäude- mehr leisten und sind von Verdrängung be- bestands durch Renovierungen energieeffi- droht. Das ist eine Gefahr für den sozialen zienter, viel zu wenig. Somit ist es von ent- Frieden. Seit 2014 hat sich die Zahl der scheidender Bedeutung, dass wirksame Wohnungslosen laut Bundesarbeitsgemein- Maßnahmen ergriffen werden, um Europa schaft Wohnungslosenhilfe auf 860.000 bis 2050 klimaneutral zu machen. Fast 34 Menschen verdoppelt. Die Versorgung mit Millionen Europäer*innen können es sich bezahlbarem Wohnraum ist eine Aufgabe nicht leisten, ihre Wohnung zu heizen. der öffentlichen Daseinsvorsorge, die in Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffi- Deutschland gerade seit der Finanzkrise zienz dienen daher auch zur Bekämpfung von der großen Koalition vernachlässigt von Energiearmut. Aber Beleuchtung, Hei- wurde. In den wachsenden Städten zung oder Kühlung der eigenen vier Wände schmilzt das Angebot günstiger Mietwoh- darf kein Luxus sein. Wir unterstützen die nungen, auf die Menschen mit kleinen Ein- Ziele der Kommission, kommen und Familien mit mittleren Ein- • Vorschriften, Standards und Infor- kommen angewiesen sind. Seit die mationen in Bezug auf die Gesamte- schwarz-gelbe Regierung im Jahr 1988 das nergieeffizienz von Gebäuden, um Ende der Wohngemeinnützigkeit beschlos- Renovierungen im öffentlichen und sen hat, sind von den damals vier Millionen privaten Sektor besser und attrakti- sozial gebundenen Wohnungen nur noch ver zu machen gut eine Million geblieben, Tendenz täglich • Gewährleistung einer leicht zugäng- abnehmend. lichen und gezielten Finanzierung, • Wir wollen eine bewährte Tradition unter anderem durch die europäi- wieder mit Leben füllen und dafür schen Vorzeigeprojekte „Renovie- ein Förderprogramm des Bundes ren“ und „Vorantreiben“ „Neue Wohngemeinnützigkeit“ in • Ein neues europäisches Bauhaus Höhe von 3 Milliarden Euro jährlich einzurichten, ein interdisziplinäres auflegen, und mit attraktiven Zu- Projekt, das ein Beratungsgremium schüssen und steuerfrei ausgestal- aus externen Sachverständigen aus Wissenschaft, Architektur, Design, 02/2021, Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion, BESCHLUSS Aktionsplan Faire Wärme – Aufbruch für klimaneutrale und bezahlbare warme Wohnungen und Häuser, Seite 12
Kunst, Planung und Zivilgesellschaft maßnahmen) auch für Vermieterin- zusammenbringen wird nen und Vermieter zu öffnen und • Ausweitung des Marktes für nach- dazu beihilfskonform auszugestal- haltige Bauprodukte und -leistun- ten, gen; darunter fallen die Integration • Die Bundesmittel für die soziale neuer Werkstoffe und naturbasierte Wohnraumförderung, welche auch Lösungen sowie die Überarbeitung für Modernisierungsmaßnahmen der Rechtsvorschriften über die Ver- greift, von 1 auf 2 Milliarden Euro marktung von Bauprodukten und im Jahr zu erhöhen, Zielvorgaben für Wiederverwen- • Ein Bundesprogramm „Neue Wohn- dung und Verwertung. gemeinnützigkeit“ in Höhe von 3 Milliarden Euro im Jahr aufzulegen, aus dem auch Klima-Modernisierun- ATTRAKTIVE FÖRDERUNG gen im Zuge einer neuen Wohnge- • Um den Aufbruch Faire Wärme zu meinnützigkeit finanziert werden, finanzieren, die Fördermittel für kli- • Das Bundesprogramm „Serielle Sa- mazielkonforme Gebäudesanierung nierung“ als Regelprogramm aufzu- im Bundeshaushalt massiv zu erhö- legen und damit 100.000 Wohnun- hen und dabei mindestens 7 Milliar- gen klimagerecht zu modernisieren, den Euro für Klimaschutz-Moderni- und es auf 500 Mio. Euro in fünf Jah- sierungen in vermieteten Wohnun- ren zu erhöhen, um den Markthoch- gen bereit zu stellen. Selbstnutzende lauf serieller Sanierung und ihrer Eigentümer*innen von Wohnungen kostensparenden Skaleneffekte zu und Ein- und Zweifamilienhäusern erzielen, adressieren wir gezielt, indem wir • Fernwärme rasch zu dekarbonisie- die Förderprogramme attraktiv aus- ren, indem das Programm Transfor- gestalten und durch eine Informa- mation Wärmenetze zunächst auf tions-und Beratungsoffensive auch 500 Mio. Euro erhöht und zusätzlich mit direkter Ansprache begleiten.. – in Abstimmung mit Ländern und Im Einzelnen die Förderung Kommunen - ein Eigenkapitalfonds • zielgruppengerecht und zielgenau für klimaneutrale Stadtwerke in ausgestalten, Höhe von insgesamt 1 Milliarde • um vorhandene zusätzliche Förder- Euro, die beginnend mit 50 Mio. mittel von Bund, Land und Europa Euro über mehrere Jahre abfließen, ergänzen, um Investitionen in kli- für die Dekarbonisierung der Wär- maschützende Investitionen zu er- menetze aufgelegt wird. Ein Förder- leichtern und zu vergünstigen. Dazu programm für 10.000 Wärmespei- • ein Programm „Gutes Klima im cher in Höhe von 400 Mio. Euro auf- Quartier“ aufzulegen, das schritt- zulegen, weise in wenigen Jahren bis zur • Im Bundesprogramm Energieeffizi- Höhe von 2 Milliarden Euro jährlich ente Gebäude entfällt die Förderung aufwächst, beginnend mit 100 Mio. für Neubauten unterhalb des KfW Euro im ersten Jahr, und das gezielt Effizienzhaus 40 Standard, die frei- auch private Amateurvermieterin- werdenden Mittel werden unter an- nen und –vermieter adressiert, derem in einen Förderbonus für • Die Förderung im Rahmen des Bun- Heizsysteme auf Basis 100 Prozent desprogramms Energieeffiziente Ge- erneuerbarer Energien gelenkt, bäude (Wohngebäude) und (Einzel- • Ein Klimawohngeld in Höhe von 100 Mio. Euro im Jahr aufzulegen, damit 02/2021, Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion, BESCHLUSS Aktionsplan Faire Wärme – Aufbruch für klimaneutrale und bezahlbare warme Wohnungen und Häuser, Seite 13
klimamodernisierte Wohnungen für alle bezahlbar werden, • Energieberatung in Höhe von 200 Mio. Euro im Jahr zu fördern, u.a. für kostenlose individuelle Sanierungs- fahrpläne für Eigentümer*innen und Klima-Checks für Mieter*innen, • Ein Förderprogramm KfW Natur Plus in Höhe von 100 Mio. Euro im Jahr für die Verwendung von Bau- materialien, die graue Energie und CO2 einsparen oder einlagern, • Bauflächenoffensive zur Reaktivie- rung von leerstehenden Gebäuden und Förderung des Ausbaus von Dachgeschossen in Höhe von 1 Mrd. Euro über 4 Jahre, • Fördermittel der Länder im Rahmen der sozialen Wohnraumförderung kombinierbar mit o.g. Maßnahmen machen, • Fördermittel der Städtebauförde- rung kombinierbar mit o.g. Maßnah- men machen, • EU-Fördermittel wie EFRE und aus der EU-Renovierungswelle in Deutschland für die Klimamoderni- sierung vermieteter Wohngebäuden nutzbar machen und so den Förder- rahmen zusätzlich verbessern. 02/2021, Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion, BESCHLUSS Aktionsplan Faire Wärme – Aufbruch für klimaneutrale und bezahlbare warme Wohnungen und Häuser, Seite 14
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