Frankreich bereitet den Deutschen in Australien ein déjà-vu - DMKN
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Frankreich bereitet den Deutschen in Australien ein déjà-vu Der Zuschlag für das 37 Mrd. Euro U-Bootprojekt ging an DCNS Raimund Wallner Sieger in Australien: SHORTFIN BARRACUDA Block 1A (artist impression: DCNS) „DCNS aus Frankreich wurde als unser be- benen U-Booten eröffnen möchten.“ Hat deten australische Tochterunternehmen vorzugter internationaler Partner für den Turnbull mit der Regierungsentscheidung (tkMS-A, DCNS-A) und beriefen als de- Entwurf von 12 zukünftigen U-Booten aus- die Antwort auf die dritte Frage gegeben? ren Chairman bzw. CEO zwei völlig unter- gewählt; die kommerziellen Bedingungen Existierte tatsächlich eine nukleare „hidden schiedliche einheimische Persönlichkeiten: sind Gegenstand weiterer Diskussionen.“ agenda“? Verteidigungsministerin Marise Die Deutschen einen erfahrenen Indust- Gute Nachrichten auch für die struktur- Payne bestreitet das vehement. riemanager, der schon bei der Leitung des schwache Region, die Australiens Premier- erfolgreich verlaufenen ANZAC-Fregatten- minister Malcolm Turnbull da am 26. April In Kiel, Cherbourg und Kobe projekts mit dem deutschen Lizenzgeber vor der Kulisse der südaustralischen Werft entstanden die ehrgeizigsten B+V zusammengearbeitet und sich dabei ASC in Adelaide verkündete, bittere Pillen U-Boot-Entwürfe aller Zeiten im australischen Marineschiffbau einen aber für die deutschen und japanischen Namen gemacht hatte; die Franzosen ei- Wettbewerber. Kurz vor den für 2. Juli an- Die drei am 20. Februar letzten Jahres be- nen zuletzt als Büroleiter des australischen gesetzten Parlamentswahlen konnte der kannt gegebenen Wettbewerber im „Com- Verteidigungsministers tätig gewesenen, Premier versprechen, dass „diese Investiti- petitive Evaluation Process“ (CEP) genann- im Amtsbereich ausgezeichnet vernetzten on in Höhe von 50 Mrd. [australischen] Dol- ten Auswahlverfahren, tkMS, DCNS und ehemaligen U-Boot-Offizier. Die Japaner, lar 1.100 australische Arbeitsplätze direkt japanische Regierung (mit den Werften bei denen die Regierungsseite direkt als und weitere 1.700 australische Jobs in der Mitsubishi und Kawasaki Heavy Industries, Wettbewerber auftrat, waren offensicht- Versorgungskette generiert.“ Fast 30 Jahre MHI/KHI) arbeiteten schon seit langer Zeit lich noch bis Frühjahr 2016 überzeugt, vor- nach dem Verlust des COLLINS-Projekts für an ihren australischen U-Boot-Entwürfen. erst ohne Projektbüro in Australien auszu- HDW an die Schweden hat das Unterneh- Unter Verweis auf meinen Beitrag im Ma- kommen, und zählten auf entsprechendes men als tkMS nun erneut eine Niederlage rineForum 6-2015 erspare ich mir hier die Engagement ihres Botschafters in Canber- zu verkraften. technischen Einzelheiten zu dem aus Frank- ra. Sie schienen darauf zu vertrauen, dass Woran hat es gelegen, aus welchen Grün- reichs nuklearem BARRACUDA hervorge- Premierminister Tony Abbotts Handschlag den knallten in Cherbourg die Champagner- gangenen SHORTFIN BARRACUDA (DCNS), mit seinem Kollegen Shinzo Abe den U- korken, warum ist in Kiel und Kobe Wunden dem Neuentwurf Typ 216 (tkMS) und dem Boot-Auftrag so gut wie besiegelt habe. lecken angesagt? Im MarineForum Heft aus Japans SORYU weiterentwickelten GO- Die Wettbewerber erkannten im Verlauf 5-2016 stellte der deutsch-australische Au- RYU. des CEP immer deutlicher, für wie wichtig tor Hans Ohff in seinem Sachstandsbericht Das CEP-Team wurde in Doppelspitze von aus beschäftigungspolitischen Gründen die entscheidende Frage: „Was will Austra- einem aktiven australischen und einem ein kompletter Bau des gesamten „Future lien?“ und deutete mit seiner persönlichen pensionierten amerikanischen Konterad- Submarine Program“ (FSP) im Lande ge- Antwort gleichzeitig die vordergründigen miral geführt. Zur Beaufsichtigung des CEP halten wird, obwohl ausdrücklich auch die Vorzüge der drei Wettbewerber an: „Exklu- hatte die australische Regierung ein „Ex- Vorlage der Optionen „Bau in Übersee“ und siver Zugang zu japanischer Technologie, pert Advisory Panel“ unter Führung eines „hybrid build“ (erste Boote in Übersee) ver- von globaler deutscher U-Boot-Erfahrung ehemaligen amerikanischen Marineminis- langt war. Als erster hatte sich tkMS bereits profitieren oder lieber mit den Franzosen ters eingerichtet; zwei weitere US-Admirale im Oktober 2014 dazu bekannt, das gesam- gehen, die der Royal Australian Navy (RAN) im Ruhestand berieten das CEP-Team. Die te Programm bei der Werft ASC zu bauen, in der Zukunft den Weg zu nuklear getrie- beiden europäischen Konkurrenten grün- und erklärt, dies sei zu einem Festpreis von 10 MarineForum 7/8-2016
20 Mrd. AUD möglich. Der Chairman von tkMS-A machte sich diese Position zu eigen und verteidigte in einer Senatsanhörung den Standpunkt, die Boote könnten in Aus- tralien zum selben Preis und in der gleichen Zeit gebaut werden wie in Kiel. Auch wolle man die Werft ASC kaufen und moderni- sieren und plane, sie zum Service-Zentrum für tkMS-U-Boote der ganzen Asien-Pazi- fik-Region auszubauen. Anfang Septem- ber bestätigte der Vorstandsvorsitzende von tkMS bei seinem Besuch in Australien erneut den Festpreis von 20 Mrd. AUD für 12 Boote und versicherte, dass tkMS über 70 % davon im Lande ausgeben würde. Der „Daily Telegraph“ zitierte ihn mit der Aussa- ge „... eine Gruppe wie die unsere hat tiefe Taschen und wenn wir etwas versprechen müssen wir auch liefern“. Anders taktierten die Franzosen; sie be- Verteidigungsminister Andrews besucht Japan (Foto: JMOD) kannten sich erst ab Juli 2015 zu einem vollständigen Bau im Lande und vertraten sen, dass sich Andrews mehrere Stunden während des Besuchs: Ein pensionierter offen die Auffassung, dass die effizienteste auf der Kieler Werft aufgehalten, dort er- Vizeadmiral soll gegenüber den australi- Variante der „hybrid build“ sei, mit entspre- fahren habe, dass tkMS in 50 Jahren 161 U- schen „ABC-News“ geäußert haben, dass chender Ausbildung des australischen Per- Boote für 20 Marinen gebaut habe und bei der Mangel an befähigten Schweißern in sonals während des Baus von bis zu zwei einem Hubschrauber-Rundflug über das Adelaide die erfolgreiche Verarbeitung des Booten in Frankreich. Kostenvorstellungen Werftgelände hätten ihn 9 Boote in unter- extrem hochfesten Stahls für japanische U- wurden nur vage und zurückhaltend preis- schiedlichen Bau- oder Reparaturzustän- Boote erschweren könnte. Zwei Stabsoffi- gegeben. Im Nikkei-Interview betonte der den beeindruckt. Die klare Botschaft sei bei ziere waren überzeugt, dass es weltweit CEO von DCNS-A, dass seine Firma für das ihm angekommen: Deutschland ist eine In- keine besseren nichtnuklearen U-Boote als FSP die beste Technologie einsetzen werde, dustriemacht und U-Boote ihre Spezialität. die japanischen gäbe. „Wir befürchten eine die Frankreich besitze. Frankreichs eigene Die Franzosen präsentierten die traditi- Proliferation nach China, wenn unser Wis- U-Boote seien äußerst leistungsfähig und onsreiche DCNS-Werft in Cherbourg, lie- sen einmal in australischen Händen ist“, ihre Stealth-Signaturen einzigartig. Diese ßen wissen, dass dort bis heute über 100 hieß es im selben Blatt. Mit den Meldungen Technologie sei noch nie mit anderen ge- U-Boote gebaut worden seien, und wur- wurden japanische offizielle Beteuerungen teilt worden. Dies sei nur möglich, weil die den nicht müde zu betonen, dass U-Boot- konterkariert, man habe die Option „Bau im französische Regierung das australische Technologie, gerade aufgrund ihrer Bedeu- Lande“ fest im Blick. FSP zu einem strategischen Programm er- tung für die nukleare Abschreckung, zu den Hartnäckig hatte sich der Verdacht ei- klärt habe. Ja, man werde zum Festpreis bestgehüteten Staatsgeheimnissen zähle, nes „Captain‘s Pick“ in den meisten aus- anbieten, sei aber derzeit noch nicht in der die man mit keinem Land außer jetzt Aus- tralischen Medien festgesetzt, d.h. eines Lage, verbindliche Zusagen zu treffen. tralien bereit sei zu teilen. Über Andrews‘ bereits seit 2014 zwischen Abbott und Die Japaner, die überhaupt erst 2014 Eindrücke war zu lesen, es sei „gigantisch“ Abe abgesprochenen Zuschlags für Ja- die gesetzmäßigen Voraussetzungen zum gewesen. Kein Wunder, die volle Auslas- pan. Zur Erinnerung: Abbotts Ausrufung Waffenexport geschaffen hatten, hielten tung der Werft mit den Aktivitäten zum des CEP sollte den Gerüchten einer abge- sich mit Versprechungen zurück. Bei ei- Serienbau der 6 über 5.000 t verdrängen- karteten „Option J“ die Grundlage neh- ner mit „submarine summit“ bezeichne- den nuklear getriebenen Boote des Typs men und nichts weiter ermöglichen, als ten Konferenz in Adelaide im März 2015 BARRACUDA zu sehen gibt einen Vorge- das „Beste für Australien“. Noch Ende Au- nahmen weder Repräsentanten der bei- schmack auf das, was Australien mit sei- gust 2015 verhielt sich eine japanische In- den Bauwerften noch der Regierungssei- nem 12 fast ebenso große Boote umfas- dustriedelegation in Adelaide zugeknöpft te teil, lediglich zwei Vizeadmirale a.D. senden FSP beabsichtigt: „Think big“. und ungeschickt hinsichtlich Fragen nach hielten Vorträgen und gaben Interviews. Obwohl bei Andrews‘ Besuch in Japan Kooperationsmöglichkeiten mit der „loka- Anfang Mai 2015 erst bewilligte Verteidi- Anfang Juni 2015 es angesichts pazifisti- len Versorgungskette“, d.h. der Einbindung gungsminister Nakatani die Teilnahme am scher Widerstände im Land unausgespro- australischer Firmen, sollte der Zuschlag CEP, bekräftigte Japans Absicht zur strate- chen blieb, dass ein japanischer U-Boot- an Japan gehen. Mit dem 15. September gischen Partnerschaft mit Australien und Entwurf in Diensten der RAN von Tokyo als 2015 war der Captain‘s Pick dann plötz- kurz darauf gab der Nationale Sicherheits- bedeutender Baustein für eine zukünftige lich vom Tisch, als Malcolm Turnbull in rat grünes Licht zur Freigabe von Geheim- US-japanisch-australische Dreierallianz ge- einem parteiinternen Coup Tony Abbott informationen im Rahmen des CEP. sehen wird, nahm Andrews zweifellos diese ablöste und neuer Premierminister wur- Im April 2015 flog Abbotts Verteidi- Schlussfolgerung mit nach Hause. Natür- de. Turnbulls Amtsübernahme versprach gungsminister Andrews in Begleitung von lich verstanden es auch die beiden Werf- auch Ungemach für den japanischen Wett- Marineexperten und Journalisten nach ten MHI und KHI in Kobe, den Minister mit bewerber, weil dem Premier eine gewisse Deutschland und Frankreich, um dort sei- ihrem Potenzial zu beeindrucken. Ein Licht Chinanähe nachgesagt wird, und mögli- ne Ministerkollegen von der Leyen und Le auf ihren Novizenstatus im Rüstungsex- cherweise Rückenwind für den deutschen Drian zu treffen und die Bauwerften zu port warfen die Japaner mit offensichtlich – seine Ehefrau war zu dem Zeitpunkt Eh- besichtigen. In den Zeitungen war zu le- unkoordinierten Interviews ausgerechnet renpräsidentin der deutsch-australischen MarineForum 7/8-2016 11
Industrie- und Handelskammer. Am 21. französische, bis 2080 geplante Entwick- und dementierten Mutmaßungen, dass die September ernannte Turnbull die Senato- lungsprogramm für Wissenschaft, Ausbil- Integration des für das FSP gesetzten Füh- rin Marise Payne zum ersten weiblichen dung und Forschung. rungs- und Waffeneinsatzsystems nur auf Verteidigungsminister des Landes. Die Deutschen, nicht Mitglied in die- einem japanischen Boot genehmigt würde. sem exklusiven Club, reagierten mit tech- Dafür machten jedoch Äußerungen eines Der Propagandakrieg nischen Klarstellungen und zeigten auf, US-Admirals Schlagzeilen, wonach die Ja- dass Pumpstrahlantriebe ungeeignet sei- paner derzeit eindeutig die Technologie- Kaum hatten mit Ablauf des 30. November en für das Niedriggeschwindigkeitsspek- führerschaft bei konventionellen U-Booten 2015 die drei Wettbewerber ihre Entwür- trum, in dem sich nichtnukleare U-Boote besäßen. Ein anonymes australisches Auto- fe fristgerecht eingereicht, entbrannten Ak- die meiste Zeit bewegten. Dagegen habe renteam rechnete daraufhin Anfang April tivitäten, die am besten mit „Propaganda- man einen Leichtgewichtspropeller ent- im „Australian Defence Reporter“ mit allen krieg Jeder gegen Jeden“ bezeichnet werden wickelt, der aus Komposit-Kohlefaser be- pro-japanischen Mythen ab. Japan habe gar können. Vermutlich im Sold der jeweiligen stehe und auf der 212A-Klasse bereits im keine hoch entwickelte U-Boot-Technolo- Wettbewerber stehende Journalisten sorg- Einsatz erprobt werde. Mitte März trat der gie, im Gegenteil, SORYU sei sogar COLLINS ten täglich in mehreren Blättern und Blogs tkMS-Vorstandsvorsitzende zusammen in den meisten Feldern unterlegen. für neue Spekulationen und Analysen, für mit dem Deutschen Botschafter im Inter- Dann war unter Berufung auf „two peo- Unterstellungen technischer Defizite gegne- nationalen Presseclub in Canberra auf und ple familiar with the matter“ am 20. April rischer Entwürfe, für politisch-strategische stellte u.a. in Aussicht, dass seine Firma im im „Wallstreet Journal“ plötzlich vom Aus- Hypothesen, für Diffamierung von Perso- Falle des Zuschlags in Adelaide das „digi- scheiden Japans aus dem Wettbewerb zu nen, für an Xenophobie grenzende anti-ja- tal shipyard“-Konzept einführen und die lesen, weil die japanische Lösung vor dem panische Veröffentlichungen und für Kon- Vorteile der deutschen Transformation zu Hintergrund mangelnder Erfahrung im Ma- spirationstheorien in Bezug auf chinesische „Industrie 4.0“ zum Tragen bringen werde, rineschiffbau in Übersee als zu risikobe- und vor allem amerikanische Einflussnahme. was nichts weniger bedeute als die nächs- haftet beurteilt worden sei. Die deutsche Im Februar 2016 machte der CEO von te Phase der Industriellen Revolution. Dar- Firma sei höchstwahrscheinlich als Spit- DCNS-A mit einer Veröffentlichung auf sich über hinaus werde man das bereits beste- zenreiter hervorgegangen. Dass am 13. Ap- aufmerksam, in der er von einer strategi- hende Tochterunternehmen substanziell ril bereits die Gattin des Premiers von ihrer schen Partnerschaft beider Länder schrieb. zu einem Exzellenz-Zentrum für Schiffbau Ehrenpräsidentschaft bei der deutsch-aus- tralischen Industrie- und Handelskammer zurückgetreten war, glaubten die Deut- schen folglich als Indikation zu ihren Guns- ten werten zu können. Mutmaßungen um Gründe, Fehler, Einflüsse Zwei Tage früher als die Gerüchteküche es verbreitet hatte, am 26. April, verkündete Premierminister Turnbull den Zuschlag an DCNS. Das lag keinesfalls nur an dem Druck, der durch die Leckage über das Ausscheiden der Japaner aufgebaut worden war. Es war auch deshalb Eile geboten, weil der Regie- rungschef am 11. Mai beabsichtigte, bei- de Häuser des Parlaments aufzulösen, um HMAS „Rankin“ COLLINS-Klasse in Schnorchelfahrt für den 2. Juli Bundeswahlen auszurufen. Da die Regierung während der Wahlkampf- Frankreich sei eine „complete submarine erweitern, das die RAN langfristig nicht nur periode keine Haushaltsbeschlüsse mehr power“ hieß es darin, die einerseits im sel- im Bereich U-Boote, sondern auch ander- verabschieden kann, war die vorgezogene ben Club wie die USA und Großbritannien weitig unterstützen könne. Bekanntgabe, 12 neue U-Boote in Adelaide spiele, weil es selbst nur noch über nukle- Trotz der Ablösung des japanaffinen Ab- bauen zu wollen, ein willkommenes 50-Milli- ar angetriebene U-Boote verfüge, anderer- bott durch Turnbull blieb der japanische arden-Dollar-Wahlversprechen, das mehrere seits aber auch konventionellen Antrieb be- Wettbewerber zunächst Favorit in den tausend neue Arbeitsplätze in Südaustrali- herrsche. Mit Frankreich werde Australien Medien – nun nicht mehr aufgrund des en zusichert. diesem Club beitreten und regional über- mutmaßlichen Deals zwischen den Regie- Die Japaner sollen verloren haben, weil legene Fähigkeiten erlangen, mit Zugang rungschefs, sondern wegen des strategi- man in ihrer Unerfahrenheit im Rüstungs- zu Technologien, die sich von nuklearen schen Interesses der USA an einer zukünf- export ein zu großes Risiko sah. Die zwar Raketen- und Angriffs-U-Booten herleiten. tigen Dreierallianz. In der „Financial Times“ inoffizielle, aber von einflussreichen Perso- Bestes technisches Beispiel sei die exklusiv hieß es, sowohl die Franzosen wie auch die nen subtil lancierte Unterstützung der USA im Rahmen des SHORTFIN BARRACUDA- Deutschen seien gegenüber dem japani- schien ihnen nicht geholfen zu haben, viel- Designs Australien verfügbar zu machen- schen Entwurf ins Hintertreffen geraten, leicht war sie eher kontraproduktiv, denn de Pumpstrahl-Antriebstechnologie, wie Erstere aufgrund von Sicherheitsbedenken nichts kränkt die Australier mehr als Anspie- sie nur die drei genannten Clubmitglieder der USA, Letztere, weil sie noch nie ein der- lungen in Richtung „51. Staat der USA“. Es ist besäßen. DCNS schlage vor, von Beginn des art großes U-Boot gebaut hätten. Offizielle auffällig, dass Turnbull bei seiner Ergebnis- FSP an Exzellenz-Zentren in Australien auf- Verlautbarungen aus Washington bekräf- bekanntgabe ausdrücklich und namentlich zubauen, die eingebettet werden in das tigten indes die Neutralität der USA im FSP die drei ehemaligen US-Admirale und den 12 MarineForum 7/8-2016
Ex-US-Marineminister als verantwortliche Beteiligte im CEP erwähnte, so als wollte er sagen: „Seht, wie unabhängig wir uns trotz- dem entschieden haben“. Widerstände ge- gen den Export von japanischer Amtsseite und Industrie seien unüberhörbar gewesen, Tokyos Repräsentanten hätten nur mäßig überzeugt, das Zugeständnis an einen kom- pletten Bau im Lande sei zu spät gekommen, und schließlich sei an den propagandistisch verbreiteten technischen Defiziten vermut- lich doch etwas Wahres – so lassen sich die Analysen in den Medien zusammenfassen. Zwar gab es in japanischen Medien Vermu- Typ 216 von HDW (Grafik: tkMS) tungen, dass die U-Boot-Entscheidung mit einem Kotau des Chinafreundes Turnbull in Referatsebene. Darüber hinaus hat der Ins- Typs 214 handle, d.h. des Export-Entwurfs Richtung Peking zu tun haben könnte, die pekteur der Marine in „Down Under“ sehr „von der Stange“. In der Tat hat Typ 216 als Frage, ob Tokyo nun seine Beziehungen mit beeindruckt. Auch das Auswärtige Amt „Zweidecker“ weit mehr Design-Verwandt- Canberra überdenken werde, beantwortete erkannte die geopolitische und rüstungs- schaft mit U212A, also dem Premiumboot ein japanischer Analyst jedoch mit der Fest- wirtschaftliche Dimension des U-Boot-Ge- für die eigene Marine, dem „Besonderen und stellung, dass eine vertiefte Sicherheitspart- schäfts mit einem Land wie Australien. Be- Einzigartigen“, worauf die Australier so gro- nerschaft mit Australien nicht nur weiterhin sonders der Botschafter zeigte bei seinen ßen Wert legen. in Japans Interesse sei, sondern dass strate- unterstützenden Bemühungen vor Ort kei- Dass die Deutschen noch nie ein Boot gisch gesehen Japan Australien mehr brau- nerlei Berührungsängste mit der Rüstungs- über 2.400 t gebaut haben, stimmt. Dass che als umgekehrt. industrie. „Le Mannschaft“, wie sie Heiko es schwierig bis unmöglich wäre, die gefor- Warum verloren die Deutschen? Man hört Borchert im Griephan 21/16 kürzlich an- derte Verdrängung von über 4.000 t für den in Australien, dass DCNS sowohl die RAN mahnte, quasi eine konzertierte Aktion in Typ 216 durch „up-scaling“ eines kleineren als auch die amerikanischen Gutachter im Schwarz-Rot-Gold, war das insgesamt je- Designs zu realisieren, ist Unsinn, denn der CEP-Team von den Vorteilen des Pumpstrahl- doch noch nicht. Nachweis wurde schon erbracht: Für das FSP ist in etwa eine Verdoppelung der Verdrän- gung gegenüber dem bisher größten Boot deutscher Provenienz, des DOLPHIN-AIP für Israel, gefordert. Bei der Entwicklung von U212A als Nachfolger von U206A handelte es sich aber bereits um eine Verdreifachung der Verdrängung. Trotzdem war U212A von Anfang an ein Erfolg! Warum führte tkMS dieses einfache Argument nicht öffentlich ins Feld? Stattdessen konnten die Medien- konsumenten fast täglich von den unein- holbaren Exporterfolgen des mächtigen Konzerns in den letzten 50 Jahren lesen, al- Premierminister Turnbull und Verteidigungsministerin Payne verkünden das Ergebnis (Foto: so mit Booten „von der Stange“. Hinzu kam, malcolmturnbull.com) dass die Deutschen ohne Not – 50 Mrd. AUD sind kein Austeritätsbudget – erneut über Antriebs überzeugt habe. Der französische In meinem Beitrag vor einem Jahr hatte den Preis gewinnen wollten. Die frühe und Entwurf soll gegenüber Typ 216 über den ich die Autoren Yule/Woolner zitiert, bei de- immer wieder bestätigte Zusage des Fest- gesamten Geschwindigkeitsbereich als der nen es zu den Gründen, warum 1987 Ko- preises von 20 Mrd. AUD, verbunden mit der leisere bewertet worden sein und über er- ckums gegen IKL/HDW den Zuschlag erhielt, unglaubwürdigen Behauptung, in Adelaide heblich leistungsfähigere Sonarsysteme ver- heißt: „ ... die Deutschen waren zu konser- könne genauso kostengünstig und schnell fügen. Außerdem hätten die Deutschen mit vativ in ihrem Design, und da die Schwe- gebaut werden wie in Kiel, war vielleicht ein ihrem „digital shipyard“-Konzept die Zweifel den auf alles eingingen, was die Australi- gravierender Fehler. an einem erfolgreichen „up-scaling“ von den er verlangten, hätten auch die Deutschen bisher maximal gebauten 2.400 auf über nachziehen sollen ... aber diese Botschaft Schlussbemerkungen 4.000 t nicht aus dem Weg räumen können. erkannten die Deutschen nicht ... sie woll- Darüber hinaus habe der geschickte Schach- ten die Grundforderungen erfüllen und über Anders als in Frankreich – und auch in Aus- zug überzeugt, dass DCNS das CEP-Angebot den Preis gewinnen“. Diesmal war das De- tralien – werden U-Boote in der Deutschen weitgehend in seinem Canberra-Büro erar- sign nicht konservativ und ging z.T. über die Marine allenfalls als operative Komponen- beitete – und nicht wie tkMS im Mutterhaus. Grundforderungen hinaus, es war sicher das ten wie Minenabwehrkräfte oder Korvet- Festzuhalten bleibt, dass die Medien- Beste, wozu deutsche Ingenieurkunst in der ten gesehen. Dies dürfte den aufmerksa- kampagne aufwendig und die politische Lage ist, und vermutlich dem französischen men Australiern nicht verborgen geblieben Unterstützung für deutsche Verhältnis- Vorschlag technisch ebenbürtig. Erstaunlich sein, die sich aus strategischen Gründen se ungewöhnlich engagiert war – von der deshalb, dass tkMS nicht ständigen Wieder- für das kostspieligste Rüstungsprojekt al- Bundeskanzlerin über die Verteidigungsmi- holungen in den Medien entgegentrat, wo- ler Zeiten entschieden und am Ende einen nisterin und die Staatssekretäre bis hin zur nach es sich um eine „up-scaled“ Version des Partner auswählten, der sich von vornhe- MarineForum 7/8-2016 13
rein strategisch aufstellte: Seit über hun- dert Jahren Alliierter und eine pazifische Deutscher Schiffbau bedingt optimistisch Macht – wenn auch mit relativ bescheide- ner militärischer Präsenz in den regionalen „Überseeischen Territorien“ – und ein Land mit fast vollständig auf modernste, global operierende U-Boote gestützter nuklea- rer Abschreckung. Zu diesem Club gehört Lukrative Nischen besetzt Deutschland nicht. Die Entwurfs-Philosophie deutscher U- Hans Jürgen Witthöft Boote der Nachkriegszeit – kompakte Bau- weise nach dem Grundsatz „so klein wie N möglich und so groß wie nötig“ – wurde von den Einsatzbedingungen des Kalten ach jahrelangen Negativmeldungen dann auch einigermaßen zufrieden dazu. Krieges geprägt. In Australien war diese über den angeblichen Niedergang Grund für seine demonstrative Zuversicht Philosophie von Beginn an nicht gefragt, des deutschen Schiffbaus, der mancher- ist, dass in den ersten vier Monaten des sondern „think big“. Der aus dem nuklea- orts auch tatsächlich nachzuvollziehen laufenden Jahres bei den deutschen Werf- ren Schwesterdesign abgeleitete SHORT- war, scheinen die verbliebenen Werften ten Neubauaufträge über neun Schiffe im FIN BARRACUDA mit seinen fast 5.000 nach durchgreifenden Umstrukturierun- Wert von 1,3 Mrd. Euro eingegangen sind. Tonnen wird trotz neuartigster schallab- gen wieder Fuß gefasst zu haben. Das ging Darin sind die erst kurz zuvor eingegange- sorbierender Beschichtungsmethoden und jedenfalls aus den Ausführungen des Ver- nen Bestellungen des malaysischen Gen- struktureller akustischer Verspiegelung ein bandes für Schiffbau und Meerestechnik ting-Konzerns über insgesamt zehn Schiffe gefährlich großes Zielmaß für die Aktiv- (VSM) im Laufe seiner Jahrespressekon- noch nicht enthalten, da dieser Auftrag mit Sonarortung bilden. Nukleargetriebene U- ferenz in Hamburg deutlich hervor. „Wir einem Volumen von 3,5 Mrd. Euro erst im Boote haben unbeschränkte Höchstfahrt- können mit gewisser Beruhigung auf den Mai unterzeichnet wurde. Ebenso nicht ent- reserven, mit denen sie sich von einem globalen Kollaps im Schiffbau blicken“, halten ist der Auftragssegen über vier Ro/ „Datum“ (Position der Detektion) schnell erklärte VSM-Präsident Harald Fassmer Ro-Schiffe bei der Flensburger Schiffbau- und weit entfernen können. Ein konventi- onelles Boot dieser enormen Größe dage- gen kann selbst bei voll aufgeladenen Bat- terien vermutlich nicht viel mehr als eine Superjacht „Romea“ gebaut von A&R (Foto: A&R) halbe Stunde Höchstfahrt laufen. Der von den Australiern offenbar so hochgeschätz- te, energiezehrende Pumpstrahl-Antrieb wird diesen Umstand noch verschlechtern. Im CEP-Team saßen U-Boot-Fachleute, die natürlich um diese Parameter wissen. Ich schließe deshalb nicht aus, dass es ei- ne „hidden agenda“ geben könnte, die den Übergang zum nuklearen Schwesterent- wurf vorsieht. Nach einer fünfjährigen De- signphase wird mit dem Bau erst in den 2020er Jahren begonnen und ab 2030 in Dienst gestellt. Genug Zeit also, wenn bis dahin Australien, nicht zuletzt angesichts der Seemacht Chinas, bereit sein sollte, in den Club der „nukes“ aufzusteigen. Potenziellen Bedarf aus dem Portfolio von tkMS wird es mit Sicherheit weiterhin geben. In Norwegen und Polen wartet auf die Deut- schen die nächste Gelegenheit, mit „lessons learned“ gegen die „équipe tricolore“ anzu- treten, und es wird dort nicht um die Be- schaffung eines enorm teuren und unter- motorisierten „Leviathan“ gehen. L Kapitän z. See a.D. Wallner war U-Boot- kommandant, Geschwaderkommandeur und Verteidigungsattaché in Tokyo. Als das australische Projekt SEA 1000 ab 2008 begann, war er als Referatsleiter für Unter- wassersysteme in der Rüstungsabteilung des BMVg in die amtsseitige Unterstüt- zung der deutschen Industrie eingebun- den. 14 MarineForum 7/8-2016
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