THE CHALLENGE TO GERMANY'S GLOBAL COMPETITIVENESS IN A NEW ENERGY WORLD
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An IHS Report October 2013 März 2014 THE CHALLENGE TO GERMANY’S GLOBAL EnergiewendeINimA NEW COMPETITIVENESS globalen ENERGYKontext: WORLD Volume 1 Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit unter neuen Rahmenbedingungen an den Energiemärkten Hauptbericht Erstellt von IHS: IHS Global GmbH Bleichstraße 1 Frankfurt am Main,60313 Germany 6945_0912PB 6945_0912PB
Energiewende im globalen Kontext: Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit IHS | unter neuen Rahmenbedingungen an den Energiemärkten Über IHS (www.ihs.com) Dieser Bericht wurde von IHS Inc. erstellt, dem führenden Anbieter von strategischen Informationen und Analysen in den wichtigsten globalen Industrie- und Dienstleistungsbereichen. Unternehmen, Behörden und internationale Organisationen in mehr als 165 Ländern weltweit vertrauen den integrierten, unabhän- gigen Lösungen und der strategischen Analyse von IHS bei ihren Entscheidungen und der Entwicklung ihrer Strategien. IHS wurde 1959 gegründet und beschäftigt derzeit ca. 8.000 Mitarbeiter in 31 Ländern weltweit. Sitz des Unternehmens ist Denver, Colorado, USA; in Deutschland ist IHS mit Büros in Frankfurt, Düsseldorf und München vertreten. Seit 2004 hat IHS mehr als 60 Unternehmen übernommen und integ- riert, darunter Global Insight, ein im Bereich Makroökonomie führendes Unternehmen, zu deren Gründern der Wirtschaftsnobelpreisträger Lawrence Klein gehört, sowie Cambridge Energy Research Associates (CERA), welches vom Pulitzerpreisgewinner Daniel Yergin gegründet wurde. Weitere Informationen bei: Ralf Wiegert Director, Economic Impact Analysis, IHS ralf.wiegert@ihs.com Catherine Robinson Senior Director, IHS Energy, IHS catherine.robinson@ihs.com Pressekontakt: Jeff Marn Senior Manager Public Relations, IHS jeff.marn@ihs.com ebenso Rowland Barran EMEA Corporate Communications Director, IHS rowland.barran@ihs.com Jim Dorsey Senior Manager Media Relations, IHS jim.dorsey@ihs.com IHS Media Relations Press.@ihs.com IHS URHEBERRECHT UND DISCLAIMER © 2014 IHS. Der vorliegende Bericht darf ohne die vorherige schriftliche Zustimmung weder ganz noch auszugsweise reproduziert, wiederverwendet oder in sonstiger Form verbreitet werden. Inhalt, der ohne die Genehmigung von IHS reproduziert oder verbreitet wird, muss die rechtlichen Hinweise von IHS und die Hinweise auf den Verfasser aufführen. Die hierin enthaltenen Informationen stammen aus Quellen, die als zuverlässig betrachtet werden. Wir übernehmen jedoch keine Garantie für Genauigkeit und Vollständigkeit. Dies gilt ebenso für die Meinungen und Analysen, die darauf basieren. Sofern gesetzlich vorgesehen, haftet IHS nicht für Fehler, Unterlassungen oder Verluste, Schäden oder Kosten, die dadurch entstehen, dass man sich auf die Informationen oder Aussagen in diesem Bericht stützt. Weitere Informationen erhalten Sie bei IHS unter customercare@ihs.com, unter der Telefonnummer +44 (0) 1344 328 300 (in Europa) und 1 800 IHS CARE (in Nordamerika). Alle Produkte, Firmennamen oder sonstige Marken, die in diesem Bericht erscheinen, sind Marken und Eigentum von IHS oder den jeweiligen Besitzern. März 2014 ii © 2014 IHS
Energiewende im globalen Kontext: Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit IHS | unter neuen Rahmenbedingungen an den Energiemärkten Contents Kurzfassung: Eine wettbewerbsfähigere Energiewende .................................................................. 1 Zum Inhalt der Studie ..........................................................................................................................11 1. Veränderte Rahmenbedingungen an den globalen Energiemärkten stellen die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands auf den Prüfstand ................................................................ 13 2. Die deutschen Verbraucherstrompreise sind schnell gestiegen ...............................................17 3. Internationale Energiepreisdifferenzen beeinträchtigen die deutsche Wettbewerbsfähigkeit ........................................................................................................................ 21 4. Definition der Energieszenarien .................................................................................................... 33 5. Entlastungen von Politikkosten sind für die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie von entscheidender Bedeutung ......................................................................................................... 37 6. Das Potenzial für einen Ausbau der Erdgasförderung in Deutschland ..................................... 47 7. Reform der Energiewende zur Senkung der Stromsystemkosten ............................................. 61 8. Die wirtschaftlichen Auswirkungen einer Senkung der Kosten des Stromsektors und der Erschließung des deutschen Schiefergaspotenzials ..................................................................... 73 9. Abschließende Bemerkungen ........................................................................................................ 85 © 2014 IHS iii März 2014
Energiewende im globalen Kontext: Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit IHS | unter neuen Rahmenbedingungen an den Energiemärkten Project Chairman • Daniel Yergin, IHS Vice Chairman Executive Advisory Board • Nariman Behravesh, IHS Chief Economist • Michael Stoppard, IHS Energy Chief Strategist • James Rosenfield, IHS Senior Vice President Project Executive • John W. Larson, Vice President, IHS Economics Project Directors • Catherine Robinson, Senior Director, IHS Energy • Ralf Wiegert, Director, IHS Economics Project Team • Tabitha M. Bailey, Director, IHS Economics • Mohsen Bonakdarpour, Managing Director, IHS Economics • Alun Davies, Director, IHS Energy • Jerry Eumont, Managing Director, IHS Energy • Federico Ferrario, Associate Director, IHS Energy • Samantha Gross, Director, IHS Energy • Diana Heger, Senior Consultant, IHS Economics • Ulrich Hendel, Consultant, IHS Economics • Susanne Hounsell, Associate Director, IHS Energy • Diana Illing, Consultant, IHS Economics • Andre Jungmittag, Professor for Economics and Quantitative Methods Faculty Business and Law University of Applied Sciences, Frankfurt am Main • Imre Kugler, Senior Consultant, IHS Energy • Henner Lehne, Senior Director Light Vehicle Forecasting, IHS Automotive • Elizabeth Redman, Senior Consultant, IHS Economics • Jan Roelofsen, Research Director, IHS Energy • Michael Smith, Senior Director, IHS Chemical • Shankari Srinivasan, Vice President, IHS Energy • Sean Stevenson, Director, IHS Chemical • Patrick Thomson, Senior Consultant, IHS Economics März 2014 iv © 2014 IHS
Energiewende im globalen Kontext: Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit IHS | unter neuen Rahmenbedingungen an den Energiemärkten Kurzfassung: Eine wettbewerbsfähigere Energiewende Der Wohlstand in Deutschland hängt mehr als in jeder anderen großen Industrienation von der Exportstärke ab. Doch in einer stark vom internationalen Wettbewerb geprägten Welt gerät die deutsche Industrie durch steigende Energiepreise immer stärker ins Hintertreffen. Die durchschnittlichen Industriestrompreise in Deutschland sind seit 2007 um ca. 60 %, in den Vereinigten Staaten und in China dagegen um weniger als 10 % gestiegen. Dieses Preisgefälle zwischen Deutschland und seinen Konkurrenten hat hauptsächlich zwei Ursachen: Zunächst sind die Kosten in Deutschland aufgrund der Energiewende stark gestiegen. Und sie werden wei- ter steigen. Deutschland muss in den nächsten zwanzig Jahren weitere 185 Mrd. Euro (in Preisen von 2013) für die Förderung der erneuerbaren Energien ausgeben. Ferner sind durch die Schiefergasrevolution in Nordamerika die dortigen Gaspreise gesunken, so dass die Vereinigten Staaten ein sehr viel wettbewerbs- fähigerer Standort für Produktion und Export geworden sind. Dieses Preisgefälle bedroht nun die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Deutschlands im internationalen Wettbewerb. Die auf internationaler Ebene unterschiedlichen Energiepreise sind für Deutschland beson- ders brisant, weil es auf ein wettbewerbsfähiges verarbeitendes Gewerbe und Exporte angewiesen ist. Der Anteil des verarbeitenden Gewerbes an der deutschen Wirtschaftsleistung betrug 2013 21 %, welcher zu den höchsten unter allen entwickelten Ländern gehört. Der Unterschied wird beim Außenhandel noch viel deutlicher. Die Exporte machten 2013 51 % des deutschen Bruttoinlandsprodukts (BIP) aus, verglichen mit 26 % in China, 27 % in Frankreich, 16 % in Japan und 13 % in den Vereinigten Staaten. Ziel der Energiewende ist ein wettbewerbsfähiger Übergang hin zu einer Wirtschaft mit geringen CO2-Emissionen. Einer der wichtigsten Grundsätze hierbei ist die Beibehaltung „wettbewerbsfähiger Energiepreise“.1 Deutschland hat die Kapazitäten erneuerbarer Energien zwar schnell ausgebaut, jedoch die erwartete Reduzierung der CO2-Emissionen nicht erreicht. Außerdem hat Deutschland angesichts der höchsten Strompreise unter den großen Industrienationen das Ziel wettbewerbsfähiger Energiepreise verfehlt. In den letzten Monaten ist der deutschen Politik und Öffentlichkeit immer stärker bewusst gewor- den, dass eine Reform der Energiewende in wirtschaftlicher Hinsicht dringend erforderlich ist. Unter Berücksichtigung der langfristigen Folgen für die Wirtschaft, die in dieser Studie herausgestellt wer- den, könnte eine erfolgreiche Reform der Energiewende in den kommenden Jahren für die deutsche Wirtschaftsleistung genauso wichtig werden wie die Arbeitsmarktreformen vor zehn Jahren. Der derzeitige Weg mit hohen Energiekosten führt zu einer sinkenden Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands auf internationaler Ebene, zu Einbußen bei Arbeitsplätzen und Investitionen und belastet Unternehmen und Haushalte mit zusätzlichen Kosten. Ohne Reformen bei der Energiewende nimmt der internatio- nale Marktanteil deutscher Produkte ab, Produktionskapazitäten in Deutschland werden sinken, und Investitionen wandern ins Ausland ab. Die Konsequenzen für die deutsche Wirtschaft wären schwerwie- gend und wirkten sich direkt auf Bruttoinlandsprodukt, Arbeitsplätze, Einkommen, Marktstellung und staatliche Einnahmen aus. Im Januar 2014 hat der deutsche Minister für Wirtschaft und Energie, Sigmar Gabriel, dies erkannt und gewarnt: „Man darf sich keine Illusionen darüber machen, dass wir an der Grenze dessen angekommen sind, was wir unserer Wirtschaft zumuten können“ und bezog sich dabei auf die Energiepreise. Er fügte hinzu, dass Deutschland einer „dramatischen De-Industrialisierung“ entgegenge- hen kann, wenn es den derzeitigen Kurs weiterverfolgt.2 Die vorliegende Studie beschreibt einen Weg, um die Energiewende auf den ursprünglich beabsichtig- ten Kurs zurückzubringen. Sie beschreibt den Weg zu einer „wettbewerbsfähigeren Energiewende“, der 1. BMWi, BMU (2011), Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung. 2. Sigmar Gabriel in einer Rede bei der 21. Handelsblatt-Jahrestagung, http://www.sigmar-gabriel.de/reden/rede-bei-der-handelsblatt-jahrestagung- energiewirtschaft-2014-am-21-januar-2014. © 2014 IHS 1 März 2014
Energiewende im globalen Kontext: Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit IHS | unter neuen Rahmenbedingungen an den Energiemärkten wegführt von der alleinigen Konzentration auf den Ausbau von erneuerbaren Energien hin zu einem aus- gewogeneren Ansatz. Wird das Tempo des Ausbaus der erneuerbaren Energien gedrosselt, führt dies zwar zunächst zu einer Steigerung der CO2-Emissionen verglichen mit dem Pfad der derzeitigen Energiewende. Ersetzen dann aber Gaskraftwerke die verbreiteten Kohlekraftwerke als flankierende Energieerzeuger zu den erneuerbaren Energien, können CO2-Emissionen kostengünstig wieder reduziert werden. In der vorliegenden Studie vergleichen wir die Auswirkungen einer Beibehaltung des derzeitigen Kurses der Energiewende mit denen einer wettbewerbsfähigeren Energiewende, bei der im Inland gefördertes Erdgas eine größere Rolle spielt. Verglichen mit dem derzeitigen Pfad hat die wettbewerbsfähigere Energiewende – mit einem kostengünstigeren Stromsystem und einer stärkeren Rolle für Gas – die folgenden wirtschaft- lichen Vorteile: • Bruttoinlandsprodukt: Das BIP liegt 2020 um fast 28 Mrd. Euro und damit um fast 0,9 % höher. Langfristig ist die Entwicklung des BIP noch positiver: bis 2040 liegt es um 138 Mrd. Euro höher (+3,4 %). • Beschäftigung: 2020 gibt es 207.000 bzw. 0,5 % mehr Arbeitsplätze. Langfristig entstehen bis 2040 fast 1 Million zusätzliche Arbeitsplätze. Bei diesen Beschäftigungssteigerungen ist das geringere Wachstum bei den Arbeitsplätzen in den Industriebereichen der „grünen“ Energie mit berücksichtigt. • Verfügbares Einkommen: Der Bürger profitiert von der Reform der Energiewende durch höhere ver- fügbare Einkommen. Im Durchschnitt erhöht die Reform das verfügbare Jahreseinkommen pro Kopf um 123 Euro bis 2020 und um 847 Euro bis 2040. • Staatliche Einnahmen: Durch höheres Wirtschaftswachstum und die Abgaben aus der Gasförderung steigen die jährlichen Staatseinnahmen gegenüber dem alten energiepolitischen Kurs bis 2030 um fast 40 Mrd. Euro. Bis 2040 nimmt der Staat sogar 68 Mrd. Euro zusätzlich ein. • Außenhandel: Niedrigere Energiepreise erhöhen die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands. Der Außenhandelsüberschuss mit Industrieerzeugnissen liegt 2030 um 36 Mrd. Euro und 2040 um 63 Mrd. Euro höher als ohne Reform. Dies entspricht einem Plus von 20 %. Selbst unter den Bedingungen einer wettbewerbsfähigeren Energiewende werden die deutschen Endverbraucherpreise für Strom im internationalen Vergleich jedoch relativ hoch bleiben. Daher ist die Beibehaltung der vorhandenen Ausgleichsregelung für die Begrenzung der EEG-Umlage für energieintensive Verbraucher und damit für die Gewährleistung der wirtschaftlichen Vorteile, die in dieser Studie präsen- tiert werden, von wesentlicher Bedeutung. Eine allmähliche Abschaffung der Ausgleichsregelung würde zu einer Verringerung des BIP um fast 5 % bis 2020 führen. Das verfügbare Pro-Kopf-Jahreseinkommen wäre um mehr als 500 Euro niedriger im Vergleich zu einem Szenario, bei dem die Ausgleichsregelung im gegen- wärtigen Umfang beibehalten wird. Dies würde die Kostensenkung beim Strom für die privaten Haushalte bei weitem übersteigen. Die Energiewende findet weltweit große Beachtung. Deutschland befindet sich in der einmaligen Lage, die Vorreiterrolle zu übernehmen und zu zeigen, wie ein Übergang hin zu einer Welt mit geringerem Kohlendioxidausstoß nachhaltig und kostengünstig durchgeführt werden kann. Die Nutzung ausgereif- ter erneuerbarer Energien in Verbindung mit Erdgas als Brückentechnologie könnte Deutschland den Pfad hin zu einer Wirtschaft mit geringeren CO2-Emissionen ermöglichen und gleichzeitig neue Chancen auf den globalen Energiemärkten erschließen. Ohne Reform der Energiewende würde Deutschland an Wettbewerbsfähigkeit einbüßen und die Industrie dazu veranlassen, weniger zu investieren, was letztlich zu Arbeitsplatzverlusten führt. Warum sind die deutschen Energiepreise höher als in anderen Ländern? Wir haben zwei Ursachen identifiziert, die sich nachteilig auf die deutschen Energiepreise auswirken und die industrielle Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands gefährden. Beide wurden nicht berücksichtigt bzw. waren nicht absehbar, als die Energiewende konzipiert wurde. März 2014 2 © 2014 IHS
Energiewende im globalen Kontext: Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit IHS | unter neuen Rahmenbedingungen an den Energiemärkten • Die hohen Kosten des deutschen Stromsystems. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) fördert den Ausbau der erneuerbaren Energien durch einen Aufschlag auf die Strompreise. Diese Umlage war für die meisten deutschen Verbraucher der wichtigste Preistreiber im Strombereich. Die Gesamtkosten für die Verbraucher liegen 2014 bei über 23 Mrd. Euro (62,4 Euro pro MWh); 2011 lagen sie noch bei 13,5 Mrd. Euro (35,3 Euro pro MWh). Deswegen werden die deutschen Strompreise auf absehbare Zeit im inter- nationalen Vergleich hoch bleiben. Die besondere Ausgleichsregelung bietet großen energieintensiven Unternehmen zwar eine gewisse Entlastung von der EEG-Umlage und stützt damit das wirtschaftliche Wachstum, doch die meisten Verbraucher zahlen die Kosten für die Förderung erneuerbarer Energien in voller Höhe. Auch die kleinen und mittleren Unternehmen, das Rückgrat der deutschen Wirtschaft, kommen in den meisten Fällen nicht in den Genuss der begrenzten EEG Umlage. • Die Revolution unkonventioneller Energien in Nordamerika. Das ursprüngliche Konzept der Energiewende basierte auf der Erwartung hoher und weiter steigender Preise für konventio- nelle Energieträger. Diese Annahme ist jedoch auf absehbare Zeit widerlegt, insbesondere durch die Entdeckung und Förderung umfangreicher kostengünstiger Erdgasvorkommen in Nordamerika. Eine Verbesserung der Förder- und Produktionstechniken hat in den letzten fünf Jahren in Nordamerika zur großflächigen Entwicklung von Schiefergas und anderer unkonventioneller Gasvorkommen geführt. Die sich daraus ergebenden wesentlich geringeren Gaspreise für Nordamerika – weniger als ein Drittel des in Europa geltenden Preises – hat die Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen verarbeitenden Industrie drastisch gesteigert. Allein dank der dadurch verbesserten Wettbewerbsfähigkeit sind in Nordamerika rund 90 Mrd. Euro an zusätzlichen Investitionen in die Industrie angekündigt worden, sowohl von amerikanischen als auch von ausländischen Unternehmen (darunter auch europäische).3 Daher sind die deutschen ABBILDUNG ES.1 Strompreise, die im internati- Industriestrompreise nach Ländern onalen Vergleich bereits hoch 140 waren, schneller gestiegen als die Preise in den wichtigs- 120 ten Konkurrenzmärkten. Die Internationale Energieagentur 100 (IEA) hat festgestellt, dass die 80 € / MWh deutschen Industriestrompreise um fast 50 Euro / MWh, d. h. 60 um ca. 60 %, im Zeitraum 2007- 2013 gestiegen sind (wie in 40 Abb. ES.1 dargestellt). Im sel- 20 ben Zeitraum stiegen die Preise in den Vereinigten Staaten um 0 weniger als 4 Euro / MWh (8 2007 2008 2009 2010 2011 2012* 2013* %) und die Preise in China um 7 Deutschland Frankreich China (Guangdong) Vereinigte Staaten Euro / MWh (9 %). Anmerkung: *2012 und 2013 sind IHS-Schätzungen basierend auf nationalen Quellen. Quelle: International Energy Agency (IEA), IHS Energy © 2014 IHS Die Industriestrompreise in Deutschland bewegen sich auch am oberen Rand der europäischen Preise. Die jüngste Analyse der Europäischen Kommission zeigt, dass von den größten europäischen Volkswirtschaften nur Italien höhere Industriestrompreise hat.4 3. IHS (2013), America’s New Energy Future: The Unconventional Oil and Gas Revolution and the US Economy; Vol. 3: A Manufacturing Renaissance, http://www.ihs.com/ info/ecc/a/americas-new-energy-future-report-vol-3.aspx. 4. Europäische Kommission (2014c), Energy prices and costs in Europe, http://ec.europa.eu/energy/doc/2030/20140122_communication_energy_prices.pdf. © 2014 IHS 3 März 2014
Energiewende im globalen Kontext: Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit IHS | unter neuen Rahmenbedingungen an den Energiemärkten Warum sind die Ener- Förderanlagen in Polen giepreise für Deutschland so wichtig? Energie ist ein wichtiger Kostenfaktor für die meisten Industriezweige, obwohl ihre Bedeutung in den einzel- nen Sektoren unterschiedlich groß ist. Für energieintensive Branchen, wie die chemische Industrie, sind die Energiekosten ein primärer Bestandteil der Produktionskosten, und Preisdifferenzen auf inter- nationaler Ebene haben erhebliche Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit. Bei Branchen, bei denen die Energiekosten nur einen gerin- gen Anteil an den Gesamtkosten haben, dürften große inter- nationale Unterschiede in Erdgasproduktion in Nordamerika – keine „Blase“ den Energiepreisen keine Die technisch förderbaren Reserven (ohne Erdgas aus Ölvorkommen) größere Belastung sein. Die in den Vereinigten Staaten sind laut Schätzungen heute dreimal so unterschiedliche Bedeutung hoch wie noch im Jahr 2000. Sie reichen aus, um bei einer gleich- des Kostenfaktors Energie im bleibenden Nachfrage auf heutigem Niveau eine Versorgung für Vergleich der Industriezweige die nächsten 100 Jahre zu garantieren. Bohrungen bestätigen diese könnte tatsächlich dazu ver- Schätzungen und zeigen, dass es sich um eine langfristig gesicherte leiten, die Industriepolitik auf Versorgung handelt und nicht um eine vorübergehende „Blase“. die „grüneren“, weniger ener- gieintensiven Industriezweige ABBILDUNG ES.2 zu konzentrieren und den Schätzungen der technisch erschließbaren Erdgasressourcen in den USA Rückzug der energieintensi- 120 ven Branchen aus Deutschland zu akzeptieren oder sogar 100 bewusst zu fördern. Diese Sichtweise übersieht jedoch 80 Billionen Kubikmeter einen für den Industriestandort Deutschland wichtigen Aspekt: 60 Über Wertschöpfungsketten und Industriecluster sind in 40 Deutschland energieintensive mit nicht energieintensiven 20 Unternehmen eng verflochten. Eine Politik, die die energieinten- 0 EIA 2000 EIA 2012 PGC 2012 IHS CERA 2010 ICF 2013 siven Industrien einem relativen Nachteil gegenüber weltwei- Quelle: IHS Energy, US Energy Information Administration (EIA), Potential Gas Committee, ICF International © 2014 IHS ten Wettbewerbern aussetzt, hat daher schwerwiegende Auswirkungen auf die gesamte heimische Industrie. März 2014 4 © 2014 IHS
Energiewende im globalen Kontext: Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit IHS | unter neuen Rahmenbedingungen an den Energiemärkten Tabelle ES.1 zeigt den Grad der TABELLE ES.1 Verflechtung im verarbeiten- Herkunft von Vorleistungen für ausgewählte deutsche Industriebranchen den Gewerbe in Deutschland. € Millionen (zu 2013 Preisen) Betrachtet man das gesamte Inland Gesamt Anteil verarbeitende Gewerbe, so wer- Maschinenbau 98.149 130.004 75% den etwa 69 % der Vorleistungen Chemie und Pharma 52.948 82.908 64% aus Deutschland bezogen. Energieintensive Branchen, wie Fahrzeugbau 162.937 228.061 71% Chemie und Metallerzeugung, Metallverarbeitung 35.454 59.303 60% erhalten einen Großteil ihrer Verarbeitendes Gewerbe insgesamt 660.984 964.449 69% Vorleistungen von inländi- Anmerkung: Die Analyse basiert auf dem Input-Output-Modell der deutschen Volkswirtschaft für 2009. schen Lieferanten. Auf diese Quelle: IHS Economics Weise sind deutsche Hersteller und Dienstleister, ob groß oder klein, ob energieintensiv oder weniger energieintensiv, über die Wertschöpfungsketten miteinander ver- bunden. Auswirkungen auf die Entwicklung der energieintensiven Industrie sind daher nicht isoliert zu betrachten, sondern haben Einfluss auf diese Wertschöpfungsketten und damit auf die gesamte Wirtschaft. Wie beeinflussen die Energiepreise die Wettbewerbsfähigkeit? Die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens oder Sektors hängt von seiner Kostensituation im Vergleich zum restlichen Markt ab. Eine isolierte Betrachtung des Einflusses der Energiekosten ohne Berücksichtigung aller anderen Standortfaktoren ist jedoch schwierig. Um einzuschätzen, wie sich die höheren Energiepreise in Deutschland auf die Wettbewerbsfähigkeit auswirken, haben wir anhand einer ökonometrischen Analyse die Veränderung der Nettoexporte in 16 Branchen des deutschen verarbeiten- den Gewerbes quantifiziert, die durch höhere Strompreise im Vergleich zu den Haupthandelspartnern Deutschlands verursacht wurde. Der Durchschnitt der Industriestrompreise für die wichtigsten Handelspartner Deutschlands stieg zwar zwischen 2008 und 2013 an, jedoch weniger stark als die deutschen Preise. Während der durchschnitt- liche Strompreis in Deutschland 2008 21 % über diesem internationalen Bezugswert lag, war die Differenz 2013 auf 40 % gestiegen. Aufgrund dieser sich öffnenden Preisschere musste das verarbeitende Gewerbe in Deutschland einen Verlust bei den Nettoexporten hinnehmen, der zwischen 2008 und 2011 stieg und 2013 einen neuen Höchstwert für diesen Zeitraum erreichte. Die Nettoexportverluste, die direkt der Strompreisdifferenz anzurechnen sind, lagen im Jahr 2013 bei 15 Mrd. Euro, dem Dreifachen des Verlusts von 2009. Im Sechsjahreszeitraum von 2008 bis 2013 machten die Verluste insgesamt 52 Mrd. Euro aus. Die energieintensiven Sektoren waren hauptsächlich davon betroffen. Fast 60 %, d. h. 30 Mrd. Euro, waren in den Sektoren Papier, Chemie und Pharma, Glasherstellung, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden und der Metallerzeugung festzustellen. Der Anteil der kleineren industriellen Verbraucher an diesen Exportverlusten war sehr viel höher als der Anteil der kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) an der Gesamtproduktion von Deutschlands ver- arbeitendem Gewerbe. Zwischen 2008 und 2013 mussten kleinere Verbraucher 77 % der kumulierten Nettoexportverluste hinnehmen, obwohl der Anteil der KMU an der gesamten Fertigungsleistung nur etwa 29 % betrug. Anders ausgedrückt: die Exportverluste waren für kleinere Unternehmen überproporti- onal hoch. Für ein ausgewogenes Verhältnis von Kosten der Energiewende und Senkung der Emissionen Wie soll Deutschland angesichts der Bedeutung wettbewerbsfähiger Energiepreise für das verarbeitende Gewerbe und die gesamte deutsche Wirtschaft reagieren? Bei der Energiewende gibt es eine inhärente Spannung zwischen Emissionssenkungen auf der einen Seite und Kostendämpfung auf der anderen Seite. Der einzige Weg zur Senkung der Kosten des Stromsystems wäre die Drosselung des Ausbaus der erneuerbaren Energien. Dadurch wird allerdings auch der Übergang zu einer CO2-ärmeren Wirtschaft © 2014 IHS 5 März 2014
Energiewende im globalen Kontext: Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit IHS | unter neuen Rahmenbedingungen an den Energiemärkten verlangsamt. Die Politik steht heute vor der schwierigen Aufgabe, ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Kostendämpfung und Emissionssenkung zu finden. Erdgas ist ein wichtiger Teil dieser Lösung. Erdgas ist der sauberste fossile Brennstoff. Er erzeugt nur halb so viele CO2-Emissionen wie Kohle und trägt in sehr viel geringerem Maße zur Luftverschmutzung bei. Eine Erhöhung der Gasförderung und die sich daraus ergebenden günstigeren Preise für Gas im Vergleich zu ande- ren Energieträgern haben es den Vereinigten Staaten erlaubt, die CO2-Emissionen auf das Niveau von 1994 zu senken, obwohl die Wirtschaft seit diesem Zeitpunkt um 60 % gewachsen ist. Im Januar 2014 bezeich- nete die Europäische Kommission heimische konventionelle und nicht konventionelle Erdgasvorkommen (Schiefergas) neben „erneuerbaren Energien“ als eine der „nachhaltigen inländischen Energiequellen“, die ihren Mitgliedstaaten zur Verfügung stehen.5 Bessere Erschließung lokaler Gasvorkommen Gas spielt derzeit eine begrenzte Rolle bei der Stromerzeugung in Deutschland und hatte 2012 einen Anteil von nur 11 %; in Großbritannien liegt dieser Anteil bei 30 %, in Italien bei über 40 %. Deutschland kann jedoch die Rolle von Gas ausweiten und so ein CO2-ärmeres Stromsystem schaffen, in dem hoch effiziente Stromerzeugung aus Gas mit erneuerbaren Energien zusammenarbeitet. Die Erschließung der deutschen Schiefergasressourcen würde Gas im Stromsystem mehr Gewicht verlei- hen, ohne gleichzeitig Gasimporte zu erhöhen. IHS hat eine detaillierte Analyse der Schiefergasvorkommen in Deutschland durchgeführt, um das darin enthaltene förderbare Gaspotenzial zu ermitteln. Es wurde ein Analogie-Ansatz verwendet, der Vergleiche zu bereits erforschten Gebieten zieht – ein methodolo- gischer Standardansatz, der generell für weithin unerforschte Regionen angewandt wird. Konkret wur- den die geologischen Charakteristika der deutschen Schiefergasvorkommen – Tiefe, gesamter organischer Inhalt, Dicke, Reife und weitere Parameter – mit den US-amerikanischen Gebieten verglichen, um auf Basis der weitreichenden Erfahrungen aus den Vereinigten Staaten Kosten und Förderung einschätzen zu können. Diese Schätzungen wurden den regulatorischen und steuerrechtlichen Rahmenbedingungen in Deutschland entsprechend angepasst. Ressourcen in ökologisch sensiblen Regionen wurden nicht in die Schätzung miteinbezogen. IHS schätzt, dass in Deutschland bis 2030 mehr als 20 Milliarden Kubikmeter (Mrd. m3) Schiefergas pro Jahr gefördert werden können, was 25 % des derzeitigen Verbrauchs entspricht. Die Förderung würde danach weiter steigen und Mitte der 2030er Jahre mit über 25 Mrd. m3 ihren Höhepunkt erreichen. Die Förderung von konventionellem Gas und Schiefergas beläuft sich in den 2030er Jahren auf fast 30 Mrd. m3. Dies reicht aus, um mehr als 35 % des derzeitigen Gasbedarfs in Deutschland zu decken. Diese Menge ent- spricht in etwa den derzeitigen deutschen Importmengen aus Norwegen. Deutschlands Gasimporte aus Russland betrugen in 2013 37 Mrd. m3. Günstige geologische Verhältnisse sind nur ein Teil der Gleichung. Ohne das entsprechende politische Rahmenwerk werden diese Förderzahlen nicht erreicht. Die folgenden fünf Bedingungen sind laut IHS für die Schiefergasförderung in Deutschland erforderlich: • Akzeptanz von Hydro-Fracking in einem angemessenen Regulierungsrahmen, • entsprechende Vertragsbedingungen für Erschließung und Entwicklung, • Genehmigungsprozesse, die eine schnelle Erteilung von Lizenzen für neue Bohrlöcher ermöglichen, • steuerliche Vorschriften, die an die Bedürfnisse der Schiefergaserschließung angepasst werden und die betroffenen Landbesitzer, Gemeinden und Bundesländer angemessen vergütet, 5. Europäische Kommission (2014b), A Policy Framework for Climate and Energy in the Period from 2020 to 2030, http://ec.europa.eu/energy/doc/2030/ com_2014_15_en.pdf. März 2014 6 © 2014 IHS
Energiewende im globalen Kontext: Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit IHS | unter neuen Rahmenbedingungen an den Energiemärkten • eine inländische Wertschöpfungskette, die in der Lage ist, den Betrieb von bis zu 300 modernen Bohrtürmen in ganz Europa zu unterstützen. Der europäische Gasmarkt ist in hohem Maße miteinander verwoben, und die Produktion in einem nati- onalen Markt hat Auswirkungen auf die Preise in den Nachbarmärkten. Aus diesem Grund hat IHS auch das europäische Schiefergaspotenzial insgesamt analysiert. In anderen Ländern, wie z. B. in Polen und Großbritannien, ist eine umfangreiche Förderung unter der Voraussetzung möglich, dass die dortige Politik die Schiefergaserschließung begünstigt. Die gesamte Schiefergasförderung in den EU-28-Ländern könnte 2030 mehr als 70 Mrd. m3 betragen und bis 2040 sogar auf fast 90 Mrd. m3 ansteigen. Dies entspricht in etwa dem derzeitigen Exportumfang von 100 Mrd. m3 von Norwegen in die EU. Die russischen Exporte in die EU beliefen sich 2013 auf 130 Mrd. m3. Eine Förderung in diesem Umfang hätte Auswirkungen auf die Gaspreise im europäischen Markt. Die Entwicklung der lokalen Gasversorgung würde die europäischen Preise dämpfen und sie um etwa 20 % sen- ken verglichen mit einem Szenario, in dem Europa seine Schiefergasvorkommen nicht nutzt. Gleichzeitig wäre dies ein Beitrag zu einer größeren Energieversorgungssicherheit, welche sich sowohl Deutschland als auch die Europäische Union zum Ziel gesetzt haben. Wirtschaftliche Auswirkungen eines kostengünstigeren Stromsystems mit Schiefergas Für eine bessere Balance zwischen Kosten und CO2-Emissionen ist eine umfangreiche und sichere Versorgung mit Erdgas unumgänglich. Eine Reform der Energiewende, die darauf hinwirkt, den Ausbau der erneuerbaren Energien insbesondere im Bereich der teuren Windenergie auf See zu drosseln und Gas einen höheren Stellenwert einzuräumen, würde es Deutschland ermöglichen, die Stromsystemkosten und gleichzeitig den Ausstoß von CO2-Emissionen zu reduzieren. Das kostengünstigere Gas würde die gasbe- feuerte Stromerzeugung ab Mitte der 2020er Jahre wirtschaftlicher machen als die Stromerzeugung mit Kohle. Dies bedeutet, dass die Betreiber nicht mehr in bestehende Kohleanlagen investieren, um deren Lebensdauer zu verlängern, sondern Investitionen in weniger kapitalintensive Gaskraftwerke tätigen. Diese Reformen würden die Gesamtkosten des Stromsystems zwischen 2014 und 2040 um 125 Mrd. Euro senken (in Preisen von 2013), was vor allem auf geringere Kapitalinvestitionen zurückzuführen ist. Die Vorteile der niedrigeren Kapitalausgaben würden allerdings teilweise durch Mehrausgaben für Brennstoffe und Emissionen ausgeglichen. 2020 wäre das deutsche BIP TABELLE ES.2 um 0,9 % höher, wenn die Unterschied zwischen einer kostenorientierten Energiewende mit Energiewende ihren derzei- Schiefergas und dem aktuellen Politikpfad tigen kostenintensiven Weg 2020 2030 2040 nicht weiterverfolgte. Die Unterschied im BIP (%) 0,9% 2,3% 3,4% Vorteile einer wettbewerbs- Unterschied im verfügbaren Einkommen pro Kopf (zu 2013 fähigeren Energiewende in 123 € 580 € 847 € Preisen) Form eines stärkeren BIP- Wachstums nehmen im Laufe Änderung in der Beschäftigung (in Tausend) 207 488 944 Quelle: IHS Economics der Zeit zu, und das BIP wäre 2030 um 2,3 % und 2040 um 3,4 % höher. 2040 führten die Kosteneinsparungen zu 1 Million zusätzlicher Arbeitsplätze und durchschnittlich 850 Euro mehr real ver- fügbarem Jahreseinkommen pro Kopf (siehe Tabelle ES.2). Die mit der Erschließung von Schiefergas verbundene Wertschöpfung leistet hierfür einen wichti- gen Beitrag und macht etwa 77 % der BIP-Steigerung im Jahr 2020 und fast 44 % der BIP-Steigerung im Jahre 2040 aus. Auch sind in diesem Zusammenhang erhebliche Auswirkungen in Form von zusätzlichen Staatseinnahmen zu konstatieren. © 2014 IHS 7 März 2014
Energiewende im globalen Kontext: Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit IHS | unter neuen Rahmenbedingungen an den Energiemärkten Die Rolle der EEG-Ausgleichsregelung Trotz der Kostenreduzierungen, ABBILDUNG ES.3 die eine reformierte Durchschnittliche Industriestrompreise: Deutschland vs. USA Energiewende mit sich bringen 200 könnte, bleiben die deutschen Strompreise im internationalen 160 Vergleich weiterhin hoch (siehe € / MWh (zu 2013 Preisen) Abbildung ES.3). Daher ist die Beibehaltung der vorhandenen 120 EEG-Ausgleichsregelung für energieintensive Verbraucher 80 von wesentlicher Bedeutung, um die wirtschaftlichen Effekte, 40 die in dieser Studie präsentiert werden, zu realisieren. 0 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 2021 2023 2025 2027 2029 Ein Auslaufen der besonde- Preisspanne für deutsche Industriestrompreise in IHS Szenarien ren Ausgleichsregelung hätte USA Historie erhebliche und unmittel- bare gesamtwirtschaftliche Quelle: IHS Energy, Historische Daten nach IEA, EIA und Eurostat © 2014 IHS Auswirkungen. Die Verbraucher, die von den maximalen EEG- TABELLE ES.3 Rabatten profitieren, müssten Folgen einer Abschaffung der EEG-Umlagebegrenzung im Falle ihrer Abschaffung 2020 2030 2040 eine Strompreissteigerung von mehr als 65 % hinnehmen. Unterschied im BIP (%) -4,8% -4,9% -5,3% Verbraucher, die heute nur Unterschied im verfügbaren Einkommen pro Kopf (zu 2013 -543 € -812 € -1,061 € teilweise von der begrenzten Preisen) EEG-Umlage profitieren, wären Änderung in der Beschäftigung (in Tausend) -1.106 -1.103 -1.122 ebenfalls von einer erheblichen Quelle: IHS Economics Steigerung der Strompreise betroffen. Bis 2020 – also in nur sechs Jahren – wäre das BIP um fast 5 % niedriger (siehe Tabelle ES.3). Ein Haushalt könnte zwar etwa 55 Euro pro Jahr an Stromkosten sparen, doch das reale verfügbare Einkommen – „das Geld in den Taschen der Verbraucher“ – würde um mehr als 500 Euro pro Jahr sinken. Abschließende Bemerkungen Mit dem Fortschritt der Energiewende sind die Energiekosten und CO2 Emissionen in Deutschland gestie- gen.6 Ein gedrosselter Ausbau von erneuerbaren Energien in Verbindung mit einer stärkeren Rolle für Erdgas – insbesondere für im Inland gefördertes Erdgas – kann die Kosten und Risiken der Energiewende reduzieren. Ohne umsichtige politische Entscheidungen wird jedoch nichts davon eintreffen. Die Verfolgung des bisherigen Weges führt langfristig zu einer immer geringeren Rolle von Gas, da die heimische Gasförderung zurückgeht und Kohle weiterhin den thermischen Energiemix in Deutschland dominiert (der Anteil der inländischen Gasförderung am Gesamtgasverbrauch in Deutschland ist von 20 % im Jahr 2000 auf 10 % heute zurückgegangen). Wenn das im Inland geförderte Gas neben den ausgereiften erneuerbaren Energien im Stromsektor an Bedeutung gewänne, böte sich Deutschland die Möglichkeit, einen erschwinglichen und nachhaltigen Weg für die Energiewende einzuschlagen. Die deutschen Verbraucherstrompreise werden langfristig im internationalen Vergleich weiterhin hoch bleiben. Daher ist die Beibehaltung der EEG-Ausgleichsregelung von besonderer Bedeutung, um sowohl die Wirtschaftlichkeit der energieintensiven Industrie in Deutschland, als auch der von ihr abhängigen 6. Basierend auf AGEB Daten zum Energiebedarf schätzt IHS, dass der CO2 Ausstoß in Deutschland in 2013 um ungefähr 2% gestiegen ist. März 2014 8 © 2014 IHS
Energiewende im globalen Kontext: Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit IHS | unter neuen Rahmenbedingungen an den Energiemärkten Wertschöpfungskette, einschließlich kleiner und mittlerer Unternehmen, zu gewährleisten. Ferner zeigt die vorliegende Studie, dass der durchschnittliche Verbraucher von der reduzierten EEG Umlage profitiert: Die sich ergebenden Vorteile eines stärkeren wirtschaftlichen Wachstums überwiegen die Senkung der Stromrechnung im Falle einer Abschaffung der besonderen Ausgleichsregelung bei weitem. Eine Reform der Energiewende ist notwendig, um das Wachstum der deutschen Wirtschaft und den wirt- schaftlichen Wohlstand Deutschlands zu sichern. Ziel muss es sein, den Weg in eine nachhaltige Zukunft mit erneuerbaren Energien zu ebnen und gleichzeitig die Wirtschaftsleistung und die Exportstärke zu erhalten, um in einer sich ändernden Weltwirtschaft wettbewerbsfähig zu bleiben. © 2014 IHS 9 März 2014
Energiewende im globalen Kontext: Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit IHS | unter neuen Rahmenbedingungen an den Energiemärkten Zum Inhalt der Studie Mit dieser Studie legt IHS erstmals eine umfassende Analyse des Einflusses der Gas- und Strompreise auf die deutsche Wirtschaft vor.7 Kapitel 1 vergleicht die Verbraucherpreise für Gas und Strom in Deutschland mit den Preisen anderer Länder und zeigt die Wettbewerbsnachteile Deutschlands in Bezug auf die Energiekosten auf. Kapitel 2 befasst sich mit den Ursachen, die in den letzten sechs Jahren zu einer Steigerung der Strompreise für Endverbraucher in Deutschland geführt haben, und beschreibt die Entlastungen, die die Preissteigerungen für energieintensive Verbraucher gedämpft haben. Kapitel 3 quantifiziert die Auswirkungen, die die hohen Energiepreise in den letzten Jahren auf die deut- sche Wirtschaft hatten, und die sich daraus ergebende geringere Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie. Des Weiteren wird der Einfluss der Strompreisdifferenz auf die Wertschöpfungsketten und Industriecluster analysiert. Kapitel 4 beschreibt die Szenarien, die die Grundlage für die im restlichen Teil des Berichts vorgenommene Analyse bilden – den Aktuellen Politikpfad der Energiewende und zwei mögliche Wege für eine wettbewerbs- fähigere, d.h. Kostenorientierte Energiewende. Kapitel 5 beschreibt, wie sich Veränderungen bei der Umlage der Kosten zur Förderung der erneuerbaren Energien auf die Verbraucherpreise auswirken, und wie sich dies anschließend in der Wirtschaftsleistung niederschlägt. Diese Analyse betrachtet die Auswirkungen sowohl für die betroffenen Industriesektoren als auch für Zulieferer, Kunden und die Wirtschaft insgesamt. Kapitel 6 analysiert das Potenzial für die Erschließung von Schiefergasressourcen in Deutschland und Europa insgesamt. Zudem wird der Einfluss auf Erdgaspreise erörtert. Kapitel 7 beschreibt das Potenzial für eine Reduzierung der Kosten der Energiewende und die Auswirkungen einer Reform auf die Entwicklung der deutschen CO2-Emissionen. Das Kapitel beschreibt auch die Rolle von Gas für eine wettbewerbsfähigere Energiewende. Kapitel 8 beschreibt die potenziellen wirtschaftlichen Vorteile einer Reform des deutschen Stromsystems mit und ohne Erschließung deutscher und europäischer Schiefergasvorkommen. Kapitel 9 zieht die Schlussfolgerungen der Studie und beschreibt den Pfad zu einer wettbewerbsfähigeren Energiewende. IHS bietet umfassende Daten, Analysen und Prognosen für mehr als 200 Länder mit bis zu 500 wirtschaft- lichen Indikatoren für jedes Land. Ökonometrie ist eine der Kernkompetenzen von IHS Economics, welches aus dem Zusammenschluss der zwei führenden makroökonomischen Analysefirmen hervorgegangen ist, Wharton Econometrics und DRI. Die Arbeit und Erfahrung von IHS Economics in diesem Bereich geht zurück auf Lawrence Klein, dem der Nobelpreis für Wirtschaft im Jahre 1980 ‚für die Schaffung ökonometrischer Modelle und ihrer Anwendung auf die Analyse von ökonomischen Veränderungen und wirtschaftspolitischen Entscheidungen‘ verliehen wurde. Das Nobelpreiskomitee fügte hinzu, dass ‚nur wenige Forscher auf diesem empirischen Gebiet der Volkswirtschaftslehre derart viele Nachahmer und einen ähnlich großen Einfluss hat- ten wie Lawrence Klein.‘ 7. Diese Studie schließt an die im Oktober 2013 vorgelegte Vorläuferstudie The Challenge to Germany’s Global Competitiveness in a New Energy World an. Die vorliegende Analyse betrachtet einen längeren Zeitraum (bis 2040) und analysiert das Potenzial der Schiefergasvorkommen in Deutschland und Europa. Außerdem beschreiben wir die im Originalbericht quantifizierten Auswirkungen im Detail und vergleichen die Auswirkungen einer geänderten Politik mit einem Basisszenario. In Kapitel 4 wird dieses Szenario detailliert dargestellt. Es beschreibt die derzeitige Energiepolitik und die entsprechenden Maßnahmen in Deutschland. © 2014 IHS 11 März 2014
Energiewende im globalen Kontext: Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit IHS | unter neuen Rahmenbedingungen an den Energiemärkten 1. Veränderte Rahmenbedingungen an den globalen Energiemärkten stellen die inter- nationale Wettbewerbsfähigkeit Deutsch- lands auf den Prüfstand Wesentliche Ergebnisse • Die Energiewende ist von ihrem Ziel einer wettbewerbsfähigen und CO2-armen Energieversorgung abgekommen. • Die Energiepreisdifferenz insbesondere zu den Vereinigten Staaten wird größer aufgrund von steigenden deutschen Strompreisen und fallenden amerikanischen Gaspreisen. Mehr als zehn Jahre seit Beginn der transformativen Energiewende in Deutschland ist die zukünftige wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit des Landes in Gefahr. Die Energiewende sollte einen wettbewerbs- fähigen Übergang zu einer CO2-ärmeren Wirtschaft hervorbringen. Das Energiekonzept 2010, welches die deutsche Energiestrategie bis 2050 beschreibt, hob die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit als eine der Hauptaufgaben der deutschen Energiepolitik hervor: „Deutschland soll in Zukunft bei wettbewerbsfähi- gen Energiepreisen und hohem Wohlstandsniveau eine der energieeffizientesten und umweltschonendsten Volkswirtschaften der Welt werden.“8 Allerdings sind die deutschen Strompreise, die im internationalen Vergleich bereits hoch waren, schneller gestiegen als die Preise in den wichtigsten Konkurrenzmärkten. Die Internationale Energieagentur (IEA) hat festgestellt, dass die deutschen Industriestrompreise im Zeitraum 2007-2013 um fast 50 Euro / MWh, d. h. um ca. 60 %, gestiegen sind (wie in Abb. 1.1 dargestellt). Im selben Zeitraum stiegen die Preise in den Vereinigten Staaten um weniger als 4 Euro / MWh (8 %) und die Preise in China um 7 Euro / MWh (9 %).9 Die Industriestrompreise in Deutschland bewegen sich auch am oberen Rand der europäischen Preise. Die jüngste Analyse der Europäischen Kommission zeigt, dass von den größten europäischen Volkswirtschaften nur Italien höhere Industriestrompreise hat.10 Gleichzeitig haben sich die globalen Rahmenbedingungen der Energiemärkte geändert. Das ursprüngliche Konzept der Energiewende basierte auf der Annahme, dass die Kosten für Öl und Gas weiter steigen würden. Der revolutionäre Umbruch durch unkonventionelle Energiequellen auf Basis von Schiefergas und Erdöl aus dichten Gesteinen („tight oil“) in den Vereinigten Staaten führte jedoch dazu, dass die Erdgaspreise dort auf weniger als ein Drittel der in Europa geltenden Preise sanken (siehe Abb. 1.2). Dementsprechend verlagern Industrieunternehmen Investitionen in die Vereinigten Staaten, wo kostengünstige heimi- sche Energieressourcen dem produzierenden Gewerbe zu einem beträchtlichen Aufschwung verholfen haben. Investitionen in Höhe von rund 90 Mrd. Euro in die amerikanische Industrie sind derzeit geplant, die sowohl von amerikanischen als auch von ausländischen Unternehmen (darunter auch europäischen) angekündigt wurden und die den Weg für ein stärkeres wirtschaftliches Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen in den USA in den nächsten Jahren ebnen.11 8. BMWi, BMU (2011), Energiekonzept für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung, S. 3 http://www.bmub.bund.de/fileadmin/bmu- import/files/pdfs/allgemein/application/pdf/energiekonzept_bundesregierung.pdf. 9. Die IEA-Daten werden für den internationalen Vergleich der Industriestrompreise verwendet, da es sich hierbei um die einzige länderübergreifende Quelle für Verbraucherpreise handelt. Für 2012 und 2013 hat IHS die Industriepreise auf der Basis nationaler Quellen geschätzt. 10. Europäische Kommission (2014c), Energy prices and costs in Europe, http://ec.europa.eu/energy/doc/2030/20140122_communication_energy_prices.pdf. 11. IHS (2013), America’s New Energy Future: The Unconventional Oil and Gas Revolution and the US Economy; Vol 3: A Manufacturing Renaissance, http://www.ihs.com/ info/ecc/a/americas-new-energy-future-report-vol-3.aspx. © 2014 IHS 13 März 2014
Energiewende im globalen Kontext: Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit IHS | unter neuen Rahmenbedingungen an den Energiemärkten ABBILDUNG 1.1 ABBILDUNG 1.2 Industriestrompreise nach Ländern Industriestrompreise nach Ländern 140 140 120 120 100 100 80 80 € / MWh € / MWh 60 60 40 40 20 20 0 0 2007 2008 2009 2010 2011 2012* 2013* 2007 2008 2009 2010 2011 2012* 2013* Deutschland Frankreich Deutschland Frankreich China (Guangdong) Vereinigte Staaten China (Guangdong) Vereinigte Staaten Anmerkung: *2012 und 2013 sind IHS-Schätzungen basierend auf nationalen Quellen. Anmerkung: *2012 und 2013 sind IHS-Schätzungen basierend auf nationalen Quellen. Quelle: International Energy Agency (IEA), IHS Energy © 2014 IHS Quelle: International Energy Agency (IEA), IHS Energy © 2014 IHS Dieser Wettbewerbsvorteil der TABELLE 1.1 USA ist in Europa zunehmend Exportanteile der 10 größten Volkswirtschaften, 2013 Anlass für Besorgnis und veran- BIP (Mrd. €, zu Verhältnis lasst europäische Unternehmen Länder 2013 Preisen) Exporte zum BIP dazu, Investitionen von Europa in die Vereinigten Deutschland 2.740 51% Staaten zu verlagern. Die Vereinigtes Königreich 1.909 31% Energiepreisdifferenz ist hier- Italien 1.559 30% bei besonders für Deutschland Frankreich 2.064 27% ein Problem, weil die deut- Russische Föderation 1.602 27% sche Exportquote 50 % des China 6.985 26% Bruttoinlandsprodukts über- Indien 1.430 25% steigt und damit wesentlich Japan 3.760 16% höher als in anderen großen Vereinigte Staaten 12.644 13% Volkswirtschaften ist (siehe Tabelle 1.1). Brasilien 1.682 13% Quelle: IHS Economics Eine Steigerung der Stromsystemkosten findet zeitgleich mit einer Steigerung der deutschen CO2-Emissionen statt. Drei Faktoren haben zu wachsenden Emissionen geführt: 1. Der schrittweise Ausstieg aus der Kernenergie. Mit dem Beginn des Ausstiegs aus der Kernenergie hat Deutschland eine wesentliche CO2-freie Stromerzeugungsquelle verloren. 2. Verstärkte Nutzung von Kohle. Niedrige Kohlepreise und hohe Gaspreise in den vergangenen zwei Jahren haben eine Bevorzugung von Kohlekraftwerken zur Stromversorgung bewirkt. 3. Steigender Strombedarf. Der Strombedarf ging während der Rezession 2008/2009 zwar zurück, hat sich aber seitdem wieder erholt. Es wird beträchtliche Anstrengungen in allen Bereichen der Wirtschaft erfordern, um das für 2020 gesteckte Ziel zu erreichen, den Strombedarf um 10 % gegenüber dem Niveau von 2008 zu senken. März 2014 14 © 2014 IHS
Energiewende im globalen Kontext: Sicherung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit IHS | unter neuen Rahmenbedingungen an den Energiemärkten Die steigenden Emissionen in Deutschland stehen in deutlichem Kontrast zu den Vereinigten Staaten, wo dank der Schiefergasrevolution die CO2-Emissionen sinken konnten, während die Strompreise stabil blie- ben und die Wirtschaft gewachsen ist.12 1.1 Energiewende: weit oben auf der politischen Tagesordnung Die Energiewende in ihrer derzeitigen Form ist nicht nachhaltig. Die Energiepolitik und insbeson- dere die Reform des EEG haben heute auf der politischen Tagesordnung Deutschlands oberste Priorität. Das Energiekonzept 2010 machte deutlich, dass die erneuerbaren Energien einen wichtigen Beitrag zur Diversifizierung der Stromversorgung in Deutschland leisten sollten, dass aber auch die Kosteneffizienz zu berücksichtigen ist. Nach der Entscheidung über den Ausstieg aus der Kernenergie geriet das Ziel der Kosteneffizienz etwas in den Hintergrund. Doch die am 21. Januar 2014 von der Bundesregierung vorge- stellten EEG-Reformvorschläge fokussieren wieder stärker auf die Kostenfrage. Der Vorschlag vom Januar 2014 folgt im Großen und Ganzen dem Plan für die EEG-Reform, der in der Koalitionsvereinbarung vom Dezember 2013 beschrieben wurde. Das Ziel ist eine effizientere Strategie zur Förderung der erneuerbaren Energien und die bessere Integration der erneuerbaren Energien in den Strommarkt. Die Vorschläge versuchen daher, ausgereifte erneuerbare Energien in Deutschland stärker der Marktdynamik zu unterwerfen, indem die Stromerzeuger aufgefordert werden, den produzierten Strom an der Strombörse zu verkaufen. Die Vorschläge sehen auch vor, den derzeitigen Mechanismus des Stromeinspeisetarifs bis 2017 schrittweise durch eine Marktprämie für alle Stromerzeuger von mehr als 100 Kilowatt (kW) zu ersetzen. Zusätzlich werden verschiedene Boni abgeschafft und die Vergütung für Windenergie an Land angepasst. Die Vorschläge streben auch einen effizienteren Preisfindungsmechanismus durch Ausschreibungsverfahren an, um die Förderungssätze der einzelnen Technologien festzusetzen. Im Rahmen der EEG-Reformvorschläge überprüft die Regierung auch die Umlage der EEG-Kosten, um die Strompreise für den Endverbraucher zu senken. In diesem Rahmen ist auch vorgesehen, die Stromproduktion zum Eigenverbrauch, die bisher ganz von der EEG-Umlage nach Paragraph 37 des EEG befreit war, an den Kosten des EEG zu beteiligen. Am 18. Dezember 2013 leitete die Europäische Kommission offiziell eine Untersuchung zur EEG-Umlage und den besonderen Ausgleichsregelungen für energieinten- sive Industrieunternehmen auf Basis der EU-Beihilferegeln ein. Anfang Januar betonte der Minister für Energie und Wirtschaft, Sigmar Gabriel: „Wir müssen in Deutschland dafür sorgen, dass die energieinten- siven Unternehmen nicht durch das EEG-Gesetz belastet werden.“ Er fügte hinzu: „Alles andere würde zu einer Deindustrialisierung Deutschlands führen. Das ist keine Übertreibung. Europa kann nicht daran interessiert sein, der deutschen Industrie zu schaden.“13 Die EEG-Reformvorschläge wurden weitgehend zeitgleich mit dem Paket zur Energie- und Klimapolitik 2030 der Europäischen Kommission veröffentlicht. Dieses Paket konzentriert sich auf die Senkung der CO2-Emissionen und hat dabei das alleinige, EU-weit verbindliche Ziel, die Treibhausgase gegenüber dem Niveau von 1990 um 40 % zu reduzieren. Ebenso wird ein Anteil von 27 % erneuerbarer Energien im Gesamtenergieverbrauch angestrebt, doch im Gegensatz zu dem Ziel für 2020 keine Unterteilung in natio- nale Einzelziele vorgesehen. In ihrem derzeitigen Format verlagern die EU-Vorschläge den Schwerpunkt der EU Politik. Statt dem bisherigen Fokus auf erneuerbare Energien und starke Beteiligung der Mitgliedstaaten geht es nun vor allem um die CO2-Reduzierung in einem integrierten europäischen Markt. 12. EIA (2013), U.S. Energy-Related Carbon Dioxide Emissions, 2012, http://www.eia.gov/environment/emissions/carbon/. 13. EurActiv (2014), Expensive renewable energy is threat to industry: German minister, http://www.euractiv.com/energy/expensive-renewable-energy-threa- news-532637. © 2014 IHS 15 März 2014
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