Für eine vielfältige Familienpastoral - Eine gemeinsame Grundhaltung im Bistum Basel
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Für eine vielfältige Familienpastoral Eine gemeinsame Grundhaltung im Bistum Basel Ausrichtung der für die Besonderheit jeder einzelnen Fa- milie. Die stete Veränderung zu akzeptie- ren, sie als Potenzial zu entdecken und in Familienpastoral im diesen (Lebens-)Situationen die Botschaft des nahen und mitgehenden Gottes je Bistum Basel neu zu formulieren und Erfahrungsräume dafür zu öffnen, das wird die grosse Her- ausforderung sein. Dieser pastorale Weg ist im nachsynodalen Schreiben «Amoris Laetitia» (2016) mit dem Dreischritt: Be- Familien spielen in Kirche und Gesell- gleiten – Differenzieren – Integrieren skiz- schaft eine zentrale Rolle. Die Form der ziert und wird für die Familienpastoral im traditionellen Familienstruktur – verheira- Bistum Basel entfaltet. tete Eltern mit eigenen Kindern – hat sich in der Gesellschaft in den letzten Jahren Eine Arbeitsgruppe von Seelsorgern und stark verändert. Heute leben Menschen Seelsorgerinnen des Bistums Basel hat in unterschiedlichen Beziehungs- und Fa- sich mit der Neuausrichtung der Famili- milienkonstellationen. Der Begriff «Fami- enpastoral auseinandergesetzt und die- lie» umfasst auch geschiedene, gleichge- ses Haltungspapier 1 erarbeitet mit dem schlechtliche und unverheiratete Paare mit Ziel, die Familienarbeit im Bistum Basel Kindern, Einelternfamilien, Patchworkfami- zu stärken. Es versteht sich als Anregung, lien, Mehrgenerationenfamilien und Re- die Begleitung und Unterstützung von genbogenfamilien. Ebenso ist das Zusam- Familien aktiver und bewusster als be- menleben mehrerer Konfessionen, Religi- ziehungsorientierte Familienseelsorge zu onen und Kulturen innerhalb einer Familie entwickeln und zu gestalten – aus dem selbstverständlicher geworden. Diese ver eigenen Getragensein von der Hoff änderten Familienstrukturen erleben nung des Evangeliums. viele Menschen als Glück und als Gewinn an Freiheit. Sie können aber auch zu einer Solothurn, im November 2020 Mehr- und/oder Doppelbelastung von Familien führen; Alleinerziehende sowie Migrationsfamilien geraten überdurch- schnittlich oft in die Armutsfalle . Das stellt die traditionelle Familienpastoral vor neue Anforderungen und erfordert 1 Das Dokument fokussiert auf Haltungen, die von Seelsorgerinnen und Seelsorgern und Seelsorgerinnen und Seelsorger in der Famili- allen, die sich in der Familienpastoral en- enpastoral einnehmen. Es ist nicht als Hand- gagieren, eine Reflexion ihrer pastoralen lungsanweisung zu verstehen, sondern als An- Arbeit. Eine hohe Sensibilität in der Wahr- regung. Es werden deshalb auch keine direkt nehmung ist gefordert – für die sich stets operativen Fragen wie z. B. Religionsunterricht ändernden Familiensituationen wie auch oder Sakramentenvorbereitung thematisiert.
Gemeinsam nach Gottes Spuren Perspektiven der Familienpastoral suchen – mystagogische Grund haltung Familienpastoral wird vor allem als Pers- pektive verstanden, aus welcher heraus Leitend für die Familienpastoral und für die alltägliche Seelsorge wahrgenommen das familienpastorale Handeln im Bistum wird. Als Querschnittsthema umfasst Basel ist eine mystagogische Grund Familienpastoral sämtliche pastoralen haltung. Es geht darum, gemeinsam mit Bereiche. Sie wird ganzheitlich verstan- Familien nach Gottes Spuren zu suchen den: Die Begleitung von einzelnen Fa- und sie im Alltag zu entdecken. So wird milienmitgliedern erfolgt stets mit Blick Familienpastoral zu einer Entdeckungs- auf das gesamte Familiensystem. Kinder, pastoral, die achtsam und herausfor- Jugendliche und Erwachsene werden dernd zugleich zum Geheimnis und zur zusammen mit ihren Angehörigen auf Gegenwart Gottes hinführt. Die Seelsor- ihrem Glaubensweg begleitet. Deshalb gerinnen und Seelsorger werden dabei geraten Verknüpfungen mit anderen von der Überzeugung geleitet, dass Gott pastoralen Feldern vermehrt in den Blick in jedem Menschen von Anfang an da ist. und stellen eine Herausforderung für alle Die Zusage des gegenwärtigen und mit- in der Seelsorge Tätigen dar. gehenden Gottes (z. B. Ex 3,14; Jes 43,2; Joh 15,16) ist die Grundhaltung in der Entsprechend der unterschiedlichen pas- Familienpastoral. Diese Zusage Gottes toralen Realitäten vor Ort gestalten Pfar- ermöglicht Menschen, sich weiterzuent- reien, Pastoralräume und anderssprachi- wickeln und befreit sie zu einem Leben in ge Gemeinschaften ihre Familienpastoral Fülle mit anderen und für andere. bedürfnisorientiert und zielgruppenspe- zifisch und verankern sie konzeptionell und strukturell. Die folgenden Ausfüh- rungen verstehen sich als Schlaglichter, die dabei Orientierung bieten wollen. Sie umschreiben in Kurzform verschiedene Haltungen, mit denen Seelsorgerinnen und Seelsorger familienpastoral denken, planen und wirken.
Beziehungen gestalten sorgerinnen und Seelsorger Zeichen des Willkommens, und sie gehen proaktiv auf Beziehungen stehen im Zentrum, wenn Familien und ihr Umfeld zu. Sie nehmen Menschen Familien gründen, pflegen, sich Zeit für Begegnungen und Gespräche. aufrechterhalten, weiterentwickeln. Auch Sie verstehen es, auch auf unkonventio- wenn Familien (teilweise) zerbrechen, blei- nelle Bedürfnisse von Familien einzuge- ben Beziehungen – und ändern sich. Auch hen. Ihr Ziel ist es, auch mit jenen Famili- Religion ist nur als Beziehungsgeschehen en in Dialog zu treten, die kaum oder nur denkbar. Die christliche Kirche lebt aus der schwer Zugang zur Kirche finden, gängi- Beziehung zum Göttlichen, die in Jesus gen kirchlichen Kommunikations- und Christus beispielhaft und bleibend zum Sozialformen kritisch gegenüberstehen Ausdruck gebracht wird. Familien sind mit und/oder ihre Religiosität auch ausser- ihren Beziehungserfahrungen sensibilisiert halb der kirchlichen Institution leben. für Erfahrungen des Göttlichen. Ihre Kennt- Seelsorgerinnen und Seelsorger selber nis von Beziehungsgestaltung macht sie sind mit ihrer Herkunft, ihrer Verwurze- zu Kundigen auch für die Wahrnehmung lung, ihrer religiösen und institutionellen und Gestaltung religiöser Erfahrungsräu- Einbindung Teil dieses dialogischen Ge- me. In der Familienpastoral setzen Seel- schehens. Vielfalt wertschätzen tet. Unterschiede werden geschätzt und genutzt. Insbesondere anderssprachige Die kulturelle und religiöse Vielfalt wird in Gemeinschaften, Migrantinnen und Mig- der Familienpastoral des Bistums Basel als ranten sowie Geflüchtete werden aktiv(er) Bereicherung und Quelle von Inspiration einbezogen. Mit ihren migrationsbeding- wahrgenommen. Das Tätigkeitsfeld der ten Erfahrungen und mit ihrer spezifischen familienpastoralen Praxis wird deshalb Glaubenserfahrung und -praxis bereichern umfassender definiert. Die Seelsorge wird sie die Familienpastoral. Kulturelle Vielfalt zielgruppenspezifisch, diversitäts- und mi- wird in der Familienpastoral dauerhaft be- grationssensibel ausgerichtet und gestal- rücksichtigt. Ambivalenzen aushalten und Geschlechtsstereotypen kritisch aus- einander. Familiäre Konstellationen wer- Ambivalenzerfahrungen sind herausfor- den aus verschiedenen Blickwinkeln her- dernd und für Seelsorgerinnen und Seel- aus betrachtet. Das Nebeneinander von sorger nicht einfach auszuhalten. Doch gegensätzlichen Gefühlen, Gedanken, Be- die Familienpastoral im Bistum Basel urteilungen und inneren Spannungen soll richtet sich entlang der Bedürfnisse der als positive Herausforderung angenom- unterschiedlichen Familienrealitäten aus men werden und zu einem konstruktiven und versucht, verschiedene Widersprü- Dialog anregen. Dass es bei allen Betei- che in die kirchliche Arbeit zu integrie- ligten Grenzen gibt, gilt es ebenso zu ak- ren. Sie setzt sich mit Geschlechterrollen zeptieren und zu beachten.
Diakonie leben chigen Gemeinschaft Unterstützungen auch jenseits der professionellen sozialen Der Familienalltag kann aus unterschied- Hilfe aufbaut und anbietet. Selbsthilfe- lichen Gründen belastend sein. Familien- gruppen, Patenschaften und andere spe- pastoral im Bistum Basel begleitet Fami- zifische Angebote stützen belastete Fa- lien auch in schwierigen Lebenssituationen, milien. Das Miteinander von belasteten situationsbezogen, adressatengerecht und und weniger belasteten Familien schafft effizient. Das kann auch materielle Hilfen Freiräume und lässt zugleich etwas auf- mit einschliessen. Deshalb wird in der Fa- scheinen von der Vision der neuen Welt milienpastoral nach Kooperationen ge- Gottes. So wird insbesondere durch die sucht, um eine hohe Professionalität und diakonische Dimension deutlich, dass sich Effizienz der Hilfe zu gewährleisten. Familienpastoral am Evangelium orientiert Diakonisch ist Familienpastoral darüber und grössere soziale und ökologische Ge- hinaus, wenn sie innerhalb der Pfarrei, rechtigkeit anstrebt. des Pastoralraums oder der andersspra- Mystagogische für sich und ihre Lebensgestaltung ge- sehen. Eine beziehungsorientierte und Erfahrungen differenzierte Glaubenskommunikation eröffnet ihnen neue Zugänge zu kraft- ermöglichen vollen Ressourcen. Gleichzeitig schaffen Seelsorgerinnen und Seelsorger Räume, Seelsorgerinnen und Seelsorger entwi- um explizit über Gott zu reden. In einer ckeln und gestalten auf spirituell-religi- sich rasant verändernden Gesellschaft öser Ebene zusammen mit Familien ein- ermöglichen sie so einen Austausch da- fache Rituale, nicht nur als Möglichkeit rüber, was Glaube bedeutet und wie er und Hilfe für einen gelasseneren und unter den heutigen Bedingungen gelebt achtsameren Familienalltag, sondern ins- werden kann. Sie verdeutlichen mit die- besondere als Möglichkeit, aufmerksam ser Haltung, dass sie Familien und Paare und empfänglich für Erfahrungen des im Auftrag der Kirche begleiten. In die- Göttlichen mitten im Leben zu werden. ser Begleitung eröffnen sie so (neue) Zu- Kinder, Jugendliche und Erwachsene wer- gänge auch zu den sakramentalen Voll- den dabei als Experten und Expertinnen zügen der Kirche.
Kirchliche Gemein- nung und Auseinandersetzung mit Er- fahrungen anderer öffnet und führt wei- schaften bilden ter. Dazu gehören auch die Erfahrungen und Einsichten von Menschen, die vor In der experimentierfreudigen und fehler- uns gelebt haben und die uns davon er- freundlichen Praxis der Familienpastoral zählen in den Glaubenserfahrungen der wird signalisiert, dass eine grosse Vielfalt biblischen Geschichten. Sich diesen Erfah- familiärer Realitäten ernstgenommen wird. rungen zu öffnen, sie in das eigene Leben Dieser Respekt vor unterschiedlichen Le- zu übersetzen und sie mit anderen neu zu bensentwürfen eröffnet einen Raum, in leben, bildet Gemeinschaft, die aus mehr dem Familien ihre Erfahrungen teilen und lebt als aus sich selber. Gerade so spielt gemeinschaftlich verarbeiten können. Da- die kirchliche Gemeinschaft eine wichtige bei wird Religion als Ressource erkannt. Rolle als Deutungsinstanz, Schutzraum, Denn nicht nur die eigenen Erfahrungen Ort von Empowerment, Beheimatung und sind eine Ressource. Gerade die Begeg- als Lernort für Paare und Familien. Familienpastoral von Seelsorgerinnen und Seelsorgern, die in der Familienpastoral tätig sind, wird konzeptionell gefördert. Ebenso wird Familienpastoral als wichtiges Thema in die Weiterbildung und strukturell aufgenommen. Um eine beziehungsori- entierte Familienpastoral in Pfarreien, verankern Pastoralräumen und anderssprachigen Gemeinschaften umzusetzen, braucht es Familienpastoral ist ein Querschnittsthe- entsprechende Räume und eine Infra- ma, das für die gesamte kirchliche Seel- struktur, welche bedürfnisgerecht und sorge von grosser Bedeutung ist. Daher flexibel eingerichtet und gestaltet wer- wird bei der Planung und Gestaltung der den können. Die kirchliche Infrastruktur Gesamtpastoral die familienpastorale ermöglicht ein bewusstes Nebeneinander Perspektive immer mitbedacht und inte- und Miteinander verschiedener Genera- griert. Damit diese Perspektive wirksam tionen sowie Begegnungen. Geeignete werden kann, muss die Familienpastoral Räume für Spiritualität werden einladend auch strukturell verankert werden. In zur Verfügung gestellt. Eine weitreichen- grösseren Pastoralräumen ist es sinnvoll, de Partizipation bei der Konzeption und eine/n Strategieverantwortliche/n für Fa- Gestaltung hilft, die kirchlichen Räume milienpastoral einzusetzen. Der Austausch auch zu nutzen und zu «bewohnen».
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