GDD-Praxishilfe Das neue Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG) im Überblick
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Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit e.V. GDD-Praxishilfe Das neue Telekommunikation-Telemedien- Datenschutz-Gesetz (TTDSG) im Überblick
INHALT 1. Hintergrund der Neuregelung............................................................................................................................. 3 2. Von der Gesetzesänderung betroffene Stellen............................................................................................. 3 3. Wesentliche Neuerungen durch das TTDSG.................................................................................................. 4 3.1. Bestimmungen zum Datenschutz und zum Schutz der Privatsphäre in der Telekommunikation (Teil 2 des TTDSG – §§ 3 bis 18)...................................................................... 4 3.2. Regelung zum digitalen Erbe................................................................................................................... 4 3.3. Cookies & Co................................................................................................................................................... 4 3.4. Anerkannte Dienste zur Einwilligungsverwaltung........................................................................... 6 4. Konsequenzen für die Praxis................................................................................................................................ 6 4.1. Geltung des TTDSG auch für „OTT-Dienste“....................................................................................... 6 4.2. Geltung des Fernmeldegeheimnisses für Arbeitgeber, welche die private Nutzung von dienstlichen Kommunikationsmitteln gestatten?.................................. 6 4.3. Cookies & Co................................................................................................................................................... 8 4.4. Bußgelder........................................................................................................................................................ 9 5. Zeitrahmen................................................................................................................................................................. 9
1. Hintergrund der Neure- 2. Von der Gesetzesänderung gelung betroffene Stellen Ziel der Neuregelung ist die erforderliche Das TTDSG enthält „besondere Vorschriften zum Anpassung der Datenschutzbestimmungen des Schutz personenbezogener Daten bei der Nut- Telekommunikationsgesetzes (TKG) und des zung von Telekommunikationsdiensten und Tele- Telemediengesetzes (TMG) an die Datenschutz- medien“, vgl. § 1 Nr. 2 TTDSG. Grundverordnung (DS-GVO) sowie die – bereits Anbieter von Telemedien ist nach § 2 Abs. 2 lange ausstehende – Umsetzung der ePrivacy- Nr. 1 TTDSG jede natürliche oder juristische Per- Richtlinie (RiLi 2002/58/EG in der durch die RiLi son, die eigene oder fremde Telemedien erbringt, 2009/136/EG geänderten Fassung). Zugleich soll an der Erbringung mitwirkt oder den Zugang zur mit der Gesetzesänderung die Rechtsunsicherheit Nutzung von eigenen oder fremden Telemedien beseitigt werden, die durch das bisherige Neben- vermittelt. Telemedien sind nach § 1 Abs. 1 S. 1 einander von DS-GVO, TMG und TKG entstand. TMG alle elektronischen Informations- und Kom- Die Datenschutzbestimmungen von TKG und munikationsdienste, soweit sie nicht Telekommu- TMG werden hierzu in einem Gesetz zusammen- nikationsdienste, telekommunikationsgestützte gefasst.1 Dienste oder Rundfunk sind (Telemedien). Parallel zur Schaffung des TTDSG hat der Bun- desgesetzgeber das TKG modernisiert. Verbrau- Beispiele für Telemediendienste sind u.a.: cher und Unternehmen nutzen zunehmend neue Internetdienste, die eine interpersonelle Kommu- >> Online-Angebote von Waren/Dienstleistun- nikation ermöglichen, z.B. Voice-over-IP (VoIP-)Te- gen mit unmittelbarer Bestellmöglichkeit lefonie, Sofortnachrichtenübermittlung (Instant- (z.B. Angebot von Verkehrs-, Wetter-, oder Messaging) und webgestützte E-Mail-Dienste. Auf Börsendaten, elektronische Presse, Fernseh-/ diese war das Telekommunikationsrecht jedoch Radiotext, Teleshopping), bislang nicht anwendbar. So entschied der EuGH >> Video on Demand, 20192 im Verfahren zu Googles E-Mail-Dienst >> Internetsuchmaschinen, „Gmail“, dass dieser kein Telekommunikations- >> Werbemails, aber auch bereits dienst im Sinne des TKG ist. Mit der Novellierung >> „einfache“ Homepages zur Information über des TKG und dem TTDSG werden die bestehen- ein Unternehmen bzw. eine öffentliche Stelle. den Schutzlücken geschlossen und der europäi- sche Kodex für die elektronische Kommunikation Für die Beantwortung der Frage, was ein Telekom- umgesetzt (RL (EU) 2018/1972) 3. munikationsanbieter ist, verweist das TTDSG in § 2 Abs. 1 auf das zeitgleich novellierte Telekommu- nikationsrecht. Orientiert am europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation erfasst das 1 Zum Hintergrund Schwartmann/Benedikt/Reif, Datenschutz bei Websites – aktuelle Rechtslage und Ausblick auf das TTDSG, RDV 2020, 231 ff.; dies., Entwurf zum TTDSG: Für einen zeitgemäßen Datenschutz?, MMR 2021, 99 ff. 2 Urteil vom 13.06.2019 – C-193/18. 3 Abrufbar unter https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ TXT/PDF/?uri=CELEX:32018L1972 (zuletzt abgerufen am 07.06.2021). GDD-Praxishilfe: Das neue TTDSG im Überblick Stand: Juni 2021 3
novellierte TKG neben sog. nummerngebunde- nen interpersonellen Telekommunikationsdiens- Die §§ 3 bis 18 TTDSG enthalten im Schwer- ten nunmehr auch sog. nummernunabhängige punkt keine neuen materiellen Regelungen, interpersonelle Kommunikationsdienste (vgl. sondern stellen im Wesentlichen eine Über- § 3 TKG neu). Damit stellen nunmehr auch sog. führung der bislang in §§ 88 ff. TKG enthal- „Over-the-top-(OTT)“-Kommunikationsdienste, tenen Vorschriften und deren Anpassung etwa webgestützte E-Mail-Dienste oder Messen- an die DS-GVO dar. Die wesentliche Neue- ger wie WhatsApp oder Threema, Telekommuni- rung besteht primär darin, dass der Anwen- kationsdienste dar. dungsbereich des speziellen Telekommuni- kationsdatenschutzes erweitert wird, indem sog. „Over-the-Top-(OTT)“-Kommunikati- „Over-the-top“-Dienste sind Dienste, die onsdienste einbezogen werden. Zum Begriff über eine Internetverbindung angeboten der OTT-Kommunikationsdienste vgl. unter 2. werden, ohne dass die Internetanbieter Der Kreis der Anbieter, welche die – im Ver- selbst Einfluss auf den Dienst oder Kontrol- gleich zur DS-GVO strengeren Vorgaben – le hätten. OTT-Dienste sind also entkoppelt des Telekommunikationsdatenschutzes zu von den Infrastrukturanbietern. beachten haben, hat sich hierdurch deut- lich erweitert. Nicht neu ist hingegen, dass der Schutz Nicht unter die telekommunikationsrechtliche Re- des Fernmeldegeheimnisses und die spe- gulierung fallen weiterhin reine Inhalteanbieter, ziellen Datenschutzregeln im Bereich der etwa Nachrichtenportale. Telekommunikation auch juristische Perso- nen schützen. 3. Wesentliche Neuerungen durch das TTDSG 3.2. Regelung zum digitalen Erbe 3.1. Bestimmungen zum Datenschutz § 4 TTDSG enthält eine neue Regelung für Erben und zum Schutz der Privatsphäre eines Endnutzers. Mit dieser stellt der Gesetzge- in der Telekommunikation (Teil 2 ber klar, dass das Fernmeldegeheimnis nicht ent- des TTDSG – §§ 3 bis 18) gegensteht, wenn Erben eines Endnutzers Rechte gegenüber einem Anbieter von Telekommunika- Teil 2 (§§ 3 bis 18) des TTDSG enthält die Bestim- tionsdiensten geltend machen. mungen zum Datenschutz und zum Schutz der Pri- vatsphäre in der Telekommunikation, insbesonde- 3.3. Cookies & Co. re Bestimmungen zum Fernmeldegeheimnis, zur Verarbeitung von Verkehrs- und Standortdaten, Im Hinblick auf den Schutz der Privatsphäre bei zur Rufnummernanzeige und -unterdrückung so- der Speicherung von Informationen in der End- wie zu Endnutzerverzeichnissen. einrichtung des Endnutzers oder beim Zugriff auf Informationen, die bereits in der Endeinrich- tung gespeichert sind, wurde – eng am Wortlaut der Vorgaben der ePrivacy-Richtlinie orientiert – GDD-Praxishilfe: Das neue TTDSG im Überblick Stand: Juni 2021 4
ein explizites Einwilligungserfordernis geschaffen Letzterem erfassen die Webserver unterschiedli- (§ 25 TTDSG). che Merkmale der Browser der Besucher und er- mitteln auf dieser Basis jeweils einen individuellen Eine Einwilligung ist nach § 25 Abs. 2 TTDSG ledig- digitalen Fingerabdruck, mittels dessen die Nutzer lich in zwei Ausnahmen nicht erforderlich: – bzw. genauer: ihre Browser – später wiederer- kannt werden können. Auch die Nachverfolgung >> wenn der alleinige Zweck der Speicherung über Werbe-IDs, MAC-Adressen, IMEI-Nummern von Informationen in der Endeinrichtung wird von § 25 TTDSG erfasst. oder der alleinige Zweck des Zugriffs auf be- Vom Anwendungsbereich des § 25 TTDSG reits in der Endeinrichtung gespeicherte In- erfasst sind auch die Vielzahl von Gegenständen formationen die Durchführung der Übertra- im Internet, die inzwischen – sei es direkt oder gung einer Nachricht über ein öffentliches über einen WLAN-Router – an das öffentliche Kom- Telekommunikationsnetz ist oder munikationsnetz angeschlossen sind, etwa im Be- >> wenn die Speicherung von Informationen reich von Smarthome-Anwendungen (z.B. Küchen- oder der Zugriff auf bereits gespeicherte geräte, Heizkörperthermostate, Alarmsysteme). Informationen unbedingt erforderlich ist, damit der Anbieter eines Telemediendiens- Im Hinblick auf Cookies & Co. bedarf es einer zwei- tes einen vom Nutzer ausdrücklich ge- stufigen Prüfung: 4 wünschten Telemediendienst zur Verfü- gung stellen kann. 1) Zugriff auf die Endeinrichtung: § 25 TTDSG hat einen weiten Anwendungs- Das Verhältnis von § 25 TTDSG zur DS-GVO bereich. Insbesondere gilt die Regelung ist nicht eindeutig. Die Praxisrelevanz des entsprechend den Vorgaben der ePrivacy- exakten Verhältnisses ist allerdings gering. Richtlinie unabhängig davon, ob bei dem Werden im Zug des Zugriffs auf die End- Zugriff auf die Endeinrichtung personenbe- einrichtung personenbezogene Daten ver- zogene Daten anfallen. arbeitet, wird regelmäßig, wenn die Vorga- ben von § 25 Abs. 2 TTDSG eingehalten sind, auch ein Zulässigkeitstatbestand nach Art. 6 Abs. 1 DS-GVO vorliegen.5 Bedarf es nach Die Regelung in § 25 TTDSG ist zudem techno- § 25 TTDSG der Einwilligung, so kann diese logieneutral, erfasst also nicht nur die (noch) die personenbezogene Datenverarbeitung gebräuchlichen Cookies, sondern jegliche Tech- mitabdecken. niken, die ein Speichern und/oder Auslesen von Informationen auf Endeinrichtungen erfordern, z.B. also auch das sog. Browser Fingerprinting. Bei 4 So auch Benedikt, Telekommunikation-Telemedien-Daten- schutz-Gesetz – Endlich Rechtsklarheit beim Tracking? Datenschutz-Berater 2021, S. 76 (79). 5 Vgl. Stellungnahme von Golland zum Regierungsentwurf (S. 4) unter https://t1p.de/h6fx. GDD-Praxishilfe: Das neue TTDSG im Überblick Stand: Juni 2021 5
4. Konsequenzen für die 2) Weiterverarbeitung erhobener Daten: Eindeutig ist, dass sich die nachfolgende Praxis Verwendung von personenbeziehbaren 4.1. Geltung des TTDSG auch für Daten, die durch Schritt 1) erlangt werden, „OTT-Dienste“ sich nach den Anforderungen des Daten- schutzrechts richtet, d.h. insbesondere der DS-GVO.6 Für Anbieter von „OTT-Kommunikations- diensten “ 8 ergeben sich durch das TTDSG erhöhte Anforderungen im Verhältnis zur 3.4. Anerkannte Dienste zur Einwilli- bisherigen Rechtslage, da diese nicht mehr gungsverwaltung nur die Vorgaben des allgemeinen Daten- schutzrechts, sondern die speziellen daten- Mit dem TTDSG wird der Weg für Dienste zur Ein- schutzrechtlichen Vorgaben für Telekom- willigungsverwaltung freigemacht (§ 26 TTDSG). munikationsanbieter zu beachten haben. Idee dahinter ist, dass Internetnutzer einmalig ge- genüber entsprechend anerkannten Diensten an- geben können, ob, wo und unter welchen Voraus- setzungen sie ihre Einwilligung oder Ablehnung Für Personen bzw. Stellen, die solche Dienste in zum Setzen von Cookies geben. Der Dienstean- Anspruch nehmen, erweitert sich demgegenüber bieter leitet die Informationen dann anschließend der Schutz. automatisch im Hintergrund an die Webseiten weiter. So sollen lästige Cookiebanner entbehr- lich werden. Bevor entsprechende Dienste ihre 4.2. Geltung des Fernmeldegeheim- Anerkennung beantragen können, muss die Bun- nisses für Arbeitgeber, welche die desregierung aber zunächst noch in Form einer private Nutzung von dienstlichen Rechtsverordnung das Anerkennungsverfahren Kommunikationsmitteln gestat- und das Zusammenspiel der verschiedenen Be- ten? teiligten (Dienst zur Einwilligungsverwaltung, Telemedienanbieter, Browseranbieter) konkreti- Nach § 3 Abs. 1 TTDSG unterliegen dem Fernmel- sieren.7 degeheimnis der Inhalt der Telekommunikation und ihre näheren Umstände, insbesondere die Tatsache, ob jemand an einem Telekommunika- tionsvorgang beteiligt ist oder war. Das Fernmel- 6 Vgl. Begründung zum Regierungsentwurf BT-DRs. 19/27441, 8 Vgl. zum Begriff unter 2. S. 38. 7 Dazu Schwartmann, „Gesetz zum Datenschutz im Inter- net – Zentraler Dienst für Einwilligungsmanagement soll Cookies entbehrlich machen“ vom 28.05.2021, abrufbar unter https://web.de/magazine/digital/gesetz-datenschutz- internet-zentraler-dienst-einwilligungsmanagement- cookies-entbehrlich-35851476; DataAgenda Podcast Folge 2 mit Rolf Schwartmann und Thomas Jarzombek: „Ein Gesetz gegen das Cookie-Dilemma – Das Telekommu- nikation-Telemedien-Datenschutz-Gesetz (TTDSG)“ vom 07.06.2021, abrufbar unter https://dataagenda.de/folge- 2-ein-gesetz-gegen-das-cookie-dilemma-das-telekommuni kation-telemedien-datenschutz-gesetz-ttdsg/. GDD-Praxishilfe: Das neue TTDSG im Überblick Stand: Juni 2021 6
degeheimnis erstreckt sich auch auf die näheren Referentenentwurf es vorsah, soll insofern durch Umstände erfolgloser Verbindungsversuche. Wer das TTDSG die bestehende Rechtslage beibehal- zur Achtung des Fernmeldegeheimnisses nach ten werden. Abs. 1 verpflichtet ist, regelt § 3 Abs. 2 TTDSG. Fraglich ist allerdings, ob der nationale Gesetz- Neben Anbietern von öffentlich zugänglichen Te- geber überhaupt befugt ist, auch Anbieter von lekommunikationsdiensten (§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 geschäftsmäßig angebotenen Telekommunikati- TTDSG) gehören hierzu auch Anbieter von ganz onsdiensten den speziellen Regelungen des Tele- oder teilweise geschäftsmäßig angebotenen Te- kommunikationsdatenschutzes zu unterwerfen, lekommunikationsdiensten (§ 3 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 denn weder Art. 95 DS-GVO noch die ePrivacy- TTDSG). Richtlinie kennen das Merkmal der Geschäfts- Die Adressaten der übrigen speziellen Da- mäßigkeit. In der Literatur mehren sich insofern tenschutzbestimmungen des Teils 2 des TTDSG Stimmen, welche im weiten Anwendungsbereich werden durch Verweis auf die zur Wahrung des der TKG-Bestimmungen, sofern personenbezoge- Fernmeldegeheimnisses Verpflichteten nach § 3 ne Daten Gegenstand der Verarbeitung sind, eine Abs. 2 S. 1 TTDSG bestimmt. Danach sollen auch überschießende Regelung sehen, die durch die Anbieter von ganz oder teilweise geschäftsmäßig DS-GVO verdrängt wird.12 Nach dieser Auffassung angebotenen Telekommunikationsdiensten zur richtet sich die Datenverarbeitung von Arbeitge- Wahrung der Regelungen zur Verarbeitung von bern, welche die Privatnutzung von Telefon, In- Verkehrsdaten (§ 9 TTDSG), zur Entgeltermittlung ternet und/oder E-Mail gestatten, ausschließlich und -abrechnung (§ 10 TTDSG), zum Einzelverbin- nach der DS-GVO. Zentraler Unterschied insofern dungsnachweis (§ 11 TTDSG) und zur Störungs- ist insbesondere die Möglichkeit, Datenverarbei- und Missbrauchsverhinderung (§ 12 TTDSG) ver- tungen auch auf eine Interessenabwägung (Art. 6 pflichtet sein. Abs. 1 S. 1 lit. f DS-GVO) stützen zu können. Von Geschäftsmäßigkeit ist auszugehen, wenn Auch wenn man der Literaturansicht folgt, soll ein nachhaltiges Angebot für Dritte mit oder ohne nach dieser ein Zugriff auf Kommunikationsinhal- Gewinnerzielungsabsicht vorliegt.9 Im Rahmen te bzw. -umstände durch den Arbeitgeber den- der bisherigen Rechtslage wird auch der Arbeitge- noch prinzipiell nach § 206 Strafgesetzbuch (StGB) ber von der herrschenden Meinung als ein solcher strafbar sein können. Denn § 206 StGB knüpfe geschäftsmäßiger Anbieter eingestuft, sofern die- nicht an die datenschutzrechtlichen Vorschriften ser die private Nutzung der betrieblichen Kom- des TKG, sondern sei eine eigenständige nationa- munikationsmittel erlaubt und diese seinen Mit- le Sanktionsvorschrift.13 Für das Tatbestandsmerk- arbeitern somit nachhaltig für private Zwecke zur mal „unbefugt“ aus § 206 Abs. 1 StGB sei auf die Verfügung stellt.10 Ein entsprechendes Anbieter- Erlaubnisnormen der DS-GVO abzustellen, soweit Nutzer-Verhältnis wird sogar bei bloßer Duldung diese, namentlich bei geschlossenen Nutzergrup- seitens des Arbeitgebers angenommen, sofern pen, anwendbar seien.14 Ob eine derart weitrei- der Arbeitgeber die sich eingebürgerte private chende Interpretation von § 206 StGB noch mit Nutzung durch die Beschäftigten offensichtlich dem strafrechtlichen Analogieverbot vereinbar kennt und über einen längeren Zeitraum ohne ist, erscheint aus GDD-Sicht fraglich. Beanstandungen hinnimmt.11 Anders als noch der 9 Geppert/Schütz/Eckhardt, Beck’scher TKG-Kommentar, 12 Kühling/Sauerborn, CR 2021, 271, 273 f. mit weiteren Nach- 4. Aufl. (2013), TKG § 111 Rn. 10. weisen. 10 Gola, Beschäftigtendatenschutz, 11 Aufl. (2019), Rn. 1290; 13 Koreng/Lachenmann/Bergt, Formularhandbuch Daten- Weth/Herberger/Wächter/Sorge/Baumgartner, Daten- und schutzrecht, 2. Aufl. (2018), C. VII. 2. Persönlichkeitsschutz im Arbeitsverhältnis, 2. Aufl. (2019), 14 Koreng/Lachenmann/Bergt, a.a.O. Teil B. IX. Telefon-, Internet- und E-Mail-Nutzung. 11 Gola, a.a.O., Rn. 1297 ff. GDD-Praxishilfe: Das neue TTDSG im Überblick Stand: Juni 2021 7
gung II“) bereits das geltende nationale Recht mit Welches Datenschutzrecht für die Privatnut- Blick auf Art. 5 Abs. 3 ePrivacy-Richtlinie richtlini- zung betrieblicher Kommunikationsmittel enkonform auszulegen war, ergibt sich insofern gestattende Arbeitgeber gilt, ist umstritten. kein Unterschied zur bisherigen Rechtslage. Aus praktischer Sicht bleibt vor allem von Bedeutung, eine Privatnutzung be- trieblicher Kommunikationsmittel nicht Hinsichtlich der Anforderungen an eine wirk- einfach zu dulden, sondern, wenn eine same Einwilligung in das Setzen bzw. Aus- solche erlaubt werden soll, dies explizit zu lesen von Cookies und damit die Gestaltung tun und zugleich klare „Spielregeln“ und von Cookiebannern15 ergeben sich ebenfalls Kontrollmechanismen aufzustellen, z.B. per keine Änderungen. Maßgeblich für das „Wie“ Betriebs-/Dienstvereinbarung und hierauf der Einwilligung waren nach der angespro- Bezug nehmender Einwilligungen der ein- chenen BGH-Entscheidung die DS-GVO- zelnen Mitarbeiter/innen. Vorgaben. Entsprechendes regelt nun § 25 Abs. 1 S. 2 TTDSG. 4.3. Cookies & Co. Obwohl der Gesetzgeber sich auf die Fahnen geschrieben hatte, mittels des TTDSG für mehr Rechtssicherheit zu sorgen, werden auch durch § 25 TTDSG wichtige Praxisfragen rund um Coo- Soweit der praxisrelevante Einsatz von Coo- kies bzw. vergleichbare Verfahren weiterhin nicht kies bzw. vergleichbaren Techniken betrof- eindeutig beantwortet. fen ist, ergeben sich aus dem TTDSG keine Insbesondere stellt sich die Frage, ob Cookies neuen Anforderungen an die Zulässigkeit zur Websiteoptimierung, sog. First-Party-Analyse- derartiger Verfahren. Cookies, noch als „unbedingt erforderlich“ i.S.v. § 25 Abs. 2 Nr. 2 TTDSG angesehen werden dür- fen. Letzteres dürfte man zumindest für Waren- korb- und Session-Cookies sowie Identifier zum Denn die Regelungen zur Zulässigkeit des Cookie- Vorhalten von Nutzerpräferenzen, wie z.B. Sprach- einsatzes in § 25 TTDSG orientieren sich unmittel- und Bildschirmeinstellungen, oder zur Gewähr- bar an den Vorgaben von Art. 5 Abs. 3 ePrivacy- leistung der technischen Sicherheit und Integrität Richtlinie. Da nach der Rechtsprechung des BGH der Website annehmen können.16 (Urteil vom 28.05.2020 – I ZR 7/16 „Cookie-Einwilli- 15 Vgl. hierzu Schulz, Cookies, Schrems und Co. – Webseiten- gestaltung zwischen rechtlichen Vorgaben und Business- perspektive, RDV 2020, 302; LfD Niedersachsen, Handrei- chung: Datenschutzkonforme Einwilligungen auf Web- seiten – Anforderungen an Consent-Layer, Stand: November 2020, abrufbar unter https://t1p.de/vvvu (zuletzt aufgerufen am 07.06.2021). 16 Schwartmann, Stellungnahme zum TTDSG vom 21.04.2021, abrufbar unter https://www.bundestag.de/resource/blob/ 835914/4a5d3f9ff475dc3df65b45f597abca45/19-9-1043_ Stellungnahme_SV_Schwartmann_oeA_TTDSG_21-04- 2021-data.pdf; Benedikt, Stellungnahme zum TTDSG vom 21.04.2021, abrufbar unter https://www.bundestag.de/ resource/blob/835912/81f489947d942ccf45c409b509f 22768/19-9-1042_Stellungnahme_SVe_Benedikt_VG_ Regensburg_oeA_TTDSG_21-04-2021-data.pdf. GDD-Praxishilfe: Das neue TTDSG im Überblick Stand: Juni 2021 8
4.4. Bußgelder In § 26 TTDSG finden sich Regelungen zu Ord- nungswidrigkeiten, wobei sich die Höhe des Buß- geldrahmens nicht an der DS-GVO, sondern am Bußgeldrahmen des bisherigen TKG orientiert und damit verhältnismäßig gering ist. Anbieter von Telemediendiensten müssen sich aber im Klaren sein, dass ein Verstoß gegen § 26 TTDSG nicht den höheren Bußgeldrah- men der DS-GVO sperrt, sondern die Rege- lungen nebeneinander anwendbar sind. Bei einem Verstoß gegen das Einwilligungserfor- dernis könnte der Anbieter von Telemedien- diensten insofern gleich doppelt zur Kasse gebeten werden.17 5. Zeitrahmen Die Regelungen des TTDSG treten am 1. Dezem- ber 2021 in Kraft. 17 Benedikt, Telekommunikation-Telemedien-Datenschutz- Gesetz – Endlich Rechtsklarheit beim Tracking? Daten- schutz-Berater 2021, S. 76. GDD-Praxishilfe DS-GVO: Videokonferenzen und Datenschutz Stand: Juli 2020 9
Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit e.V. Mitglied werden? Mehr Informationen? https://www.gdd.de/service/mitglied-werden oder eine E-Mail an: info@gdd.de Eine Mitgliedschaft bietet wesentliche Vorteile: >> Mitglieder-Nachrichten mit aktuellen Fachinformationen >> Bezug der Fachzeitschrift RDV (Recht der Datenverarbeitung) >> Beratung bei konkreten Einzelfragen >> Zugriff auf Rechtsprechungs- und Literaturarchiv >> Online-Service „Dataagenda Plus“ (Muster, Checklisten, RDV ONLINE Archiv, Arbeitspapiere etc.) >> Mitarbeit in Erfahrungsaustausch- und Arbeitskreisen >> Teilnahme an den kostenfreien GDD-Informationstagen sowie Vergünstigungen bei Seminaren u.v.m. Schließen Sie sich unseren mehr als 3.800 Mitgliedern an. Eine Mitgliedschaft erhalten Sie schon ab 150,- EUR/Jahr für Privatpersonen und ab 300,- EUR/Jahr für Firmen. Herausgeber: Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherheit (GDD e.V.) Heinrich-Böll-Ring 10 53119 Bonn Tel.: +49 228 969675-00 Fax: +49 228 969675-25 www.gdd.de info@gdd.de Ansprechpartnerin: RAin Yvette Reif, LL.M. Satz: S. Roller, GDD-Geschäftsstelle, Bonn Stand: Version 1.1 (Juni 2021)
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