Gefässchirurgie - Jahrestagung der Deutschen ...

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Gefässchirurgie - Jahrestagung der Deutschen ...
Band 26 · Heft 4 · Juli 2021

Gefässchirurgie
Zeitschrift für vaskuläre und endovaskuläre Medizin

                                                      Die Aorta – von
                                                      verschiedenen
                                                      Seiten betrachtet
                                                      5 Behandlung des AAA in
                                                        Deutschland: Real-World-
                                                        Evidenz, Trends und offene
                                                        Fragen
                                                      5 Versorgungsrealität von
                                                        Aortenerkrankungen in der
                                                        Schweiz
                                                      5 Endovaskuläre Therapie der
                                                        thorakalen Aortenpathologien
                                                        mit Bogenbeteiligung
                                                      5 Sizing und Planning der
                                                        Chimney endovaskulären
                                                        Aneurysmareparatur
                                                      5 Atherosklerose: Verlust des
                                                        S1P-Rezeptors 3 im Menschen

                                                      Therapie von Aorten-
                                                      pathologien mit Beteiligung
                                                      des Aortenbogens

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Inhalt                                                                                        Gefässchirurgie · Band 26 · Heft 4 · Juli 2021

                                                                              Leitthema
249          Einführung zum Thema:                                            Die Aorta – von verschiedenen
             Allograft ist nicht gleich Allograft, und wir sollten
             über Textbausteine nachdenken                                    Seiten betrachtet
             A. Larena-Avellaneda
                                                                              Redaktion: A. Larena-Avellaneda, Hamburg
252          Was Sie schon immer zur Behandlung des
             abdominalen Aortenaneurysmas in Deutschland
             wissen wollten: Real-World-Evidenz, Trends und
                                                                             281     Atherosklerose: Verlust des Sphingosin-1-phosphat-
             offene Fragen
                                                                                     Rezeptors 3 im Menschen
             C.-A. Behrendt · A. Larena-Avellaneda ·
                                                                                     S. Greulich · C. Winter · M. Odinga · S. Ring ·
             T. Kölbel · E. S. Debus · F. Heidemann · A. Kühnl ·
                                                                                     M. Geißen · S. Wipper · W. Keil · E. S. Debus · G. Daum ·
             H.-H. Eckstein · M. Trenner
                                                                                     A. Larena-Avellaneda
261          Versorgungsrealität von Aortenerkrankungen in der
                                                                                     Der interessante Fall
             Schweiz
                                                                             290     Reitender Thrombus im Bereich der Aortenbifurkation
             L. Meuli · T. Lattmann
                                                                                     und kritische Ischämie der linken Beinstrombahn in
270          Endovaskuläre Therapie der komplexen thorakalen                         Zusammenhang mit einer SARS-CoV-2-Infektion
             Aortenpathologien mit Bogenbeteiligung. Patienten-                      J. Meier · F. A. Vallejos Köhnenkamp · K. Zierke ·
             auswahl, Planung und technische Besonderheiten in                       P.-A. Triebke · H.-G. Fieguth
             der Ishimaru-Zone 0
                                                                             294     Erfolgreiche minimal-invasive Therapie mittels FEVAR
             M. Lescan
                                                                                     (fenestrierte endovaskuläre Aneurysma Reparatur)
278          Empfehlungen zur Optimierung der präoperativen                          eines dilatierten Aorten-Xenografts nach septischer
             Planung der endovaskulären Aneurysmareparatur                           Aortenruptur
             mit der Chimney-Technik                                                 A. Neumann · W. Staiger · P. Hettrich · J. Gahlen
             K. P. Donas

             Originalien
                                                                              CME
298          Ergebnisse nach gefäßchirurgischer Versorgung
             von Leistennahtaneurysmen
             P. Romancik · F. Meyer · A. Hribaschek · U. Redlich ·           323     Therapie von Aortenpathologien
             Z. Halloul · J. Tautenhahn                                              mit Beteiligung des Aortenbogens
                                                                                     M. Kreibich · T. Berger · B. Rylski · M. Czerny
             Übersichten
308          Evidenzbasierte Ernährung bei zerebrovaskulären                 331     Fragebogen
             und kardiovaskulären Erkrankungen.
             Teil 1 Kardiovaskuläre Erkrankungen
             A.-K. Deupmann · E. S. Debus · R. T. Grundmann
             Netzwerk Grundlagenforschung
318          Thoracoabdominal aortic aneurysm tissue sample
             study – das Aachener Modell als Beispiel für ein
             Forschungskooperationskonzept
             A. Gombert · P. Doukas · B. Hruschka · M. Afify · D. Kotelis ·
             K. Mätz-Rensing · M. Jacobs
             Mitteilungen
333          Mitteilungen der DGG
             Verschiedenes
             Termine
             Impressum

Titelbild: © Prof. Dr. A. Larena-Avellaneda, Hamburg

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                                                                                                                               Gefässchirurgie 4 · 2021
Gefässchirurgie - Jahrestagung der Deutschen ...
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                                 Informationen für Autor*innen
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                                 Gefässchirurgie gestalten Sie den wissenschaftlichen Austausch aktiv mit, der Gefäß-
                                 chirurg*innen und Sachkundige angrenzender Fachgebiete in Praxis, Klinik und For-
                                 schung über neue Entwicklungen in der vaskulären und endovaskulären Chirurgie infor-
                                 miert. Teilen Sie Ihre Expertise mit einem qualifizierten Publikum aus allen Bereichen der
                                 Gefäßchirurgie!

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                                 Besonderheiten von Gefässchirurgie
                                 – Vielfältige Rubriken: Leitthema, Originalien, CME Zertifi-
                                   zierte Fortbildung, Kasuistik, Übersichten und viele mehr.
                                   Eine komplette Übersicht finden Sie auf www.springer.
                                   com/772 unter „Autorenhinweise“
                                 – Herausgegeben und begutachtet von anerkannten
                                   Expert*innen aus allen Bereichen der Gefäßmedizin

                                 Manuskripteinreichung
                                 Bitte reichen Sie Ihr Manuskript online ein unter:
                                 www.editorialmanager.com/gech
                                 Bei Fragen zur Einreichung wenden Sie sich bitte an:
                                 Herrn PD Dr. Henrik Rieß
                                 Klinik und Poliklinik für Gefäßmedizin
                                 Universitäres Herzzentrum GmbH
                                 Universiätsklinikum Hamburg-Epppendorf
                                 Martinistr. 52, 20246 Hamburg
                                 h.riess@uke.de
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Gefässchirurgie · Zeitschrift für vaskuläre und endovaskuläre Medizin

                                             Organ der Deutschen Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin, Organ
                                             der Österreichischen und der Schweizerischen Gesellschaften für Gefäßchirurgie

Schriftleitung / Chief Editor                                          Wissenschaftlicher Beirat / Scientific Advisory Board
Prof. Dr. Axel Larena-Avellaneda, Hamburg                              Prim. Univ. Doz. Dr. Afshin Assadian, Wien
                                                                       Prof. Dr. Iris Baumgartner, Bern
Geschäftsführender Herausgeber / Managing Editor
                                                                       Prof. Dr. Jonathan Beard, Sheffield, UK
Prof. Dr. Markus Steinbauer, Regensburg
                                                                       PD Dr. Theodosios Bisdas, Athen
Herausgeber / Editors                                                  Prof. Dr. Dittmar Böckler, Heidelberg
PD Dr. Josef Klocker, Innsbruck                                        Prof. Dr. Tina Cohnert, Graz
Prof. Dr. Matthias K. Widmer, Bern                                     Prof. Dr. Andreas Creutzig, Hannover
Assistent des Schriftleiters / Assistant Editor                        Prof. Dr. Martin Czerny, Freiburg
PD Dr. Henrik Rieß, Hamburg                                            Prof. Dr. Dr. Konstantinos Donas, Langen
                                                                       Prof. Dr. Bernhard Dorweiler, Köln
Rubrikherausgeber*innen / Section Editors                              Prof. Dr. Hans-Henning Eckstein, München
Originalien                                                            Prof. Dr. Thomas Forbes, London/Ontario, Canada
Prof. Dr. Axel Larena-Avellaneda, Hamburg                              PD Dr. Johannes Gahlen, Ludwigsburg
Übersichten                                                            Prof. Dr. Philipp Geisbüsch, Stuttgart
Prof. Dr. Maani Hakimi, Luzern                                         Dr. Peter Gloviczki, Rochester, USA
PD Dr. Barbara Rantner, München                                        Prof. Dr. Walter Gross-Fengels, Hamburg
                                                                       Prof. Dr. Alexander Hyhlik-Dürr, Augsburg
CME Zertifizierte Fortbildung                                           Prof. Dr. Michael Jacobs, Aachen
PD Dr. Moritz Bischoff, Heidelberg                                      Prof. Dr. Zaiping Jing, Shanghai, China
Prof. Dr. Johannes Hoffmann, Essen                                      Prof. Dr. Tilo Kölbel, Hamburg
Prof. Dr. Alexander Oberhuber, Münster                                 Prof. Dr. Peter Lawrence, Los Angeles, USA
Der interessante Fall                                                  Prof. Dr. Hans-Günther Machens, München
Prof. Dr. Hubert Schelzig, Düsseldorf                                  Prof. Dr. Martin Malina, Malmö, Schweden
Prof. Dr. Markus Steinbauer, Regensburg                                Prof. Dr. Ulrich Mansmann, München
Fragen aus der Praxis                                                  Prof. Dr. Stefan Ockert, Luzern
Dr. Hinrich Böhner, Dortmund                                           Dr. Kenneth Ouriel, New York, USA
Prof. Dr. Knut Kröger, Krefeld                                         Prof. Dr. Holger Poppert, München
                                                                       Prim. Univ. Doz. Dr. Manfred Prager, Wien
Gefäßmedizinische Evidenz                                              Prof. Dr. Christian Reeps, Dresden
Prof. Dr. E. Sebastian Debus, Hamburg                                  Prof. Dr. Peter Ringleb, Heidelberg
Prof. Dr. Reinhart T. Grundmann, Burghausen/Berlin                     PD Dr. Ralph-Ingo Rückert, Berlin
Geschichte der Gefäßchirurgie                                          Prof. Dr. Tadahiro Sasajima, Asahikawa, Japan
Prof. Dr. Wolfgang Hach, Frankfurt                                     Prof. Dr. Thomas Schmitz-Rixen, Frankfurt
Dr. Ralf Michallek, Stade                                              Prof. Dr. Martin Storck, Karlsruhe
Netzwerk Grundlagenforschung                                           PD Dr. Florian Thermann, Merseburg
PD Dr. Florian Simon, Düsseldorf                                       Prof. Dr. Giovanni Torsello, Münster
Dr. Kerstin Troidl, Bad Nauheim                                        Prof. Dr. Nikolaos Tsilimparis, München
                                                                       Prof. Dr. Eric Verhoeven, Nürnberg
pAVK
                                                                       RA Dr. Manfred Werthern, München
PD Dr. Christian-Alexander Behrendt, Hamburg
                                                                       Prof. Dr. Cees Wittens, Aachen
PD Dr. Alexander Gombert, Aachen
                                                                       Prof. Dr. Alexander Zimmermann, Zürich
Phlebologie
PD Dr. Claus-Georg Schmedt, Schwäbisch Hall                            Gegründet 1995
Prof. Dr. Achim Mumme, Bochum                                          J.-R. Allenberg
                                                                       H.-M. Becker
Shuntchirurgie                                                         P. C. Maurer
PD Dr. Richard Kellersmann, Fulda                                      J. Largiadèr
Prof. Dr. Matthias K. Widmer, Bern                                     K. H. Rendl
Vaskuläre Sonographie
Dr. Wilhelm Schäberle, Göppingen
Wunde
Dr. Holger Diener, Buchholz
Dr. Thomas Karl, Bad Friedrichshall

Gefässchirurgie 4 · 2021
Gefässchirurgie - Jahrestagung der Deutschen ...
Einführung zum Thema

Gefässchirurgie 2021 · 26:249–251              A. Larena-Avellaneda
https://doi.org/10.1007/s00772-021-00787-9     Abteilung für Gefäß- und endovaskuläre Chirurgie, Asklepios Klinik Altona, Hamburg, Deutschland
Angenommen: 2. Juni 2021

© Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von
Springer Nature 2021                           Allograft ist nicht gleich
                                               Allograft, und wir sollten über
                                               Textbausteine nachdenken

Geschätzte Leserinnen und Leser,               (3,7 cm) und Verschlüssen der A. iliaca              beidseitige Lungenarterienembolie dia-
                                               communis bei PAVK im Stadium IIb                     gnostiziert, sodass zusätzlich Rivaroxa-
die Behandlung von Aortenerkrankun-            (30 m Gehstrecke) eine aortobifemorale               ban angeordnet wurde, ASS wurde nicht
gen ist für viele Gefäßmediziner span-         Prothese (Dacron 16 × 8 mm) implan-                  abgesetzt.
nend. Wenn alles gut geht, profitiert der       tiert. Der Entlassungsbrief endet mit                    Am 22.02.2020 wurde der Patient bei
Patient für Jahrzehnte. Aber wehe, es tre-     einer Reihe von Empfehlungen, unter                  Anämie stationär in die Gastroentero-
ten Komplikationen auf. Diese beschäf-         anderem: „Wir empfehlen die dauerhafte               logie eingewiesen. Als Ursache fanden
tigen Kranke und Behandler möglicher-          Einnahme eines Thrombozytenaggregati-                sich „endoskopisch als potenzielle Blu-
weise noch über Jahre.                         onshemmers (z. B. ASS 100 mg 1 × 1 Tbl.)             tungsquelle unter oraler Antikoagulation
   Ich möchte im Folgenden über einen          und eines Statins, sofern keine Kontrain-            und Thrombozytenaggregation eine Re-
79-jährigen Patienten berichten, der sich      dikationen auftreten.“                               fluxösophagitis sowie mehrere Erosionen
im Februar 2021 mit oberer gastrointes-            Zwei Jahre später wurde die linke Leis-          im Corpus ventriculi.“. Ein gefäßchirur-
tinaler Blutung in unserer Notaufnahme         te, weitere 4 Monate später die rechte               gisches Konsil erfolgte nicht. Es wurde
vorstellte. Im CT konnte keine aorto-/         Leiste operativ revidiert bei Flüssigkeits-          eine Therapie mit Pantoprazol eingelei-
prothetoduodenale Fistel nachgewiesen          ansammlungen, die als Perigraftreaktion              tet, die Medikation mit Rivaroxaban und
werden. Allerdings stellte uns die Bild-       gedeutet wurden. Bei Progress der Infekt-            ASS weitergeführt.
gebung zunächst vor ein Rätsel, da laut        situation erfolgten dann 3 Monate später                 Im auswärtigen Arztbrief vom Sep-
unserenUnterlagenbeidem Patientenbei           der Prothesenausbau und eine In-situ-                tember 2020 zur Kontrolle der A. carotis
der letzten Vorstellung 2015 noch eine         Rekonstruktion mit einer Silberprothese              nach TEA ist bei den Diagnosen auf-
Kunststoffprothese als Implantat vorhan-        (in domo). Im Juni 2016 wurde die er-                geführt: „Z. n. transfusionspflichtiger
den war, im CT sich aber eine deutlich de-     neut infizierte Prothese auswärts entfernt            Eisenmangelanämie bei a.e. chronischer
generierte aortoiliakale Strombahn dar-        und allogen ersetzt. Die Rekonstruktion              gastrointestinaler Blutung unter Riva-
stellte (. Abb. 1). Es stellte sich heraus,    erfolgte hierbei durch 2 Teilstücke: Die             roxaban“. Der Brief endet mit einem
dass in einer anderen Klinik zwischen-         linksseitige Rekonstruktion wurde aor-               Textbaustein: „aus gefäßmedizinischer
zeitlich ein Gefäßersatz durch Allografts      tofemoral rechts durchführt, die rechte              Sicht empfehlen wir [. . . ], die Gabe eines
durchgeführt worden war (. Abb. 1).            Leiste wurde über einen zweiten Allo-                Statins sowie die lebenslange Einnahme
   Bei rascher Zustandsverschlechte-           graft prothetofemoral angeschlossen. Ein             von ASS, ggf. unter PPI-Schutz“.
rung erfolgte die Intubation und Endo-         Keimnachweis war zu keinem Zeitpunkt                     Ichfinde diesenFallausverschiedenen
skopie unter medikamentöser Reanima-           gelungen. Im Mai 2018 wurde die A. ca-               Gründen sehr aufschlussreich. Zunächst
tion. Es gelang nicht, die Blutungsquelle      rotis bei hochgradiger Stenose operiert.             einmal ist es immer wieder erstaunlich,
zu lokalisieren, der Patient verstarb kur-     Die sonographischen Nachkontrollen                   wie viel „Chirurgie“ ein Patient aushält.
ze Zeit später. Der Verlauf ist bis hierhin    der Aorta, Iliakal- und Leistengefäße
zwar sehr bedauerlich und schicksalhaft,       waren jeweils als regelrecht beurteilt               Protheseninfektion/
aber aus gefäßmedizinischer Sicht auch         worden. Konkret heißt es: „. . . auf Hö-             Perigraftreaktion/
lehrreich, wenn die Vorgeschichte und          he des Umbilicus-Abgangs des rechten                 Keimnachweis
die aktuelle Bildgebung mit einbezogen         Allografts, im Vergleich zur Gegenseite
werden.                                        deutlich kleineres Lumen . . . Allograft auf         Wir alle kennen die Flüssigkeitsansamm-
   Die Krankheitsgeschichte begann             der linken Seite mit einem Durchmesser               lungen, die in bis zu 4 % nach Rekon-
2004 mit einer Leisten-TEA links und           von 2 cm, unauffälliger Fluss . . . “.                struktion mit Kunststoffprothese auftre-
intraoperativer Stentangioplastie der              Der Patient erhielt zum damaligen                ten [1]. Diese Serome können auch Jahre
A. iliaca externa. 2012 wurde bei klei-        Zeitpunkt weiterhin ASS 100 als Sekun-               nach Implantation der Prothesen auf-
nem, infrarenalem Aortenaneurysma              därprophylaxe. Im Mai 2019 wurde eine                treten. Die perkutane Drainage hat sich

                                                                                                                          Gefässchirurgie 4 · 2021   249
Gefässchirurgie - Jahrestagung der Deutschen ...
Einführung zum Thema

      Abb. 1 8 a–c CT-Untersuchung vom 22.02.2021. a Man erkennt die Degradation des aorto-links-femoralen Allografts mit
      Aneurysmen und Stenosen, während sich der prothetofemorale Allograft rechts regelrecht darstellt. b Das Duodenum liegt
      der Aorta direkt auf. Es zeigt sich eine Kontrastmittelnase, suspekt für eine aortoduodenale Fistel (Pfeil). c Die akute Blutung
      war jedoch durch mehrere blutende Gefäße im Magen bedingt (Pfeil)

      hierbei als nicht effizient herausgestellt,              5] konnten wir in der eigenen Erfahrung                zur Einnahme eines Thrombozytenag-
      sodass meist eine operative Ausräumung                 nicht durchweg erreichen. Ich selbst ha-               gregationshemmers.
      erforderlich ist [1]. Die Rate an Reopera-             be Fälle erlebt, in denen es kurz nach                     Im klinischen Alltag erhalten mehr
      tionen und auch Extremitätenverlust ist                der Operation auf der Intensivstation zu               und mehr Patienten ein NOAK aus ver-
      überraschend hoch [2]. In meinen Augen                 einer Ruptur des Grafts gekommen ist.                  schiedenen Indikationen. Dennoch er-
      bedeutet ein negativer Keimnachweis bei                Eine Degradation kann auch innerhalb                   scheint in vielen Briefen zusätzlich die
      periprothetischer Flüssigkeitsansamm-                  eines Monats auftreten [6] und stellt eine             Empfehlung zur Einnahme eines Plätt-
      lung nicht automatisch, dass es sich um                dauerhafte Gefahr dar. Dies thematisiert               chenhemmers. Im vorliegenden Fall hat-
      eine solche Reaktion und nicht um eine                 auch der Fallbericht von A. Neumann,                   te der Patient eine Lungenarterienembo-
      Protheseninfektion handelt: Ein Keim-                  der die endovaskuläre Behandlung eines                 lie erlitten und es wurde Rivaroxaban
      nachweis bei Protheseninfektion gelingt                degenerativ veränderten Allografts be-                 angesetzt. Niemand hat das ASS abge-
      auch bei konsequenter und methodisch                   schreibt.                                              setzt – weder die Kollegen der Inne-
      optimaler Suche in bis zu 25 % der Fälle                                                                      renMedizinnachderLungenarterienem-
      nicht [3].
                                                             Ȇberwachung
                                                                 Eine regelmäßige
                                                                            von Allografts ist
                                                                                                                    bolie noch die Gastroenterologen nach
                                                                                                                    der oberen Gastrointestinalen Blutung,
      Allografts                                                                                                    noch die Gefäßmediziner aus 2 Kliniken
                                                             unbedingt geboten                                      bei den Nachkontrollen, auch im Wis-
      Die beste Rekonstruktion nach aorta-                                                                          sen um die stattgehabte Blutung. Ich fin-
      lem Protheseninfekt ist ein ganz speziel-              Eine regelmäßige Überwachung ist al-                   de dies bemerkenswert vor der Klasse-I-
      les Feld mit vielen Optionen (und Mei-                 so unbedingt geboten. Nach aortaler Re-                Empfehlung der interdisziplinären euro-
      nungen), aber nach wie vor von hoher                   konstruktion erscheint eine CT-Untersu-                päischen Leitlinien zur Behandlung der
      Morbidität und Mortalität geprägt. Die                 chung dem Ultraschall in diesen Situa-                 PAVK, die eindeutig festhält, bei notwen-
      Verwendung der kryokonservierten Al-                   tionen überlegen, im vorliegenden Fall                 diger oraler Antikoagulation nach offen-
      lografts spielt eine sehr wesentliche Rol-             war die linke Seite sonographisch als re-              operativen Eingriff auf eine Plättchenag-
      le. Dabei weisen diese Transplantate sehr              gelrecht, die rechte als verengt beurteilt             gregation zu verzichten [7].
      große Unterschiede auf. Zwar wird die                  worden.                                                    In der vorliegenden Ausgabe geht
      Qualität des Gewebes bei Anforderung                                                                          es darum, wie schon hier im Editorial,
      auch angegeben, aber im klinischen All-                Textbausteine                                          die Aorta von verschiedenen Seiten zu
      tag stellt man dann intraoperativ immer                                                                       beleuchten: Die Versorgungsrealität in
      wieder fest, wie sehr sich die Allografts              Eine Sekundärprophylaxe mit einem                      Deutschland (C. Behrendt) und in der
      unterscheiden. Der hier vorgestellte Fall              Thrombozytenaggregationshemmerstellt                   Schweiz (T. Lattmann), technische Tipps
      spiegelt dies sehr gut wider: Während das              eine Standardempfehlung dar, die sehr                  zur endovaskukären Versorgung (M. Les-
      eine Transplantat auf gesamter Strecke                 oft in den Empfehlungen am Ende des                    can, K. P. Donas), etwas zur Forschung
      eine erhebliche Degradation mit Ausbil-                Arztbriefs in Form eines Textbausteins                 (S. Greulich aus der eigenen Arbeits-
      dung neuer Aneurysmen zeigt, ist das                   einkopiert wird. „Copy-and-paste“ führt                gruppe) und 2 interessante Fälle (H.-
      andere 5 Jahren nach dem Eingriff nahe-                 ebenfalls dazu, alte Empfehlungen un-                  G. Fieguth, und, bereits erwähnt, A. Neu-
      zu unverändert (. Abb. 1). Die sehr guten              reflektiert zu übernehmen. Auch im                      mann). Sogar die CME-Fortbildung hat
      Ergebnisse anderer Arbeitsgruppen mit                  vorliegenden Fall endet jeder der zahl-                die Aorta in dieser Ausgabe zum Thema.
      sehr wenigen Transplantatproblemen [4,                 reichen Arztbriefe mit der Empfehlung                  Eine Originalie, die indirekt auch mit

250    Gefässchirurgie 4 · 2021
Gefässchirurgie - Jahrestagung der Deutschen ...
In eigener Sache

der Aorta zu tun haben kann, beschäftigt                    4. Bisdas T, Bredt M, Pichlmaier M, Aper T, Wilhelmi M,
                                                               Bisdas S, Haverich A, Teebken OE (2010) Eight-
sich mit Nahtaneurysmen in den Leisten                         year experience with cryopreserved arterial homo-
(F. Meyer), und R. Grundmann geht auf                          grafts for the in situ reconstruction of abdominal
die Evidenz zur Ernährung bei kardio-                          aortic infections. J Vasc Surg 52(2):323–330.
                                                               https://doi.org/10.1016/j.jvs.2010.02.277 (PMID:
vaskulären Erkrankungen ein. Wie in                            20570473)
jeder Ausgabe findet sich ein Artikel aus                    5. Kieffer E, Gomes D, Chiche L, Fléron MH, Koskas F,
dem Netzwerk Grundlagenforschung                               Bahnini A (2004) Allograft replacement for infra-
                                                               renal aortic graft infection: early and late results
von A. Gombert: „Thoracoabdominal                              in 179 patients. J Vasc Surg 39(5):1009–1017.
aortic aneurysm tissue sample study“ –                         https://doi.org/10.1016/j.jvs.2003.12.040 (PMID:
das Aachener Modell als Beispiel für ein                       15111853)                                              Hilfestellungen für den
                                                            6. Leoce BM, Montoya M, Dardik H, Bernik TR (2019)
Forschungskooperationskonzept.                                 Rapid degradation and subsequent endovascular          Editorial Manager
    Es bleibt also spannend. Für uns Ge-                       salvage of upper extremity cryogenic allograft by-     Das Einreichungs- und Begutach-
fäßmediziner geht es eben nicht immer                          pass. Ann Vasc Surg 57:276.e5–276.e8. https://doi.
                                                               org/10.1016/j.avsg.2018.10.052 (PMID: 30731231)        tungssystem Ihrer Zeitschrift
nur um das Operieren bzw. Interve-                          7. Aboyans V, Ricco JB, Bartelink ML et al (2018)
nieren. Forschung, Planung, Nachsorge,                         Editor’s choice e 2017 ESC guidelines on the
Auswertung, Beurteilung von Daten                              diagnosis and treatment of peripheral arterial         Sowohl für die ganz alltäglichen Fragen in
                                                               diseases, in collaboration with the European
und Studien sowie die eigene Fortbil-                          Society for Vascular Surgery (ESVS). Eur J Vasc        der Handhabung des Editorial Managers als
dung bleiben weitere Ecksteine unseres                         Endovasc Surg 55:305e368                               auch für spezielle Problematiken finden Sie
Berufs.                                                                                                               auf www.springermedizin.de/editorial-
                                                                                                                      manager eine Vielzahl an Handreichun-
Herzlichst, Ihr                                                                                                       gen, die Ihnen die Arbeit als Gutachter*in,
                                                                                                                      Autor*in oder Herausgeber*in erleichtern.

                                                                                                                      Über Videos, einseitige Schritt-für-Schritt-
                                                                                                                      Anleitungen oder ein umfangreiches Ma-
Prof. Dr. Axel Larena-Avellaneda                                                                                      nual werden Sie durch die einzelnen Punk-
                                                                                                                      te geführt, wie:

Korrespondenzadresse                                                                                                  4 Wie reiche ich ein Manuskript ein?
                                                                                                                      4 Wie finde ich passende
                     Prof. Dr. A. Larena-                                                                                Gutachter*innen?
                     Avellaneda
                                                                                                                      4 Wie lade ich Gutachter*innen ein?
                     Abteilung für Gefäß- und
                     endovaskuläre Chirurgie,                                                                         4 Wie nehme ich ein Gutachten an bzw.
                     Asklepios Klinik Altona                                                                             lehne es ab?
                     Paul-Ehrlich-Straße 1,                                                                           4 Wo erkenne ich, in welchem Status ein
                     22763 Hamburg, Deutschland                                                                          Mansukript ist?
                     a.larena@asklepios.com
                                                                                                                      4 Wie ändere ich meine persönlichen
                                                                                                                         Informationen?
Interessenkonflikt. A. Larena-Avellaneda gibt an,
                                                                                                                      4 Wo kann ich meinen Urlaub eintragen?
dass kein Interessenkonflikt besteht.

Literatur
 1. Bissacco D, Domanin M, Romagnoli S, Gabrielli L
    (2017) Perigraft seroma after extra-anatomic
    bypass:caseseriesandreviewoftheliterature. Ann
    Vasc Surg 44:451–458. https://doi.org/10.1016/j.
    avsg.2017.03.201 (PMID: 28483618)
 2. Ahn SS, Machleder HI, Gupta R, Moore WS (1987)
                                                                                                                      Zugang auch über QR-Code:
    Perigraft seroma: clinical, histologic, and serologic
    correlates. Am J Surg 154(2):173–178. https://
    doi.org/10.1016/0002-9610(87)90173-5 (PMID:
    2957930)
 3. Zegelmann M, Guenther G, Ecksein HH et al
    (2006) In-situ-Rekonstruktion mit alloplastischen
    Prothesen beim Gefäßinfekt. Evaluation mit
    Silberacetat beschichteter Prothesen. Gefäss-
    chirurgie 11:402–407. https://doi.org/10.1007/
    s00772-006-0488-6

                                                                                                                                           Gefässchirurgie 4 · 2021   251
Gefässchirurgie - Jahrestagung der Deutschen ...
Leitthema

      Gefässchirurgie 2021 · 26:252–260              C.-A. Behrendt1 · A. Larena-Avellaneda2 · T. Kölbel1 · E. S. Debus1 · F. Heidemann1 ·
      https://doi.org/10.1007/s00772-021-00773-1     A. Kühnl3 · H.-H. Eckstein3 · M. Trenner3
      Angenommen: 15. März 2021                       1
                                                        Forschungsgruppe GermanVasc, Deutsches Aortenzentrum Hamburg, Klinik und Poliklinik für
      Online publiziert: 16. April 2021                 Gefäßmedizin, Universitäres Herz- und Gefäßzentrum, UKE Hamburg, Universitätsklinikum Hamburg-
      © Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von      Eppendorf, Hamburg, Deutschland
      Springer Nature 2021                            2
                                                        Gefäß- und endovaskuläre Chirurgie, Asklepios Klinik Altona, Hamburg, Deutschland
                                                      3
                                                        Münchner Aorten Centrum (MAC), Klinik und Poliklinik für Vaskuläre und Endovaskuläre Chirurgie,
                                                        Klinikum rechts der Isar der Technischen Universität München, München, Deutschland

                                                     Was Sie schon immer zur
                                                     Behandlung des abdominalen
                                                     Aortenaneurysmas in
                                                     Deutschland wissen wollten:
                                                     Real-World-Evidenz, Trends und
                                                     offene Fragen

      Einleitung                                     Deutschland durchgeführt, wobei die                 Erweiterung der Indikationen zurück-
                                                     jährliche altersstandardisierte Fallzahl            geführt wurde, konnten Trends bei der
      Das abdominale Aortenaneurysma                 in den letzten Jahren stabil geblieben ist          Verfahrenswahl, Kosten und Zentrali-
      (AAA) bleibt während der oft jahr-             [25].                                               sierung herausgearbeitet werden. Die
      zehntelangen Entstehung nicht selten                                                               Ergebnisse führten im Nachgang aller-
      unerkannt, und immerhin 2 % aller To-
      desfälle sind mit dieser Erkrankung            »sierteDieFallzahl
                                                                jährliche altersstandardi-
                                                                        ist in den letzten
                                                                                                         dings nicht nur zu breiter Zustimmung,
                                                                                                         sondern auch zu kontroversen Diskus-
      assoziiert [31]. Dennoch gehört das                                                                sionen über Mindestmengen und andere
      AAA zahlenmäßig sicher nicht zu den            Jahren stabil geblieben                             Qualitätsindikatoren [9].
      Volkskrankheiten westlicher Populatio-                                                                In diesem Übersichtsartikel sollen
      nen, auch wenn das Komorbiditätsprofil          Obwohl das AAA im Vergleich zur                     die verfügbaren Versorgungsdaten aus
      zahlreiche Überschneidungen mit den            peripheren arteriellen Verschlusskrank-             sogenannten Real-World-Datenquellen
      zentralen Volkskrankheiten aufweist            heit (PAVK) deutlich seltener invasiv               insbesondere im deutschen Kontext
      [21, 29, 35]. Während randomisierte            behandelt wird, gehören Kontroversen                diskutiert und deren Bedeutung bei
      kontrollierte Studien (RCT) aus den            (z. B. Mindestmengen, Verfahrenswahl)               der Beantwortung wesentlicher Frage-
      1990er-Jahren Prävalenzen von bis zu           zu den zentralen Themen auf wissen-                 stellungen beleuchtet werden. Hierbei
      8 % in älteren Zielgruppen berichteten,        schaftlichen Kongressen und in fachspe-             stehen die Themen Zentralisierung,
      ist anhand der heutigen Screeningda-           zifischen Journalen. Etwa 500 Kranken-               Screening und Datenverfügbarkeit im
      ten eher von einer Prävalenz unter             häuser waren im letzten Jahrzehnt in                Vordergrund.
      1,5 % bei älteren Männern (≥65 Jah-            Deutschland an der Behandlung dieser
      re) und etwa 0,5 % bei gleichaltrigen          Erkrankung beteiligt, viele davon mit               Sektorenübergreifende
      Frauen auszugehen. Hervorzuheben ist           nur wenigen stationären Fällen pro Jahr.            interdisziplinäre Versorgung
      allerdings, dass sich die Populationen         In dem 2018 erschienenen BARMER-                    des abdominalen Aorten-
      verschiedener Screeningstudien, damals         Krankenhausreport zum Schwerpunkt-                  aneurysmas in Deutschland
      wie heute, teilweise unterscheiden, was        thema „Bauchaortenaneurysma“ wurden
      bei direkten Vergleichen einzubeziehen         die Routinedaten dieser Krankenkasse                Die Behandlung von Patienten/-innen
      ist [55]. Etwa 12.000 offen-chirurgi-           zwischen 2006 und 2016 analysiert.                  mit subklinischen (kleinen) und klinisch
      sche und endovaskuläre Prozeduren              Neben der Zunahme operativer Ein-                   relevanten abdominalen Aortenaneu-
      zur invasiven Behandlung abdomineller          griffe um etwa 25 %, was primär auf                  rysmen erfolgt sektorenübergreifend im
      Aortenerkrankungen werden jährlich in          demografische Entwicklungen und eine                 ambulanten, stationären und rehabili-

252    Gefässchirurgie 4 · 2021
Ultraschall-Screening und
                                                                                                   Epidemiologie des AAA in
                                                                                                   Deutschland
                                                                                                   Valide Daten aus prospektiven epidemio-
                                                                                                   logischen Kohortenstudien stehen bisher
                                                                                                   in Deutschland noch nicht zur Verfü-
                                                                                                   gung. In der gegenwärtig rekrutierenden
                                                                                                   Hamburg City Health Studie (HCHS)
                                                                                                   wurden alle Probanden/-innen auch ei-
                                                                                                   nem Ultraschallscreening der abdomi-
                                                                                                   nalen Aorta unterzogen. Hierbei wur-
                                                                                                   de das Außen-zu-Außen-Messverfahren
                                                                                                   („outer-to-outer“) angewandt. Aktuelle-
                                                                                                   re Empfehlungen favorisieren die soge-
                                                                                                   nannte Leading-to-leading-edge-Metho-
                                                                                                   de, wobei eine näherungsweise Umrech-
                                                                                                   nung zwischen den Methoden möglich
                                                                                                   erscheint [15, 22, 38]. Die Ergebnisse zur
                                                                                                   ersten Kohorte mit 10.000 Untersuchun-
                                                                                                   gen befinden sich derzeit noch in der
Abb. 1 8 Prävalenzen des abdominalen Aortenaneurysmas (AAA) in nationalen Screeningprogram-        Qualitätssicherung. In einer risikobasier-
men (Schweden, USA, England) und Eckdaten zur Versorgungsrealität in Deutschland. Bei den Scree-
ningprogrammen werden teilweise unterschiedliche Zielpopulationen eingeladen, weshalb ein di-      ten Ultraschalluntersuchung von 1000
rekter Vergleich nicht valide möglich ist                                                          hospitalisierten Patienten/-innen mit ko-
                                                                                                   ronarerHerzkrankheitaneinem Studien-
                                                                                                   zentrum in München konnte eine Präva-
tativen Gesundheitssektor. Unter den              dieser Richtlinie wurden Anforderungen           lenz des AAA in Höhe von 8,5 % nach-
derzeit mehr als 1600 allgemeinen Kran-           an Strukturen und Prozesse in Einrich-           gewiesen werden [34].
kenhäusern in Deutschland nahmen in               tungen für die offen-chirurgische und
den letzten Jahren etwa 500 Krankenhäu-
ser mit gefäßchirurgischer Expertise an
                                                  endovaskuläre Behandlung von abdo-
                                                  minellen Aortenaneurysmen festgelegt.            »hospitalisierten
                                                                                                       Die Prävalenz des AAA in
                                                                                                                     Risikokohorten
der invasiven Versorgung des AAA teil.            Die Anforderungen betreffen die prä-
Das mediane Fallvolumen betrug dabei              operative Diagnostik, die Durchführung           liegt bei etwa 8,5%
nur etwa 7 Behandlungen pro Jahr [37,             der Prozeduren wie auch die stationäre
52]. Für die Behandlung existieren ver-           postprozedurale Versorgung der Patien-           Eine weitere Studie zu 2102 Patienten/-
schiedene nationale und internationale            ten/-innen. Explizit fordert die QBAA-           innen mit Vordiagnose atheroskleroti-
Leitlinien (. Abb. 1; [40]).                      RL zum Beispiel die ununterbrochene              scherErkrankungenim Großraum Berlin
    An der stationären Behandlung sind            Verfügbarkeit von Fachärzten/-innen              an drei Studienzentren ergab eine Präva-
neben Gefäßchirurgen/-innen, die so-              für Gefäßchirurgie und entsprechend              lenz von Aortenektasien über 2,5 cm in
wohl endovaskuläre (EVAR) als auch                fachweitergebildete Gesundheits- und             Höhe von 8,7 % [20].
offen-chirurgische (OAR) Therapiever-              Krankenpfleger/-innen auf den betreu-                Während es in zahlreichen anderen
fahren komplementär durchführen, auch             enden Intensivstationen. Gegenwärtig             Ländern bereits Angebote zum Scree-
andere Fachdisziplinen beteiligt. Zu nen-         findet eine Evaluation der Richtlinie             ning für Risikogruppen gibt, wurde die
nen sind hierbei vor allem interventio-           durch das BQS Institut für Qualität &            Einführung eines flächendeckenden Ul-
nelle Radiologen/-innen, die einen Teil           Patientensicherheit GmbH statt, bei der          traschallscreenings in Deutschland erst
der endovaskulären Prozeduren durch-              Versorgungsdaten der Sozialversiche-             vor Kurzem beschlossen [19]. Seit 2017
führen. Die intensivmedizinische und              rungsträger eine zentrale Rolle spielen.         können gesetzlich versicherte Männer ab
fachärztliche Betreuung erfolgt durch             Von zentraler Bedeutung wird hierbei die         einem Alter von 65 Jahren freiwillig und
zahlreiche weitere Fachdisziplinen und            Frage sein, ob sich eine positive Entwick-       kostenlos eine einmalige Ultraschall-
trägt maßgeblich zum Behandlungser-               lung der Qualitätsindikatoren mit der            untersuchung der abdominalen Aorta
gebnis, insbesondere bei Auftreten von            Einführung der Richtlinie assoziieren            und eine Beratung erhalten [5]. Die ge-
Komplikationen, bei.                              lässt.                                           genständliche Richtlinie des Gemeinsa-
    Am 1. Juli 2008 ist in Deutschland                                                             men Bundesausschuss zum Ultraschall-
die Qualitätssicherungsrichtlinie zum                                                              screening wurde 2020 in die gemeinsame
AAA (QBAA-RL) des Gemeinsamen                                                                      Gesundheitsuntersuchungsrichtlinie in-
Bundesausschuss in Kraft getreten. In                                                              tegriert. Bisher findet allerdings keine

                                                                                                                      Gefässchirurgie 4 · 2021   253
Zusammenfassung · Abstract

      strukturierte Erfassung dieser systemati-    Gefässchirurgie 2021 · 26:252–260 https://doi.org/10.1007/s00772-021-00773-1
      schen Screeningmaßnahmen in gemein-          © Springer Medizin Verlag GmbH, ein Teil von Springer Nature 2021
      samen Registern statt, sodass eine valide
      Evaluation auf Bevölkerungsebene un-         C.-A. Behrendt · A. Larena-Avellaneda · T. Kölbel · E. S. Debus · F. Heidemann · A. Kühnl · H.-
      möglich erscheint. Durch den relevanten      H. Eckstein · M. Trenner
      Anteil an Zufallsdiagnosen im Rahmen         Was Sie schon immer zur Behandlung des abdominalen
      opportunistischer Screeningmaßnah-           Aortenaneurysmas in Deutschland wissen wollten: Real-World-
      men in Deutschland ist eine Assoziation      Evidenz, Trends und offene Fragen
      von Veränderungen der Kernparameter
                                                   Zusammenfassung
      Prävalenz, Krankenhausinzidenz und
                                                   Obwohl valide Daten zur bevölkerungs-              EVAR und bis zu 5 % nach offen-chirurgischer
      Behandlungsergebnis mit dem 2018 ein-        bezogenen Prävalenz und Inzidenz des               Behandlung des intakten AAA die Ergebnisse
      geführten Bevölkerungsscreening nicht        abdominalen Aortenaneurysmas (AAA) in              randomisierter Studien und Metaanalysen
      möglich.                                     Deutschland noch fehlen, ist auf dem Boden         (26 % bzw. 42 % bei Behandlung der Ruptur).
         In vier größeren RCT zum Screening        von nationalen Screeningprogrammen in              In Deutschland werden in > 500 Kranken-
                                                   Schweden, USA und England von einer                häusern AAA behandelt. Eine signifikante
      des AAA aus Dänemark, Großbritannien
                                                   Häufigkeit des AAA in Höhe von 1,5 bis              Korrelation zwischen hoher jährlicher Fallzahl
      und Australien, die allesamt vor der Jahr-   3,6 % unter Männern über 65 Jahren                 und niedriger Krankenhausletalität wurde
      tausendwende durchgeführt wurden, be-        auszugehen. Die Behandlung des AAA                 mehrfach auf dem Boden verschiedener
      trug die Prävalenz bei älteren Männern       erfolgt in Deutschland sektorenübergreifend        Datenquellen bestätigt. Eine Mindestmenge
      zwischen 3,9 % in Dänemark und 7,7 % in      und interdisziplinär, wobei im stationären         von 30 AAA-Operationen pro Jahr erscheint
                                                   Sektor etwa 12.000 invasive Prozeduren zur         hinsichtlich der Erreichbarkeit von Kran-
      Großbritannien [1, 28, 32, 44]. In neue-
                                                   Behandlung intakter (90 %) und rupturierter        kenhäusern sinnvoll. Trotz der zahlreichen
      ren Untersuchungen an populationsba-         AAA stattfinden. In Übereinstimmung mit             verfügbaren Studien und Präsenz des Themas
      sierten Screeningdaten, z. B. aus Schwe-     der internationalen Versorgungsrealität            in Fachjournalen und Kongressen sind
      den und England, konnten dagegen deut-       erfolgten dabei etwa 70 % (intakt) bzw. 30 %       zahlreiche Fragen weiterhin ungeklärt.
      lich niedrigere Prävalenzen von 1,5 bis      (rupturiert) aller Behandlungen endovaskulär
                                                   (EVAR).                                            Schlüsselwörter
      3,6 % in gezielt eingeschlossenen Hochri-
                                                   Die Daten aus verschiedenen administrativen        Versorgungsforschung · Behandlungsqua-
      sikogruppen nachgewiesen werden. Ein         und klinischen Registern zur Krankenhaus-          lität · Ruptur · Endovaskuläre Techniken ·
      direkterVergleichderverfügbarenPräva-        sterblichkeit bestätigen mit etwa 1 % nach         Register
      lenzen ist allerdings dadurch erschwert,
      dass unterschiedliche Altersgruppen un-
      tersucht wurden. So haben die RCT größ-      What you always wanted to know about the treatment of
      tenteils Männer im Alter von 65–80 ein-      abdominal aortic aneurysms in Germany: real-world evidence,
      geschlossen, wobei teilweise auch Unter-     trends and open questions
      schiede in den Studienjahren oder zwi-
      schen den Ländern existierten. In einer      Abstract
                                                   Although there is a paucity of valid popula-       analyses with 1% after elective EVAR through
      großen Studie zum Bevölkerungsscree-                                                            5% after elective open repair (26% and 42%
                                                   tion-based data concerning the prevalence
      ning in Schweden wurden dagegen nur          and incidence of abdominal aortic aneurysms        after ruptured AAA, respectively).
      65-jährige Männer untersucht, wodurch        (AAA) in Germany, national screening studies       In Germany, more than 500 hospitals treat
      eine niedrigere Prävalenz teilweise er-      in Sweden, the USA, and England suggest            patients with AAA. A significant correlation
      klärt wird [18, 42, 55]. Als maßgebli-       a prevalence of AAA of 1.5–3.6% among males        between annual case volume and lower
                                                   over 65 years old. The treatment of patients       in-hospital mortality was confirmed based
      che Faktoren für die sinkende Prävalenz                                                         on various data sources. A threshold of
                                                   with AAA in Germany is provided by multiple
      werden die Änderung des Tabakkonsums         disciplines and healthcare sectors, whereby        30 AAA repairs per year seems reasonable
      und der optimalen Arzneimitteltherapie       approximately 12,000 invasive procedures           with respect to the accessibility of hospitals.
      diskutiert [26].                             to treat intact (90%) and ruptured AAA are         Despite the many available studies and
                                                   performed annually. In line with international     presence of the topic in scientific journals and

      »Behandlung
          Die Selektion und
                   wird vom
                                                   treatment reality 70% of intact and 30% of
                                                   ruptured AAA are treated endovascularly
                                                   (EVAR).
                                                                                                      scientific meetings, many questions remain
                                                                                                      unanswered to date.

                                                   Data from various administrative and clinical      Keywords
      Erlössystem beeinflusst                       registers on in-hospital mortality confirm the      Health services research · Quality of care ·
                                                   results from randomized trials and meta-           Rupture · Endovascular techniques · Registers
      Aufgrund einer möglichen Assoziation
      zwischen externen Faktoren des Gesund-
      heitssystems und der Patientenselektion
      mit der Prävalenz und Inzidenz des AAA
      steht eine direkte Übertragbarkeit von
      Screeningdaten aus diesen Ländern auf
      Deutschland in Frage [2, 12, 14, 54]. Dies

254    Gefässchirurgie 4 · 2021
gilt umso mehr vor dem Hintergrund,         Verfügbare Datenquellen zur                          geliefert, wobei die Erhebungsparameter
   dass die Selektion und Behandlung hos-      Versorgungsrealität des                              weitreichenden Änderungen unterlagen.
   pitalisierterKohortensignifikantvom Er-      abdominalen Aorten-                                  Eine Einschränkung ergibt sich daraus,
   lössystem abhingen [2].                     aneurysmas in Deutschland                            dass sich die endovaskuläre Therapie des
       Die standardisierte Krankenhausinzi-                                                         AAA in diesem Zeitraum als alternati-
   denz aller AAA lag in Deutschland zwi-      Für Projekte der Qualitätsentwicklung                ve Standardtherapie zum offen-chirurgi-
   schen 2005 und 2014 für Männer bei 27,9     und Versorgungsforschung zur Behand-                 schen Verfahren etabliert hat [45, 47].
   und für Frauen bei 3,3 pro 100.000. Es      lung des AAA stehen in Deutschland ver-              Trotz steigendem Patientenalter und zu-
   zeigte sich im Zeitverlauf ein Rückgang     schiedene Datenquellen zur Verfügung,                nehmender Komorbidität als Hinweis auf
   um 30 % bei rupturierten AAA bei beiden     die jeweils spezifische Vor- und Nachteile            eine Erweiterung der Patientenselektion
   Geschlechtern, wobei eine Zunahme in-       aufweisen.                                           kam es im Zeitverlauf zu einem Rückgang
   takter AAA um 16 % (Männer) bzw. 42 %                                                            der Krankenhaussterblichkeit [48].
   (Frauen) gesehen wurde [24].                Klinische Registerdaten
       Aktuellere Daten bis 2016 zeigen auch
   für Deutschland eine leichte Abnahme        Die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchi-              »Therapie
                                                                                                        Die endovaskuläre
                                                                                                              des AAA konnte
   der standardisierten Krankenhausinzi-       rurgie und Gefäßmedizin (DGG e. V.)
   denz des intakten AAA, wobei zukünftige     unternimmt mit dem Deutschen Insti-                  sich als Behandlungsstandard
   Analysen an longitudinal verknüpften        tut für Gefäßmedizinische Gesundheits-               etablieren
   und patientenbezogenen Datensätzen          forschung (DIGG) bereits seit 1999 eine
   zeigen müssen, ob sich diese Tendenz        Datenerhebung zur invasiven Ausschal-
   als valider Trend bestätigt (Quelle: For-   tung des AAA in teilnehmenden Gefäß-                 Nachteile desRegisterssind die freiwillige
   schungsdatenzentrum des Statistischen       zentren. Die Ergebnisse werden jährlich              Teilnahme, das Fehlen von Langzeitdaten
   Bundesamtes, eigene Berechnungen).          in der Gefässchirurgie publiziert. Für die           nach der Krankenhausentlassung und
                                               Jahre 1999 bis 2010 erfolgte eine kumu-              die fehlende Validierung der Ergebnisse.
                                               lative Analyse der Registerdaten. Etwa               Trotzdem stellt das Register ein wichtiges
                                               120 Zentren haben hierbei Daten zum                  Werkzeug der Qualitätsentwicklung und
                                               Zeitraum der Krankenhausbehandlung                   zum Benchmarking der einzelnen Leis-

                                                                                 Der einzige ballonexpandierbare, gecoverte Stent

Advanta V12                                                              mit reellen Langzeitdaten aus der klinischen Praxis.*

Ballonexpandierbarer                                                                          Das einzige Produkt mit einer primären

gecoverter Stent                                                                        Offenheitsrate von 74,7 % nach 5 Jahren.*

Vertrauenswürdig.                                                          Höhere Anzahl von                          611 Patienten

Zuverlässig.                                                               TASC-D-Läsionen,
                                                                           die im Rahmen von
Bewährt.                                                                   Advanta-V12-Studien
                                                                           behandelt wurden.*
                                                                                                                                      164 Patienten   155 Patienten
                                                                                                                                                                      70 Patienten

                                                                                                                      611 Patienten
                                                                           Mehr schwere
                                                                           Krankheitsfälle,
                                                                           die im Rahmen von
                                                                                                                                      164 Patienten   155 Patienten
                                                                           Advanta-V12-Studien                                                                        70 Patienten

                                                                           behandelt wurden.*

                                                                                                                                                       RF: Rutherford Classification
                  Erfahren Sie mehr

                                                                           *Mwipatayi B, et al., A systematic review of covered balloon-expandable stents
www.getinge.de                                                             for treating aortoiliac occlusive disease. Journal of Vascular Surgery, August 2020
Leitthema

      tungserbringer dar. Ein verpflichtendes       genutzt werden. Um diesen Prozess zu          nationalen Durchschnitt übereinstimm-
      datenschutzkonformes Qualitätssiche-         erleichtern, wurden Forschungsdaten-          te.
      rungsregister unter Einschluss aller teil-   zentren (FDZ) eingerichtet [43]. Ver-
      nehmenden Leistungserbringer, ähnlich        schiedene Fragestellungen zum AAA             Einflussfaktoren auf das kurz-
      wie bei Eingriffen an der Halsschlagader,     wurden durch die Forschungsgruppe             fristige Behandlungsergebnis in
      könnte die Validität und wissenschaft-       „Vaskuläre Versorgungsforschung“ der          Real-World-Datenquellen
      liche Verwertbarkeit der Daten in der        Technischen Universität (TU) München
      Zukunft steigern. Wichtig ist dabei auch     anhand der DRG-Daten des Destatis             In den Destatis-DRG-Daten von 2005
      die Sammlung von validen Langzeitda-         bearbeitet [23, 49–51, 53].                   bis 2013 wurden 84.631 Fälle mit invasi-
      ten.                                                                                       ver Behandlung (11,9 % Frauen) ausge-
                                                   Invasive Verfahrenswahl und                   wertet. Hierbei wurden weibliches Ge-
      Routinedaten der                             EVAR-Anteil im internationalen                schlecht(relativesRisiko:1,2x)und höhe-
      Sozialversicherungsträger                    Vergleich                                     res Alter (relatives Risiko: 1,8x pro 10 Jah-
                                                                                                 re) als unabhängige Risikofaktoren für
      Im Rahmen verschiedener Qualitätsent-        Zum Anteil endovaskulärer Therapie-           erhöhte Krankenhaussterblichkeit iden-
      wicklungsprojekte haben die Sozialver-       verfahren bei der Behandlung des AAA          tifiziert. Es wurde außerdem festgestellt,
      sicherungsträger DAK-Gesundheit und          (EVAR-Anteil) existieren zahlreiche ver-      dass Frauen bei der Aufnahme im Me-
      BARMER der Forschungsgruppe Ger-             gleichende Studien unter Einschluss           dian etwa 2 Jahre älter waren als Män-
      manVasc außerdem die Routinedatenba-         nationaler Register. In einer Analyse         ner und dass EVAR bei Frauen seltener
      sis für longitudinale Studien zur Verfü-     von 11 Gefäßregistern des VASCUNET-           eingesetzt wurde [49]. Die Registerana-
      gung gestellt [33]. Zwischen 2015 und        Komitees und des International Consor-        lyse der deutschen Qualitätssicherungs-
      2020 sind in diesem Konsortium ver-          tium of Vascular Registries (ICVR)[10]        daten von 1999 bis 2010 stellte außerdem
      schiedene Analysen zum AAA entstan-          wurden 51.153 Patienten/-innen einge-         einen zunehmenden maximalen Aneu-
      den [3, 4, 6–8, 16, 41]. Die Kohorten        schlossen, die zwischen 2010 und 2013         rysmadurchmesser, Multimorbidität, be-
      bleiben in ihrer externen Validität al-      behandelt wurden (86 % intakte AAA).          gleitende Iliakalaneurysmen und inflam-
      lerdings auf den jeweiligen Anteil der       Der Anteil endovaskulärer Verfahren           matorische Aneurysmagenese als Risi-
      Krankenkasse beschränkt. Während we-         schwankte deutlich zwischen 28 % in           kofaktoren heraus [46]. Dass Frauen ei-
      nige Sozialversicherungsträger die flä-       Ungarn und 79 % in den USA. 65 %              ne höhere Inzidenz an Zugangskompli-
      chendeckende bundesweite Versorgung          aller intakten und 30 % aller rupturier-      kationen und perioperativer Morbidität
      abbilden können (z. B. BARMER, DAK-          ten Aneurysmen wurden endovaskulär            aufweisen, konnte in mehreren Routine-
      Gesundheit), stehen auch regionale Da-       behandelt. Durch die Autoren/-innen           datenarbeiten herausgearbeitet werden.
      ten bei Kassenverbänden zur Verfügung        wurde unter anderem herausgearbeitet,         Allerdings zeigten sich keine Unterschie-
      (z. B. AOK, WIDO) [33].                      dass die Art des Erlössystems einen           de bei der frühen und langfristigen Sterb-
                                                   Einfluss auf die Patientenselektion hat-       lichkeit [3, 41].
      DRG-Krankenhausdiagnose-                     te. In Gesundheitssystemen mit DRG-
      statistik und Daten des Instituts für        Erlössystem wurden demnach häufiger            Der Einfluss des Krankenhaus-
      das Entgeltsystem im Krankenhaus             Patienten/-innen ≥ 80 Jahre (25 % vs.         fallvolumens auf Behandlungs-
                                                   18 %) und mit kleinerem Aneurysma-            ergebnisse und Zentralisierung
      Auf der Grundlage von § 21 des Kranken-      durchmesser (33 % vs. 16 %) behandelt
      hausentgeltgesetzes (KHEntgG) werden         als in Ländern mit populationsbezoge-         International, auch auf dem Boden
      jährlich die DRG-Daten aller stationär in    nem Budget [2].                               deutscher Versorgungsdaten aus admi-
      deutschen Krankenhäusern behandelten                                                       nistrativen und klinischen Registern,
      Patienten/-innen (außer Bundeswehr-
      krankenhäusern und psychiatrischen           »Aneurysmen
                                                       65 % aller intakten
                                                                 werden
                                                                                                 besteht eine breite Evidenzbasis für
                                                                                                 einen inversen Zusammenhang zwi-
      Einrichtungen) an das Institut für das                                                     schen Krankenhaussterblichkeit und
      Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK)          endovaskulär behandelt                        jährlicher Fallzahl der AAA-Behand-
      übermittelt. Diese Datenerhebung dient                                                     lungen [11, 37, 50, 52]. Dies führte
      in erster Linie der Anpassung und Ver-       In einer aktualisierten Vergleichsanalyse     mittlerweile auch dazu, dass in interna-
      besserung des DRG-Entgeltsystems. Die        zu 178.860 Patienten/-innen mit Behand-       tionalen Leitlinien eine Zentralisierung
      Daten werden auch an das Statistische        lungen zwischen 2010 und 2016 betrug          des Leistungsgeschehens in der statio-
      Bundesamt (Destatis) zum Zwecke der          der Anteil 68 % bzw. 28 % [37]. In bei-       nären Behandlung des AAA empfohlen
      amtlichen Krankenhausstatistik weiter-       de Analysen sind auch Register-, DRG-         wird [56]. Eine konkrete Mindestmenge,
      geleitet. Durch §3a und §16 des Bundes-      sowie Krankenkassendaten aus Deutsch-         insbesondere unter Einbeziehung der
      statistikgesetzes können diese Mikroda-      land eingegangen, wobei der EVAR-An-          deutlichen Unterschiede zwischen en-
      ten anschließend für wissenschaftliche       teil hierzulande mit 68 % (intakt) bzw.       dovaskulären und offen-chirurgischen
      Zwecke durch berechtigte Institutionen       31 % (rupturiert) fast exakt mit dem inter-   Verfahren, konnte allerdings bisher noch

256    Gefässchirurgie 4 · 2021
Abb. 2 9 Krankenhaus-
                                                                                                         sterblichkeit nach offen-
                                                                                                         chirurgischer (OSR) und en-
                                                                                                         dovaskulärer (EVAR) Be-
                                                                                                         handlung des rupturierten
                                                                                                         (links) und intakten (rechts)
                                                                                                         AAA in nicht verknüpften
                                                                                                         prozedurbezogenen Da-
                                                                                                         ten der Krankenhausdia-
                                                                                                         gnosestatistik in Deutsch-
                                                                                                         land. (Quelle: Forschungs-
                                                                                                         datenzentren der Statisti-
                                                                                                         schen Ämter des Bundes
                                                                                                         und der Länder, DRG-Sta-
                                                                                                         tistik, 2010–2015, eigene
                                                                                                         Berechnungen [9])

nicht konsentiert werden. In einer neuen    RL eingeschlossen wurden, wurden die        der endovaskulär versorgten Patien-
Analyse der VASCUNET-Gruppe von             Ergebnisse in der Vergangenheit kritisch    ten. Dies impliziert, dass die Wahl des
fast 180.000 Prozeduren aus 11 Län-         diskutiert. Eine neue Analyse konzen-       Therapieverfahrens nicht nur von Patien-
dern, 63 % davon EVAR, wurde kein           trierte sich dabei auf die Jahre 2012       tencharakteristika, sondern ebenso vom
Effekt des Krankenhausfallvolumens bei       bis 2016. Der inverse Zusammenhang          Standort der Behandlung abhängig ist.
EVAR nachgewiesen. Bei den offen-            zwischen Krankenhausfallzahl und pe-        Des Weiteren konnte eine hohe regionale
chirurgischen Behandlungen konnte in        rioperativer Sterblichkeit wurde erneut     Streuung der Krankenhaussterblichkeit
verschiedenen statistischen Verfahren       bestätigt. Auf dem Boden einer erstmalig    gezeigt werden [53].
ein optimales jährliches Fallvolumen        durchgeführten Erreichbarkeitsanalyse
von 13 bis 16 Krankenhausfällen errech-     für die deutsche Gesamtbevölkerung          Reproduzierbarkeit von
net werden. Ein interessanter Aspekt war    wurde dabei auch herausgearbeitet, dass     randomisierten kontrollierten
hervorzuheben: In den DRG-Erlössyste-       eine Mindestmenge von 30 Operationen        Studien in Real-World-
men konnten nur etwa 13 % (Australien),     pro Jahr einen rationalen Mittelweg zwi-    Datenquellen
19 % (USA) bzw. 11 % (Deutschland) al-      schen Risikoreduktion und Erreichbar-
ler teilnehmenden Krankenhäuser die         keit darstellen könnte [52]. Eine weitere   Derzeit findet eine Diskussion darüber
untere Mindestmenge von 13 Fällen pro       Studie untersuchte die Interaktion zwi-     statt, ob die Datenlage aus randomisier-
Jahr erreichen (. Abb. 2; [36, 37]).        schen Alter, Geschlecht und jährlicher      ten kontrollierten Studien aufgrund der
                                            Krankenhausfallzahl. Während sich bei       Lernkurveneffekte, Produktentwicklun-

»erreichen
     Nur 11 % aller Krankenhäuser
           die Mindestmenge von
                                            Männern aller Altersgruppen einheitlich
                                            ein positiver Effekt steigender Kranken-
                                                                                        gen und Änderungen des Risikoprofils
                                                                                        auf die gegenwärtige Versorgungsrealität
                                            hausfallzahlen zeigte, war dieser Effekt     ohne Einschränkungen angewendet wer-
13 Fällen pro Jahr                          nur bei unter 70-jährigen Frauen nach-      den kann [30, 39]. In diesem Zusammen-
                                            weisbar, nicht aber bei älteren Frauen.     hang werden zunehmend sogenannte er-
In Deutschland ist eine Zentralisierung     Während bei Männern somit durch ei-         fahrungsbasierte randomisierte Studien
der AAA-Behandlung seit mehreren            ne Zentralisierung der Behandlungen         vorgeschlagen, die solche Einflussfakto-
Jahren in der Diskussion [9, 17]. Na-       mit einer Reduktion der Sterblichkeit       ren einbeziehen sollen [13].
tional wurde ein Volume-Outcome-            zu rechnen ist, ist dies bei weiblichen        In einer systematischen Übersichtsar-
Zusammenhang erstmalig in den De-           Patienten diskutabel [51].                  beit und Metaanalyse zu randomisierten
statis-DRG-Daten von 2005 bis 2013                                                      kontrollierten Studien und Versorgungs-
nachgewiesen. Zudem waren weitere           Regionale Unterschiede bei der              daten aus den USA und Schweden konn-
Komplikationsraten, sowie Ressourcen-       Versorgung                                  te eine 30-Tage-Sterblichkeit von 1,3 %
verbrauch invers mit der jährlichen Fall-                                               nach EVAR und 4,7 % nach OAR er-
zahl für intakte und rupturierte AAA        Eine signifikante regionale Variation        rechnet werden. Nach 2 Jahren betrug
in Verbindung gebracht. Eine jährli-        und Clusterung der Krankenhausin-           die Sterblichkeitsrate 14,3 % bzw. 15,2 %
che verfahrensunabhängige Fallzahl von      zidenz von AAA in Deutschland mit           und war damit nicht mehr unterschied-
75 bis 100 wurde mit der niedrigsten        signifikant höheren Raten im Nordwes-        lich zwischen beiden Verfahren. In ei-
Sterbewahrscheinlichkeit assoziiert [50].   ten und niedrigeren Raten im Südosten       ner weiteren Metaanalyse zu drei ran-
Da in diese retrospektive Analyse von       wurde anhand der Destatis-DRG-Da-           domisierten kontrollierten Studien und
administrativen Daten auch Behand-          ten gezeigt [23]. Außerdem zeigte sich      insgesamt 68 Beobachtungsstudien wur-
lungsfälle vor Inkrafttreten der QBAA-      eine hohe regionale Varianz der Rate        den die langfristigen Behandlungsergeb-

                                                                                                          Gefässchirurgie 4 · 2021       257
Leitthema

      nisse nach mindestens 5 Jahren unter-        tenziellen komplementären Nutzen von        tiert wird. Dieser Composite-Endpunkt
      sucht, wobei keine Sterblichkeitsunter-      Daten aus klinischen und administrati-      umfasst letztlich alle hospitalisierten
      schiede gefunden wurden. Interessanter-      ven Registern. Vor dem Hintergrund der      Patienten/-innen, die im Rahmen der
      weise zeigten sich häufigere Reinterven-      EU-Datenschutzgrundverordnung und           Krankenhausbehandlung versterben und
      tionsraten nach EVAR, aber auch eine         der ab Mai 2021 in Kraft tretenden Me-      repräsentiert dabei die Fähigkeit, schwer-
      Verbesserung der Behandlungsergebnis-        dizinproduktverordnung sind allerdings      wiegende Komplikationen effektiv zu be-
      se im Laufe der Zeit [27].                   pragmatische und reliable Lösungen zur      handeln und Todesfälle zu verhindern.
                                                   Erhebung und Verarbeitung dieser Da-        Voraussetzung für eine umfassende und

      »klinischen
           Die Langzeitdaten in
                  Registern gewinnen
                                                   ten erforderlich. Das Medical Device
                                                   Epidemiology Network (MDEpiNet)
                                                                                               valide Betrachtung dieses Aspektes sind
                                                                                               vollständige patientenbezogene Daten
                                                   mit Niederlassungen in 5 Ländern baut       unter Einschluss von Verlegungen auf
      für die Evaluation an Bedeutung              hierfür in Deutschland derzeit einen        interne und externe Intensivstationen
                                                   gemeinnützigen Interessenverband auf,       (Krankenhausverlegungen).
      In einer longitudinalen Analyse von Rou-     in dem diese und andere Fragen gemein-          Abschließend ist zu erwähnen, dass
      tinedaten der DAK-Gesundheit über bis        sam diskutiert werden können (https://      die Verfügbarkeit valider Risikovorher-
      zu 6 Jahre konnte gezeigt werden, dass       mdepinet.de/).                              sagemodelle zum Rupturrisiko und zur
      nach etwa 2 Jahren eine Angleichung              Neben fehlenden Langzeitdaten zu        Prognoseabschätzung im Langzeitver-
      bzw. ein Wechsel der Sterblichkeit bei       den Behandlungen und Medizinpro-            lauf bisher noch eingeschränkt ist. Ver-
      beiden Verfahren stattfindet. Die Kran-       dukten erscheinen wichtige Störfaktoren     schiedene retrospektive Beobachtungs-
      kenhaussterblichkeit war dabei mit 1,2 %     in der wissenschaftlichen Debatte noch      studien konnten dagegen den Einfluss des
      nach EVAR und 5,4 % nach OAR des in-         unzureichend gewürdigt. Hierzu zählt        weiblichen Geschlechts auf kurzfristige
      takten AAA und 26,1 % bzw. 42,0 % der        unter anderem der Einfluss sozioökono-       Behandlungsergebnisse herausarbeiten.
      Ruptur fast identisch mit den verfügba-      mischerFaktorenund deroptimalenArz-         Anatomische Unterschiede zwischen den
      ren RCT [7]. Insgesamt legen die Daten       neimitteltherapie während des Follow-       Geschlechtern, aber auch der Zusam-
      aus Beobachtungsstudien und RCT aller-       ups. Da sich bei anderen gefäßmedizini-     menhang mit Blutungskomplikationen
      dings nahe, dass die alleinige Nutzung       schen Erkrankungen nur unzureichende        bzw. ischämischen Komplikationen auf
      der kurzfristigen Mortalität bis 30 Ta-      Verschreibungsraten, z. B. bei Statinen,    dem Boden der Nutzung von Verschluss-
      ge ohne Einbeziehung weiterer Parame-        gefunden haben, ist von einer ähnlichen     und Schleusensystemen verdienen eine
      ter kein perfekter Qualitätsindikator ist.   Situation in dieser Zielpopulation auszu-   gewissenhaftere Betrachtung in zukünf-
      Vielmehr ist die datenschutzkonforme         gehen. Zukünftige Forschungsprojekte        tigen Studien.
      Sammlung von Langzeitdaten in klini-         sollten dabei insbesondere auch den am-
      schen Registern oder die komplementä-        bulanten Behandlungssektor beleuchten,      Fazit für die Praxis
      re Nutzung von Routinedaten der So-          dessen wichtige Rolle bisher nur unzu-
      zialversicherungsträger zunehmend von        reichend in Versorgungsforschungs-          4 Männer über 65. Jahren haben seit
      Bedeutung.                                   projekten abgebildet wurde. Weiterhin           2018 Anspruch auf eine einmalige
                                                   unerforscht ist auch der rehabilitative         Ultraschalluntersuchung der Bauch-
      Offene Forschungsfragen und                   Gesundheitssektor und der potenzielle           schlagader.
      Diskussion                                   Nutzen von rehabilitativen Maßnahmen        4   Internationale Screeningprogramme
                                                   nach invasiver Versorgung des AAA               belegen bei älteren Männern eine
      Trotz der zentralen Stellung des For-        auf die langfristigen Behandlungser-            Häufigkeit zwischen 1,5 und 3,6 %.
      schungsthemas in Fachzeitschriften und       gebnisse. Um die potenzielle Nutzung        4   Die EVAR(endovaskuläre Therapie-
      auf wissenschaftlichen Kongressen er-        risikobasierter Screeningangebote weiter        verfahren)-Rate ist in Deutschland
      scheint es bemerkenswert, dass zahl-         zu untersuchen, sollten die Ergebnisse          mit 70 % aller intakten und 30 %
      reiche Fragen zu Screening, Diagnostik,      aus anderen Ländern, aber auch aus deut-        aller rupturierten Bauchaortenan-
      und Behandlung der Zielpopulation wei-       schen Studien zugrunde gelegt werden            eurysmen mit der internationalen
      terhin ungeklärt bleiben. Dabei bleibt       [34].                                           Versorgungsrealität vergleichbar.
      der Mangel an hochwertiger Evidenz,                                                      4   Die invasiven Prozeduren zur Be-
      die die aktuellen Produktgenerationen
      bei EVAR und die dynamischen Lern-           »solltenForschungsprojekte
                                                              auch den ambulanten
                                                                                                   handlung des Bauchaortenaneurys-
                                                                                                   mas werden in Deutschland an etwa
      kurveneffekte für beide Verfahren ein-                                                        500 Krankenhäuser durchgeführt,
      bezieht, ein zentraler Aspekt [39]. In der   Behandlungssektor beleuchten                    aber nur 11 % von ihnen erreichen
      aktuellen S3-Leitlinie zur Diagnostik                                                        Fallzahlen mit mehr als 13 Eingriffen
      und Behandlung des AAA basierten die         Eng mit dem Fallvolumen-Outcome-                pro Jahr.
      109 Empfehlungen und Feststellungen          Zusammenhang verknüpft ist zudem            4   Ein realisierbarer Mittelweg zwischen
      nur zu 42 % auf dem Boden hochwertiger       die sogenannte Failure-to-rescue-Rate,          Risikoreduktion und Erreichbarkeit
      Evidenz [15]. Dies unterstreicht den po-     deren Bedeutung derzeit intensiv disku-         der Krankenhäuser könnte eine

258    Gefässchirurgie 4 · 2021
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