Geschlechtergerechter Sprachgebrauch: Tipps und Tricks
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Bild: © marille.cc Workshop zu Sprache & Diskriminierung, Dienstag, 5. April 2022 Karoline Irschara Geschlechtergerechter Sprachgebrauch: Tipps und Tricks Alumnae* am Puls // 05.05.2022, 18.00‐19.30 Uhr Bild: © marille.cc Workshop zu Sprache Karoline Irschara & Diskriminierung, (karoline.irschara@uibk.ac.at)
Themenblöcke » Einstieg ins Thema: Beispiele & die Rolle der Sprache » Das pseudogenerische Maskulinum » Gendern: Ja bitte, aber wie? • Personenbezeichnungen • Digitale Barrierefreiheit • Umformulieren & Stereotypen hinterfragen » Argumentationsmuster » Offene Fragen & Links https://padlet.com/irschara_karoline/dm2fu22uofisenor Innsbruck I 05.05.2022
„Sofagate“ 2021 » Welcher Platz wird Personen im Sprachsystem bzw. im Sprachgebrauch zugewiesen? » Wie werden Kategorien hergestellt und inwiefern hängt das mit Diskriminierung zusammen? Innsbruck I 05.05.2022
» Samantha Cristoforetti: Interview im Messagero anlässlich Rückkehr zur internationalen Raumstation ISS, 19. April 2022 » „Wie erklären Sie Ihren Kindern, dass ihre Mutter so lange auf der Internationalen Station bleiben wird?“ » „Wie viele Post‐it‐Zettel haben Sie auf dem Kühlschrank zu Hause in Köln hinterlassen?“ https://www.ilmessaggero.it/persone/samantha_cristoforetti_diretta_live_spazio_missione_mi nerva_esa_asi_bambini_spacex_elon_musk_crew_dragon‐6636046.html Innsbruck I 05.05.2022
Sprache Die Rolle der Sprache » (Werkzeug zur Abbildung, Beschreibung der Welt) vs. Medium der Wirklichkeitskonstruktion » Benennung, Kategorisierung, Beschreibung, Zuschreibung etc. » Wir formen unsere Sprache vs. die Sprache formt uns in unserem Denken » Sprache = Gegenstand und Grund für Diskriminierung; gleichzeitig auch ein wichtiges Mittel zur Bekämpfung von Diskriminierung Denken Innsbruck I 05.05.2022
„Worte können wie winzige Arsendosen sein. Sie werden unbemerkt verschluckt, sie scheinen keine Wirkung zu haben, und nach einiger Zeit ist die Giftwirkung doch da.“ (Victor Klemperer 1966: 18) Innsbruck I 05.05.2022
Feministische Linguistik bzw. Genderlinguistik Intervenierende Wissenschaft Sprache wird nicht nur beschrieben, sondern auch kritisiert Innsbruck I 05.05.2022
Das pseudogenerische Maskulinum Die Studenten Innsbruck I 05.05.2022
Das pseudogenerische Maskulinum „Das Burnout‐Syndrom erwischt nicht nur Manager, zu den Betroffenen gehören v.a. auch Krankenschwestern, Lehrer, Hausfrauen und Journalisten.“ Aus Gründen der Lesbarkeit verwenden wir nur die männliche Form. Selbstverständlich sind Frauen mitgemeint. (eher: Aus Gründen der Bequemlichkeit verzichten wir auf die weibliche Form?) Innsbruck I 05.05.2022
Das pseudogenerische Maskulinum Innsbruck I 05.05.2022
Innsbruck I 05.05.2022
Vorschläge (Personenbezeichnungen) » Teilnehmer » weiblicher Teilnehmer » Teilnehmerinnen » Teilnehmerinnen und Teilnehmer » Teilnehmer/‐innen oder Teilnehmer/innen » TeilnehmerInnen » Teilnehmende Innsbruck I 05.05.2022
[ʔ] Vorschläge (Personenbezeichnungen) » Teilnehmer*innen » Teilnehmer_innen Artikel und Pronomen erhalten auch ein Sternchen – » Teilnehmer:innen am leichtesten ist es, auf den Plural auszuweichen: » … jede*r Reporter*in viele Reporter*innen der*die Therapeut*in die Therapeut*innen Kollege*innen Kolleg*innen Ärzte*innen Ärzt*innen Innsbruck I 05.05.2022
Digitale Barrierefreiheit „Gendern durch Sonderzeichen und Typografie, Beispiele: • Mitarbeiter_innen • Mitarbeiter/‐innen „Zudem ist davon auszugehen, dass • MitarbeiterInnen Doppelpunkt und Unterstrich für • Mitarbeiter*innen sehbehinderte Menschen schlechter • Mitarbeiter:innen erkennbar sind als das Sternchen.“ (2021) ist nicht zu empfehlen. “ https://www.dbsv.org/gendern.html#gendern Innsbruck I 05.05.2022
Umformulieren: Sollen zusammengesetzte Wörter gegendert werden? » Bürgersteig Gehsteig » Fußgängerweg Fußweg » Rednerpult Redepult » Wählerverzeichnis Wahlverzeichnis » Pendlerpauschale Pendelpauschale » Anfängerkurs Grundkurs, Einstiegskurs Innsbruck I 05.05.2022
Umformulieren: Sollen zusammengesetzte Wörter gegendert werden? » Benutzerordnung Nutzungsordnung » Expertenwissen Fachwissen » Ärzteverband Verband der Ärztinnen und Ärzte » Raucherpause Zigarettenpause » Teilnehmerliste Teilnahmeliste » leserfreundlich lesefreundlich Innsbruck I 05.05.2022
Pluralbildung Der/Die Patient/Patientin hat im besonderen Patient*innen haben im besonderen Maße Anspruch auf eine seiner/ihrer Würde Maße Anspruch auf eine ihrer Würde entsprechende Behandlung. Hierzu gehört auch entsprechende Behandlung. Hierzu ihm/ihr auf seinen/ihren Wunsch hin das Sterben gehört auch, ihnen auf ihren Wunsch zu Hause zu ermöglichen. hin das Sterben zu Hause zu ermöglichen. Innsbruck I 05.05.2022
Relativsätze mit geschlechtsneutralen Pronomen im Plural Die Auslandsstipendianten müssen ihren Diejenigen, die ein Auslandsstipendium Auslandsaufenthalt innerhalb des nächsten Monats erhalten, müssen ihren antreten. Auslandsaufenthalt innerhalb des nächsten Monats antreten. Alle, die ein Auslandsstipendium erhalten, müssen ihren Auslandsaufenthalt innerhalb des nächsten Monats antreten. Innsbruck I 05.05.2022
Tipps Neutralisierung Sachbezeichnungen: Statt Personenbezeichnung ein Abstraktum verwenden Leiterin oder Leiter Leitung (Funktionsbezeichnung) Professorin, Professor Professur (Funktionsbezeichnung) Richter Gericht (Institutionsbezeichnung) Kollegen Team (Kollektivbezeichnung wie Abteilung, Personal…) Geschlechtsneutrale Ausdrücke Person, Fachkraft, Hilfskraft, Mensch, Fan, Gegenüber … Im Mündlichen oft praktisch: Kurzwörter: Prof, Studi, etc. Innsbruck I 05.05.2022
Direkte Anrede Adresse des Antragsstellers Ihre Adresse Besucher werden gebeten, ihre Taschen Bitte schließen Sie Ihre Taschen ein. einzuschließen Unterschrift des Erziehungsberechtigten Ihre Unterschrift Innsbruck I 05.05.2022
Umformulierungen mithilfe eines Adjektivs Rat des Arztes Ärztlicher Rat Arztgeheimnis Ärztliche Schweigepflicht Kritiker Kritische Stimmen Nachwuchswissenschaftler Wissenschaftlicher Nachwuchs Herausgeber Herausgegeben von Verfasser Verfasst von Innsbruck I 05.05.2022
Passiv oder Umschreibungen mit wir Mitarbeitende müssen Folgendes beachten. Es muss Folgendes beachtet werden. Wir müssen Folgendes beachten. Die MitarbeiterInnen der Personalabteilung In der Personalabteilung wurde ein neuer Arbeitsplan erarbeiteten einen neuen Arbeitsplan. erarbeitet. Man sollte… Es sollte… Wir sollten… modaler Infinitiv: xy ist zu machen Innsbruck I 05.05.2022
Stereotypen hinterfragen Innsbruck I 05.05.2022
Adressierung in E‐Mails Innsbruck I 05.05.2022
Innsbruck I 05.05.2022
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Aber “gerechte” Sprache ist so kompliziert... Texte werden unleserlich! » Ist das Wort Mastdarm besonders lesefreundlich? » Dienstleistungen nach der EU‐Dienstleistungsrichtlinie » wnenn ich nchoh einaml lseen msus, das gndresible sprache den lseefulss sörtrt, esse cih alel euer dudens auf! Innsbruck I 05.05.2022
Sprachverhunzung! Jeder/m der/m dazu etwas einfällt, schreibt ihre/seine Ideen auf einen Zettel und gibt ihn an ihre/ihren/seine/seinen Nachbarin/Nachbarn weiter. Alle, denen etwas einfällt, schreiben dies auf einen Zettel und reichen diesen an die Person daneben weiter. Innsbruck I 05.05.2022
Grammatikalisch falsch! » Wer bestimmt, was korrekt ist? » Sprache wandelt sich kontinuierlich (vgl. Corona) Innsbruck I 05.05.2022
Sprachpolizei » Ziel der FL: Aufklärung über Ungerechtigkeiten in der Sprache; Versuch, Grammatikregeln gerechter zu machen » Sprachpolizei eher diejenigen, die auf der Einhaltung diskriminierender Regeln bestehen? Innsbruck I 05.05.2022
Lächerlich machen / slippery slopes » Brüder*innen » die MenschInnen » die Lamp_innen Innsbruck I 05.05.2022
Don’t worry, I’m happy! “Ich habe damit kein Problem, ich fühle mich immer mitgemeint” » Ist das nur etwas Individuelles? » Mitgemeint vs. gemeint sein » Empirische Evidenz! Innsbruck I 05.05.2022
Es gibt wichtigere Probleme » Es wird so getan, als sei Sprache nicht Teil der sozialen Wirklichkeit » Die FL behauptet nicht, alle Probleme allein durch Sprache lösen zu können » Sprachliche Benachteiligung ist oft gleichbedeutend mit “wirklicher” Benachteiligung » vgl. Amtsdokumente & dritte Geschlechteroption Innsbruck I 05.05.2022
Sprache ist nicht so wichtig. Ich respektiere Frauen im ECHTEN Leben. » erbitterter Kampf gegen neue Formen » andererseits nicht so wichtig: Sprache also zugleich wichtig & unwichtig? das sagt man (halt) so ich mein es ja nicht so das sagen alle Innsbruck I 05.05.2022
Gerechte Sprache ‐ was will/kann sie? » neue, kreative Versuche, » eine fertige Lösung darstellen Gewohnheiten zu irritieren » vorschreiben, wie geredet » Diskriminierung und hierarchische werden muss Geschlechterverhältnisse » in ein starres Regelwerk wahrnehmen, herausfordern, gegossen werden ansprechen, dagegen anschreiben » Sprachliche Revolution oder » den eigenen Sprachgebrauch sprachliche Benimmregeln? reflektieren » Bewusstsein: Sprache & Denken Innsbruck I 05.05.2022
Gendercheck https://www.genderleicht.de/gendercheck/ Innsbruck I 05.05.2022
Literatur » AG feministisch Sprachhandeln der Humboldt‐Universität zu Berlin (2014): Was tun? Sprachhandeln – aber wie? W_Ortungen statt Tatenlosigkeit. Anregungen zum antidiskriminierenden Sprachhandeln. 2. Aufl. Berlin: Humboldt‐Universität zu Berlin. » Bundesvereinigung Trans* (2017): Geschlechtliche Vielfalt im öffentlichen Dienst. https://www.bv‐trans.de/publikationen/. » Kotthoff, Helga; Nübling, Damaris (2018): Genderlinguistik. Eine Einführung in Sprache, Gespräch und Geschlecht. Unter Mitarbeit von Claudia Schmidt. Tübingen: Narr\Francke\Attempto (Narr Studienbücher). » Mills, Sara (2008): Language and sexism. Cambridge: Cambridge University Press. » Löhr, Ronja A. (2021): Gendergerechte Personenbezeichnungen 2.0. Wie nichtbinäre Personen den Genderstern und andere Bezeichnungsvarianten beurteilen. In: Muttersprache 131 (2), S. 172. DOI: 10.53371/60206. » Posch, Claudia (2011): Mitgefangen – Mitgehangen? Generisches Maskulinum und Normen geschlechtergerechten Sprachgebrauchs. In: Christina Antenhofer, Cordula Schnegg und Andreas (Hg.) Oberprantacher (Hg.): Perspektiven Geisteswissenschaftlicher Forschung. Innsbruck: IUP. » Pöschko, H., Prieler, V. Zur Verständlichkeit und Lesbarkeit von geschlechtergerecht formulierten Schulbuchtexten. Z f Bildungsforsch 8, 5–18 (2018). https://doi.org/10.1007/s35834‐017‐0195‐2 » Überwachungsstelle des Bundes für Barrierefreiheit und Informationstechnik: Empfehlung zu gendergerechter, digital barrierefreier Sprache ‐ eine repräsentative Studie (2021) https://www.bfit‐bund.de/DE/Publikation/empfehlung‐gendergerechte‐digital‐barrierefreie‐sprache‐studie‐koehler‐wahl.html » Wetschanow, Karin (2017): Von nicht‐sexistischem Sprachgebrauch zu fairen W_ortungen – Ein Streifzug durch die Welt der Leitfäden zu sprachlicher Gleichbehandlung. In: Constanze Spieß und Martin Reisigl (Hg.): Sprachpolitiken und Grammatik. Duisburg: Universitätsverlag Rhein‐Ruhr OHG (Osnabrücker Beiträge zur Sprachtheorie (OBST), 90). Innsbruck I 05.05.2022
Literatur zum GM » Braun, Friederike; Gottburgsen, Anja; Sczesny, Sabine; Stahlberg, Dagmar (1998): Können Geophysiker Frauen sein? Generische Personenbezeichnungen im Deutschen. In: Zeitschrift für Germanistische Linguistik 26 (3). DOI: 10.1515/zfgl.1998.26.3.265 » Gygax, Pascal/Gabriel, Ute/Sarrasin, Oriane/Oakhill, Jane/Garnham, Alan (2008): Generically intended, but specifically interpreted: When beauticians, musicians, and mechanics are all men, in: Language and Cognitive Processes 23/3, S. 464‐485. » Irmen, Lisa; Köhncke, Astrid (1996): Zur Psychologie des “generischen” Maskulinums. In: Sprache & Kognition: Zeitschrift für Sprach‐ und Kognitionspsychologie und ihre Grenzgebiete. Vol 15, Nr. 3, 152‐166. » Klein, Josef (1988): Benachteiligung der Frau durch das generische Maskulinum – eine feministische Schimäre oder psycholinguistische Realität? In: Norbert Oellers (Hrsg.): Germanistik und Deutschunterricht im Zeitalter der Technologie: Selbstbestimmung und Anpassung. Niemeyer, Tübingen, S. 310–319. » Rummler, Ulrike (1995): Ärztin oder Arzt? Eine psycholinguistische Untersuchung zum generischen Gebrauch des Maskulinums bei Grundschülerinnen und Grundschülern. In: Osnabrücker Beiträge zur Sprachtheorie. Band 51, S. 173–189. » Scheele, Brigitte; Gauler, Eva (1993): Wählen Wissenschaftler ihre Probleme anders aus als WissenschaftlerInnen? Das Genus‐Sexus‐Problem als paradigmatischer Fall der linguistischen Relativitätsthese. In: Sprache & Kognition. Band 12, Nr. 2, S. 59–72 » Stahlberg, Dagmar; Sczesny, Sabine; Braun, Friederike (2001): Name Your Favorite Musician: Effects of Masculine Generics and of their Alternatives in German. In: Journal of Language and Social Psychology. Band 20, Nr. 4, S. 464–469 Innsbruck I 05.05.2022
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