Geschlechtsspezifische Unterschiede der Alzheimer demenz - sonderdruck aus der neuropsychiatrie, Band 22, nr. 1/2008, s. 1-15
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Geschlechtsspezifische Unterschiede der Alzheimer Demenz Sonderdruck aus der Neuropsychiatrie, Band 22, Nr. 1/2008, S. 1–15
Ist Alzheimer Demenz bei Frauen häufiger als bei Männern ? Die Alzheimer Demenz ist in allen Altersgruppen bei Frauen häufiger als bei Männern. In der Altersgruppe 65-69 leiden 0.7% der Frauen und 0.6% der Männer an Alzheimerkrankheit. Die Zahlen steigen mit zunehmendem Alter bei Männern und bei Frauen exponentiell an und erreichen bei 85-89-jährigen Psychiatrie, Psycho- 8.8% bei Männern und 14.2% bei Frauen. Neue Fälle treten in einem Jahr bei therapie, Public Mental 0.22% der Frauen und 0.09% der Männer in der Gruppe der 60-64-Jährigen Health und Sozial- auf. Bei 85-89-Jährigen ist die Rate der Neuerkrankungen pro Jahr mit 4.15% psychiatrie bei Frauen fast doppelt so hoch wie die 2.42%-Rate der Männer. Wie sieht die Situation in Österreich aus? Da Frauen insgesamt ein höheres Lebensalter als Männer erreichen ist der überwiegende Anteil der österreichischen Alzheimer Kranken weiblichen Ge- schlechts. Im Jahr 2000 waren 74.1% aller Kranken mit Alzheimer Demenz Frauen, aber nur 25.9% Männer. Gibt es Unterschiede in der klinischen Ausprägung der Demenz zwischen Frauen und Männern? Zeitungsgründer Eine Reihe von Untersuchungen zeigen mehr sprachliche, amnestische, se- Franz Gestenbrand, Innsbruck mantische und Orientierungsdefizite bei Frauen als bei Männern. Vor allem Hartmann Hinterhuber, Innsbruck Kornelius Kryspin-Exner † in den Bereichen Sprache und verbales Gedächtnis überraschen die Resultate wegen des bekannten Leistungsvorteils von gesunden älteren Frauen in all- gemeiner Kognition, Sprache und verbalem Gedächtnis. Im Bereich Verhal- tensstörungen haben Frauen mit Alzheimer Krankheit häufiger Depressionen Redaktion während Männer häufiger Aggressionen aufweisen. Hartmann Hinterhuber, Innsbruck Ullrich Meise, Innsbruck Verläuft die Alzheimer Krankheit bei Frauen anders als bei Männern? Es gibt widersprüchliche Studienergebnisse. Einige Studien zeigen, dass die Erkrankung bei Frauen rascher als bei Männern verläuft. Dem stehen Studi- Wissenschaftliches energebnisse gegenüber die keine Unterschiede im Verlauf zeigen, vor allem Organ wenn für wichtige Ko-faktoren wie Alter, Bildungsgrad und Demenzschwere- • pro mente austria grad korrigiert wird. Dachverband der Sozialpsy- chiatrischen Gesellschaften • Österreichische Alzheimer Sprechen Frauen anders als Männer auf Therapie an? Gesellschaft Dafür gibt es keine überzeugende Evidenz. Es gibt jedoch Untersuchungen, • Österreichische Gesellschaft die darauf hinweisen, dass Frauen mehr Nebenwirkungen auf Cholinesterase- für Bipolare Erkrankungen • Österreichische Gesellschaft hemmer haben als Männer. Dies dürfte aber kein geschlechts-spezifischer Ef- für Kinder- und Jugend- fekt sein, sondern vielmehr auf das geringere durchschnittliche Körpergewicht psychiatrie von Frauen und die daraus resultierende geringere Clearence von Cholineste- • Österreichische rasehemmern zurückzuführen sein. Geschlechts-spezifische Unterschiede be- Schizophreniegesellschaft stehen in der Pharmakokinetik neuerer Antipsychotika. Frauen zeigen größere Prolaktinerhöhungen, mehr Gewichtszunahme, eine höhere Frequenz von me- tabolischem Syndrom und QT-Verlängerungen mit der Gefahr von Torsade de Pointes Arrhythmien. Welche Unterschiede bestehen in der sozialen Versorgung zwischen Frauen und Männern? 2/3 der PflegegeldbezieherInnen sind Frauen. Im Schnitt leben 1/3 der Pfle- gegeldbezieherInnen alleine. Pflege und Betreuung von DemenzpatientInnen erfolgt zu 80% in den Familien und hier vorwiegend von Ehefrauen und Töch- tern. 74% der pflegenden Angehörigen leisten Pflege rund um die Uhr. Bei mobilen Diensten liegt der Frauenanteil am Personal bei 91%. In teilstatio- nären und stationären Einrichtungen liegt der Anteil der weiblichen Beschäf- tigten bei durchschnittlich 84%. Pflege-und Betreuungsarbeiten werden also sowohl im familiären als auch im institutionalisierten Bereich zum ganz über- wiegenden Teil von Frauen erbracht. Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle http//:www.dustri.de ISSN 0948-6259
Neuropsychiatrie, Band 22, Nr. 1/2008, S. 1–15 Übersicht Review Geschlechtsspezifische Unterschiede der Alzheimer Demenz Reinhold Schmidt1, Eva Assem-Hilger2, Thomas Benke3, Peter Dal-Bianco2, Margarete Delazer3, Gunther Ladurner4, Kurt Jellinger5, Josef Marksteiner6, Gerhard Ransmayr7, Helena Schmidt8, Elisabeth Stögmann2, Johannes Wancata9 und Christina Wehringer10 Gemeinsam mit folgenden BetreiberInnen von Gedächtnisambulanzen in Österreich: Christian Bancher11, Klaus Berek12, Christian Eggers13, Peter Fischer14, Bernhard Iglseder15, Christian Lampl16 , Peter Kapeller17, Friedrich Leblhuber18, Georg Psota19 und Margarete Uranüs20 1 Univ.-Klinik für Neurologie, Medizinische Universitätsklinik Graz 2 Univ.-Klinik für Neurologie, Medizinische Universität Wien 3 Univ.-Klinik für Neurologie, Medizinische Universität Innsbruck 4 Univ.-Klinik für Neurologie, Paracelsus Medizinische Privatuniversität, Salzburg 5 Institut für Klinische Neurobiologie, Wien 6 Univ.-Klinik für Psychiatrie, Medizinische Universität Innsbruck 7 Abteilung Neurologie und Psychiatrie, Allgemeines Krankenhaus, Linz 8 Institut für Medizinische Molekularbiologie und Medizinische Biochemie, Medizinische Universität Graz 9 Univ.-Klinik für Psychiatrie, Medizinische Universität Wien 10 Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz, Wien 11 Abteilung für Neurologie Landeskrankenhaus Waldviertel, Horn 12 Abteilung für Neurologie am Bezirkskrankenhaus Kufstein 13 Abteilung für Neurologie, Barmherzige Brüder, Linz 14 Psychiatrische Abteilung, Sozialmedizinisches Zentrum Ost, Wien 15 Univ.-Klinik für Geriatrie, Christian Doppler Klinik, Salzburg 16 Abteilung für Allgemeine Neurologie und Schmerzmedizin, Kooperationsspital Barmherzige Schwestern und Barmherzige Brüder, Linz 17 Abteilung für Neurologie, Landeskrankenhaus Villach 18 Neurologisch-Psychiatrische Gerontologie, Nervenklinik Linz 19 Gerontopsychiatrisches Zentrum, Psychosoziale Dienste, Wien 20 Gerontopsychiatrische Abteilung, Landesnervenklinik Sigmund Freud, Graz Schlüsselwörter: Dieses Projekt wurde durch einen 8.8%. Die Inzidenz ist ebenfalls Demenz – Alzheimer Demenz – Unrestricted Grant von Pfizer in allen Altersgruppen bei Frauen Geschlechtsunterschiede – Epidemiologie Austria unterstützt höher. In Österreich sind Alzheimer- – Behandlung – Pflege Kranke >60 Jahre in 74.1% Frauen. Mehrere Studien beschreiben mehr sprachliche, mnestische, semantische Keywords: Geschlechtsspezifische Unterschie und Orientierungsdefizite bei Frauen Dementia – Alzheimer dementia – sex de der Alzheimer Demenz mit Demenz, wobei methodische differences – epidemiology – treatment Frauen haben eine höhere Prävalenz Mängel als Ursache dieses Befundes – care der Alzheimer Erkrankung. Sind in möglich sind. Ähnliches gilt für der Altersgruppe 65-69 Jahre etwa Ergebnisse die rascheren Verlauf des 0.7% der Frauen und 0.6% der Männer kognitiven Abbaues bei Alzheimer- © 2008 betroffen, so steigen diese Frequenzen Patientinnen beschreiben. Frauen Dustri-Verlag Dr. Karl Feistle ISSN 0948-6259 bei 85-89-jährigen auf 14.2% und zeigen in allen Untersuchungen ein
Schmidt et al breiteres Spektrum von demenz- Sex differences in Alzheimer and post-menopausal hormonal assoziierten Verhaltensauffälligkeiten disease changes. Interactions between gender mit einer besonderen Häufung The prevalence of Alzheimer disease and response to treatment, if any, are von Depressionen, während Män is higher in women than in men. In the subtle and have large intra-individual ner häufiger aggressives Verhal age group 65-69 years 0.7% of women variability. In Austria, two thirds ten zeigen. Es gibt eine Reihe and 0.6% of men suffer from the of patients receiving attendance biologischer Erklärungen für ge disease with increasing frequencies of allowance are women. Care takes schlechts-spezifische Unterschiede 14.2% and 8.8% in individuals aged place in 80% by the families and is in der klinischen Präsentation der 85-89 years. The incidence is also provided by women in 78%. The Alzheimer-Demenz. Sie reichen von higher in demented women. In Austria rate of female care-givers in partly unterschiedlicher Hirnmorphologie 74.1% of Alzheimer patients older institutionalized care units is 91% in und Funktion mit höherer Sus than 60 years are women. Several nursing homes it is 84%. zeptibilität für Alzheimer-Pathologie studies report more pronounced bei Frauen und größerer kognitiver language, mnestic, semantic and Reserve bei Männern, bis zu orientation deficits in women, but Geschlechtsunterschieden in der methodological shortcomings might Epidemiologie Expression antioxidativer Enzyme be responsible for this finding. The und postmenopausaler hormoneller validity of results reporting a more Prävalenz bei Frauen und Män Veränderungen. Wenn eine Inter rapid cognitive decline in women nern aktion zwischen Geschlecht und can also be questioned. Women have Therapieresponse besteht, so ist a broader spectrum of dementia- Um mögliche Fehlereinflüsse zu sie gering und individuell variabel. related behavioural symptoms with minimieren, werden im Folgenden Zwei Drittel der Pflegegeldbezieher a predominance of depression, while überwiegend Daten verwendet, die in Österreich sind Frauen. Pflege aggression is more frequent in men aus Meta-Analysen bzw. gepoolten und Betreuung erfolgt zu 80% than in women. Biological explana Re-Analysen von Einzelstudien im familiären Kontext und wird tions for gender-specific differences in stammen. In Tabelle 1 sind zwei zu 78% von Frauen erbracht. Bei the phenotype of Alzheimer´s disease Meta-Analysen zur Prävalenz den mobilen Diensten liegt der include different brain morphology von Demenzen, gepoolt und für Frauenanteil der Bediensteten bei and function with higher susceptibility Alzheimer Demenz und vaskuläre 91% in teilstationären und bei 84% in for pathological lesions in women Demenz getrennt, dargestellt. [1- stationären Einrichtungen. and greater cognitive reserve in men. 4]. Hofman et al. [1] berichten bei Sex differences were also reported for den unter 75-Jährigen eine höhere expression of antioxidative enzymes Prävalenz für Männer und bei Vaskuläre Alter Alle Demenzen Alzheimer-Demenz Demenz Hofman et al. Lobo et al. Rocca et al. Lobo et al. Hy et al. Lobo et al. [1] [2] [3] [2] [4] [2] W M W M W M W M W M W M 60-64 0,5 1,6 -- -- -- -- -- -- -- -- 0,4 0,3 65-69 1,1 2,2 1,0 1,6 0,7 0,6 1,0 0,7 0,1 0,5 70-74 3,9 4,6 3,1 2,9 2,3 1,5 2,1 1,5 0,6 0,8 3,6 2,5 75-79 6,7 5,0 6,0 5,6 4,3 1,8 4,5 3,1 0,9 1,9 80-84 13,5 12,1 12,6 11,0 8,4 6,3 9,0 6,4 2,3 2,4 11,2 10,0 85-89 22,8 18,5 20,2 12,8 14,2 8,8 17,4 12,8 3,5 2,4 90-94 32,2 32,1 31,0 23,7 30,8 22,1 24,7 40,9 23,6 17,6 5,8 3,6 95+ 36,0 31,6 48,9 39,8 Tabelle 1: Punkt-Prävalenz-Raten (%) von Demenzerkrankungen nach Meta-Analysen (M = Raten für Männer, W = Raten für Frauen)
Geschlechtsspezifische Unterschiede der Alzheimer Demenz den über 75-Jährigen eine höhere Alle Alzheimer Vaskuläre Prävalenz für Frauen. Lobo et al. Alter Demenzen Demenz Demenz [2] berichtet ähnliche Resultate. Bei den 65-69-Jährigen bestand ebenfalls W M W M W M eine höhere Prävalenz für Männer, bei allen älteren Studienteilnehmern 60-64 -- -- -- -- -- -- hatten aber Frauen eine höhere Prävalenz. Alzheimer-Demenz ist 65-69 0,25 0,24 0,22 0,09 0,03 0,12 in allen Altersgruppen bei Frauen häufiger [2,4], während eine andere 70-74 0,47 0,64 0,38 0,30 0,08 0,16 Meta-Analyse nur bis zum Alter von 75-79 1,75 1,37 1,03 0,69 0,32 0,39 90 Jahren eine höhere Prävalenz für Frauen berichtet. Bei den über 90- 80-84 3,41 2,76 2,73 1,48 0,45 0,83 Jährigen wird in dieser Studie eine deutlich höhere Prävalenz für Männer 85-89 5,38 3,88 4,15 2,42 0,61 0,62 berichtet [3]. Die Studie von Lobo et al [2] berichtet als einzige Untersuchung 90-94 geschlechtsabhängige Prävalenzraten 8,17 4,01 6,97 2,00 0,70 1,09 für vaskuläre Demenzen. Bis zum 95+ Alter von 84 Jahren besteht eine höhere Prävalenz für Männer und Tabelle 2: Ein-Jahres-Inzidenz-Raten (%) in EURODEM [8] (M = Raten für bei den über 85-Jährigen eine höhere Männer, W = Raten für Frauen) Prävalenz für Frauen. Einige Autoren weisen darauf hin, dass und über dem 80. Lebensjahr bei den für gleichaltrige Männer aufgrund die hier beschriebenen Ergebnisse Frauen höher. Unter den "jüngeren" ihrer geringeren Lebenserwartung bezüglich der Geschlechtsverteilung alten Männern war die Inzidenz für mit nur 16%. von Alzheimer und vaskulärer vaskuläre Demenzen etwas höher Demenz nur für Europa und Nord als bei den gleichaltrigen Frauen, amerika als einigermaßen belegt während Frauen in allen Altersstufen gelten können. Studien, die in an ein etwas höheres Risiko für eine Absolute Zahlen in Öster deren Weltregionen wie Asien oder Demenz vom Alzheimer-Typ hatten. reich Afrika durchgeführt wurden, finden Die EURODEM-Studie berichtet für bezüglich der Geschlechtsverteilung alle Demenzen in den Altersgruppen Die Geschlechtsverteilung der öster von Alzheimer und vaskulärer über 75 Jahren eine höhere Inzidenz reichischen Bevölkerung im Al Demenz teilweise unterschiedliche für Frauen als für Männer [8]. Bei 65- ter über 60 Jahren ist in Tabelle 3 Ergebnisse [5,6]. 69-Jährigen fanden sich nahezu idente dargestellt. Da sich die Prävalenz aus Inzidenz Inzidenzraten für beide Geschlechter, Da Frauen insgesamt ein höheres und Krankheitsdauer, die bei den bei 70-74-Jährigen höhere Inzidenz Lebensalter als Männer erreichen, ist Demenzen vor allem durch die raten bei den Männern. Die Inzidenz in allen Altergruppen der Anteil an Sterblichkeit bestimmt ist, ergibt, für die vaskuläre Demenz war in Frauen größer, wobei bei den über wollen wir im Folgenden diese beiden allen Altersgruppen bei den Männern 90-Jährigen bereits mehr als drei Parameter genauer betrachten. höher als bei den Frauen, während bei Viertel Frauen und weniger als ein der Alzheimer Demenz die Inzidenz Viertel Männer sind. in allen Altersgruppen bei den Frauen Auch wenn bei den jüngeren Alters Inzidenz bei Frauen und Männern höher als bei den Männern war. gruppen die Inzidenz und die Prä valenz bei den Männern teilweise Eine der ersten Übersichtsarbeiten, Das Lebenszeitrisiko an einer höher als bei den Frauen ist, führt die die sich mit Geschlechtsunterschieden Demenz zu erkranken ist vor allem erwähnte Geschlechtszusammenset der Inzidenz beschäftigt hat, berichtete durch die höhere Lebenserwartung zung der älteren Bevölkerung dazu, anhand von zehn Einzelstudien aus von Frauen bedingt. Ott et al [9] dass in Absolutzahlen deutlich mehr Europa, den USA und Japan ein beziffern die Wahrscheinlichkeit, Frauen als Männer unter Demenz einheitliches Ergebnis [7]. Bis zum im weiteren Lebensverlauf an einer erkrankungen leiden (Tabelle 4). Dies 80. Lebensjahr war die Inzidenz für Demenz zu erkranken, für Frauen im trifft sowohl für die Alzheimer als alle Demenzen bei den Männern Alter von 65 Jahren mit 34,5% und auch für die vaskuläre Demenz zu.
Schmidt et al Frauen Männer Jährliche Altersgruppen Krankenbestände (%) (%) Neuerkrankungen Frauen Männer Frauen Männer 60-64 Jahre 51,6 48,4 Alle Demenzen 68,0 32,0 68,1 31,9 65-69 Jahre 53,9 46,1 Alzheimer Demenz 74,1 25,9 70,5 29,5 70-74 Jahre 58,1 41,9 Vaskuläre Demenz 62,7 37,3 56,4 43,6 75-79 Jahre 66,4 33,6 80-84 Jahre 69,1 30,9 Tabelle 4: Krankenbestände (prävalente Fälle) und jährliche Neuerkrankungen 85-89 Jahre 72,5 27,5 an Demenz bei den über 60-Jährigen in Österreich im Jahr 2000: prozentuelle Verteilung der Geschlechter (United Nations Population 90-94-Jahre 76,6 23,4 Division 2004, 10) 95-99 Jahre 78,8 21,2 Männer Frauen 100 + Jahre 83,9 16,1 Keine Keine Demenz Demenz Demenz Demenz 60 + Jahre 59,3 40,7 60-64 Jahre 33,87 80,75 19,88 47,70 Tabelle 3: Österreichische Bevölke 65-69 Jahre 34,92 83,26 20,50 48,87 rung über 60 Jahren im Jahr 2000: prozentuelle 70-74 Jahre 44,75 106,70 26,27 62,63 Verteilung der Geschlechter 75-79 Jahre 77,63 185,09 45,56 108,64 pro Altersgruppe (United 80-84 Jahre 125,07 298,20 73,41 175,02 Nations Population Divi sion 2004) 85+ Jahre 185,96 443,40 109,15 260,24 Tabelle 5: Sterblichkeitsraten (pro 1000 Personenjahre) innerhalb von 4 Jahren [11] Sterblichkeit bei Frauen und Geschlechtsunterschiede Die Darstellung von kognitiven Do Männern in Kognition und Verhalten minanzmustern für einzelne Personen ist daher schwierig, ebenso wie die In der EURODEM-Studie wurde Kognitive Leistungsunterschiede zwi Vorhersage einer geschlechterspezifi- aus sechs europäischen Feldstudien schen gesunden Frauen und Männern schen Prävalenz bei der Entwicklung eine Meta-Analyse zur Sterblichkeit sind ein vielbeachtetes Thema. von kognitiven und Verhaltensstö- durchgeführt (Tabelle 5; 11). Viele Studienresultate der letzten rungen im Alter, nicht zuletzt des- Dekade lassen eine Dichotomie halb, weil die meisten Studien jun- In allen Altersgruppen war die frauen- und männerspezifischer kog ge ProbandInnen untersuchten. Ein Sterblichkeit der demenzkranken nitiver Leistungen vermuten [14-15]. Vergleich alter, überwiegend nicht Männer deutlich höher als jene der Demnach kann zwischen Testresul- dementer Frauen und Männer zeig- demenzkranken Frauen. Ähnliche taten mit hypothetischem Frauen- te bei weiblichen Probanden einen Ergebnisse kommen auch aus einer (z.B. Wahrnehmungsgeschwindigkeit, Leistungsvorteil gegenüber männli- prospektiven Bevölkerungsstudie ver-bale Fähigkeiten) und solchen chen Probanden bei Gedächtnis und an 85-Jährigen [12]. Frauen im mit Männervorteil (z.B. Raumkog kognitiver Geschwindigkeit, obwohl Alter von 65 Jahren haben eine nition, mathematisches Problemlösen, die Frauen dieser Stichprobe eine ge- um etwa 25% höhere verbleibende Zahlenverarbeitung) unterschieden ringere formale Schulbildung hatten Lebenserwartung als Männer. So werden. Es ist anzumerken, dass die und mehr Frauen institutionalisiert durchleben sie im Mittel auch eine Gruppenunterschiede meist gering und verwitwet waren [16]. Auch deutlich längere Lebensspanne mit und die Streuung innerhalb der Ge- andere Studien kognitiv gesunder einer Demenz [13]. schlechtergruppen groß ist. Gleiches älterer Menschen [17-19] fanden gilt für die Abhängigkeit vom ange- signifikant bessere Gedächtnislei- wandten Testverfahren. stungen bei Frauen, zum Teil auch erwartungsgemäß bessere räumliche
Geschlechtsspezifische Unterschiede der Alzheimer Demenz Verarbeitung bei Männern; einige nen nicht sensitiv [21-24]. In diesen Kognition, Sprache und verbalem dieser Befunde blieben über die Jahre Untersuchungen, die Gesamtscores Gedächtnis [16,17,20]. Dazu muss stabil [20]. über mehrere kognitive Leistungen kritisch angemerkt werden, dass ko- Die Frage nach geschlechtstypischen bilden, konnten keine geschlechts- gnitive Funktionen außer von der kognitiven Defiziten im Alter und abhängigen Unterschiede festgestellt Grunderkrankung von vielen weite- bei dementiellen Syndromen ist vor werden. In einigen Vergleichsstudi- ren Faktoren beeinträchtigt werden allem in der neuropsychologischen en mit genauerer Erfassung einzel- können. Dazu sind bei der Demenz Beurteilung von Bedeutung. Der ner kognitiver Teilbereiche wurden vor allem Schweregrad und Abbau- folgende Abschnitt gibt einen jedoch signifikante Gruppenunter- rate [25], demographische und psy- kurzen Überblick über Studien, in schiede zwischen männlichen und chosoziale Merkmale (z.B. Schul- denen geschlechtstypische kognitive weiblichen Demenzpatienten, meist jahre, Beruf, soziale Umgebung), Defizite und Verhaltensstörungen bei bei Patienten mit Alzheimerkrankung sowie körperliche Begleiterkrankun- Demenzpatienten untersucht wurden berichtet (Tabelle 6). Diese Studien gen und Risikofaktoren zu nennen. und diskutiert Zusammenhänge zeigen eine höhere Prävalenzrate für Nur wenige Studien zu geschlecht- zwischen geschlechtstypischen kog sprachliche, mnestische, semantische stypischen kognitiven Defiziten bei nitiven Defiziten, klinischen und und Orientierungsdefizite bei Frauen der Demenz haben mehrere dieser demographischen Variablen. mit Demenz. Vor allem in den Berei- wichtigen Kovariablen berücksich- Screenings und Standard-Unter chen Sprache und verbales Gedächt- tigt [26,27]. Bayles et al. [30] fand suchungsbatterien, in denen ein Ge- nis überraschen die Resultate wegen ein Verschwinden von Unterschie- samtscore für kognitive Leistungen des bereits genannten Leistungsvor- den bei Sprachleistungen wenn der erstellt wird, sind für geschlechtstypi- teils von gesunden älteren Frauen Demenzschweregrad berücksichtigt sche kognitive Defizite im allgemei- gegenüber Männern in allgemeiner wurde. Andere Schwächen der Un kognitive und Geschlechts- Leistung(en) Autoren Verhaltensdomäne abhängigkeit Benennen, Wortfindung F
Schmidt et al tersuchungen sind das Fehlen lon- Untersuchungen etc.) nur bedingt rektur für den Demenzschweregrad gitudinaler Erhebungen, die Nicht vergleichbar. Damit ergibt sich eine bestehen. berücksichtigung psychiatrischer Ko- insgesamt inkonsistente Datenlage. morbidität und das Fehlen patholo- Eine Reihe von Autoren beschreiben gischer Korrelationen. Es bleibt also eine raschere Progredienz des klini- Biologische Grundlagen ge unklar, wie geschlechterspezifische schen Verlaufes bei Frauen [38-40]. schlechtsspezifischer Unterschie Ausprägungen und Verteilungsmu- Einen Überblick von Studien zum de bei Alzheimer Demenz ster der Neurodegeneration mit den Verlauf von kognitiven Symptomen erhobenen geschlechtstypischen kog und Verhaltensauffälligkeiten bei Morphologie und Funktion nitiven Defiziten korrelieren [36]. Alzheimerkranken in Abhängigkeit Unterschiede in den kognitiven Interessante Aspekte ergeben sich in vom Geschlecht gibt Tabelle 7. Die Funktionen zwischen Männern und einer Studie mit Alltagsbezug, die Studie von Brayne et al. [42] fand Frauen ergeben sich möglicherweise nicht nur quantitative sondern auch ausgeprägtere Verschlechterungen im aus funktionellen und strukturellen qualitative Leistungsunterschiede MMSE-Wert bei Frauen im Vergleich Unterschieden im Aufbau des Gehirns. zwischen den Geschlechtern bei zu Männern. Andere Autoren führen Es besteht ein geschlechtsbedingter Navigationsaufgaben (Wegfindung die beschriebenen Geschlechtsdiffe- Dimorphismus im Hypothalamus mit im Krankenhaus) erfasste [37]. Das renzen in erster Linie auf die höhe- zweifach höherer Zahl von Neuronen Ausmaß des kognitiven Abbaus war re Lebenserwartung bei Frauen und bei Männern, das Planum tempora- bei Männern und Frauen mit Alz- Unterschiede im Ausbildungsgrad le/vordere Sylvische Furche ist links heimer-Erkrankung in diesem Test zurück [47]. Eine qualitative hoch- bei Männern grösser als bei Frauen. vergleichbar, es fanden sich jedoch wertige Studie mit homogener und Frauen haben einen voluminöseren Hinweise auf geschlechtsspezifische repräsentativer Stichprobe und ei- hinteren Balken und zytoarchitek- Strategien bei der Aufgabenlösung nem bis zu 8 Jahre langen Beobach- tonische Untersuchungen weisen (Männer benützten visuell-räumli- tungszeitraum ist besonders hervor- auf niedrigere Dichte und Anzahl che, Frauen verbale Kapazitäten). In zuheben, da sie auch pathologische von Neuronen in der Hirnrinde und der Zusammenschau ist festzuhalten, Korrelationen durchführte und den reziproker Zunahme von Neuropil/ dass mehrere Vergleichsstudien ge prämorbiden kognitiven Status be- Neuronen- fortsätzen im weiblichen schlechtstypische kognitive Defizite rücksichtigte [35]. In dieser Unter- Kortex bei gleicher Kortexdichte hin in den Bereichen Sprache, Orientiert- suchung konnten keine signifikanten [53]. Männliche Feten verlieren we- heit und Gedächtnis erfassen, jedoch Geschlechtsunterschiede gefunden niger überproduzierte Neurone als wichtige Kovariaten häufig nicht be- werden, weder im zeitlichen Verlauf weibliche, ein Unterschied der die rücksichtigt haben. Diesen Befunden des kognitiven Abbaus, noch im Ri- stärkere Anfälligkeit von Knaben stehen andere Studien gegenüber, bei siko für die Entwicklung einer De- auf frühe Hirnschäden und die hö- denen keine geschlechtstypischen menz. here Frequenz der Demenz bei kognitiven Defizite beobachtet wur- Frauen zumindest teilweise erklä- den [35]. Wie ebenfalls aus Tabelle 7 ersicht- ren könnte. Wegen der größeren lich besteht eine relativ eindeutige Ausdehnung des kortikalen Neuropils Studienlage für geschlechtsspezi- (Neuronenfortsätze) bei der Frau Verlauf der Alzheimer Demenz fische Unterschiede der Demenz- kann jeder schädigende Prozess bei Frauen und Männern assoziierten Verhaltensauffälligkei- stärkere funktionelle Defizite infolge ten (Behavioural and Psychological des Verlustes von mehr dendritischen Bei der Interpretation von Studien Symptoms of Dementia, BPSD). Verbindungen pro Neuron verursa- ergebnissen zu geschlechtsspezi Frauen zeigen ein breiteres Spektrum chen. Auch daraus können sich ge- fischen Unterschieden im Verlauf der an unterschiedlichen BPSD-Sympto- schlechtsspezifische Vor- aber auch Alzheimer Demenz sind eine Reihe men bei deutlich höherer Prävalenz Nachteile für kognitive Funktionen limitierender Faktoren zu berück- depressiver Symptome [48,49]. Es ergeben. sichtigen. Vor allem die Heteroge- muss jedoch erwähnt werden, dass Das größere Neuropilvolumen bei nität der untersuchten Populationen eine große Studie an mehr als 28.000 Frauen geht ohne Unterschiede hinsichtlich Alter, Bildungsgrad und institutionalisierten PatientInnen mit der Neuronengröße und des Astro Demenzschweregrad ist zu nennen. Alzheimer Demenz über keine ent- zytenvolumens einher. Männer ha- Zudem sind die Daten aufgrund sprechenden Geschlechtsunterschiede ben dagegen höhere Neuronendichte von Unterschieden im Studiende- berichtete [46]. ohne Unterschiede in der Kortexdic- sign (retrospektiv/ prospektiv, Dauer Männer zeigen häufiger aggressive ke. Dies weist darauf hin, dass Män- des Follow-Up Zeitraumes, Art und Tendenzen [43,46, 50-52]. Der Un- ner kleinere Neuroneneinheiten besit- Umfang der neuropsychologischen terschied bleibt auch nach der Kor- zen, wogegen die Neuroneneinheiten
Geschlechtsspezifische Unterschiede der Alzheimer Demenz Autoren Studiendesign Ergebnisse Prospektiv Barnes [35] Kognitive Verschlechterung über 5-8 Jahre: F = M N=848 (Angehörige eines Ordens) Retrospektiv (Datenbank: MDS) BPSD allgemein: F < M Buchanan [41] N=49.607 (PflegeheimbewohnerInnen mit AD) Prospektiv Kognitive Verschlechterung innerhalb eines 2-jährigen Brayne [42] N=1111 (Kohorte > 75 Jahre) Zeitraumes: F > M Prospektiv Cohen [33] Depressive Symptome: F > M N=514 (ambulante PatientInnen mit AD) Retrospektiv Eastley [43] Physische Aggressivität: F < M N=262 (ambulante PatientInnen mit AD) Physische und verbale Aggressivität, Umherwandern, sozial Retrospektiv (Datenbank: SAGE) inadäquates Verhalten: F < M Fernandez [44] N=400.000 (PflegeheimbewohnerInnen mit Halluzinationen, Wahnsymptome: F = M M. Parkinson) Depressive Symptome: F > M Retrospektiv (Datenbank: SAGE) Gambassi [45] Kognitiver Status: F < M N=1.492 (PflegeheimbewohnerInnen mit AD) Physische Aggressivität, Umherwandern, sozial inadäquates Retrospektiv (Datenbank: SAGE) Verhalten: F < M Ott [46] N=28.367 (PflegeheimbewohnerInnen mit Depressive Symptome, Halluzinationen, Wahnsymptome: F AD) =M Depressive Symptome: F = M Prospektiv Ott [32] Emotionale Labilität: F > M N=125 (ambulante PatientInnen mit AD) Biorhythmusstörungen F < M Tabelle 7: Geschlechtsdifferenzen im klinischen Verlauf der Alzheimer Demenz F: Frauen: M: Männer; AD: Alzheimer Demenz; BPSD: Behavioural and Psychological Symptoms of Dementia; MDS: Minimum Data Set; SAGE: Systematic Assessment of Geriatric Drug Use via Epidemiology der Frau zahlenmäßig geringer aber bei gesunden Menschen ergaben zwi- teren Gyrus cinguli und im medioba- größer sind. Lateralitätsunterschiede schen 58 und 95 Jahren eine alters- salen Schläfenlappen. Hier bestehen zeigen größere neuronale Somata in abhängige Abnahme des Volumens keine Geschlechtsunterschiede [55]. der linken Hemisphäre bei Frauen, der grauen Substanz um 2,4 cm3 Neuere MRT-Messungen ergaben Unterschiede die die Rechtshändig- (-0,18 %) pro Jahr und Erweiterun eine ubiquitäre Hirnatrophie in der keit der Frau, Sprachvorteile, und gen der Liquorräume um 2,5 cm3 7. und 8. Dekade, vorwiegend in pri- ihre Tendenz zu beidhändiger Aktivi- (0,20 %) pro Jahr. Die Abnahme des mären Rindenanteilen, Gyrus angula- tät erklären können [54]. kortikalen Volumens zeigt sich vor- ris, Gyrus parietalis superior und im Voxel-basierende morphometrische wiegend im Frontal-, Parietal- und Hippokampus, gleichfalls ohne si- Untersuchungen des Hirnvolumens Temporalkortex, nicht aber im hin- chere Geschlechtsunterschiede [56].
Schmidt et al In Hinblick auf geschlechtsspezifische Metabolismus und hormonelle Fak rende Hormon, von entscheidender Unterschiede der Hirnfunktion toren Bedeutung in der Pathogenese der zeigen Männer in funktionellen MRI Geschlechterspezifische Unterschiede Alzheimer- Krankheit ist. Es wird Studien stärkere Aktivierung im bestehen in der Aufregulierung anti- vermutet, dass die Zunahme dieses rechten oberen Parietalkortex und oxidativer Abwehrmechanismen in Hormons und nicht die Abnahme des im linken unteren Parietallappen Form einer Erhöhung der Superoxid Östrogens in der Menopause den pri- als Frauen, bei qualitativ gleicher Dismutase und Glutathion- Peroxi mär kausalen Faktor für kognitiven Leistung. Solche Daten weisen dase-Aktivitäten sowie jener von 4- Abbau darstellt [66]. Dieser Befund auf geschlechtsspezifische Unter Hydroxynonenal, einem Marker für ist von besonderem Interesse, wenn schiede in der Hirnaktivierung bei oxidativen Schaden bei Alzheimer es um die Interpretation der Women kognitiven Anforderungen hin [57]. Demenz. Studien weisen darauf Health Initiative geht, in der das Risiko Funktionelle Unterschiede wurden hin, dass diese Mechanismen bei für Demenz bei postmenopausalen auch im limbischen System bei Frauen geringer ausgeprägt sind als Frauen durch Hormonersatztherpie in Alzheimerkranken beschrieben. Wäh bei Männern und sehen darin eine Form von Östrogen plus Progesteron rend bei gesunden Kontrollen keine mögliche Ursache für die höhere nicht vermindert, sondern sogar Unterschiede im Volumen und in der Prävalenz der Alzheimer-Demenz erhöht wurde [67]. Es ist nicht un- Perfusion des limbischen Systems beim weiblichen Geschlecht [61]. wahrscheinlich, dass die Gabe von bestehen, finden sich bei Morbus Andere Untersuchungen zeigen ge- Östrogen und Progesteron bei die- Alzheimer, trotz signifikanten Befalles schlechtsspezifische Unterschiede in sen älteren Frauen nicht nur nicht bei beiden Geschlechtern, spezifische der mitochondrialen Toxizität von in der Lage war, ein adäquates Unterschiede: nur Männer zeigen eine Aβ-Peptid auf, wobei junge Frauen Funktionieren der Hypothalamus- Atrophie im orbitofrontalen Kortex, durch Östrogene vermutlich infol- Hypophysen-Gonaden-Achse zu mittleren und dorsalen Cingulum, ge Aufregulierung antioxidativer gewährleisten, sondern dass die Hypothalamus, Corpus mamillare Enzyme besser geschützt scheinen Gabe exogener Hormone den Krank und eine relative Hypoperfusion im [62]. heitsprozess sogar noch verschlech- vorderen und mittleren Cingulum, Das Absinken des Östrogenspiegels terte. Der reine Blick auf Östrogen während Frauen ausschliesslich eine bei Frauen in der Menopause wurde ohne Berücksichtigung der ande- Atrophie des vorderen Thalamus wiederholt mit kognitivem Abbau und ren Hormone der Hypothalamus- aufweisen [58]. Alzheimer-Demenz in Verbindung Hypophysen-Gonaden-Achse kann Rezente funktionelle Untersuchun-gen gebracht. Die positive Wirkung von augenscheinlich in die Irre führen. heben die Bedeutung geschlechtsab Östrogen wird in zahlreichen Unter hängiger kompensatorischer Mecha suchungen beschrieben und unter- nismen als Ursache klinischer Unter schiedliche Mechanismen werden schiede hervor. In diesen Studien ha- dafür verantwortlich gemacht. Diese Geschlechtsunterschiede ben Männer mit Alzheimer-Demenz beinhalten die Aufregulierung der bei medikamentöser Be oder frontotemporaler Demenz bei Acetycholin-Aktivität [63]. Östro handlung der Alzheimer Er deutlich niedrigerem Metabolismus gen stimuliert aber auch axonales krankung gleiche kognitive Leistungen wie be- Sprouting in CA1 Neuronen der troffene Frauen [59,60]. Eine mögli- erwachsenen Ratte, ein anderer Antidementiva che Interpretation dieses Befundes ist Faktor der für geschlechts-spezifi- eine höhere kognitive Reserve bei sche Unterschiede von Alzheimer- Cholinesteraseinhibitoren und der Männern ohne dass das neuroanato- Patienten von Bedeutung sein mag, NMDA-Antagonist Memantine sind mische oder neurochemische Substrat vor allem wenn man bedenkt, dass die effektivsten und weitestverbrei dafür bekannt ist. In diesem Kontext Neuronenverlust in dieser Region teten Medikamente für die Behand- sind die klinisch-pathologischen Be des Hippokampus bei Patienten mit lung der Alzheimer-Demenz [68-70]. funde der Catholic Clergy Study in- Alzheimer-Demenz und raschem ko- Daten bezüglich möglicher diffe- teressant, weisen sie doch darauf hin, gnitivem Abbau beschrieben wurde rentieller Wirksamkeit bei den Ge- dass eine gleichermaßen ausgeprägte [64]. Östrogen reduziert nicht nur die schlechtern existieren nur für Choli- Alzheimer-Pathologie sich bei Frauen Aß-Toxizität [62], sondern vermindert nesterasehemmer. Evidenz für etwaig klinisch eher als Demenz manifestiert auch die Aß-Produktion in Neuronen unterschiedliches Ansprechen kommt als bei Männern [36]. [65]. Es muss erwähnt werden, dass von tierexperimentellen Studien [71- rezente Arbeiten darauf hinweisen, 73] und einigen klinischen Studien dass auch ein anderes Hormon der welche sich der Frage der Interaktion Hypothalamus-Hypophysen-Gona von Geschlecht und Behandlungs- den-Achse, nämlich das luteinisie- antwort widmeten [74-79]. Tabel-
Geschlechtsspezifische Unterschiede der Alzheimer Demenz Author CHE Methodik Ergebnisse Männchen zeigten Verbesserung in der 6 weibliche und 6 männliche Rhesusaffen Testdurchführung in den Buccafusco [71] Donepezil (>20 Jahre) wurden mit 4 Dosen von 3 höheren Dosen während Donepezil über 5 Wochen therapiert diese bei Weibchen erst bei höchster Dosis erfolgte. Bei Ratten war der Plasmaspiegel bei Weibchen Einzelne iv und einzelne und multiple niedriger. Bei Mäusen hatten Monbaliu [72] Galantamin orale Gabe bei Ratten, Mäusen, Hasen und Weibchen höhere Spiegel und Hunden bei Hunden bestand keine Abhängig vom Geschlecht Vergleich der Enzymaktivität und Signifikant größerer Effekt kognitiven Leistung in unterschiedlichen im zerebralen Kortex, Wang [73] Rivastigmin Hirnregionen, Herz –und Skelettmuskel Striatum und Hippokampus und Plasma in alters-gemachten zu unterschiedlichen männlichen und weiblichen Ratten Zeitpunkten und Dosierungen ApoE4 war ein Prädiktor für 460 Alzheimer Patienten aus kontrollierter negative Therapieresponse, Farlow [76] Tacrin randomisierter Studie mit ApoE wobei diese Assoziation vor Genotypisierung allem bei Frauen bestand Nach 3 Monaten Therapie hatten Männer eine 73% höhere Wahrscheinlichkeit 107 Alzheimer Patienten einer Memory Tacrin oder für Therapieresponse als MacGowan [79] Klinik aus einer offenen doppel-blinden Galantamin Frauen, aber der anfängliche Therapie Studie Vorteil der Männer blieb nicht über den gesamten Studienverlauf erhalten. Tabelle 8: Tierexperimentelle und klinische Studien zu geschlechtsspezifischen Unterschieden in der Therapieantwort auf im Handel befindliche Cholinesterasehemmer le 8 gibt ein Zusammenfassung der lungsantwort auf Cholinesterase- ohne dass ähnliche Effekte im peri- Untersuchungen mit den Cholineste hemmer hin. Eine Studie bei älteren pheren Nervensystem bestanden [73]. rasehemmern Donepezil, Galantamin Rhesusaffen zeigte eine höhere Sen- Obwohl somit einige Studien vorlie- und Rivastigmin. sitivität für kognitionsverstärkende gen welche für Unterschiede in der Effekte bei Männchen [71]. In einer Therapieantwort auf Cholinesteras- Tierexperimentelle Studien anderen Untersuchung zeigte sich einhibitoren sprechen, bleibt unklar eine stärkere cholinerge Hemmung wo sich diese Effekte manifestieren. Eine Reihe von Studien weist auf Ge- im zerebralen Kortex, Hippocampus Sie können auf Enzymebene oder schlechtunterschiede in der Behand- und Striatum bei weiblichen Ratten, anderen Komponenten des choliner-
Schmidt et al 10 gen Systems oder auch im Metabolis- response besteht, wie sie in einzelnen von Agitiertheit/Psychose bei De- mus der Substanzen evident werden. Untersuchungen berichtet wird, so ist menz dokumentiert [88]. Keine dieser Letztlich ist festzuhalten, dass die Er- sie sehr gering und zeigt große indi- Studien hatte jedoch die geschlechts- gebnisse auf Studien an Tieren beru- viduelle Variabilität. Die berichteten spezifische Wirkung und Nebenwirk- hen, welche normalerweise nicht den Effekte sind jedenfalls nicht konsi- ung als Hauptzielparameter. klinischen oder neuropathologischen stent und können nicht in spezifischen Phänotyp der Alzheimer-Demenz Therapieempfehlungen münden. Generell unterscheidet sich die entwickeln. Trotz des weitgehenden Fehlens Pharmakokinetik von Antipsycho- von geschlechtsspezifischen Unter tika bei Frauen und Männern [89]. schieden in der Therapieantwort gibt Geschlechtsspezifische Unterschie- Klinische Studien es Studien, die darauf hinweisen, de in den Plamaspiegel wurden für dass Frauen mehr Nebenwirkungen Frauen bisher nur für Clozapin und Die Ergebnisse bezüglich Be auf Cholinesteraseinhibitoren haben Olanzapin nachgewiesen, während handlungsantwort auf Cholineste als Männer [80]. Aufgrund bisher be- für Risperidon, Ziprasidon, Quetia- raseinhibitoren bei Alzheimer stehender Ergebnisse scheint dieser pin und Aripiprazol bisher kein di- patienten in Abhängigkeit vom Ge- Befund aber nicht geschlechtsspezi- rekter Einfluss des Geschlechts auf schlecht sind inkonsistent. Mehrere fisch zu sein, sondern durch generell Plasmaspiegel nachgewiesen wurden Studien weisen darauf hin, dass Frau- geringeres Gewicht von Frauen und [90-92]. Hyperprolaktinämie, wie sie en besser auf Therapie ansprechen daraus resultierende geringere Cle- besonders unter Risperidon und Ami- als Männer [74-76]. Andere Autoren arence von Cholinestersehemmern sulprid gefunden wird, ist bei Frauen berichten über eine dreifache Inter- verursacht zu sein [81]. im Vergleich zu Männern stärker aus- aktion zwischen Geschlecht, Apoli- geprägt. Die meisten Studien zeigen, poprotein E- Genotyp und Behand- dass Clozapin und Olanzapin mit der lungsantwort [76,79]. Die Studie von Neuere Antipsychotika stärksten Gewichtszunahme, insbe- Farlow [76] berichtet über eine mo- sondere bei Frauen einhergehen. Die derate Behandlungsantwort auf Tac- Patienten, die an einer Demenz er- wenigen vorliegenden Studien zu rin bei männlichen ApoE4-Trägern, krankt sind, leiden zu 60 bis 90% diesem Thema berichten auch über während ApoE4- Trägerinnen kaum auch an anderen neuropsychiatri- eine höhere Prävalenz des metabo- auf Tacrin ansprachen. Im Gegensatz schen Symptomen. Zur Behandlung lische Syndroms bei Frauen. Es gibt dazu hatten Frauen mit dem ApoE 2 einer psychotischen Symptomatik keine sichere Evidenz, dass es ge- oder 3 Genotyp die stärkste Behand- bei Demenz finden Antipsychotika schlechtsspezifische Unterschiede lungsantwort aller analysierten Sub- Anwendung. Es ist hervorzuheben, in der Häufigkeit und Schwere von gruppen. Die Studie von MacGowan dass in Österreich nur Risperidon in akuter Dystonie oder anderen Bewe- [79] ist die Auswertung einer offenen dieser Indikation zugelassen ist. Für gungsstörungen gibt. Frauen besit- Therapiestudie zu Tacrin und Galan- Olanzapin und Risperidon [82-85] zen hingegen ein erhöhtes Risiko für tamin. Die Therapieantwort wurde liegen mehrere Placebo-kontrollierte QT-Verlängerung mit der Gefahr von mittels MMSE bestimmt und ein Studien vor. Auch für Quetiapin [86] Torsades de Pointes- Arrhythmien. gleichbleibender oder besserer Score und Ariprizaol [87] gibt es zumindest Trotz der Hinweise für geschlechts im Beobachtungszeitraum wurde als eine Placebo-kontrollierte Studie, die spezifische Unterschiede im Neben positive Therapieantwort gewertet. die Wirksamkeit in der Behandlung wirkungsprofil der neueren Antipsy- Nach 3 Monaten bestand bei 76% der Männer aber nur 52% der Frauen eine positive Therapieantwort auf Tacrin Prolaktinerhöhung und ähnliche Ergebnisse bestanden für Galantamin. Es bestand eine In- Gewichtszunahme teraktion mit dem ApoE4 Genotyp. Männliche Träger zeigten eine gerin- Inzidenz des metabolischen Syndroms gere Therapieantwort, Trägerinnen eine bessere Therapieantwort. Inzidenz von Torsade de pointes-Arrhytmien Unserer Meinung nach sind die bisherigen Daten zur geschlechts abhängigen Therapieantwort auf Osteoporoserisiko Cholinesterasehemmer inkonklusiv. Wenn überhaupt eine Interaktion Tabelle 9: Geschlechtsspezifische Unterschiede für die neueren Antipsychotika zwischen Geschlecht und Therapie (bei Frauen stärker ausgeprägt als bei Männern)
Geschlechtsspezifische Unterschiede der Alzheimer Demenz 11 chotika bleibt die Beurteilung etwa- treuungseinrichtungen. Die Erfahrung 45% und im ambulanten Bereich um iger klinischer Konsequenzen derzeit der letzten Jahre zeigt, dass die Ein- rund 80% erhöht [96]. noch spekulativ (Tabelle 9). stufungskriterien dem tatsächlichen Das Durchschnittsalter der Pflege Betreuungsbedarf leicht und mittel- geldbezieherInnen liegt bei 78 Jahren schwer dementer Personen nicht aus- und knapp 2/3 davon sind Frauen. Antidepressiva reichend gerecht werden, jedoch der Der Frauenanteil steigt mit zuneh- Zugang in das System gewährleistet mendem Alter an und beträgt ab der Wie für die Antipsychotika gibt es ist. Daher treffen Rückschlüsse aus Alterskategorie 80 plus rund ¾ aller auch für die Antidepressiva kei- dem Datenmaterial der Pflegevorsor- Pflegegeldbezieher [97]. Im Schnitt ne prospektiven Studien über ge- ge, ausgenommen der Stufenzuord- leben 1/3 der PflegegeldbezieherIn- schlechtsspezifische Unterschiede in nung nach den Pflegegeldgesetzen, nen alleine. Korrelierend mit der Zu- Wirkung und Nebenwirkungsrate bei auch für die Gruppe der dementen nahme des Betreuungsbedarfes sinkt Patienten, die an einer Demenz lei- Personen zu. Geschätzt ist der Anteil die Zahl derer, die alleine leben suk- den. In einer Vergleichsstudie bei de- dementer Personen unter den Pflege- zessive auf 12% [95]. Das monatli- pressiven Patienten zeigte sich, dass geldbezieherInnen mit rund 20% an- che Einkommen, korrelierend mit der Frauen Sertralin, Männer dagegen zunehmen [95]. Die Einführung des unterschiedlichen Pensionshöhe von Imipramin besser vertragen. Schwin- Pflegegeldes hat vielfältige Anreize Frauen und Männern, liegt entspre- del und Übelkeit sind die Symptome, im sozialen Versorgungsbereich ge- chend der Stichprobe 2004 der Pen- die bei Frauen zum Abbruch einer setzt. Erstmals wurden das Angebot, sionsneuzugänge des Sozialministe- Imipramin-Therapie führen. Dys- die Kosten und der Bedarf analysiert. riums in knapp 60% der Fälle unter pepsie, gestörte Sexualfunktion und Die Themen Alter, Hilfe, 24-Stunden 860 Euro und nur 7% haben mehr als Miktionsstörungen lassen Männer die Betreuung, die Pflegesituation gene- 1790 Euro monatlich zur Verfügung. Sertralin-Therapie abbrechen [93]. rell und zunehmend auch das Thema Demenz werden öffentlich diskutiert. Die entsprechenden Absolutzahlen Das Pflegegeld verbesserte die finan- von PflegegeldbezieherInnen können zielle Situation der älteren Genera- Tabelle 11 entnommen werden. Geschlechtsspezifische tion, insbesondere der Frauen (41% Die Pflege und Betreuung erfolgt Unterschiede der sozialen geringere Durchschnittspension als vorrangig (zu 80%) im familiären Versorgung dementer Per Männer), ermöglicht den Zukauf an Kontext und wird zu 78% von Frauen sonen Hilfe zur Eigenpflege und bei der erbracht. Bei Ausfall der Ehepartne- Betreuung naher Angehöriger. Der rinnen übernehmen im Regelfall die Ungeachtet der Brisanz der de vermehrte Bedarf an professioneller Töchter die Pflege. Die räumliche mografischen Entwicklung gibt es Pflege hat die Zahl der Beschäftigten Nähe ist ein wesentlicher Aspekt. nur unzureichende Daten zur sozialen seit Einführung der Pflegevorsorge in Rund 80% erreichen die Angehö- Versorgung dementer Personen. Die stationären Einrichtungen um rund rigen binnen 30 Minuten [95]. Die Darstellung der Versorgungssituation dementer Personen in Österreich stützt sich auf Datenmaterial aus der Männliche Weibliche Männliche und Alter Pflegevorsorge Österreich. Die Pfle- PGB PGB weibliche PGB gevorsorge in Österreich [94] umfasst 0 – 20 0,7% 0,5% 0,6% im Wesentlichen eine zweckgebun- dene Geldleistung zur (teilweisen) 21 – 40 0,8% 0,7% 0,7% Abdeckung des pflegebedingten Mehraufwandes, Maßnahmen zur 41 – 60 2,0% 2,0% 2,0% Unterstützung pflegender Angehö riger und den Ausbau der sozialen 61 – 80 7,0% 10% 9.0% Dienste. Der Aufwand für die Pflege- vorsorge betrug 2003 2,91 Mrd. Euro 81 + 43,0% 61,0% 57,0% [95]. Das entspricht 1,3% des Brut- toinlandsproduktes. Davon entfallen Gesamt 3,0% 6,0% 4,0% 1,74 Mrd. Euro auf Pflegegelder der Länder und des Bundes, 0,67 Mrd. Tabelle 10: Anteil der PflegegeldbezieherInnen (PGB) in der Bevölkerung in Euro auf Alten- und Pflegeheime, Abhängigkeit vom Alter. 0,33 Mrd. Euro auf Behindertenheime [AK-Bericht Pflegevorsorge 2003, Bevölkerung 2001 und 0,17 Mrd. Euro auf ambulante Be (Statistik Austria)]
Schmidt et al 12 Alter Frauen Männer zunehmend erwerbstätig und daher nicht mehr in der Lage sind, Betreu- 0 – 20 5.034 6.932 ungsrollen uneingeschränkt zu über- 21 – 40 7.894 10.413 nehmen. Ein Entlastungsangebot für pflegende Angehörige dementer Per- 41 – 60 18.044 19.843 sonen muss ausgebaut und erweitert 61 – 80 83.243 47.318 werden [95,98]. Interessante Ansätze 81 + 138.903 36.592 zeigt ein Projekt zur Neuorientierung der kommunalen Seniorenpolitik auf Summe 253.118 121.098 [101]. In sechs deutschen Kommu- nen wurde gemeinsam mit Senio- Tabelle 11: Altersstruktur der PflegegeldbezieherInnen Stichtag 31.12.2005 rInnen ein umfassendes Betreuungs- (Arbeitskreisbericht 2005) konzept entwickelt. Eckpunkte sind eine Einbeziehung der noch aktiven ergänzende Unterstützung bei der einzelne, kleine Einheiten haben sich SeniorInnen im niederschwelligen Betreuung durch Freunde, Nachbarn auf die Betreuung dementer Personen Bereich, Kooperationsstrukturen etc. steigt, vom Gesundheitszustand spezialisiert. Es fehlen generell struk- professioneller und informeller Pfle abhängig, von 6 Stunden bis auf 30 turelle Angebote, wissenschaftlich gerInnen und eine Ausrichtung hin Stunden wöchentlich an [98]. Der fundierte Pflegekonzepte und Ausbil zur aktiven Mitverantwortung der Zeitaufwand zur Pflege verwirrt/des dungsprogramme für das Personal. BürgerInnen. orientierter und psychisch kranker Diese Mängel zeichnen sich in einer Untersuchungen der Belastungssitua PensionsbezieherInnen liegt im Ver- hohen Fluktuation des Personals ab. tion pflegender Angehöriger zeigen, gleich zu körperlich beeinträchtigten Eine Studienarbeit der Hochschule dass sich BetreuerInnen dementer Per- PensionsbezieherInnen deutlich hö- für angewandte Psychologie Zürich sonen häufig bis fast immer überlastet her und rund 1/3 dieser Personen er- stellt Therapieansätze und Modelle fühlen. Als Gründe werden der enor- hält eine 24 Stunden Betreuung [95]. zur praktischen Umsetzung dar und me zeitlichen Aufwand, die „ständige Professionelle Unterstützung durch liefert Anregungen zur Diskussion Anwesenheit“, Isolation, mangelnde mobile Dienste wird in rund 33% mit Verantwortlichen [99]. Anerkennung, insbesondere bei Frau- der Fälle genutzt. Trotz des Aus Das Angebot anderer betreuter Wohn- en, und ungeteilte Verantwortung an- baus des mobilen Sektors um 18% formen ist auf den Kreis der geistig- geführt [95,98]. Entsprechend diesen seit 1999 in Österreich ist, mit oder mehrfachbehinderten Menschen Analysen sind die Entlastungsange- Ausnahme Vorarlbergs, das Angebot fokussiert. Das Angebot für demente bote ausgerichtet. Das Angebot reicht im Vergleich zu skandinavischen Personen ist vernachlässigbar und von Beratung – Pflegetelefon, Pflege Ländern unterentwickelt (Ludwig nicht erfasst. scheck, Qualitätssicherung, Hilfsmit- Boltzmann Institut). Der schwarz Das Angebot an Tagesseniorenzen- teldatenbank – über Urlaub mit Pfle- graue Pflegemarkt spielt mit geschätzt tren, geriatrischen Tageszentren und gegeldbeziehern oder Ersatzpflege rund 1000 bis 6000 Vollbeschäftigten Tagesheimen ist in einzelnen Re zur Erholung von der Pflege bis hin eine wichtige Rolle. Diese Schätzung gionen unterschiedlich ausgebaut. zu finanziellen Unterstützungen bei bezieht illegale Pflegevereine mit Schwerpunkte finden sich in Wien mit der Pflege (www.pflegedaheim.at). ein. rund 100.000 Besuchen pro Jahr und In Österreich fehlt, ausgenommen Es gibt 57.412 Plätze in Alten- und einem flächendeckenden gemischten Vorarlberg, ein niederschwelliges Pflegeheimen, wobei das Verhältnis Angebot in Vorarlberg. Einzigartig in Angebot an sowohl örtlich als auch Wohnplatz zu Pflegeplatz 3:1 beträgt. Österreich gibt es in Vorarlberg einen zeitlich unmittelbar verfügbarer „Er Seit 1997 gab es eine Zunahme um örtlich regionalen Mix aus Laien- satzpflege“. Die Situation der pro- 18,8% an Plätzen (Arbeitskreisbe- diensten, Krankenpflegevereinen und fessionellen PflegerInnen stellt sich richt Pflegevorsorge 2005 – Seite Trägerorganisationen. folgendermaßen dar: 109, Vorarlberg 2005). Rund 7% der 74 % der pflegenden Angehörigen Bei den mobilen Diensten liegt der PflegegeldbezieherInnen leben in dementer Personen leisten Pflege Frauenanteil am Personals bei 91%. Alten- oder Pflegeheimen, alle üb- rund um die Uhr [100]. Chronischer Es besteht ein Trend hin zur Qualifi- rigen zu Hause. Etwa 60% aller in Schlafentzug, Angstzustände, sozi- zierung mit extrem hohen Zuwächsen Pflegeheimen lebenden Älteren sind ale Isolation, körperliche Belastung, beim niedrig ausgebildeten Pflege- dement. Bezogen auf diesen hohen vermehrter Beruhigungsmittelkon- und Betreuungspersonal, überwie- Anteil dementer Personen ist das de- sum, finanzielle und innerfamiliäre gend in Teilzeitbeschäftigung (25 menzorientierte Angebot bei der Pfle- Probleme charakterisieren die Situa Wochenstunden). ge und Betreuung gering. Lediglich tion. Hinzu kommt, dass Frauen
Geschlechtsspezifische Unterschiede der Alzheimer Demenz 13 In teilstationären und stationären Ein- [9] Ott A, Breteler M, van Harskamp F, [23] Stern Y. Cognitive reserve and Stijnen T, Hofman A: Incidence and Alzheimer disease. Alzheimer Dis richtungen liegt der Anteil der weibli- risk of dementia – the Rotterdam Assoc Disord 2006;20:112-17. chen Beschäftigten bei durchschnitt- study. Am J Epidemiol 1998; 147: [24] O'Hara R, Thompson JM, Kraemer lich 84%. Der im Vergleich relativ 574-580 HC et al. Which Alzheimer patients hohe Anteil männlicher Beschäftig- [10] Wancata J., Musalek M., Alexand- are at risk for rapid cognitive de- rowicz R., Krautgartner M.: Num- cline? J Geriatr Psychiatry Neurol ter erklärt sich aus dem ärztlichen bers of dementia sufferers in Europe 2002;15:233-38. Personal (46% Männer) und den between the years 2000 and 2050. [25] McPherson S, Back C, Buckwalter subsummierten Zivildienern (100% European Psychiatry 2003, 18, 306- JG, Cummings JL, Gender-related Männer) im weiteren Personal. Ge- 313 cognitive deficits in Alzheimer's dis- [11] Jagger C, Andersen K, Breteler M, ease. Int Psychogeriatr. 1999;11:117- genüber 1999 zeigt sich auch hier ein Copeland J, Helmer C, Baldereschi 122 deutlicher Trend zur Qualifizierung M, et al. Prognosis with dementia [26] Ripich DN, Petrill SA, Whitehouse als Resultat der verbesserten Ausbil- in Europe: a collaborative study of PJ, Ziol EW. Gender differences in dung, wobei Vollzeitbeschäftigung population-based cohorts. Neurol- language of AD patients: a longitu- ogy 2000; 54 (Suppl. 5): S16-S20 dinal study. Neurology 1995;45:299- überwiegt. [12] Aevarsson O; Svanborg A; Skoog I: 302. Seven-year survival rate after age 85 [27] Henderson VW, Buckwalter JG. years: relation to Alzheimer disease Cognitive deficits of men and women and vascular dementia. 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