Allianz Global Wealth Report 2012 - Economic Research & Corporate Development
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Allianz Global Wealth Report 2012 Kathrin Brandmeir Dr. Michaela Grimm Dr. Michael Heise Dr. Arne Holzhausen Gabriele Steck
Allianz Global Wealth Report 2012 Vorwort 5 Auf den ersten Blick sieht die globale Vermögensentwicklung beeindruckend aus: Im letzten Jahr lag das Geldvermögen der privaten Haushalte weltweit bei über 100 Billionen Euro. Eine riesige Summe, mit der die Sparer die ausstehenden Staatsanleihen aller Länder dieser Welt dreimal aufkaufen könnten. Beim näheren Hinsehen entpuppt sich die Entwicklung jedoch alles andere als spektakulär. Seit dem Jahr 2000 sind die Geldvermögen pro Kopf durchschnittlich mit einer Rate von 3% im Jahr gewachsen – und damit in etwa auf dem Niveau der globalen Inflationsrate in diesem Zeitraum. Mit anderen Worten: In den letzten elf Jahren ist es den Sparern im Durchschnitt nicht gelungen, reale Wertzuwächse zu erzielen. Die Ursache dafür liegt auf der Hand: Die eigenen Sparanstrengungen wurden von den immer wiederkehrenden Krisen an den Finanz- märkten zunichte gemacht; vor allem in den USA und Europa verlief die Vermögensentwick- lung in jüngster Zeit enttäuschend. 2011 war Westeuropa sogar die einzige Region weltweit, in der die Vermögen in Summe schrumpften. Diese Entwicklung muss uns zu denken geben. Je länger es dauert, die Finanzmärkte neu zu ordnen und eine nachhaltige Lösung insbesondere der Schuldenkrise im Euroraum zu finden, desto größer wird die Gefahr, eine ganze Generation an Sparern zu „verlieren“, da sie der langfristigen Kapitalanlage nur noch mit tiefem Misstrauen begegnet. Angesichts der gro- ßen Herausforderungen, vor denen wir stehen, von den Verschiebungen der ökonomischen und politischen Gewichte in der Welt über den Klimawandel bis hin zum demographischen Wandel, können wir uns Kurzfristdenken jedoch nicht leisten. Vertrauen in die Finanzmärkte als Ort des langfristigen Ausgleichs von Risiko und Ertrag ist unabdingbar, um nachhaltig Wachstum und Wohlstand zu erzeugen. Noch ein zweiter Aspekt der globalen Vermögensentwicklung birgt Risiken. Dies betrifft die Kehrseite der Medaille, die Schulden der privaten Haushalte. Zwar hat sich das Schulden- wachstum in den letzten Jahren weltweit deutlich verlangsamt – in den USA sind 2011 die Schulden sogar im vierten Jahr hintereinander zurückgegangen –, aber noch immer ist die Schuldendynamik zu hoch, vor allem in den aufstrebenden Volkswirtschaften, die auch heu- te noch jährliche Zuwachsraten um 20% verzeichnen. Die dritte Ausgabe des „Allianz Global Wealth Report“, mit der wir unsere Analyse der globalen Vermögens- und Schuldensituation der privaten Haushalte auf Basis einer inter- nationalen Datenbasis weiter fortführen, bietet also wieder, neben zahlreichen Daten und Vergleichen, reichlich Stoff zum Nachdenken. Ich bin überzeugt, dass der Report auf diese Weise einen wichtigen Beitrag leistet, indem er die derzeitigen Probleme aus einer anderen Perspektive beleuchtet, nämlich der Perspektive der Sparer, die in der politischen Diskussion leider viel zu oft übergangen wird, die für unseren langfristigen Wohlstand aber gleichwohl essentiell ist. Michael Diekmann Vorstandsvorsitzender der Allianz SE
Inhaltsverzeichnis 9 Zusammenfassung 13 Entwicklung des globalen Geldvermögens: Private Vermögensbilanz im Zeichen der Krise 29 Verteilung des globalen Geldvermögens: Wie groß ist die globale Vermögensmittelschicht? 37 Regionale Unterschiede: Das Geldvermögen in den einzelnen Regionen 91 Literatur 92 Appendix A: Methodologische Anmerkungen 95 Appendix B: Geldvermögen nach Ländern
Allianz Global Wealth Report 2012 Die Entwicklung des globalen Brutto- mögen Ende 2011 zudem immer noch leicht Geldvermögens der privaten Haushalte unter dem historischen Höchstwert, der 2007 9 verlief 2011 weitgehend enttäuschend. Die erreicht wurde. Wachstumsrate fiel auf 1,6% zurück, dem schwächsten Wachstum seit dem Krisenjahr Globale Wohlstandslücke und 2008. Nicht zuletzt aufgrund des schwäche- unterschiedliche Aufholprozesse ren Euro lag das Geldvermögen in den von Um ein differenzierteres Bild der globalen uns untersuchten 52 Ländern mit EUR 103,3 Vermögensverteilung nach Ländern zu Billionen dennoch Ende 2011 erstmals über zeichnen, teilt der Allianz Global Wealth der Schwelle von EUR 100 Billionen. Seit 2000 Report – in Anlehnung an die Einkommens- ist das globale Geldvermögen durchschnitt- klassen der Weltbank – die untersuchten lich um 4,0% pro Jahr gewachsen – und damit Länder in drei Vermögensgruppen ein: High langsamer als die nominale Wirtschaftsleis- Wealth Countries (HWC) mit einem durch- tung. Das Wachstum des Geldvermögens pro schnittlichen Netto-Geldvermögen pro Kopf Kopf lag mit gut 3% nur auf dem Niveau der von über EUR 26.800; Middle Wealth Coun- durchschnittlichen Geldentwertung über tries (MWC), mit einem Netto-Geldvermögen denselben Zeitraum. In den letzten elf Jahren pro Kopf zwischen EUR 4.500 und EUR 26.800; konnten also die Sparer weltweit im Durch- sowie Low Wealth Countries (LWC), mit schnitt keinen realen Vermögenszuwachs einem Netto-Geldvermögen pro Kopf unter erzielen. EUR 4.500. Auch bei den Schulden der privaten Haus- Die Vermögen sind weltweit sehr ungleich halte wurde 2011 mit EUR 31,8 Billionen verteilt. Noch immer befinden sich etwa 85% ein neuer Rekordwert erzielt. Die Wachs- des globalen Netto-Geldvermögens in den tumsdynamik der Schulden hat sich seit Händen der Privathaushalte in den HWC – der Finanzkrise 2007/08 allerdings deutlich obwohl in diesen Ländern weniger als 20% abgeschwächt, im letzten Jahr betrug der der Menschen leben. Auch in der Pro-Kopf- Zuwachs „nur“ 2,2%. Dadurch verbesserte Betrachtung ist die globale Wohlstandslücke sich die globale Schuldenquote (Verbindlich- immens: Das Netto-Geldvermögen pro Kopf keiten der privaten Haushalte in Prozent des betrug Ende 2011 in den HWC EUR 70.590 Welt-BIP) auf 67,0% und lag damit deutlich und lag damit um ein Vielfaches höher als unter dem Vorkrisenhoch von 2007 (71,4%). in den LWC, die nur auf EUR 2.040 pro Kopf kamen. In den MWC verfügten die Menschen Das globale Netto-Geldvermögen (Brutto- durchschnittlich über ein Netto-Geldvermö- Geldvermögen abzüglich Verbindlichkeiten) gen in Höhe von EUR 10.240. erreichte Ende 2011 den Wert von EUR 71,5 Billionen. In der zurückliegenden Dekade blieb das Wachstum des Netto-Geldvermö- gens mit 3,4% pro Jahr signifikant hinter dem des Brutto-Geldvermögens zurück, eine Folge des starken Schuldenwachstums ins- besondere vor Ausbruch der Finanzkrise. Mit EUR 14.880 pro Kopf lag das Netto-Geldver-
Vorwort . Zusammenfassung . Entwicklung des globalen Geldvermögens . Verteilung des globalen Geldvermögens . Regionale Unterschiede . Literatur . Appendix Die enormen Unterschiede im Niveau er- Israel, Japan, Taiwan und Singapur liegt der 10 klären zugleich die großen Differenzen im entsprechende Wert für die Schwellenländer Wachstum. Seit 2000 sind die Netto-Geld- Asiens sogar nur bei EUR 2.320. vermögen pro Kopf in den LWC jährlich um annähernd 16% gewachsen und damit acht- Die osteuropäischen Haushalte weisen als mal schneller als in den HWC. Zu Beginn Region zwar noch immer das geringste des Jahrzehnts war das Geldvermögen pro Netto-Geldvermögen pro Kopf auf, sie sind Kopf in den HWC noch 141 mal so hoch wie aber sowohl im letzten Jahr als auch in der in den LWC, inzwischen hat sich der Faktor gesamten letzten Dekade Wachstumsspit- auf 35 verringert. In diesen großen Wachs- zenreiter: Im Durchschnitt legte das Netto- tumsunterschieden spiegeln sich auch Geldvermögen pro Kopf um nahezu 12% pro die unterschiedlichen Auswirkungen der Jahr seit 2000 zu. Ähnlich dynamisch verlief jüngsten Finanzkrisen wider. In den ärme- die Entwicklung auch in Lateinamerika und ren Ländern hinterließen sie kaum Spuren: den Schwellenländern Asiens. In allen drei So liegt beispielsweise das durchschnittliche Regionen hat die Finanzkrise allerdings zu Netto-Geldvermögen pro Kopf in den LWC einer deutlichen Verlangsamung des heute bereits wieder fast 38% über dem Wert jährlichen Wachstums geführt. Noch gra- von Ende 2007, in den HWC dagegen noch vierender sind die Auswirkungen der Krise immer 3,2% unter dem Vorkrisenniveau. in den reicheren Weltregionen: In diesen Regionen (Nordamerika, Westeuropa und Im Vergleich zu den LWC durchliefen die Ozeanien) befindet sich das Netto-Geldver- MWC seit 2000 einen deutlich langsameren mögen pro Kopf im Vergleich zu 2007 immer Aufholprozess. Das jährliche Wachstum der noch im Minus. Sowohl über die gesamte Netto-Geldvermögen pro Kopf war in dieser Dekade seit 2000 (+1,3% pro Jahr) als auch Ländergruppe „nur“ doppelt so hoch wie in 2011 (-1,5%) verzeichnete dabei Westeuropa den reicheren Ländern. Die Ursache ist in das schwächste Wachstum. Die Eurokrise der Kombination von bereits relativ hohen fordert ihren Tribut. Schuldenniveaus und starker Schuldendy- namik dieser Länder zu finden: Nicht nur die Weltweite Flucht in sichere Anlagen Brutto-Geldvermögen, sondern eben auch Neben Vermögenshöhe und -wachstum ist die Schulden wuchsen parallel mehr als auch die Vermögensstruktur weltweit sehr doppelt so schnell wie in den HWC. unterschiedlich. In den HWC verteilt sich das Geldvermögen annähernd gleichge- Haushalte in Osteuropa wichtig auf die drei großen Anlageklassen bleiben Wachstumschampion Bankeinlagen, Versicherungen/Pensionen In regionaler Betrachtung ergibt sich das und Wertpapiere – wobei letztere mit über erwartete Bild: Für Nordamerika, Westeu- 37% noch immer dominieren. In den LWC ropa und Ozeanien betragen die durch- ist der weitaus größte Teil des Vermögens schnittlichen Netto-Geldvermögen pro Kopf (63%) – wie bereits vor der Finanzkrise – in zwischen knapp EUR 32.000 und EUR 87.400, Bankeinlagen gebunden; auch in MWC ma- in Asien, Lateinamerika und Osteuropa chen Bankeneinlagen noch mehr als 40% des erreichen sie dagegen nur Werte zwischen Geldvermögens aus. EUR 2.430 und EUR 6.620; ohne die vier HWC
Allianz Global Wealth Report 2012 Allerdings ist eine eher sicherheits- als ren- 723 Millionen Menschen bilden diteorientierte Anlagestruktur mittlerweile die globale Vermögensmittelschicht 11 ein globaler Trend geworden. Bankeinlagen Die Analyse der Vermögensverteilung nach konnten ihren Anteil am globalen Geld- Ländern lässt die Unterschiede innerhalb vermögen im abgelaufenen Jahrzehnt um der einzelnen Länder unberücksichtigt. Der annähernd fünf Prozentpunkte steigern; in Allianz Global Wealth Report berechnet den reicheren Regionen wie Australien, West- daher auch das durchschnittliche Netto- europa und Nordamerika konnten Bank- Geldvermögen pro Kopf je Bevölkerungsdezil einlagen teilweise sogar überproportional innerhalb der untersuchten Länder. Dem- profitieren. Mit Blick auf einen notwendigen nach zählten 2011 weltweit 723 Millionen langfristigen Vermögensaufbau erscheint Menschen zur globalen Vermögensmittel- die Flucht in risikoarme Anlagen jedoch schicht (Netto-Geldvermögen pro Kopf EUR kontraproduktiv. Vor diesem Hintergrund ist 4.500 bis EUR 26.800). Seit 2000 hat sich diese eine schnelle Lösung der Schuldenkrisen als Zahl mehr als verdoppelt. Die neue Vermö- Voraussetzung für die Rückkehr des Vertrau- gensmittelschicht rekrutiert sich dabei fast ens der Anleger dringend geboten. ausschließlich aus den aufstrebenden Län- dern, aus denen mittlerweile knapp 55% der Schuldenabbau kommt langsam voran Mittelschicht stammen (2000: gut 16%). Ähnlich groß wie beim Sparverhalten sind die Differenzen bei der Verschuldung. Der 428 Millionen Menschen können weltweit zur Löwenanteil der privaten Schulden wurde in Vermögensoberschicht gerechnet werden; im den HWC angehäuft: Knapp 80% der welt- Gegensatz zur Mittelschicht liegt diese Zahl weiten Schulden entfallen auf sie. Allerdings leicht unter dem Wert von 2000. Während ist hier auch das Schuldenwachstum am der Anteil der Menschen mit hohen Vermö- geringsten, insbesondere seit der Finanz- gen, die nicht in den Industrieländern leben, krise: In den letzten vier Jahren betrug in sowohl absolut (+15 Millionen) als auch den HWC der durchschnittliche Zuwachs relativ (+3,5 Prozentpunkte) gestiegen ist, nur noch 0,6% pro Jahr; die MWC und LWC hat sich die Zahl der „Reichen“ in den Indus- verzeichneten dagegen Raten von 3,9% bzw. trieländern um etwa 32 Millionen reduziert. 21,0% pro Jahr. Verglichen mit dem Jahr 2007 Finanzkrise und Schuldenexzesse hinterlas- konnte die Schuldenquote so zumindest sen deutliche Spuren. in den HWC reduziert werden. Nach einem weiteren Anstieg der Quote in den Jahren Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ist es 2008 und 2009 ging diese schließlich auch in aufschlussreich, länderspezifische Beson- den MWC in den letzten beiden Jahren um derheiten jeweils im regionalen Kontext zu insgesamt rund 2 Prozentpunkte zurück. In betrachten und zu analysieren. Nach einem den LWC dagegen ist diese Rate über all die Überblick über die Entwicklung und Vertei- Jahre kontinuierlich gestiegen und erreichte lung des Geldvermögens im globalen Kontext Ende 2011 26,2%. Damit liegt sie aber immer widmet sich der zweite Teil des Allianz Glo- noch signifikant unter der globalen Quote bal Wealth Reports diesen Punkten daher auf von 67,0%. regionaler Ebene.
Entwicklung des globalen Geldvermögens Private Vermögensbilanz im Zeichen der Krise
Vorwort . Zusammenfassung . Entwicklung des globalen Geldvermögens . Verteilung des globalen Geldvermögens . Regionale Unterschiede . Literatur . Appendix 14 Auf zwei wachstumsstarke Jahre, in denen die erhöht, da eine überzeugende und nachhaltige in der Finanzkrise 2007/2008 erlittenen Vermö- politische Lösung der Eurokrise auf sich warten gensverluste zumindest auf globaler Ebene wie- ließ. In dieser Lage kam es daher zu deutlichen der wettgemacht werden konnten, folgte insbe- Veränderungen im Sparverhalten, die sich in sondere für die Sparer in den Industrieländern entsprechenden Verschiebungen im Anlage- ein enttäuschendes Jahr 2011. Portfolio niederschlagen: Liquiditätspräferenz Das Eskalieren der Eurokrise und der und das Bedürfnis nach Sicherheit genießen Absturz an den Aktienmärkten im Sommer ver- in unsicheren Zeiten eine höhere Priorität als gangenen Jahres hinterließen deutliche Spuren Rendite und Ertrag. Im Licht der sich abzeich- in der Vermögensbilanz der privaten Haushalte. nenden „Rentenkrise“ aufgrund des demogra- Vor allem im Süden Europas mussten teilweise phischen Wandels kann diese Entwicklung nur kräftige Verluste in Kauf genommen werden. mit gemischten Gefühlen betrachtet werden. Es Die Eurokrise ist dort längst im Portemonnaie steht zu befürchten, dass sich die Sparanstren- der Sparer angekommen. Aber auch jenseits der gungen auf lange Sicht als unzureichend erwei- „Krisenländer“ sind die Auswirkungen deut- sen werden, um finanzielle Sicherheit im Alter lich zu spüren. Die historisch niedrigen Zinsen zu gewährleisten. implizierten in vielen Ländern negative Real- renditen und machten es für die Sparer immer schwieriger, Anlagemöglichkeiten zu finden, die zumindest den realen Werterhalt ihres Vermö- gens garantieren. Gleichzeitig blieb die Volati- lität über alle Vermögensklassen hinweg stark Globales Geldvermögen: Aufholprozess verliert an Fahrt Netto-Geldvermögen und Schulden, Netto-Geldvermögen und Schulden pro Kopf, in Mrd. Euro in Euro 100.000 22.000 90.000 20.000 80.000 18.000 16.000 70.000 14.000 60.000 12.000 50.000 10.000 40.000 8.000 30.000 CAGR* 2001-2011: 6.000 CAGR* 2001-2011: 20.000 Netto-Geldvermögen: +3,4% p.a. Netto-Geldvermögen: +2,5% p.a. 4.000 Verbindlichkeiten: +5,5% p.a. Verbindlichkeiten: +4,6% p.a. 10.000 Brutto-Geldvermögen: +4,0% p.a. 2.000 Brutto-Geldvermögen: +3,1% p.a. 0 0 ‘00 ‘01 ‘02 ‘03 ‘04 ‘05 ‘06 ‘07 ‘08 ‘09 ‘10 ‘11 ‘00 ‘01 ‘02 ‘03 ‘04 ‘05 ‘06 ‘07 ‘08 ‘09 ‘10 ‘11 *CAGR = durchschnittliche jährliche Wachstumsrate Verbindlichkeiten Quelle: Nationale Zentralbanken und Statistikämter, UN, Allianz SE. Netto-Geldvermögen
Allianz Global Wealth Report 2012 Neben dem Schatten auf der Vermö- Finanzkrisen – vom Einbruch der Aktienmärkte 15 gensentwicklung in den Industrieländern gab zu Beginn der Dekade infolge des Platzens der es aber 2011 auch Licht auf anderer Seite: Der Dotcom-Blase über den Lehman-Schock bis hin Aufholprozess in den aufstrebenden Volkswirt- zur aktuellen Eurokrise – zahlen die Sparer die schaften setzte sich ohne große Ermüdungser- Zeche in Form entgangener Renditechancen. In scheinungen fort. Damit verbunden ist aller- einer nachhaltigen Welt sollten die Vermögen dings auch eine unterschiedliche Entwicklung ungefähr eine Rendite in Höhe des nominalen der Verschuldung. Während in vielen Indus- Wachstums erzielen; hinzu käme die jährliche trieländern die Zeichen eher auf Schuldenabbau Geldvermögensbildung, d.h. Sparleistungen in („Deleveraging“) standen, wuchsen die privaten Höhe von etwa 2% der globalen Wirtschaftsleis- Schulden in den Schwellenländern weiter. In tung. Unter diesen eher konservativen Annah- manchen dieser Länder sind daher die Schul- men läge das globale Geldvermögen heute um denquoten (Verbindlichkeiten in Prozent des etwa EUR 26 Billionen oder gut ein Viertel höher. BIP) in den letzten Jahren deutlich gestiegen und Die enttäuschende Entwicklung wird erreichen teilsweise bereits kritische Werte. noch deutlicher, wenn die privaten Brutto- Geldvermögen pro Kopf betrachtet werden. 2011 Globales Vermögenswachstum entfielen weltweit knapp EUR 21.500 auf jeden schaltet einen Gang zurück Einzelnen. Dies bedeutet einen Zuwachs um Der Zuwachs des globalen Brutto-Geldvermö- 0,8% gegenüber 2010. Der vorherige Spitzenwert gens erreichte 2011 nur 1,6% und lag damit weit von EUR 21.180 pro Kopf aus dem Jahr 2007 wur- unter dem Durchschnittswachstum der beiden de damit um immerhin 1,5% übertroffen. Insge- Vorjahre (7,3% per annum). Absolut erzielte der samt stiegen die Brutto-Geldvermögen pro Kopf Vermögensbestand einen neuen Höchstwert seit Beginn des neuen Jahrtausends aber nur von EUR 103,3 Billionen. um 3,1% pro Jahr und somit genau so schnell wie Insgesamt ist das globale Geldver- die durchschnittliche Inflation weltweit. In den mögen seit dem Jahr 2000 durchschnittlich letzten elf Jahren hat es also im Durchschnitt um 4,0% pro Jahr gewachsen und somit etwas keinen realen Vermögenszuwachs für die Sparer schneller als die weltweite Inflation in diesem weltweit gegeben. Ein ernüchterndes Fazit. Zeitraum (3,1%), aber langsamer als die globale Wirtschaftsleistung, die im gleichen Zeitraum Schuldenwachstum gebremst nominal um etwa 5,1% pro Jahr angestiegen ist. Die Brutto-Geldvermögen beschreiben nur die Alles in allem ist die Vermögensentwicklung in eine Seite der Vermögensmedaille; auf der ande- den letzten elf Jahren also eher enttäuschend ren Seite stehen die Schulden. Auch hier wurde verlaufen. Für die immer schnellere Abfolge von 2011 mit EUR 31,8 Billionen ein neuer Rekordwert erzielt, der Zuwachs gegenüber dem Vorjahr betrug 2,2% - und lag damit nach drei Jahren wieder über dem Wachstum der Brutto-Geld- vermögen. Dennoch steht auch die globale Ent- wicklung der Schulden deutlich im Zeichen der
Vorwort . Zusammenfassung . Entwicklung des globalen Geldvermögens . Verteilung des globalen Geldvermögens . Regionale Unterschiede . Literatur . Appendix 16 Krise: Während in den Jahren von 2003 bis 2007 Wachstum auf 2,5% und fällt damit deutlich hin- die Schulden jährlich um 8,1% wuchsen, belief ter die Inflationsrate zurück. Mit EUR 14.880 pro sich das Post-Krisen-Wachstum (2008 bis 2011) Kopf lag das Netto-Geldvermögen Ende 2011 zu- nur noch auf durchschnittlich 2,4%. Die globa- dem immer noch leicht unter dem historischen le Schuldenquote (Verbindlichkeiten in Prozent Höchstwert, der 2007 erreicht wurde. Auch wenn des Welt-BIP) hat sich dadurch von ihrem Höhe- also das Schuldenwachstum in den letzten Jah- punkt von 71,8% (2006) auf zuletzt 67,0% verbes- ren zumindest eingedämmt wurde, erscheinen sert. In diesem Sinne macht das „Deleveraging“ die diesbezüglichen Anstrengungen angesichts der privaten Haushalte durchaus Fortschritte, der schwachen Entwicklung der Brutto-Geldver- die relative Schuldenlast wird langsam aber be- mögen noch lange nicht ausreichend, um eine ständig kleiner. nachhaltige Steigerung der Vermögensposition Aus Brutto-Geldvermögen und Schul- zu erreichen. den ergeben sich die Netto-Geldvermögen. Sie erreichten Ende 2011 einen Stand von EUR 71,5 Betrachtung nach Vermögensklassen Billionen (+1,4%). Wenig überraschend blieb Um ein differenzierteres Bild der globalen Ver- angesichts der Schuldendynamik in der Ver- mögensverteilung nach Ländern zu zeichnen, gangenheit das Wachstum der Netto-Geldver- teilt der Allianz Global Wealth Report – in Anleh- mögen über die gesamte Zeitspanne seit 2000 nung an die Einkommensklassen der Weltbank mit durchschnittlich 3,4% pro Jahr hinter dem – die untersuchten Länder in drei Vermögens- des Brutto-Geldvermögens (4,0%) zurück. In gruppen ein: High Wealth Countries (HWC) mit Pro-Kopf-Rechnung reduziert sich das jährliche einem durchschnittlichen Netto-Geldvermögen pro Kopf von über EUR 26.800; Middle Wealth Verschiebung der Gewichte Anteil der Ländergruppen am globalen Geldvermögen, in % 100 90 80 70 60 LWC MWC 50 HWC ‘00 ‘01 ‘02 ‘03 ‘04 ‘05 ‘06 ‘07 ‘08 ‘09 ‘10 ‘11 Quelle: Nationale Zentralbanken und Statistikämter, UNU WIDER, Weltbank, Allianz SE.
Allianz Global Wealth Report 2012 Countries (MWC), Netto-Geldvermögen pro Kopf Auch in der Pro-Kopf-Betrachtung ist 17 zwischen EUR 4.500 und EUR 26.800; sowie Low die globale Wohlstandslücke riesig. Das Netto- Wealth Countries (LWC), Netto-Geldvermögen Geldvermögen pro Kopf in den HWC war Ende pro Kopf unter EUR 4.500 (zur Bestimmung 2011 mit EUR 70.590 um ein Vielfaches höher der einzelnen Vermögensklassen siehe Appen- als in den LWC, die im Schnitt nur auf EUR 2.040 dix A). pro Kopf kamen. In den MWC verfügten die Men- schen durchschnittlich über ein Geldvermögen Globale Wohlstandslücke riesig in Höhe von EUR 10.240 netto. Das Ergebnis dieser Betrachtung überrascht nicht: Die Vermögen sind weltweit sehr ungleich Unterschiedliche Aufholprozesse verteilt. Noch immer sind etwa 85% des globalen Trotz dieses enormen Unterschieds waren die Netto-Geldvermögens in den Händen der Privat- letzten elf Jahre aber keine verlorenen für die är- haushalte in den HWC – obwohl diese Länder meren Länder der Welt. Seit 2000 sind die Netto- einen Anteil von nur 18% an der Gesamtbevöl- Geldvermögen pro Kopf in den LWC jährlich um kerung und rund 60% der globalen Wirtschafts- beinahe 16% gewachsen und damit gut achtmal leistung haben. Zumindest aber „stimmt“ der schneller als in den HWC. Diese großen Wachs- Trend: Seit 2000 ist der Anteil der HWC um gut tumsunterschiede hängen stark mit den unter- 8 Prozentpunkte zurückgegangen – die ärmeren schiedlichen Auswirkungen der Finanzkrisen Länder gewinnen an Bedeutung. zusammen. In den Vermögen der ärmeren Län- der hinterließen sie so gut wie keine Spuren. Dies wird vor allem deutlich, wenn die Entwick- lung der Geldvermögen seit der Finanzkrise in Großes Geldvermögensgefälle weltweit Netto-Geldvermögen pro Kopf, in Euro High Wealth Countries Middle Wealth Countries Low Wealth Countries 80.000 11.000 2.200 10.000 2.000 70.000 9.000 1.800 60.000 8.000 1.600 50.000 7.000 1.400 6.000 1.200 40.000 5.000 1.000 30.000 4.000 800 20.000 3.000 600 2.000 400 10.000 1.000 200 0 0 0 ‘00 ‘07 ‘08 ‘09 ‘10 ‘11 ‘00 ‘07 ‘08 ‘09 ‘10 ‘11 ‘00 ‘07 ‘08 ‘09 ‘10 ‘11 Quelle: Nationale Zentralbanken und Statistikämter, UNU WIDER, Weltbank, Allianz SE.
Vorwort . Zusammenfassung . Entwicklung des globalen Geldvermögens . Verteilung des globalen Geldvermögens . Regionale Unterschiede . Literatur . Appendix 18 den HWC direkt mit der in den LWC kontrastiert periodische Finanzkrisen hier –, würden die ab- wird: Während das Netto-Geldvermögen pro soluten Unterschiede erst Mitte der 2020er Jahre Kopf in den ärmeren Ländern seit Ende 2007 um kleiner werden. knapp 38% gestiegen ist, lag das durchschnitt- Der Aufholprozess der MWC verläuft da- liche Geldvermögen pro Kopf in den HWC Ende gegen viel langsamer. Die Netto-Geldvermögen 2011 immer noch 3,2% unter dem Vorkrisenni- pro Kopf sind in dieser Ländergruppe seit 2000 veau. „nur“ doppelt so schnell wie in den reicheren Durch diese unterschiedliche Entwick- Ländern gewachsen. Dies liegt weniger im Ver- lung ist der „Ungleichheitsfaktor“ zwischen der mögenszuwachs selbst begründet – schließlich reicheren und der ärmeren Ländergruppe, der im sind auch die Brutto-Geldvermögen pro Kopf Jahr 2000 noch bei 141 lag, auf jetzt 35 gefallen. doppelt so schnell gestiegen –, sondern vielmehr Dies ist ohne Frage eine eindrucksvolle Entwick- im stärkeren Schuldenwachstum, das um das lung und unterstreicht zumindest die relative 2,5-fache über dem der HWC lag. Ein Blick auf die Konvergenz der Geldvermögen. Denn auf der an- Länder, die zu den jeweiligen Vermögensgrup- deren Seite hat sich im selben Zeitraum der ab- pen gehören, erhellt diese Unterschiede. solute Unterschied der Netto-Geldvermögen pro Die HWC sind vornehmlich in Nord- Kopf von knapp EUR 57.000 auf rund EUR 68.550 amerika und Westeuropa zu finden. Aus den üb- vergrößert – trotz Finanzkrise, die zeitweise für rigen Weltregionen qualifizieren sich lediglich ein Schrumpfen der Lücke sorgte. Selbst wenn die unterschiedliche Wachstumsdynamik der vergangenen Dekade auch in Zukunft Bestand hätte – ungebrochene Aufholbewegung dort, Entwicklung der Geldvermögen pro Kopf Index (2000=100) 500 2011, in Euro 70.590 450 400 350 10.243 2.036 300 250 200 150 LWC 100 MWC 50 HWC ‘00 ‘01 ‘02 ‘03 ‘04 ‘05 ‘06 ‘07 ‘08 ‘09 ‘10 Quelle: Nationale Zentralbanken und Statistikämter, UNU WIDER, Weltbank, Allianz SE.
Allianz Global Wealth Report 2012 Australien, Israel, Japan, Singapur und Taiwan reichen. Ohne die vier HWC Israel, Japan, Taiwan 19 für den Club der reichen Länder. Zu den MWC und Singapur liegt das Netto-Geldvermögen in zählen neben Chile und Mexiko aus Lateiname- den Schwellenländern Asiens sogar nur bei EUR rika sowie Malaysia und Südkorea aus Asien vor 2.320 pro Kopf. Auf der anderen Seite erreicht allem osteuropäische Länder und Krisenländer Osteuropa, wenn nur die EU-Mitglieder berück- der Eurozone wie Griechenland, Irland, Portugal sichtigt werden, einen Wert von EUR 5.070. Das und Spanien. Zum Teil kennzeichnet diese Län- durchschnittliche Pro-Kopf-Vermögen von EUR der ein hohes Schuldenniveau und -wachstum; 3.560 in Lateinamerika spiegelt den Fortschritt die verhaltene Steigerung der Netto-Geldvermö- dieser Region in den letzten Jahren wider (2000: gen in der letzten Dekade ist daher keine Über- EUR 1.130). raschung mehr. Auch die LWC verzeichneten in Etwas anders stellt sich die Situation diesem Zeitraum zwar als Gruppe ein rasantes beim Blick auf die relative Vermögensposition Schuldenwachstum, aber das Ausgangsniveau dar, d.h. bei der Analyse der Netto-Geldvermö- lag weitaus niedriger. gen in Relation zur Wirtschaftsleistung. Zwar Insgesamt zeigt die Vermögenswelt- liegt auch hier Nordamerika vorne, aber noch karte aber das zu erwartende Bild: Den reichen vor Westeuropa und Ozeanien steht jetzt Asien. Nationen in Nordamerika, Westeuropa und Oze- Ohne die vier HWC Israel, Japan, Taiwan und Sin- anien mit durchschnittlichen regionalen Pro- gapur fiele Asien allerdings wieder deutlich hin- Kopf-Vermögen zwischen EUR 31.960 (Ozeanien) ter Westeuropa zurück, läge aber immer noch und EUR 87.400 (Nordamerika) netto stehen die vor Ozeanien. Ebenso bemerkenswert ist die ärmeren Länder in Asien, Lateinamerika und Osteuropa gegenüber, die nur Werte zwischen EUR 2.430 (Osteuropa) und EUR 6.620 (Asien) er- Globale Ungleichgewichte Geldvermögen pro Kopf in Euro, 2011 Osteuropa Westeuropa Nordamerika 100.000 87.401 2.434 41.241 ‘07 ‘08 ‘09 ‘10 ‘11 50.000 Asien 0 ‘07 ‘08 ‘09 ‘10 ‘11 ‘07 ‘08 ‘09 ‘10 ‘11 6.615 ‘07 ‘08 ‘09 ‘10 ‘11 Lateinamerika Ozeanien 3.561 31.956 ‘07 ‘08 ‘09 ‘10 ‘11 ‘07 ‘08 ‘09 ‘10 ‘11 Quelle: Nationale Zentralbanken und Statistikämter, UN, Allianz SE.
Vorwort . Zusammenfassung . Entwicklung des globalen Geldvermögens . Verteilung des globalen Geldvermögens . Regionale Unterschiede . Literatur . Appendix 20 Entwicklung seit 2000: Es gibt nur eine Region, Kopf erzielen; auch die Finanzkrise haben sie die sich bei dieser Kennziffer in den letzten elf im Durchschnitt gut gemeistert und die Pro- Jahren verbessern konnte: Lateinamerika. Alle Kopf-Vermögen lagen Ende 2011 bereits um rund anderen Regionen mussten dagegen teils emp- 44% über dem Vorkrisenniveau. Dennoch ist der findliche Einbußen hinnehmen, am kräftigsten Einschnitt der Finanzkrise immer noch spür- fiel der Rückgang in Ozeanien aus. Insgesamt bar, die jährliche Wachstumsrate ist seitdem unterstreicht diese Entwicklung eindrucksvoll, von annähernd 13% vor der Krise (durchschnitt- dass Wachstum und Wohlstand in der Vergan- licher jährlicher Zuwachs im Zeitraum 2000 bis genheit vor allem auf Schulden gebaut wurden. 2007) auf knapp 10% danach gesunken (durch- schnittlicher jährlicher Zuwachs im Zeitraum Haushalte in Osteuropa 2007 bis 2011). Noch stärker ist der Einbruch in bleiben Wachstumschampions Lateinamerika, wo die Netto-Geldvermögen pro Dennoch sind die Vermögen in den zurücklie- Kopf seit 2007 im Schnitt um 6,5 Prozentpunk- genden Jahren natürlich gewachsen, teilweise te langsamer als zuvor wuchsen. Dies erscheint sogar außerordentlich kräftig. Dabei konnten auf den ersten Blick überraschend, da die Aus- die osteuropäischen Haushalte (Gesamtregion) wirkungen der Eurokrise im nahen Osteuropa seit dem Jahr 2000 mit einer durchschnittlichen sicherlich stärker spürbar sein sollten als im jährlichen Wachstumsrate von nahezu 12% die fernen Lateinamerika. Wiederum hilft der Blick größten Zuwächse im Netto-Geldvermögen pro auf die Schuldenentwicklung: In Lateinamerika gab es keine dämpfenden Effekte auf die priva- te Verschuldung, im Gegenteil: Das Wachstum privater Schulden hat sich in den letzten Jahren weiter beschleunigt. In Osteuropa kann davon Netto-Geldvermögen bleiben hinter Wirtschaftswachstum zurück Netto-Geldvermögen, in % des BIP Nordamerika Asien Westeuropa Asien ex HWC Australien/Neuseeland Lateinamerika 2000 Osteuropa 2011 0 50 100 150 200 250 Quelle: Nationale Zentralbanken und Statistikämter, UN, Allianz SE.
Allianz Global Wealth Report 2012 keine Rede sein; die Schuldendynamik hat deut- Insgesamt zeigt sich auch in der regi- 21 lich nachgelassen, vor allem in den osteuropä- onalen Betrachtung, dass gerade die ärmeren ischen EU-Ländern: Während in den Jahren vor Länder in der vergangenen Dekade stürmische der Krise jährliche Wachstumsraten um 30% er- Vermögenszuwächse verzeichnen konnten. Ei- reicht wurden, lag die Zunahme in jüngster Zeit nen deutlichen Kontrast dazu bieten die reichen bei “nur“ noch 5%. Regionen. Dort verlief nicht nur das Wachstum Auch die Schwellenländer Asiens (Asien der Pro-Kopf-Geldvermögen in den letzten elf ex HWC) sind nicht ganz ohne Kratzer davon- Jahren deutlich langsamer – vor allem in Nord- gekommen. Die durchschnittlichen jährlichen amerika und Westeuropa mit Zuwachsraten von Wachstumsraten seit 2007 befinden sich mit 2,1% bzw. 1,3% – auch der Rückschlag durch die 7,9% immer noch deutlich unter dem Vorkrisen- Finanzkrise war deutlich stärker: Alle drei Re- niveau. Betrachtet man die Entwicklung der ge- gionen befanden sich Ende 2011 verglichen mit samten Region Asiens, fällt dieser Wert mit 1,8% dem Höchststand des Jahres 2007 noch immer im Durchschnitt per annum sogar entscheidend im Minus. Hinter dieser Gemeinsamkeit verber- geringer aus. Der niedrige Wert für Gesamtasi- gen sich jedoch drei ganz unterschiedliche Ge- en für die letzten vier Jahre ist dabei allein dem schichten. In Ozeanien, wo das Minus mit rund Stillstand in Japan, dem mit Abstand reichsten Land der Region, geschuldet, das seit 2007 sogar einen Rückgang der Netto-Geldvermögen pro Kopf von 0,6% hinnehmen musste. Wachstum im Vergleich: Champion Osteuropa Durchschnittliches jährliches Wachstum der Netto-Geldvermögen pro Kopf, in % Westeuropa Nordamerika Australien/Neuseeland Asien Lateinamerika seit 2000 Osteuropa seit 2007 -4 0 4 8 12 Quelle: Nationale Zentralbanken und Statistikämter, UN, Allianz SE.
Vorwort . Zusammenfassung . Entwicklung des globalen Geldvermögens . Verteilung des globalen Geldvermögens . Regionale Unterschiede . Literatur . Appendix 22 15% am größten ist, liegt die Ursache vor allem te dabei nicht aus, um die Netto-Geldvermögen im global überdurchschnittlich hohen Schul- wieder über das Niveau von 2007 zu heben. In denwachstum. In Nordamerika lagen Ende 2011 Westeuropa schließlich kommen beide Fakto- die Netto-Geldvermögen pro Kopf noch immer ren zusammen. Die Schulden wuchsen weiter, 6,4% unter dem Niveau von 2007. Bei dieser Ent- wenn auch deutlich langsamer als vor der Krise, wicklung spielten die Brutto-Geldvermögen die und die Entwicklung der Brutto-Geldvermögen Hauptrolle: Nirgendwo war der Einbruch 2008 war schwach. Zwar war der direkte Vermögens- stärker (-17,2%); die Erholung in den Folgejahren schock 2008 kleiner als in Nordamerika und konnte diesen Schock noch nicht kompensieren, auch Ozeanien, die Erholung danach aber auch Nordamerika ist daher auch die einzige Region, deutlich langsamer. Im vergangenen Jahr zwang in der die gesamten Brutto-Geldvermögen noch dann die fortdauernde Eurokrise die westeuro- unter dem Höchstwert aus dem Jahre 2007 ver- päischen Haushalte erneut in die Knie: Die Regi- harren. Dass gleichzeitig Nordamerika auch die on musste als einzige weltweit einen Rückgang einzige Region ist, in der seitdem in jedem Jahr der Brutto-Geldvermögen hinnehmen. Damit die privaten Schulden reduziert wurden, reich- lag nur in neun der 16 Länder Westeuropas das Netto-Geldvermögen pro Kopf mit Ablauf des vergangenen Jahres über dem Rekordstand von 2007; auch bezogen auf die Region insgesamt ist es mit -1,1% gegenüber 2007 im letzten Jahr wie- der in den negativen Bereich gerutscht. Konservative Vermögensstruktur in den ärmeren Ländern Anlageklassen in % des Brutto-Geldvermögens, 2011 100 14 22 30 32 75 19 34 50 35 37 63 25 Rest 41 33 Versicherungen 28 Wertpapiere 0 Bankeinlagen Welt HWC MWC LWC Quelle: Nationale Zentralbanken und Statistikämter, Allianz SE.
Allianz Global Wealth Report 2012 Konservative Vermögensstruktur Insgesamt gibt es zwischen den Länder- 23 in den ärmeren Ländern gruppen mit Blick auf die Vermögensstruktur si- Gründe für die unterschiedlichen Wirkungen gnifikante Unterschiede. In den HWC verteilt sich auf die Geldvermögen sind zum einen im Cha- das Geldvermögen annähernd gleichgewichtig rakter der Krise selbst zu finden – die Finanzkri- auf die drei großen Anlageklassen Bankeinlagen, se ist eine Krise der entwickelten Märkte, zuerst Versicherungen/Pensionen und Wertpapiere – mit Schwerpunkt in den USA, heute mit Schwer- wobei letztere mit 37% dominieren. In den LWC punkt in Europa –, zum anderen in den Diffe- ist der weitaus größte Teil des Vermögens (63%) renzen im Sparverhalten vor der Krise; daraus – wie bereits vor Ausbruch der Finanzkrise – in resultierten sehr unterschiedliche Vermögens- Bankeinlagen gebunden; auch in MWC machen strukturen und Schuldendynamiken. Bankeneinlagen noch mehr als 40% des Geldver- Der Zusammenhang von Vermögens- mögens aus. Diese ausgesprochen risikoaverse struktur und Krisenanfälligkeit lässt sich relativ Vermögenszusammensetzung hat den ärme- leicht nachvollziehen. Je höher der Anteil von ren Ländern ohne Frage geholfen – auch wenn volatilen Kapitalmarktinstrumenten im Vermö- dies natürlich nicht immer eine bewusste An- gensportfolio, desto stärker schlagen Wertver- lageentscheidung oder unmittelbare Folge der luste dieser Papiere auf die Gesamtentwicklung Finanzkrise war, sondern in den meisten Fällen durch. Deshalb waren beispielsweise die pri- den Umständen, d.h. dem Entwicklungsstand vaten Haushalte in den USA und Griechenland des jeweiligen Finanzsystems, geschuldet ist. 2008 besonders stark betroffen: Vor der Krise, Ende 2007, lag der Wertpapieranteil am Geld- vermögen in diesen beiden Ländern bei fast 60% bzw. über 40%. Wachsende Risikoscheu Anlageklassen in % des Brutto-Geldvermögens 100 29 29 29 30 30 30 75 50 35 36 35 41 41 36 25 Rest 33 32 33 Versicherungen 28 27 31 Wertpapiere 0 Bankeinlagen 2000 2007 2008 2009 2010 2011 Quelle: Nationale Zentralbanken und Statistikämter, Allianz SE.
Vorwort . Zusammenfassung . Entwicklung des globalen Geldvermögens . Verteilung des globalen Geldvermögens . Regionale Unterschiede . Literatur . Appendix 24 Zunehmende Risikoscheu weltweit Hauptleidtragender dieser Entwicklung Eine eher sicherheitsorientierte als renditeorien- ist die Wertpapierklasse: Sie verliert in nahezu tierte Anlage ist aber im Zeichen der Finanz- und allen Regionen der Welt an Bedeutung, auch in Schuldenkrisen keineswegs nur ein Merkmal der den ärmeren. Lediglich in Lateinamerika halten ärmeren Länder. Weltweit lässt sich mittlerweile die Anleger dieser Vermögensklasse die Treue, dieser Trend beobachten. Während Wertpapiere was vor allem eine Folge der besseren Perfor- deutlich in der Gunst der Anleger verloren, konn- mance der dortigen Aktienbörsen sein dürfte. ten Bankeinlagen seit Beginn des neuen Jahr- Dagegen können Versicherungen und tausends ihren Anteil am globalen Geldvermö- Pensionen Vermögensanteile hinzugewinnen; gen um annähernd 5 Prozentpunkte ausbauen. sie profitieren vom Trend zu sicheren Anlage- Darin spiegelt sich die zunehmende Risikoscheu produkten. Nirgendwo wird dies deutlicher als der Anleger weltweit wider. Allerdings gilt dies in Europa (West und Ost), wo diese Anlageklas- nicht für alle Regionen und Länder im gleichen se einen zusätzlichen Schub durch die teilweise Maße, denn tatsächlich verstecken sich hinter weitreichenden Rentenreformen der letzten Jah- diesen globalen Zahlen regional sehr unter- re erhielt. Die möglichen Folgen des demogra- schiedliche Entwicklungen. phischen Wandels für den Wohlstand im Alter So erlangten Bankeinlagen vor allem scheinen vielen Sparern mittlerweile bewusst in den reicheren Regionen wie Ozeanien, West- zu werden. Ähnliches gilt auch für Lateinameri- europa und Nordamerika einen zunehmenden ka, wohingegen die Entwicklung in Asien vor al- Anteil am Vermögensportfolio. Hier, wo viele lem durch die weitgehende Stagnation in Japan Haushalte bereits über beträchtliche Vermögen überschattet wird. verfügen, ist die Furcht vor Verlusten sehr aus- Dass in der globalen Betrachtung für geprägt; zugleich stehen (oder standen) diese die Anlageklasse Versicherungen und Pensio- Regionen im Fokus der derzeitigen Krisen. Hohe nen nur relativ geringe Anteilsgewinne zu ver- Unsicherheit hinsichtlich der weiteren Entwick- zeichnen sind, liegt maßgeblich an der Situation lung an den Kapitalmärkten ist die Folge und in den beiden größten Märkten der Welt, Japan trägt zu Attentismus und Liquiditätspräferenz und USA. Im letzteren spielen Versicherungen der Anleger bei. und Pensionen zwar seit langem eine tragende Rolle in der Altersvorsorge, diese Position konn- te aber in den letzten Jahren nicht weiter aus- gebaut werden. Zudem werden diese Produkte dort auch nicht unbedingt als sicherer Hafen in turbulenten Zeiten wahrgenommen, da viele Produkte wie etwa Variable Annuities einen ex- pliziten Kapitalmarktbezug aufweisen.
Allianz Global Wealth Report 2012 Mit Blick auf die Schuldenkrise der öf- zu beobachtende „Flucht“ in (vermeintlich) ri- 25 fentlichen Haushalte und die dramatischen sikoarme Anlagen wie Bankeinlagen kontra- Veränderungen in der Alterstruktur vieler eu- produktiv. Der weitgehende Verzicht auf eine ropäischer Länder bleiben aber zumindest angemessene Verzinsung bedeutet, dass die Zweifel, ob die bisher eingeleiteten Reformmaß- Sparanstrengungen noch höher ausfallen müs- nahmen und Reaktionen im Sparverhalten aus- sen, um das notwendige finanzielle Polster reichend sind. Unsere Berechnungen lassen je- aufzubauen. Eigenverantwortliche Vorsorge denfalls darauf schließen, dass die sogenannte schließt letztlich die Übernahme von Risiken „Rentenlücke“ noch lange nicht geschlossen ist. ein. Ohne eine weitere Anpassung der (steuerlichen) Die Zurückgewinnung des Vertrauens Rahmenbedingungen ist zu befürchten, dass der Sparer in die Finanzmärkte und eine lang- viele private Haushalte in ihrem Sparverhal- fristige Anlage ist von essentieller Bedeutung. ten hinter dem Erforderlichen zurückbleiben Denn je länger es dauert, die Finanzmärkte neu werden. Mit Blick auf den notwendigen lang- zu ordnen und eine nachhaltige Lösung ins- fristigen Vermögensaufbau ist die vielerorts besondere der Eurokrise zu finden, desto grö- ßer wird die Gefahr, eine ganze Generation an Sparern zu „verlieren“, da sie der langfristigen Kapitalanlage nur noch mit tiefem Misstrauen begegnet. Anlageklassen profitieren unterschiedlich Veränderung des Vermögensanteils der Anlageklassen zwischen 2000 und 2011, in Prozentpunkten Bankeinlagen Wertpapiere Versicherungen/Pensionen 7 5 8 6 6 0 5 4 4 -5 2 2 -10 1 0 0 -15 -2 Lateinamerika Asien Osteuropa Nordamerika Westeuropa Ozeanien Welt Ozeanien Westeuropa Osteuropa Nordamerika Asien Lateinamerika Welt Nordamerika Asien Lateinamerika Westeuropa Osteuropa Ozeanien Welt Quelle: Nationale Zentralbanken und Statistikämter, Allianz SE.
Vorwort . Zusammenfassung . Entwicklung des globalen Geldvermögens . Verteilung des globalen Geldvermögens . Regionale Unterschiede . Literatur . Appendix 26 Beginn des Deleveraging in den reichen Ländern Aber auch die privaten Haushalte in den MWC Ähnlich groß wie bei der Vermögensstruktur können Erfolge beim Deleveraging vorweisen: So sind die Differenzen bei der Verschuldung. We- reduzierte sich die Geschwindigkeit des Schul- nig überraschend wurde der Löwenanteil der denwachstums um rund 73%, wenn die vier Jah- privaten Schulden in den HWC angehäuft: Knapp re nach Ausbruch der Finanzkrise mit den vier 80% der weltweiten Schulden entfallen auf sie. In- Jahren davor verglichen werden. Das Verhältnis teressanter ist jedoch die Analyse der Schulden- der Verbindlichkeiten zur Wirtschaftsleistung entwicklung. Seit 2000 ist die private Verschul- sank Ende vergangenen Jahres auf 67,3% und dung in den HWC um durchschnittlich 4,3% pro lag damit um 2,1 Prozentpunkte unter dem Re- Jahr gewachsen, die entsprechenden Werte für kordwert aus dem Jahr 2009. Die Schuldenquote die MWC und LWC lauten 10,0% bzw. 18,3%. Noch der LWC ist dagegen über all die Jahre kontinu- ausgeprägter sind die Unterschiede allerdings in ierlich gestiegen und erreichte Ende 2011 26,2%. den letzten vier Jahren: In den HWC betrug der Damit liegt sie aber immer noch deutlich unter durchschnittliche Zuwachs nur noch 0,6% pro der globalen Quote: Weltweit summierten sich Jahr; die MWC und LWC verzeichneten dagegen die Schulden der Privathaushalte Ende 2011 auf Raten von 3,9% bzw. 21,0% pro Jahr. Da im selben 67,0% der Wirtschaftsleistung. Zeitraum die nominale Wirtschaftsleistung in In keiner Region war die Schuldenlast den HWC doppelt so schnell wie die Verbindlich- der privaten Haushalte dabei höher als in Aus- keiten gewachsen ist (+1,2% durchschnittlich tralien und Neuseeland, wo sie rund 109% des pro Jahr), konnte die Schuldenstandsquote um BIP ausmachte. Ozeanien ist auch die einzige 2,1 Prozentpunkte nach unten gedrückt werden. reichere Region, in der die Schulden seit der Jahrtausendwende im Durchschnitt pro Jahr mit einer zweistelligen Rate wuchsen. An der Verschuldungsdynamik in den HWC und MWC gestoppt Entwicklung der globalen Schuldenlast, Entwicklung der globalen Schuldenlast, in Mrd. Euro in % des BIP 35.000 100 90 30.000 80 25.000 70 60 20.000 Welt 50 LWC 15.000 40 MWC HWC 10.000 30 20 5.000 10 0 0 ‘00 ‘01 ‘02 ‘03 ‘04 ‘05 ‘06 ‘07 ‘08 ‘09 ‘10 ‘11 ‘00 ‘01 ‘02 ‘03 ‘04 ‘05 ‘06 ‘07 ‘08 ‘09 ‘10 ‘11 Quelle: Nationale Zentralbanken und Statistikämter, Allianz SE.
Allianz Global Wealth Report 2012 Spitze der „Schuldenmacher“ stehen aber mit Mit der Verlangsamung des Schulden- 27 weitem Abstand die osteuropäischen Haushalte aufbaus nach der Finanzkrise steht Osteuropa mit einem durchschnittlichen Schuldenwachs- keineswegs alleine da. Dieses Phänomen lässt tum von nahezu 27% pro Jahr. Dieses atemberau- sich in nahezu allen Regionen beobachten. In bende Tempo hat zwei Ursachen: Zum einen ist den USA, dem immer noch größten „Schulden- das Schuldenniveau noch immer relativ niedrig, markt“, haben die Haushalte in den vergange- zum anderen haben die Öffnung der Banken- nen vier Jahren ihre Kredite in Summe sogar märkte im Zuge des EU-Beitritts und die lange reduziert – auch dank Zahlungsausfällen und Zeit so beliebten Niedrigzinskredite in Fremd- Abschreibungen auf Hypothekenkredite: Ihre währung (Schweizer Franken oder Euro) den Schulden liegen heute um 5,4% unter dem Vor- Zugang zu Krediten für private Haushalte erheb- krisenniveau. Neben den USA gibt es noch sechs lich erleichtert. Mit der Finanzkrise hat sich die- weitere Länder, in denen die Kredite in diesem ses Bild aber grundlegend gewandelt, nach mehr Zeitraum absolut abgebaut wurden: Japan, Ir- oder weniger Stagnation im Jahr 2009 sind die land, Spanien, Estland, Lettland, und Kasach- Schulden im letzten Jahr in Summe „nur“ noch stan. In allen Regionen konnte daher als Folge mit rund 13% gewachsen – mit zunehmenden dieser Umkehrung der Schuldendynamik die Unterschieden zwischen den einzelnen Ländern Schuldenquote im letzten Jahr reduziert werden der Region: Derzeit verzeichnen nur noch Russ- – mit einer Ausnahme: Lateinamerika verzeich- land, die Türkei und mit Abstrichen auch Polen nete Ende 2011 einen neuen Rekordwert der re- eine rasante Zunahme der privaten Schulden, lativen Verschuldung; überall sonst stehen die in anderen Ländern wie den baltischen Staaten, Zeichen auf „Deleveraging“. Bulgarien oder Ungarn werden die Schulden mittlerweile zurückgeführt. Entwicklung der Schulden im regionalen Vergleich Verbindlichkeiten, indexiert (2000=100) Schulden in % des BIP 1.300 pro Kopf in Euro, 2011 120 110 40.000 1.100 100 20.000 90 900 0 80 70 Osteuropa 700 60 Lateinamerika 50 Ozeanien 500 40 Nordamerika 30 Westeuropa 300 20 Asien 10 Asien ex HWC 100 0 Welt ‘00 ‘01 ‘02 ‘03 ‘04 ‘05 ‘06 ‘07 ‘08 ‘09 ‘10 ‘11 ‘00 ‘01 ‘02 ‘03 ‘04 ‘05 ‘06 ‘07 ‘08 ‘09 ‘10 ‘11 Quelle: Nationale Zentralbanken und Statistikämter, UN, Allianz SE.
Verteilung des globalen Geldvermögens Wie groß ist die globale Vermögens- mittelschicht?
Vorwort . Zusammenfassung . Entwicklung des globalen Geldvermögens . Verteilung des globalen Geldvermögens . Regionale Unterschiede . Literatur . Appendix 30 Die Bildung von Gesellschaftsschichten orien- Bei der Definition einer globalen Ver- tiert sich in der Regel am Einkommen. Entspre- mögensmittelschicht gehen wir daher nicht chend wird die Mittelschicht über die Höhe ihres von den üblichen Einkommensklassen, son- Einkommens definiert. Eine Einteilung in ver- dern vom weltweiten durchschnittlichen Geld- schiedene „Vermögensklassen“ gibt es dagegen vermögen pro Kopf aus. Allerdings stellen wir nicht. in diesem Jahr auch bei der Untersuchung der Verfügbares Einkommen und Vermögen Vermögensklassen die Netto-Betrachtung in sind allerdings korreliert. Es bedarf des Über- den Vordergrund. Das durchschnittliche Netto- schreitens einer gewissen Einkommensschwel- Geldvermögen pro Kopf lag 2011 bei EUR 14.880. le, damit Haushalte überhaupt erst die Möglich- Als Länder mit mittlerem Vermögen definieren keit haben, Vermögen aufzubauen. wir diejenigen Länder, die zwischen 30% und Untere Einkommensschichten und Teile 180% des weltweiten durchschnittlichen Pro- der (Einkommens-) Mittelschicht haben in der Kopf-Vermögens besitzen. Als durchschnittli- Regel kein oder nur ein sehr geringes Vermögen. che Einkommensgrenzen für die MWC ergibt Einkommens- und Vermögensmittelschicht sich für das Netto-Geldvermögen pro Kopf 2011 sind daher nicht identisch; zwischen der Ver- die untere Grenze von EUR 4.500. Zu den HWC teilung der Einkommen und Vermögen beste- gehört ein Land mit einem durchschnittlichen hen vielmehr nicht unerhebliche Unterschiede: Pro-Kopf-Vermögen ab 26.800 EUR. Brutto liegen Während beim Einkommen etwa ein Drittel der die Grenzen bei EUR 6.400 und EUR 38.700 (zur Bevölkerung die Hälfte aller Einkommen auf Herleitung der Bestimmung der Vermögens- sich vereint, sind es beim Vermögen im Schnitt grenzen siehe Appendix A). lediglich 10% der Bevölkerung, die die Hälfte al- ler Vermögen besitzen. Enger Zusammenhang zwischen Wirtschaftsleistung und Vermögen Netto-Geldvermögen der privaten Haushalte und BIP pro Kopf 2011, in Euro 100.000 USA Japan 80.000 Belgien Niederlande Geldvermögen pro Kopf 60.000 Singapur Kanada Dänemark Frankreich Italien Schweden 40.000 Deutschland Österreich Mexiko Irland Malaysia 20.000 Rumänien Portugal Finnland Südkorea Spanien Thailand Chile Griechenland Indonesien Tschechische Republik Neuseeland Peru Ungarn 0 Kasachstan Brasilien 0 5.000 10.000 15.000 20.000 25.000 30.000 35.000 40.000 45.000 BIP pro Kopf Quelle: Nationale Zentralbanken und Statistikämter, UN, Allianz SE.
Allianz Global Wealth Report 2012 Die neue Vermögensmittelschicht Bei der Brutto-Betrachtung fallen von 31 Die Staatsverschuldung vieler Industrieländer unseren 52 analysierten Ländern 20 in die Kate- ist in aller Munde, aber wie sieht es bei den pri- gorie der HWC. Hierbei handelt es sich nahezu vaten Haushalten aus? Dieser Frage wollen wir ausschließlich um etablierte Industrieländer auch bei der Betrachtung der weltweiten Vermö- (plus Singapur und Taiwan). Gerade in den In- gensmittelschicht auf den Grund gehen. Wer ge- dustrieländern mit gut entwickelten Finanz- hört nach Berücksichtigung der Verbindlichkei- systemen ist aber auch die Verschuldung der ten weiterhin zu den Ländern mit hohem (HWC) Haushalte am höchsten. Im Schnitt liegt die oder mittlerem (MWC) privaten Vermögen? Sind Pro-Kopf-Verschuldung hier bei EUR 27.670 ge- Länder aufgrund ihrer Verbindlichkeiten in den genüber gerade mal EUR 970 in den Schwellen- letzten Jahren aus dem Kreis der HWC oder MWC ländern. Natürlich stehen diesen Schulden oft ausgeschieden und wie hat sich die Vermögens- reale Vermögenswerte gegenüber, aber dennoch verteilung innerhalb dieser Länder seit 2000 ver- müssen Tilgung und Zinsen aus den laufenden ändert? Einnahmen beglichen werden. Gerade in der Krise mit teilweise rapide fallenden Hauspreisen wurde klar, dass Schulden Schulden bleiben, d.h. Verbindlichkeiten, die unter allen Umständen zurückgezahlt werden müssen. Ungleiche Verteilung Anteile am weltweiten Netto-Geldvermögen (52 Länder, 4,8 Mrd. Menschen), in % Zehntel mit den niedrigsten Vermögen Zehntel mit den höchsten Vermögen 55 17 10 7 5 2 3 0 0 1 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. Quelle: Nationale Zentralbanken und Statistikämter, UNU WIDER, Weltbank, Allianz SE.
Vorwort . Zusammenfassung . Entwicklung des globalen Geldvermögens . Verteilung des globalen Geldvermögens . Regionale Unterschiede . Literatur . Appendix 32 In Finnland, Norwegen und Irland führt und 2007 um über 22% jährlich und der Anstieg die Verschuldung der Haushalte dazu, dass die des Brutto-Geldvermögens (jährlich 11,7%) Länder in der Netto-Betrachtung nur noch ein konnte bei diesen Wachstumsraten nicht mit- mittleres Vermögen besitzen. Finnische Haus- halten. Im Zuge der Krise geriet dann die Ein- halte sind im Schnitt mit EUR 23.940 pro Kopf kommensseite unter Druck und die Verbindlich- verschuldet, Irländer mit EUR 40.790 und Norwe- keiten konnten nur langsam reduziert werden. ger sogar mit EUR 66.080 pro Kopf. Deshalb ha- Seit 2009 sinken aber die Verbindlichkeiten und ben die norwegischen Haushalte mit netto EUR das Geldvermögen steigt langsam wieder an, so 6.510 auch das niedrigste Pro-Kopf-Vermögen dass Irland 2011 mit einem durchschnittlichen in Europa. Während Finnland (EUR 19.100 pro Geldvermögen von EUR 25.460 netto pro Kopf nun Kopf) und Norwegen schon lange bei der Netto- schon wieder knapp davor steht, den Wiederauf- Betrachtung zu den MWC gehören, kam es in stieg in die Gruppe der HWC zu schaffen. In den Irland erst 2007 zum Abstieg. Die Verschuldung anderen europäischen Krisenländern ist dage- der privaten Haushalte stieg hier zwischen 2000 gen eine Umkehr der Entwicklung noch nicht zu erkennen: In Griechenland, Portugal und Spani- en sind die Netto-Geldvermögen pro Kopf auch im letzten Jahr weiter gefallen. Allerdings zähl- ten diese drei Länder bei den Netto-Vermögen auch vor der Krise nicht zur Gruppe der HWC; zumindest Portugal und Spanien gehörten aber in der Brutto-Betrachtung zu den HWC, verloren diesen Status aber 2010 bzw. 2011. Einteilung der Länder nach Netto-Geldvermögen pro Kopf HWC MWC LWC Australien Chile Argentinien Belgien Estland Brasilien Dänemark Finnland Bulgarien Deutschland Griechenland China Frankreich Irland Indien Großbritannien Kroatien Indonesien Israel Malaysia Kasachstan Italien Mexiko Kolumbien Japan Norwegen Lettland Kanada Portugal Litauen Niederlande Rumänien Neuseeland Österreich Slowenien Peru Schweden Spanien Polen Schweiz Südkorea Russland Singapur Tschechische Republik Slowakei Taiwan Ungarn Südafrika USA Thailand Türkei Ukraine Quelle: National Central Banks and Statistical Offices, UNU WIDER, World Bank, Allianz SE.
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