Grundbildung und Geschlechtergleichstellung in Haiti - Partenariat 2011-2013 - Partnerschaft UNICEF BELGIEN 2011-2013
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THEMATIC PROPOSAL Grundbildung und Geschlechtergleichstellung in Haiti Partenariat 2011-2013 DECEMBRE 2011 Partnerschaft UNICEF BELGIEN 2011-2013 Erstellt im Dezember 2010 Partenariat 2011-2013 1
Inhaltsverzeichnis 1. Zur Lage in Haiti ................................................................................. p. 3 A. Situationsanalyse B. Bildungslage der Frauen und Kinder C. Die « Millennium-Entwicklungsziele » und die Bildung in Haiti D. Haiti und die UN-Kinderrechtskonvention in Sachen Bildung 2. UNICEF-Aktionsplan ......................................................................... p. 11 A. Ziele und Erwartungen B. Die bisherigen Hilfsaktionen der UNICEF - Erzielte Ergebnisse in 2009 - UNICEF-Hilfe seit dem Erdbeben C. Strategie des Bildungsprogramms der UNICEF 3. Wirkung .............................................................................................. p.18 4. Geschichten von haitischen Kinder ................................................. p.21 Anhang .................................................................................................. p.23 2
1. Zur Lage in Haiti A. Situationsanalyse Haiti ist das unterentwickeltste Land der nördlichen Hemisphäre und eines der weltweit ärmsten. Haiti befindet sich in Lateinamerika, auf der westlichen Seite der Karibikinsel Hispanola, neben der Dominikanischen Republik. Im Norden umschließt der Atlantik die Insel, im Süden und im Westen das Karibische Meer. Mit über zwei Millionen Einwohnern ist die Hauptstadt Port-au- Prince die größte Stadt des Landes. Das Land zählt 10 Millionen Einwohner, 54% davon sind unter 18 Jahre und 12% unter 5 Jahre. Ungefähr 80% der Bevölkerung lebt in sehr großer Armut. 55% der Einwohner müssen mit weniger als 1,25 US Dollar am Tag auskommen. Im Human Development 1 Index steht Haiti auf Platz 149 von 182 . Bei der Verteilung der Reichtümer gibt es starke Ungleichheiten: die 20% der reichsten Menschen besitzen 63% des Haushaltseinkommens. Die Arbeitslosenrate liegt bei 30% und bei 62% bei den Jugendlichen zwischen 15 und 19 Jahren. Ungefähr zwei Drittel der Bevölkerung lebt auf dem Land. Knapp 70% der Haitianer leben von Landwirtschaft, die größtenteils nur den Lebensunterhalt sichert und zwei Drittel der Berufstätigen beschäftigt. Das Land leidet an einer chronischen politischen Instabilität: nach der Annahme der Verfassung in 1987 wechselten sich 14 verschiedene Staatschef ab. Diese Situation stellt die Grundversorgung vor ein Problem, verhindert jegliche dauerhafte Lösung für die Bevölkerung und gefährdet die Sicherheitslage des Landes. Kriminelle Banden nutzen die politische Instabilität, um im großen Stil Entführungen durchzuführen und hohe Lösegeldsummen zu fordern. Aus diesem Kontext heraus entstand 2004 die Stabilisierungsmission der Vereinten Nationen in Haiti (MINUSTAH). Ziele sind die Schaffung eines sicheren und stabilen Klimas, die Unterstützung der politischen Prozesse und die Überwachung der Achtung der Menschenrechte. Am 28. November 2010 fand der erste Wahlgang für die Präsidentschaft und das Parlament statt. Diese Wahl ist für die Zukunft des Landes und seiner Kinder entscheidend. Die Abstimmung rief neue Unruhen hervor: mehrere Wahlbüros wurden zur Zielscheibe von wütenden Wählern. Zwölf Oppositionskandidaten versammelten sich, um Wahlbetrug anzuprangern und Neuwahlen zu fordern. Die Auszählung der Stimmzettel fand unter der Aufsicht internationaler Beobachter statt. Der zweite Wahlgang, der am 16. Januar 2011 stattfinden sollte, wurde aufgrund von Unruhen bei der Verkündung der Wahlprognosen des ersten Umlaufs im Dezember 2010 Eine Straße in Port-au-Prince verschoben. (2006) 1 Der Index stellt sich aus 3 Hauptkriterien zusammen: Lebenserwartung, Bildungsniveau und Lebensstandard. 3
Wegen seiner katastrophengefährdeten Lage, der Bodenerosion, der hohen Bevölkerungsdichte und dem unkontrollierten Abbau von Rohstoffen, ist das Land den Launen des Wetters besonders preisgegeben. Ausnahmesituationen sind keine Seltenheit in Haiti. Schon eine geringe Katastrophe kann weitreichende Schäden anrichten, wie beispielsweise die häufigen Überschwemmungen während der Hurrikansaison. So kann jederzeit eine neue humanitäre Krise die erbrachten Fortschritte in der strukturellen Entwicklung des Landes und der humanitären Hilfe gefährden. Mehrere Jahre struktureller Armut, politischer Instabilität und Umweltschädigung haben die haitianischen Familien chronisch arm und anfällig für Notsituationen gemacht. Frauen und Kinder sind die ersten, die darunter zu leiden haben. Am 12. Januar 2010 um 16.43 Uhr Ortszeit erschütterte ein Erdbeben der Stärke 7 auf der Richterskala Port-au-Prince und Umgebung. Über 222 000 Menschen starben, 310 000 wurden verletzt, 4 000 mussten amputiert werden und 3 Millionen Männer, Frauen und Kinder verloren alles. Es mussten dringend Hilfsgüter in das Katastrophengebiet geflogen werden. Die Infrastruktur dieses strukturschwachen Landes haben der Stärke der Erschütterungen nicht Stand halten können. Das Erdbeben hat das Land Buchstäblich in einen Trümmerhaufen verwandelt. 20 Millionen Kubikmeter Schutt mussten beseitigt werden; das entspricht vier großen Pyramiden. 900 000 Gebäude wurden beschädigt und 16 der 19 Ministerien wurden teilweise oder völlig zerstört. Dieses Erdbeben im bevölkerungsdichtesten Zentrum und Entscheidungssitz Haitis hat eine Notlage ohne Gleichen verursacht. Beim Anbetracht des Ausmaßes der Schäden und der betroffenen Personen ist es verständlich, das die Beseitigung der Trümmer und der Wiederaufbau viel Zeit beanspruchen. Eine ganze Hauptstadt mitsamt Umgebung muss wieder errichtet werden. Selbst mit den modernen Mitteln eines reichen Landes würde diese Aufgabe Jahre dauern. Ein Jahr nach der Katastrophe leben immer noch 1 Millionen Menschen in 1000 Zeltlagern. Die Hälfte unter ihnen ist unter 18 Jahre. 604 000 Menschen sind aus Port-au-Prince in die Vororte und ländlichen Regionen geflohen. In den folgenden Monaten nach dem Beben haben weitere Katastrophen die Notlage der haitianischen Bevölkerung verschärft. Nach der Regenzeit wurde Haiti von Hurrikans heimgesucht, die die Überlebenden der Erdbebenkatastrophe vor neuen Bedrohungen stellten. Am 24. September 2010 richtete ein Sturm in Port-au-Prince schwere Schäden an und tötete 6 Personen, darunter 2 Kinder. Am 5.Oktober 2010 verursachte Hurrikan Tomas starke Überschwemmungen und Erdrutsche und steigerte die Seuchengefahr. Eine weitere humanitäre Krise mobilisierte erneut Hilfskräfte und Versorgungsgüter: die Choleraepidemie. Die ersten Fälle tauchten im Verlauf der letzten Oktoberwoche 2010 in der Provinz Artibonite auf und rasch verbreitete sich die Krankheit im ganzen Land. Am 30. November 2010 zählte das Ministerium für Gesundheit und Bevölkerung (Ministère de la Santé Publique et de la Population) 1751 Tote. 72 208 Menschen waren infiziert und 34 248 Personen mussten ins Krankenhaus eingeliefert werden. Die Epidemie tauchte in einer wenig betroffenen Region auf, hundert Kilometer vom Epizentrum entfernt. Aber die Millionen Menschen, die durch die Katastrophe in Not geraten waren, wurden zu leichten Opfern für die Krankheit. 4
Die haitianische Bevölkerung bewies gegenüber dem Erdbeben am 12. Januar – und der anderen zahlreichen, teilweise noch andauernden Katastrophen – eine unglaubliche Stärke. Die Menschen hoffen auf einen Wandel und träumen von einem Haiti, das sich seiner Kinder als würdig erweist. Basisdaten Bevölkerung 10 Millionen Einwohner (2009) BIP pro Einwohner 660$ (Quelle: World Bank - 2008) Anteil der Bevölkerung mit Wirtschaft weniger als 1,25 Dollar pro 54,9% (2000–2007) Tag 329/1000: Männer Erwachsenensterblichkeit 236 /1000: Frauen Müttersterblichkeit 670/100 000 Lebendgeburten Gesundheit Kindersterblichkeit unter 5 72/1000 Jahre 59: Männer Lebenserwartung 63: Frauen (2006) Verbreitung der Unterernährung bei der 58% (2004-2006) Bevölkerung Ernährung Anteil der Kinder unter 5 18% (2003-2008) Jahren mit Untergewicht Indikator für 1,8 Millionen Personen in Ernährungssicherheit Ernährungsunsicherheit Anteil der Bevölkerung mit 58% Wasser, Zugang zu Trinkwasser Hygiene und Anteil der Bevölkerung mit 19% Versorgung Zugang zu sanitären Einrichtungen Alphabetisierungsrate der 62% Bildung Erwachsenen Einschulungsrate der 50% (2003-2008) Kinder im Primarschulalter 5
B. Bildungslage der Frauen und Kinder Haiti kann nicht allen Kinder das Bildungsrecht zusichern. Doch das Recht auf Bildung steht in der Verfassung: Artikel 32 besagt, dass der Staat das Bildungsrecht garantiert und Artikel 32.2, dass der Primarschulunterricht verpflichtend ist. Die verfassungsgemäße Anerkennung der Bildung als ein Recht verpflichtet den Staat zu einer universellen Umsetzung. Er hat folglich dafür zu sorgen, dass alle nötigen Maßnahmen ergriffen werden, um allen Kindern den Zugang zur Bildung zu ermöglichen. Aber der Mangel an Mitteln, sowohl auf staatlicher wie auch auf privater Ebene, vermischt mit der soziopolitischen Instabilität, erschweren die Durchführung. Wegen Armut und Marginalisierung kommen zahlreiche Kinder und Jugendliche nicht in den Genuss einer Schulbildung. Kinder in ländlichen Gegenden sind am meisten betroffen. Vor dem Erdbeben am 12. Januar 2010 ging weniger als die Hälfte der Kinder im 2 Primarschulalter zur Schule . Die Schulbesuchsrate lag bei 20%. Der frühzeitige Schulabbruch der Kinder bleibt weiterhin ein Hauptthema im Bildungsbereich. Schätzungen zufolge schließen nur 30% der Erstklässler die Primärstufe ab und nur 2% erhalten einen 3 Sekundarschulabschluss . Auch die Vorbereitung der Kinder auf die Schule ist stark unterentwickelt, denn nur 56% der 4 haitianischen Kinder besuchen eine Vorschule . Aber Untersuchungen und Studien haben bewiesen, wie wichtig die Vorschule für die Entwicklung der Kinder zwischen 3 und 5 Jahren ist. Diese Phase ist entscheidend für sein späteres Wohlbefinden der Kinder, für ihre Entwicklung und ihre Eingliederung in die Primärstufe der Primarschule ab dem Alter von 6 Jahren. Der Privatsektor dominiert stark das Schulangebot. Von den 22 000 Schulen des Landes sind nur 8% öffentliche. 80% der Schüler besuchen also Privateinrichtungen mit mittelmäßiger Unterrichtsqualität. Eine Überprüfung der Privatschulen existiert praktisch nicht und viele entsprechen nicht den Standards. Das haitische Schulsystem besteht aus: - Einer Vorschule für Kinder zwischen 3 und 5 Jahren. Sie ist nicht verpflichtend. - Einer Grundschule für Kinder zwischen 6 und 14 Jahren, aufgeteilt in drei Stufen à 3 Jahren. Die ersten beiden Stufen entsprechen der Grundbildung, die dritte ist eine Orientierungsstufe. - Einer Sekundarschule für Jugendliche zwischen 15 und 18 Jahren. 2 Les enfants d’Haïti, Etapes marquantes et perspectives à l’échéance de six mois, UNICEF, juillet 2010 3 Haïti 2009, Annual Report, UNICEF, p.9 4 Idem 6
Die direkten und indirekten Kosten sind ein beachtliches Hindernis für den Schulbesuch und die Fortsetzung der Schulbildung der Kinder. Man muss ebenfalls betonen, dass trotz eines gleichberechtigten Zugang Jungen durchschnittlich vier Jahre zur Schule gehen und Mädchen nur zwei. Trotzdem gibt es einen riesigen Wissensdurst in Haiti. Die Bildungsnachfrage ist höher als das Angebot. Deshalb fördert UNICEF in Haiti nicht den Schulbesuch, sondern unterstützt die Regierung und andere Entscheidungsträger im Bildungsbereich, um das Angebot für die Kinder zu vergrößern und eine gute Unterrichtsqualität sicherzustellen. Diese beunruhigende Situation hat sich durch das Erdbeben noch verschlechtert. Über 2,5 5 Millionen Kinder mussten den Schulbesuch unterbrechen, 4 992 Schulen sind betroffen (90% 6 der Schulen im Erdbebenbereich), darunter wurden knapp 4 000 zerstört oder beschädigt . 56 000 Lehrer wurden verletzt, 1500 unter ihnen wurden getötet. Die größte Bremse beim Wiederaufbau der Schulen sind die Räumungsarbeiten, da das Erdbeben weite Teile der Stadt in Trümmerfelder verwandelt hat. Die große Herausforderung ist es also nicht, zum Stand vor dem 12. Januar 2010 zurückzukommen, sondern allen Kindern zu ermöglichen, die Schule zu besuchen. 7 Schlüsseldaten Bildung in Haiti Schulbesuchsrate der Primarschule (2003- 52% : Mädchen 2008) 48% : Jungen Schulbesuchsrate der Sekundarschule 18% : Männer (2003-2008) 21% : Frauen 8 Schulbesuchsrate der Vorschule 56% Alphabetisierungsrate der Jugendlichen (15- 76% : Männer 24 Jahre) 87% : Frauen Anzahl der Schulen vor dem 12. Januar 2010 22 000 Schulen Anteil der öffentlichen Schulen 8% C. Die « Millennium-Entwicklungsziele » und die Bildung in Haiti Die Millennium-Entwicklungsziele (MEZ), 2000 von der UNO festgeschrieben, sind Zielvorgaben der internationalen Gemeinschaft zur Armutsbekämpfung, dem Friedenserhalt, dem Umweltschutz, der Achtung der Menschenrechte, der Sicherheit und der Entwicklung für das Jahr 2015. Haiti ist weit davon entfernt und entwickelt sich gar in die entgegengesetzte Richtung. Die Kinder leiden immer noch an den Folgen des Erdbebens vom 12. Januar 2010 und die wenigen Fortschritte, die zur Verbesserung der Lage beitragen, sind stark gefährdet. Nur bei einem MEZ ist Haiti auf dem richtigen Weg: die Kindersterblichkeit (MEZ 4).Dieser Indikator 5 Eine betroffene Schule wurde entweder zerstört, beschädigt oder leidet unter Organisationsproblemen, die seine Wiedereröffnung verhindern (wie der Tod des Lehrpersonals). 6 Les enfants d’Haïti, Etapes marquantes et perspectives à l’échéance de six mois, UNICEF, juillet 2010 7 La situation des enfants dans le monde, Tableaux statistiques, Novembre 2009 8 Haïti 2009, Annual Report, UNICEF, p.9 7
9 ist zwar weiterhin sehr erhöht (ein Kind von 13 stirbt vor seinem 5. Geburtstag ), sinkt aber allmählich. Bei der Bekämpfung der Fehlernährung und der schweren Krankheiten, im Bildungsbereich und bei der Geschlechtergleichstellung ist Haiti wohl kaum in der Lage, die Zielvorgaben bis 2015 zu erreichen. Die Müttersterblichkeit ist gar alarmierend, da 670 von 100 000 Frauen bei der Geburt sterben. Auch der Zugang zu Trinkwasser und sanitären Anlagen wurde durch das Erdbeben verschlechtert. Diese Indikatoren sind Alarmzeichen, die zur Handlung aufrufen. Das MEZ 2 soll allen Kindern, Jungen wie Mädchen, bis 2015 den vollständigen Abschluss der Primarschulbildung sicherstellen. Und das MEZ 3 sichert Jungen und Mädchen einen gleichberechtigten Zugang zu allen Bildungsebenen zu, sowie die Geschlechtergleichstellung. In Haiti geht nur jedes zweite Kind im Primarschulalter zur Schule. Jungen besuchen die Schule durchschnittlich vier Jahre und Mädchen nur zwei. Die Chancen für eine universelle Grundbildung bis 2015 stehen eher schlecht. Und das Erdbeben im Januar hat die Hoffnung noch mehr sinken lassen. Da sich die Regierung über die Bedeutung der Bildung für die Zukunft des Landes und der Lücken im System bewusst ist, hat sie die Bildung zum Schlüsselpunkt des Wiederaufbaues gemacht. Trotzdem bleibt noch viel zu tun, um das zweite und dritte Millennium-Entwicklungsziel zu erreichen – von der Sicherung und der Schulsanierung bis zur Erschaffung eines kostenlosen, effizienten und hochwertigen Schulsystems, das für alle zugänglich ist. D. Haiti und die UN-Kinderrechtskonvention in Sachen Bildung Das Übereinkommen über die Rechte des Kindes von 1989 ist die erste internationale und rechtskräftige Konvention zur Sicherstellung der Menschenrechte für alle Kinder. Der Ausschuss für die Rechte des Kindes besteht aus unabhängigen Experten, die die Umsetzung der Konvention durch die Mitgliedsstaaten überwacht. Der letzte Bericht dieses Ausschusses über die Situation der Kinderrechte in Haiti war im März 2003. In diesem Bericht stellt der Ausschuss fest, dass die Auslandsschulden, die hohe Arbeitslosenrate, die politische Instabilität, die beschränkte Anzahl an qualifizierten und verfügbaren Arbeitskräften und die schlechte Finanzlage verhängnisvolle Auswirkungen auf den sozialen Schutz und die Situation der Kinder haben. Diese Elemente haben „die vollständige Umsetzung der Kinderrechtskonvention stark behindert“. In seinen abschließenden Bemerkungen begrüßt der Ausschuss die Verabschiedung eines Gesetzes in 2001 über das Verbot von körperlicher Züchtigung in der Familie und in der Schule. Er befürwortet ebenfalls die Einrichtung eines nationalen Ausschusses für die Mädchenbildung, der zur Förderung der Einschulung von Mädchen beitragen soll. Trotzdem beunruhigt ihn die Tatsache, dass die Prügelstrafe in Familien und der Schule immer noch stattfindet, sowie die Misshandlung von Kindern, die als Hausangestellte (die restaveks) arbeiten. Tatsächlich sind die haitianischen Kinder ohne genügenden Schutz besonders der Gewalt, der Ausbeutung und der Misshandlung ausgesetzt. 9 Haiti’s children and the MDGs, UNICEF, September 2010, p.6 8
Speziell für den Bildungsbereich bemerkt der Ausschuss besorgt: dass die Einschulungsraten niedrig bleiben und eine Diskrepanz zwischen Jungen und Mädchen und zwischen Stadt und Land vorherrscht Dass die Anzahl von öffentlichen Schulen sehr begrenzt und die Bildung mangelhaft ist, was sich in der hohen Rate der Klassenwiederholer und Schulabbrecher wiederspiegelt und der schlechten Lehrerausbildung zugrunde liegt Dass schwangere Mädchen von der Schule ausgeschlossen werden Dass das Bildungsangebot größtenteils in der Hand des Privatsektors liegt und der Staat diesen Sektor nur beschränkt überprüfen kann Folglich legt der Ausschuss für die Rechte des Kindes dem Staat Haiti nahe: Den nationalen Bildungsplan schnellstmöglich in die Tat umzusetzen; Sich weiterhin um einen gleichberechtigten Bildungszugang für alle Kinder zu bemühen, insbesondere für Mädchen und für Kinder in ländlichen und isolierten Gebieten; Maßnahmen zu ergreifen, um benachteiligten Kindern, wie Straßenkinder, die restaveks und Kinder oder Jugendliche im Schulrückstand, den Zugang zu angepassten Programmen zu ermöglichen; Die Ursachen für die hohe Rate an Klassenwiederholungen und Schulabbrüchen zu erforschen und sie zu beseitigen; Die Lehrpläne und die Unterrichtsqualität der Privatschulen besser zu kontrollieren; Ab der Primarschule Menschenrechte und Kinderrechte systematisch in die Lehrpläne aufzunehmen; Das Lehrpersonal kompetent auszubilden; Die Zügel im Bildungsbereich zu übernehmen, zum Beispiel durch die Kompetenzerweiterung der nationalen Partnerschaftskommission; Technische Unterstützung bei Organisationen wie die Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) oder UNICEF anzufordern. Darüber hinaus beunruhigt sich der Ausschuss über die hohe Anzahl der Kinder, die arbeiten, aber nicht das Alter dazu haben, was ihrer Entwicklung und Sozialisierung schadet. Vor allem die Kinder, die als Hausangestellte (restaveks) arbeiten und oft Misshandlungen und Gewalt ausgesetzt sind, ziehen seine Aufmerksamkeit an. Die Expertengruppe empfiehlt der Regierung das Arbeitsrecht besser umzusetzen und die Anzahl der Gewerbeaufsichtsbeamten zu erhöhen. Sie bestehen auf die Notwendigkeit eines psychologischen und physischen Rehabilitationsangebots und einer soziale Wiedereingliederung, sowie die Möglichkeit zur Schule gehen zu können. 9
Zudem kritisiert der Ausschuss die mangelhaften Zugangsmöglichkeiten für Kinder mit einer Behinderung zu einer adäquaten Gesundheitsversorgung, zur Bildung und zu sozialen Dienstleistungen. 10
2. UNICEF-Aktionsplan A. Ziele und Erwartungen Bildung ist der Schlüssel zu einer tiefgreifenden Veränderung in Haiti. Alle Akteure, die beim Wiederaufbau Haitis beteiligt sind, sind gemeinsam der Ansicht, dass die Kinder die Grundlage für eine Veränderung im Land sind und dass deshalb alles daran gesetzt werden muss, dass sie eine hochwertige Ausbildung erhalten. Ziel des UNICEF-Programms 2011-2013 ist die Unterstützung des Bildungsministeriums, damit es in der Lage ist, allen Kindern zwischen 0 und 15 Jahren das Recht auf Bildung zuzusichern, wie es die Konvention verlangt. Bis Ende 2011 sollen dank der Hilfe UNICEFs 720 000 Kinder Zugang zu einer kostenlosen und hochwertigen öffentlichen Bildung haben. Es muss präzisiert werden, dass die Erwartungen sich nur auf das Jahr 2011 beschränken, da die wiederholten Notsituationen es unmöglich machen, für 2012-2013 zu planen. Für UNICEF sind die langfristigen Hauptaugenmerke folgende: Mehr benachteiligten Kindern den Schulbesuch zu ermöglichen Die Qualität des Bildungsangebots zu steigern Chancengleichheit zwischen den Geschlechtern Den Kleinkindsektor auszubauen Bildung und Entwicklung zu verknüpfen B. Die bisherigen Hilfsaktionen der UNICEF UNICEF ist seit 1949 in Haiti und arbeite schon jahrelange aktiv im Bildungsbereich des Landes mit. Schon lange vor dem Erdbeben am 12. Januar 2010 half UNICEF vor Ort bei der Umsetzung der MEZ und der Sicherstellung der Schulbildung für alle Kinder. ERZIELTE ERGEBNISSE IN 2009 2009 konzentrierten sich die Programme der UNICEF für die Bildung auf drei Schlüsselbereiche: Kleinkindentwicklung. 2009 hat UNICEF zum Beispiel in 61 Vorschulklassen Aktivitäten organisiert und 3000 Kinder zwischen 3 und 6 Jahren konnten von einem besseren Lernumfeld profitieren Grundbildung. 84 000 Kinder konnten von besseren Lernbedingungen profitieren. 2009 wurden knapp 2000 Lehrer und 270 Schulleiter geschult und 30 000 Kinder erhielten eine Schulbox. Stärkung der institutionellen Fähigkeiten. UNICEF hat beispielsweise dem Bildungsministerium bei der Vorbereitung einer nationalen Kleinkindpolitik geholfen. Die regionale Führung und Reglementierung konnten ebenfalls verbessert werden. UNICEF-HILFE SEIT DEM ERDBEBEN 11
Das Erdbeben am 12. Januar 2010 hat über 4000 Schulen beschädigt und 2,5 Millionen Kinder vom Schulbesuch abgehalten und somit das Bildungssystem stark geschwächt. Dieses Beben hat UNICEF genötigt, ihren Zeitplan zu ändern und Nothilfe im Bildungsbereich zu leisten. Trotzdem ändert sich langfristig nichts an den Zielen der UNICEF und ihr Wiederaufbauprogramm basiert auf dem Willen einer tiefgreifenden Veränderung des haitianischen Schulsystems. Nach dem Erdbeben hat UNICEF seine Unterstützung bei dem Wiederaufbaus der Schulen der Landeslage, dem Zerstörungsgrad und der Notwendigkeit der Kinder, zur Schule zurückzugehen, angepasst. Wiedereröffnung der Schulen zur Beendigung des Schuljahres 2009-2010 Zunächst hat UNICEF alles daran gesetzt, dass die Kinder schnellstmöglich wieder zur Schule gehen können, damit sie kein Schuljahr verlieren. Und das Ziel wurde erreicht. UNICEF hat das Bildungsministerium unterstützt, um ab dem 5. April 2010 Übergangsschulen zu eröffnen: o 1422 Zelte für 600 Schulen in betroffenen Gebieten hat UNICEF für 325 000 Schüler und 42 000 Lehrer verteilt. o UNICEF unterstützte das Bildungsministerium bei der Ausarbeitung eines verkürzten Lehrplans für das zweite Semester, damit die Schüler nicht das Schuljahr wiederholen müssen. o Ungefähr 2300 Lehrer und 3000 Erzieher wurden in diesem Lehrprogramm geschult. Der Schulung wurde ein Modul hinzugefügt, um die Kompetenzen in psychologischer Kinderbetreuung, Verminderung von Katastrophenrisiken und Lebenskompetenzen zu erweitern 12
Das Schuljahr 2010-2011 Am 4. Oktober begann das Schuljahr 2010-2011 in Haiti. UNICEF und seine Partner haben ohne Unterlass daran gearbeitet, dass so viele Kinder wie möglich zu Schulbeginn zur Schule gehen können: o 57 Übergangsschulen, für 10 Jahre erbaut, waren zu diesem Zeitpunkt bereist errichtet. o Der Prozess ist immer noch im Gang: am 12. November 2010 gab es 127 Baustellen. o Dank dieser zweiten Phase unterstützt UNICEF 720 000 Kinder und 15 000 Lehrer im Schuljahr 2010-2011. o 2 466 Schulen wurden mit „Schulboxen“ für die Schüler versorgt, die je einen Rucksack, Stifte, Kugelschreiber, Hefte und ein T-Shirt enthalten. o Zehntausende von Vorschulkindern erhielten Spiel- und Unterrichtsmaterial in Kleinkindentwicklungsboxen. Vorbereitungen für die Errichtung dauerhafter Schulen Parallel dazu arbeitet UNICEF an der Erbauung von dauerhaften Schulen. Diese Phase wird seit 2010 vorbereitet und dürfte sich auf die kommenden Jahre erstrecken. Diskussionen und Absprache mit den verschiedenen Partnern von UNICEF fanden statt, wie mit der Direktion des Schulwesens des Bildungsministeriums und dem haitische Ministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. Die Absprachen dienen der Projektumsetzung, die die Normen, die Kultur und die Traditionen Haitis berücksichtigen sollen. Dreißig Kinder wurden zu ihrer Traumschule befragt und wie die ideale Schule aussieht. Das Bildungsprogramm der UNICEF betrifft ebenfalls die Cholerabekämpfung. In 22 000 Schulen wurde eine Informationskampagne über die Krankheit und Vorsorgemaßnahmen durchgeführt. UNICEF verteilte an 5000 gefährdete Schulen Seife und Wasserreinigungstabletten, die 1,5 Millionen Kindern zugute kommen. Einige Zahlen zu den UNICEF-Aktionen nach dem Erdbeben Anzahl der 600 Schulen (mit 1422 Schulbesuch Übergangsschulen Zelten) (April 2010) Anzahl geschulter Lehrer 2300 Anzahl geschulter Betreuer 3000 Anzahl erbauter semi- permanenter Schulen bis 57 zum 4. Oktober 2010 Anzahl der semi- Schuljahr 2010-2011 permanenten Schulen, die 127 noch gebaut werden (November 2010) Anzahl der Schüler, die vom UNICEF-Programm 2010- 720 000 2011 profitieren 13
Anzahl der Lehrer, die vom UNICEF-Programm 2010- 15 000 2011 profitieren Anzahl der Schulen mit 2466 Schulboxen C. Strategie des Bildungsprogramms der UNICEF UNICEF handelt gleichzeitig auf ZWEI EBENEN in Haiti: Auf politischer Ebene: Stärkung der Kapazitäten der Stärkung der Kapazitäten Regierungsstellen (siehe Kasten), Erweiterung des Da die Regierung für den Schutz kostenlosen, staatlichen Angebots und Steigerung des der Kinderrechte in seinem Land Staates bei der finanziellen Unterstützung der Bildung. verantwortlich ist, unterstützt Diese Aktionen finden im Rahmen des „Aktionsplans zum UNICEF die Regierungsstellen und Wiederaufbau und zur Entwicklung Haitis“ statt, der nach passt ihre Hilfe an den dem Erdbeben entwickelt wurde (siehe Anhang). Herausforderungen des Landes an. Auf der Ebene Hilfe vor Ort: UNICEF startet Aktionen, die UNICEF hat seine nationalen und zur Verbesserung des Schulzugangs und der internationalen technischen Verbesserung der Unterrichtsqualität beitragen, mit Experten in den betreffenden Ministerien integriert. besonderer Berücksichtigung der gefährdetsten Kinder. Ein Teil der Lohnauszahlung von Dazu setzt UNICEF das Modell „kindergerechte Schulen“ einigen nationalen Beamten wurde um. ebenfalls übernommen. Das Modell « kindergerechte Schulen » von UNICEF beruht auf ein ganz einfaches Ziel: die Schulen sollen im besten Sinne der Kinder funktionieren. Dieses Modell entwickelt eine pädagogische Herangehensweise, die auf folgendes beruht: Eine kindergerechte Infrastruktur und sanitäre Anlagen Hilfe in Sachen Ernährung, Gesundheit und Hygienemaßnahmen Angepasster, hochwertiger und nachhaltiger Unterricht Die Mitwirkung der Kinder und der Respekt ihrer Rechte Die Mitwirkung der Gemeinde Dieses Schulmodel fördert die Geschlechtergleichstellung, Toleranz, Würde und persönliche Entwicklung. Der von UNICEF und seinen Partner umgesetzte AKTIONSPLAN ist eine 10 sektorenübergreifende Initiative mit drei Hauptkomponenten : Gleichberechtigter Zugang zu einer hochwertigen Bildung: o Allen Kindern soll ein gleichberechtigter und kostenloser Zugang zu einer hochwertigen Grundbildung sicherstellen werden. Aus diesem Grund wurde die Kampagne “Mete men pou tout timoun ale lekol” (« Geben wir uns die Hand, damit alle Kinder zur Schule gehen können ») ins Leben gerufen, damit mehr Kinder in den kommenden Schuljahren (wieder) zur Schule gehen können. 10 Zusammenstellung der Ziele auf Basis von « Mid-Year Review of 2010 Humanitarian Action Report » - Haïti 2010-2011 14
Die Aktion konzentriert sich vor allem auf besonders gefährdete Kinder, die besondere Bedürfnisse haben, wie „zu alte“ Kinder. Sie machen 70% der Schüler im Land aus, vor allem wegen der hohen Wiederholungsrate. Diese Schüler nehmen Kindern im entsprechenden Schulalter den Platz weg. UNICEF setzt sich für die Förderung spezieller Bildungsprogramme für diese Kinder ein: im Laufe des Jahres 2011 wird ein beschleunigtes Lernprogramm für 100 000 „zu alte“ Kinder umgesetzt, vor allem für umgesiedelte und in Lagern lebenden Kinder. o Die Anzahl der öffentlichen Schulen soll durch den Bau von semi-permanenten und dauerhaften Schulen erhöhen werden: 100 zusätzliche Übergangschulen sollen in 2011 gebaut werden. Damit dieses Programm auf wirklich benachteiligten Kindern zugute kommt, wurde bei der Suche nach einem Ort für die Errichtung der Schule im April ein Auswahlverfahren angewandt, das im Oktober neu ausgewertet wird. Der Bau von Schulen soll nicht nur in Gebieten stattfinden, die vom Erdbeben betroffen sind, sondern auch in marginalisierten oder isolierten Zonen wie in Slums. Die Kriterien berücksichtigen die Bevölkerungsdichte und bereits vorangegangene UNICEF- Aktionen in dieser Region. Zudem arbeiten die Ingenieure der UNICEF mit lokalen Unternehmen zusammen, was den Privatsektor wieder ankurbelt. o Verbesserung der materiellen Bedingungen und der Infrastruktur der öffentlichen Schulen: In 2011 wird UNICEF 400 000 Kinder zwischen 4 und 14 Jahren und 10 000 Lehrer mit Unterrichtsmaterial versorgen. Diese Aktion schließt die Verbesserung der Standards für ein gutes und sicheres Lernumfeld mit ein, nach dem Modell « kindergerechte Schulen »: - Sanitäre Anlagen - Gesundheitsversorgung, Ernährung und Kinderschutz - Neue Bautechnologien für die Übergangsschulen, semi-permanente und dauerhafte Schulen - Mitwirkung der Kinder und der Gemeinde o Steigerung der Unterrichtsqualität und der Lernleistung. UNICEF konzentriert sich auf: - Einen nachhaltigeren und besser angepassten Lehrplan - Eine effizientere Ausbildung der Verantwortlichen des Bildungssystems. Diese Schulungen sind den situationsspezifischen Bedürfnissen der Kinder angepasst: 2011 bildete UNICEF 100 Lehrerausbilder, 5 000 Primarschullehrer und 50 lokale Behörden des Schulwesens in psychologische Betreuung in der Schule und Katastrophenschutz aus. Bessere Schulen für die Zukunft Übergangsschulen: Diese Schulen bestehen aus zwei großen Zelten (72 m²) und einem kleineren (42 m²) für 280 Schüler, mit Wasserzugang und sanitären Anlagen. Wenn dies nicht möglich war, hat UNICEF die Schulen mit einer Wasserstelle und einer Latrine versorgt. Semi-permanente Schulen: Langfristig können die Übergangsschulen keine „richtige“ Schule ersetzen. Vorsorglich hat UNICEF deshalb ein Team von Bauingenieuren unterstützt, die zusammen mit der Regierung an der Instandsetzung von semi-permanenten Schulen arbeitet. Diese Schulen können Stürmen und Naturkatastrophen standhalten, da sie über ein Betonfundament verfügen. Zeltstangen verstärken die Mauern rund um ein Wellblechdach. Ihre Lebensdauer beläuft sich auf 10 Jahre. Dauerhafte Schulen: dauerhafte, kindergerechte und erdbebensichere Schulgebäude werden auf ein bereits existierendes Betonfundament gebaut in Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium und den Partnern der UNICEF. Sie entsprechen den zurzeit diskutierten Standards. 15
Unterstützung der Politik und der Grundplanung für Umstrukturierung des Schulsystems: Diese Maßnahme bedeutet: o Die Steigerung der Kompetenzen des Lehrpersonals o Mitwirkung der Kinder und der Gemeinde o Stärkung der Kapazitäten des Bildungsministeriums (Ministère de l’Education Nationale et de la Formation Professionnelle (MENFP)): - Die Rolle der Regierung bei der Planung, Kontrolle und Überwachung bei der Umstrukturierung des Schulsystems verstärken: Die Regierung soll Standards festlegen, vor allem beim Bau der dauerhaften und semi-permanenten Schulen und bei der Unterrichtsqualität Die Regierung muss in der Lage sein, die Einhaltung der Normen, der Standards und der festgelegten Ziele für die öffentliche und private Bildung zu überprüfen - Verwaltungs- und Informationskoordinierung auf nationaler und departementaler Ebene verstärken. Um die Regierung bei dieser Aufgabe zu unterstützen, wird UNICEF 2011: 50 lokale Behörden des Bildungsbereich in Nothilfe/–vorsorge und sektorielle Vorgehensweise schulen 50 lokale Bildungsexperten für die Sammlung und Auswertung von Daten ausbilden, um ein realistisches Bildungssystem zu erschaffen Die Bildungsdepartements mit Computern und Hardware-Ausrüstung ausstatten Nothilfe UNICEF ist immer bereit, in Notsituationen Hilfe zu leisten, was sehr wahrscheinlich zwischen 2011-2013 in Haiti der Fall sein wird. Ein Bildungsnothilfeprogramm wurde deshalb aufgestellt. Wenn eine Notsituation eintritt und Kinder von der Schule fernhält, sorgt UNICEF dafür, dass die Kinder schnellstmöglich den Unterricht wieder aufnehmen können, durch die Verteilung von Schulzelten; Unterrichtsmaterial, „Schule-in-der-Kiste“, … UNICEF bittet das Bildungsministerium um die Umsetzung eines Aktionsplans für eine schnelle Bildungsnothilfe. Dieser Notplan sollte jedoch nicht nachhaltige Entwicklungsziele im Bildungsbereich ersetzen. Die Choleraepidemie erfordert spezifische Maßnahmen in Bildungsbereich für 2011. Die von UNICEF ausgewählten Schulen in cholerabetroffenen Gebieten profitieren von einer umfangreichen Aufklärung über Cholera und ihrer Bekämpfung: - Erweiterung der Sensibilisierungs- und Informationskampagne zusammen mit dem Bildungsministerium - Mobilisierung der Gemeinde durch die Schulung von Erziehern, Lehrern, NGO, … - Verstreuung von Schlüsselinformationen für die Mund-zu-Mund-Propaganda - Verteilung von Seifen in den Schulen Choleraaufklärung in einer Schule 16
- Sicherstellung der Wasserreinigung in den Schulen, der Überprüfung der Wasserqualität, der Wasseraufbereitung und der Desinfektion der Latrinen in Choleragebieten. Schlüsselzahlen des UNICEF-Aktionsplans 2011 Anzahl der Kinder im Programm 720 000 Anzahl der gebauten semi-permanenten Schulen 100 Anzahl der Kinder mit Schulmaterial 400 000 Anzahl der Lehrer mit Schulmaterial 10 000 100 Ausbilder Anzahl des geschulten Lehrpersonal in psychologischer Betreuung und 5000 Lehrer Katastrophenschutz 50 lokale Behörden Anzahl der « zu alten » Kinder im beschleunigten Lehrprogramm 100 000 Anzahl der lokalen Bildungsexperten mit Ausbildung im Sammeln und 50 Auswerten von Daten Anzahl der lokalen Behörden mit Ausbildung in Nothilfe und sektorieller 50 Vorgehensweise Das UNICEF-Bildungsprogramm in Haiti wurde auf der Basis von STRATEGISCHEN REFERENZDOKUMENTEN des Landes entwickelt: - Die nationale Aktionsstrategie Bildung für alle (2007) - Das Strategiepapier zur Armutsbekämpfung - PRSP (2007) - Das Entwicklungshilfe-Rahmenprogramm der Vereinten Nationen in Haiti – UNDAF (2009-2011) - Der Aktionsplan zum Wiederaufbau und zur Entwicklung Haitis (2010) Für weitere Informationen zu den verschiedenen Dokumenten, siehe Anhang. 17
3. Wirkung Die erwartete Wirkung des UNICEF-Bildungsprogramms in Haiti für 2011 ist: Die Anzahl der Kinder zu erhöhen, die zur Schule gehen: das UNICEF-Programm 2011 soll 720 000 Kindern den Schulbesuch ermöglichen. Das sind ungefähr 30% der 2,2 Millionen Kinder im Schulalter. Die Qualität des Bildungssystems zu erhöhen: die Abschlussrate des letzten Primarschuljahrs beträgt heute 30%. Vor dem Erdbeben am 12. Januar 2010 betrug die Netto-Einschulungsrate 50%. Diese Katastrophe hat das Bildungssystem stark angegriffen, das in diesem Land schon sehr schwach war. Durch die rasche Wiedereröffnung der Schulen, damit die Kinder kein Jahr aussetzen und 720 000 Kinder zu Schuljahresbeginn im Oktober 2010 wieder zur Schule gehen können, haben UNICEF und ihre Partner es geschafft, das System wieder in Gang zu bringen. Die laufenden Aktionen in 2011 sollen die Bildungsqualität erhöhen und ein System schaffen, das mehr Kindern in 2012 eine kostenlose Bildung ermöglicht. 18
4. Geschichten von haitianischen Kindern 11 Die Geschichte von Judith. Das Versprechen der Bildung Port-au-Prince, den 12. Mai 2010 Am 12. Januar 2010, als sie auf dem Heimweg von der Schule war, veränderte sich Judiths Leben schlagartig. Das Erdbeben nahm der Schülerin aus Port-au-Prince die einzigen zwei Zufluchtsorte: ihre Mutter und ihr Haus. Seitdem wohnt Judith zusammen mit acht weiteren Familienmitgliedern in einem kleinen Zimmer aus Plastikplanen. Jetzt muss das Mädchen täglich zwei Stunden zu Fuß zur Schule gehen, 6 km insgesamt. „Es ist anstrengend“, sagt sie, „aber ich weiß, dass ich zur Schule gehen muss, wenn ich jemand werden will.“ Die Schule ist Judiths ganzer Lebensinhalt. « Ich gehe gerne zur Schule, dort sind meine Freunde. Man muss zur Schule gehen, Judith und Mme Lambert. wenn man etwas im Leben erreichen will. ». Seit dem Erdbeben hat sich vieles in Judiths Schule verändert. Sie hat viele Freunde verloren: nur 32 der 74 Siebtklässler sind bei der Wiederaufnahme des Unterrichts im April gekommen. Nach dem Tod ihrer Mutter ist die Schule Judiths zweites Zuhause geworden. « Die Schulleiterin, Mme Lambert, ist wie eine Mutter. Auch sie sorgt sich, wenn ich vor der Schule nichts esse. » « Jeden Freitag organisiert Mme Lambert eine Versammlung, wo wir unsere Erlebnisse und Geschichten zum Erdbeben austauschen können. […] Es ist schwer, aber wir müssen uns gegenseitig helfen, um diese schwere Zeit zu überwinden. Es gibt keinen anderen Weg. Wir müssen kämpfen für das, was wir im Leben erreichen wollen ». « Was würde aus Judith werden ohne Bildung? » fragt sich Madame Lambert. « Sie ist außergewöhnlich. Trotz des schweren Schicksalsschlages lächelt sie immer. Sie leuchtet wie ein Stern in der Dunkelheit ». Die Lehrerin sorgt sich um die anderen Kinder, die nicht die Möglichkeit haben, zur Schule zu gehen. Zahllose Hindernisse stellen sich den haitischen Familien in den Weg, wie die Schulkosten, die viele Kinder von der Schule fern halten. « Ohne UNICEF hätten wir nichts. Keine Schule, kein Material, nichts, betont Mme Lambert. Und wir hätten nicht so schnell den Unterricht wieder aufnehmen können. Aber es bleibt viel zu tun. Wir müssen die Eltern davon überzeugen, dass die Schule sicher ist und noch mehr dauerhafte Schulen bauen, die den Sicherheitsstandards entsprechen ». Sie fügt hinzu: « Ich will Judith retten. Bildung ist ihre einzige Hoffnung. Bildung ist die einzige Hoffnung für Haiti ». Die Geschichte von Taïma – Schule im Zelt Port-au-Prince, August 2010 Man muss nur das Wort « Schule » aussprechen, um Taïmas Augen zum Strahlen zu bringen. Warum ist nicht schwer zu verstehen. Die Wiedereröffnung der haitischen Schulen im April 2010 war die erste Möglichkeit für das zehnjährige Mädchen, den Ort zu verlassen, der ihr seit dem Erdbeben als Haus dient: ein Zelt aus Stofffetzen auf einem Sportfeld in 11 Die komplette Gesichte von Judith befindet sich auf der Internetseite der UNICEF : www.unicef.org 19
einem Vorort von Port-au-Prince. Wie Taïma leben 7000 Menschen in diesem Lager, bekannt unter dem Namen Dadadou. Vor der Wiedereröffnung der Schulen hat Taïma zusammen mit hunderten von Kindern an einem freiwilligen Unterricht in zwei großen Schulzelten teilgenommen. Diese Zelte und etliche Schulboxen „Schule in der Kiste“ mit Unterrichtsmaterial (siehe Kasten) und Spielboxen wurden von UNICEF zur Verfügung gestellt. „Die Schule hilft mir zu vergessen, was ich erlebt habe, auch wenn es nur für ein paar Stunden ist“, sagt Taïma Wie viele andere Kinder konnte Taïma es kaum erwarten, wieder zur Schule in der Kiste « Schule in der Kiste » ist Teil der UNICEF-Nothilfe. Jede Metallkiste enthält genug Material, um 40 Grundschüler zu unterrichten. Sie ermöglicht einen provisorischen Grundschulunterricht in den 72 Stunden nach der Katastrophe. Neben Schulheften, Stiften, Radiergummis und Scheren enthält die Kiste auch eine Holzlernuhr, Holzklötzchen zum Rechnen, ein Radio mit Solar- oder Kurbelbetrieb, sowie Lernposter (Alphabet, Zahlen und Rechentafel). Der Deckel der Kiste kann auch als Tafel verwendet werden. Schule zu gehen: „Das war ein großer Tag für mich!“ Taïma vor dem Zelt, in dem sie seit dem Erbeben mit ihren Großeltern wohnt Die Gesichte von Judeline – Der Tag X Port-au-Prince, den 5. Oktober 2010. Judeline, 6 Jahre, lebt mit ihrer Mutter, ihrem Bruder und ihrem Cousin in einem der Zeltlager der Hauptstadt, seit das Erdbeben ihr Haus zerstört und ihren Vater getötet hat. Für das Mädchen ist der Beginn des Schuljahres am 5. Oktober 2010 ein Neuanfang: Zum ersten Mal kann sie die Schulbank drücken! Von jetzt an geht Judeline jeden Morgen zur Celie-Lilavois-Schule. Das Bauteam der UNICEF hat ohne Unterlass an der Fertigstellung der 4 semi-permanenten Klassenzimmer gearbeitet. Hier bedeutet Schule mehr als reines Lernen. „Einige Kinder haben ihre Eltern verloren“, sagt die Schulleiterin der Celie- Lilavois-Schule, Henriette Moisset. „Sie sind traumatisiert, aber in der Schule versuchen wir ihnen Hoffnung zu machen, mit ihnen zu reden und ihnen zu helfen, die Erlebnisse in einem sicheren Umfeld zu verarbeiten. Für die Kinder ist das sehr schwer.“ Den Kindern ein sicheres, gutes und bereicherndes Lernumfeld zu bieten ist ein oberstes Ziel im zerstörten Haiti. Die Regierung versorgt die Schüler der Celie-Lilavois-Schule mit Essen und UNICEF verteilt Schulboxen an Schüler und Lehrer. Man hofft, Judeline und Ismeralda in ihrer dass Judeline, sowie alle haitischen Kinder, ihre Schulbildung Schule Celie Lilavois. abschließen kann … für eine bessere Zukunft. 20
Anhang Die strategischen Referenzdokumente im Bildungsbereich Haitis: Der Aktionsplan zum Wiederaufbau und zur Entwicklung Haitis In den Wochen nach dem Erdbeben am 12. Januar 2010 veröffentlichte die haitische Regierung – unterstützt von UNICEF und seinen Partnern – sein « Aktionsplan zum Wiederaufbau und zur Entwicklung Haitis ». Dieser Bericht besagt, dass „alle Akteure im Bildungsbereich in Notsituationen arbeiten müssen und dabei eine neue Grundlage für ein effizienteres und gleichberechtigteres System zu schaffen. Das langfristige Ziel der 12 Regierung ist ein kostenloser und universeller Zugang zur Grundbildung“ . Da die Umstrukturierung des Systems im Mittelpunkt steht, erfordern Zugang, Qualität und Regulierung ein besonderes langfristiges Engagement seitens der Regierung, die schon vor dem Erdbeben damit zu kämpfen hatte. Im Rahmen dieses Aktionsplans wurde das UNICEF-Programm zusammen mit der Regierung erstellt. Die nationale Aktionsstrategie Bildung für alle Die Bewegung « Bildung für alle » entstand 1990 in Thailand auf der Weltkonferenz Bildung für alle, auf Initiative der UNESCO, der UNICEF, der UNDP und der Weltbank. Die 155 Vertreter der Regierungen, zwischenstaatlicher Organisationen und NGO verabschiedeten die Weltdeklaration „Bildung für alle“ und einen „Aktionsrahmen zur Befriedigung der grundlegenden Lernbedürfnisse“. Darin setzen sie sich unter anderem zum Ziel, bis zum Jahrtausendwechsel den allgemeinen Zugang zur Primarschulbildung zu erreichen, die Qualität der Grundbildung zu verbessern und die Analphabetenrate der Erwachsenen radikal zu senken. Im April 2000 fand das Weltbildungsforum in Dakar statt, bei dem die internationale Gemeinschaft die Bilanz der erzielten Fortschritte im vergangenen Jahrzehnt zog. Ein neuer Aktionsplan wurde im Rahmen der MEZ verabschiedet, der bis 2015 umgesetzt werden soll. Auf Basis dieses Aktionsplans hat die haitische Regierung 2007 seine nationale 13 Aktionsstrategie Bildung für alle entwickelt . Mehrere grundlegende Strategieziele wurden ausgewählt, darunter: - Gleichberechtigte Kleinkindentwicklung und -schutz - Die Förderung einer Politik für den gleichberechtigten Zugang zur Grundbildung - Die Verbesserung der Effizienz des Bildungssystems - Die Förderung einer effizienten und leistungsstarker Schulverwaltung Das Strategiepapier zur Armutsbekämpfung Die Strategiepapiere zur Armutsbekämpfung (PRSP) werden von einkommensschwachen Ländern in Absprache mit allen Beteiligten und den Entwicklungspartnern erstellt, einschließlich der Weltbank und des IWF. Sie werden alle drei Jahre erstellt und legen die Politikmaßnahmen und makroökonomischen, strukturellen und sozialen Programme dar, die ein Land unternehmen wird, um Armut nachhaltig zu bekämpfen. Auch die benötigte Fremdfinanzierung und die entsprechenden Finanzierungsquellen werden erwähnt. 14 Im November 2007 hat die haitische Regierung ihr PRSP für 2008-2010 vorgelegt . In diesem Dokument nimmt die Bildung einen wichtigen Platz ein. Es betont die Bedeutung einer Umstrukturierung des Bildungssystems durch: 12 Plan d’Action pour le relèvement et le développement d’Haïti, Mars 2010, p.34, http://www.haiticonference.org/PLAN_D_ACTION_HAITI.pdf 13 Stratégie nationale d’Action pour l’Education pour tous, Septembre 2007, http://planipolis.iiep.unesco.org/upload/Haiti/Haiti_EFA.pdf 14 Haiti: Poverty Reduction Strategy Paper, 2007, http://www.haitiinnovation.org/sites/default/files/Haiti%20Poverty%20Reduction%20Strategy%20Paper.pdf.pdf 21
- Die Schulung von Lehrern und Schulleitern - Die Verbesserung des Schulangebots für arme Kinder - Die Vermehrung der Staatsfinanzen für den Bildungsbereich - Die Kooperation zwischen Staat und Entscheidungsträgern im Bildungsbereich Das Entwicklungshilfe-Rahmenprogramm der Vereinten Nationen in Haiti – UNDAF 15 Das Entwicklungshilfe-Rahmenprogramm der Vereinten Nationen in Haiti 2009-2011 ist die Entwicklungshilfe des Exekutivausschusses der Vereinten Nationen in Haiti, die im nationalen Strategieplan zur Armutsbekämpfung 2008-2010 der haitischen Regierung definiert wird. 15 Plan Cadre des Nations Unies pour l’aide au développement pour Haïti 2009-2011– UNDAF, http://www.ht.undp.org/_assets/fichier/publication/pudoc1.pdf?PHPSESSID=901e647322dd3cfd052afebdb1501b4b 22
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