Gründonnerstag 2021 - Evangelische Kirchengemeinde Vöhringen

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Gründonnerstag 2021 - Evangelische Kirchengemeinde Vöhringen
Gründonnerstag 2021

Votum:
Im Namen des einen Gottes,
des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Amen.

                          Gründonnerstag. Ein ungewöhnlicher
                          Name, dessen Herleitung nicht einfach
                          ist. Viele Evangelische führen ihn zurück
                          auf den Wortstamm „grienen“, also
                          weinen. Dieser Tag erinnert daran, dass
                          die Büßer (eben die Weinenden) wieder
                          ganz in die Gemeinschaft der Kirche
                          aufgenommen wurden. Denn sie saßen
                          alle am Tisch des Herrn: Judas, Petrus
                          und all jene, die Jesus nachher im Stich
                          ließen. Und das gilt auch für uns heute. –

                          Dies nimmt die 5. Holzstele unseres
                          Vöhringer Passions- und Osterwegs auf:
                          Wir sind eingeladen an den Tisch des
                          Herrn. Alle wie wir sind. Gott sei Dank!

Lied „Jesu Kreuz, Leiden und Pein“ “ – EG 78, 1-3

Psalm 111 (EG 744)
Wir beten weiter mit Worten von Dietrich Bonhoeffer:
Menschen gehen zu Gott in ihrer Not,
flehen um Hilfe, bitten um Glück und Brot
um Errettung aus Krankheit, Schuld und Tod.
So tun sie alle, alle, Christen und Heiden.

Menschen gehen zu Gott in Seiner Not,
finden ihn arm, geschmäht, ohne Obdach und Brot,
Gründonnerstag 2021 - Evangelische Kirchengemeinde Vöhringen
sehen ihn verschlungen von Sünde, Schwachheit und Tod.
Christen stehen bei Gott in Seinen Leiden.

Gott geht zu allen Menschen in ihrer Not,
sättigt den Leib und die Seele mit Seinem Brot,
stirbt für Christen und Heiden den Kreuzestod,
und vergibt ihnen beiden. – AMEN

Impuls zum Text aus Markus 14, 22-26:
Und als sie aßen, nahm Jesus das Brot, dankte und brach's und
gab's ihnen und sprach: Nehmet; das ist mein Leib. Und er nahm
den Kelch, dankte und gab ihnen den; und sie tranken alle daraus.
Und er sprach zu ihnen: Das ist mein Blut des Bundes, das für viele
vergossen wird. Wahrlich, ich sage euch, dass ich nicht mehr
trinken werde vom Gewächs des Weinstocks bis an den Tag, an
dem ich aufs Neue davon trinke im Reich Gottes. Und als sie den
Lobgesang gesungen hatten, gingen sie hinaus an den Ölberg.

Liebe Geschwister in Christus!
Es ist der Vorabend des Festes der Ungesäuerten Brote. Pessach
hatte begonnen. Das geopferte Passah-Lamm war zubereitet und
nun saßen sie gemeinsam am Tisch. Die Sederfeier konnte
beginnen.
»Ma nischtanah ha lailah haseh mi kol ha leiloth?«
»Was unterscheidet diese Nacht von all den anderen Nächten? « –
»Jede andere Nacht essen wir beliebig gesäuertes und
ungesäuertes Brot, diese Nacht aber nur ungesäuertes; (…).«
Immer der Jüngste der Tischgemeinschaft stellt diese Frage - jedes
Jahr, wenn in jüdischen Familien am Tag der ungesäuerten Brote die
Sederfeier stattfindet.
Es ist Pessach, Passah, auf Deutsch. Das Fest erinnert an den
Auszug aus Ägypten, die Befreiung der Israeliten aus der Sklaverei.
Für Jesus und seine Jünger eine gewohnte Liturgie. Denn damit sind
sie groß geworden. Als Kinder waren sie es, die diese Frage stellen
durften, jetzt gehören sie zu denen, die sie zu beantworten haben,
jedes Jahr auf’s Neue: »Einst waren wir Sklaven des Pharao in
Ägypten, aber der Ewige, unser Gott, führte uns von da heraus mit
starker Hand und ausgestrecktem Arme. Hätte der Heilige - gelobt
sei er - unsere Väter nicht aus Ägypten geführt, wahrlich, wir,
Gründonnerstag 2021 - Evangelische Kirchengemeinde Vöhringen
unsere Kinder und Kindeskinder hätten auf ewig in Ägypten
dienstbar bleiben müssen (…).« -
So werden Jesus und seine Jünger auch an diesem denkwürdigen
Abend die Liturgie begonnen haben… Und sie befanden sich
wahrscheinlich gerade beim zweiten der vier Becher Wein des
Passah-Mahls, als der Hausvater, Jesus also, betet. – Dabei werden
normalerweise das Brot, die Bitterkräuter, das Fruchtmus – und das
Lamm gesegnet.
Das Fruchtmus und die bitteren Kräuter erinnern an das Leid der
Israeliten: sie haben als Sklaven unter den Ägyptern hart schuften
müssen! Die bitteren Kräuter sind das Zeichen für die vielen
Tränen, die die Israeliten geweint haben. Sie mussten den Lehm zu
Ziegeln formen. Der Lehm wird mit Fruchtmus dargestellt.
Dann folgt das Gebet für das Lamm, das Opfertier schlechthin; es
muss fehlerlos sein als Zeichen der Unschuld, der Sühne, der
Hingabe…
Doch Jesus unterbricht die Passah-Liturgie und erschüttert mit
seinem Hinweis (Mk 14, 18b-20): »Einer von euch, der jetzt mit mir
isst, wird mich verraten!« - Einer nach dem andern fragt: »Du
meinst doch nicht etwa mich?« Und Jesus antwortet: »Es ist einer
von euch zwölf, der mit mir das Brot in die Schüssel getaucht hat.«

Was unterscheidet diese Nacht von allen anderen Nächten?
-
Spätestens jetzt wird es den Jüngern deutlich: Dieses Mal ist etwas
anders, etwas ganz anders. Es ist die Nacht des Verrats. Die Nacht,
in der ihre Gemeinschaft zu
zerbrechen droht: Der eine,
Judas, wird ihn verraten und den
Verschwörern ausliefern. Der
andere, Petrus, wird ihn
verleugnen und im Stich lassen.
Die anderen, alle, wie sie
dasitzen, werden ihn verloren
geben, sich davonschleichen und
fliehen. - Und am Ende, am
Kreuz, da wird er, wird Jesus ganz
alleine sein… – Das alles wird
folgen.
Oh ja, in dieser ungewöhnlichen Nacht ist nichts wie sonst… Denn
Jesus formuliert eine neue Liturgie (Mk 14, 22-26): Er nahm das
Brot, dankte Gott dafür, brach es in Stücke und gab es den Jüngern
mit den Worten: »Nehmt, das ist mein Leib.« Dann nahm er einen
Becher ́mit Wein`, sprach ein Dankgebet, gab ihn den Jüngern, und
sie tranken alle daraus. Er sagte zu ihnen: »Das ist mein Blut, das
für viele vergossen wird und den neuen Bund zwischen Gott und
den Menschen besiegelt. Ich sage euch: Ich werde nicht mehr vom
Saft der Reben trinken bis zu dem Tag, an dem ich den neuen Wein
trinken werde im Reich Gottes.«

Brot und Wein stehen plötzlich im Mittelpunkt. Und das Lamm? Das
Lamm erwähnt Jesus gar nicht mehr. Keine Rede davon! Und doch:
Jesus wird das Lamm. Er wird sein Leben geben als Erlösung für
viele. – Aber seine Freunde verstehen es nicht.
Mit diesem Mahl verabschiedet sich Jesus von seinen Freunden.
Unbegreiflich für sie. Unbegreiflich.

Was unterscheidet diese Nacht von allen anderen Nächten?
-
Es ist die Nacht, in der alle Träume und Hoffnungen derer, die mit
ihm unterwegs waren, zerschlagen werden: Hoffnungslos!
Es ist die Nacht, in der alles sinnlos erscheint, was seine Jünger mit
ihm erlebt haben. Es ist die Nacht, in der für sie die Welt
zusammenbrechen wird… Was nun?!?!
Nur langsam wird es den Jüngern klar: Was sie in dieser Nacht
erleben, ist eine Zäsur, eine neue Zeit beginnt. Inmitten von
Enttäuschung, Angst und Verrat hält das Mahl sie zusammen, sie
alle. Brot und Wein bekommen eine neue Bedeutung. Nie zuvor
haben sie das Wesen dieses Mahles so deutlich gespürt. Und mehr
noch: In dem Mahl der Erinnerung an die Knechtschaft in Ägypten,
wird auf einmal Jesu eigenes Leiden sichtbar. Die Speisen, die an
das Leid der Unterdrückten erinnern sollen, wurden in dieser Nacht
zum Zeichen für seinen wenig später gefolterten Leib und sein
vergossenes Blut… Nur begreifen können sie’s immer noch nicht.
Erst drei Tage später wird ihnen bewusst, was in dieser Nacht
geschehen ist… Es wurde zum Grund ihrer Hoffnung. –
Es war das Kreuz, das sie trennte und nun zum Zeichen neuer
Gemeinschaft geworden.
Das Brechen des Brotes hat sie auf der Flucht umkehren lassen und
wieder zueinander geführt. Der Kelch des neuen Bundes in Jesu Blut
hat sie untereinander verbunden und gestärkt, auf eine Weise, die
sie bisher nicht kannten. -
Jesus selber war ihnen näher, als er es jemals gewesen war, und
das, obwohl sie ihn nun nicht mehr sahen. Aber sie konnten es
spüren, wenn sie gemeinsam das Brot brachen und aus dem Kelch
tranken: Jesus ist bei ihnen und wird es immer sein – bis an das
Ende der Welt.
Das, liebe Jesus-Gemeinde, unterscheidet diese Nacht von allen
anderen Nächten. Das lässt uns auch heute dankbar sein und
feiern. Halleluja, Amen.

Lied „Seht, das Brot, das wir hier teilen“ – EG 226, 1-6

Gebet
Herr Jesus,
mit Brot und Wein
erinnerst du uns
an deine Hingabe.
Du bist unser Passahlamm geworden,
dessen Blut
vom Bann des Todes befreit.
Er ist das Brot des Lebens
für uns,
das uns stärkt
auf dem Weg der Gerechtigkeit.
Gott, halte uns im Gedächtnis
das große Wunder
deiner Liebe.
 Vater unser (EG 685)

Segen
Der Herr segne Dich
Und behüte Dich!
Der Herr lasse sein Angesicht
leuchten über Dir und sei Dir
gnädig!
Herr erhebe sein Angesicht auf Dich
und gebe Dir Frieden!
Amen.
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