Grundwissen 8. Jahrgangsstufe Sozialkunde A. Der Einzelne als Teil der Gemeinschaft

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Grundwissen 8. Jahrgangsstufe Sozialkunde

A. Der Einzelne als Teil der Gemeinschaft
Begriff sozial: Das Adjektiv sozial bedeutet: die menschliche Gesellschaft, Gemeinschaft
betreffend.

Abgrenzung von Sozialisation zu Erziehung und Entwicklung
Sozialisation: Sozialisation ist die unmerklich im sozialen Alltag geschehende Vermittlung der in
der Gesellschaft geltenden Werte und Normen an den Einzelnen und ihre Verinnerlichung (=
Internalisation). Es wird zwischen primärer (Familie) und sekundärer Sozialisation (Kindergarten,
Schule, Nachbarschaft, Peer-Group (Gleichaltrigengruppe), Vereine, Medien) etc. unterschieden.
Erziehung: beabsichtigte und geplante Vermittlung von Werten und Normen in Familie,
Kindergarten, Schule
Entwicklung: Entfaltung der geistigen, seelischen und körperlichen Möglichkeiten und das
Entstehen der Persönlichkeit während des Heranwachsens
Aspekte/ Differenzierung des Begriffs Sozialisation:
Soziabilisierung ist die Basis der Sozialisation, in dem die elementare soziale Handlungsfähigkeit
erworben werden soll. Bei diesem Prozess soll beim Kind das sogenannte Welt- bzw. Urvertrauen
entstehen.
Enkulturation ist die Übernahme der kulturspezifischen Kenntnisse und Wertvorstellungen durch
das Individuum, wie sie in Moral, Brauchtum, Sprache, Literatur, Kunst usw. repräsentiert werden.
Personalisation ist die Bezeichnung für die Entwicklung des Menschen zu einer selbstständigen
und kritisch denkenden Persönlichkeit.
Sozialisationsbedingungen bzw. Sozialisationsdeterminanten: Faktoren, welche den
Sozialisationsprozess in bestimmter Weise fördern oder behindern.
Zu den individuelle Determinanten zählen Geschlecht, Entwicklungsstand, körperliche oder
geistige Behinderungen etc.
Als soziale Determinanten spielen folgende Aspekte eine Rolle: die Situation in der Familie (z. B.
zweites von vier Kindern, Eltern geschieden), die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Sozialschicht,
die regionalen Verhältnisse (z. B. strukturschwache Region) usw.
Beispiele für historische Determinanten sind die Nachkriegsgeneration, die Wirtschaftskrise, die
Stärke des Geburtenjahrgangs, ein politischer Umschwung etc.
Sozialisationsinstanzen oder -agenten
Sozialisationsinstanzen oder -agenten sind alle Personen, Gruppen und Institutionen, welche die
sozialen Lernprozesse des Individuums steuern und beeinflussen. Dies können z. B. Eltern,
Geschwister, Freunde (Peer-Group), Schule, Lehrer, Kindergarten etc. sein.
primäre Sozialisationsinstanzen: Familie, alleinerziehende Elternteile
sekundäre Sozialisationsinstanzen:
a) Nichtinstitutionalisierte Gruppen: Nachbarschaft, Spielgruppe, Freundeskreis ,
„peer-group“ (= Gleichaltrigengruppe) usw. [s.auch „Gruppe“]
b) Institutionen und Organisationen: Kindergarten, Schule, Betrieb, Sportverein, Kirchengemeinde,
Berufsverband, Staat (z. B. Arbeitsamt), Massenmedien usw
Inhalte der Sozialisation
soziale Normen (Verhaltensvorschriften), z. B. Verhalten in einem Restaurant, Formen der
Begrüßung, Verhalten bei einem Unfall, Gesprächsverhalten, Höflichkeitsregeln, Verhalten im
Straßenverkehr
Werte: Grundlage für die Normen sind Zielvorstellungen und Orientierungsleitlinien für das soziale
Handeln. Wertvorstellungen sind kulturabhängig und verändern sich im Lauf der Geschichte immer
wieder (Wertewandel). Man unterscheidet unter anderem materielle Werte (z. B. Besitz) von
ideellen Werten (z. B. Freundschaft).
Beispiele:

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z. B. Einhaltung der Menschenrechte, freie Entfaltung der Persönlichkeit (GG)
z. B. moralische Werte: Treue, Zuverlässigkeit, Gerechtigkeit, Rücksicht, Ehrlichkeit
z. B. politisch-soziale Werte: Toleranz, Gleichheit, Freiheit, Solidarität, Leistung
z. B. religiöse Werte: Gottesfurcht, Nächstenliebe
z. B. materielle Werte: Wohlstand, Besitz
soziale Rollen (Handlungsmuster für Inhaber von Positionen, deren Einhaltung von den Inhabern
der verschiedenen sozialen Personen erwartet werden kann.), z. B. Erwartungen an einen Vater,
an eine/n Schüler/in, an einen Trainer, an ein Mannschaftsmitglied, an einen Bürgermeister ...
Sinnzuschreibungen: Deutungsmuster menschlichen Erlebens, durch die diesem Erleben ein
Sinn zugeschrieben wird (z. B. “Nicht für die Schule, sondern fürs Leben lernen wir“ als
Standardspruch bei Schulunlust)
wichtige Faktoren für die Sozialisation
Geschlecht, Entwicklungsstand, körperliche und geistige Möglichkeiten;
Situation in der Familie, Geschwistersituation, soziales Milieu (Verhältnisse, Umgang, Sprache,
Lebensstil), regionale und lokale Bedingungen;
gesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Rahmenbedingungen
Besonderheiten der Sozialisation in der Familie:
Liebe/Nähe/Vertrautheit/Schutz/Verständnis; sehr stark abhängig von der familiären Situation.
Besonderheiten schulischer Sozialisation:
Distanz/Unterricht/Pflicht/Leistung/Qualifikation/Persönlichkeitsbildung; abhängig von Altersstufe
und Schulart.

Gruppe:
Eine soziale Gruppe zeichnet sich durch 7 Merkmale aus: Die Mitglieder
● kennen sich persönlich, überschaubare Anzahl von Mitgliedern
● haben gefühlsmäßige Beziehungen zueinander
● haben gemeinsame Interessen, erstreben ein gemeinsames Ziel
● teilen ein Gefühl der Zusammengehörigkeit
● müssen sich an gemeinsame Normen halten
● nehmen innerhalb der Gruppe verschiedene Rollen/ Positionen ein, verteilte Aufgaben
● Beziehung auf Dauer, entwickeln Traditionen.
Primärgruppe: mit engen und umfassenden personenbezogenen Bindungen, sowohl im zeitlichen
Sinn als auch unter dem Gesichtspunkt intensiver Beziehungen (z.B. Familie, Clique)
Sekundärgruppe: mit eher losen Beziehungen. Sie sind vorwiegend auf die Erreichung bestimmte
Ziele ausgerichtet und für sie zählt weniger der ganze Mensch, sondern jener Teilaspekt, der für
die Erreichung der gemeinsamen Ziele notwendig ist (berufliche Leistung, politisches
Engagement). (z.B. Schule, Betrieb, Gemeinde, Partei)
Position: Standpunkt innerhalb der Gruppe
Status: Prestigewert einer Rolle/Position
Interrollenkonflikt: Konflikt zwischen verschiedenen Rollenerwartungen einer einzelnen Person
Intrarollenkonflikt: Konflikt zwischen den unterschiedlichen Erwartungen, die auf eine einzelne
Rolle gerichtet sind.
Gruppendruck: Durch die Verwendung positiver und negativer Sanktionen versuchen Gruppen
die Zusammengehörigkeit aller Mitglieder zu sichern. Dies führt für einzelne Mitglieder immer
wieder zu Druck, sich den Vorgaben der Gruppe anzupassen. Sie erleben Gruppendruck.
Ausgeübt wird er durch Sanktionen, die die Mitglieder einer Gruppe anwenden, um die
Verhaltensregeln innerhalb einer Gruppe durchzusetzen.
Umgang mit Gruppendruck: Das Individuum hat vier Möglichkeiten auf Gruppendruck zu
reagieren: Anpassung, Normänderung, Übernahme einer Außenseiterrolle und Verlassen der
Gruppe.

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formelle Gruppe: Eine Gruppe (z.B. Schulklasse), die von außen (z.B. Schulleitung) nach
bestimmten vorgegebenen Merkmalen (z.B. Wahl eines bestimmten Zweiges) zusammengestellt
wird („Zwangsgruppe“) und nach einem einheitlichen Regelwerk (z.B. Lehrplan) und organisiertem
Plan (z.B. Stundenplan) das gleiche Ziel (z.B. das Klassenziel erreichen) verfolgen.
informelle Gruppe: Gruppen (z.B. Clique/Freundschaften in einer Klasse), die sich häufig
innerhalb formeller Gruppen bilden. Sie sind kleiner und persönlicher ausgerichtet, da sie auf
persönlicher Sympathie, ähnlichen Gefühlslagen und gleichen Interessen und Erwartungen
beruhen.
Sanktionen - positive/negative: Die Einhaltung der in einer Gruppe geltenden Normen und
Regeln wird belohnt (z.B. im Unterricht melden). Dies nennt man positive Sanktion, durch die
Anpassung und Einordnung verstärkt werden. Verstöße gegen die Gruppennorm oder Ablehnung
dieser führen zu negativen Sanktionen (z.B. Mitteilung an die Eltern wegen Störung des
Unterrichts).
Man unterscheidet je nach der Verbindlichkeit dieser Regeln Muss-, Soll- und Kann-Normen.
Peer Groups:
Bezeichnung für Gruppen von Gleichaltrigen; meist dauerhaftere soziale Gefüge, aber auch
spontane oder informelle Gruppen; vorwiegend geschlechtshomogen; wichtig für den
Ablösungsprozess vom Elternhaus, Zusammensein meist außerhalb des Einzugsbereichs von
Schule oder Eltern; Ergänzung bzw. Konkurrenz zu den Sozialisationsinstanzen Familie und
Schule.
Aspekte für die (gewachsene) Bedeutung von „Peer Groups“, auch „Peer Leaders“:
● höherer Zeitbedarf für Kontakte außerhalb der Familie (Ausbildung, Freizeitmöglichkeiten) im
Vergleich zu früher
● geringere Anzahl von Familienmitgliedern (Geschwister)
● geringerer Einfluss der Eltern wegen stärkerer Inanspruchnahme durch Beruf und
Alltagsorganisation
● mitunter mangelnde Orientierungsmöglichkeiten in der Familie wegen Unsicherheiten oder
Defiziten in der Erziehung
● hohe Aufmerksamkeit und Glaubwürdigkeit von „Peer Leaders“
● im Vergleich zur Familie eher „wohltuende Symmetrie“, ohne vorgegebene Autoritäten, ohne
Kontrolle
● Gefühl von Sicherheit und Akzeptanz bei Gleichaltrigen mit ähnlichen Problemen
● Gefühl von wirklicher Integration in die Gemeinschaft (im Unterschied zur naturgegebenen
Integration in die Familie)
● Bedeutung als soziales und relativ offenes Experimentierfeld (z. B. für Kontakte, Beziehungen,
Kommunikation, Auseinandersetzungen) außerhalb der Familie
● große Bedeutung der Gleichaltrigen bei Fragen des Geschmacks, des Konsums oder bei
aktuellen Themen wegen des Zugehörigkeitsgefühls
Randgruppen: Dazu gehören Menschen, die aufgrund eines besonderen Merkmals (z.B. Alter,
Krankheit, Behinderung...) nicht voll in die Gesellschaft integriert sind, sondern an ihrem Rand
leben. Armut ist in Randgruppen besonders verbreitet.

Integration: Prozess der Eingliederung von zunächst Außenstehenden in eine Gruppe oder eine
Gesellschaft, bei dem der zu Integrierende die Werte, Normen und Rollenerwartungen kennen
lernt und übernimmt.

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B. Jugendliche Lebenswelten
Jugend: Lebensphase zwischen Kindheit und Erwachsensein , die mit der Pubertät (Zeit der
Geschlechtsreifung, ca. ab dem 12. Lebensjahr) beginnt und mit der psychischen und sozialen
Reife (individuell unterschiedlich, nicht eindeutig feststellbar) endet (spätestens bis Mitte 20).
Jugendkultur: Als Jugendkultur werden die kulturellen Aktivitäten und Stile von Jugendlichen
innerhalb einer gemeinsamen Kulturszene bezeichnet. Oft definiert sich eine bestimmte Szene
über eine Musikrichtung (z. B. Hip Hop, Techno, Rock etc.) oder bestimmte Markenprodukte (vor
allem Markenkleidung).
Adoleszenz: Fachbegriff für die Phase der Jugend. Jeder Mensch muss in dieser Lebensphase
vom Kind zum Erwachsenen reifen und dabei wichtige Entwicklungsschritte hin zu einer eigenen
Identität und zu erfüllten Beziehungen zu den Mitmenschen leisten.
Identität: das Bewusstsein von der inneren Einheit der eigenen Person. Man weiß, wer „Ich“ ist.

C. Konflikte und Konfliktregelung
Konflikt : ein sozialer Tatbestand, bei dem mindestens zwei Parteien (Einzelpersonen, Gruppen,
Staaten) beteiligt sind, die unterschiedliche, zunächst unvereinbare Ziele verfolgen und/oder
unterschiedliche, zunächst unvereinbare Mittel zur Erreichung eines bestimmten Zieles anwenden
wollen.
Formen von Konflikten: physische Gewalt, Krieg, verbale Gewalt, Misshandlung, Schlägereien,
Mobbing, psychische Gewalt, Ausgrenzung;
speziell Mobbing: eine Person wird systematisch und wiederholt am Arbeitsplatz oder in der
Schule schikaniert, meist durch abfällige Bemerkungen, Verweigerung wichtiger Informationen
oder auch Kontaktabbruch. Mobbing hat für die Betroffenen schlimme psychische und manchmal
auch körperliche Folgen.
Rollenkonflikte
Mitglieder von Gruppen sind unterschiedlichen Erwartungen ausgesetzt, je nachdem welche
Stellung oder Position sie innehaben. Die Gesamtheit dieser Erwartungen bezeichnet man als
Rolle. Der Einzelne ist gewöhnlich Mitglied verschiedener Gruppen. Ein Rollenkonflikt entsteht
dann, wenn sich die Erwartungen der verschiedenen Bezugsgruppen widersprechen.
Sie treten auf, wenn verschiedene Rollen aufeinander treffen (z.B. ein Lehrer unterrichtet in seiner
Klasse auch seinen Sohn - Rolle als Vater vs. Rolle als Lehrer)
Konfliktverhalten Man unterscheidet fünf Grundtypen des Konfliktverhaltens:
● zwingend (Motto: „Wir machen es auf meine Weise!“)
● nachgiebig/gefügig (Motto: „Wir machen es auf deine Weise!“)
● ausgleichend (Motto: „Wir treffen uns auf halbem Wege!“)
● ausweichend (Motto: „Darüber streite ich nicht!“)
● kooperativ (Motto: Wir machen es auf unsere Weise!“)
Konfliktregelung
Schritte zur Lösung eines Konflikts:
1. Jede/r stellt seine Position dar.
2. Es werden Ziele formuliert und Lösungsvorschläge gesammelt.
3. Die Lösungsvorschläge werden überprüft.
4. Es wird nach Wegen zur Umsetzung des Lösungsansatzes gesucht.
5. Ein Lösungsansatz wird umgesetzt.
6. Die Umsetzung wird überprüft.
Gewaltprävention: alle Maßnahmen, die der Entstehung von Gewalt vorbeugen.
Zivilcourage: das Einschreiten in Konflikte zugunsten einer dritten Person und deren Rechte

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D. Politik als ständiger Versuch der Problemlösung für Gesellschaft und
Staat
Gesellschaft: eine Gemeinschaft von Menschen, die ein einem begrenzbaren Gebiet
zusammenleben, zum Beispiel in der Bundesrepublik Deutschland.

Staat: die Vereinigung von Menschen (Staatsvolk) auf einem abgegrenzten Gebiet (Staatsgebiet)
unter einer souveränen Herrschaft (Staatsgewalt). Der Staat hat die Berechtigung zu verbindlichen
Entscheidungen und ihrer Durchsetzung (Gewaltmonopol).

Gewaltenteilung: Die Staatsgewalt ist aufgeteilt (= Gewaltenteilung) in drei Funktionsbereiche:
● Exekutive (ausführende Gewalt);
● Legislative (gesetzgebende Gewalt);
● Judikative (richterliche Gewalt).

Politik:
● die verbindliche Regelung des Zusammenlebens;
● Auseinandersetzungen über Ziele und Wege der Entwicklung des Staates;
● die Klärung und Lösung von Streitfragen und Problemen in verschiedenen Politikbereichen (z.
B. Außenpolitik, Wirtschaftspolitik etc.)
● die Bemühung um Machterhalt bzw. Machterwerb (Wahlkampf der Parteien)

Grundgesetz: das Fundament für Gesellschaft und Staat. Es ist die seit 1949 für die BRD
geltende Verfassung, in die grundlegenden Normen bzw. Regeln des Zusammenlebens
zusammengefasst sind.

Bundestag: So heißt das deutsche Parlament; wird als einziges Bundesorgan direkt vom Volk
gewählt. Die Hauptaufgabe der Abgeordneten (= Mitglieder des Bundestages) ist die
Gesetzgebung, sie wählen aber unter anderem auch den Bundeskanzler.

Bundesrat: besteht aus Mitgliedern der 16 Landesregierungen und ist an der Gesetzgebung des
Bundes maßgeblich beteiligt.

Bundesregierung: besteht aus der/dem Bundeskanzler/-in, die/der die Richtlinien der Politik
bestimmt, und den Bundesministerinnen und Bundesministern, die sich an diese Richtlinien halten
müssen, aber im Übrigen ihre Bundesministerien selbstständig führen.

Bundespräsident: das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland und damit der oberste
Repräsentant (= Sprecher, Vertreter) des Landes. In normalen, friedlichen Zeiten verfügt die
Bundespräsidentin oder der Bundespräsident nur über geringe politische Macht.

Bundesverfassungsgericht: Das Bundesverfassungsgericht ist das höchste deutsche Gericht.
Das Bundesverfassungsgericht wacht darüber, dass Parlamente, Regierungen und Gerichte in
Deutschland das Grundgesetz einhalten

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