Hier steht eine Frau ihren Mann - Kleine und mittlere Unternehmen - Cutiss
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schlierewirtschaft
Kleine und mittlere Unternehmen
Hier steht eine Frau ihren Mann
Text: Martin Gollmer, Bilder: zVg –
Frauen an der Spitze von Unternehmen sind in der Schweiz noch immer
rar. Doch es gibt sie – auch in Schlieren. Der «Schlieremer» hat einige ausfindig gemacht und stellt sie
in Porträts vor.
In Schlieren gibt es über 1100 Unternehmen. Die meisten
werden von Männern geführt. Doch es gibt ein paar wenige Fir- ren.» Das Hotel werde im Limmattal als gute Adresse wahr-
men, bei denen Frauen an der Spitze stehen. Fünf dieser Power- genommen. Das zeige, dass man auf dem richtigen Weg sei.
Frauen porträtiert der «Schlieremer» nachfolgend. Die Auswahl
erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Die Porträts zeigen, Als Firmenchefin werde ihr «mit viel Respekt und An-
wie verschieden die Werdegänge weiblicher Führungskräfte sein erkennung begegnet», berichtet Di Liberto. Aber als Frau
können und wie unterschiedlich sich die Herausforderungen brauche es oftmals ein wenig länger, um sich dies zu er-
präsentieren, vor denen sie stehen. Da und dort schimmert auch arbeiten. «Das ist dann mit mehr Leistungsarbeit verbun-
durch, dass die Frauen besondere Leistungen erbringen muss- den», sagt Di Liberto. Doch der Aufwand lohne sich.
ten, um in Leitungspositionen aufsteigen zu können.
Di Liberto ist verheiratet und Mutter dreier kleiner
Mädchen. Um unter diesen Umständen Familie und Beruf
Filiz Di Liberto, Hotel Tivoli: vereinbaren zu können, brauche es eine gute Organisation
«Bestätigung für meinen Fleiss» und Abstimmung. Wie viel sie pro Woche arbeitet, kann Di
Die 40-jährige Filiz Di Liberto nicht in Stunden ausdrücken. «Ich bin jeden Tag
Liberto feiert dieses Jahr für das Hotel im Einsatz», erklärt sie. Sie versuche aber,
ein Jubiläum: Sie leitet den Sonntag als Familientag zu gestalten. Mit den Kin-
seit zehn Jahren das Hotel dern geht Di Liberto so oft als möglich auf den Spielplatz.
Tivoli. Das Tivoli ist das ein- Für persönliche Hobbys bleibe da leider keine Zeit mehr.
zige Hotel in Schlieren und
verfügt über sechzig Zim-
mer mit hundert Betten.
Das Hotel hat sehr viele Monika Höhn, Höhn Malerunternehmen:
Filiz Di Liberto
Stammgäste. «Freundlich- «Ich übernahm ohne zu zögern»
keit, Sauberkeit, Herzlichkeit und zuvorkommend sein», Die 57-jährige Monika Höhn
seien die vier Eckpfeiler der Gästebetreuung, erklärt Di leitet seit Anfang 2019 das
Liberto. Das Hotel beschäftigt zwölf Personen. Malergeschäft Höhn. Fir-
menchefin wurde sie durch
Di Liberto hat eine Versicherungslehre absolviert und ein tragisches Ereignis –
danach ein Fachhochschulstudium mit der Vertiefung den Unfalltod ihres Mannes.
Banking & Finance gemacht. Sie sei schon immer sehr «Ich übernahm ohne zu zö-
zielstrebig gewesen und habe im Beruf erfolgreich sein gern die Geschäftsleitung»,
wollen, sagt Di Liberto zu ihrer Karriere. «Eine Führungs- sagt sie rückblickend. Dabei
Monika Höhn
position innezuhaben, ist die Bestätigung für meinen seien ihr die vielen Jahre,
Fleiss.» Am Chef sein reizt sie, «rasche und wirkungsvolle die sie bereits im Unternehmen mitgearbeitet habe, sowie
Entscheidungen treffen und langfristige Strategien ent- ein eingespieltes Team zugute gekommen. Höhn ist gelern-
wickeln zu können». te Drogistin und machte noch eine Weiterbildung zur Arzt-
sekretärin.
Was ist zurzeit die grösste Herausforderung für die Ho-
teldirektorin? «Es gilt in dieser schwierigen Zeit zu optimie- Das Malergeschäft Höhn führt sämtliche Maler- und Ta-
ren und die Kosten im Griff zu haben», antwortet Di Liberto. pezierarbeiten bei Neu-, Umbauten und Renovationen aus.
«Dies, ohne die Serviceleistungen für die Gäste zu reduzie- «Hohe Qualität, termingerechte Ausführung, Wirtschaft-
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lichkeit, Fachkompetenz und natürlich zufriedene Kunden ganze Wertschöpfungskette befindet sich in Schlieren. Das
sind das Ziel unserer Firma», erklärt Höhn. Das Unterneh- Unternehmen verbindet gemäss Widmer «dermatologische
men sei mit Fahrzeugen, Maschinen und modernem Werk- Kompetenz mit kosmetischer Exzellenz». Louis Widmer be-
zeug bestens ausgerüstet und übernehme auch Aufträge schäftigt weltweit 250 Mitarbeitende; rund 140 Personen
ausserhalb der Region. Im Geschäft arbeiten 18 Personen. arbeiten in der Schweiz. Am Produktionsstandort Schlieren/
Der Betrieb kann nächstes Jahr sein hundertjähriges Be- Schweiz will Widmer festhalten, auch wenn er teuer ist.
stehen feiern.
Widmer absolvierte eine kaufmännische Lehre und
«Die grösste Herausforderung für mich war sicher, ohne machte danach diverse Weiterbildungen in Betriebswirt-
Vorlaufzeit in die grossen Fussstapfen meines verstorbenen schaft und Marketing. Dazu gehört auch ein HFW-Abschluss
Mannes zu treten und mich in kürzester Zeit in zahlreiche in Wirtschaft. Für Widmer war es «schon immer ein Traum»,
neue Aufgaben einzuarbeiten», berichtet Höhn. Heute sei ins Familienunternehmen einzusteigen, wie sie sagt. «Es
der Konkurrenz- und Margendruck eine grosse Herausforde- erfüllt mich, diese Firma zu steuern und aktiv zu gestalten.
rung. «Wir haben uns der Qualität verschrieben. Oft werden Dies mit der Nähe und dem Herzblut, welche ein Familien-
die Offerten aber ausschliesslich über den Preis vergeben», unternehmen erfordert.»
erklärt Höhn. «Es wird zunehmend aufwändiger, für meine
Mitarbeitenden Aufträge zu generieren.» «Wir befinden uns mit Covid-19 in einem absoluten
Ausnahmezustand, in dem wir auf keinerlei Erfahrungen
Höhn schätzt es, als Firmenchefin die Fäden in der Hand zurückgreifen können», antwortet Widmer auf die Frage,
zu haben, gute Qualität anzubieten und mit den unter- was ihre grösste Herausforderung als Firmenchefin sei. Es
schiedlichsten Kunden in Kontakt zu sein. Dafür arbeitet sie gelte weitsichtig zu sein in diesen turbulenten Zeiten, das
viel: «Mein Tag beginnt früh und endet spät», sagt sie. Sie Wesentliche nicht aus dem Blick zu verlieren und die Mit-
sei deshalb dankbar, dass die Menschen in ihrer Familie er- tel noch zielgerichteter einzusetzen für eine gestärkte Zu-
wachsen und selbständig seien, so dass sie sich auf ihre Auf- kunft. Zudem erfordere die Coronasituation rasche Ände-
gabe im Malergeschäft konzentrieren könne. Höhn besitzt rungen, sagt Widmer: «Der Lockdown hat uns in wenigen
seit kurzem ein E-Bike und fährt damit bei trockenem Wetter Tagen komplett digitalisiert, und das erfolgreich. Er hat uns
gerne zur Arbeit. Ebenfalls seit kurzem spielt sie Golf, «was gelehrt, dass was gestern noch nicht möglich schien, heute
für mich ein guter Ausgleich zum Geschäftsalltag ist». schon umgesetzt ist.»
Widmer ist verheiratet und hat zwei kleine Kinder. Fami-
lie und starke berufliche Beanspruchung könne sie verein-
Annemarie Widmer, Louis Widmer: baren dank viel Organisation und einem flexiblen und liebe-
«Es war schon immer mein Traum» vollen Umfeld. Wenn Widmer Freizeit hat, gehöre diese voll
Die 41-jährige Annemarie und ganz ihrer Familie. Sie sei naturverbunden und wenn
Widmer ist Inhaberin und immer möglich draussen.
CEO der international täti-
gen Louis Widmer und führt
das Unternehmen zusam-
men mit Natalie Dellers und Kathi Mujynya Ludunge, Cutiss:
Beat Müller. Diese Dreier- «Es war nicht immer einfach»
spitze wurde Anfang dieses Das Führungsteam von Cu-
Jahres geschaffen. Widmer tiss besteht aus fünf Perso-
Annemarie Widmer
übernahm die Leitung des nen, darunter drei Frauen.
Unternehmens in jungen Jahren 2006 nach dem Tod ihres Eine davon ist die 52-jähri-
Vaters – schon damals zusammen mit zwei erfahrenen Mit- ge Kathi Mujynya Ludunge.
arbeitenden. Seit 2017 ist Widmer auch Verwaltungsrats- Sie ist seit einem Jahr Chief
präsidentin. Operating Officer. Cutiss
hatte bis vor kurzem nur das
Louis Widmer entwickelt, produziert und vertreibt Der- Forschungslabor in Schlie-
Kathi Mujynya Ludunge
mokosmetik und pharmazeutische Hautpflegeprodukte. Die ren. Neu befinden sich auch
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die Büros des 2017 gegründeten Startups sowie die Produk- Sabrina Badir, Pregnolia:
tionsräumlichkeiten hier. Mujynya Ludunges grösste Heraus- «Ich habe Unternehmerblut in mir»
forderung ist deshalb gegenwärtig, die operativen Struktu- Die 35-jährige Sabrina Badir
ren in Schlieren aufzubauen und zu festigen sowie die ist Gründerin und CEO von
Zeitvorgaben und das Budget einzuhalten. Pregnolia. Dieses Medizinal-
technik-Startup ist speziali-
Cutiss ist ein Life-Science-Unternehmen, das per- siert auf die Früherkennung
sonalisierte Hauttransplantationstechnologien zur Be- von Frühgeburten. Das Pro-
handlung eines grossen Spektrums von Hautdefekten dukt von Pregnolia, eine Son-
entwickelt. Die Marktzulassung für Europa für den am de, die auf den Muttermund
weitesten fortgeschritten Produktkandidaten, denovoS- aufgesetzt wird und dort die
Sabrina Badir
kin, wird für 2023 erwartet. Cutiss erreichte in diesem Gewebesteifigkeit misst, ist
Jahr im Wettbewerb «Top 100 Swiss Startup Award» den bereits in ersten Arztpraxen im Einsatz. Das Unternehmen
1. Platz. Das Unternehmen zählt dreissig Mitarbeitende. wurde 2016 gegründet und zählt heute elf Mitarbeiter.
Mujynya Ludunge hat an der Ecole Supérieure de Badir beschäftigte sich schon während ihres Studiums
la Santé in Neuenburg Biologie studiert und nachher der Biomechanik an der ETH Zürich mit der Sonde und passte
einen Master in Business Administration an der Univer- sie im Rahmen ihrer Doktorarbeit spezifisch auf Schwanger-
sität Genf gemacht. Später kam noch das Postgraduier- schaftsuntersuchungen am Gebärmutterhals an. Dabei spür-
ten-Diplom in Management of Biotech and Pharmaceu- te sie grosse Unterstützung von Seiten der Ärzteschaft und
ticals Venture an der ETH Lausanne dazu. «Ich wollte entschloss sich, ihre Forschungen nach Abschluss der Disser-
schon immer die Übersicht haben und das grosse Ganze tation selbständig fortzusetzen. «Ganz wichtig war dabei die
verstehen», sagt Mujynya Ludunge zu ihrem jetzigen Tatsache, dass die Frühgeburtserkennung eines der grossen
Job. «Gleichzeitig möchte ich Organisationen positiv ungelösten Probleme der Geburtshilfe ist», sagt Badir.
weiterentwickeln und meine Energie und Leidenschaft
für Wissenschaft mit anderen teilen.» Mujynya Ludun- Den Spagat zwischen Forschungs- und Entwicklungs-
ge hat in den vergangenen 18 Jahren Teams in der arbeit und Führung eines Unternehmens schafft Badir durch
Schweiz, den USA und Singapur geleitet. eine gute Arbeitsteilung mit ihrem Co-Gründer Francisco
Delgado. Dieser deckt primär die Forschung und Entwicklung
Ihr Aufstieg in Leitungspositionen sei «nicht immer ab. Zudem wird das Team gerade im klinisch-medizinischen
einfach» gewesen, erklärt Mujynya Ludunge. Einerseits Bereich erweitert, so dass sich Badir genügend um Füh-
sei es früher nicht üblich gewesen, dass Frauen auf mitt- rungsaufgaben kümmern kann.
lerer und hoher Führungsebene vertreten waren und auch
die Verantwortung für ganze Teams trugen. Anderer- Eine grosse Herausforderung sei auch die Sicherstellung
seits sei sie nicht nur eine Frau, sondern auch noch eine der Finanzierung des Unternehmens, sagt Badir. «Das ist
«Person of Color» – ihr Vater ist Kongolese, ihre Mutter mega anstrengend, aber auch höchst interessant.» Der Ein-
Schweizerin. «Glücklicherweise ist die Welt im Jahr 2020 satz der jungen Firmenchefin und ihrer Mitstreiter hat sich
deutlich vielfältiger geworden», sagt Mujynya Ludunge. offensichtlich gelohnt: Diesen Sommer konnte eine Finan-
zierungsrunde über 4 Millionen Franken erfolgreich abge-
Mujynya Ludunge arbeitet zwischen fünfzig und schlossen werden.
sechzig Stunden pro Woche. Es gelinge ihr aber inzwi-
schen immer besser, an Wochenenden nicht an Arbeit Wie viel sie pro Woche arbeitet, kann Badir nicht sagen.
zu denken, sagt sie. Ausserdem habe sie das Glück einer «Es ist aber sicher mehr als die Normstundenzahl.» In ihrer
grossen Familie, die sie privat auf Trab halte. Mujynya Freizeit treibt sie gerne Sport. «Das gibt mir den Ausgleich»,
Ludunge ist verheiratet und Mutter von fünf Kindern. In sagt Badir. «Beim Joggen kann ich richtig gut denken, und es
ihrer spärlichen Freizeit liest sie viel – «hauptsächlich kommen mir viele Ideen.» Auch mit der Familie und Freunden
zwischen 23 und 1 Uhr nachts». Zudem bauen sie und verbringt Badir oft Zeit. Zudem liebt sie das Reisen, sofern
ihre Familie Obst und Gemüse für den eigenen Gebrauch nicht gerade die Coronavirus-Pandemie herrscht. Badir lebt
an. Mit der Ernte des Gartens liebt sie es abends und an in Beziehung mit einem Informatiker, der «dasselbe Unter-
Wochenenden für Familie und Freunde zu kochen. nehmerblut» in sich habe wie sie.
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