HOMEOFFICE IM VERLAUF DER CORONA-PANDEMIE - AUSGABE JULI 2021 02 - BMWi

 
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HOMEOFFICE IM VERLAUF DER CORONA-PANDEMIE - AUSGABE JULI 2021 02 - BMWi
THEMENREPORT CORONA-DATENPLATTFORM
AUSGABE JULI 2021

02
 HOMEOFFICE
 IM VERLAUF DER
 CORONA-PANDEMIE
HOMEOFFICE IM VERLAUF DER CORONA-PANDEMIE - AUSGABE JULI 2021 02 - BMWi
2    THEMENREPORT CORONA-DATENPLATTFORM
     AUSGABE JULI 2021

    Corona Datenplattform im Auftrag
    des Bundesministerium für
    Wirtschaft und Energie, BMWi

    in Kooperation mit

    Projekt: 7387
    Bonn, Juli 2021
    Version 1.0

    Text: Jean-Victor Alipour, Oliver Falck, Robert Follmer, Reiner Gilberg, Beatrice Nolte
    Layout und Grafik: Mischa Frank

    Folgende Zitierweisen werden empfohlen:
    Langform:
    Corona Datenplattform (2021): Themenreport 02, Homeoffice im Verlauf der Corona-Pandemie, Ausgabe Juli 2021, Bonn
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3    THEMENREPORT CORONA-DATENPLATTFORM
     AUSGABE JULI 2021

          Inhalt

    04    STELLENWERT DES HOMEOFFICE IN DER PANDEMIE
          Welche Bedeutung ist bisher erkennbar?

    04    POTENZIALE FÜR DAS HOMEOFFICE UND TATSÄCHLICHE AUSSCHÖPFUNG
          Welche Berechnungsverfahren wenden wir an und wie stellen sich die Ergebnisse
          auf regionaler Ebene dar?

    12    HOMEOFFICE AUS SICHT DER BESCHÄFTIGTEN
          Wer ist im Homeoffice und wie bewerten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer
          die aktuelle Situation?

    16    AUSBLICK – HOMEOFFICE NACH DER PANDEMIE
          Was sehen wir in der mittelfristigen Perspektive?

    17    WAS UNS AUFFÄLLT
          7 Punkte zum Homeoffice im Frühsommer 2021

          Zur Entstehung des Papers:
          In der Corona-Datenplattform ist das ifo Institut Mitglied des wissenschaftlichen
          Projektboards. Aus den dort geführten Diskussionen heraus hat sich eine Zusammen­
          arbeit zu dem Schwerpunktthema Homeoffice ergeben. Diese erfolgt aus gemeinsamen
          Interesse und geht als Eigenvorhaben über den im Projekt beauftragten Rahmen hin-
          aus. Dabei bringen sowohl ifo wie infas weitere eigene Arbeiten mit einem Bezug zum
          Themenfeld Homeoffice ein. Auf diese Weise entsteht eine umfassende empirische
          Bestandsaufnahme zum aktuellen Status der Homeoffice-Umsetzung in Deutschland.
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     AUSGABE JULI 2021

    STELLENWERT DES HOMEOFFICE                               tigten stand es hingegen weiterhin frei, ein entspre-
                                                             chendes Angebot zu nutzen. Mit dem Beschluss des
    IN DER PANDEMIE                                          deutschen Bundestags am 21. April 2021 zur vierten
                                                             Novelle des Infektionsschutzgesetzes, ist die Ver-
    HOMEOFFICE IM KAMPF GEGEN DAS
                                                             pflichtung aus der Arbeitsschutzverordnung ins In-
    INFEKTIONSGESCHEHEN
                                                             fektionsschutzgesetz gewandert. Neu ist auch, dass
                                                             die Arbeitnehmer ein Homeoffice-Angebot anneh-
    Eine zunehmende Anzahl von Forschungsergeb-
                                                             men müssen, wenn ihrerseits keine Gründe dage-
    nissen legt nahe, dass konsequentes Homeoffice
                                                             gensprechen. Gründe, die gegen die Annahme eines
    einen wirksamen Hebel gegen die Pandemie bietet.
                                                             Homeoffice-Angebots angeführt werden können,
    Simulationsstudien (Gabler et al. 2021; Kriegel und
                                                             wie räumliche Enge, Störungen durch Dritte oder
    Hartmann 2021), empirische Evaluierungen (Alipour
                                                             eine unzureichende technische Ausstattung, werden
    et al. 2021a; McLaren und Wang 2020) sowie Um-
                                                             gemeinhin aber als nicht ausreichend angesehen.
    frageergebnisse (Kunze et al. 2021) liefern Evidenz
                                                             Die Homeoffice-Pflicht endet zum 30. Juni 2021.
    dafür, dass die Heimarbeit das Infektionsrisiko deut-
    lich senken kann. So berichten in der Umfrage von
    Kunze et al. (2021) Beschäftigte mit Präsenzarbeit
    vier bis acht Mal häufiger von einer Covid-19 Infekti-   POTENZIALE FÜR DAS HOME-
    on als Beschäftigte ohne Präsenzaktivitäten. Alipour     OFFICE UND TATSÄCHLICHE
    et al. (2021a) zeigen anhand einer Auswertung von        AUSSCHÖPFUNG
    Daten aus der ersten Corona-Welle, dass eine um
    einen Prozentpunkt höhere regionale Homeoffice-          56 PROZENT DER JOBS KÖNNEN MINDESTENS
    Quote mit einer um 4 bis 8% niedrigeren regionalen       TEILWEISE IM HOMEOFFICE AUSGEFÜHRT
    Infektionsrate verbunden ist. Der Zusammenhang           WERDEN
    ist besonders ausgeprägt vor dem ersten Lockdown
    im Frühjahr 2020, was nahelegt, dass Homeoffice ein      Um den theoretisch möglichen Spielraum für das
    besonders wirksames Mittel zur Kontaktbeschrän-          Homeoffice in Deutschland zu beurteilen, legten
    kung in Abwesenheit von Politikmaßnahmen ist,            Alipour et al. (2020) Berechnungen des deutschen
    die auf die Reduktion von Kontaktbeschränkungen          Homeoffice-Potenzials vor. Die Autoren stützen sich
    abzielen. Obwohl diese Zusammenhänge in der              dabei auf Umfrageergebnisse für mehr als 17.000
    Regel noch keine Kausalität belegen und weitere          Befragten aus der Erwerbstätigenbefragung (ETB)
    Faktoren eine erhebliche Rolle spielen dürften, ist es   des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) und
    vor diesem Hintergrund pandemiepolitisch durch-          der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsme-
    aus geboten, auf die Verlagerung aller Jobs, deren       dizin (BAuA) aus dem Jahr 2018. Das Homeoffice-
    Tätigkeitsprofile eine Ausführung im Homeoffice          Potenzial eines Berufes wird demnach definiert als
    erlauben, in die heimischen Büros abzuzielen.            der Anteil der abhängig Beschäftigten, die nicht
                                                             ausschließen, dass Homeoffice in ihrem Job möglich
                                                             ist oder die selbst zumindest gelegentlich zu Hause
    So beschloss auch die Bund-Länder Konferenz              arbeiten. Die berufsspezifischen Potenziale werden
    am 19. Januar 2021 eine „Homeoffice-Pflicht“ für         anschließend mit Beschäftigungsstatistiken der
    Arbeitgeber. Die entsprechende Änderung der              Bundesarbeitsagentur über die absolute Häufigkeit
    Arbeitsschutzverordnung ist zum 27. Januar 2021          der einzelnen Berufe gewichtet. Demnach können
    in Kraft getreten. Darin ist festgelegt, dass Arbeit-    insgesamt 56 Prozent der Arbeitsplätze zumindest
    geber verpflichtet sind, ihren Mitarbeiterinnen und      teilweise ins Homeoffice verlagert werden. Diese
    Mitarbeitern Homeoffice anzubieten, soweit keine         Abschätzung von vor der Corona-Pandemie deckt
    betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Beschäf-        sich weitgehend mit dem Ergebnis aus der 4. Welle
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    der Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-                                                   Nutzung. Die Geodatenschwester infas 360 hat im
    Stiftung vom Januar 2021, nach der zumindest                                                     Februar/März 2021 in ihrem CASA-Monitor, einer
    53 Prozent der Beschäftigten ganz oder teilweise                                                 online-repräsentativen Befragung mit ca. 7.000
    im Homeoffice arbeiten könnten.                                                                  Erwerbstätigen, ebenso die Homeoffice-Nutzung
                                                                                                     regionalspezifisch erhoben. In beiden Befragungen
    Homeoffice-Potenzial nicht durch gesetzliche
                                                                                                     werden die Erwerbstätigen identisch danach gefragt,
    Pflicht ausgeschöpft
                                                                                                     ob sie zurzeit ganz oder überwiegend im Homeoffice
    Das ifo Institut befragt im Rahmen seiner monat-                                                 arbeiten.
    lichen Konjunkturumfrage seit Februar 2021 rund
                                                                                                     Im Vergleich zur ifo-Frage wird in den infas- und in-
    7.800 Unternehmen der Realwirtschaft nach der
                                                                                                     fas 360-Befragungen eine höhere Homeoffice-Inten-
    Homeoffice-Nutzung ihrer Mitarbeiterinnen und
                                                                                                     sität vorausgesetzt. Der Anteil der Beschäftigten im
    Mitarbeiter (vgl. Alipour et al. 2021b). Die Führungs-
                                                                                                     Homeoffice aus der ifo-Befragung umfasst dagegen
    kräfte geben dabei den Prozentsatz der Mitarbeiten-
                                                                                                     auch solche Beschäftige, die nur wenige Tage/Stun-
    den an, die teilweise oder vollständig im Homeoffice
                                                                                                     den pro Woche im Homeoffice arbeiten. Abbildung 1
    arbeiten. Diese Unternehmen zählen insgesamt
                                                                                                     zeigt den Anteil der Beschäftigten, der gemäß der
    rund 2,6 Millionen Beschäftigte. Damit stehen sie
                                                                                                     drei Befragungen zwischen Januar und Juni 2021
    für knapp acht Prozent der abhängig Erwerbstätigen
                                                                                                     im Homeoffice gearbeitet hat. Erwartungsgemäß
    in Deutschland.
                                                                                                     liegt daher die Homeoffice-Quote in den ifo Befra-
    infas befragt im Rahmen seiner bevölkerungsreprä-                                                gungen über den Ergebnissen der infas- und infas
    sentativen Telefoninterviews mit Beginn der Coro-                                                360-Befragungen.
    na-Pandemie monatlich (mit Ausnahme Dezember
    2020) ca. 600 Erwerbstätige zu ihrer Homeoffice-

    Abb. 1: Homeoffice-Quote Januar bis Juni 2021 (gerundet)
    Angaben in Prozent

    100 %                                                                                                                               Homeoffice-Quote ifo
                                                                                                                                        (teilweise und ganz im
      75 %                                                                                                                              Homeoffice)**

                                                                                                                                        Homeoffice-Quote infas
      50 %                                                                                                                              (ganz od. überwiegend im
                                                                                                                                        Homeoffice)***
      25 %                           30                   32
                                                               29 27           31                   31                                  Homeoffice-Quote infas 360
                      26                                                                                                 28
                                           22                                        24                  23
                                                                                                                              xx*       (ganz oder überwiegend im
        0%                                                                                                                              Homeoffice)***
                    Jan 21                Feb 21             Mär 21                 Apr 21            Mai 21               Jun 21

    * Werte folgen
    ** Frageformulierung ifo: Welcher Anteil Ihrer Beschäftigten arbeitet aktuell zumindest teilweise im Homeoffice?
    *** Frageformulierung infas/infas 360: Wie hat sich aufgrund der Situation durch das Corona-Virus Ihre Arbeitssituation geändert?
        Was trifft auf Sie zu? Ich arbeite ganz oder überwiegend von zu Hause aus (im Homeoffice).
    Quelle: ifo Institut, infas, infas 360 (kalibriertes Gesamtsample, s.u.)
6     THEMENREPORT CORONA-DATENPLATTFORM
      AUSGABE JULI 2021

    Mit um die 30 Prozent der Beschäftigten, die in den                                            Homeoffice-Quoten aus verschiedenen
    letzten sechs Monaten teilweise oder vollständig                                               Befra­gungen im Laufe der Corona Pandemie
    im Homeoffice tätig waren, wurde trotz der Einfüh-
                                                                                                   In der aktuellen Debatte kursieren verschiedene
    rung und Verschärfung der Homeoffice-Pflicht das
                                                                                                   Befragungsergebnisse zu den Homeoffice-Quoten
    Homeoffice-Potenzial von 56 Prozent1 bei weitem
                                                                                                   in der Corona-Pandemie. Während das ifo Institut
    nicht ausgeschöpft. Auch zeigt die horizontale Ent-
                                                                                                   Führungskräfte zur Homeoffice-Nutzung der Mit-
    wicklung (und der leichte Abfall im Juni) in den ifo-
                                                                                                   arbeiterinnen und Mitarbeiter im Unternehmen
    Befragungen, dass die Verschärfung der Homeoffice-
                                                                                                   befragt, basieren andere veröffentlichte Erhebungen
    Pflicht mit der Novelle des Infektionsschutzgesetzes
                                                                                                   in der Regel auf Befragungen von Erwerbstätigen:
    zu keinem Anstieg der Homeoffice-Quote geführt
                                                                                                   infas erhebt wie dargestellt monatlich (mit Ausnah-
    hat. Der gleichzeitige Rückgang in der von infas
                                                                                                   me von Dezember 2020) seit April 2020 die Home­
    ermittelten Homeoffice-Quote ab März 2021 legt
                                                                                                   office-Nutzung und bietet damit die längste Zeit-
    sogar nahe, dass Beschäftigte zwar nicht vollständig,
                                                                                                   reihe in der Corona-Pandemie. Mit der infas Frage
    aber wieder häufiger im Betrieb arbeiten. Darauf
                                                                                                   zum vollständigen bzw. überwiegenden Homeoffice
    weisen auch bezogen auf den zeitlichen Homeoffice-
                                                                                                   vergleichbare Fragen wurden zu verschiedenen
    Tätigkeitsumfang differenziertere Zwischenergeb-
                                                                                                   Zeitpunkten in Befragungen im Auftrag der Hans-
    nisse aus einer weiteren infas-Befragung hin. Auf
                                                                                                   Böckler-Stiftung (HBS), des Instituts der Zukunft für
    diese wird im Ausblick am Ende dieses Papiers kurz
                                                                                                   Arbeit (IZA) im Auftrag des Bundesministeriums für
    eingegangen.
                                                                                                   Arbeit und Soziales (BMAS) und der Corona-Bund-
                                                                                                   Studie im Auftrag des Bundesgesundheitsminis­
    1 Berücksichtigt man, dass in der ifo Konjunkturumfrage nicht alle
      Branchen abgebildet werden, verändert sich das berechnete Homeoffice-                        teriums (BMG) gestellt.
      Potenzial für die Teilstichprobe um weniger als einen Prozentpunkt und
      liegt gerundet weiterhin bei 56 Prozent. In der Umfrage nicht abgebildet
      sind insbesondere Banken, Krankenhäuser, Schulen und Kitas sowie der
      Landwirtschaftssektor und der öffentliche Sektor.

    Abb. 2: Homeoffice-Quote (überwiegend oder vollständig im Homeoffice) aus verschiedenen Befragungen

    100 %
                                                                                                                                                           HBS/IZA/Corona-Bund
                                                                                                                                                           infas
      75 %

      50 %

      25 %

        0%
                     Apr       Mai       Jun        Jul      Aug       Sep       Okt       Nov       Dez       Jan       Feb       Mrz       Apr
                     20        20         20        20        20       20        20        20        20        21        21        21        21

    Quelle: infas, IZA, HBS, Corona-Bund-Studie
    Anmerkungen: Dezember 2020 Wert in der infas Zeitreihe linear interpoliert (ganz oder überwiegend im Homeoffice). Zusammengesetzte Zeitreihe: HBS (ausschließlich oder überwiegend im
    Homeoffice): April, Juni, November, Dezember 2020, Januar 2021; IZA (mind. 80% der Arbeitszeit im Homeoffice): August 2020, Februar, März, April 2021; Corona-Bund-Studie (an fünf Tagen
    pro Woche): Juni und Oktober 2020. Linear interpoliert: Mai, Juli, September 2020.
7                               THEMENREPORT CORONA-DATENPLATTFORM
                                AUSGABE JULI 2021

         Abbildung 2 stellt die Homeoffice-Befragungsergeb-                                          in denen Google regelmäßig anonymisierte Daten
         nisse von infas den genannten vergleichbaren Stu-                                           seiner Nutzer über die Zahl der Besuche und die
         dien gegenüber. Da die anderen drei Erhebungen zu                                           Aufenthaltsdauer an bestimmten Orten auswertet.
         unterschiedlichen Zeitpunkten stattgefunden haben,                                          Damit lassen sich nicht zuletzt Veränderungen in
         werden die dort ermittelten Homeoffice-Quoten zu                                            der Frequentierung von Arbeitsstätten über die Zeit
         einer Zeitreihe zusammengesetzt, wobei fehlende                                             beobachten.
         Werte linear interpoliert werden. Die Abbildung
                                                                                                     Abbildung 3 zeigt mit Ausnahme der Weihnachts-
         zeigt, dass die beiden Zeitreihen sehr ähnlich ver­
                                                                                                     zeit, in der sich Familien im besonderen Maße
         laufen, also vergleichbare Ergebnisse liefern.
                                                                                                     isolierten, um gemeinsam feiern zu können, einen
           Eine externe Validierung der Befragungsergebnisse                                         Gleichlauf der Kurven. Dies bestätigt die Angemes-
           erlaubt zudem der Vergleich mit Mobilitätsdaten.                                          senheit der abgeschätzten Homeoffice-Quoten. Zu
           Die Arbeitsmobilität wird in der Corona-Pandemie                                          beachten ist zudem, dass infas im Dezember 2020
           insbesondere durch Homeoffice und Kurzarbeit                                              keine Befragung durchgeführt hat. Die Dezember-
           reduziert. Abbildung 3 zeigt zum einen die Entwick-                                       Homeoffice-Quote ist daher linear interpoliert.
           lung des Anteils der Beschäftigten, die vollständig
           bzw. überwiegend im Homeoffice arbeiten bzw. in
           Kurzarbeit sind (Schätzung des ifo Instituts). Zum
           anderen zeigt die Abbildung die den Reduktionsver-
           lauf der Arbeitsmobilität im Vergleich zum Vor-
           Corona-Niveau. Die Entwicklung der Arbeitsmobili-
           tät stammt aus Googles Covid-19 Mobility Reports,

          Abb. 3: Homeoffice-, Kurzarbeit- und Arbeitsmobilitätstrends in der Corona-Pandemie

                                              60 %                                                                                                       45 %
    Kurzarbeit ifo + Homeoffice-Quote infas

                                                                                                                                                                Reduktion Arbeitsmobilität

                                                                                                                                                         40 %
                                              50 %
                                                                                                                                                         35 %

                                              40 %                                                                                                       30 %

                                                                                                                                                         25 %
                                              30 %
                                                                                                                                                         20 %

                                              20 %                                                                                                       15 %

                                                                                                                                                         10 %
                                              10 %
                                                                                                                                                          5%

                                               0%                                                                                                         0%
                                                     Apr   Mai   Jun   Jul   Aug    Sep        Okt   Nov    Dez     Jan     Feb   Mrz    Apr     Mai
                                                     20    20     20   20     20    20         20    20     20      21      21    21     21      21

                                                                                      Kurzarbeit ifo + Homeoffice-Quote infas		    Reduktion Arbeitsmobilität

           Quelle: infas, ifo, Google LLC „Google Covid-19 Community Mobility Reports“
           Linke Achse: Kurzarbeit- + Homeoffice-Quote. Rechte Achse: Arbeitsmobilitätsreduktion
8    THEMENREPORT CORONA-DATENPLATTFORM
     AUSGABE JULI 2021

    METHODENBOX 1                                            umfasst Daten zu allen 23 Mio. Adressen in Deutsch-
                                                             land und beinhaltet Informationen auf verschiede-
    VORGEHEN BEI DER REGIONALISIE-                           nen räumlichen Ebenen, von der Adresse selbst, wie
    RUNG DER BEFRAGUNGSERGEBNISSE                            z.B. dem Gebäudetypen oder der Wohnfläche, über
    ZUR HOMEOFFICE-NUTZUNG                                   den Siedlungsblock und den Ortsteil bis hin zu den
                                                             politisch-administrativen Ebenen der Gemeinden
    Belastbare Daten zur Homeoffice-Nutzung für Land-
                                                             und Kreise mit Kennziffern aus überwiegend amtli-
    kreise und kreisfreie Städte gab es bislang nicht. Auf
                                                             cher Quelle.
    Basis ihrer gemeinsamen Befragungen aus Februar/
    März 2021 haben infas und infas 360 nun den Anteil       Über die angereicherten Merkmale wird für die aus
    der erwerbstätigen Personen im Homeoffice auf            der Frage „Ich arbeite ganz oder überwiegend von
    Kreisebene regionalisiert. Möglich wird dies durch       zu Hause aus (im Homeoffice) – ja/nein“ generierte
    die innovative Kombination aus „Blended Calibrati-       binäre Variable (6.379 Echtfälle) ein logistisches
    on“ und der Einbindung von mikrogeographischen           Regressionsmodell aufgestellt und anschließend
    Merkmalen.                                               bundesweit und flächendeckend auf alle 19 Mio.
                                                             Adressen mit Privathaushalten übertragen. In das
    Da infas und infas 360 gleiche Fragen zum Er-
                                                             Modell eingeflossen sind neben soziodemografi-
    werbsstatus und zur Homeoffice-Nutzung in ihren
                                                             schen Kennziffern und Siedlungsstrukturmerkmalen
    Befragungen gestellt haben, lässt sich durch Zu-
                                                             insbesondere Informationen zur Wirtschafts- und
    sammenführung und Kalibrierung der Samples
                                                             Arbeitsmarktstruktur mit primärem Fokus auf die
    zunächst eine repräsentative Abschätzung der
                                                             regionale Verteilung von Unternehmen und Er-
    Homeoffice-Quote auf Bundeslandebene erzielen.
                                                             werbstätigen nach Branchen. Einen signifikanten
    Zur Generierung des Gesamtsamples wurden die
                                                             positiven Effekt auf Heimarbeit haben u.a. der Anteil
    bevölkerungsrepräsentativen zufallsbasierten Febru-
                                                             einkommensstarker Haushalte und der Anteil Män-
    ar- und März-Samples aus den Dual-Frame-Telefon-
                                                             ner im Siedlungsblock, der Bildungsabschluss und
    interviews von infas mit jeweils 600 Erwerbstätigen
                                                             Haushalte mit Kindern im Ortsteil sowie Großstädte
    sowie das Non-Probability-Sample aus der regional
                                                             und Pendler über Kreisgrenzen. Ein negativer Home-
    quotierten Online-Befragung von infas 360 mit
                                                             office-Effekt ergibt sich mit dem Migrationsanteil im
    7.000 Erwerbstätigen herangezogen. Durch die Ge-
                                                             Siedlungsblock und auf Kreisebene dem Anteil der
    wichtung der Befragungsdaten über sozioökonomi-
                                                             Erwerbstätigen bzw. Unternehmen in den Branchen
    sche und regionale Merkmale sowie über Nutzungs-
                                                             Handel, Landwirtschaft, Produzierendes Gewerbe
    häufigkeiten von Telekommunikationsgeräten und
                                                             sowie (öffentliche) Dienstleistungen, Erziehung und
    sozialen Medien erhält man ein „Blended Sample“
                                                             Gesundheit. Ebenfalls als unabhängige Variablen
    mit Informationen zu rund 8.000 erwerbstätigen
                                                             eingeflossen sind die Baujahrsklasse eines Gebäudes
    Personen ab 18 Jahren, das erwartungstreue Schät-
                                                             und als Zentralitätsmaß die Ortslage innerhalb einer
    zer liefert. Im Ergebnis steht ein repräsentativer
                                                             Gemeinde. Das Resultat der kleinräumigen Schät-
    Homeoffice-Anteil je Bundesland zur Verfügung, der
                                                             zung ist für jede Privatadresse eine Wahrscheinlich-
    wiederum die Basis für eine weitere feinräumigere
                                                             keit, im Homeoffice zu arbeiten. Die Schätzwerte
    Regionalisierung bildet.
                                                             werden anschließend über die von der Bundesagen-
    Die Berechnung der Homeoffice-Nutzung auf Kreis­         tur für Arbeit veröffentlichten Zahlen der zivilen
    ebene erfolgt über ein multivariates Schätzmodell.       Erwerbstätigen auf die Zielebene der Kreise aggre-
    Hierfür wird die Online-Stichprobe über die geo-         giert und an der erhobenen Homeoffice-Quote je
    codierten Wohnadressen der Befragten, die diese          Bundesland geeicht. Damit liegen Schätzungen zum
    im Rahmen der Befragung freiwillig angeben, mit          aktuellen Homeoffice-Ist für alle 401 Landkreise und
    mikrogeographischen Merkmalen aus der infas 360          kreisfreien Städte vor.
    Datenbank angereichert. Das Portfolio von infas 360
9     THEMENREPORT CORONA-DATENPLATTFORM
      AUSGABE JULI 2021

    Regional starke Unterschiede in Homeoffice-                 Bislang gab es keine belastbaren Daten zur Home-
    Potenzial und -nutzung                                      office-Nutzung auf Landkreisebene. Da infas und
                                                                infas 360 in ihren Befragungen gleiche Fragen zur
    Das von Alipour et al. (2020) ermittelte Homeoffice
                                                                Homeoffice-Nutzung gestellt haben, lässt sich mit
    Potenzial lässt sich mit Hilfe von Daten zu sozialver-
                                                                Hilfe sogenannter Blended Calibration durch Kom-
    sicherten Beschäftigten (hier am Wohnort gezählt)
                                                                bination der beiden Samples und unter Einbindung
    der Bundesagentur für Arbeit auf Landkreise herun-
                                                                mikrogeographischer Merkmale eine repräsenta-
    terbrechen. Unterschiede zwischen den Landkrei-
                                                                tive Abschätzung der Homeoffice-Quote – also des
    sen ergeben sich dabei durch die unterschiedliche
                                                                Anteils der Erwerbstätigen, die überwiegend oder
    räumliche Verteilung von Berufen bzw. Branchen.
                                                                vollständig im Homeoffice arbeiten – für alle 401
    Die räumliche Analyse (vgl. linke Landkarte in
                                                                Landkreise und kreisfreien Städte durchführen.
    Abb. 3) belegt deutliche Unterschiede zwischen
    Ballungsräumen mit hohem Homeoffice-Potenzial               Die Ergebnisse sind in der mittleren Landkarte von
    und eher ländlichen Landkreisen mit vergleichswei-          Abbildung 4 dargestellt. Die tatsächliche Nutzung
    se niedrigem Homeoffice-Potenzial. Dieses Gefälle           ist sehr stark mit dem berechneten Homeoffice-
    ergibt sich insbesondere durch die unterschied-             Potenzial korreliert. Abbildung 5 trägt die beschäfti-
    liche Branchenstruktur. So ist beispielsweise die           gungsgewichteten Homeoffice-Quoten im Februar/
    Dienstleistungsbranche besonders in städtischen             März 2021 gegen den theoretisch möglichen Anteil
    Gebieten angesiedelt. Jobs in dieser Branche, etwa          ab. Die Größe eines Kreises spiegelt dabei die Größe
    im Versicherungs-und Bankensektor, verzeichnen              der beschäftigten Bevölkerung wider. Die Abbildung
    typischerweise hohe PC-Nutzungsraten und Tätig-             verdeutlicht, dass besonders in den Landkreisen, in
    keitsprofile mit eher kognitiven, wenig manuellen           denen mehr Menschen prinzipiell zu Hause arbeiten
    Arbeiten. Solche Tätigkeiten lassen sich grundsätz-         können, auch die Homeoffice-Quote höher liegt. Die
    lich einfacher ins Heimbüro verlagern. Zudem zeigt          Landkarte veranschaulicht, dass diese in großen Tei-
    sich ein deutliches West-Ost-Gefälle, mit einem ho-         len Bayern hoch ist. Dagegen fällt sie im Nordwesten
    hen Homeoffice-Potenzial in Westdeutschland und             Deutschlands großflächig gering aus. In Ostdeutsch-
    vergleichsweise niedrigem Homeoffice-Potenzial in           land zeigt sich ein gemischteres Bild sowohl bei der
    Ostdeutschland.                                             Homeoffice-Quote wie beim Homeoffice-Potenzial.

    Abb. 4: Geographische Verteilung von Homeoffice-Potenzial, Homeoffice-Quote und Homeoffice-Lücke im Februar/März 2021

    Quellen: Alipour et al. (2020), infas 360, infas
10    THEMENREPORT CORONA-DATENPLATTFORM
      AUSGABE JULI 2021

     METHODENBOX 2                                          – Es folgt die Hinzunahme der ungewichteten
                                                               Online-Fälle.
     HINTERGRÜNDE ZUM VERFAHREN                             – Anschließend wird die Kalibrierung nach soziode-
     DER „BLENDED CALIBARATION“                                mografischen, sozioökonomischen und regionalen
      Ein wesentlicher Nachteil von Online-Access-Panels       Merkmalen erneut durchgeführt. Ausgangsge-
      besteht darin, dass es sich um Nonprobability            wicht sind beim Probability Sample die aus dem
      Samples handelt. Dies bedeutet, dass keine Zufalls-      ersten Schritt ermittelten finalen kalibrierten
      stichproben vorliegen und es somit in der Regel          Gewichte, beim Nonprobability Sample wird hier
      nicht möglich ist, die Auswahlwahrscheinlichkeit         konstant 1 gesetzt.
      der Stichprobeneinheiten in der realisierten Stich-   – Bei dem anschließenden Vergleich von zusätzli-
      probe zu bestimmen. Um dennoch erwartungstreue           chen Merkmalen für die Kalibrierung zwischen
      Schätzungen zu ermöglichen, kann eine Zufallsstich-      den beiden Samples nach Gewichtung sollten
      probe (Probability Sample) verwendet werden, bei         Merkmale gewählt werden, die zwischen den bei-
      der die Auswahlwahrscheinlichkeit der Stichproben-       den Samples erheblich variieren und idealerweise
      einheiten bestimmt werden kann, die sogenannte           die beiden Populationen differenzieren. infas ver-
     „blended calibration“. Hierbei werden ein Non-Proba-      wendet hierfür nach Prüfung die Nutzungshäufig-
      bility-Sample und ein Probability Sample dergestalt      keiten von Telekommunikationsgeräten und von
      integriert, dass Verzerrungen möglichst minimiert        sozialen Medien.
      werden (vgl. DiSogra et al. 2011 sowie Robbins et     – Die Kalibrierung wird so erweitert um die tren-
      al. 2020). Der grundlegende Ansatz besteht also          nenden Merkmale. Die Eckwerte (Soll-Verteilun-
      in der Zusammenführung der beiden Stichproben,           gen) stammen dabei vollständig aus dem Proba-
      wobei das Probability Sample sehr viel weniger           bility Sample, da davon auszugehen ist, dass die
      Fälle enthalten kann als das Nonprobability Sample.      Schätzungen dieser Verteilungen nicht verzerrt
      Dabei lautet die wesentliche Frage, wie die beiden       sind.
      Stichproben zusammengeführt werden können, so          Relevant sind bei diesem Vorgehen die Variablen, die
      dass mit der gemeinsamen, integrierten Stichprobe      zusätzlich zur Kalibrierung der klassischen soziode-
      erwartungstreue Schätzungen möglich sind. infas        mografischen Merkmale verwendet werden. Dieses
      hat mit der „blended calibration“ unter Anwendung     Verfahren ist geeignet, Probability Samples und
      einer mehrstufigen Gewichtung sehr gute Erfah-         Nonprobability Samples zusammenzuführen und
      rungen gesammelt. Dies wird in mehreren Schritten      passt die als relevant erachteten Verteilungen an.
      umgesetzt:                                             Ziel ist es, die Verteilungen aller in beiden Erhebun-
                                                             gen gleich erhobenen Merkmale im zusammen-
     – Zunächst erfolgt eine Gewichtung des                  geführten Datensatz schätzen zu können und die
       Probability Samples mittels Designgewicht            Verzerrungen im Nonprobability Sample zumindest
       (Auswahlwahrscheinlichkeit) und Kalibrierung          deutlich zu reduzieren.
       nach soziodemografischen, sozioökonomischen
       und regionalen Merkmalen.
11                     THEMENREPORT CORONA-DATENPLATTFORM
                       AUSGABE JULI 2021

     Die rechte Landkarte in Abbildung 4 zeigt schließlich                    infas 360) bzw. rund 40 Prozent gemessen an der
     die Homeoffice-Lücke, also den Anteil des Home­                          ermittelten Homeoffice-Quote des ifo Instituts.
     office-Potenzials, der nicht ausgeschöpft wurde. Zu
                                                                              Das Ergebnis deckt sich mit den Ergebnissen einer
     beachten ist, dass die Lücke tendenziell zu hoch
                                                                              Betriebsbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt-
     ausgewiesen wird, da sich das Potenzial auf teilwei-
                                                                              und Berufsforschung (IAB).2 Danach benutzten
     ses bzw. vollständiges Homeoffice bezieht, während
                                                                              im März 22 Prozent der Beschäftigten mit einem
     sich die Homeoffice-Nutzung auf überwiegendes
                                                                              betrieblichen Angebot (und einem dafür geeigneten
     bzw. vollständiges Homeoffice bezieht. Aber auch
                                                                              Job) das Homeoffice nicht. Die Betriebe, die Home-
     hier zeigen sich deutliche regionale Unterschiede.
                                                                              office anbieten, vereinen auf sich 73 Prozent der
     Besonders der Nordwesten verzeichnet ein hohes
                                                                              Beschäftigten. Betriebe ohne Homeoffice-Angebot
     Maß an unausgeschöpften Homeoffice-Möglichkei-
                                                                              beschäftigen 27 Prozent der Beschäftigten; dort
     ten. Gemessen an der theoretisch möglichen Kapazi-
                                                                              ergibt sich per Definition eine Homeoffice-Lücke von
     tät arbeiten hingegen Beschäftigte im Osten und in
                                                                              100 Prozent. Im gewichteten Mittel zeigt sich daher
     Bayern häufiger von zu Hause aus. Für die Gesamt-
                                                                              eine Homeoffice-Lücke von 43 Prozent.
     wirtschaft ergibt sich im März 2021 eine Home­
     office-Lücke in Höhe von rund 50 Prozent1                                Die regionalisierten Homeoffice-Quoten lassen
     (bezogen auf die ermittelte Homeoffice-Quote von                         sich auch mit Infektionszahlen des Robert-Koch-

                                                                              2 Vgl. Ergebnisse aus Welle 12 der IAB-Betriebsbefragung „Betriebe in der
     1 [(Homeoffice-Potenzial – Homeoffice-Quote)/Homeoffice-Potenzial]*100     Covid-19-Krise“.

     Abb. 5: Homeoffice-Nutzung und -Potenzial nach Landkreisen (beschäftigungsgewichtet)
                                             50

                                             40
     Homeoffice−Quote im Februar/März 2021

                                             30

                                             20

                                             10

                                                  45    50                   55                                60                                65
                                                                    Homeoffice−Potenzial
     Quellen: Alipour et al. (2020), infas 360, infas
12    THEMENREPORT CORONA-DATENPLATTFORM
      AUSGABE JULI 2021

     Instituts in Zusammenhang bringen. Die Korrelation        einer Abhängigkeit vom Bildungsabschluss. Hier
     zwischen der durchschnittlichen 7-Tage-Inzidenz           ergibt sich eine Spannweite von acht Prozent bei
     zwischen Mitte Februar bis Mitte März 2021 und der        Befragten mit formal niedriger Bildung (in der Regel
     Homeoffice-Nutzung ist in der Tat negativ und sta-        ein Hauptschulabschluss) bis hin zu 42 Prozent
     tistisch signifikant (r= – 0.21). Auf wenn der einfache   in der Gruppe mit einem hohen Bildungsniveau
     univariate Zusammenhang keinen kausalen Schluss           (Abitur oder vergleichbar). Eine Entsprechung findet
     zulässt, deckt sich der Befund mit den Ergebnissen        dies in Unterschieden abhängig von der aktuellen
     bestehender Studien, die zeigen, das Homeoffice ein       Lebenslage. Dazu kann eine Eingruppierung nach
     geeignetes Mittel ist, Kontakte und damit Infekti-        dem infas-Lebenlagenindex herangezogen werden,
     onsrisiken zu reduzieren.                                 zur Definition siehe Methodenbox 3 „ilex – infas
                                                               Lebens­lagenindex“.
                                                               In einer niedrigen Lebenslage ergibt sich für 2021
     HOMEOFFICE AUS SICHT DER                                  bisher ein Homeoffice-Anteil von knapp einem Fünf-
     BESCHÄFTIGTEN                                             tel, in der höchsten Lebenslagengruppe dagegen von
                                                               gut einem Drittel. Bezogen auf weitere Merkmale
     WER MACHT HOMEOFFICE UND WIE                              wie das Alter oder das Geschlecht zeigen sich dage-
     KOMMEN BESCHÄFTIGTE DAMIT ZURECHT                         gen deutlich geringere Unterschiede. Zwar ist mit
                                                               dem Lebensalter ein Plus zu beobachten, aber auch
     Die bisherigen Auswertungen haben gezeigt, dass in
                                                               in mittleren Altersgruppen sind erhöhte Anteile
     der Pandemie bis zu einem Drittel der Erwerbstäti-
     gen zumindest vorübergehend im Homeoffice tätig
                                                               Abb. 6: Homeoffice im Jahr 2021
     war. Während der ersten Corona-Welle im Frühsom-
                                                               Angaben in Prozent
     mer 2020 zeigten sich die höchsten Anteile. Im
     Frühjahr 2021 ist das Niveau bereits etwas reduziert                                            gesamt                   25
     und pendelt sich bei etwa einem Viertel ein. Doch
                                                               schlecht

                                                                                                   männlich                24
     wer steckt in dieser Situation? Und wie zufrieden ist
                                                                 Ge-

                                                                                                    weiblich                   26
     man damit? Zeichnet sich eine Homeoffice-Müdig-
     keit ab und was kann daraus zum jetzigen Zeitpunkt                                       18 bis 24 Jahre       16
     für die mittelfristige Perspektive gefolgert werden?                                     25 bis 34 Jahre                       32
                                                                                              35 bis 44 Jahre                      29
                                                                   Alter

      Werden die laufenden infas-Erhebungen zusam-
                                                                                              45 bis 54 Jahre             22
      mengefasst, ergibt sich eine extrem solide Auswer-
                                                                                              55 bis 64 Jahre        18
      tungsbasis. Insgesamt wurden 7.153 Erwerbstätige
                                                                                           65 Jahre und älter                           34
      befragt, davon knapp 2.773 erst im Jahr 2021 inner-
      halb des zweiten Lockdowns und in der Phase der                                                 niedrig   8
                                                               Bildungs­
                                                                niveau

     „Homeofficepflicht“.                                                                              mittel       16
                                                                                                        hoch                                      42
     Eine erste Unterscheidung nach bestimmten Tätig-
     keitsmerkmalen bestätigt oft formulierte Vermu-                                             Arbeiter/-in   2
                                                                   berufliche Stellung

     tungen. Im bisherigen Verlauf des Jahres 2021 sind                                  einfache Angestellte            21
     Befragte mit einer formal höheren Verantwortung                                     leitende Angestellte                       32
     öfter im Homeoffice tätig als andere. So liegt der An-                                gehobene/höhere                                             49
     teil unter den leitenden Angestellten bei 32 Prozent,                                   Beamte/-innen

     unter den Beamten im gehobenen bzw. höheren                                                     anderes                                 38

     Dienst beträgt er sogar 49 Prozent. In der Gruppe
     der „Arbeiter“ sind dagegen kaum Beschäftige im           Quelle: infas-Mehrthemenbefragungen Januar bis Mai 2021, 2.773 befragte Erwerbstätige,
                                                               Ja-Anteile zu „Ich arbeite ganz oder überwiegend von zu Hause aus (im Homeoffice).
     Homeoffice anzutreffen. Dies korrespondiert mit
13    THEMENREPORT CORONA-DATENPLATTFORM
      AUSGABE JULI 2021

     festzuhalten, vermutlich aufgrund höherer Anteile                        spezifischen Tätigkeitsprofil die Homeoffice-Mög-
     von Erbewerbstätigen in bestimmten Dienstleis-                           lichkeit für sich in Anspruch nehmen oder sie ihnen
     tungsbereichen in dieser Altersspanne. Dies legen                        nahegelegt wird. Dass dabei ein wirkungsvoller
     auch die ebenso verfügbaren branchenspezifischen                         struktureller Zusammenhang abhängig von den
     Ergebnisse nahe. Hier ergibt sich ebenfalls eine                         Arbeitsplatzmerkmalen und weniger persönliche
     große Spannweite. Sie reicht von Anteilen unter der                      Vorlieben im Vordergrund stehen, unterstreicht
     10-Prozent-Marke etwa im produzierenden Nah-                             nicht zuletzt das Ergebnis, dass die individuelle
     rungsmittelbereich bis zu rund 60 Prozent in stärker                     Wahrnehmung der Pandemie offenbar kaum einen
     dienstleistungsorientierten oder von Aktivitätsein-                      Einfluss hat. Auch diese Dimension wurde in der
     schränkungen betroffenen Wirtschaftssegmenten.                           Befragung thematisiert. Demnach befinden sich
                                                                              Befragte, die selbst oder deren engeres Umfeld von
     Jedoch verlangen diese bivariaten Zusammenhänge
                                                                              einer Corona-Erkrankung betroffen waren, nicht
     nach einer Absicherung durch eine multivariate
                                                                              öfter im Homeoffice als Befragte, die die derartige
     Analyse unter Kontrolle der wechselseitigen Ein-
                                                                              Erfahrungen bisher nicht teilen mussten. Auch spielt
     flüsse. Dies leistet ein logistisches Regressionsmo-
                                                                              die Bewertung der aktuellen Corona-Maßnahmen
     dell, dessen Ergebnisse in der Abbildung auf der
                                                                              keine entscheidende Rolle. Die Eindämmungs-
     nächsten Seite im Überblick dargestellt werden. Im
                                                                              maßnahmen werden von einer großen Mehrheit
     Resultat bestätigen sich auch kontrolliert die bereits
                                                                              der Bevölkerung akzeptiert. Entsprechend fällt die
     beschriebenen Effekte. Strukturell gilt dies etwa für
     einzelne Branchen mit hohem Dienstleistungsan-
     teil. Sie weisen höhere Homeoffice-Anteile als im
     übrigen Branchenmix auf. Zusätzlich mit aufgenom-                         METHODENBOX 3
     men wurden in dieser Analyse die Betriebsgröße                            INFAS-LEBENSLAGENINDEX ILEX
     und die Wohnortkategorie der Befragten nach den
     von Eurostat vorgegebenen Einstufungen städtisch,                         Der Lebenslagenindex ilex ist ein von infas
     klein- bzw. halbstädtisch und ländlich.3                                  berechneter subjektiver Sozialindikator für die
                                                                               Bundesrepublik Deutschland. Er stellt Infor-
     Auch diese Merkmale beeinflussen die Homeoffice-
                                                                               mationen zur gesellschaftlichen Ungleichheit
     Anteile signifikant. Dies gilt besonders in Großun-
                                                                               in Deutschland zur Verfügung. Die Trenderhe-
     ternehmen ab einer Mitarbeiterzahl von mehr als
                                                                               bungen zeigen im Zeitverlauf Fortschritte oder
     2.000. Hier ist die Wahrscheinlichkeit eines Beschäf-
                                                                               Rückschritte der Lebenslagen der Bürgerinnen
     tigten, sich gegenwärtig im Homeoffice zu befinden,
                                                                               und Bürger. Sie verweisen auf Prozesse sozialer
     gegenüber einer kleinen Betriebsgröße von rund 20
                                                                               Exklusion sowie auf gruppenspezifische Risiken.
     Mitarbeiterinen und MItarbeitern fast vierfach er-
                                                                               Der ilex erfasst dabei die Dimensionen „Lebens-
     höht. Und auch der Stadt-Land-Effekt fällt mit einem
                                                                               bedingungen“, „individuelle Lage“ und „Zukunfts-
     Faktor von 1,6 für die städtischen gegenüber den
                                                                               erwartung“. Er wird seit 2007 in bislang neun
     ländlichen Räumen deutlich aus. Ebenso bestätigt
                                                                               Wellen in bundesweit repräsentativen Bevölke-
     das Regressionsmodell eine hohe soziale Schichtab-
                                                                               rungsbefragungen mit jeweils unabhängigen
     hängigkeit mit einem Fakor 3 in der höchsten gegen-
                                                                               repräsentativen Stichproben und einem Umfang
     über der niedrigsten Gruppe.
                                                                               von 1.500 Interviews erhoben. Die Einstufung
     Zugespitzt kann damit formuliert werden, dass vor                         zum ökonomischen Status (in fünf Kategorien
     allem Beschäftige mit einem hohen sozio-ökono-                            von sehr niedrig bis sehr hoch) wurde anhand
     mischen Status, bedingt durch ein formal hohes                            einer empirischen Matrix aus Haushaltsnetto-
     Bildungsniveau und einem damit oft verbundenem                            einkommen und gewichteter Haushaltsgröße
                                                                               vorgenommen.
     3 Zur Definition siehe https://ec.europa.eu/eurostat/de/web/degree-of-
       urbanisation/background
14     THEMENREPORT CORONA-DATENPLATTFORM
       AUSGABE JULI 2021

     Abb. 7: Ergebnisse eines logistischen Regressionsmodell zur Erklärung der berichteten Homeofficequote
     Dargestellt sind odds ratios

        Die logistische Regression ermittelt für

                                                                  Berufliche Stellung
                                                                                                         Arbeiter
        verschiedene Arbeitsplatz- bzw. Beschäf-                                                 einf. Angestellt                   15,52*
                                                                                               leitend Angestellt                            22,26*
        tigtenmerkmale die Wahrscheinlichkeit,
                                                                                                         Beamte                                   26,85*
        im Homeoffice zu sein. In der vorliegen-                                                        Anderes                                            33,83*
        den logistischen Regression werden als
        unabhängige Variablen stets kategoriale                                                           niedrig
                                                            Bildungs-
                                                             niveau

                                                                                                          mittel      2,05*
        Merkmale verwendet, die Besonderheiten
                                                                                                            hoch            4,47*
        bei stetigen Merkmalen sind hier nicht rele-
        vant. Deshalb wird in der Grafik jeweils ein                                                      Alle n.s
        Wahrscheinlichkeitswert gegenüber einer                                                Banken, Finanzen,      1,97*
                                                                                                Versicherungen
                                                                  Branche

        jeweiligen Referenzkategorie abgebildet.
                                                                                                Information und             4,14*
                                                                                                 Kommunikation
        Die exponierten Regressionskoeffizienten
                                                                                        Erziehung und Unterricht      1,62*
        einer logistischen Regression lassen sich als                                               Kunst, Kultur     1,57
        sog. „odds ratios” interpretieren. Bei kate-
        gorialen unabhängigen Variablen kann ein                                                  18 bis 24 Jahre

        odds ratio direkt als Wahrscheinlichkeits-                                                25 bis 34 Jahre      2,52*
                                                                                                  35 bis 44 Jahre     2,08*
                                                                  Alter

        verhältnis der jeweiligen Ausprägungen
                                                                                                  45 bis 54 Jahre    1,69*
        dieser Variablen gegenüber einer Referenz-                                                55 bis 64 Jahre     1,85
        kategorie interpretiert werden. So bedeutet                                            65 Jahre und älter     2,36*
        beispielsweise ein odds ratio von 4,47 bei
                                                            schlecht

                                                                                                       männlich
        Personen mit einem hohen Schulabschluss,
                                                              Ge-

                                                                                                        weiblich     0,89
        dass die Wahrscheinlichkeit für Home
        Office um den Faktor 4,47 höher ist im Ver-                                       weniger als 5 Personen     1,27
        gleich zur Referenzkategorie der Personen
                                                            mensgröße

                                                                                                  5-19 Personen
                                                            Unterneh-

        mit einem geringen Schulabschluss. Ein                                                  20-199 Personen      1,21
                                                                                             200-1999 Personen        2,27*
        odds ratio kleiner eins kann als negativer
                                                                                        2000 und mehr Personen          3,49*
        Zusammenhang interpretiert werden, der
        sich auch rechnerisch ermitteln lässt. So                                                      Städtisch     1,59*
                                                                  Region

        ist umgekehrt die Wahrscheinlichkeit für                                                  Halbstädtisch      1,20
                                                                                                        Ländlich
        Home Office für Personen mit einem gerin-
        gen Schulabschluss gegenüber Personen                                                         migration      0,97
        mit einem hohen Schulabschluss um den
        Faktor 1/4,47 = 0,22 geringer.                                                              Unterschicht
                                                            liche Stellung
                                                            Gesellschaft­-

                                                                                            untere Mittelschicht     1,45
                                                                                             obere Mittelschicht      2,43*
        Number of obs      = 2,229
                                                                                                    Oberschicht       2,46*
        Log likelihood     =   -1194.7601
                                                            Betroffenheit

        LR chi2(34)        =   547.33                                                                   gar nicht
                                                              Corona-

        Prob > chi2        =   0.0000                                                                     etwas      1,05
        Pseudo R2          =   0.1864                                                                   deutlich     1,23

     * statistische Signifikanz = p < 0,05
     Referenzkategorie/Base kursiv dargestellt
     Quelle: infas Mehrthemenfbefragung Januar - Mai 2021
15    THEMENREPORT CORONA-DATENPLATTFORM
      AUSGABE JULI 2021

     Akzeptanz auch unter den Arbeitnehmerinnen und            ihrer Unternehmensleitung oder ihrer Vorgesetzten
     Arbeitnehmern hoch aus. So ergeben sich innerhalb         angesichts der betrieblichen Anforderungen und
     dieser Gruppe kaum Einflüsse auf die Entscheidung         pandemiebedingten Regelungen gefragt werden.
     pro oder contra Homeoffice. Ähnlich verhält es sich,      Die Unternehmensleitungen erhalten hier zu gut 40
     wenn die eigenen Corona-Betroffenheit mit heran-          Prozent ein „sehr zufrieden“ und zu knapp 30 Pro-
     gezogen wird. Hierzu wurde gefragt, ob man selber         zent immerhin ein „zufrieden“. Noch besser schnei-
     oder innerhalb der Familie von einer Infektion oder       den mit knapp 50 bzw. rund 30 Prozent-Anteilen die
     einer Quarantäneanordnung betroffen war. Unter            unmittelbar Vorgesetzen ab. Mehr Zurückhaltung
     denenjenigen, die über beides berichten (im Regres-       ergibt sich allerdings bei der Frage nach der Unter-
     sionsergebnis die Stufe „deutlich“) ist die Homeof-       stützung hinsichtlich der Kinderbetreuung. Hier
     ficequote etwas, aber nicht deutlich erhöht. Dies         äußern sich von den Beschäftigten mit Kindern „nur“
     spricht für eine leicht höhere Sensibilität und auch      32 Prozent „sehr zufrieden“ und 28 Prozent „zufrie-
     den einen oder anderen situativen Sachzwang, sich         den“. Explizit „(sehr) unzufrieden“ ist allerdings im-
     in die Homeofficesituation zu begeben, doch nicht         merhin rund ein Viertel. Wird dieser Blickwinkel auf
     für einen gravierenden systematischen Einfluss an         Familien mit Kindern bis 14 Jahren eingeschränkt,
     dieser Stelle. Gleichzeitig dürfte ein (früher) Wechsel   erhöht sich diese Unzufriedenheitsquote auf etwa
     ins Homeoffice die Wahrscheinlichkeit einer hohen         ein Drittel. Unabhängig davon kann jedoch festge-
     Betroffenheit senken. Dieser umgekehrte Mecha-            halten werden, dass diese Zufriedenheitswerte unter
     nismus könnte den schwachen Zusammenhang                  denjenigen, die das Homeoffice nutzen (müssen),
     zwischen diesen beiden Variablen ebenfalls erklären.      durchweg etwas höher ausfallen, hier also gleich-
                                                               falls kein systematisches Problem zu erkennen ist
     Mit Blick auf die weitere Entwicklung ist das Be-
                                                               und man sich mehrheitlich mit der Anforderung gut
     finden in der Situation des Zuhause-Arbeitens
                                                               abgefunden hat, von sicher vorhandenen Einzelfäl-
     von Bedeutung. Daher wurde ebenso gefragt, wie
                                                               len abgesehen.
     zufrieden man mit der Homeoffice-Regelung durch
     den eigenen Arbeitgeber ist. Hinzu kamen einige
     weitere Nachfragen zu diesem Komplex. Vier von
     fünf Befragten, die sich zum Befragungszeitpunkt          Abb. 7: Zufriedenheit mit Corona-bezogenen
     im Homeoffice befanden, äußern sich zufrieden.            Aspekten am Arbeitsplatz
     Auch diejenigen, die weiterhin vor Ort arbeiten,
                                                                           Zufriedenheit mit …
     hadern damit offenbar nicht oder nur zu kleinen
     Anteilen. Einschränkungen im Qualitätsniveau der                   … Schutzmaßnahmen
                                                                                                                        55            31
                                                                             gegen das Virus
     verfügbaren Möglichkeiten führen demnach nicht
     zu einer schlechteren Bewertung. Die in der „Not-         … Informationsverhalten der
                                                                                                                         57           28
                                                                     oder des Vorgesetzten
     lage“ gegebene Situation wird offenbar ganz über-
     wiegend akzeptiert. Auch die Perspektive auf die               … Informationsverhalten
                                                                                                                       54         27
                                                                       der Geschäftsführung
     längerfristige wirtschaftliche Sicherheit des eigenen
     beruflichen Umfelds unterscheidet sich nicht nach                             … der Home-
                                                                                                                         57      20
                                                                               Office-Regelung
     dem Merkmal „Homeoffice ja/nein“. Somit kann also
     kein systematischer „vorausschauender Gehorsam“                          … der Arbeitszeit-
                                                                                                                        55       20
                                                                                      regelung
     zur Sicherung des eigenen Arbeitsplatzes konstatiert
     werden.                                                              … Unterstützung bei
                                                                                                                34          28
                                                                         der Kinderbetreuung*
     Etwas eingeschränkter, jedoch unter dem Strich
                                                                                                    0%               40 %          80 %
     ebenfalls positiv zu sehen, ist das Ergebnis, wenn
                                                               Quelle: infas-Mehrthemenbefragungen Januar bis Mai 2021, 2.773 befragte Erwerbstätige,
     alle Beschäftigten nach dem Informationsverhalten         * nur Befragte mit Kindern im Haushalt
16    THEMENREPORT CORONA-DATENPLATTFORM
      AUSGABE JULI 2021

     AUSBLICK – HOMEOFFICE NACH                                Erhebung des Bunesamts für Sicherheit in der Infor-
                                                               mationstechnik (BSI) will eine Mehrheit der Firmen
     DER PANDEMIE                                              (54 bzw. 58 Prozent) mehr Homeoffice als vor der
                                                               Corona-Krise ermöglichen. Die Vorteile für Arbeitge-
     WAS KOMMT NACH CORONA?
                                                               ber können vielfältig sein. Sie versprechen sich eine
     Wie stets liegt der Blick in die nähere oder fernere      gesteigerte Attraktivität im Wettbewerb um geeig-
     Zukunft nahe. Und wie stets, ist die Antwort mit Un-      nete Fachkräfte, die Einsparung von Büroflächen
     sicherheiten behaftet. Wenn zunächst die Empirie          und zufriedenere Beschäftigte. Studien zeigen auch,
     sprechen soll, können wir auf aktuelle Erhebungser-       dass Beschäftigte nach dem Wechsel ins Homeoffice
     gebnisse verweisen, die im Rahmen einer Befragung         teilweise messbar produktiver arbeiten (Emanuel
     entstehen, die zum Redaktionsschluss jedoch noch          und Harrington, 2021; Bloom et al., 2015). Dies gilt
     nicht abgeschlossen ist. Hierbei handelt es sich um       vor allem für weniger komplexe und unabhängige
     eine ebenfalls bevölkerungsrepräsentative Stich-          Tätigkeiten, die zu Hause ausgeführt werden können.
     probe von 1.500 telefonisch befragten Bürgerinnen
                                                               Für eine vermehrte Rückkehr zur Präsenzarbeit
     und Bürgern in der dritten Welle eines Mobilitäts-
                                                               spricht hingegen das oben dargestellte Ergebnis,
     panels mit der Bezeichnung MOBICOR, das infas
                                                               dass große Teile des aktuellen Homeofficegesche-
     gemeinsam mit dem Wissenschaftszentrum Berlin
                                                               hens auf den Schultern der „höheren“ Berufsgruppen
     (WZB) unter Förderung durch das BMBF im Frühjahr
                                                               liegen. Die damit verbundenen Tätigkeiten werden
     2020 aufgesetzt hat. Diese dritte Welle beinhaltet
                                                               sich aller Voraussicht nach nicht auf längere Zeit in
     auch einige Fragen nach der Perspektive, die sich an
                                                               dem jetzigen Umfang in das Homeoffice verlagern
     diejenigen richten, die zum Befragungszeitpunkt vor
                                                               lassen. Führungsaufgaben, Innovationsentwicklun-
     allem im Homeoffice tätig sind. Nur jeder Zehnte
                                                               gen und Kommunikationsbedürfnisse werden in ge-
     möchte nach der Pandemie komplett in die Präsenz-
                                                               ringerem Ausmaß, aber im Ergebnis möglicherweise
     arbeit zurückkehren. Die überwiegende Mehrheit
                                                               ähnlich häufig eine Rückkehr oder ein Verbleiben
     (knapp 90 Prozent) wünscht hingegen, die Arbeit zu
                                                               am betrieblichen Arbeitsplatz verlangen wie in den
     Hause im aktuellen oder im niedrigeren Umfang
                                                               Tätigkeitsbereichen, denen schon jetzt funktionell
     beizubehalten. Rund 40% möchten die Häufigkeit
                                                               bedingt die Homeoffice-Tür nicht offen stand. Diese
     von gegenwärtig vier bis fünf Homeoffice-Tagen in
                                                               Ambivalenz hat sich in entsprechenden Studien
     der Woche auf einen bis zwei Tage reduzieren. Dies
                                                               bereits vor der Pandemie gezeigt. Dabei haben
     deckt sich mit Ergebnissen anderer Erhebungen
                                                               sich – mit jeweils etwas anderer Auslegung, aber
     wonach die Zufriedenheit mit dem Homeoffice
                                                               fast durchweg – immer zwei Homeoffice-Gesichter
     während der Pandemie grundsätzlich sehr hoch ist
                                                               gezeigt. Der durch die Pandemie deutlich beschleu-
     (Stürz et al., 2020; Bonin et al., 2020). Der Mangel an
                                                               nigte technische Fortschritt im Bereich digitaler
     sozialen Kontakten und persönlichem Austausch
                                                               Kommunikations- und Management-Lösungen
     sowie eine Entgrenzung von Arbeit und Privatem
                                                               könnte den Trend hingegen wieder mehr zugunsten
     kann beim Vollzeit-Homeoffice auf Dauer jedoch
                                                               der mobilen Arbeit schwenken. So könnte die Heim-
     zur Belastung werden (Ahlers et. al., 2021, Bonin et
                                                               arbeit perspektivisch auch für aktuell noch schwer
     al., 2021). Viele wünschen sich daher einen gewis-
                                                               zu verlagernde Tätigkeiten deutlich vereinfacht und
     sen Ausgleich zwischen Präsenz- und Heimarbeit.
                                                               effizienter gestaltet werden (Bloom et al., 2021).
     Demnach wird sich auf absehbare Zeit der Anteil der
     Personen und noch mehr der Arbeitszeitanteil im           Der Corona-Schock hat das Sozialleben und die
     Homeoffice reduzieren.                                    Arbeitswelt gleichermaßen erschüttert. Inwieweit
                                                               diese Zäsur den entscheidenden Impuls für eine
     Auch auf Seiten der Unternehmen wurden die Er-
                                                               nachhaltige Transformation der traditionellen Ar-
     wartungen ans Homeoffice von den Erfahrungen oft
                                                               beitsorganisation geliefert hat, wird jedoch noch zu
     übertroffen – trotz der widrigen Umstände während
                                                               verfolgen sein.
     der Pandemie. Laut einer ifo-Umfrage und einer
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     WAS UNS AUFFÄLLT                                          5. Ebenso kann gezeigt werden, dass Arbeitneh-
                                                                  merinnen und Arbeitnehmer im Homeoffice
     7 Punkte zum Homeoffice im Frühsommer 2021                   deutlich öfter in formal gehobenen Verantwor-
                                                                  tungsbereichen tätig sind als Befragte, die weiter-
     1. Unsere Berechnungen zeigen, dass im Schnitt
                                                                  hin vor Ort arbeiten. Damit korreliert dies auch
        etwa jeder zweite Arbeitsplatz homeofficefähig
                                                                  mit dem Einkommen und dem Bildungsniveau.
        ist. Dies ist abhängig von der Branchenstruktur
        und unterscheidet sich regional. Vor allem hohe        6. Allerdings möchte trotz überwiegend positiver
        Dienstleistungsanteile und städtische Lagen               Erfahrungen nur eine Minderheit die aktuellen
        erhöhen das Potenzial.                                    Regelungen vollständig beibehalten. Gegenüber
                                                                  der Situation vor der Pandemie wird sich der
     2. Die tatsächlich realisierte Homeoffice-Quote
                                                                  Anteil der Beschäftigten mit zumindest tagewei-
        erreicht dieses Niveau nicht. Sie liegt seit Februar
                                                                  ser Homeoffice-Option erhöhen, doch deutlicher
        2021 bei um die 30 Prozent aller Beschäftigten.
                                                                  weniger Personen werden dies für ihre komplette
     3. Damit ergibt sich eine Homeoffice Lücke von               Arbeitszeit tun können oder wollen.
        rund 40 Prozent.
                                                               7. Durch den Corona-bedingten technologischen
     4. Die Realisierungsquote fällt regional unterschied-        Wandel werden mehr Tätigkeiten Homeoffice-
        lich aus. Werden die Befragungsergebnisse zum             fähig sein, d.h. das Potenzial wird weiter steigen.
        tatsächlichen Ist-Stand mittels eines statistischer       Gleichzeitig ist schon jetzt erkennbar, dass sowohl
        Verfahrens regionalisiert, ergibt sich vor allem in       viele Arbeitgeber wie auch die Arbeitnehmerin-
        Nord- und in Teilen Ostdeutschlands außerhalb             nen und Arbeitnehmer die aktuellen Möglichkei-
        des Berliner Einzugsgebiets eine größere Homeof-          ten kompletter Homeoffice-Arbeitswochen- oder
        fice-Lücke als etwa in Süddeutschland.                    Monate wieder auf ausgewählte Tage reduzieren.
18    THEMENREPORT CORONA-DATENPLATTFORM
      AUSGABE JULI 2021

     LITERATUR
     Ahlers, E., S. Mierich und A. Zucco (2021),                 Emanuel, N. und E. Harrington (2021), „Working“ Re-
     Homeoffice: Was wir aus der Zeit der Pandemie für           motely? Selection, Treatment, and Market Provision
     die zukünftige Gestaltung von Homeoffice lernen             of Remote Work, Harvard Working Paper.
     können. WSI Report, No. 65. Hans-Böckler-Stiftung.
                                                                 Gabler, J., T. Raabe, K. Röhrl und H.-M. von Gaudecker
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     My Home Is My Castle: The Benefits of Working               lung der Covid-19-Pandemie in Deutschland, IZA
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     ifo Schnelldienst digital 6.
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     Alipour, J.-V., O. Falck und S. Schüller (2020),            ckung über Aerosolpartikel – vergleichende Bewer-
     Germany’s Capacity to Work from Home«, CESifo               tung von Innenräumen hinsichtlich des situations-
     Working Paper 8227.                                         bedingten R-Wertes, Preprint Technische Universität
                                                                 Berlin.
     Bloom, N., S. J. Davis und Y. Zhestkova (2021),
     Covid-19 Shifted Patent Applications toward Tech-           Kunze, F., K. Hampel und S. Zimmermann (2021),
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     Working Paper 2020-133.                                     ge Transformation der Arbeitswelt?, Konstanzer
                                                                 Homeoffice-Studie, Februar, Universität Konstanz.
     Bloom, N, J. Liang, J. Roberts und Z. J. Ying (2015),
     Does Working from Home Work? Evidence from a                McLaren, J., und S. Wang (2020), Effects of Redu-
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                                                                 Paper 28275.
     Bonin, H., W. Eichhorst, J. Kaczynska, U. Rinne, A.
     Scholten und S. Steffes (2020), Verbreitung und             Robbins, Michael W, Ghosh-Dastidar, Bonnie, Ram-
     Auswirkungen von mobiler Arbeit und Homeoffice.             chand, Rajeev (2020), Blending Probability and Non-
     Kurzexpertise im Auftrag des Bundesministeriums             probability Samples with Applications to a Survey of
     für Arbeit und Soziales. IZA Research Report No. 99.        Military Caregivers, Journal of Survey Statistics and
                                                                 Methodology 2020.
     Bonin, H., A. Krause-Pilatus und U. Rinne (2021), Ar-
     beitssituation und Belastungsempfinden im Kontext           Stürz, R. A., C. Stumpf, U. Mendel und D. Harhoff
     der Corona-Pandemie. Ergebnisse einer repräsen-             (2020), Digitalisierung durch Corona? Verbreitung
     tativen Befragung von abhängig Beschäftigten im             und Akzeptanz von Homeoffice in Deutschland,
     Februar 2021. BMAS Forschungsbericht 570.                   Bayerisches Forschungsinstitut für Digitale Transfor-
                                                                 mation (bidt), München.
     DiSogra, Charles, Cobb, Curtiss, Chan, Elisa, Dennis,
     J. Michael (2011), Calibrating nonprobability inter-
     net samples with probability samples using early
     adopter characteristics. In JSM Proceedings, Alexan-
     dria, VA, pp. 4501-4515. Section on Survey Research
     Methods: American Statistical Association
19    THEMENREPORT CORONA-DATENPLATTFORM
      AUSGABE JULI 2021

     DIE CORONA-DATENPLATTFORM
     Seit dem Jahresende 2020 ist die Corona-Daten-         Die erste Projektphase war auf vier Monate be-
     plattform online. Sie trägt den Titel „Erfassung       grenzt. Sie beinhaltete eine differenzierte regionale
     regionaler Eindämmungsmaßnahmen, Aufbau einer          Erfassung der im Verlauf der Corona-Pandemie er-
     Corona-Datenplattform und (regionale) Analysen         griffenen Maßnahmen, eine regionale Datensamm-
     zur SARS-CoV-2-Epidemie in Deutschland“. Die           lung, die Bewertung und erste Analysen der Daten.
     Arbeiten wurden im September 2020 durch das            Zur Maßnahmenerfassung wurde ausgehend von
     Bundesministerium für Wirtschaft und Energie           internationalen Vorarbeiten ein eigenes Codesche-
     (BMWi) beauftragt. Sie werden von einem wissen-        ma entwickelt und der Situation in Deutschland an-
     schaftlichen Board begleitet. Das interdisziplinäre    gepasst. Darüber hinaus umfasst das Vorhaben die
     Bearbeitungsteam besteht aus dem infas Institut für    Auswertung der aufgenommen Wirtschaftsdaten.
     angewandte Sozialwissenschaft, infas 360 und dem       Hauptaufgabe war jedoch die Bereitstellung einer
     IHPH Institut für Hygiene und Öffentliche Gesund-      Datengrundlage für die Scientific Community mit
     heit an der Universität Bonn.                          dem Aufruf, diese Datenbasis für weitere Analysen
                                                            zu nutzen.
     Die Datensammlung und -bereitstellung erfolgt
     regional auf der Ebene von 401 Landkreisen und         Eine zweite Projektphase setzt das Vorhaben gegen-
     kreisfreien Städten. Dies bietet für die Einschät-     wärtig zunächst bis Mitte 2021 fort. Zurzeit reicht
     zung der Situation in Deutschland entscheidende        die Maßnahmenerfassung und Datenbereitstellung
     Vorteile gegenüber bundesweiten Analysen oder          bis Mitte April 2021. Der Zwischenbericht sowie
     Betrachtungen auf Bundeslandebene. Sowohl die          erste Analysen aus dem Kreis der rund 400 regist-
     Eindämmungsmaßnahmen als auch das Infekti-             rierten Nutzerinnen und Nutzer sind auf der Platt-
     onsgeschehen und wirtschaftliche Veränderungen         form unter www.corona-datenplattform.de online
     weisen regional ein teilweise sehr unterschiedliches   verfügbar. Für den Sommer 2021 wird die Übergabe
     Erscheinungsbild auf.                                  wesentlicher Bestandteile der Datensammlung an
                                                            Destatis vorbereitet, um dort ein entsprechendes
                                                            öffentliches Angebot zu schaffen.
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