HospizStern - 30 25 Hand in Hand Jahre Ambulantes Hospiz gemeinsam weitergehen Jahre Stationäres Hospiz - Hospiz an der Lutter
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01_titel.qxp_HospizStern 18.03.22 10:29 Seite 1 21. Ausgabe | März 2022 HospizStern Jubiläum im Hospiz Hand in Hand … 30 Jahre Ambulantes Hospiz … gemeinsam weitergehen 25 Jahre Stationäres Hospiz
02_inhalt.qxp_HospizStern 18.03.22 10:31 Seite 2 Inhaltsverzeichnis 21. Ausgabe | März 2022 Vorwort Seite 3 Besondere Geschichten Loriot-Abend im Hospiz Seite 22 Doppeljubiläum Wir erinnern uns an eine besondere Frau Seite 24 Grußworte Seite 4 Weitere Themen Chronik 25 Jahre Hand in Hand – Gemeinsam gehen auch in Coronazeiten Seite 27 gemeinsam weitergehen Seite 7 Von Mensch zu Mensch – Paul Gerhard Langenbruch Psychosoziale Onkologie Seite 29 verwirklicht eine Vision Seite 8 Eine Taufe im Hospiz Seite 31 Maria Ankermann schaut auf die Anfänge zurück Seite 10 Was bleibt sind Erinnerungen – Würdezentrierte Therapie Seite 32 Beatrix Haan ist eine Hospizmitarbeiterin der ersten Stunde Seite 12 Ilona Wirzing sammelt Spenden Seite 34 Kindheitserinnerungen Humor am Lebensende Seite 36 und ein digitales Museum Seite 14 Das Ambulante Hospiz im Krankenhaus Seite 37 Blick zurück und aufs Jubiläumsprogramm Seite 15 Figurentheater Marmelock Seite 41 Besondere Geschichten Kuchen – nicht nur zum Jubiläum Seite 42 Susanne Wurm und Heide Reinshagen unterstützen das Hospiz seit Jahrzenten Geschäftsführerwechsel im Hospiz Seite 43 im Ehrenamt Seite 16 Lindernde Hände Seite 45 Der Förderkreis Seite 18 Jahresrückblick Seite 46 Erika Falkenberg erinnert sich an ihre Begleitungen Seite 19 Buchtipps Seite 50 Noch einmal Zeit mit einem Pferd verbringen Seite 21 Dank und Impressum Seite 51 2 HospizStern März 2022
03_vorwort.qxp_HospizStern 18.03.22 10:31 Seite 3 Hand in Hand – gemeinsam weitergehen Doppeljubiläum: 30 Jahre Ambulantes und 25 Jahre Stationäres Hospiz In diesem Jahr besteht das Ambu- von deren Angehörigen bleibt. Jede Ge- die diese Aufgabe auch finanziell lante Hospiz seit 30 Jahren, und das neration von Verantwortlichen wird vor unterstützen. Stationäre Hospiz feiert sein 25-jäh- neue Herausforderungen gestellt und riges Bestehen. Beide Einrichtungen muss gute Lösungen finden, damit die In diesem HospizStern können Sie sind aus Göttingen – sowohl der hospizliche Versorgung auch in Zu- einiges über die Geschichte des Hos- Stadt als auch dem Landkreis – nicht kunft möglich ist. piz an der Lutter lesen, erfahren, mit mehr wegzudenken und unentbehr- welchen Veranstaltungen wir unser Die Aufgabe bleibt! Die Menschen, die Jubiläum feiern wollen und was uns lich. diese Aufgabe anpacken, sind immer im vergangenen Jahr bewegt hat. Zu verdanken haben wir dies einigen wieder andere. So wird die Verantwor- mutigen Menschen, die die Notwen- tung immer wieder in andere Hände Bleiben Sie behütet – digkeit einer hospizlichen Beglei- gelegt. Auch so geht: Hand in Hand! wünscht Ihnen tung schwerkranker und sterbender Und es geht nur gemeinsam: mit Pfle- Menschen erkannten und diese Auf- genden, Ehrenamtlichen, Leiterinnen, Ihre Elke Reichardt gabe mit viel Gottvertrauen ange- Geschäftsführung, Vorstand, Kurato- Vorsitzende des Vereins packt haben. Zwei davon sind auf rium und Bürgerinnen und Bürgern, Hospiz an der Lutter dem Titel dieses HospizStern zu se- hen – Maria Ankermann und Paul Gerhard Langenbruch. Sie war als Vorwort Krankenschwester und er als Pastor im Weender Krankenhaus und im Diakonissen-Mutterhaus Ariel tätig. Viele haben damals davon abgera- ten, bei der ungewissen Finanzie- rung ein solches Vorhaben zu begin- nen. Glücklicherweise haben sie sich nicht davon abhalten lassen und die Anfangsschwierigkeiten gut ge- meistert. Seitdem haben die Verantwortlichen in der Geschäftsführung, im Vor- stand und in der Leitung der beiden Hospizbereiche immer wieder neue Probleme lösen, neue Herausforde- rungen bewältigen müssen – mit Er- folg. Der Bedarf an Begleitung und Pflege von Menschen in der letzten Phase ihres Lebens und an Unterstützung HospizStern März 2022 3
04-06_grußworte.qxp_HospizStern 18.03.22 10:35 Seite 4 Grußworte zum Doppeljubiläum 25 Jahre Stationäres Hospiz und 30 Jahre Ambulantes Hospiz Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Patientinnen und Patienten, liebe Aktive des Hospizes an der Lutter, die Beschäftigung mit dem Tod ist normalerweise weit weg. Und doch hat uns die Pandemie, deren Auswirkungen uns noch immer beschäftigen, deutlich vor Augen geführt, wie schnell das Leben zu Ende gehen kann. „Mitten wir im Leben sind mit dem Tod umfangen“, hat Luther das einmal sehr anschaulich beschrie- ben. Wir wissen, dass das Leben endlich ist, aber wir verdrängen diesen Gedanken im Alltag gern. Viele haben Angst vor dem Sterben, Angst davor allein zu sein, die Selbstbestimmung zu verlieren, von anderen abhängig zu sein. Menschen, die zum Beispiel an einer unheilbaren Krankheit leiden, können diese Gedanken nicht länger „wegschieben“. Damit sie die letzte Lebensphase im Rahmen des Möglichen so gestalten können, wie sie es sich persönlich wünschen, brauchen wir gute Versorgungsstrukturen. In diesem Zusammenhang kann ich die Hospize und die Hospizbewegung gar nicht genug loben. Hier im Hospiz Daniela Behrens, gehören Sie zu den Pionieren der Hospizbewegung und Palliativversorgung. Sie Niedersächsische Ministerin geben den kranken Menschen, ihren Angehörigen und Freunden Wertschätzung, für Soziales, Gesundheit Geborgenheit und Schutz – und dies seit mehr als drei Jahrzehnten. Mit ihren und Gleichstellung haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern übernehmen Sie eine wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Sie haben den Tod ins Leben geholt. Durch ihren engagierten Einsatz tragen Sie dazu bei, menschenwürdiges Sterben zu ermöglichen, dafür gebührt Ihnen unser Dank. Aber auch viele Göt- tinger Bürgerinnen und Bürger unterstützen diese wichtige Arbeit durch Spen- den. Und auch ihnen möchte ich danken. Die Stärkung der Hospizarbeit und Palliativversorgung ist und bleibt auch ein zentrales Ziel der Niedersächsischen Landesregierung. Deshalb fördert das Land mit aktuell 359 000 Euro den Landesstützpunkt Hospizarbeit und Palliativver- sorgung Niedersachsen, der vielfältige Unterstützung für ambulante Hospiz- dienste und stationäre Hospize anbietet, zum Beispiel zu den Themen Gewin- nung von ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern oder Spenden- werbung. Aber das Rückgrat der Versorgung vor Ort sind Sie, liebe haupt- und ehrenamt- liche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Deshalb möchte ich Ihnen nochmals ganz herzlich danken und Ihnen viel Kraft für Ihre wichtige Arbeit wünschen. Ihre 4 HospizStern März 2022
04-06_grußworte.qxp_HospizStern 18.03.22 10:35 Seite 5 Sehr geehrte Damen und Herren, Hospize haben ihre ganz eigene, sehr friedvolle Atmosphäre. Keineswegs ist der Tod dort allgegenwärtig, wie man es vielleicht vermuten würde. Er wird aber auch nicht tabuisiert, so wie es in unserer Gesellschaft heute verbreitet ist. Darin liegt die große Stärke der Hospize: Sie verschweigen oder verdrängen das Unvermeidliche nicht. Der Mensch steht hier im Mittelpunkt. Das wiederum gibt Kraft und Zeit, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Eine vielzitierte Weisheit sagt: „Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.“ Dieser Satz umschreibt sehr gut, was die Hospize leisten. Immer wieder bin ich beeindruckt davon, wie dort alles seine Zeit hat: Es gibt Zeit für Freude, für Trauer, und es gibt eine Zeit für das Abschiednehmen. Auch wenn es nicht immer leichtfällt, gilt es, diese Zeiten als ein Geschenk zu begreifen. In diesem Sinn gratuliere ich dem Hospiz an der Lutter von ganzem Herzen zum 25jährigen Bestehen des stationären Bereichs und dem ambulanten Bereich zum 30. Geburtstag. Ihre „Es geht nicht darum, dem Leben mehr Tage zu geben, sondern den Tagen mehr Leben.“ Petra Broistedt, Oberbürgermeisterin der Stadt Göttingen HospizStern März 2022 5
04-06_grußworte.qxp_HospizStern 18.03.22 10:35 Seite 6 Einschlafen, wenn man müde ist… So beginnen Worte Hermann Hesses, die über manchen Todesanzeigen stehen, weil sie Trost schenken können. Sterben ist gar nicht so schlimm, wie man denkt. Es ist ein Ende, aber auch ein Anfang. Wie jeder Mensch bei seiner Geburt durch eine enge Pforte in eine weite Welt kommt, so ist es auch mit dem Tod: Erst muss man über eine dunkle Schwelle, aber dann erwartet den Verstorbenen eine noch größere Welt als in diesem Leben, hat Martin Luther dem Sinn nach einmal in seinem „Sermon zur Bereitung zum Sterben“ geschrieben. Doch das Thema ist trotz aller Aufklärung der Postmoderne auch im Jahr 2022 noch ein gesellschaftliches Tabu. Viele mögen sich nicht damit beschäftigen, dass sie einmal sterben müssen, und verdrängen den Gedanken, wie das dann sein wird. Vor 30 Jahren ist das Hospiz an der Lutter als ambulantes Hospiz gegründet worden, seit 25 Jahren gibt es auch die stationäre Einrichtung. Was für ein Segen, dass Pflegerinnen und Pfleger, Pastorinnen und Pastoren, Frauen und Männer, die hier gestorben sind, und deren Angehörige diesen Ort zu einer Gegenwelt des Verdrängens, zu einer Oase des Segens haben werden lassen. Zu einem Kraft- und Lebensort trotz oder gerade wegen des immer anwesenden Todes. Die Worte des Dichters sind etwas aus dem Zusammenhang gerissen. Mehr geht wohl nicht auf eine Karte. Es lohnt sich, auch die sie umgegebenen Sätze aus dem Roman „Das Glasperlenspiel“ zu lesen: Die Verzweiflung schickt uns Gott nicht, um uns zu töten, er schickt sie uns, um neues Leben in uns zu erwe- cken. Wenn er uns aber den Tod schickt, Josef, wenn er uns von der Erde und vom Leibe losmacht und uns hinüberruft, so ist das eine große Freude. Einschla- fen dürfen, wenn man müde ist, und eine Last fallen lassen dürfen, die man sehr lang getragen hat, das ist eine köstliche, eine wunderbare Sache. Seit wir das Grab gegraben haben – vergiß den Palmbaum nicht, den du darauf pflanzen sollst –, seit wir angefangen haben, das Grab zu graben, bin ich vergnügter und zufriedener gewesen, als ich es in vielen Jahren war. An den Tod schon mitten im Leben zu denken, ist wichtig. Aber wie die Zeilen von Hesse auch zeigen, geht das besser, wenn man mit diesen Gedanken nicht Dr. Frank Albrecht Uhlhorn, allein ist, sondern sie teilen kann. Wie man im Hospiz sehen, spüren und anfassen Superintendent des Evangelisch- kann, hilft es sehr, wenn andere dabei sind. Einen Rat geben, ein Mittel zum Ein- lutherischen Kirchenkreises Göttingen nehmen reichen, die Hand halten, zuhören, in den Arm nehmen, gemeinsam weinen und durchaus auch manchmal lachen, dass diese Augenblicke wertvoller als Gold sind, weiß man hier im Hospiz. Den Menschen, die sich hier engagiert haben und engagieren: die Diakonissen ganz zu Beginn nach dem Krieg, Pastor Langenbruch als erster Klinikseelsorger und Impulsgeber, die vielen Ehrenamtlichen, die als ausgebildete Sterbebeglei- terinnen und -begleiter tätig waren und sind, die Mitglieder des Vorstandes, die die Geschicke leiten, das medizinische Personal – ihnen sei Dank für eine Arbeit, deren Sinnhaftigkeit über diesen Horizont hinausgeht. Worte der Anerkennung und des Lobes werden fast klein gegen das, was diese Menschen tun. Ich bin sicher, dass es ihnen der Himmel dankt, auf eine Weise, die wir uns hier nur schwer und wenig vorstellen können. Um seinen Segen für morgen und alle Tage wollen wir in diesem Jubiläumsjahr bitten. Ihr 6 HospizStern März 2022
07_jubiläum.qxp_HospizStern 18.03.22 10:36 Seite 7 Das Doppeljubiläum 30 Jahre Ambulantes und 25 Jahre Stationäres Hospiz „25 Jahre Hand in Hand – gemeinsam mit den heutigen nicht zu vergleichen. zu finanzieren, mussten Spenden ge- weitergehen“ unter diesem Motto be- Sechsbettzimmer waren die Regel. Pa- sammelt werden und vor allem musste geht das Hospiz an der Lutter in die- tienten, für die es keine Heilung mehr der Hospizgedanke in die Öffentlich- sem Jahr sein Doppeljubiläum. Seit 25 gab, wurden mit ihrem Bett ins keit getragen werden. Jahren gibt es das Stationäre Hospiz in Schwesternzimmer, auf den Flur oder Seit Ende 2017 ist das Hospiz an der Göttingen. Das Ambulante Hospiz be- ins Bad geschoben, um ein bisschen Lutter am neuen Standort an der Hum- gleitet sogar seit 30 Jahren schwerer- Privatsphäre zu schaffen, aber auch, boldtallee 10 beheimatet. In zehn Ein- krankte und sterbende Menschen, um weil Begleitung von Sterbenden in zelzimmern werden die Gäste betreut. ihnen ein Leben in Würde bis zuletzt Krankenhäusern nicht vorgesehen war. Hier wird der Einsatz der Ehrenamtli- zu ermöglichen. Mehr als 30 Festange- Ein würdevolles Sterben war unter die- chen koordiniert, und wie in Weende stellte und 100 Ehrenamtliche über- sen Bedingungen nicht möglich. Da- gibt es einen wunderschönen Garten. nehmen die Begleitung zu Hause, in mals fassten die Krankenschwester Auf Spenden ist das Hospiz heute im- Pflegeheimen, Krankenhäusern und im Maria Ankermann und Klinikseelsorger mer noch angewiesen. Inzwischen hat Stationären Hospiz. Pastor Paul Gerhard Langenbruch ei- sich die Einrichtung in Göttingen etab- Für dieses Jahr hat das Hospiz ein klei- nen Entschluss: Diese Situation muss liert und erfährt aus der Bürgerschaft nes Jubiläumsprogramm geplant. Un- sich ändern. sehr viel Wertschätzung. ter anderem sollen im Juni und Sep- Sie gründeten 1992 zunächst das Am- Eida Koheil tember Benefizkonzerte im Alten bulante Hospiz. Fünf Jahre später, am Rathaus stattfinden – wenn die Coro- 2. April 1997, eröffnete mit der Auf- nalage das zulässt. nahme des ersten Gastes das Statio- näre Hospiz. Spendenkonto Die Situation muss sich ändern Etwas völlig Neues Sparkasse Göttingen Angefangen hat die Hospizarbeit vor DE 10 2605 0001 0044 3007 70 30 Jahren in Weende. Im Evangelischen Die Hospizidee war damals in Göttin- NOLADE21GOE Krankenhaus waren die Verhältnisse gen etwas völlig Neues. Um die Arbeit Aus der Hospizidee ist in Göttingen mit dem Hospiz an der Lutter eine Einrichtung entstanden, die sich seit Jahrzehnten die Versorgung und Begleitung schwerkranker und sterbender Menschen zur Aufgabe gemacht hat. HospizStern März 2022 7
08-13_chronik.qxp_HospizStern 18.03.22 10:45 Seite 8 Die Geschichte des Hospizes Das 1992 gegründete Hospiz an Es war die erfüllteste Zeit der Lutter hat seine Ursprünge im Diakonissen-Mutterhaus Ariel (Zöcklersche Anstalten) und Pastor Paul Gerhard Langenbruch nahm durch das Ambulante Hos- piz seine Arbeit auf. Die Diakonis- sen wurden während des Kriegs aus ihrer Heimat vertrieben und Die moderne Medizin und die räumli- Überzeugungsarbeit für Pastor Lan- fanden Anfang der 1950er-Jahre che Situation der Krankenhäuser pass- genbruch. in Göttingen im Evangelischen ten nicht zusammen. Ende der achtzi- ger Jahre konnten auf die Schnelle Der große Glücksfall Krankenhaus Göttingen-Weende zehn Patienten operiert werden. Die war Maria Ankermann (EKW) eine neue Wirkungsstätte, ein neues Mutterhaus und damit mussten anschließend aber auch ge- Er hatte eine Mitstreiterin, die auch für eine neue Heimat. Über die Jahre pflegt werden, und dafür gab es keinen die Hospiz-Idee brannte. „Der große veränderten sich die Strukturen Platz. Die Ausstattung war primitiv. Glücksfall war schließlich Maria Anker- des Mutterhauses. Die Diakonis- Sechsbettzimmer mit nur einer Wasch- mann“, sagt Pastor Langenbruch. Die sen waren altersbedingt aus der gelegenheit für alle Patienten waren Krankenschwester hat das Hospiz ge- aktiven Arbeit ausgeschieden Standard, zur Toilette ging es über den meinsam mit ihm gegründet. „Für Ma- und hatten sich die Gründung ei- Flur. Unter Umständen hat auch mal ria war es eher Hobby, sie ist ja schon nes Hospizes zur Aufgabe ge- ein Patient auf dem Gang geschlafen. in den Ruhestand gegangen. Für mich macht. Nach sorgfältiger Vorar- Und ob man wollte oder nicht, die war es Teil des Berufs“, erzählt er. Al- beit entstand das Hospiz an der Leute starben dazwischen. Nur, Ster- lerdings musste er die anderen Aufga- Lutter unter dem Dach des Dia- ben war nicht vorgesehen. benbereiche durchaus vernachlässigen, konissen-Mutterhauses. um das Hospiz Wirklichkeit werden zu Mit der Situation Sterbender lassen. Zwischenzeitlich seien immer Vorgeschichte: Vom Mutterhaus unzufrieden wieder Sondervikare eingestellt wor- Sarepta zum Mutterhaus Ariel den, um Entlastung zu schaffen. Pastor Paul Gerhard Langenbruch er- 1883 entsteht in Kaiserswerth am innert sich an diese Zeit und die Be- Immer im Fokus hatten die Hospiz- 13. Oktober das erste Diakonissen- weggründe, ein Hospiz in Göttingen gründer auch die Situation des Mut- Mutterhaus. zu gründen. Er war damals Klinikseel- terhauses. Was passiert damit und mit 1913 im Mai wird das Mutterhaus sorger im Evangelischen Krankenhaus den Diakonissen, wenn diese nicht Sarepta in Stanislau, der heutigen Weende (EKW) und äußerst unzufrie- mehr arbeiten können und schließlich Ukraine, gegründet, wo Pastor den mit der Situation Sterbender. nicht mehr da sind? Die Hospiz-Idee Theodor Zöckler die Zöcklerschen Der Gedanke, ein Hospiz in Göttingen stieß nicht nur dort auf fruchtbaren Anstalten leitet das „Bethel des einzurichten, reifte immer mehr. Aus- Boden. Auch aus der Bevölkerung gab Ostens“. schlaggebend, die Hospiz-Idee aktiv zu es großes Interesse, „und die Medien 1940 werden infolge des Hitler- verfolgen, sei schließlich ein Vortrag haben uns ganz vorzüglich unterstützt.“ Stalin-Paktes von 1939 alle Deut- von Oberlandeskirchenrat Werner Ran- Zudem habe es eine gute und immens schen östlich des Flusses San nenberg über das Hospizwesen in Eng- wichtige Vernetzung von Palliativme- umgesiedelt. Das Mutterhaus Sa- land gewesen, sagt Paul Gerhard Lan- dizin und Hospizarbeit gegeben. repta findet in Wolfshagen / Po- genbruch. Rannenberg kannte auch Sie wurde uns geschenkt sen beim Mutterhaus Ariel Zu- das Weender Krankenhaus. „Wenn ich flucht, mit dem es sich zusam- mich so umgucke, fällt mir für einen Wichtig für das Gelingen des Hospizes menschließt. Hospizstandort in Niedersachsen im- war auch ein Anruf vom Arbeitsamt. 1945 kommt das Mutterhaus Ariel mer Weende ein“, hat er bei einem Tref- Über eine Arbeitsbeschaffungsmaß- nach Stade, wo bereits andere ge- fen gesagt. Mit dieser Rückendeckung nahme sollte die Stelle einer Sozialar- seitens der Landeskirche begann die beiterin finanziert werden. „Nehmen 8 HospizStern März 2022
08-13_chronik.qxp_HospizStern 18.03.22 10:45 Seite 9 seines Berufslebens flüchtete Mutterhäuser Auf- nahme gefunden hatten. 1949, nach dem Tod Theodor Zöcklers, wird das Mutterhaus verwirklicht eine Vision umbenannt in „Zöcklersche An- stalten Diakonissen-Mutterhaus Ariel e.V. Stade“. 1951 erfolgt Ende Januar der Ruf Sie die“, habe der Beamte damals ge- heißt nicht, so zu tun, als ginge alles des Mutterhauses Ariel nach Göt- sagt. Das war Gabriele Junge. „Sie weiter.“ tingen. Am Reformationstag im wurde uns gewissermaßen geschenkt“, Oktober ziehen die Diakonissen Die Entwicklung des Hospizes seit sei- darüber freut sich Paul Gerhard Lan- in das ehemalige Kasino auf dem nem Fortgang hat er allerdings immer genbruch noch heute. früheren Kasernengelände in verfolgt – die Erweiterung nach dem Weende, damals Haus III des EKW. Das Hospiz war für Pastor Langen- Umzug, der feste Platz, den die Einrich- Das Mutterhaus Ariel übernimmt bruch „mein Baby“, wie er sagt. Es war tung im Bewusstsein der Göttinger Be- mit 19 Diakonissen die Pflege. die erfüllteste Zeit seines Berufslebens, völkerung einnimmt, das unermüdli- „ein dichtes Erleben. Ich fühlte mich be- che Engagement der festen und Diakonissen-Mutterhaus Ariel schenkt.“ ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und (Zöcklersche Anstalten) e.V. Mitarbeiter. Vor 30 Jahren hatte er ge- Mit 6o Jahren ging Paul Gerhard Lan- hofft, dass seine Vision von einem Göt- 1962 erwirbt das Mutterhaus genbruch in den Ruhestand. Das ist tinger Hospiz Wirklichkeit wird. Für Ariel Haus III des EKW. mehr als 20 Jahre her. Er hat sich von Paul Gerhard Langenbruch hat sie sich 1977 entsteht in Haus III ein Al- dem Zeitpunkt an völlig aus der Hos- mehr als erfüllt: „Ich bin froh, dass es ten- und Pflegeheim zur Versor- pizarbeit zurückgezogen. „Im Hospiz weitergeht.“ gung der alt gewordenen Diako- habe ich gelernt, Abschied nehmen Eida Koheil nissen und weiterer Patienten; die Keimzelle des Hospizes. Ende 1977 stellt das Mutterhaus Ariel den Pflegedienst im EKW ein. 1978 läuft der Gestellungsvertrag mit dem Mutterhaus Ariel für die Krankenpflege aus. 1990 beschließt der Vorstands des Diakonissen Mutterhauses, mit der Hospizarbeit zu beginnen. Hospizarbeit beginnt 1991 Das Jahr dient zur Vorberei- tung auf die Hospizarbeit. Aus dem Vorstand des Diakonissen- Mutterhauses wird ein Arbeits- kreis berufen. Die Landeskirche sagt eine Förderung in Höhe von 400.000 D-Mark zu. 1992 beginnen erste Aktionen. Der Hospizgedanke wird zur Hos- pizbewegung. Schwester Maria Die Gründerjahre waren für Pastor Paul Gerhard Langenbruch die erfüllteste Zeit Ankermann, Pastor Paul Gerhard seines Berufslebens. „Ich fühlte mich beschenkt.“ HospizStern März 2022 9
08-13_chronik.qxp_HospizStern 18.03.22 10:45 Seite 10 Langenbruch und Schwester Wil- friede Engelmann bilden die ers- ten ehrenamtlichen Hospizmitar- Von der Begeisterung sollten beiterinnen aus. 1993 wird der Förderkreis gegrün- Hospizmitbegründerin Maria Ankermann det. Neben der Öffentlichkeitsar- beit startet der Aufbau des Am- bulanten Hospizes. 1994 schreiten die Planungen für Maria Ankermann hat den Blick fürs richt mit dem Thema. Zudem las sie den Ausbau eines Stationären Ganze. Sie wollte Missstände nie ein- Bücher von Cicely Saunders und Elisa- Hospizes voran. fach aus dem Blickfeld verschwinden beth Kübler-Ross, die als Begründerin- 1995 wird für die Leitung des Am- lassen, sondern hat nach einer ethisch- nen der modernen Hospizbewegung bulanten Hospizes die Sozialpä- moralisch vertretbaren menschlichen gelten. „Die haben mich sehr geprägt. dagogin Gabriele Junge über eine Lösung gesucht. Dass sie für Menschen Da wuchs der Wunsch, etwas für Ster- Arbeitsbeschaffungsmaßnahme da sein möchte, war ihr früh bewusst. bende zu machen.“ Diesen Wunsch eingestellt. Am Anfang ihres Berufslebens im Jahr teilte sie mit dem Klinikseelsorger Paul 1955 – da war sie gerade 18 Jahre alt – Gerhardt Langenbruch. 1996 im Januar beginnen die Bau- begann sie mit einer Ausbildung zur Mit dem EKW gab es jedoch zunächst maßnahmen für das Stationäre Krankenschwester. „Eigentlich wollte keinen Konsens. Man befürchtete Ruf- Hospiz. ich Sozialarbeiterin werden, aber dann schädigung. Ein Hospiz auf dem Kran- 1997 Am 2. April wird mit einem habe ich mit dieser Ausbildung meinen Gottesdienst und anschließen- kenhausgelände sei keine gute Wer- Traumberuf gefunden.“ – Von ihrer Be- bung. Die Menschen kämen schließlich, dem Festakt das Stationäre Hos- geisterung für diesen Beruf sollten piz im Erdgeschoss des Diakonis- um gesund zu werden, nicht um zu auch andere profitieren: Unterrichts- sterben. sen-Mutterhauses Ariel im Haus schwester in Berlin ist Maria Anker- III des EKW eröffnet. Es gibt vier mann gewesen, in Göttingen hat sie Auch war die Finanzierung eines Hos- Einzelzimmern und ein Doppel- die Krankenpflegeschule geleitet und pizes zunächst völlig unklar. „Wir soll- zimmer. Die Stationsleitung über- war schließlich Pflegedienstleiterin im ten einen Finanzplan vorlegen, hatten nimmt Schwester Beatrix Haan. Evangelischen Krankenhaus Weende aber nichts“, bekennt Maria Anker- Sie ist später bis zum Jahr 2020 (EKW). mann. Wir wussten wirklich nicht, wie Vorsitzende des Vereins Diakonis- das Hospiz finanziert werden soll und sen-Mutterhaus Ariel (Zöckler- Den Weg zu ihrem Engagement für an- haben um Geld gekämpft. Die Kran- sche Anstalten und Hospiz an der dere Menschen hat ihr fester Glaube kenkassen weigerten sich damals, Lutter e.V.). geebnet. Maria Ankermann gehörte mehr als 10 D-Mark am Tag zu bezah- damals der Schwesternschaft der Dia- len. Doch eine große Erbschaft bildet 1998 bekommt Gabriele Junge konissen an. „Zu dieser Zeit waren Ster- schließlich ein solides Startkapital. eine Festanstellung. Der Garten bende im Krankenhaus immer ein Pro- wird neugestaltet. Die erste Aus- gabe der Göttinger Hospiz-Mit- blem, weil es keine kleinen Zimmer Wir haben klar gesagt, teilungen erscheint. Das Ambu- gab“, erzählt sie. Ins Bad seien die Pa- dass wir Geld brauchen tienten abgeschoben worden, in den lante Hospiz übernimmt 71 Be- So kann die Arbeit trotz aller Widrig- Aufenthaltsraum oder ins Schwestern- gleitungen. keiten losgehen. Für Maria Ankermann zimmer. „Das tat mir weh – ich habe 1999 bekommt das Hospiz einen ist es ein Highlight, eine Arbeit zu be- Sterbende immer gern gepflegt, ohne Pavillon für den Garten geschenkt, ginnen, die es so noch nicht gab. „Pas- Scheu.“ und das erste Hospizauto steht tor Langenbruch und ich haben jeden zur Verfügung. Das erste Som- Der Wunsch wuchs, etwas für Morgen eine halbe Stunde darüber ge- merfest wird gefeiert. Sterbende zu machen sprochen und geplant, was es bedeutet, 2000 wird der Raum der Stille ge- ein Hospiz einzurichten und wie wir plant. 160 Veranstaltungen wer- Maria Ankermann beschäftigte sich das verwirklichen könnten.“ Zudem ha- mit ihren Schülerinnen im Ethikunter- ben sie massive Öffentlichkeitsarbeit 10 HospizStern März 2022
08-13_chronik.qxp_HospizStern 18.03.22 10:45 Seite 11 auch andere profitieren den im Bereich der Öffentlich- keitsarbeit durchgeführt. 2001 bekommt das Hospiz Com- puter und Internet. Der Förder- schaut auf die Anfänge zurück kreis hat jetzt 233 Mitglieder. 2002 gibt es Grund zum Feiern: 10 Jahre Ambulantes und 5 Jahre Stationäres Hospiz. In diesem Jahr betrieben. „Manche nannten unsere völkerung muss es wohl gewollt haben. geht Pastor Langenbruch in den Öffentlichkeitsarbeit auch aggressiv“, Im Jubiläumsjahr schaut Maria Anker- Ruhestand, und Schwester Maria sagt Maria Ankermann rückblickend. mann zufrieden auf die Hospizarbeit Ankermann zieht sich aus der „Es gab ein monatliches Hospizforum zurück. Sie freut sich, dass das Hospiz Hospizarbeit zurück. mit Vorträgen im Mutterhaus. Wir ha- an der Lutter nun stadtnah beim Kran- ben mit der Göttinger Bevölkerung dis- kenhaus Neu-Mariahilf beheimatet ist. 2003 befindet sich das Mutter- kutiert und auch ganz klar gesagt, dass Den Blick fürs Ganze hat sie sich be- haus in der Krise – die finanzielle wir Geld brauchen.“ wahrt. Sie genießt den Weitblick über Situation ist prekär. Haus III geht ganz Göttingen vom Balkon im 12. mit Grund und Boden an das EKW. Pastor Langenbruch habe in diesen tur- Die Verwaltung des Vereins und Stockwerk ihres Appartements. Wenn bulenten Zeiten einmal zu ihr gesagt: seiner Angestellten sowie die Ver- sie nach rechts schaut, blickt sie in „Sei gelassen, Maria! Wenn die Öffent- fügung über sein Vermögen wird Richtung Humboldtallee, an der das lichkeit ein Hospiz will, machen wir das, dem EKW übertragen. Das EKW Hospiz jetzt beheimatet ist. und wenn sie nicht will, geht es auch verpflichtet sich, das Hospiz zu er- ohne uns, aber nicht so schön!“ Die Be- Eida Koheil halten. 2004 übernimmt Doris Werdel- mann, Pflegedirektorin im EKW, den Personalbereich. Sie und Otto Stollberg, im EKW für Finanzen zuständig, werden Geschäftsfüh- rer und übernehmen das opera- tive Geschäft. 2007 wird das Hospiz an der Lut- ter erstmals Spendenempfänger bei der Brocken Challenge – ei- nem Wohltätigkeitsmarathon. Bis heute wird das Hospiz in jedem Jahr mit einer großzügigen Spende bedacht. 2011 Das Mutterhaus Ariel und seine Schwestern werden zur Er- innerung. Im EKW hat die Aus- stellung Ausstellung „Bleiben wenn andere gehen“ über das Mutterhaus und Geschichte des Hospizes. ihren Platz gefunden. 2015 geht Otto Stollberg in den Ruhestand, Olaf Hußmann wird alleiniger Geschäftsführer. Maria Ankermann hat das Hospiz an der Lutter vor 30 Jahren mitbegründet. HospizStern März 2022 11
08-13_chronik.qxp_HospizStern 18.03.22 10:45 Seite 12 2016 werden erste Umbaupläne für Hospizräume im ehemaligen Krankenhaus Neu-Mariahilf er- Es gab Hürden, aber nie stellt.Am 7. Juli stirbt mit der Dia- konischen Schwester Elisabeth Beatrix Haan ist eine Hospizmitarbeiterin Hoyer die letzte Bewohnerin des Diakonissen-Mutterhauses Ariel. Bevor das Haus III des EKW abge- rissen wird, werden alle ca. 200 Mit der Idee von Pastor Paul Gerhardt arbeiten. Dazu kamen Praktika in Hos- Dokumente der Ausstellung über Langenbruch und Maria Ankermann pizen in München, England und Han- Hospiz und Mutterhaus in ein fing alles an. „Es war so modern, so toll, nover. Nach kurzer Zeit, im Frühjahr „Digitales Museum“ überführt. was die aus dem verstaubten Mutter- 1996, fragte der Seelsorger des Ween- 2018 wird der Vereinsname des haus gemacht haben, das war ja wirk- der Krankenhauses, Pastor Paul Ger- Hospizes wegen Auflösung des lich alt und miefig. Ich bin begeistert, hardt Langenbruch, ob sie die Hospiz- Mutterhauses im Vereinsregister dass so was Großartiges daraus ge- Leitung übernehmen würde. „Eine tolle als „Hospiz an der Lutter e.V.“ ein- wachsen ist.“ Beatrix Haan sagt dies Chance war das“, sagt Beatrix Haan. getragen. rückblickend. Sie ist zwar nicht betei- ligt gewesen an der Göttinger Hospiz- Der erste Patient kam Ende November erfolgt der Um- Idee, aber eine Hospizmitarbeiterin der am Eröffnungstag zug des Hospizes aus dem Haus ersten Stunde – und bis heute aktiv. „Wir haben das Stationäre Hospiz ganz III des EKW in Weende in das Krankenhaus Neu-Mariahilf an „Die beiden hatten eine Vision, sie ha- bewusst am 2. April 1997 eröffnet. Nie- die Humboldtallee 10. Die Betten- ben damit die anderen mitgezogen, die mand sollte diese neue Einrichtung als zahl erhöht sich von acht auf dann geholfen haben, diese Vision um- Aprilscherz auffassen“, erklärt sie. Der zehn Betten. zusetzen.“ 25 Jahre lang hat Beatrix erste Patient kam gleich am Eröff- 2018 Mit dem Hospiz zieht sym- Haan im Hospiz an der Lutter gearbei- nungstag. Ein Hausarzt aus Bovenden bolisch auch der Hospizgarten tet. Zunächst war sie ehrenamtliche hatte den Patienten überwiesen. Dass um. Am 13. November weiht Pas- Mitarbeiterin, bis sie 1996 den Aufbau es das Hospiz gab, hatte er in der Zei- tor Tiedemann den Garten in der des Stationären Hospizes begleitete tung gelesen. Der Patient ist schon in Humboldtallee mit einem Glas und bis 2004 die Leitung übernahm. der ersten Nacht gestorben. Dann war Wasser aus der Lutter in Weende eine Woche niemand da. ein. Auch einige Stauden und Ro- Eine tolle Chance war das Eine leise Infrastruktur, die sich nach sen wurden aus Weende mitge- und nach verdichtet, habe es da schon Angefangen hat alles mit einer An- nommen und umgepflanzt, sogar gegeben, und das Ehrenamt habe da- nonce in der Zeitung, die ihr Mann ent- der Pavillon zieht mit um. Ein mals schon viel Öffentlichkeitsarbeit deckt hatte. Das Hospiz suchte ehren- neuer „Garten Eden“ entsteht. geleistet. Ein Bildungsforum für die in- amtliche Hospizhelfer, die in einem Das Diakonissen-Mutterhaus Kursus ausgebildet werden sollten. teressierte Öffentlichkeit wurde einge- Ariel-Haus III des EKW wird abge- Beatrix Haan war im Jahr 1995 gerade richtet. „Die Zeitung fand das zunächst rissen. mit ihrem Mann von München nach merkwürdig“, erinnert sich Beatrix 2020 im Februar macht das Hos- Göttingen gezogen und suchte eine Haan. Doch schon bald hätten die Me- piz Schlagzeilen. Es bekommt Arbeit. Und sie interessierte sich für dien das Hospiz sehr unterstützt. eine großzügige anonyme Spen- die Hospizarbeit. In München hatte sie Es gab zu Anfang viele Vorurteile de: 100 Scheine á 50 Euro. als Leiterin einer Sozialstation bereits Die Covid-19-Pandemie legt das mit einem Hospiz zusammengearbei- Trotzdem habe es lange gedauert, bis öffentliche Leben lahm, auch für tet. Sie meldete sich für den Kursus an. sich das Hospiz in Göttingen etabliert das Hospiz; ab März müssen Ver- Dann ging alles sehr schnell: Beatrix hatte. „Es gab zu Anfang sehr viele Vor- anstaltungen wie Friedhofswan- Haan machte die Ausbildung zur Hos- urteile auch aus der Ärzteschaft“, sagt derung, Trauercafé, Letzte Hilfe pizhelferin und begann im Weender sie. „Viele Hürden also, aber nie Zweifel, Krankenhaus als Krankenschwester zu dass wir das schaffen.“ Ohne diese Pio- 12 HospizStern März 2022
08-13_chronik.qxp_HospizStern 18.03.22 10:45 Seite 13 Zweifel, dass wir’s schaffen Kurse entfallen. Infostände und Basare werden abgesagt. Grup- penabende und Seminare wer- den auf online-Formate umge- der ersten Stunde stellt. Die Betreuungen durch die Ehrenamtlichen werden durch die Kontakteinschränkungen schwierig. Im Stationären Hospiz nierphase hätte es das Hospiz nicht ge- macht große Qualität aus“, sagt Bea- geht die Patientenversorgung geben, ist sich Beatrix Haan sicher. trix Haan. Denn die Patienten und ihre trotz der Coronavorschriften gut Angehörigen seien ja auch sehr unter- weiter, auch Angehörige können Beatrix Haan war in all den Jahren zu Besuch kommen. schiedlich. Auf jeden individuell einge- wichtig, dass das Hospiz ein besonde- hen zu können, gehöre zum Konzept Im April übernimmt Elke Rei- res Qualitätsmerkmal für die Stadt ist. und sei ein großes Privileg. Die Hospiz- chardt den Vorsitz im Hospizver- „Die Bevölkerung muss wissen, wenn mitarbeiter können sich mit einem Per- ein von Beatrix Haan, die im Juni wir das wollen, müssen wir auch etwas sonalschlüssel von 1 zu 1,3 um die Pa- offiziell verabschiedet wird. Dank dafür tun“, betont sie. Sehr viel Unter- tienten kümmern. Diese medizinisch einer Spende des Ehepaars Petra stützung hat sie von dieser Seite er- sowie zwischenmenschlich gute Ver- Brauer-Gabels und Wolfgang Ga- fahren – von Ehrenamtlichen und sorgung sei für sie ein wesentlicher Be- bels steht seit Dezember die Spendern. Ebenso wichtig sind die Mit- weggrund für diese Arbeit gewesen. Bronzeskulptur „und meine Seele arbeiter. Möglichst unterschiedlich sol- spannte weit ihre Flügel aus…“ im len sie ihrer Ansicht nach sein. „Vielfalt Eida Koheil Raum der Stille. 2021 gibt Frau Schneider (88) nach 20 Jahren ihren legendären Büchertisch auf. Die Erlöse gingen all die Jahre ans Hospiz. Aufgrund der Pandemie war es nicht mehr möglich, die Bücher im Kranken- haus-Foyer im EKW anzubieten. Da alle Angebote in geschlosse- nen Räumen weiterhin unmög- lich sind, bieten Ehrenamtliche Gespräche unter freiem Himmel an, mit dem Trostpunkt am Bogen der Erinnerung auf dem alten Göttinger Stadtfriedhof als Aus- gangspunkt Am 17. Juni wird die Stiftung „Hos- piz an der Lutter“ errichtet Der Fund einer Weltkriegsbombe am Weender Tor hat im Oktober auch Auswirkungen auf das Hospiz an der Lutter. Das Haus muss am Donnerstag, 7. Oktober, für einen Tag evakuiert werden.2022 be- ginnt ein Jahr mit zwei Jubiläen: 30 Jahre Ambulantes Hospiz und 25 Jahre Stationäres Hospiz. Beatrix Haan engagiert sich seit 25 Jahren für das Hospiz an der Lutter. HospizStern März 2022 13
14_zur_person.qxp_HospizStern 18.03.22 10:48 Seite 14 Im Digitalen Museum abrufbar Für einen virtuellen Rundgang 200 Dokumente gesichert Peter Diepold hat sich viele Jahre lang So hat er rund 200 Dokumente in ein im Vorstand des Hospiz an der Lutter engagiert. Im Herbst 2017, als das Haus „Digitales Museum“ überführt. Auch wenn es die Räume nicht mehr gibt, Kindheits- III des EKW abgerissen werden sollte, kümmerte er sich auch um den Erhalt kann man in einem virtuellen Rund- gang einen Überblick bekommen und Erinnerungen der Historie. In zwei Räumen im zwei- sich die Dokumente zu den einzelnen ten Stock des Mutterhauses war von Bereichen ansehen. Die Ausstellungs- Yvonne Bangert ist ehrenamtli- 2011 an die Geschichte der Diakonissen bereiche wurden fotografiert. Mit ei- che Mitarbeiterin im Hospiz an sehr anschaulich zu erleben. Dort gab nem Klick auf jede der Beschreibungen, der Lutter. Sie hat sich für den Ju- es eine umfassende Ausstellung, die Fotos und Exponate werden diese nun biläums-Hospizstern mit der Ge- ein Stück Zeitgeschichte war. in voller Auflösung auf dem Bildschirm schichte des Hospizes beschäftigt gezeigt. und die Chronik zusammenge- Einige der Exponate sollten nach dem stellt. Die Göttingerin hat eine Zu finden ist das Digitale Museum auf Abriss in Vitrinen ins Haupthaus des ganz persönliche Verbindung www.hospiz-goettingen.de. EKW wandern. Peter Diepold wollte zum Weender Krankenhaus und aber alle Ausstellungsstücke sichern. Eida Koheil zum Diakonissen-Mutterhaus. „Es hat mir Spaß gemacht, mich mit dieser Historie zu befassen“ sagt Yvonne Bangert. „Mein Vater war in den sechziger und siebzi- ger Jahren Arzt im Evangelischen Krankenhaus Weende, und so kenne ich die Diakonissen noch aus Kindheitserinnerungen.“ Tante Ida (Ida Langer) und Tante Elsch (Elsbeth Werner) waren die Patentanten ihrer Brüder. „Und Theodor Zöckler, der in Stanislau das Mutterhaus Sarepta gegrün- det hat, ist ein Vorfahre meines Patenonkels Erasmus Zöckler. So ist dieser Rückblick für mich per- Auch die Historie des Hospizes ist im Digitalen Museum online abrufbar. sönlich sehr spannend.“ Peter Diepold (kleines Foto) war bis zum Jahr 2020 im Hospiz-Vorstand. 14 HospizStern März 2022
15_programm.qxp_HospizStern 18.03.22 10:54 Seite 15 Das neue Hospiz bekommt am Kranken- Der neue Garten an der Humboldt- haus Neu-Mariahilf einen Anbau allee: Einweihung mit Lutterwasser. Einweihung 1997: Gabriele Junge, Beatrix Haan und Maria Maria Ankermann. Der wunderschöne Garten hat das Hospiz an der Lutter in Weende geprägt. Nach dem Umzug wurde das alte Hospiz auf dem Gelände des Ween- der Kran- kenhauses Das Hospiz ist umgezogen. abgerissen Einweihung 2018: Regina Bauer (Foto und Manuela-Brandt-Durlach. Rampfel). Unser Programm* im Jubiläumsjahr zur Strecke und Anmeldung gibt es Chornetto: Benefizkonzert am Sams- kurzfristig auf unserer Homepage tag, 23. September, um 20 Uhr im Alten Festgottesdienst in der Göttinger St. www.hospiz-goettingen.de und tele- Rathaus Paulus-Kirche, Wilhelm-Weber-Straße fonisch unter 0551 / 50343804. Erzählcafé zum Welthospiztag am 15, am Samstag, 18. Juni, um 11 Uhr Swing mit Bernd Nawothnig: Benefiz- Samstag, 8. Oktober (Ort und Zeit ste- Hospizpilgern: Unter dem Motto konzert am Samstag, 25. Juni, um 20 hen noch nicht fest) „Hand in Hand – wir pilgern gemeinsam“ Uhr im Alten Rathaus laufen wir am Sonntag, 24. April, 29. Mai und 3. Juli, eine Strecke von jeweils Sommerfest im Hospizgarten am * Alle Veranstaltungen sind abhängig ca. 10 bis 15 Kilometern. Informationen Samstag, 10. September, um 15 Uhr von der aktuellen Corona-Lage. HospizStern März 2022 15
16-17_wurm.qxp_HospizStern 18.03.22 10:58 Seite 16 Ich bin froh, dass ich diese Arbeit mache Susanne Wurm und Heide Reinshagen unterstützen das Hospiz im Ehrenamt Mehr als 100 Ehrenamtliche unterstüt- war es die Erfahrung in ihrem Leben, Schwerstkranken. Mitunter begleiten zen das Hospiz an der Lutter. Ohne ihr die sie dazu bewogen hat, sich auch die Ehrenamtlichen die Kranken über unermüdliches Engagement wäre die anderen, fremden Menschen zuzu- mehrere Jahre. „Da sind auch Freund- Hospizarbeit in Göttingen gar nicht wenden, die am Ende ihres Lebens be- schaften entstanden“, aber die Reflek- möglich. Susanne Wurm ist eine Eh- gleitet werden möchten. tionsgespräche seien dennoch sehr renamtliche der ersten Stunde. Sie hat wichtig. sich gleich im zweiten Ehrenamtskurs Die Brocken Challenge von Hospizmitbegründerin Schwester ist das Highlight des Jahres Früh mit dem Tod Maria Ankermann ausbilden lassen. auseinandergesetzt Den Ausgleich schaffte sich die Duder- Mit viel Elan und Mut und wenig be- städterin dann auch bei der Unterstüt- Das betont auch Heide Reinshagen. Die triebswirtschaftlichem Wissen hätten zung anderer Projekte für das Hospiz Psychologin engagiert sich seit etwas sie damals angefangen, sagt Susanne an der Lutter: Basare und die Ehren- mehr als zehn Jahren ehrenamtlich für Wurm rückblickend. amtsmesse. Seit 2009 ist sie zudem das Hospiz an der Lutter. Ein Jahr nach- Wie viele Ehrenamtliche ist auch Su- bei jeder Brocken-Challenge dabei ge- dem sie in den Ruhestand gegangen sanne Wurm aus persönlichen Grün- wesen, um zu helfen. „Das ist für mich war, hatte sie sich für die Ehrenamtli- den mit der Hospizarbeit in Berührung immer das Highlight des Jahres.“ che Ausbildung entschieden. Ihre Mut- gekommen. Eine Freundin war an Im privaten Umfeld hatte Susanne ter war 2008 im Hospiz gestorben. Krebs erkrankt, Susanne Wurm hat sie Wurm auch einen guten Ausgleich. Ihr Diese Erfahrung hat sie dazu bewogen, bis zu ihrem Tod begleitet. „Damals wa- Mann ist Pastor und sie hat ihn bei der sich dort ehrenamtlich einzubringen, ren die Kinder noch klein, und die Si- Kindergottesdienstarbeit unterstützt. wo sie ihre Mutter gut aufgehoben tuation hat mich seelisch sehr bean- Doch auch die Supervision sei ein wich- wusste. sprucht“, erzählt sie. Aber trotzdem tiger Faktor bei der Begleitung von Mit dem Tod hat sich Heide Reinsha- gen schon früh auseinandergesetzt. Ein prägendes Erlebnis war der Tod des Ausbildung für Hospizbegleiter – Grund- und Aufbaukurs für Ehrenamtliche kleinen Sohnes eines Freundes. Zwei Regelmäßig bietet das Ambulante Hospiz Kurse für Ehrenamtliche an, um sie Jahre alt war der Junge, als er starb. auf diese besondere Aufgabe vorzubereiten. Eine Hospizbegleitung kann ganz Heide Reinshagen geht in solchen Si- unterschiedlich sein. Die Ehrenamtlichen begleiten die Gäste durch Gespräche, tuationen auf Menschen zu. „Ich gehe Vorlesen, Spazierengehen oder einfach „Dasein“. Ein anderes Mal entlasten hin und weine mit.“ sie die Angehörigen und übernehmen Betreuungszeiten oder bieten die Mög- Vertrauen ist Bereicherung lichkeit an, über alles zu reden oder sie unterstützen bei der Regelung von wichtigen Dingen. Die Hospizhelfer begleiten Menschen im häuslichen Umfeld „Mit steigendem Lebensalter ist die Le- der Erkrankten, in Alten- und Pflegeeinrichtungen, im Krankenhaus und im bensaufgabe genau die, sich mit dem Stationären Hospiz. Tod auseinanderzusetzen.“ Das passt Der Kurs umfasst 100 Stunden und wird in der Regel von September bis März mit der Hospizarbeit zusammen, findet durchgeführt. Heide Reinshagen. Für weitere Informationen und zur Vereinbarung eines persönlichen Vorge- Susanne Wurm sieht das ähnlich. Sie spräches wenden Sie sich an das Ambulante Hospiz, Telefon 0551 / 50343821, habe vieles gelernt zu diesem Thema, E-Mail: ambulantes-hospiz@hospiz-goettingen.de. und keine Hemmungen mehr, mit den Kranken und ihren Angehörigen zu 16 HospizStern März 2022
16-17_wurm.qxp_HospizStern 18.03.22 10:58 Seite 17 Susanne Wurm (links) und Heide Reinshagen sind vielfältig engagiert. Neben den Begleitungen, Mittags- diensten und Trauergesprächen ist auch die Brocken Challenge ein jähr- licher Termin, bei dem sie helfen. Am Ende wissen, wie es geht – Der Letzte Hilfe Kurs Das Lebensende und das Sterben machen uns als Mitmenschen oft hilflos. Obwohl die meisten Men- schen sich wünschen zu Hause zu sterben, stirbt der größte Teil der Bevölkerung in Krankenhäu- sern und Pflegeheimen. Das Hospiz an der Lutter bietet einen Basis-Kurs zur Letzten Hilfe an, in dem Bürgerinnen und Bür- ger lernen, was sie für ihre Mit- menschen am Ende des Lebens tun können. Wissen um Letzte Hilfe und Umsorgung von schwerkranken und sterbenden Menschen muss (wieder) zum Allgemeinwissen werden. sprechen. Manchmal ist sie immer Heide Reinshagen: An den Liedern hän- noch erstaunt, wie nah die Menschen gen so viele Erinnerungen. „Der Mond Der Kurs besteht aus vier Unter- sie an sich heranlassen. „Dieses große ist aufgegangen“ ist zum Beispiel ein richtseinheiten zu jeweils 45 Mi- Vertrauen erlebe ich als Bereicherung.“ Lied, das jeder kennt. Einmal hat eine nuten. Heide Reinshagen gibt ihr recht: Der demente Frau in der dritten Strophe 1. Sterben als ein Teil des Lebens Besuch muss guttun. Anfangs war sie schließlich mitgesungen. Das hat mich 2. Vorsorgen und entscheiden hilflos und dachte, „ich kann hier doch berührt. Vieles, was man kann, kann 3. Leiden lindern nicht einfach so sitzen und nichts tun. man hier einsetzen. 4. Abschied nehmen Heute singe ich dann einfach – häufig Susanne Wurm: Ich bin froh, dass ich Schlaflieder.“ diese Arbeit mache und gemacht habe. Anmeldung sind möglich unter Susanne Wurm: Ich beneide dich um Heide Reinshagen: Ich finde das auch. E-Mail: ambulantes-hospiz@ dein Singen. Ich kann das nicht mit Aber die Arbeit ist psychisch auch be- hospiz-goettingen.de oder meiner Stimme. Ich summe manchmal. lastend. Man muss sie dosieren. Telefon 0551 / 5034-3821. Oder erzähle ein Gedicht. Singen emp- Weitere Informationen: finde ich als tolle Möglichkeit, mit den www.letztehilfe.info. Menschen in Kontakt zu treten. Eida Koheil HospizStern März 2022 17
18_förderkreis.qxp_HospizStern 18.03.22 10:59 Seite 18 Gemeinsam gehen mit Ihrer Hilfe Der Förderkreis braucht Unterstützung Im Förderkreis engagieren sich Privat- Die besonders geschulte und einfühl- wurde, gab es Gelegenheit, sich bei den leute. Überwiegend haben diese einen same Pflege und Begleitung der Ster- Förderern für ihren Einsatz zu bedan- persönlichen Bezug zur Hospizarbeit. benden, ihrer Familien und ihres Um- ken. Oftmals haben uns Kulturschaf- Häufig haben sie persönlich erlebt, wie feldes im letzten Lebensabschnitt fende aus der Region bei dieser besinn- hilfreich und unverzichtbar die Versor- bedarf eines hohen Personalschlüssels, lichen Feier unterstützt. Diese Feier bot gung und Betreuung von Angehörigen besonders viel Zeit und Zuwendung, auch eine zwanglose Gelegenheit für oder Freunden im Göttinger Hospiz ge- Fachkompetenz und Diskretion. Das den Kontakt der Förderer untereinan- wesen ist. Viele Spender und Spende- Eingehen auf individuelle und einzig- der. Leider mussten bedingt durch die rinnen haben jemanden in den Tod be- artige Wünsche, Trost und Aufmerk- Coronapandemie die Adventsfeiern zu- gleitet und haben selbst Erfahrungen samkeit, Zuwendung und Schmerzbe- letzt zweimal ausfallen. mit dem Hospiz gesammelt. handlung kostet mehr Geld, als die Förderer und Fördererinnen kann das gesetzliche Kranken- und Pflegeversi- Hospiz nie genug haben. Wer die Hos- Im Förderkreis des Hospizes an der Lut- cherung aufbringt. pizidee und die Hospizbewegung ter haben sich mehr als 160 Mitglieder entschieden, für das Hospiz regelmä- An dieser Stelle sind all die Förderer nachhaltig unterstützen will, ist mit je- ßig zu spenden. und Fördererinnen gefragt, die die be- dem auch noch so kleinem Beitrag sonderen Leistungen des Hospizes zu herzlich in dieser Gemeinschaft will- Ein grundlegender Teil der Finanzie- schätzen wissen und regelmäßig und kommen. Bitte werden Sie Mitglied! rung der Hospizarbeit ist zwar durch verlässlich für das Bürgerprojekt Hos- Dr. phil. Dagmar Schlapeit-Beck die Pflegesätze der Kranken- und Pfle- piz Beträge spenden. Präsidentin des Förderkreises geversicherung abgedeckt. Aber das Besondere, das Einzigartige der Hos- In den vergangenen Jahren habe ich pizbetreuung wird finanziell nicht ab- als Präsidentin des Förderkreises eine gedeckt. So muss das Hospiz jährlich regelmäßige Adventsfeier für die Mit- etwa 300.000 Euro durch Spenden, glieder ausrichten können. Auf dieser Weitere Informationen und den Sponsoring oder Vermächtnisse ein- Adventsfeier, die ebenfalls durch Spen- Beitrittsantrag finden Sie auf werben. den und Ehrenamtliche getragen www.hospiz-goettingen.de/spenden 18 HospizStern März 2022
19-21_geschichten.qxp_HospizStern 18.03.22 11:01 Seite 19 Momente von besonderer Bedeutung Erika Falkenberg erinnert sich an ihre Begleitungen Rosi* Bei dem achten, meinem letzten Be- such, war sie sehr schwach und müde. Ich kühlte sanft ihre Stirn und auch die Als ich dann durch die Feldmark nach Hause radelte, durchfuhr mich ein un- geahntes Glücksgefühl: Meine erste Begegnung bei der Beglei- heißen Füße, setzte mich zu ihr an das tung von Rosi in ihrem Schlafzimmer: Bett und sang leise Abendlieder. Wie schön, dass Rosi nicht ganz allein Sie lag fest im Bett und war sehr viel war auf ihrem „Heimweg“, oder was „Heimgehen“ kam von ihr und ich be- allein, bekam Getränke angereicht, und löste diese Freude aus? stätigte: „Ja, heim gehen!“ – und sang ich erzählte etwas von mir, las kurze leise weiter Hand in Hand. Geschichten vor. So kamen wir in Gespräche, gruben Ihr Atem wurde immer leiser, bis er ganz versagte. Andächtige Stille … Lisa* schöne Erinnerungen aus und lachten Fenster öffnen. zusammen. Viele Male bin ich bei Lisa auf der Pfle- Leider kamen sehr früh die Pflegerin gestation und wir erzählen. „Darf ich wiederkommen?“ und die Ärztin, sodass die Stille nicht „Ja, gerne.“ lange währte. In Ruhe reiche ich das Abendessen an. * Namen geändert „Als ich dann durch die Feldmark nach Hause radelte, durchfuhr mich ein ungeahntes Glücksgefühl“, erzählt Erika Falkenberg. HospizStern März 2022 19
19-21_geschichten.qxp_HospizStern 18.03.22 11:01 Seite 20 Zwei Pflegerinnen kommen zum Bet- zeige Interesse an seinem Leben. Da ten und fragen, wer ich denn sei. „Ich bin die Freundin von Lisas Tochter.“ Da kommt ein zartes Stimmchen aus dem das vom ihm gefürchtete Mitleid von mir ausbleibt, kommen wir immer bes- ser in Gespräche. Herr Hartmut Bett: „Ja, meine auch!“ Später freuten wir uns über die Töne, Während des gemeinsamen Tee- richtet sich ein Stündchens schält er für mich eine die sie – mit den Händen auf der glatt Jedes Hospizzimmer hat eine Mandarine, die er selbst gar nicht es- gezogenen Bettdecke – durch das Zup- schöne Grundausstattung und ist sen darf. Das rührt mich heute noch. fen der Lamellen eines kleinen afrika- geräumig. Für Herrn Hartmut* nischen Musikinstruments (aus Kokos- Bei den letzten Besuchen freuten wir war dies nicht persönlich genug, nuss) erzeugen konnte. uns aufeinander! Später, auf der Pal- er wollte es nach seinem Ge- liativstation, wurde ich Zeuge, wie ein schmack und Bedarf einrichten. Nie vergessen werde ich den langen Mensch mit so hoher Würde sich dem Sein ehrenamtlicher Hospizbe- stummen Blick, der uns zwei Tage vor Tod beugte. gleiter Florian half ihm dabei. Sie ihrem Tod verband. hängten Bilder auf und Möbel War es ein tiefes Verstehen, Abschied? Danke für diese Begegnung! wurden von zu Hause geholt. Herrn Hartmuts ganzes Vergnü- Knut* Auch wenn dir dein Körper nicht gefällt, dir gen war sein Bose-Radio, das auf seiner Kommode stand. Herr Besuche bei Knut, damit seine Ehefrau Hartmut zeigte mir, wie leicht es mal beruhigt in die Stadt kann und er manchen Dienst versagt, zu bedienen war und wie gut es nicht allein im Wohnzimmer auf dem die Seele ist wie Gold im klang. Auch sein verändertes Zim- Stuhl sitzt und wartet. mer zeigte er mir. Das Bett stand Staub, das nicht aufhört schräg im Zimmer, darüber hing Unser Gespräch kommt nur schwach auf dem Wandsims ein leuchten- in Gang. Ich erzähle etwas von mir und zu leuchten. des Bild. Gegenüber in der Ecke (afrikanisch) am Fenster stand sein Tisch. Im- mer waren dort Blumen. Er saß Erika Falkenberg am Tisch, wenn ich ihm sein Mit- ist ehrenamtliche Mitarbeiterin tagessen brachte, freute und be- dankte er sich. Bis fast zuletzt ging er Zigaretten rauchen im Hospizgarten. Einmal rauchten wir gemeinsam, und er erzählte mir, dass er sich im Hospiz gebor- * Namen geändert gen fühle. Herr Hartmut und sein Zimmer werden mir in Erinne- rung bleiben. Anne Schmidt-Dahrendorf ist ehrenamtliche Mitarbeiterin 20 HospizStern März 2022
19-21_geschichten.qxp_HospizStern 18.03.22 11:02 Seite 21 Ein Pony im Hospizgarten Frauke Gleichmann möchte noch einmal Zeit mit einem Pferd verbringen Tierischer Besuch: Hospiz-Mitarbeite- Pferd zu verbringen. Sie war im vergan- Mimmi, wie die Kinder das Pony nen- rin Nadine Wissinger hat im Sommer genen Jahr Gast im Hospiz und sehr nen, war schon zum zweiten Mal zu ihr Pony mit ins Hospiz gebracht. glücklich über den Besuch. Pferde ha- Besuch im Hospiz an der Lutter – das Milchmaus heißt das kleine Shetland- ben immer eine wichtige Rolle in ihrem erste Mal vor einigen Jahren, als der pony, das gemeinsam mit Nadine Wis- Leben gespielt, erzählt sie. Und dieses Standort noch in Weende war. Auch singers Kindern Emil, Anna und Lotta kleine Pony ist ein wahrer Besuchsex- damals hatte sich ein Gast gewünscht, in den Hospizgarten gekommen ist. perte. Das 16-jährige Shetty lässt sich noch einmal ein Pferd zu sehen. Frauke Gleichmann hatte sich ge- mit Äpfeln füttern, ausgiebig strei- wünscht, noch einmal Zeit mit einem cheln und genießt die Aufmerksamkeit. Eida Koheil Namen geändert Frauke Gleichmann ist glücklich über den tierischen Besuch im Hospizgarten. HospizStern März 2022 21
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