Ifo Dresden berichtet 2/2015 - ifo Institut

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2/2015   www.ifo-dresden.de

ifo Dresden berichtet
             Kommentar
                      Alexander Eck, Sabine Gralka, Julia Heller und Joachim Ragnitz
                      VorwortzudieserAusgabe
                      Joachim Ragnitz
                      ForschungsförderunginOstdeutschland:EinKommentar

             Aktuelle Forschungsergebnisse
                      Alexander Eck, Sabine Gralka und Julia Heller
                      NeueHerausforderungenimHochschulbereichOstdeutschlands?!
                      EineBestandsaufnahmederdemographischenundrechtlichen
                      Rahmenbedingungen
                      Alexander Eck, Sabine Gralka und Julia Heller
                      ImmerwenigerStudierende?ImmerwenigerGeld?EineBestands-
                      aufnahmemonetärerundnichtmonetärerKennzahlenfürostdeutsche
                      Hochschulen
                      Alexander Eck, Sabine Gralka und Julia Heller
                      ZurEffizienzderHochschulenindenost-undwestdeutschen
                      Flächenländern
                      Tina Haußen und Silke Übelmesser
                      MobilitätvonHochschulabsolventeninDeutschland

             Im Blickpunkt
                      Alexander Eck, Sabine Gralka und Julia Heller
                      ProjektionderStudierendenzahlen:Ostdeutschlandwirdes
                      schwerhaben

             Daten und Prognosen
                      RegionalisierungdesifoKonjunkturtests
                      ArbeitsmarktentwicklunginSachsen
ifo Dresden berichtet                                             ISSN0945-5922

 22. Jahrgang(2015)
 Herausgeber:ifoInstitut– Leibniz-InstitutfürWirtschafts-
 forschunganderUniversitätMünchene. V.,
 NiederlassungDresden,Einsteinstraße3,01069Dresden,
 Telefon:0351 26476-0,Telefax:0351 26476-20
 E-Mail:dresden@ifo.de
 Internet:http://www.ifo-dresden.de
 Redaktion:JoachimRagnitz
 TechnischeLeitung:KatrinBehm
 Vertrieb:ifoInstitut,NiederlassungDresden
 Erscheinungsweise:zweimonatlich
 Bezugspreisjährlich:25,00€
 PreisdesEinzelheftes: 5,00€
 Preiseeinschl.Mehrwertsteuer,zzgl.Versandkosten
 TeilnehmeranregelmäßigenifoUmfragenerhalteneinenRabatt.
 GrafikDesign:© ifoInstitutMünchen
 SatzundDruck:c-macspublishingserviceDresden
 NachdruckundsonstigeVerbreitung(auchauszugsweise):
 NurmitQuellenangabeundgegenEinsendung
 einesBelegexemplares.
Inhalt   1

ifo Dresden berichtet 2/2015
Kommentar

Vorwort zu dieser Ausgabe                                                                                       3
Alexander Eck, Sabine Gralka, Julia Heller und Joachim Ragnitz

Forschungsförderung in Ostdeutschland: Ein Kommentar                                                            4
Joachim Ragnitz

Aktuelle Forschungsergebnisse

Neue Herausforderungen im Hochschulbereich Ostdeutschlands?! Eine Bestandsaufnahme der
demographischen und rechtlichen Rahmenbedingungen                                                               7
Alexander Eck, Sabine Gralka und Julia Heller

Die demographischen sowie die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Hochschulen haben sich in den
letzten Jahren stark verändert. Dies ist das Ergebnis einer Untersuchung des IFO INSTITUTS, Niederlassung
Dresden, zu den Rahmenbedingungen der Leistungserstellung ostdeutscher Hochschulen. Der Hoch-
schulbereich wird seit der Föderalismusreform 2006 dem alleinigen Zuständigkeitsbereich der Länder zu-
geordnet. Sie geben die Ausrichtung der Hochschulen vor und stellen Mittel zur Finanzierung bereit. Im
vorliegenden Beitrag wird untersucht, welchen Bedingungen die Länder bei der Hochschulfinanzierung
aus demographischer Sicht gegenüberstehen und inwiefern sich die rechtlichen Rahmenbedingungen
der Hochschulfinanzierung für die Hochschulen in den Ländern unterscheiden. Die Ergebnisse zeigen,
dass die ostdeutschen Flächenländer den Rückgang der Studienberechtigtenzahl seit dem Jahr 2008
durch die Attrahierung von Studienanfängern bis zum Jahr 2012 weitgehend haben kompensieren kön-
nen. Der Vergleich der rechtlichen Rahmenbedingungen zeigt, dass bundesweit ein zunehmender Wett-
bewerb zwischen und auch innerhalb von Hochschulen angestrebt wird. So werden die den Hochschulen
global zur Verfügung gestellten Mittel zunehmend leistungsorientiert an die Hochschulen vergeben.

Immer weniger Studierende? Immer weniger Geld? Eine Bestandsaufnahme monetärer und
nichtmonetärer Kennzahlen für ostdeutsche Hochschulen                                                          17
Alexander Eck, Sabine Gralka und Julia Heller

Die ostdeutschen Hochschulen können die veränderten demographischen Rahmenbedingungen durch
Wanderungsgewinne annähernd kompensieren – die Zahl der Studierenden bleibt, ebenso wie die Lau-
fenden Ausgaben je Studierenden, etwa konstant. Gleichzeitig sinken jedoch die vom Land zugewiesenen
Mittel. Die Bedeutung der Drittmitteleinnahmen an den Hochschulen steigt folglich an. Zu diesen Ergeb-
nissen kommt das IFO INSTITUT, Niederlassung Dresden, in einer Auswertung monetärer und nichtmonetä-
rer Kennzahlen für die ostdeutschen Hochschulen. Der vorliegende Beitrag gibt einen Überblick über die
Struktur und Entwicklung des Hochschulbereichs in Ostdeutschland. Dies geschieht vor dem Hinter-
grund veränderter demographischer und rechtlicher Rahmenbedingungen, welche die Aufgabenerfüllung
im Bereich der Lehre und Forschung jedoch nicht einschränken dürfen.

Zur Effizienz der Hochschulen in den ost- und westdeutschen Flächenländern                                     33
Alexander Eck, Sabine Gralka und Julia Heller

Die Effizienz der Hochschulen in den Flächenländern Ost und West liegt im Durchschnitt auf annähernd
gleichem Niveau. Innerhalb der ostdeutschen Flächenländer sind auf Länderebene zwischen den Univer-
sitäten jedoch erhebliche Effizienzunterschiede festzustellen. Zu diesen Ergebnissen kommt das IFO INSTI-
TUT, Niederlassung Dresden, in einer Effizienzanalyse für deutsche Universitäten und Fachhochschulen.
Zur Bestimmung der Effizienz werden zwei Ansätze, die Data Envelopment Analysis (DEA) sowie die

                                                ifo Dresden berichtet 2/2015
2   Inhalt

    Stochastic Frontier Analysis (SFA), herangezogen. Der Beitrag gibt einen Einblick in die Methode und
    Anwendung der Effizienzanalyse und zeigt im Anschluss die Ergebnisse der Untersuchung für beide
    betrachteten Hochschultypen (Universitäten und Fachhochschulen) auf.

    Mobilität von Hochschulabsolventen in Deutschland                                                         42
    Tina Haußen und Silke Übelmesser

    Der demographische Wandel wird viele Bundesländer in Zukunft vor große wirtschaftspolitische Heraus-
    forderungen stellen, da die Abnahme der Erwerbsbevölkerung die wirtschaftliche Dynamik bremst. Dem
    Versuch, den Fachkräftebedarf durch verstärkte Ausbildung zu decken, sind wegen der hohen Mobilität
    junger Arbeitskräfte jedoch Grenzen gesetzt, denn Hochschulabsolventen sind gerade für ihre ersten Be-
    schäftigungsverhältnisse über Bundeslandgrenzen hinweg sehr mobil. Dies schwächt für einige Bundes-
    länder die demographisch bedingten Auswirkungen ab, während es sie für andere verstärkt. Im Rahmen
    dieses Beitrags soll das Wanderungsverhalten von Hochschulabsolventen analysiert werden. Ein beson-
    deres Augenmerk liegt dabei auf den Wanderungsdefiziten bzw. -überschüssen während der ersten fünf
    Jahre nach Studienabschluss. Dies ermöglicht wirtschaftspolitische Schlussfolgerungen im Hinblick auf
    die Bereitstellung und Finanzierung von Hochschulbildung

    Im Blickpunkt

    Projektion der Studierendenzahlen: Ostdeutschland wird es schwer haben                                    51
    Alexander Eck, Sabine Gralka und Julia Heller

    Den ostdeutschen Flächenländern wird es in ihrer Gesamtheit zukünftig möglicherweise nicht mehr ge-
    lingen, die Effekte des demographischen Wandels durch Wanderungsgewinne zu kompensieren. Dies
    ist das Ergebnis verschiedener Projektionen zur zukünftigen Entwicklung der Studierendenzahl, die das
    IFO INSTITUT, Niederlassung Dresden, auf Basis der Bildungsvorausberechnung 2012 und der Studien-
    anfängerprognose der KULTUSMINISTERKONFERENZ berechnet hat. In diesem Blickpunkt wird zunächst die
    Entwicklung der Studienanfängerzahlen in den ostdeutschen Flächenländern im Vergleich zu den
    Flächenländern West dargestellt. Auf Basis dieser Zahlen wird für diese Regionen die Zahl der Studie-
    renden bis zum Jahr 2025 berechnet. Die Projektion ist für die Flächenländer West in den Szenarien eher
    optimistischer als für die einzelnen ostdeutschen Flächenländer.

    Daten und Prognosen

    Starkes erstes Quartal 2015 der ostdeutschen Wirtschaft: ifo Geschäftsklima im März 2015                  56
    Robert Lehmann

    Uneinheitliche Entwicklungen auf dem sächsischen Arbeitsmarkt                                             59
    Michael Weber

    Aus der ifo Werkstatt

    ifo Veranstaltungen                                                                                       62

    ifo Vorträge                                                                                              62

    ifo Veröffentlichungen                                                                                    64

    ifo intern                                                                                                65

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Kommentar             3

Vorwort zu dieser Ausgabe
Alexander Eck, Sabine Gralka, Julia Heller und Joachim Ragnitz*

Hochschulen haben eine große Bedeutung für die Attrak-           einem dritten Beitrag eine Übersicht über die Effizienz im
tivität und Entwicklung einer Region. Für die Länder, in         Mitteleinsatz der ostdeutschen Universitäten und Fach-
deren Verantwortungsbereich Hochschulsteuerung und               hochschulen. Die empirischen Befunde zeigen, dass die
Hochschulfinanzierung liegen, bestehen daher große An-           Effizienz der Hochschulen in den Ländergruppen Flä-
reize, ein reichhaltiges Hochschulangebot bereitzustellen.       chenländer Ost und West im Durchschnitt auf gleichem
Hierdurch sollen Fachkräftenachschub für die Region,             Niveau liegt. Es sind jedoch erhebliche Effizienzunter-
Ausgründungen, Forschung und Entwicklung sowie Wei-              schiede zwischen den Universitäten der ostdeutschen
terbildungsangebote gesichert werden. Da die Hochschul-          Flächenländer feststellbar. In einem weiteren Artikel wird
finanzierung jedoch einen erheblichen Teil der Länder-           untersucht, inwieweit die Ausbildungsleistung der Hoch-
haushalte ausmacht, muss gleichzeitig kontrolliert werden,       schulen einer Region tatsächlich der dortigen Wirtschaft
wie die Hochschulen mit den vereinnahmten Mitteln um-            zugutekommt. Tatsächlich zeigt sich, dass die Mobilität
gehen. Vor diesem Hintergrund hat der LANDESRECHNUNGS-           von Studienabsolventen vergleichsweise hoch ist, so-
HOF MECKLENBURG-VORPOMMERN das IFO INSTITUT, Nieder-             dass einige Bundesländer deutlich mehr Studenten aus-
lassung Dresden im Rahmen eines Prüfauftrags [vgl. LRH           bilden als fünf Jahre nach Abschluss dort beschäftigt sind.
M-V (2014)] mit der Erstellung eines Gutachtens beauf-           Abschließend wird im Blickpunkt kurz wiedergegeben,
tragt, in dem die Finanzierung und die Leistungen der            wie sich die Studierendenzahlen in den ostdeutschen
Hochschulen in Mecklenburg-Vorpommern untersucht                 Flächenländern gemäß verschiedener Schätzungen zu-
werden sollten [ECK et al. (2015)].                              künftig entwickeln könnten. Die Zahl der Studierenden
     Ausgesuchte Inhalte aus dem Gutachten sollen in             wird dabei bis zum Jahr 2025 in den Projektionsrechnun-
dieser Themenausgabe von ifo Dresden berichtet einem             gen in allen ostdeutschen Flächenländern stabil oder
breiten Publikum zugänglich gemacht werden.1 Dafür               leicht rückläufig sein. Politik und die Hochschulen müs-
wurde zugunsten einer übersichtlichen Ergebnisdarstel-           sen daher weiterhin Anstrengungen unternehmen, die
lung eine Beschränkung auf den Ländervergleich vorge-            Attraktivität des eigenen Hochschulstandorts zu erhalten.
nommen, mithin auf eine Darstellung auf Ebene einzelner
Hochschulen verzichtet, und der Berichtskreis auf alle
öffentlichen Hochschulen Ostdeutschlands ausgeweitet.            Literatur
     Zunächst werden in einem ersten Beitrag die Rah-
menbedingungen der Leistungserstellung und Finanzie-             ECK, A.; GRALKA, S.; HELLER, J.; NAGL, W. und J. RAGNITZ
rung von Hochschulen in Ostdeutschland dargestellt.                (2015): Hochschulfinanzierung in Mecklenburg-Vorpom-
Dies umfasst einerseits die demographischen Entwick-               mern, Gutachten im Auftrag des Landesrechnungs-
lungen in den ostdeutschen Flächenländern ebenso wie               hofs Mecklenburg-Vorpommern, ifo Dresden Studien 75,
das Wanderungsverhalten von Studienanfängern, ande-                München/Dresden.
rerseits die rechtlichen Rahmenbedingungen der Hoch-             LRH M-V – LANDESRECHNUNGSHOF MECKLENBURG-VORPOM-
schulfinanzierung, beispielsweise die Ausgestaltung der            MERN (Hrsg.) (2014): Sonderbericht über die Prüfung
Mittelzuweisungen an die Hochschulen. In einem weite-              der Hochschulfinanzierung, 18. 12. 2014, Schwerin.
ren Beitrag werden die Einnahmen und Ausgaben der
Hochschulen auf Länderebene dargestellt und mit dem
Durchschnitt der westdeutschen Flächenländer vergli-
chen. Während die Laufenden Ausgaben der Hochschu-                 * Prof. Joachim Ragnitz ist stellvertretender Geschäftsführer; Alexander
len im Ländervergleich in den vergangenen Jahren einen               Eck und Julia Heller sind Doktoranden der Niederlassung Dresden des
                                                                     ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität
annähernd konstanten Verlauf aufweisen, zeigt sich bei               München e. V., Sabine Gralka ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der
der Betrachtung der Einnahmen eine zunehmend größer                  Fakultät Wirtschaftswissenschaften, Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik und
                                                                     Wirtschaftsforschung der Technischen Universität Dresden.
werdende Bedeutung der zusätzlich zur Grundfinan-                  1 Einzelne Textpassagen können sich dabei mit denen im Gutachten [ECK

zierung eingenommenen Drittmittel. Hiernach erfolgt in               et al. (2015)] decken.

                                                 ifo Dresden berichtet 2/2015
4   Kommentar

    Forschungsförderung in Ostdeutschland:
    Ein Kommentar
    Joachim Ragnitz*

    Zu Recht gilt die Erhöhung der Innovationstätigkeit in                            es nicht darauf ankommt, wo technologische Erfolge er-
    Ostdeutschland inzwischen als wichtigstes politisches                             zielt werden, sondern nur darauf, dass sie überhaupt
    Handlungsfeld des Aufbau Ost: Zum einen kann unter                                realisiert werden. Die von der Bundesregierung in Über-
    den Bedingungen globalen Wettbewerbs ein hohes Ein-                               einstimmung mit entsprechenden EU-Vorgaben in den
    kommens- und Beschäftigungsniveau auf Dauer nur durch                             letzten Jahren propagierte „Hightech-Strategie“ konzen-
    fortgesetzte Stärkung der technologischen Leistungs-                              triert sich daher nur folgerichtig auf Zentren wissenschaft-
    fähigkeit, also durch Produkt- oder Prozessinnovationen                           licher Exzellenz in bestimmten Themenfeldern unabhän-
    erreicht werden, und zum anderen ist ein Nachholbedarf                            gig von deren Standort. Im Rahmen dieser Strategie sind
    bei den „klassischen“ Handlungsfeldern der Wirtschafts-                           allerdings auch Sonderprogramme für die neuen Länder
    förderung (Ausbau der Infrastruktur, Sachkapitalförde-                            aufgelegt worden [insbesondere die Initiativen „Zentren
    rung) inzwischen kaum mehr festzustellen. Forschung und                           für Innovationskompetenz“ (2002–2017), „Spitzenfor-
    Innovation sind hingegen bis heute eher schwach ausge-                            schung und Innovation in den Neuen Ländern“ (2009–
    prägt (vgl. Tab. 1): Die Aufwendungen für Forschung und                           2014) und „Zwanzig20: Partnerschaft für Innovation“
    Entwicklung (FuE) liegen in Relation zum Bruttoinlands-                           (2013–2020)]. Die im Rahmen dieser Programme geför-
    produkt zwischen knapp 3 % in Sachsen und weniger als                             derten thematischen Forschungscluster zeigen recht deut-
    1,5 % in Sachsen-Anhalt, während in den forschungs-                               lich, dass es auch in Ostdeutschland Spitzenforschungs-
    stärksten Bundesländern Westdeutschlands deutlich über                            einrichtungen gibt – aber auch, dass sich diese auf
    3 % des Bruttoinlandsprodukts in FuE investiert werden.                           einige wenige (Hochschul-)Standorte konzentrieren und
    Dies resultiert dann wiederum auch in einer niedrigen                             daher nicht unbedingt in der Breite der neuen Länder
    Zahl an Patentanmeldungen als wichtigstem outputseiti-                            wirken.
    gen Innovationsindikator. Jüngste Erhebungen des ZEW                                  Ohnehin weist eine auf Exzellenz ausgerichtete For-
    (2015) zeigen überdies, dass der mit neuen Produkten                              schungsförderung eine Reihe von Problemen auf: Zum
    erzielte Umsatzanteil bei den Industrieunternehmen in                             einen sind die Aktivitäten der Spitzenforschung primär im
    Ostdeutschland mit 12,1% deutlich niedriger ist als in                            Bereich der Grundlagenforschung angesiedelt und damit
    Westdeutschland (19,6 %).                                                         in den seltensten Fällen unmittelbar auch wirtschaftlich
        Vergleichsweise gut positionieren sich die ostdeut-                           nutzbar. Gerade die lokale Wirtschaft profitiert hiervon
    schen Länder zwar bei den FuE-Aktivitäten im Hoch-                                zudem nur wenig: Soweit es zu Kooperationen „mit der
    schulsektor und bei der staatlich finanzierten Forschung;                         Wirtschaft“ kommt, sind eher international orientierte
    unter den Flächenländern belegen ostdeutsche Länder                               Großkonzerne die hierfür geeigneten Partner, weil nur
    hier die Spitzenplätze. Bei der FuE in der Wirtschaft hin-                        diese die personellen und finanziellen Kapazitäten auf-
    gegen liegen sie (mit Ausnahme Sachsens) weit hinten.                             weisen, Ergebnisse der Grundlagenforschung in die markt-
    Die Gründe hierfür sind bereits häufig benannt worden:                            fähige Produkte zu transformieren. Und zum anderen ge-
    Ein eher schwach ausgeprägter industrieller Sektor (als                           neriert gerade diese „High-End“-Forschung in hohem
    wesentlicher Träger von FuE), die Dominanz von reinen                             Maße ein Expertenwissen, das durch hohe Exklusivität
    Produktionsstätten ohne eigene FuE-Abteilungen und                                gekennzeichnet ist und deswegen nur in eingeschränk-
    schließlich die kleinteilige Wirtschaftsstruktur (Forschung                       tem Maße externe Effekte für Dritte generieren kann.
    findet in Deutschland vor allem in Großunternehmen                                Vielmehr erwerben die jeweiligen Akteure durch ihre For-
    statt).                                                                           schung einen Wissensvorsprung, der durch Außenstehen-
        Sieht man Forschung und Innovation vor allem unter                            de nur noch schwer aufgeholt werden kann. Die hieraus
    technologiepolitischem Aspekt, so muss die Konzentra-                             resultierenden „Skalenerträge“ wissenschaftlicher For-
    tion von FuE-Aktivitäten auf Länder wie Bayern, Baden-                            schung sind nach den Erkenntnissen der „New Econo-
    Württemberg oder Hessen nicht weiter bekümmern, da                                mic Geography“ ein wesentlicher Grund dafür, dass es
                                                                                      entgegen den Vorhersagen der neoklassischen Wirt-
                                                                                      schaftstheorie eben nicht zur Konvergenz von Regionen
     * Prof. Joachim Ragnitz ist stellvertretender Geschäftsführer der Nieder-
       lassung Dresden des ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung
                                                                                      kommt, sondern eher zu einer Polarisierung. Dies gilt
       an der Universität München e. V.                                               insbesondere dann, wenn, wie in vielen Regionen der

                                                                      ifo Dresden berichtet 2/2015
Kommentar         5

Tabelle 1: Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung 2012 am Bruttoinlandsprodukt (BIP) (in %)

           Bundesland                     Staat                Hochschulen            Wirtschaft            Insgesamt

 Baden-Württemberg                         0,40                      0,56                 4,18                  5,14

 Bayern                                    0,34                      0,44                 2,45                  3,23

 Berlin                                    1,29                      0,90                 1,40                  3,60

 Brandenburg                               0,77                      0,37                 0,57                  1,70

 Bremen                                    0,94                      0,76                 1,02                  2,71

 Hamburg                                   0,48                      0,53                 1,31                  2,32

 Hessen                                    0,22                      0,47                 2,46                  3,15

 Mecklenburg-Vorpommern                    0,73                      0,68                 0,70                  2,10

 Niedersachsen                             0,38                      0,52                 1,99                  2,89

 Nordrhein-Westfalen                       0,33                      0,50                 1,25                  2,08

 Rheinland-Pfalz                           0,17                      0,43                 1,48                  2,07

 Saarland                                  0,43                      0,49                 0,56                  1,48

 Sachsen                                   0,81                      0,80                 1,30                  2,91

 Sachsen-Anhalt                            0,50                      0,49                 0,44                  1,43

 Schleswig-Holstein                        0,38                      0,39                 0,71                  1,49

 Thüringen                                 0,55                      0,66                 1,06                  2,27

 Deutschland                               0,41                      0,51                 1,96                  2,88
Quelle: Statistisches Bundesamt (2014).

neuen Länder, die Voraussetzungen für erfolgreiche Grund-         aus regionalökonomischer Sicht bedeutsam und daher
lagenforschung nicht gegeben sind; hier fehlt es nicht            ein wesentlicher Bestandteil regionalwirtschaftlicher Ent-
nur an geeigneten Institutionen, sondern oftmals auch an          wicklungsstrategien.
den benötigten Fachkräften. Eine Politik, die auf die För-             Eigene FuE-Aktivitäten sind ein möglicher Bestandteil
derung von Spitzenforschung setzt, kann insoweit die              entsprechender Strategien; genauso wichtig kann aber –
Ziele einer regionalen Ausgleichspolitik konterkarieren.          aus unternehmerischer Perspektive – auch die Übernah-
    Aus regionalökonomischer Sicht geht es daher auch             me und ggf. Adaption anderswo bereits existierender
nicht so sehr darum, wissenschaftliche Spitzenleistun-            Neuerungen sein. Die genannte ZEW-Untersuchung zeigt,
gen zu erbringen, sondern vielmehr darum, die regionale           dass nur rund die Hälfte der Innovationsaufwendungen
Wirtschaftskraft durch Innovationen in den Unternehmen            in Deutschland auf FuE-Ausgaben entfällt (Ostdeutsch-
zu stärken. Dabei kann es zwar auch um die Überfüh-               land: 47 %/Westdeutschland: 58 %). Eine innovations-
rung neuer technologischer Erkenntnisse in Produkte und           orientierte Regionalpolitik darf sich daher nicht allein auf
Verfahren gehen, häufiger aber ist der Fall, dass beste-          die Unterstützung von FuE beschränken, sondern sollte
hende Produktlinien durch inkrementelle Veränderungen             auch alternative Innovationswege (z. B. durch Koopera-
besser an sich wandelnde Bedürfnisse der Nachfrager               tion oder Technologietransfer) sowie die Umsetzung von
angepasst oder durch Effizienzsteigerungen in den Pro-            Innovationen in marktgängige Produkte einbeziehen. Dies
duktionsprozessen Kostenersparnisse realisiert werden.            ist in Deutschland bislang nur ansatzweise gelungen
Es geht also primär darum, für die ansässigen Unter-              (z. B. durch Programme zur Unterstützung von Koopera-
nehmen Marktanteile zu gewinnen oder Produktivitäts-              tionen sowie durch Innovationsförderprogramme für
steigerungen durchzusetzen. Innovationen auf der unter-           Kleinstunternehmen ohne eigene FuE-Potenziale). Die in
nehmerischen Ebene stehen daher häufig nicht an der               diesem Zusammenhang immer wieder diskutierte breit
Spitze der technologischen Entwicklung, sind gleichwohl           angelegte steuerliche Innovationsförderung konnte in

                                                  ifo Dresden berichtet 2/2015
6   Kommentar

    Deutschland hingegen bislang nicht umgesetzt werden                 regionale Innovationssysteme sind zudem gemeinhin
    [vgl. z. B. RAUCH et al. (2013)].                                   durch eine enge Kooperation von Unternehmen und
        Regionalpolitisch motivierte Innovationsförderprogram-          Wissenschaftseinrichtungen geprägt, wofür in einer gan-
    me sind typischerweise bei den Wirtschaftsministerien               zen Reihe von Regionen Ostdeutschlands (und auch
    von Bund und Ländern angesiedelt und damit dem „Ex-                 Westdeutschlands) die geeigneten Partner fehlen. Und
    zellenzgebot“ entzogen. Wichtigstes Förderprogramm auf              schließlich muss man auch sehen, dass in einer altern-
    Bundesebene ist dabei das „Zentrale Innovationspro-                 den Gesellschaft die Innovationsbereitschaft und -fähig-
    gramm Mittelstand“, das zwar grundsätzlich allen mittel-            keit sinken kann, weil ältere Arbeitnehmer im Regelfall
    ständischen Unternehmen offensteht und insoweit keine               keinen so leichten Zugang zu neuem technologischen
    regionalpolitische Komponente aufweist, in Ostdeutsch-              Wissen haben bzw. in überkommenen Routinen verhar-
    land jedoch leicht höhere Fördersätze erlaubt als in                ren. Eine innovationsorientierte Regionalpolitik muss in-
    Westdeutschland. Darüber hinaus gibt es in der Pro-                 soweit auch Aspekte wie (Weiter-) Bildung und Siche-
    grammfamilie „Unternehmen Region“ des BMBF eine                     rung des Arbeitskräftepotenzials durch Zuwanderung in
    Reihe von Sonderprogrammen für die neuen Länder, die                den Blick nehmen.
    vor allem auf eine verstärkte Kooperation zwischen                      Alles in allem muss man feststellen: Eine Politik, die auf
    Forschungseinrichtungen und Unternehmen abzielen                    Forschung und Innovation setzt und hierbei insbesonde-
    und insoweit den Technologietransfer unterstützen sollen.           re auch die Bedürfnisse des Unternehmenssektors ver-
    Insgesamt ist die Förderung dabei grundsätzlich tech-               stärkt einbezieht, scheint am ehesten geeignet, dem Auf-
    nologieoffen angelegt, was positiv zu bewerten ist, weil            bau Ost nochmals neuen Schwung zu geben und die auf
    auch in typischerweise nicht forschungsintensiven Sek-              aggregiertem Niveau festzustellenden Wirtschaftskraft-
    toren durchaus Innovationspotenziale bestehen. Darüber              unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschland zu
    hinaus weisen auch die Länder eine Reihe ähnlich ge-                verringern. Eine Strategie, die allein (oder auch nur über-
    lagerter Programme auf.                                             wiegend) auf wissenschaftliche Spitzenleistungen setzt,
        Die Förderung von Forschung und Innovation ge-                  wird dies hingegen vermutlich nicht leisten können und
    schieht vor allem über finanzielle Hilfen. Tatsächlich gibt es      sollte daher nicht im Mittelpunkt einer künftigen Strategie
    gute Gründe hierfür, weil private Kreditgeber häufig das            des „Aufbau Ost“ stehen.
    erhöhte Risiko einer Innovationsfinanzierung scheuen.
    Die Förderung läuft allerdings dann ins Leere, wenn die
    grundlegenden Voraussetzungen für Innovationen nicht                Literatur
    in ausreichendem Maße vorhanden sind. So gibt es in-
    folge der Abwanderung gerade jüngerer Menschen in                   RAUCH, C.; KLOOS, J.; KROHMER, O.; OCHSNER, C., RAGNITZ,
    weiten Teilen Ostdeutschlands inzwischen einen Mangel                 J. und M. SCHULTE (2013): Ausgestaltung eines neuen
    an ausreichend qualifizierten Fachkräften, die sich in den            EFRE-Förderinstruments Innovationszulage, ifo Dresden
    Innovationsprozess einbringen können; dies gilt insbe-                Studien 69, ifo Institut, München/Dresden.
    sondere für eher peripher gelegene ländliche Regionen.              ZEW – ZENTRUM FÜR EUROPÄISCHE WIRTSCHAFTSFORSCHUNG
    In kleinen Unternehmen lohnt es sich häufig auch nicht,               (Hrsg.) (2015): Indikatorenbericht zur Innovationserhe-
    eine eigene FuE-Abteilung zu unterhalten. Erfolgreiche                bung 2014, Mannheim.

                                                        ifo Dresden berichtet 2/2015
Aktuelle Forschungsergebnisse                         7

Neue Herausforderungen im Hochschulbereich
Ostdeutschlands?! Eine Bestandsaufnahme
der demographischen und rechtlichen Rahmen-
bedingungen
Alexander Eck, Sabine Gralka und Julia Heller*

Einleitung                                                      bewerbsdenkens im Hochschulbereich. Neben der Kon-
                                                                kurrenz um Studierende führen größer werdende Spar-
Die Hochschulen sind in der Erbringung ihrer Leistungen         zwänge und der damit verbundene Stellenabbau zu
von Umweltvariablen beeinflusst, die außerhalb ihres Ein-       einer erhöhten Konkurrenz der Hochschulen um Finan-
flussbereichs liegen. Zwei Faktoren, die die Leistungen         zierungsmittel. Daher wird im zweiten Teil dieses Beitrags
der Hochschulen beeinflussen, werden im vorliegenden            dargestellt, wie sich die Rahmenbedingungen der Hoch-
Artikel genauer betrachtet. Zum einen ist die demo-             schulfinanzierung über die Zeit verändert haben.
graphische Entwicklung ein wesentlicher Bestimmungs-                Die Landespolitik stellt den Hochschulen durch flexi-
faktor für die Auslastung der Hochschulkapazitäten,             ble Finanzierungskonzepte eine größere Autonomie und
zum anderen sind die rechtlichen Rahmenbedingungen              ein Instrument zur Attrahierung von Studierenden zur
der Hochschulfinanzierung entscheidend, wenn es um              Verfügung. Allerdings müssen die Länder im Rahmen der
Optionen und Instrumente bei der Gestaltung des Hoch-           Hochschulsteuerung Anreize für die Hochschulen set-
schulangebots geht.                                             zen, die vom Land verfolgten Ziele anzustreben. Aus die-
    Die ostdeutschen Flächenländer sind geprägt von Be-         sem Grund kommen innerhalb der Hochschulsteuerung
völkerungsrückgang und -alterung. In den Jahren 1992            vermehrt leistungsorientierte Instrumente zum Einsatz,
bis 2012 schrumpfte die Bevölkerungszahl um knapp               welche das Ziel verfolgen, Effizienz-, Leistungs- und
13 %. Auch der Anteil junger Menschen sank. Waren im            Qualitätsgewinne zwischen (und in) den Hochschulen zu
Jahr 1992 noch rund 22 % der Bevölkerung jünger als             erzielen. Beispiele für solche Instrumente sind die Ein-
18 Jahre und rund 38 % jünger als 30 Jahre, lag der ent-        führung von Globalhaushalten sowie Ziel- und Leistungs-
sprechende Wert für die Unter-18-Jährigen im Jahr 2012          vereinbarungen. Auch aus diesem Grund ist daher in
nur noch bei knapp 14 %, für die Unter-30-Jährigen bei          jüngerer Vergangenheit eine zunehmend politische For-
gut 26 % [STATISTISCHES BUNDESAMT (2015)]. Können die           cierung auf einen gesteigerten Wettbewerb zwischen
Kapazitäten an den Hochschulen nicht durch Studie-              den Hochschulen zu beobachten.
rende aus anderen Bundesländern oder dem Ausland                    Die aus diesem Beitrag gewonnenen Erkenntnisse
ausgelastet werden, sind die staatlichen Hochschulen            dienen in den folgenden Artikeln dieser Ausgabe von ifo
bei gegebener Studierneigung unmittelbar vom demo-              Dresden berichtet als Grundlage für eine Beurteilung
graphischen Wandel betroffen.                                   hinsichtlich der Finanzausstattung ostdeutscher Hoch-
    Um für das Land ausreichend Fachkräfte auszubilden          schulen sowie einer Analyse der Effizienz deutscher
und Ausgründungen sowie Forschung und Entwicklung               Hochschulen.
zu unterstützen, ist es jedoch notwendig, dass genügend
junge Menschen sich für ein Studium an den jeweiligen
Hochschulen im Land entscheiden. Dieser Beitrag soll            Demographische Rahmenbedingungen der
daher zunächst die Frage beantworten, wie sich die              Leistungserstellung
demographischen Rahmenbedingungen für die Hoch-
schulen Ostdeutschlands im Zeitverlauf verändert haben.         Die demographische Entwicklung ist eine wichtige Deter-
Der Fokus der Analyse liegt hierbei auf den Schulabsol-         minante der Nachfrage nach Studienplätzen. Aus diesem
venten mit entsprechender Hochschulzugangsberechti-             Grund werden in diesem Abschnitt demographische
gung, dem Übergang von der Schule an die Hochschulen            Kennziffern ausgewertet, die einen Einfluss auf die Zahl
ebenso wie auf den Wanderungsbewegungen, die unter
den Studienanfängern zwischen den Bundesländern zu                * Alexander Eck und Julia Heller sind Doktoranden der Niederlassung
beobachten sind.                                                    Dresden des ifo Institut – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der
                                                                    Universität München e. V., Sabine Gralka ist wissenschaftliche Mitarbei-
    Darüber hinaus stellen sich den Hochschulen neue                terin an der Fakultät Wirtschaftswissenschaften, Lehrstuhl für Wirtschafts-
Herausforderungen hinsichtlich eines gesteigerten Wett-             politik und Wirtschaftsforschung der Technischen Universität Dresden.

                                                ifo Dresden berichtet 2/2015
8   Aktuelle Forschungsergebnisse

    der Studierenden an den Hochschulen Ostdeutschlands                                              rungsrückgang von rund 6 % bis 10 %. Die westdeut-
    haben. Diese Kennziffern umfassen den Besatz be-                                                 schen Flächenländer hingegen verzeichneten relativ zum
    stimmter Kohorten, die Neigung von Schulabsolventen,                                             Jahr 2001 bis zum Jahr 2010 keine Bevölkerungsverluste
    nach dem Schulabschluss ein Hochschulstudium auf-                                                und wiesen im Jahr 2012 noch immer rund 99 % der Ein-
    zunehmen, sowie deren Bereitschaft, dafür in ein ande-                                           wohnerzahl des Jahres 2001 auf.
    res (Bundes)Land zu migrieren. Die Größe der relevanten                                              Bemerkenswert ist die Veränderung der Bevölkerungs-
    Kohorten wirkt unmittelbar auf die Zahl der Studien-                                             zusammensetzung in den einzelnen Regionen. Wird die
    berechtigten. Letztere bestimmt, wie groß das Studieren-                                         Kohorte der 18- bis 21-Jährigen betrachtet, die eine we-
    denpotenzial ist. Aus dem Studierendenpotenzial und                                              sentliche Determinante für die Zahl der Studienanfänger
    der Studienneigung, welche anhand von Übergangsquo-                                              in einer Region ist, so zeigt sich in allen ostdeutschen
    ten abgebildet wird, ergibt sich die Studienanfängerzahl                                         Flächenländern etwa ab dem Jahr 2008 ein erheblicher
    in Deutschland insgesamt sowie die Herkunft aller Stu-                                           Einbruch (vgl. Abb. 1, rechts). Lag beispielsweise der
    dienanfänger in Deutschland. Die räumliche Verteilung                                            Anteil der 18- bis 21-Jährigen an der Gesamtbevölke-
    bei der Aufnahme eines Studiums durch die Studien-                                               rung in Mecklenburg-Vorpommern im Jahr 2007 noch
    anfänger wird abschließend durch eine Betrachtung der                                            bei rund 5,8 %, betrug er nur fünf Jahre später, im Jahr
    Wanderungssalden der Studienanfänger in den einzelnen                                            2012, mit 2,7 % nicht einmal mehr die Hälfte. Die Ur-
    Bundesländern untersucht.                                                                        sache liegt im Geburteneinbruch in Ostdeutschland un-
        In den ostdeutschen Flächenländern ist die Einwoh-                                           mittelbar nach der Wiedervereinigung begründet, der
    nerzahl im Zeitraum der Jahre 2001 bis 2012 erheblich                                            sich in der relevanten Kohorte etwa ab dem Jahr 2008
    zurückgegangen (vgl. Abb. 1, links). In Sachsen-Anhalt                                           bemerkbar macht. Eine solche Entwicklung ist in West-
    beispielsweise lebten im Jahr 2012 rund 2,3 Mill. Ein-                                           deutschland nicht zu beobachten. Der Anteil der 18- bis
    wohner – über 12 % weniger als noch im Jahr 2001.                                                21-Jährigen an der Gesamtbevölkerung war in den Flä-
    Auch in den übrigen ostdeutschen Flächenländern kam                                              chenländern West im Betrachtungszeitraum mit 4,8 % im
    es im selben Zeitraum zu einem deutlichen Bevölke-                                               Jahr 2009 sogar am höchsten.

    Abbildung 1: Entwicklung der Bevölkerungsgröße (2001=100, links) und des Anteils 18- bis 21-Jähriger an
    der Gesamtbevölkerung (rechts) in den ostdeutschen Flächenländern und den Flächenländern West

       105                                                                                          7%

                                                                                                    6%
       100
                                                                                                    5%

         95                                                                                         4%

                                                                                                    3%
         90
                                                                                                    2%
         85
                                                                                                    1%

         80                                                                                         0%
              2001
                     2002
                            2003
                                   2004
                                           2005
                                                  2006
                                                         2007
                                                                2008
                                                                       2009
                                                                              2010
                                                                                      2011
                                                                                             2012

                                                                                                         2001

                                                                                                                2002
                                                                                                                        2003
                                                                                                                               2004
                                                                                                                                      2005
                                                                                                                                             2006
                                                                                                                                                    2007
                                                                                                                                                           2008
                                                                                                                                                                  2009
                                                                                                                                                                         2010
                                                                                                                                                                                2011
                                                                                                                                                                                       2012

                                          Brandenburg                                                                  Sachsen-Anhalt
                                          Mecklenburg-Vorpommern                                                       Thüringen
                                          Sachsen                                                                      Flächenländer West

    Quellen: Statistisches Bundesamt (2015), Berechnungen und Darstellung des ifo Instituts.

                                                                                     ifo Dresden berichtet 2/2015
Aktuelle Forschungsergebnisse           9

Beide Entwicklungen, der Bevölkerungsrückgang und                      Anteil aller Schülerinnen und Schüler beschreiben, die in
der Geburteneinbruch nach der Wiedervereinigung, re-                   dem jeweiligen Jahr eine Studienzugangsberechtigung
duzieren die Zahl der Studienberechtigten in Ostdeutsch-               für eine Hochschule oder Fachhochschule erworben ha-
land erheblich (vgl. Abb. 2). Bei der Zahl der Studien-                ben und später ein Studium aufnehmen. Die Anwendung
berechtigten (also der Zahl der Schulabsolventen des                   der Übergangsquoten auf die Zahl der Studienberechtig-
entsprechenden Jahres) mit allgemeiner und fachgebun-                  ten bestimmt, wie viele Studienanfänger tatsächlich aus
dener Hochschulreife sowie mit Fachhochschulreife zeigt                einem Land kommen. Desweiteren können diese Stu-
sich ein deutlicher Rückgang in allen ostdeutschen                     dienanfänger das Studium auch in einem anderen Land
Flächenländern etwa ab dem Jahr 2008. Bis zu diesem                    aufnehmen.
Zeitpunkt war die Zahl der Studienberechtigten in den                      In Abbildung 3 sind die Übergangsquoten der jeweili-
ostdeutschen Flächenländern mit wenigen Ausnahmen                      gen Entlassjahrgänge dargestellt. Werden die Übergangs-
(doppelte Abiturjahrgänge in Sachsen-Anhalt 2007 und                   quoten mit der Zahl der Schulabsolventen multipliziert,
Mecklenburg-Vorpommern 2008 sowie die Einführung                       ergibt sich direkt die Zahl der Studienanfänger aus einem
des 13. Schuljahres in Sachsen-Anhalt 2001) weit-                      Bundesland. Die amtliche Statistik erfasst dabei auch all
gehend konstant. In den Flächenländern West gab es                     jene, die sich erst einige Jahre nach dem Schulabschluss
hingegen einen stetigen Anstieg der Studienberechtig-                  zu einem Hochschulstudium entschließen. Die Über-
tenzahl seit dem Jahr 2001, welcher in den Jahren 2011                 gangsquoten in Abbildung 3 lassen daher nicht direkt
und 2012 durch doppelte Abiturjahrgänge in Bayern,                     Rückschlüsse auf die Studierendenzahl eines Jahres,
Niedersachsen und Baden-Württemberg noch verstärkt                     sondern lediglich auf die Studienneigung bestimmter
wurde.                                                                 Kohorten zu. Aufgrund der Aggregation der Übergangs-
    Die Zahl der Studienanfänger in einem Land ist je-                 quoten für bis zu vier Jahre reicht die Zeitreihe lediglich
doch neben der Zahl der Studienberechtigten noch von                   bis zum Jahr 2008. Hier kommt zum Tragen, dass ein
weiteren Determinanten abhängig. Hier sind beispiels-                  signifikanter Anteil der Schülerinnen und Schüler erst mit
weise die Übergangsquoten zu nennen, welche den                        einer gewissen Verzögerung ein Studium aufnimmt.

Abbildung 2: Studienberechtigte in den ostdeutschen Flächenländern und den Flächenländern West
(2002=100)

     180

     160

     140

     120

     100

       80

       60

       40

       20

        0
        2001       2002       2003       2004       2005      2006         2007       2008   2009     2010      2011     2012

                                     Brandenburg                                        Mecklenburg-Vorpommern
                                     Sachsen                                            Sachsen-Anhalt
                                     Thüringen                                          Flächenländer West

Quellen: Statistisches Bundesamt (2014), Berechnungen und Darstellung des ifo Instituts.

                                                       ifo Dresden berichtet 2/2015
10   Aktuelle Forschungsergebnisse

     Auffällig ist, dass die Übergangsquoten mit Ausnahme                   vergleichsweise moderate Verluste und im Jahr 2005
     des Jahres 2001 zwischen den Flächenländern West,                      netto Wanderungsgewinne. Seit dem Jahr 2010 ver-
     Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und                    zeichnen die ostdeutschen Flächenländer insgesamt und
     Thüringen nur vergleichsweise gering, meist in einem                   mit Ausnahme Brandenburgs auch einzeln deutliche
     Band von zwei bis drei Prozentpunkten, streuen. Von                    Wanderungsgewinne, wohingegen der Wanderungssaldo
     den Studienberechtigten entscheiden sich rund 70 %,                    der Flächenländer West sich deutlich verschlechtert hat.
     ein Studium aufzunehmen. Die Übergangsquoten in Bran-                  Verließen im Jahr 2008 netto noch knapp 3.000 Studien-
     denburg liegen im gesamten Zeitraum deutlich unter de-                 anfänger die Flächenländer West, erhöhte sich diese
     nen der sonstigen Vergleichsregionen. Von den Studien-                 Zahl im Jahr 2011 auf 16.500. In den Flächenländern Ost
     berechtigten in Brandenburg nehmen nur rund 62 % bis                   verbesserte sich der Wanderungssaldo im selben Zeit-
     65 % ein Studium auf. Aus der Betrachtung der Über-                    raum von gut –4.500 auf rund +7.500. Damit kann gefol-
     gangsquoten kann aufgrund der Begrenzung der Daten                     gert werden, dass durch innerdeutsche Wanderung der
     auf den Zeitraum bis zum Jahr 2008 keine Auskunft über                 Geburteneinbruch tatsächlich zumindest teilweise in den
     eine gegebenenfalls veränderte Studienneigung der ge-                  ostdeutschen Flächenländern kompensiert werden kann.
     burtsschwachen Kohorten seit dem Jahr 1990 gegeben                     Lediglich Brandenburg verzeichnete im gesamten Be-
     werden.                                                                trachtungszeitraum netto Wanderungsverluste.
         In Abbildung 4 ist schließlich der innerdeutsche Wan-                  Die demographischen Rahmenbedingungen deuten
     derungssaldo der Studienanfänger dargestellt. Es ist da-               daher an, dass sich die Ausgangslage in den ostdeut-
     bei deutlich eine Veränderung der Wanderungsströme                     schen Flächenländern zwar verändert hat, dies jedoch
     seit dem Jahr 2008 zu erkennen. Die ostdeutschen Flä-                  nicht unbedingt Auswirkungen auf die Hochschulen ha-
     chenländer haben insgesamt und mit Ausnahme Sach-                      ben muss. Diese werden anhand einer Betrachtung der
     sens auch einzeln bis zum Jahr 2008 netto Studien-                     Studienanfängerzahlen, Studierendenzahlen und der Her-
     anfänger an andere Länder verloren. Die Flächenländer                  kunft der Studierenden im folgenden Beitrag genauer
     West verzeichneten im selben Zeitraum überwiegend                      untersucht [vgl. ECK et al. (2015)].

     Abbildung 3: Übergangsquoten in den ostdeutschen Flächenländern und den Flächenländern West

        76

        74

        72

        70

        68

        66

        64

        62

        60
         2001              2002              2003             2004               2005            2006        2007          2008

                                       Brandenburg                                         Mecklenburg-Vorpommern
                                       Sachsen                                             Sachsen-Anhalt
                                       Thüringen                                           Flächenländer West

     Quellen: Statistisches Bundesamt (2014), Berechnungen und Darstellung des ifo Instituts.

                                                            ifo Dresden berichtet 2/2015
Aktuelle Forschungsergebnisse          11

Abbildung 4: Innerdeutscher Wanderungssaldo der Studienanfänger in den ostdeutschen Flächenländern
und den Flächenländern West

   10.000

     5.000

          0

    –5.000

  –10.000

  –15.000

  –20.000
        2001         2002       2003      2004       2005      2006        2007       2008   2009    2010      2011     2012

                                     Brandenburg                                      Mecklenburg-Vorpommern
                                     Sachsen                                          Sachsen-Anhalt
                                     Thüringen                                        Flächenländer West
                                     Flächenländer Ost

Quellen: Statistisches Bundesamt (2014), Berechnungen und Darstellung des ifo Instituts.

Rechtliche Rahmenbedingungen der                                       Im Folgenden werden die eingeführten leistungsorientier-
Hochschulfinanzierung                                                  ten Finanzierungs- und Steuerungselemente im Länder-
                                                                       vergleich dargestellt. Der besondere Fokus liegt dabei
Mit der Föderalismusreform 2006 wurde die Weisungs-                    auf der Einführung von Globalhaushalten sowie der leis-
kompetenz für den Hochschulbereich den Ländern zu-                     tungsorientierten Mittelvergabe durch Formelzuweisun-
geordnet und damit auch in Bezug auf die Finanzierung                  gen und Zielvereinbarungen.
deutlich geregelt. So wurde im Zuge der Reform einer-
seits die Abschaffung der Rahmengesetzgebungskom-
petenz des Bundes beschlossen, wodurch die Hoch-                       Einführung von Globalhaushalten
schulen dem alleinigen Aufgabenbereich der Länder
zugeordnet werden. Dazu zählen neben der Steuerung                     Es gehört zu den Aufgaben der Länder, die Finanzierung
und Organisation der Hochschulen auch deren Finanzie-                  der Hochschulen zu sichern, wobei die Art der Mittel-
rung und damit die Sicherstellung des Grundbedarfs für                 vergabe auf Landesebene in den jeweiligen Gesetzes-
Lehre und Forschung. Anderseits besteht für den Bund                   vorschriften festgelegt ist. In den vergangenen Jahren
durch die Änderung des Art. 91b GG die Möglichkeit,                    zeigte sich bei der Vergabe der Finanzierungsmittel mit
durch leistungsorientierte Kooperationsprojekte zusam-                 der Einführung von Globalhaushalten (vgl. Tab. 1) ein suk-
men mit den Landesregierungen einen Einfluss auf die                   zessives Umdenken von einem ausgabenorientierten hin
Hochschulsteuerung zu nehmen. Hierzu zählen u. a. die                  zu einem ergebnisorientierten Wirtschaften. Ausgehend
Exzellenzinitiative, der Hochschulpakt 2020 sowie der                  von einer kontrollierten Zuteilung der finanziellen Mittel
Qualitätspakt Lehre. Somit tragen nicht nur die Länder,                mit einer staatlichen Detailsteuerung werden den Hoch-
sondern auch der Bund zu einer erhöhten Wettbewerbs-                   schulen durch die Einführung der Globalhaushalte nun
mentalität unter den Hochschulen bei, um möglichst                     mehr Spielräume überlassen, damit sie die ihnen oblie-
große Anreize für neue und innovative Ideen zu geben.                  genden Zielvorgaben effizienter und effektiv erfüllen kön-

                                                       ifo Dresden berichtet 2/2015
12   Aktuelle Forschungsergebnisse

     nen [vgl. KAMM und KREMPKOW (2010)]. Mit der Einfüh-                     renz bei der Aufgabenerfüllung erreicht werden können
     rung verfolgen die Landesparlamente einerseits das Ziel,                 [vgl. KAMM und KREMPKOW (2010)].
     den Hochschulen neue Freiheiten hinsichtlich der Auftei-                     Das INSTITUT FÜR HOCHSCHULFORSCHUNG (HoF) verweist
     lung der Landesmittel nach Bewirtschaftungsbereichen                     auf erste Modellversuche in einem Großteil der Bundes-
     zu gewährleisten. Andererseits können die Hochschulen                    länder bereits in den 1990er Jahren [vgl. PASTERNACK
     geplante Haushaltsmittel in das nächste Haushaltsjahr                    (2011)]. In den meisten Fällen wurden die Globalhaushal-
     übertragen, wodurch ihnen eine verbesserte Planungs-                     te zunächst an einzelnen Hochschulen als Feldversuch
     sicherheit gewährt wird. Den Hochschulen wird somit                      eingeführt, wobei sich die konkrete Ausgestaltung in Be-
     eine höhere Finanzautonomie zugesprochen, welche mit                     zug auf die einbezogenen Titel und die Übertragbarkeit
     der Notwendigkeit einhergeht, durch geeignete Steue-                     der Gelder unterschied. Tabelle 1 zeigt einen Überblick
     rungsmechanismen die interne Mittelaufteilung derart zu                  über die zeitliche Entwicklung bei der Einführung der
     gestalten, dass Ressourcen effizient und mit einer hohen                 Globalhaushalte der deutschen Hochschulen im Länder-
     Wirtschaftlichkeit eingesetzt werden können [vgl. IHF                    vergleich. Zu erkennen ist, dass seit dem Jahr 2008 eine
     (2010), CHE (2001)]. Eventuelle Einsparpotenziale sollen                 Mittelvergabe durch Globalhaushalte in fast allen Bun-
     besser identifiziert und eine höhere Qualität und Transpa-               desländern weitgehend eingeführt ist.

     Tabelle 1: Einführung der Globalhaushalte in den Bundesländern
                    Land                     seit     2000      2001       2002       2003    2004     2005     2006   2007   ab 2008

      Ostdeutschland

      Berlin                                1997

      Brandenburg

      Mecklenburg-Vorpommern                k. A.     k. A.

      Sachsen

      Sachsen-Anhalt

      Thüringen

      Westdeutschland

      Baden-Württemberg                     1998

      Bayern

      Hansestadt Bremen                     1994

      Hansestadt Hamburg                    1996

      Hessen                                1993

      Niedersachsen                         1995

      Nordrhein-Westfalen                   1992

      Rheinland-Pfalz                       k. A.     k. A.

      Saarland                              k. A.

      Schleswig-Holstein                    1995

            Keine Globalhaushalte        Einführungsphase/Modellversuche             Weitgehend eingeführt

     Quellen: Pasternack (2011), Landtag Brandenburg (2009), Wissenschaftsrat (2014), Darstellung des ifo Instituts.

                                                              ifo Dresden berichtet 2/2015
Aktuelle Forschungsergebnisse             13

In Sachsen starteten das SÄCHSISCHE MINISTERIUM FÜR               lichst hohe kennzahlengestützte Bemessung der staat-
WISSENSCHAFT UND KUNST und die TECHNISCHE UNIVERSITÄT             lichen Zuschüsse wird bspw. in Brandenburg (bis zu
DRESDEN im Jahr 2000 mit einem Modellversuch „Ergeb-              100 %) verfolgt. Dabei werden zumeist auch Kennzahlen
nisorientierte Selbststeuerung“. In einer Evaluation vom          herangezogen, die nicht im engeren Sinne leistungs-
CENTRUM FÜR HOCHSCHULFORSCHUNG (CHE) wurde der                    orientiert sind (z. B. die Zahl der Professoren). In anderen
Modellversuch im Jahr 2007 als insgesamt erfolgreich              Ländern bildet die formelgebundene Mittelvergabe ledig-
bewertet und eine Übernahme in den „zeitlich unbe-                lich einen vergleichsweise geringen Anteil an der gesam-
grenzten Dauerbetrieb“ empfohlen [vgl. CHE (2007)]. Mit           ten Mittelausstattung und tritt als zusätzliche Kompo-
der Änderung des Sächsischen Hochschulgesetzes im                 nente zur Hochschulsteuerung auf.
Dezember 2008 erfolgte anschließend die Einführung                    Ein weiteres an die leistungsorientierte Mittelverga-
einer staatlichen Mittelvergabe in Form von Globalhaus-           be gekoppeltes Instrument zur Hochschulsteuerung und
halten. Das zur Verfügung gestellte Budget umfasst da-            -finanzierung bilden Ziel- und Leistungsvereinbarungen.
bei die drei Säulen des Grund-, Leistungs- und Investi-           Hierbei werden zwischen Staat und Hochschule Ziele
tionsbudgets (vgl. SächsHSFG § 11 Abs. 7).                        vereinbart, für deren Erfüllung sowohl finanzielle als auch
                                                                  nicht-monetäre Anreize und Unterstützungen geschaffen
                                                                  werden [vgl. IN DER SMITTEN und JÄGER (2012)]. Im Gegen-
Leistungsorientierte Mittelvergabe durch                          satz zur formelgebundenen Mittelvergabe werden bei
Formelzuweisungen und Zielvereinbarungen                          den Ziel- und Leistungsvereinbarungen die Regelungen
                                                                  zumeist nicht einseitig vom Ministerium festgelegt, son-
Im Zuge der Einführung der Globalhaushalte erfuhr die             dern in Verhandlungen gemeinsam zwischen Mittelemp-
Festlegung der Höhe der zugewiesenen Finanzmittel für             fänger und -geber getroffen. Die Zielverfolgung ist dann
die Hochschulen ebenfalls eine Neugestaltung. Alternativ          Aufgabe der Hochschulen, die Zielerreichung wird zu
zur traditionellen Mittelverteilung durch Fortschreibung          einem festgelegten späteren Zeitpunkt überprüft. Somit
des Haushalts mit einer sehr detaillierten Titelstrukturie-       wird das Informationsdefizit der Länder hinsichtlich der
rung ist nun zunehmend eine Entwicklung von Modellen              effektiven Aufgabenerfüllung der Hochschulen verringert
für eine leistungsorientierte Mittelvergabe zu beobachten         [vgl. IHF (2010)].
[vgl. HÜTHER (2012)]. Dabei wird die Höhe eines Teils                 Durch diesen direkten Zusammenhang zwischen der
der vom Staat zugewiesenen Mittel nicht mehr anhand               Aufgabenerfüllung und der Finanzmittelausstattung wird
der historisch gewachsenen Haushaltsstruktur bestimmt,            eine neue Form der Bewertung und Honorierung der im
sondern mit Hilfe neuer Steuerungsinstrumente output-             Hochschulsystem erbrachten Leistungen geschaffen und
orientiert ermittelt. Die Steuerungsinstrumente umfassen          somit das Leistungsprinzip verstärkt [vgl. KAMM und
den Gebrauch einer formelgebundenen (auch: indikator-             KREMPKOW (2010)]. Gleichzeitig werden die Hochschulen
gestützten) Mittelvergabe und/oder Ziel- und Leistungs-           in die Lage versetzt, über Mittelverschiebungen und Um-
vereinbarungen mit den Hochschulen.                               schichtungen die Plangrößen auch tatsächlich zu errei-
    Bei der formelgebundenen Mittelvergabe erfolgt die            chen [vgl. HÜTHER (2012)]. Es ist nicht mehr von zentraler
Ressourcenvergabe nach einem indikatorgestützten Bud-             Bedeutung, welche Maßnahmen ergriffen werden, um
getierungsverfahren, bei dem die Zuweisung von Mitteln            die Ziele zu erreichen, sondern nur, ob die Ziele schließ-
an die erbrachten Leistungen geknüpft ist [vgl. IHF (2010)].      lich erreicht werden. Weiterhin ist eine Berücksichtigung
Dabei werden zunehmend Verfahren eingesetzt, bei de-              zukünftiger Vorhaben umsetzbar, welche bei der vergan-
nen die Allokation finanzieller Ressourcen automatisiert          genheitsorientierten formelgebundenen Mittelvergabe nicht
anhand der durch Kennzahlen (z. B. Studierenden- und              möglich ist [vgl. HIS (2005)]. Hinsichtlich der Ausgestal-
Absolventenzahlen, Drittmittelvolumen) abgebildeten Leis-         tungsmöglichkeiten erstrecken sich die Ziel- und Leis-
tungen in Lehre und Forschung erfolgt [vgl. JÄGER (2008)].        tungsvereinbarungen ähnlich wie die Kriterien bei der for-
Auf diese Weise sollen für die Adressaten der Mittel-             melgebundenen Mittelvergabe über ein breites Spektrum.
zuweisung Leistungsanreize gesetzt sowie die Trans-               Zu den Unterschieden bei den vereinbarten Inhalten tre-
parenz und Prognostizierbarkeit der Mittelverteilung ver-         ten bzgl. des staatlichen Steuerungseinflusses ebenfalls
bessert werden. Die Ziele der Länder spiegeln sich in den         Unterschiede in den Angaben zur grundsätzlichen Über-
ausgewählten Indikatoren und deren Gewichtungen wider.            prüfbarkeit der Zielerreichung, zur Vorgabe eines kon-
    Der Einsatz der formelgebundenen Mittelvergabe wird           kreten Zeitraumes für die Zielerreichung, zu eventuellen
mittlerweile flächendeckend in allen Bundesländern ver-           Regelungen zum Berichtswesen sowie möglicher Kon-
folgt (vgl. Tab. 2). Die Höhe der nach einer Formel verge-        sequenzen bei einer Nichterfüllung der vereinbarten Ziele
benen Haushaltsmittel unterscheidet sich zwischen den             auf. Letztere können ebenfalls finanzielle Auswirkungen
Ländern jedoch deutlich [vgl. JÄGER (2008)]. Eine mög-            beinhalten [vgl. IN DER SMITTEN und JÄGER (2012)].

                                                  ifo Dresden berichtet 2/2015
14   Aktuelle Forschungsergebnisse

     Tabelle 2: Regelungen der Landeshochschulgesetze zur leistungsorientierten Mittelvergabe
                              Formelgebundene
                                                                              Ziel- und Leistungsvereinbarungen (ZLV)
                                Mittelvergabe
                                                                                Konse-        Orientierung d.
                                           Anteil am Ge- Verein-
                                                                               quenzen         Finanzierung
           Land          Einführung         samtbudget barung                                                          Berichterstattung
                                                                                 nach             an der
                                           im Jahr 2011 von ZLV
                                                                               Prüfung        Zielerreichung
      Baden-                                                                                                          Regelmäßig und
                             1999                15 %              Ja           Implizita              Ja
      Württemberg                                                                                                     auf Anforderung
                                                                                                                      Auf Anforderung
      Bayern                 1999                60 %              Ja               Ja                 –
                                                                                                                      (ohne ZLV-Bezug)
                                                                                                                      Regelmäßig
      Berlin                 2002                30 %               –                –                 –
                                                                                                                      (ohne ZLV-Bezug)
                                                                                                                      Regelmäßig und
      Branden-
                             2004               100 %              Ja               Ja                 –              auf Anforderung
      burg
                                                                                                                      (ohne ZLV-Bezug)
      Hansestadt                                                                                                      Regelmäßig und
                             2003                10 %              Ja               Ja                 –
      Bremen                                                                                                          auf Anforderung
      Hansestadt                                                                                                      Regelmäßig und
                             2002                60 %              Ja               Ja                 Ja
      Hamburg                                                                                                         auf Anforderung
                                            Nicht eindeut.
      Hessen                 2003                                  Ja                –                 –              Regelmäßig
                                            ermittelbar
                                                                                                                      Regelmäßig und
      Mecklenburg-
                             2001                10 %              Ja          Implizita,b             Ja             auf Anforderung
      Vorpommern
                                                                                                                      (ohne ZLV Bezug)
      Nieder-                                                                                                         Regelmäßig und
                             2000                10 %              Ja                –                 –
      sachsen                                                                                                         auf Anforderung
                                                                                                                      Regelmäßig und
      Nordrhein-
                             1993                23 %              Ja               Ja                 Ja             auf Anforderung
      Westfalen
                                                                                                                      (ohne ZLV-Bezug)
      Rheinland-                            Nicht eindeut.                                                            Auf Anforderung
                             1991                                  Ja                –                 –
      Pfalz                                 ermittelbar                                                               (ohne ZLV-Bezug)
      Saarland                                                                                                        Regelmäßig und
                             2011             ca. 5 %              Ja               Ja                 Ja
      (Uni)                                                                                                           auf Anforderung
      Saarland                                                                                                        Regelmäßig und
                                              ca. 5 %              Ja                –                 –
      (FH)                                                                                                            auf Anforderung
                                                                                                                      Regelmäßig und
      Sachsen                2002               1,4 %              Ja               Ja                 Ja
                                                                                                                      auf Anforderung
                          2000–2002
      Sachsen-                                                                                                        Regelmäßig und
                           u. wieder             15 %              Ja           Implizita              Ja
      Anhalt                                                                                                          auf Anforderung
                           ab 2011
      Schleswig-                                                                                                      Regelmäßig und
                             2005                  5%              Ja               Ja                 –
      Holstein                                                                                                        auf Anforderung
                                            Nicht eindeut.                                                            Regelmäßig und
      Thüringen              2004                                  Ja               Ja                 Ja
                                            ermittelbar                                                               auf Anforderung

      a) Implizite Konsequenzen nach der Überprüfung der Zielerreichung ergeben sich aus der Tatsache, dass die Finanzierung an den Grad
      der Zielerreichung gekoppelt ist. – b) In Mecklenburg-Vorpommern hat eine mangelnde Zielerreichung noch nicht zu einer absinkenden
      Finanzierung geführt.

     Quellen: HoF (2014), In der Smitten und Jäger (2012), König et al. (2012), Hochschulgesetze der Länder; Darstellung des ifo Instituts.

                                                              ifo Dresden berichtet 2/2015
Aktuelle Forschungsergebnisse          15

In Tabelle 2 ist zu erkennen, dass mit Ausnahme von             den ostdeutschen Flächenländern genauer untersucht,
Berlin der Großteil der Bundesländer Zielvereinbarungen         inwiefern die veränderten demographischen Rahmen-
in den entsprechenden Gesetzestexten vorsieht. Die un-          bedingungen am Ende des Betrachtungszeitraums Aus-
terschiedlichen Inhalte bzgl. der Zielvereinbarungen er-        wirkungen auf die Hochschulen Ostdeutschlands hatten.
strecken sich dabei von allgemeinen Vorgaben in den                  Um den demographischen Herausforderungen diffe-
jeweiligen Landeshochschulgesetzen (wie bspw. in Bay-           renziert begegnen zu können, wurden den Hochschulen
ern und Bremen) bis hin zu einer detaillierten Auflistung       in den vergangenen Jahren größere Entscheidungs-
der vereinbarten Inhalte (wie bspw. in Mecklenburg-Vor-         spielräume für die Erfüllung etwaiger Zielvorgaben über-
pommern und dem Saarland) [vgl. HÜTHER (2012)]. In acht         lassen. Durch die bundesweite Einführung von Global-
Bundesländern ist zusätzlich eine Kopplung zwischen             haushalten erfahren die Hochschulen eine gesteigerte
den tatsächlich erbrachten Leistungen und der Finanzie-         Autonomie, wodurch ihnen mehr Freiheiten, aber auch
rung der Hochschulen rechtlich vorgeschrieben. Die Be-          mehr Verantwortung hinsichtlich der Strategie- und Ziel-
messung der finanziellen Mittel von Hochschulen am              verfolgung gegeben werden. Gleichzeitig werden die zur
Grad der Zielerreichung erfolgt dabei in Form einer be-         Verfügung gestellten Mittel zunehmend leistungsorien-
lohnenden Zuweisung zusätzlicher Gelder oder aber in            tiert an die Hochschulen vergeben, sodass ein zuneh-
Form sanktionierender Rückzahlungen bei einer unzurei-          mendes Wettbewerbsdenken zwischen und in den Hoch-
chenden Erfüllung der Zielvorgaben [vgl. IN DER SMITTEN         schulen zu konstatieren ist. Diese zwei Trends finden
und JÄGER (2012)]. In drei weiteren Bundesländern (Ba-          sich gleichermaßen in den Flächenländern Ost und West.
den-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-               Die in diesem Abschnitt gewonnenen Erkenntnisse bil-
Anhalt) werden zwar Konsequenzen bei einer unzurei-             den die Grundlage für den Ländervergleich der Einnah-
chenden Erfüllung der Zielvorgaben angekündigt, jedoch          men und Ausgaben der Hochschulen im nachfolgenden
beziehen sich diese nicht notwendigerweise auf finanzi-         Artikel.
elle Auswirkungen. Für die Überprüfung der verankerten
Leistungs- und Zielvereinbarungen unterliegen die Hoch-
schulen in allen Ländern (mindestens) einer regelmäßi-          Literatur
gen Auskunftspflicht oder aber auch einer Auskunfts-
pflicht per Anforderung (vgl. Tab. 2).                          CHE – CENTRUM FÜR HOCHSCHULENTWICKLUNG (Hrsg.) (2001):
                                                                  Globalhaushalte an Hochschulen in Deutschland:
                                                                  Entwicklungsstand und Empfehlungen, Gutachten im
Fazit                                                             Auftrag der CDU-Fraktion des sächsischen Landtags,
                                                                  Gütersloh.
Die Rahmenbedingungen der Leistungserstellung haben             CHE – CENTRUM FÜR HOCHSCHULENTWICKLUNG (Hrsg.) (2007):
sich für die Hochschulen in den letzten Jahren deutlich           Evaluierung des Modellversuchs „Ergebnisorientierte
verändert. Dies wurde anhand einer Analyse der demo-              Selbststeuerung“ an der Technischen Universität Dres-
graphischen sowie rechtlichen Rahmenbedingungen ver-              den, Arbeitspapier 184, Gütersloh.
deutlicht. Die demographischen Rahmenbedingungen                ECK, A.; GRALKA, S und J. HELLER (2015): Immer weniger
für die Hochschulen Ostdeutschlands haben sich seit               Studierende? Immer weniger Geld? Eine Bestands-
dem Jahr 2008 stark verändert. Der Geburteneinbruch               aufnahme monetärer und nichtmonetärer Kennzahlen
der Nachwendezeit machte sich deutlich bemerkbar,                 für ostdeutsche Hochschulen, ifo Dresden berichtet
das Studierendenpotenzial sank. Diese Entwicklung zeig-           2/2015, S. 17–32.
te sich in den Flächenländern West nicht. Die Verände-          HIS – HOCHSCHULINFORMATIONSSYSTEM (Hrsg.) (2005): For-
rungen beim Studierendenpotenzial führten zu Verände-             melgebundene Mittelvergabe und Zielvereinbarungen
rungen beim Wanderungssaldo der Studienanfänger.                  als Instrumente der Budgetierung an deutschen Uni-
Während bis zum Jahr 2009 netto Studienanfänger aus               versitäten: Ergebnisse einer bundesweiten Befragung,
den ostdeutschen Flächenländern abwanderten, kam es               Hannover.
ab dem Jahr 2010 zu einer Nettozuwanderung von Stu-             HOF – INSTITUT FÜR HOCHSCHULFORSCHUNG WITTENBERG (Hrsg.)
dienanfängern. Der Wanderungssaldo der Flächenländer              (2014): Übersicht über die aktuellen Modelle der Leis-
West reduzierte sich dabei fast im gleichen Maße. Es              tungsorientierte Mittelvergabe zwischen Staat und
scheint daher möglich, dass Ostdeutschland die Folgen             Hochschule, http://www.hof.uni-halle.de/steuerung/
des demographischen Wandels im Hochschulbereich                   vertrag2012.htm, abgerufen am 01. 08. 2014.
durch verstärkte Zuwanderung kompensieren kann. Im              HÜTHER, O. (2012): Wandelbarkeit von Forschungsstruk-
nachfolgenden Artikel [ECK et al. (2015)] wird daher an-          turen in deutschen Universitäten. Eine Analyse der
hand von Studienanfänger- und Studierendenzahlen in               Landeshochschulgesetze, in: HEINZE, T. und G. KRÜCKEN

                                                ifo Dresden berichtet 2/2015
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