Extremwettersensibilität deutscher Unternehmen - Ergebnisse einer Unternehmens befragung - ifo Institut
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FORSCHUNGSERGEBNISSE Michael Berlemann und Robert Lehmann* Extremwettersensibilität deutscher Unternehmen Ergebnisse einer Unternehmensbefragung Zwar hat sich das Erdklima über sehr lange Zeiträume IN KÜRZE schon immer verändert. Der starke Anstieg der durch schnittlichen Oberflächentemperatur der Erde seit dem frühen 20. Jahrhundert und insbesondere seit Im Zuge der fortschreitenden globalen Erwärmung treten ei den 1970er Jahren (»globale Erwärmung«) kann hinge nige Extremwetterereignisse häufiger auf oder gehen mit ei gen nach weit überwiegender Auffassung von Klima ner höheren Intensität einher. Auch für Deutschland sind wissenschaftlern nicht allein durch natürliche Variabi derartige Trends entweder bereits erkennbar oder werden lität erklärt werden, sondern ist zu einem großen Teil durch menschliche Aktivität, vor allem die Emission für die Zukunft prognostiziert. Vor diesem Hintergrund stellt von Treibhausgasen, verursacht. Auch wenn konkrete sich zunehmend die Frage, ob und wie Extremwetterereig Prognosen für die zukünftige Entwicklung der glo nisse die Wertschöpfung von Unternehmen beeinflussen. In balen Erwärmung eine gewisse Schwankungsbreite diesem Beitrag werden die Ergebnisse einer Befragung deut aufweisen, so gehen sie doch alle von einem weiteren scher Unternehmen vorgestellt. Dabei wird analysiert, wie Anstieg der Oberflächentemperatur aus, selbst dann, die fünf besonders in Deutschland relevanten Typen von Ex wenn massive Reduktionen des Ausstoßes an Treib hausgasen erzielt werden könnten (vgl. IPCC 2013). tremwetterereignissen (Hitze- und Kältewellen, Trockenheit, Auch in Deutschland nimmt die Durchschnitts Stürme und Starkregen) die Wirtschaftstätigkeit deutscher Un temperatur zu. So ist der Jahresdurchschnitt der ternehmen beeinflussen. Besonderes Augenmerk wird dabei Lufttemperatur in Deutschland über den Zeitraum auf branchen- und regionenspezifische Effekte gelegt. Zudem von 1881 bis 2018 um 1,5°C angestiegen. Dieser An beleuchtet der Beitrag, wie gut deutsche Unternehmen auf Ex stieg liegt um 0,5°C höher als der Anstieg der globa tremwetterereignisse vorbereitet sind. Die Ergebnisse zeigen, len Durchschnittstemperatur über den gleichen Zeit raum (vgl. Umweltbundesamt 2019). Der Prozess der dass ein erheblicher Teil der Unternehmen durch Extremwet globalen Erwärmung geht weltweit mit einer Vielzahl terereignisse in seiner Wertschöpfung negativ beeinflusst wird unterschiedlicher Effekte einher (vgl. hierzu z.B. Ber und dieser Anteil über das letzte Jahrzehnt deutlich zugenom lemann und Steinhardt 2017). Auch in Deutschland men hat. Deutlich mehr als die Hälfte aller Unternehmen ha ist mit einer ganzen Reihe von Effekten zu rechnen ben allerdings bisher keine Vorsorgemaßnahmen getroffen, (vgl. hierzu Umweltbundesamt 2019). Zunächst nimmt so dass noch ein erheblicher Anpassungsbedarf besteht. mit dem Anstieg der Durchschnittstemperatur auch der durchschnittliche Niederschlag zu. Dieser geht mit einer Zunahme der Häufigkeit und Intensität von Starkregenereignissen einher. Häufiger ist auch mit In diesem Beitrag wird untersucht, welche Konse Hitze-Extrema, absinkenden Grundwasserständen und quenzen das Auftreten von Extremwetterereignissen Quellschüttungen und daraus resultierenden Dürre für deutsche Unternehmen haben, welche Erwartun perioden zu rechnen. Der Anstieg des Meeresspiegels gen die Unternehmen in Bezug auf das zukünftige Auf führt zudem zu einer höheren Intensität von Sturmflu treten dieser Ereignisse haben und wie gut sie darauf ten. Während Überschwemmungen durch Flüsse und vorbereitet sind. Hierzu verwenden wir eine Reihe von Stürme bisher keine Aufwärtstendenz zeigen, ist mit Sonderfragen, die im Frühjahr 2019 im Rahmen der ifo einem Anstieg der Intensität von Stürmen zu rech Konjunkturumfrage gestellt wurden. nen. Hinzu kommen unterschiedlichste ökologische Die Analyse des Einflusses von Extremwetterer Konsequenzen, die zu stärkeren Produktionsschwan eignissen auf die Geschäftstätigkeit von deutschen kungen in der Land-, Forstwirtschaft und Fischerei Unternehmen erfolgt im Rahmen des gemeinsamen führen können. Forschungsprojekts »Implikationen des Klimawandels und klimainduzierter Naturkatastrophen für Indivi duen, Firmen und den Versicherungssektor (CLIMATE_ * Prof. Dr. Michael Berlemann ist Inhaber des Lehrstuhls für Politi sche Ökonomie und Empirische Wirtschaftsforschung an der Helmut- AFFECT)«1, das von der Helmut-Schmidt-Universität Schmidt-Universität, Universität der Bundeswehr Hamburg, und 1 ifo-Forschungsprofessor. Detaillierte Informationen zu CLIMATE_AFFECT finden sich auf der Dr. Robert Lehmann ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Seite der Helmut-Schmidt-Universität: ifo Zentrum für Makroökonomik und Befragungen. https://www.hsu-hh.de/empwifo/forschung/climate_affect. ifo Schnelldienst 8 / 2020 73. Jahrgang 12. August 2020 45
FORSCHUNGSERGEBNISSE (HSU) und dem ifo Zentrum für Makroökonomik und Auswirkungen verschiedener Extremwetterereignis- Befragungen bearbeitet wird. Das Projekt ist eines se. Eindeutig negative Konsequenzen sehen die von 29 inter- und transdisziplinären Teilprojekten, das Autoren vor allem für den Bereich der Land- und im Rahmen des Förderschwerpunktes »Ökonomie des Forstwirtschaft sowie der Wasser- und Energie Klimawandels (Phase II)« seit Ende 2018 vom Bun wirtschaft. Zudem agumentieren die Autoren, dass desministerium für Bildung und Forschung (BMBF) häufigere auftretende und intensivere Stürme auch gefördert wird.2 negative Konsequenzen im Bereich der Immobilien wirtschaft und den Bereich Verkehr und Logistik LITERATURABRISS haben könnten. Positive Effekte sehen Mahammad zadeh und Biebeler (2009) vorrangig in der Bau- Eine frühe Studie zur Anpassung deutscher Unterneh wirtschaft, dem Sommertourismus und der Phar- men an den Klimawandel stammt von Mahammad maindustrie. zadeh und Biebeler (2009). Die Autoren wählen einen Die Studien von Auerswald und Vogt (2010) sowie rein argumentativen Ansatz und beleuchten dabei von Frei und Kowalewski (2013) verfolgen einen ande den Anpassungsbedarf der Produktion unterschied ren methodischen Ansatz, indem sie auf die indirekten licher Wirtschaftsbereiche an klimatische Veränderun Effekte des Klimawandels fokussieren, die aus Preis gen. Dabei betrachten sie auch die wahrscheinlichen veränderungen auf Faktormärkten resultieren können. Dabei stehen die Preise von fossilen Rohstoffen wie 2 Auf der Plattform »Forschung und Nachhaltige Entwicklung« (FONA) des BMBF können die einzelnen Fördermaßnahmen eingese Öl, Gas und Kohle, aber auch die Preise von Elektri hen werden. Der Schwerpunkt »Ökonomie des Klimawandels (Pha zität, Fernwärme und Wasser im Mittelpunkt. Auf der se II)« ist unter folgender Adresse zu finden: https://www.fona.de/de/ massnahmen/foerdermassnahmen/oekonomie-des-klimawan Basis von Input-Output-Tabellen, die die wirtschaft dels-phase-2.php. liche Verflechtung unterschiedlicher Wirtschaftsberei Abb. 1 che dokumentieren, studieren die Autoren, auf wel Frage 1: Betroffenheit durch Extremwetterereignisse a,b che Bereiche die prognostizierten Preisveränderungen ja Betroffenheit in den vergangenen zehn Jahren am stärksten durchschlagen würden. Die Studie von Ja nein Auerswald und Vogt (2010) für den Großraum Dresden Nein kommt dabei zu dem Ergebnis, dass sich ein Anstieg Hitzewellen Kältewellen der Energiepreise vor allem auf die Wirtschaftsberei 13% che Land-, Forstwirtschaft und Fischerei, Teile des Verarbeitenden Gewerbes (insb. Chemie, Glas, Kera 38% mik, Steine und Erden, Kunststoff und Metallerzeug nisse), die Energie- und Wasserversorgung sowie den 62% Bereich Verkehr und Nachrichtenübermittlung auswir 87% ken würde. Ein Anstieg der Wasserpreise würde vor allem die Wirtschaftsbereiche Land-, Forstwirtschaft und Fischerei, Teile des Verarbeitenden Gewerbes (Er nährung und Tabak, Papier und Druck, Chemie, Glas, Keramik, Steine und Erden), das Gastgewerbe sowie Trockenheit Starkregen den Dienstleistungssektor treffen. Die Arbeit von Frei und Kowalewski (2013) nutzt Input-Output-Tabellen, 36% um einen integrierten Betroffenheitsindex zu entwi 49% ckeln. Neben Wasser- und Energiesensitivität nutzen 51% die Autoren hier zusätzlich noch Infrastrukturindika 64% toren, da auch die Infrastruktur als klimasensibel ein geschätzt wird. Am engsten mit der vorliegenden Studie verwandt ist die Arbeit von Auerswald und Lehmann (2011), die Stürme auf den Ergebnissen von zwei Sonderfragen im Rah Stürme men der ifo Konjunkturumfrage deutscher Unterneh men aus dem Verarbeitenden Gewerbe beruht. Die Autoren studieren den Einfluss fünf unterschiedlicher 49% Extremwetterereignisse auf die Wertschöpfung von 51% Unternehmen: Hitze- und Kältewellen, Trockenheit, Starkniederschläge und Stürme. Sie kommen dabei zu dem Ergebnis, dass vor allem Kältewellen nega tive Wertschöpfungseffekte erzeugen. Zudem finden die Verfasser, dass durch Extremwetterereignisse vor aAnzahl der Meldungen »keine Angabe«: rd. 1 500. b Anteile an allen Unternehmen, die eine Angabe getätigt haben. allem das Ernährungsgewerbe und die Tabakverarbei Quelle: ifo Konjunkturumfrage. © ifo Institut tung, das Holzgewerbe und das Glasgewerbe über 46 ifo Schnelldienst 8 / 2020 73. Jahrgang 12. August 2020
FORSCHUNGSERGEBNISSE durchschnittlich stark von klimatischen Veränderun nehmensgröße aufweist. Nahezu alle Wirtschafts- gen betroffen sind. abteilungen (sog. 2-Steller wie bspw. der Fahrzeug bau) sind durch die Umfrage repräsentiert (vgl. Leh DATENBASIS mann 2020). Darüber hinaus lassen sich, aufgrund der vorhandenen Information zur Anzahl der Be Ähnlich wie die Studie von Auerswald und Lehmann schäftigten, Auswertungen für verschiedene Unter (2011) beruht die im Folgenden vorgestellte Analyse nehmensgrößen anstellen. Jedoch ist die ifo Kon auf einer Reihe von Sonderfragen, die in die ifo Kon junkturumfrage – im Vergleich zur Grundgesamtheit junkturumfrage integriert wurden. Die ifo Konjunk der deutschen Unternehmen unter Maßgabe des turumfrage3 eignet sich ideal zur Analyse der Ein Unternehmensregisters – etwas überrepräsentiert stellungen deutscher Unternehmen hinsichtlich des im Segment größerer Firmen (> 500 Beschäftigte). Klimawandels und dessen Konsequenzen. Erstens Zweitens kann die Panelstruktur der ifo Konjunk- zeichnet sich die ifo Konjunkturumfrage durch eine turumfrage dafür genutzt werden, um sich verän hohe fachliche und regionale Repräsentativität aus. dernde Einstellungen und Betroffenheit der Unter Dabei bedeutet fachlich, dass die Umfrage sowohl nehmen über die Zeit zu analysieren. Hierfür ist ein einen sehr hohen Abdeckungsgrad bzgl. der einzel relativ stabiler Befragungskreis notwendig, der bei nen Wirtschaftsbereiche als auch bzgl. der Unter der ifo Konjunkturumfrage gewährleistet ist. Die vier Sonderfragen, die im Folgenden ausge 3 Umfangreiche und sehr detaillierte Informationen zu den Umfra gen des ifo Instituts sind jüngst als ifo Handbuch der Konjunkturum wertet werden, wurden im Mai 2019 in die ifo Kon fragen erschienen (Sauer und Wohlrabe 2020). junkturumfrage integriert. Sie zielen darauf ab, die Abb. 2 Regionale Betroffenheit durch Extremwetterereignisse Anteil der Unternehmen, die auf Frage 1 mit »ja« geantwortet haben an allen Unternehmen mit Angabe, Betroffenheit in den vergangenen zehn Jahren Hitzewellen Kältewellen Mitteldeutschland Mitteldeutschland Nordostdeutschland Sachsen Hessen Nordostdeutschland Rheinl.-Pfalz, Saarland Norddeutschland Sachsen Bayern Niedersachsen Baden-Württemberg Baden-Württemberg Niedersachsen Nordrhein-Westfalen Nordrhein-Westfalen Norddeutschland Hessen Bayern Rheinl.-Pfalz, Saarland 0 20 40 60 80 100 % 0 20 40 60 80 100 % Trockenheit Starkregen Mitteldeutschland Rheinl.-Pfalz, Saarland Nordostdeutschland Sachsen Sachsen Mitteldeutschland Hessen Nordrhein-Westfalen Niedersachsen Baden-Württemberg Nordrhein-Westfalen Hessen Norddeutschland Norddeutschland Rheinl.-Pfalz, Saarland Nordostdeutschland Baden-Württemberg Niedersachsen Bayern Bayern 0 20 40 60 80 100 % 0 20 40 60 80 100 % Stürme Mitteldeutschland Sachsen Nordrhein-Westfalen Nordostdeutschland Rheinl.-Pfalz, Saarland Norddeutschland Hessen Niedersachsen Baden-Württemberg Bayern 0 20 40 60 80 100 % Norddeutschland: Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein; Nordostdeutschland: Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern; Mitteldeutschland: Sachsen-Anhalt und Thüringen. Quelle: ifo Konjunkturumfrage. © ifo Institut ifo Schnelldienst 8 / 2020 73. Jahrgang 12. August 2020 47
FORSCHUNGSERGEBNISSE regionale und unternehmerische Betroffenheit durch Antwortmöglichkeiten: positiv, keine, negativ, Extremwetterereignisse, die Erwartungen der Unter keine Angabe nehmen bzgl. der Häufigkeit und Intensität von Ex ‒ Frage 3: Erwartet Ihr Unternehmen eine Verände tremwetterereignissen und die bereits seitens der Un rung in der Häufigkeit oder Intensität bestimmter ternehmen getroffenen Vorkehrungen zur Abmilderung Extremwetterereignisse? der negativen Konsequenzen des Extremwetters zu Ausprägungen: Hitzewellen, Kältewellen, Trocken eruieren. Die Fragen, inkl. Antwortmöglichkeiten und heit, Stürme, Starkregen Ausprägungen, lauten wie folgt: Antwortmöglichkeiten: Zunahme, keine Verände rung, Abnahme, keine Angabe ‒ Frage 1: War die Region, in der Ihr Unternehmen ‒ Frage 4: Ist Ihr Unternehmen aktuell auf mögliche angesiedelt ist, in den letzten zehn Jahren von negative Konsequenzen von Extremwetterereig folgenden Extremwetterereignissen betroffen? nissen vorbereitet (z.B. durch Zusatzversicherun Ausprägungen: Hitzewellen, Kältewellen, Trocken gen, Rückstellungen, technische Vorkehrungen heit, Stürme, Starkregen oder andere Maßnahmen)? Antwortmöglichkeiten: ja, nein, keine Angabe Ausprägungen: Hitzewellen, Kältewellen, Trocken ‒ Frage 2: Hatten diese Extremwetterereignisse heit, Stürme, Starkregen eine Auswirkung auf die Wertschöpfung Ihres Antwortmöglichkeiten: ja, nein, nicht nötig, keine Unternehmens? Angabe Ausprägungen: Hitzewellen, Kältewellen, Trocken heit, Stürme, Starkregen Den befragten Unternehmen wurden pro Frage fünf Extremwetterereignisse (Hitzewellen, Kältewellen, Tro Abb. 3 ckenheit, Stürme, Starkregen) vorgegeben, auf die sie Frage 2: Auswirkungen auf die Wertschöpfung durch Extremwetterereignisse a,b mit zwei oder drei Antwortmöglichkeiten (zusätzlich Auswirkungen durch die Betroffenheit in den vergangenen zehn Jahren zur Möglichkeit »keine Angabe« zu tätigen) reagieren Positiv Keine konnten. Die Antwortmöglichkeiten reichten dabei von Negativ einfachen Entscheidungen (ja/nein), über Bewertun Hitzewellen Kältewellen gen (positiv/negativ) hin zu zukünftigen Tendenzen 7% 7% (Zunahme/Abnahme). Die Fragestellungen orientieren sich dabei teilweise an jenen, die bereits in Auerswald 45% und Lehmann (2011) im Verarbeitenden Gewerbe ge 34% stellt wurden. 48% 59% Die Sonderfragen wurden in allen Wirtschafts bereichen der ifo Konjunkturumfrage gestellt. Dabei steht im Kern für unsere Analyse die folgende Anzahl an Unternehmensmeldungen zur Verfügung: Verar beitendes Gewerbe (2 103 Meldungen), Bauhaupt Trockenheit Starkregen gewerbe (1 801 Meldungen), Handel (1 905 Meldun 17% 8% 6% gen) und Dienstleistungen (2 053 Meldungen). Für Deutschland insgesamt ergibt dies eine Anzahl von 38% 7 862 Unternehmensmeldungen im Mai 2019. Unter Berücksichtigung jener Unternehmen, die nicht auf die Fragen geantwortet haben, ergeben sich die fol 56% genden Antwortquoten auf die einzelnen Fragen: rund 75% 81% für Frage 1 und Frage 2, 57% für Frage 3 und 58% für Frage 4. Stürme GESAMTDEUTSCHE UND REGIONALE RELEVANZ Stürme 6% UNTERSCHIEDLICHER EXTREMWETTEREREIGNISSE 31% Zunächst ist interessant, wie stark deutsche Un ternehmen überhaupt von unterschiedlichen Arten von Extremwetterereignissen betroffen sind. Hierzu 63% wurde erfragt, inwiefern die jeweiligen Unternehmen in einer Region beheimatet sind, die in den letzten zehn Jahren Extremwetterereignisse erlebt hat. Die Ergebnisse sind, aufgeschlüsselt nach den fünf un terschiedlichen Typen von Extremwetterereignissen, aAnzahl der Meldungen »keine Angabe«: rd. 54. b Angaben der Firmen, die Frage 1 mit »ja« beantwortet haben. in Abbildung 1 dargestellt, wobei sich die Anteile auf Quelle: ifo Konjunkturumfrage. © ifo Institut jene Unternehmen beziehen, die Frage 1 beantwortet 48 ifo Schnelldienst 8 / 2020 73. Jahrgang 12. August 2020
FORSCHUNGSERGEBNISSE haben. Eine sehr hohe Relevanz weisen den Ergeb- zeigt sich, dass es durchaus regionale Unterschiede nissen zur Folge Trockenheit und Hitzewellen auf. in der Betroffenheit und auch systematische Muster Etwa zwei Drittel aller antwortenden Unternehmen gibt. Auffällig ist zunächst, dass mitteldeutsche Unter- geben an, in Regionen angesiedelt zu sein, die in den nehmen, also solche aus den Bundesländern Thü letzten zehn Jahren von diesen Extremwetterereig ringen und Sachsen-Anhalt, besonders häufig ange nissen betroffen waren. Aber auch Stürme und Stark- ben, dass ihre Heimatregionen in den letzten zehn regen scheinen hoch relevante Extremwetterereig Jahren Extremwetterereignisse erlebt haben. Bei nisse zu sein. Immerhin gibt jedes zweite Unter vier von fünf Typen von Extremwetterereignissen nehmen an, in einer Region beheimatet zu sein, die (Hitze- und Kältewellen, Trockenheit, Stürme) wei solche Extremwetterereignisse in den letzten zehn sen mitteldeutsche Unternehmen die höchste re Jahren erlebt hat. Weniger relevant sind dagegen gionale Betroffenheit auf. Und auch bei Starkrege Kältewellen. Nur 13% aller antwortenden Unterneh nereignissen liegt Mitteldeutschland zumindest in men haben in Ihrer Region im letzten Jahrzehnt eine der Gruppe der am stärksten betroffenen Regionen. Kältewelle erlebt. Auch Nordostdeutschland (d.h. Berlin, Brandenburg In Abbildung 2 sind die Antworten nach Regionen und Mecklenburg-Vorpommern) sowie Sachsen sind aufgeschlüsselt. Gezeigt wird hier für jeden Typ von fast durchgängig unter den am stärksten betroffenen Extremwetterereignissen der Anteil der antworten Regionen zu finden, so dass sich generell eine große den Unternehmen, die angeben, dass die Heimat Vulnerabilität ostdeutscher Regionen im Hinblick auf region des Unternehmens das jeweilige Extremwet Extremwetterereignisse aus den Daten ablesen lässt. terereignis in den letzten zehn Jahren erlebt hat. Es Eine Ausnahme stellen hier allenfalls Starkregener Abb. 4 Vergleich des Antwortverhaltens im Verarbeitenden Gewerbe zu den Auswirkungen von Extremwetterereignissen Vergleich der Befragung vom Mai 2019 mit Auerswald und Lehmann (2011) Befragung Mai 2019 Befragung November 2010 Hitzewellen Kältewellen % % 100 100 80 80 60 60 40 40 20 20 0 0 Positiv Keine Negativ Positiv Keine Negativ Trockenheit Starkregen % % 100 100 80 80 60 60 40 40 20 20 0 0 Positiv Keine Negativ Positiv Keine Negativ Stürme % 100 80 60 40 20 0 Positiv Keine Negativ Quelle: ifo Konjunkturumfrage; Auerswald und Lehmann (2011). © ifo Institut ifo Schnelldienst 8 / 2020 73. Jahrgang 12. August 2020 49
FORSCHUNGSERGEBNISSE eignisse dar. Hier ist zumindest Nordostdeutschland die Wertschöpfung der Unternehmen positiv, negativ unterdurchschnittlich stark betroffen. Auffällig ist oder nicht beeinträchtigt wurde. Die diesbezüglichen zudem, dass Süddeutschland – und hier insbesondere Ergebnisse sind in Abbildung 3 zusammengestellt. Bayern – mit Ausnahme von den sowieso weniger Zunächst einmal zeigt sich, dass das Auftreten relevanten Kältewellen weniger häufig von Extrem von Extremwetterereignissen nicht für alle regional wetterereignissen betroffen zu sein scheint. ansässigen Unternehmen negativ oder unbeachtlich ist. Ganz im Gegenteil profitiert die Wertschöpfung EINFLUSS VON EXTREMWETTEREREIGNISSEN von 6 bis 8% aller Unternehmen vom Auftreten sol AUF DIE WERTSCHÖPFUNG DEUTSCHER cher Ereignisse, wobei es kaum systematische Un UNTERNEHMEN terschiede zwischen den fünf Extremwettertypen zu geben scheint. In einem nächsten Schritt wird untersucht, ob auftre Eine sehr viel stärkere Variation ist dagegen im tende Extremwetterereignisse einen Einfluss auf die Hinblick auf die negativen Effekte zu diagnostizie Wertschöpfung von Unternehmen hatten. Um diese ren. Deutsche Unternehmen waren zwar, wie zuvor Frage zu beantworten, fokussieren wir auf diejeni gezeigt, bisher eher selten von Kältewellen betrof gen Unternehmen, die angegeben haben, dass die fen; gleichwohl erzeugen Kältewellen, wenn sie denn Standortregion des Unternehmens im letzten Jahr auftreten, bei immerhin beinahe 60% aller regional zehnt mindestens ein solches Extremwetterereignis ansässigen Unternehmen negative Effekte auf die erlebt hat (Antwort »ja« auf Frage 1). Für jedes der Wertschöpfung. Die sehr viel häufiger auftretenden fünf Extremwetterereignisse analysieren wir dann, ob Hitzewellen erzeugen seltener negative Wertschöp Abb. 5 Negative Auswirkungen auf die Wertschöpfung durch Extremwetterereignisse nach Wirtschaftsbereichen a Anteil der Unternehmen, die auf Frage 2 mit »negativ« geantwortet haben, Auswirkungen durch die Betroffenheit in den vergangenen zehn Jahren Hitzewellen Kältewellen Textilien, Bekleidung etc. Bauhauptgewerbe Bauhauptgewerbe Verkehr und Lagerei Nahrung, Getränke, Tabak Einzelhandel Einzelhandel Gummi, Glas etc. DV-Geräte etc. Gastgewerbe 0 20 40 60 80 100 % 0 20 40 60 80 100 % Trockenheit Starkregen Nahrung, Getränke, Tabak Gastgewerbe Chemie und Pharmazie Bauhauptgewerbe Holzwaren etc. Einzelhandel Textilien, Bekleidung etc. Nahrung, Getränke, Tabak Verkehr und Lagerei Verkehr und Lagerei 0 20 40 60 80 100 % 0 20 40 60 80 100 % Stürme Gastgewerbe Verkehr und Lagerei Bauhauptgewerbe Nahrung, Getränke, Tabak Einzelhandel 0 20 40 60 80 100 % aAngaben der Firmen, die Frage 1 mit »ja« beantwortet haben. Quelle: ifo Konjunkturumfrage. © ifo Institut 50 ifo Schnelldienst 8 / 2020 73. Jahrgang 12. August 2020
FORSCHUNGSERGEBNISSE fungseffekte; immer noch geben aber immerhin 45% zelhandel, der Bereich Nahrung, Getränke und Tabak der betroffenen Unternehmen an, durch Hitzewellen sowie der Bereich Verkehr und Lagerei. Diese vier negativ in ihrer Wertschöpfung beeinflusst zu wer Bereiche tauchen gleich bei vier der fünf Typen von den. Während Trockenheit ähnlich oft wie Hitzewel Extremwetterereignissen unter den fünf am stärks len auftrat, erzeugte sie sehr viel seltener negative ten betroffenen Wirtschaftsbereichen auf. Auch das Wertschöpfungseffekte. Nur 17% der Unternehmen, Gastgewerbe ist stark betroffen und in drei Nega die im letzten Jahrzehnt eine Phase der Trockenheit tiv-Rankings vertreten. erlebt haben, geben an, hierdurch negativ beeinflusst Beim Auftreten von Hitzewellen gibt es vier Wirt worden zu sein. Bei Starkregen und Stürmen liegt der schaftsbereiche, in denen rund 60% aller Unterneh Anteil der negativ beeinflussten Unternehmen mit men negative Wertschöpfungseffekte erleben: der 38 bzw. 31% sehr viel höher. Bereich Textilien und Bekleidung, das Bauhauptge Interessanterweise gibt es Hinweise darauf, dass werbe, der Bereich Nahrung, Getränke und Tabak so die Betroffenheit von Unternehmen durch Extrem wie der Einzelhandel. Mit einigem Abstand folgt der wetter sich über die Zeit durchaus verändert hat. Bereich der DV-Geräte. Der bei weitem am stärksten Während die vorliegenden Sonderfragen im Mai 2019 negativ beeinflusste Bereich beim Auftreten von Käl gestellt wurden und insofern erst einmal nur eine tewellen ist das Bauhauptgewerbe, in dem beinahe zeitpunktbezogene Betrachtung zulassen, ermöglicht 80% aller Betriebe negative Wertschöpfungseffekte ein Vergleich mit den Ergebnissen der bereits erwähn berichten. Mit etwas über 60% ist der Bereich Ver ten Studie von Auerswald und Lehmann (2011) auch kehr und Lagerei am zweitstärksten betroffen. Auf die Abschätzung eines (möglichen) Zeittrends. Be den weiteren Plätzen folgen mit um die 55% der Ein reits in der Arbeit von Auerswald und Lehmann (2011) wurde mittels einer Sonderfrage im Rahmen der ifo Abb. 6 Konjunkturumfrage nach der Betroffenheit deutscher Frage 3: Erwartungen über zukünftige Extremwetterereignissea,b Erwartungen über Häufigkeit oder Intensität Unternehmen durch Extremwetterereignisse gefragt und dabei exakt die gleiche Fragestellung verwen Zunahme Keine Veränderung det, wie in den vorliegenden Sonderfragen. Da sich 1% Hitzewellen Abnahme die Vergleichsstudie allerdings ausschließlich auf das Kältewellen 9% 13% Verarbeitende Gewerbe bezieht, beschränken wir im Folgenden den Vergleich ebenfalls auf diesen Wirt schaftsbereich. Die Ergebnisse sind in Abbildung 4 45% zusammengestellt. 54% Wie zu erkennen ist, hat der Anteil der Industrie unternehmen, der angibt, durch Extremwetterereig 78% nisse in der Wertschöpfung unbeeinflusst zu bleiben, für alle fünf Typen von Extremwetter seit 2010 spürbar abgenommen. Besonders stark ist dieser Effekt bei Hitzewellen ausgeprägt, wo ein Rückgang von etwa Trockenheit 1% 1% Starkregen 20 Prozentpunkten zu verzeichnen ist. Bei allen ande ren Extremwettertypen liegt der Rückgang bei etwa 10 Prozentpunkten. In beinahe gleichem Ausmaß ge 43% ben nun mehr Industriefirmen an, durch Extremwet- 49% 50% terereignisse negativ beeinflusst zu werden. Zumin 56% dest im Verarbeitenden Gewerbe ist also von einer über die Zeit zunehmenden Betroffenheit der Wert schöpfung auszugehen. Zwar ist für die anderen Wirt schaftsbereiche ein ähnlicher Trend zu vermuten, eine valide Aussage ist aber aufgrund fehlender Vergleichs 0% befragungen nicht möglich. Stürme Da die Befragungsdaten auch nach unterschied lichen Branchen aufgeschlüsselt werden können, lässt sich überprüfen, welche Wirtschaftsbereiche 49% am stärksten von den einzelnen Typen von Extrem 51% wetterereignissen betroffen sind. In Abbildung 5 sind für jeden Ereignistyp jeweils die fünf Wirtschaftsbe reiche aufgeführt, in denen der höchste Prozentsatz von Unternehmen angibt, durch das jeweilige Er eignis negativ in seiner Wertschöpfung beeinflusst aAnzahl der Meldungen »keine Angabe«: rd. 3 400. worden zu sein. Zu den am stärksten betroffenen b Anteil an allen Unternehmen, die eine Angabe getätigt haben. Bereichen gehören das Bauhauptgewerbe, der Ein Quelle: ifo Konjunkturumfrage. © ifo Institut ifo Schnelldienst 8 / 2020 73. Jahrgang 12. August 2020 51
FORSCHUNGSERGEBNISSE zelhandel, der Bereich Gummi und Glas sowie das etwas mehr als 40% negative Wertschöpfungseffekte, Gastgewerbe. Am meisten unter Trockenheit leidet der Einzelhandel etwas unter 40%. der Bereich Nahrung, Getränke und Tabak, in dem beinahe jeder zweite Betrieb von Wertschöpfungsver ERWARTUNGEN DEUTSCHER UNTERNEHMER lusten berichtet. Mit erheblichem Abstand folgt der IM HINBLICK AUF ZUKÜNFTIGE EXTREMWETTER- Bereich Chemie und Pharmazie, die Holzwaren, der EREIGNISSE Bereich Textilien und Bekleidung sowie der Bereich Verkehr und Lagerei. Um abschätzen zu können, mit welchen zukünftigen Interessanterweise sind die am massivsten nega Effekten zu rechnen ist, wurden mit einer weiteren tiv betroffenen Bereiche von Starkregen und Stürmen Sonderfrage die zukünftigen Erwartungen im Hinblick exakt die gleichen. Das Gastgewerbe führt mit um die auf das Auftreten von Extremwetterereignissen eru 60% der Unternehmen das Feld bei beiden Extrem iert. Dabei wurde erneut zwischen unterschiedlichen wetterereignissen an. Starkregen beeinflusst zudem Typen von Extremwetterereignissen unterschieden. das Bauhauptgewerbe stark negativ; hier melden 60% Zudem wurde die Bedeutung des jeweiligen Phäno aller Betriebe negative Wertschöpfungseffekte. Mit mens insgesamt erfragt. Eine Veränderung kann sich knapp unter 40% folgen gleichauf der Einzelhandel, dabei also sowohl über eine veränderte Frequenz als der Bereich Nahrung, Getränke und Tabak sowie der auch über eine variierende Intensität ergeben. Die Bereich Verkehr und Lagerei. Bei Stürmen melden die Ergebnisse sind in Abbildung 6 visualisiert. Bereiche Verkehr und Lagerei, das Bauhauptgewerbe Im Hinblick auf das zukünftige Auftreten von Käl und der Bereich Nahrung, Getränke und Tabak jeweils tewellen rechnen die deutschen Unternehmen mit keiner großen Veränderung. 78% der antwortenden Abb. 7 Unternehmen rechnen mit keiner Veränderung des Frage 4: Vorkehrungen für Extremwetterereignisse a,b Auftretens oder der Intensität dieses Extremwetter Vorbereitungen gegen negative Konsequenzen typs. Diejenigen, die mit einer Zunahme der Bedeu Ja tung von Kältewellen rechnen (13%), halten sich in Nein etwa die Waage mit denen, die von einer rückläufigen Hitzewellen Kältewellen Nicht nötig 10% Bedeutung ausgehen (9%). 14% Bei allen anderen vier Arten von Wetterextremen rechnet in etwa die Hälfte aller Unternehmen mit ei 46% ner Zunahme der Bedeutung. Dies gilt in noch etwas 53% 37% stärkerem Maße für Trockenheit (56%) und Hitze- 40% wellen (54%). Klare räumliche Muster im Hinblick auf die Zukunftserwartungen für Extremwetterereignisse gibt es dagegen unter den deutschen Unternehmen nicht. Trockenheit Starkregen UNTERNEHMERISCHE VORKEHRUNGEN FÜR 9% EXTREMWETTEREREIGNISSE 29% 36% Die vorgestellten Ergebnisse der Unternehmensbefra 53% 38% gung haben gezeigt, dass viele deutsche Unterneh men damit rechnen, in Zukunft Extremwetterereig nissen ausgesetzt zu sein. Zudem hat sich gezeigt, 34% dass diese Extremwetterereignisse oft mit negativen Konsequenzen für die Wertschöpfung einhergehen dürften. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, Stürme ob, und gegebenenfalls wie gut, sich Unternehmen auf das Auftreten von Extremwetterereignissen vor 35% 30% bereitet haben. Auch hierzu wurde eine Sonderfrage gestellt. Abbildung 7 zeigt die Antworten auf die Frage, wie gut deutsche Unternehmen auf unterschiedli che Typen von Extremwetterereignissen nach eige 35% ner Einschätzung vorbereitet sind. Es fällt zunächst auf, dass zwischen einem Drittel und der Hälfte der antwortenden Unternehmen eine Vorbereitung auf das Auftreten von Extremwetterereignissen für nicht aZusatzversicherungen, Rückstellungen, technische Vorkehrungen etc. b Anzahl der Meldungen »keine Angabe«: rd. 3 300. nötig hält. Besonders ausgeprägt ist diese Einstellung Quelle: ifo Konjunkturumfrage. © ifo Institut bei Kältewellen und Trockenheit (jeweils 53%), aber 52 ifo Schnelldienst 8 / 2020 73. Jahrgang 12. August 2020
FORSCHUNGSERGEBNISSE Abb. 8 Vorbereitungen der Firmen auf Extremwetterereignisse, die keine oder negative Auswirkungen erfahren haben Anteile der Firmen, die auf Frage 2 mit »keine« oder »negativ« geantwortet haben Ja Nein Nicht nötig Hitzewellen Kältewellen % % 100 100 80 80 60 60 40 40 20 20 0 0 Keine Negativ Keine Negativ Trockenheit Starkregen % % 100 100 80 80 60 60 40 40 20 20 0 0 Keine Negativ Keine Negativ Stürme % 100 80 60 40 20 0 Keine Negativ Quelle: ifo Konjunkturumfrage. © ifo Institut auch bei Hitzewellen (46%). Hingegen hält nur etwas wetter ist die Anzahl der Unternehmen mit Vorkeh mehr als ein Drittel der antwortenden Unternehmen rungen beinahe doppelt so groß wie die der unvor eine Vorbereitung auf Stürme und Starkregen für un bereiteten Firmen. Gleichzeitig geben von den negativ nötig. Unter denjenigen, die eine Vorbereitung auf betroffenen Firmen sehr viel weniger an, dass Vor- Stürme und Starkregen für prinzipiell nötig halten, kehrungen für Extremwetterereignisse nicht nötig sind etwas weniger als die Hälfte der Unternehmen seien. auch tatsächlich vorbereitet (jeweils 46%). Sehr viel Weiterhin sollten Firmen, die für die Zukunft ei ungünstiger fällt dieses Verhältnis bei den drei ande nen Anstieg von Extremwetterereignissen erwarten, ren Typen von Extremwetterereignissen aus. Während auch häufiger Vorkehrungen für solche Ereignisse ge immerhin noch 25% der Unternehmen, die eine Vor troffen haben. Ein Vergleich von Firmen, die unver bereitung für nötig halten, auf Hitzewellen vorbereitet änderte Bedingungen erwarten, mit denen, die mit sind, beträgt der Anteil bei Kältewellen nur 21% und häufigeren oder schwereren Extremwetterereignissen bei Trockenheit sogar nur 19%. rechnen, bestätigt diese Hypothese (vgl. Abb. 9). Un Man sollte erwarten, dass Unternehmen umso ternehmen mit unveränderten Erwartungen sind im eher auf einen bestimmten Typ von Extremwetter Durchschnitt nur halb so oft auf die entsprechenden vorbereitet sind, desto eher sie erwarten, dass das Ereignisse vorbereitet wie die, die mit ansteigender Wetterereignis negative Wertschöpfungseffekte mit Bedeutung rechnen. Auch sehen Unternehmen, die sich bringt. Wie Abbildung 8 visualisiert, ist dies auch mit einer Verschärfung der Wetterbedingungen rech tatsächlich der Fall. Für alle fünf Typen von Extrem nen, seltener keinen Handlungsbedarf. ifo Schnelldienst 8 / 2020 73. Jahrgang 12. August 2020 53
FORSCHUNGSERGEBNISSE Abb. 9 Vorbereitungen der Firmen auf Extremwetterereignisse, die eine Zunahme oder keine Veränderung erwarten Anteile der Firmen, die auf Frage 3 mit »Zunahme« oder »keine Veränderung« geantwortet haben Ja Nein Nicht nötig Hitzewellen Kältewellen % % 100 100 80 80 60 60 40 40 20 20 0 0 Zunahme Keine Veränderung Zunahme Keine Veränderung Trockenheit Starkregen % % 100 100 80 80 60 60 40 40 20 20 0 0 Zunahme Keine Veränderung Zunahme Keine Veränderung Stürme % 100 80 60 40 20 0 Zunahme Keine Veränderung Quelle: ifo Konjunkturumfrage. © ifo Institut FAZIT: STARKER NEGATIVER EINFLUSS notwendig halten, haben allerdings bisher keine ent sprechenden Maßnahmen getroffen, so dass noch ein Die in diesem Beitrag präsentierten Befragungser erheblicher Anpassungsbedarf besteht. Das gilt umso gebnisse haben gezeigt, dass ein erheblicher Teil der mehr, als dass die meisten befragten Unternehmen deutschen Unternehmen durch Extremwetterereig von einer in der Zukunft zunehmenden Bedeutung nisse in seiner Wertschöpfung negativ beeinflusst vieler Extremwetterereignisse ausgehen (eine Aus wird. Besonders stark negativ beeinflusste Bereiche nahme stellen hier nur die Kältewellen dar, bei denen sind das Bauhauptgewerbe, der Einzelhandel, der Be per saldo keine Veränderung erwartet wird), was sich reich Nahrung, Getränke und Tabak sowie der Bereich mit klimatologischen Prognosen deckt. Verkehr und Lagerei. Aber auch das Gastgewerbe ist stark negativ in seiner Wertschöpfung beeinflusst. LITERATUR Ein Vergleich mit früheren Befragungen für das Ver Auerswald, H. und G. Vogt (2010), »Zur Klimasensibilität der Wirtschaft arbeitende Gewerbe zeigt, dass der Anteil der negativ in der Region Dresden«, ifo Dresden berichtet 17(3), 15–23. durch Extremwetterereignisse beeinflussten deut Auerswald, H. und R. Lehmann (2011), »Auswirkungen des Klimawandels auf das Verarbeitende Gewerbe – Ergebnisse einer Unternehmensbefra schen Industriefirmen über das letzte Jahrzehnt deut gung«, ifo Dresden berichtet 18(2), 16–22. lich zugenommen hat. Zwar hat ein Teil dieser Un Berlemann, M. und M. Steinhardt (2017), »Climate Change, Natural ternehmen auch Vorkehrungen zur Minderung dieser Disasters, and Migration – A Survey of the Empirical Evidence«, CESifo Economic Studies 63(4), 353–385. negativen Einflüsse getroffen; deutlich mehr als die Hälfte aller Unternehmen, die Vorsorge für prinzipiell 54 ifo Schnelldienst 8 / 2020 73. Jahrgang 12. August 2020
FORSCHUNGSERGEBNISSE Frei, X. und J. Kowalewski (2013), Sektorale und regionale Betroffenheit durch den Klimawandel am Beispiel der Metropolregion Hamburg, HWWI Research Paper 139, Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut, Hamburg. IPCC – Intergovernmental Panel on Climate Change (2013), Climate Change 2013: The Physical Science Basis. Contribution of Working Group I to the Fifth Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change, Herausgeber: T. F. Stocker, D. Qin, G.-K. Plattner, M. Tignor, S. K. Allen, J. Boschung, A. Nauels, Y. Xia, V. Bex und P. M. Midgeley, Cambridge University Press, Cambridge. Lehmann, R. (2020), »The Forecasting Power of the ifo Business Survey«, CESifo Working Paper No. 8291. Mahammadzadeh, M. und H. Biebeler (2009), Anpassung an den Klima wandel, IW Analysen Nr. 37, Institut der deutschen Wirtschaft, Köln. Sauer, S. und K. Wohlrabe (Hrsg., 2020), ifo Handbuch der Konjunktur umfragen, ifo Beiträge zur Wirtschaftsforschung Nr. 88, ifo Institut, München. Umweltbundesamt (2019), Monitoringbericht 2019 zur Deutschen Anpas sungsstrategie an den Klimawandel, Dessau-Roßlau. ifo Schnelldienst 8 / 2020 73. Jahrgang 12. August 2020 55
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