IKEA, PISA und modische Menschen - Das neue Nordeuropabild junger Menschen in Deutschland

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NORDEN                               Band 20                                    S. 49-57              Bremen 2011

               IKEA, PISA und modische Menschen –
      Das neue Nordeuropabild junger Menschen in Deutschland

                                                  Daniel Schrödl*

1 Nordeuropa führend beim                                            durch Bevölkerungsrückgänge, Überalterungs-
  „Nation Branding“                                                  tendenzen sowie einen Mangel an jungen Men-
                                                                     schen und Fachkräften aus. Langfristig wird die
Die Erforschung, Erzeugung und Vermarktung von                       Zuwanderung von Hochqualifizierten unerlässlich,
Länderimages gewinnt seit Jahren an Bedeutung                        um die Innovations- und Wachstumspotenziale
(Anholt 2007; Dinnie 2008; Schrödl 2011). So werden                  ausschöpfen zu können. Ein weltweit gutes Image
im Rahmen des „Nation Brandings“ vermehrt natio-                     unter Jungen und Hochqualifizierten wird hierfür
nale Marketingstrategien mit dem Ziel forciert, das                  immer bedeutender.
eigene Image des Landes pro-aktiv zu beeinflussen
                                                                Natürlich kann die Vermarktung eines Länderima-
und das Land als unverwechselbare, einzigartige
                                                                ges nicht beliebig erfolgen, sondern muss stets
und zugleich breit akzeptierte Marke international zu
                                                                auf „realen Begebenheiten“ und bisherigen Wahr-
positionieren. Gleichzeitig gewinnen Rankings wie
                                                                nehmungen gründen. Beispielsweise lässt sich
der „Nation Brand Index“ oder der „Country Brand
                                                                Skandinavien nur schwer als mediterran verkaufen.
Index“ an Bedeutung, an Hand derer das internatio-
                                                                Und weite Teile Lapplands wird man wohl nie als
nale Renommee von Ländern erfasst und verglichen
                                                                besonders jung, urban und trendy vermarkten kön-
wird (Nation Branding 2011). Die Imagekonstruktion,
                                                                nen. Trotzdem bleibt den „Vermarktern“ eines Landes
–messung und -vermarktung erfolgt dabei immer
                                                                stets genügend Spielraum, gewisse Eigenschaften
professioneller, wissenschaftsbasierter und zugleich
                                                                eines Landes zielgruppenorientiert zu betonen oder
kommerzieller. Insbesondere folgende Gründe erklä-
                                                                andere Eigenschaften zu vernachlässigen. Der stark
ren diese Entwicklung (Dinnie 2008; Kotler/Gertner
                                                                konstruktivistische Charakter des Nation Brandings
2002; Schrödl 2011):
                                                                ist deutlich erkennbar.
• Globalisierung sowie neue Informations- und
                                                                   Die vergleichsweise kleinen, innovations- und
   Kommunikationstechnologien: Damit einher geht
                                                                exportorientierten nordischen Länder scheinen im
   ein sich verstärkender weltweiter Wettbewerb
                                                                Länderwettbewerb zuletzt besonders erfolgreich zu
   zwischen Ländern, Regionen und Städten um
                                                                agieren. So belegen Finnland (Platz 8), Schweden
   die Aufmerksamkeit immer mobiler werdender
                                                                (Platz 10), Norwegen (Platz 13) und Dänemark (Platz
   Investoren sowie kaufkräftiger Konsumenten,
                                                                19) beim aktuellen Country Brand Index 2010 vordere
   Touristen und Besuchern.
                                                                Plätze (Deutschland Platz 11) und zählen zu den Ge-
• Gesättigte Märkte und „bedarfsfreier“ Konsum:                 winnern der letzten Jahre (Nation Branding 2011). Ob
   Zeichen und Symbole, Ästhetik und Stil als                   sich damit auch die weltweite Bekanntheit und Attrak-
   Grundlage einer erfolgreichen Imagebildung und               tivität unter jungen Menschen und Hochqualifizierten
   vermarktung rücken in den Vordergrund von Pro-               – wichtigste Zielgruppe in der Wissensgesellschaft
   duktion, Bedürfniserzeugung und Konsumption.                 – nachhaltig verbessern lässt, bleibt bislang offen.
   Insbesondere die regionale und nationale Her-                Das Nordeuropabild genau dieser Gruppe ist im Fol-
   kunft von Produkten als Zeichen beispielsweise               genden Gegenstand der Analyse und Diskussion. An
   für Qualität, Kreativität, Funktionalität oder sozial        Hand empirischer Untersuchungen im süddeutschen
   und ökologisch nachhaltige Produktionsverfahren              Raum soll der Frage nachgegangen werden, was
   spielen dabei eine zentrale Rolle. Unternehmen               junge, hochqualifizierte Menschen in Deutschland
   versuchen davon zu profitieren.                              über die nordeuropäischen Länder wissen, was sie
• Demographischer Wandel und Fachkräfteman-                     damit verbinden, was sie sich darunter vorstellen und
   gel: Europäische Länder zeichnen sich verstärkt              wie diese Vorstellungen zustande kommen.

*Daniel Schrödl, NORD/LB Regionalwirtschaft, Friedrichswall 10, 30449 Hannover (E-Mail: D.Schroedl@gmx.de)
50                                                 D. Schrödl                                        Norden 20

2 Untersuchungsansatz und -umfang                        Bilder. Je nach sozialer Einbettung, Interesse, Kapa-
                                                         zität und Kompetenz werden diese individuell sehr
Die vorliegende Untersuchung knüpft an beste-
                                                         unterschiedlich perzipiert und verarbeitet (Schrödl
hende wahrnehmungsgeographische Ansätze an.
                                                         2011; Werken 2000: S.183).
Demnach ist das Länderimage als Gesamtbild bzw.
                                                            Die Untersuchung der Images nordeuropäischer
Gesamteindruck einer einzelnen Person oder einer
                                                         Länder fand im Winter 2009 in den Mensen, Cafete-
bestimmten Gruppe von einem Land zu verstehen.
                                                         rias, Seminar-, Aufenthalts- und Kommunikationsräu-
Dabei zeichnet sich die individuelle und subjektive
                                                         men der Universität Würzburg sowie in den Studen-
Wahrnehmung eines Landes durch starke Anhän-
                                                         tenwohnheimen Würzburgs statt. Insgesamt wurden
gigkeiten zum Informations- bzw. Wissensstand
                                                         758 Studierende befragt, wovon 61% weiblich und
sowie zur soziokulturellen Einbettung einer Person
                                                         39% männlich waren, 13 % unter 21 Jahre, 41 %
aus (Schrödl 2011; Werlen 2000: S.180ff). Gleich-
                                                         21 und 22 Jahre, 28 % 23 und 24 Jahre sowie 18 %
zeitig bildet diese Wahrnehmung die Grundlage für
                                                         über 24 Jahre alt. Der Anteil der Studierenden der
spätere Entscheidungen und Handlungen (Werlen
                                                         Kulturwissenschaften war mit 44% relativ hoch (bei
2000: S.182), beispielsweise im Norden Europas
                                                         Studienfächern waren Mehrfachnennungen mög-
zu studieren bzw. dort zu arbeiten. Während „Men-
                                                         lich). Niedriger waren die Anteile der Studierenden
tal Map“-Ansätze der Geographie häufig kognitive
                                                         aus den Natur- (22 %), Geo- (19 %), Sozial- (15 %),
Aspekte und räumliche Elemente wie Wege, Gren-
                                                         Wirtschafts- (11 %), Medizin- (6 %), und Rechtswis-
zen, Barrieren und Landmarks der Wahrnehmung
                                                         senschaften (6 %). Die Abfrage von Werte- und In-
überbetonen (Lynch 1960), berücksichtigen neuere
                                                         teressensstrukturen ermöglichte eine Mitberücksich-
psychologische Ansätze zur Länderimageforschung
                                                         tigung von Lebensstilaspekten. Die fünf wichtigsten
stärker emotionale bzw. affektive Aspekte.
                                                         Werte und Interessen (50-65 %) der Befragten waren
  Insbesondere die Weiterentwicklung des Einstel-
                                                         Familie, Reisen, Spaß haben, Unabhängigkeit und
lungskonzepts von Ajzen/ Fishbein (1975: S.6) ist
                                                         Musik. Da 63 % der Befragten aus Bayern, 10 % aus
geeignet, um die komplexe Entstehung der Lände-
                                                         Baden-Württemberg, 7 % aus Hessen und lediglich
rimages umfassend zu untersuchen. Dabei werden
                                                         je 6 % aus den westlichen, nördlichen und östlichen
folgende drei, sich gegenseitig beeinflussende
                                                         Bundesländern stammen, geben die Ergebnisse
Komponenten berücksichtigt (Roth/Diamantopolous
                                                         vor allem Auskunft über das Nordeuropabild junger
2009; Schrödl 2011):
                                                         hochqualifizierter Menschen aus Süddeutschland.
• Kognitive Komponente: Diese umfasst Erfah-
                                                         Gleichzeitig ist die Anzahl der aus Nord- und West-
    rungen, Meinungen und Informationen über ein
                                                         deutschland stammenden Befragten hoch genug,
    Land. Es sind die bewussten, im Gedächtnis
                                                         um innerdeutsche Vergleiche anstellen zu können.
    gespeicherten Inhalte, die zur Bewertung eines
                                                         Die Interviews dauerten in der Regel ca. zehn Minu-
    Landes zur Verfügung stehen.
                                                         ten und umfassten folgende Teile:
• Affektive Komponente: Diese umfasst die emo-
                                                         • Images der nordeuropäischen Länder: Zu Beginn
    tionale Einstellung zu einem Land bzw. dessen
                                                             der Befragung wurden die Probanden gebeten,
    gefühlsmäßige und meist prä-reflexive Bewertung
                                                             freie Assoziationen jeweils mit Finnland, Schwe-
    (z.B. positives Grundgefühl gegenüber Land X,
                                                             den, Norwegen und Dänemark zu äußern (max.
    negatives gegenüber Land Y). Sie beruht nicht
                                                             fünf pro Land). Dadurch wurden kognitive Kom-
    auf kognitiven Inhalten und Prozessen, sondern
                                                             ponenten der Länderimages erfasst. Im weiteren
    auf einer rein affektiven Haltung.
                                                             Verlauf der Befragung wurden die Studierenden
• Konative Komponente: Diese bezieht sich auf das            aufgefordert, möglichst schnell und „aus dem
    Verhalten bzw. die Handlungsbereitschaft gegen-          Bauch heraus“ 14 Eigenschaften wie z.B. sym-
    über einem Land (z.B. Bereitschaft, in Schweden          pathisch, europäisch, kreativ oder sportlich dem
    oder Norwegen Urlaub zu machen).                         nordeuropäischen Land zuzuordnen, auf das die
Für die weitere Analyse von Länderimages ist da-             entsprechende Eigenschaft am ehesten zutrifft.
rüber hinaus eine Unterscheidung in (a) direkte,             Auf diese Weise konnten affektive und konative
selbst gemachte, leibliche Erfahrungen vor Ort z.B.          Elemente erfasst werden.
in Finnland und (b) indirekte, vermittelte und kom-      • Nordeuropaerfahrung: Die Studierenden wurden
munizierte Bilder und Informationen über Länder von          befragt, ob und wie häufig sie bereits jeweils
Bedeutung. Letztere basieren auf der selektiven, be-         Finnland, Schweden, Norwegen und Dänemark
wussten oder unbewussten, diskursiv eingebetteten            besucht haben; erfragt wurden auch die wich-
Verwendung und Zirkulation von Schrift, Zeichen und          tigsten Gründe und Motive für ihre Besuche (z.B.
Symbolen. Dazu gehören beispielsweise in Literatur           Urlaub und Reisen, Kurzurlaub und Städtetrip,
und Film, in Gestalt objektiver Karten, Luftbilder und       Studium und Praktikum, Verwandte und Bekann-
Statistiken, durch die tägliche Medienberichterstat-         te). Schweden-, Norwegen-, Dänemark- bzw.
tung, über politische Debatten, durch international          Finnland-erfahren sind demnach alle Personen,
bedeutsame Sport- und Kulturevents oder gezielte             die bereits mindestens einmal das entsprechende
Marketingmaßnahmen erzeugte und verbreitete                  Land besucht haben.
Norden 20           IKEA, PISA u. modische Menschen - Das neue Nordeuropabild junger Menschen in Deutschland   51

•   Entstehung des Images: Die Studierenden wur-             Nordeuropaerfahrung junger Menschen in Deutsch-
    den gebeten, unterschiedliche Einflussfaktoren           land thematisiert.
    wie Literatur, Filme, Politik, Sport oder Länder-          Die Mehrheit der befragten Studierenden war
    rankings bei der Entstehung ihres Finnland- und          noch nie in einem nordeuropäischen Land. 26 %
    Schweden-Images an Hand einer Skala von 1                der Studierenden haben immerhin bereits ein Land
    (= überhaupt nicht) bis 6 (= sehr stark) zu ge-          im Norden besucht, weitere 12 % zwei Länder und
    wichten.                                                 5 % drei oder mehr Länder. Während in Dänemark
                                                             mehr als ein Drittel der Befragten und in Schweden
                                                             mehr als ein Fünftel der Befragten waren, besuchte
3 Nordeuropaerfahrung
                                                             nur jede/r Zehnte Norwegen und jede/r Zwanzigste
In den folgenden Kapiteln werden die Ergebnisse der          Finnland.
Studie dargestellt und diskutiert. Zunächst wird die

Abb. 1:     Anteil der Personen, die bereits Finnland, Schweden, Norwegen und Dänemark besuchten
52                                                  D. Schrödl                                         Norden 20

  Vergleicht man die verschiedene Teilregionen            4.1 Schweden – der gutaussehende, modische
Deutschlands miteinander, treten deutliche Unter-             „Superstar“ des Nordens
schiede zu Tage (Abb. 1). Während die deutliche           Kein anderes nordeuropäisches Land ist bei jungen
Mehrheit der aus den nördlichen und östlichen             Deutschen so bekannt und beliebt wie Schweden.
Bundesländern stammenden Studierenden bereits             Kaum einem/r Befragten ist es schwer gefallen, fünf
mindestens ein nordeuropäisches Land besucht              Assoziationen mit diesem Land aufzuzählen. Keinem
hat (81 bzw. 62 %), stellt der Norden für die meisten     anderen Land wurden derart viele (positive) Eigen-
Süddeutschen weiterhin ein „unbeschriebenes Blatt“        schaften zugewiesen.
dar. Die geographische Nähe Norddeutschlands                Während frühere Generationen mit Schweden vor
insbesondere zu Dänemark und Schweden spielt              allem idyllisch-harmonische, ländliche Kultur- und
dabei eine entscheidende Rolle. Anders sieht es beim      Naturlandschaften (rote Häuser, Seen, Wälder, Mi-
Reiseziel Finnland aus. Innerdeutsche Unterschiede        chel aus Lönneberga usw.), eine starke Anti-Atom-
fallen hier relativ gering aus. Finnland wird in nahezu   bewegung, geringe soziale Unterschiede und den
allen Regionen Deutschlands als besonders weit            sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaat verbanden,
entfernt und schwer erreichbar wahrgenommen. Es           gilt das Land heute unter jungen Deutschen als aus-
behält weiterhin den Status eines vergleichsweise         gesprochen modern, urban, weltoffen, kreativ, stilvoll
exotischen Reiseziels.                                    und gutaussehend. Es ist attraktiv und erfolgreich.
  Ein Blick auf die Altersstrukturen der Besucher         Es ist ein Land, das neuen Technologien besonders
zeigt: Dänemark ist nach wie vor das typische Fa-         offen gegenübersteht, das schnell Moden und Trends
miliensommerreiseziel, das häufig in Kindheit und         aufgreift und selbst bestimmt, das in Design und Mu-
Jugend besucht wurde, aber für Studierende momen-         sik weltweit führend ist und zugleich sehr sozial ist.
tan wenig attraktiv erscheint. Anders die Länder Nor-       Im Gegensatz zu seinen nordischen Nachbarn
wegen, Schweden und bedingt Finnland, die immer           dominieren nicht Naturelemente die Schweden-
häufiger zum studentischen Reiseziel werden.              wahrnehmung, sondern Menschen, Kultur- und
  Betrachtet man die Besuchsgründe pro Land, so           Konsumgüter. Dazu tragen insbesondere die beiden
fällt auf: Dänemark und Norwegen sind überdurch-          schwedischen „Lifestyle-Giganten“ IKEA und H&M
schnittlich häufig Ziele für einen längeren Urlaub,       bei, über die die meisten Deutschen heutzutage
während Schweden und Finnland recht oft im Rah-           einen ersten Zugang zu dem Land finden. Die he-
men eines Städtetrips und einer Kurzreise (je 33 %),      rausragende Rolle von IKEA lässt den Schluss zu,
einer Veranstaltung und eines Events (8-10%), eines       dass sich das Schweden- und das IKEA-Image der-
Studiums oder Praktikums (7-10 %) oder eines Be-          zeit gegenseitig positiv verstärken. Zugleich ist damit
suchs von Freunden, Bekannten oder Verwandten             aber auch eine gewisse Abhängigkeit und zukünftige
(20-29 %) bereist werden. Insgesamt fällt auf, dass       Gefahr verbunden.
sowohl Billigflugdestinationen in Schweden und Finn-        Weiterhin bestehen gewisse Stereotypen wie
land (z.B. Göteborg, Stockholm, Helsinki, Tampere)        „Blondinen“ und „Elche“, die dem Land überdurch-
als auch die guten Studienbedingungen in diesen           schnittlich häufig zugewiesen werden und zugleich
beiden Ländern als Pluspunkte wahrgenommen                das Image positiv erscheinen lassen. Auch die
werden.                                                   Bedeutung der „Astrid-Lindgren-Welten“ bei der
  Überdurchschnittlich beliebt ist der Norden Europas     Konstruktion des Schwedenbildes junger Deutscher
bei Natur- und Politikinteressierten. Naturinteressier-   bleibt weiterhin bestehen.
te zieht es dabei überdurchschnittlich häufig nach          Unterschiede hinsichtlich des Schwedenbilds
Norwegen, Politikinteressierte nach Schweden und          bestehen zwischen den Schweden-Erfahrenen und
Finnland.                                                 –Unerfahrenen. Während Studierende, die noch nie
                                                          in Schweden waren, vor allem Blondinen und IKEA
4 Das Image der nordeuropäischen                          mit dem Land verbinden, assoziieren Schweden-
  Länder                                                  Erfahrene viel stärker Naturlandschaften (Seen, Wäl-
                                                          der, rote Häuser, Schnee) und Stockholm. Schwe-
Die Länderimages Schwedens, Norwegens, Däne-              denbesuche führen teilweise dazu, dass Schweden
marks und Finnlands wurden an Hand von                    als gar nicht mehr so herausragend gutaussehend,
• Assoziationen (kognitive Komponente des Län-            unkonventionell und kreativ gelten.
    derimages) und                                          Insgesamt zeigt sich, dass es Schweden stärker
• zügigen Zuordnungen von Eigenschaften (affek-           als seinen nordischen Nachbarn gelingt, sich nicht
    tive Komponente des Länderimages)                     nur als „kaltes Land“ mit beeindruckenden Naturland-
erhoben. In Tab. 1 werden die 20 häufigsten Asso-         schaften zu positionieren, sondern als „cooles Land“
ziationen mit den Ländern dargestellt, in Abb. 2 die      mit moderner Kultur (v.a. Musik, Mode, Film) und
Ergebnisse von Eigenschaftszuweisungen. Beide             jungen, weltoffenen Lebensstilen. Die sehr offensiven
Darstellungen bilden im Folgenden den Ausgangs-           Selbstvermarktungsstrategien des Landes scheinen
punkt der Diskussion.                                     sehr erfolgreich zu sein.
Norden 20           IKEA, PISA u. modische Menschen - Das neue Nordeuropabild junger Menschen in Deutschland         53

Tab. 1:     Die 20 am häufigsten Assoziation mit Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland

          Schweden                   Norwegen                     Dänemark                        Finnland
 IKEA                54%     Fjorde              37%      Kopenhagen          27%        Sauna                 24%
 Stockholm           20%     Oslo                21%      Lego(land)          10%        Kalt, Kälte           20%
 Elche               16%     Kalt, Kälte         19%      Nachbar             10%        Helsinki              18%
 Astrid
                     15%     Schnee              9%       Strand              9%         Seen                  18%
 Lindgren
 Blonde Haare        14%     Erdöl               9%       Urlaub              8%         Nokia                 12%
 Seen                8%      Elche               7%       Nordsee             8%         Wald                  9%
 Blondinen           7%      Pullover            6%       Meer                7%         Schnee                8%
 Kalt, Kälte         7%      Fisch               6%       Königl. Familie     7%         PISA                  8%
 Abba                6%      teuer               6%       Kalt, Kälte         6%         Bildungssystem        7%
 H&M                 6%      Natur               5%       Meerjungfrau        6%         Sprache               7%
 Rote Häuser         5%      Landschaft          5%       Ostsee              5%         Mika Häkkinen         6%
 Königl.
                     5%      Berge               5%       Hot dogs            5%         Dunkel                6%
 Familie
 Frauen              5%      Wald                4%       Dünen               5%         Rentiere              5%
 teuer               5%      Dunkel              4%       Inseln              4%         Skispringen           4%
 Flagge              5%      Polarlicht          4%       Flagge              4%         Alkohol               4%
 Knäckebrot          4%      Wikinger            3%       Käse                4%         Lordi                 3%
 Pippi Langstr.      4%      Skilanglauf         3%       Fähre               4%         Elche                 3%
 Köttbullar          4%      Seen                3%       Kronen              4%         Metal                 3%
 Schnee              4%      Nordkap             3%       Königin             3%         Lappland              3%
                                                                                         Kimi                  3%
 Fußball             4%      Bergen              3%       teuer               3%
                                                                                         Räikkönen

4.2 Norwegen – das teure, verschlossene                      gemütlich und sehr sportlich, relativ selten jedoch
    „Traumreiseland“ des Nordens                             als kreativ, innovativ, weltoffen und europäisch. Es
Das Norwegen-Image wird von der Vorstellung                  entsteht ein Bild eines zwar reichen, aber relativ
beeindruckender Naturlandschaften mit vielen                 traditionsbewussten und nach außen etwas ver-
touristischen Highlights, kalten klimatischen Be-            schlossenen Landes.
dingungen und Wohlstand durch Erdöl und Fisch                  Während sich das Bild eines eher anti-europäischen
geprägt. Mit kaum einem anderen nordischen Land              und vergleichsweise wenig innovativen Landes bei
werden derart viele Natur- und Landschaftselemente           Norwegen-Erfahrenen durch einen Besuch verfestigt,
assoziiert: Fjorde, Berge, Landschaft, Natur, Seen,          werden von den Norwegen-Erfahrenen im Vergleich
Wald, Nordkap und Polarlichter. Kaum ein anderes             zu den Unerfahrenen ansonsten deutlich mehr po-
Land Europas gilt als derart kalt und dunkel. Gleich-        sitive Eigenschaften dem Land zugeordnet. Dazu
zeitig sind die norwegische Kultur, die Geschichte           zählen v.a. die Eigenschaften sympathisch, sozial,
und Politik des Landes den jungen Menschen in                gutaussehend und erfolgreich.
Deutschland weitgehend unbekannt. International                Auffällig ist, dass Norwegen-Unerfahrene deutlich
bedeutsame Künstler, Schriftsteller und Komponisten          häufiger den Norwegen-Pullover sowie Kälte und
wie Munch, Grieg oder Ibsen werden von jungen                Dunkelheit mit dem Land verbinden als Norwegen-
Deutschen nur extrem selten mit Norwegen in Ver-             Erfahrene. Der Norwegen-Pullover scheint demnach
bindung gebracht.                                            sehr gut als Vermarktungsgegenstand nach außen
   Sehr bekannt ist den jungen Menschen in Deutsch-          besonders gut geeignet zu sein.
land, dass Norwegen ein sehr teures und wirtschaft-            Inwiefern sich der Massenmord auf der Insel Utøya
lich erfolgreiches Land ist. Vor allem die Rolle als         im August 2011 auf das Image Norwegens auswirkt,
wichtiger Erdölproduzent in Europa und die Nicht-            kann an dieser Stelle nur angenommen werden. Die
Mitgliedschaft in der EU werden gesehen.                     Dramaturgie der Ereignisse, aber auch die Art und
   Die Norweger/innen gelten im Vergleich zu ihren           Weise, wie Norwegen diese nationale Tragödie ver-
nordischen Nachbarn als besonders traditionell,              arbeitet haben, werden sicherlich nachhaltige Spuren
                                                             in der Norwegenwahrnehmung zeigen.
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Tab. 1:   Die 20 am häufigsten Assoziation mit Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland

4.3 Dänemark – der gemütliche „Nachbar“ im               anmutende Integrationspolitik Dänemarks scheinen
    Norden                                               sich signifikant im Dänemarkbild niederzuschlagen.
Aus Sicht der befragten jungen Deutschen ist Dä-         4.4 Finnland – das innovative „Vorbild“ des
nemark der kleine gemütliche Nachbar im Norden.              Nordens
Einerseits ist die Lage Dänemarks in direkter Nach-
                                                         Deutlich anders sieht das Finnlandbild aus. Zwar ist
barschaft zu Deutschland weitgehend bekannt. Dä-
                                                         Finnland im Vergleich zu Schweden, Norwegen und
nemark gilt daher (aus mitteleuropäischer Perspek-
                                                         Dänemark das unbekannteste Land Nordeuropas
tive) auch als besonders europäisch. Andererseits
                                                         (durchschnittlich nur 2,7 genannte Assoziationen; 5
tragen Assoziationen wie Strand, Urlaub, Nord- und
                                                         waren maximal möglich). Gleichzeitig zeichnet sich
Ostsee, Meer, Dünen, Inseln, Fähre, Meerjungfrau
                                                         das Finnlandbild durch ein klar abgrenzbares und
und Legoland dazu bei, dass das Land als gemüt-
                                                         modernes Image aus.
liches, entspannt-gemächliches Familiensommer-
                                                         In den Augen junger Menschen aus Deutsch-
reiseziel wahrgenommen wird. Obwohl es das am
                                                         land zeichnet sich Finnland vor allem aus durch
häufigsten besuchte nordische Land ist, erweckt
                                                         besonders raue und ungünstige Lebensbedingungen
das fast vollständige Fehlen der gegenwärtigen dä-
                                                         (kalt, dunkel, Schnee),
nischen Kultur, Gesellschaft, Wirtschaft und Politik
in der Wahrnehmung den Eindruck eines sich im            • unberührte Naturlandschaften (Seen und Wälder,
„Dornröschenschlaf“ befindlichen Landes. Vor allem          Rentiere und Elche, Lappland),
der geringe Bekanntheitsgrad großer dänischer Un-        • kulturelle Besonder- und Eigenheiten (Sauna,
ternehmen und Marken gilt als Erklärung hierfür. Im         Sprache, Alkohol, Metal Musik, Lordi),
Gegensatz zu Schweden ist es Dänemark bislang            • „verrückte“ Skispringer und Rennfahrer (Skisprin-
überhaupt noch nicht gelungen, sich in Deutschland          gen, Mika Häkkinen, Kimi Räikkönen) und
als jugendliches, modisches, trendbewusstes, krea-
                                                         • zugleich High Tech, Innovation und Bildung (No-
tives und innovatives Land zu positionieren. Weder
                                                            kia, PISA, Bildungssystem).
die beachtliche Entwicklung Kopenhagens der letz-
ten Jahren (Architektur, Mode, Lebensstile, Kultur,      Es zeigt sich, dass nicht der ebenso nördlich gele-
Musik, Christiania) noch die dazu teilweise konträr      gene Nachbar Schweden als besonders kalt, dunkel
Norden 20           IKEA, PISA u. modische Menschen - Das neue Nordeuropabild junger Menschen in Deutschland   55

Tab. 1:     Die 20 am häufigsten Assoziation mit Schweden, Norwegen, Dänemark und Finnland

und schneereich gilt, sondern vor allem Finnland.            der letzten Jahre zu großer Bekanntheit gebracht
Gleiches gilt für soziale Probleme in Nordeuropa wie         und werden eindeutig mit Finnland assoziiert. Trotz
Alkoholismus, Depression, Gewalt oder Selbstmord.            wahrgenommener harter klimatischer Bedingungen
Auch hier gehen viele junge Deutsche davon aus,              und sozialer Probleme gilt Finnland heute aufgrund
dass diese Phänomene in Finnland deutlich stärker            seiner Technikorientierung in der Gesellschaft und
zu Tage treten als in Norwegen und Schweden. Auf-            seines PISA-getesteten Bildungssystems als das
fällig sind zwei weitere Aspekte. Zum einen zeigen die       große Vorbild für Deutschland. Finnland gelingt es
Assoziationen und Eigenschaftszuweisungen, dass              in den Augen vieler Deutscher sehr gut, unter dem
Finnen/innen – im positiven Sinne – als etwas ko-            Vorzeichen zunehmender Globalisierung und Wett-
misch, „verrückt“ einschätzen. Gewisse Parallelen zu         bewerbsverstärkungen innovativ und unkonventionell
den skurrilen Finnlandbildern in Kaurismäki-Filmen           zu agieren.
sind nicht zu leugnen. Finnen/innen als still und me-          Besonders attraktiv sind die Finnen/innen in den
lancholisch, aber auch unangepasst, unkonventionell          Augen junger Deutscher allerdings nicht. Attribute
und schrill. Damit unterscheidet sich das Finnlandbild       wie stilvoll, sympathisch, europäisch und gut aus-
deutlich vom eher „Mainstream“-geprägten, „massen-           sehend wurden auffällig selten Finnland zugeordnet.
kompatiblen“ Schwedenbild. Zum Anderen werden                Finnisches Design, finnische Mode und finnische
mit Finnland deutlich häufiger als beispielsweise mit        Schönheiten sind kaum bekannt oder werden von
Schweden Natur und Landschaften assoziiert. Insbe-           der starken Wahrnehmung des „großen Nachbarn“
sondere Lappland und Rentiere werden in den Mental           Schweden überdeckt. Ebenso völlig unbekannt ist
Maps fast ausschließlich Finnland, und nicht den             die besondere Rolle Finnlands in den Weltkriegen
anderen nordeuropäischen Ländern, zugeordnet.                sowie während des Kalten Krieges.
   Die größten Alleinstellungsmerkmale der Wahrneh-            Finnland ist das nordeuropäische Land, bei dem
mung Finnlands hingegen sind High Tech, Innovation           die Wahrnehmungen der Besucher des Landes am
und Bildung. Keinem anderen nordeuropäischen                 positivsten und stärksten von den Wahrnehmungen
Land wurden derart häufig zukunftsrelevante At-              der Nicht-Besucher abweichen. Wer also Finnland
tribute zugewiesen. Nokia, PISA und ein gutes                einmal persönlich besucht hat, hat nach seinem Be-
Bildungssystem haben es in Deutschland innerhalb             such ein deutlich positiveres Bild von diesem Land.
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Besucher verbinden mit Finnland nicht nur heraus-        3. Im finnisch-schwedischen Vergleich zeigt sich,
ragend häufig die Eigenschaften innovativ, kreativ,         dass sowohl Literatur (z.B. Romane, Kinderbü-
unkonventionell und erfolgreich, sondern auch eine          cher) als ach Filme (z.B. Krimis, Verfilmungen,
internationale und offene Ausrichtung (europäisch,          Serien) bei der Entstehung des Schwedenbilds
weltoffen) und größere Attraktivität (gut aussehend,        eine überdurchschnittlich große und bei der Ent-
sympathisch).                                               stehung des Finnlandbilds eine relativ geringe
                                                            große Rolle spielen. Während schwedische
                                                            Literatur (z.B. Astrid Lindgren, Henning Mankell,
5 Entstehung und Beeinflussung der
                                                            Stieg Larsson), schwedische Figuren (z.B. Pippi
  Länderimages                                              Langstrumpf, Nils Holgersson) und schwedische
Zwischen der Länderimageentstehung und dem stets            Filme (z.B. „Wie im Himmel“) in Deutschland sehr
sozial und kulturell beeinflussten Informations-, Kom-      stark prägend und vielfach gewöhnlicher Teil der
munikations- und Mediennutzungsverhalten einer              Sozialisation sind, trifft dies auf finnische Literatur
Person bestehen klare Zusammenhänge. Im Fall der            und finnische Filme nicht zu. Einerseits werden
nordischen Länder spielen vor allem über Medien und         international bekannte Figuren und Geschichten
das soziale Umfeld vermittelte Informationen eine           wie z.B. die Mumins nicht mit Finnland verbunden.
wichtige Rolle, weil insbesondere Süddeutsche nur           Andererseits sind finnische Autoren (z.B. Elias Lö-
relativ selten selbst den Norden bereisen und selten        nnrot, Mika Waltari, Arto Paasilinna, Matti Rönkä)
ein auf eigenen Erfahrungen basierendes Bild vor            und Filme (z.B. der Kaurismäki-Brüder) nur einer
Ort machen.                                                 kleinen Gruppe in Deutschland bekannt.
  In Abb. 3 wird dargestellt, wie stark verschie-        4. Für das Schwedenbild ebenfalls von relativ großer
dene Faktoren die Entstehung der Finnland- bzw.             Bedeutung sind die Einflussfaktoren Kunst und
Schweden-Images junger Menschen in Deutschland              Kultur, Musik, Mode und Design. Schwedische
beeinflussen. Dabei zeigt sich:                             Mode- und Designmarken (z.B. H&M, Akne, Björn
1. Der bedeutendste Einflussfaktor zur Bildung eines        Borg, Gina Tricot, Fjällräven, Haglöfs, Hydman-
    Länderimages unter jungen Menschen ist das              Vallien) sind ebenso wie Musikbands (z.B. Abba,
    persönliche soziale Umfeld. Erzählungen und             Roxette, The Hives, The Ark, Mando Diao) deutlich
    Bilder von Freunden, Bekannten und Verwandten           präsenter und in der breiten Masse bekannter als
    sind dabei besonders relevant. Von zunehmender          finnische. Das ursprünglich international sehr re-
    Bedeutung sind in diesem Zusammenhang auch              nommierte finnische Design, finnische Architektur
    soziale Online-Netzwerke wie Facebook, die              (z.B. Aalto) und finnische Mode (z.B. Marimekko)
    eine Plattform zur persönlichen Selbstdarstellung       sind unter jungen Deutschen ebenso unbekannt
    sowie zur Positionierung von Fotos, Videos und          wie Musik aus Finnland (z. B. Sibelius, diverse
    Links bieten. Die Bedeutung von Mund-zu-Mund-           Hardrock- und Metalbands). Lediglich die Band
    Propaganda und der Ansprache sogenannter                Lordi scheint mit ihrem skurrilen Auftritt und Sieg
    „Meinungsführer“ in sozialen Gruppen bei Aktivi-        beim Eurovision Songcontest vor einigen Jahren
    täten des Nation Brandings wird deutlich.               in Mitteleuropa einen bleibenden und prägenden
2. Massenmedien spielen bei der Länderimage-                Eindruck hinterlassen zu haben.
    Bildung weiterhin eine wichtige Rolle. Vor allem     5. Der Lifestyle Global Player IKEA ist für die Ent-
    Berichterstattungen im Fernsehen (Nachrichten,          stehung und Prägung des Schwedenimages
    Reportagen usw.) sowie in Büchern, Bildbänden,          von sehr großer Bedeutung. Ein Besuch einer
    Fotokalendern, Reiseführern und Zeitschriften           IKEA-Filiale in Deutschland hinterlässt demnach
    sind hierbei relevant. Typische Schweden-Be-            deutliche Spuren und fördert die Entstehung
    richterstattungen sind Beiträge und Meldungen           eines positiven Schwedenbilds. Anders sieht
    etwa über betrunkene und randalierende Elche,           es bei der finnischen Marke Nokia aus. Im Ver-
    über das königliche Stockholm, über Mittsommar,         gleich zu IKEA eignet sich Nokia weniger gut zur
    das Sommerleben im roten Holzhäuschen in                Finnland-Vermarktung. Gleichzeitig wurde in der
    den Schären oder Hintergründe über das IKEA-            Nokia-Vermarktung bislang nie explizit Bezug zu
    Imperium Kamprad. Typische Berichterstattungen          Finnland genommen. Trotzdem zeigt die Befra-
    über Finnland sind Reportagen über Mensch,              gung, dass Nokia – trotz der Werksschließungen
    Kultur, Natur und Aktivitäten insbesondere in           im Ruhrgebiet in den letzten Jahren - insgesamt
    Lappland (z.B. Sami, Rentiere, Fischen, Trekking,       zu einem modernen, technikorientierten Image
    Wälder, Seen, Kanu, Nordlichter), über exotische        Finnlands beiträgt.
    und „verrückte“ finnische Wettkampfarten (z.B.       6. Bei der Entstehung des Finnlandimages spielen
    Sauna-WM, Handyweitwurf, Frauentragen usw.),            einerseits politische und gesellschaftliche Diskus-
    Saunatraditionen und über den Winter im Norden          sionen sowie andererseits Statistiken und Län-
    (z.B. Ski, Hundeschlitten, Weihnachtsmann in Ro-        dervergleiche eine bemerkenswert große Rolle.
    vaniemi, Eisburgen und -hotels, Eisschwimmen,           Es sind vor allem Diskussionen um das finnische
    Schneemobil, Eisbrecher der Ostsee).                    Bildungssystem und dessen (mögliche) Vorbild-
Norden 20         IKEA, PISA u. modische Menschen - Das neue Nordeuropabild junger Menschen in Deutschland             57

   funktion für Deutschland sowie Ländervergleiche         Literatur
   im Rahmen der PISA-Studie oder zu den Themen
                                                           AJZEN, I. & FISHBEIN, M. (1975): Understanding attitudes and
   Innovation und Technologieorientierung, die das         predicting social behaviour. New Jersey.
   Finnlandbild prägen. Damit ist das Finnlandbild
                                                           ANHOLT, S. (2007): Competitive Identity. The New Brand Manage-
   deutlich politischer als das Schwedenbild. Anders-      ment for Nations, Cities and Regions. New York.
   herum ist das Schwedenbild deutlich kultur- und
                                                           DINNIE, K. (2008): Nation Branding – Concepts, Issues, Prac-
   konsumorientierter als das Finnlandbild.                tices. Oxford.
7. Sport, Sportler und Sportereignisse spielen bei der     KOTLER, P./GERTNER, D. (2002): Country as a Brand, Product,
   Wahrnehmung vor allem Finnlands eine nicht zu           and beyond: a Place Marketing und Brand Management Perspec-
   unterschätzende Rolle. Insbesondere die Formel          tive. In: Journal of Brand Management 9.4/5, 249-261.
   1-Fahrer Räikkönen und Häkkinen, Skispringen            LYNCH, KEVIN (1960): The Image of the City. Cambridge Mass
   sowie andere Wintersportarten (z.B. Eishockey)          NATION BRANDING (2011): 2010 Country Brand Index: Brand
   sind prägend und tragen – stärker als im Fall           value goes North. http://nation-branding.info/2010/11/24/2010-
   Schweden – zur Bekanntheit Finnlands bei.               country-brand-index-brand-value-goes-north (letzte Überprüfung
                                                           am 24.06.2011).
                                                           ROTH, K./DIAMANTOPOULOS, A. (2009): Advancing the country
6 Fazit: Der Norden Europas – „kalt“                       image construct. In: Journal of Business Research 62.7, 726-
                                                           740.
  und „cool“
                                                           SCHRÖDL, D. (2009): Das Image des Nordens. Eine Untersu-
Der Norden Europas zeichnet sich durch einen               chung am Beispiel der Studierenden in Würzburg. Geographisches
tiefgreifenden soziokulturellen, ökonomischen und          Institut Würzburg.
räumlichen Strukturwandel aus, der sich mittler-           SCHRÖDL, D. (2011): PISA, Nokia, Sauna. Ein neues Finnland-
weile auch in der Wahrnehmung junger Menschen              bild junger Menschen in Deutschland. In: Lenk, Hartmut (Hrsg.):
in Deutschland niederschlägt. In den Hintergrund           Finnland – Geschichte, Kultur und Gesellschaft (= Beiträge zur
                                                           Fremdsprachenvermittlung, Sonderheft 10), S.85-106. Landau.
rücken Vorstellungen des nordischen Wohlfahrts-
staats und sozialer Gerechtigkeit. In den Vordergrund      WERLEN, BENNO (2000): Sozialgeographie. Bern, Stuttgart,
                                                           Wien
treten Wahrnehmungen wettbewerbsfähiger, tech-
nik- und zukunftsorientierter nordischer Wissens-
gesellschaften. Nicht mehr nordische Traditionen
und ländlich-idyllische Kulturlandschaften sind do-
minante Bestandteile der Länderimages, sondern
Urbanität, Modernität und Zukunftsorientierung. Dies
trifft im besonderen Maße auf das Schweden- und
Finnlandbild und nur teilweise auf Dänemark- und
Norwegenbild zu.
   Der Norden steht damit heute nicht mehr nur für
unberührte Natur, einsame Landschaften, Stille, Wei-
te und kaltes Klima, sondern auch für gute Stilisie-
rung-, Entfaltungs-, Lern- und Arbeitsmöglichkeiten
sowie Modernität und Modebewusstsein. Weiterhin
und stärker denn je unbekannt bleiben allerdings
die Geschichte, die politische, kulturelle und gesell-
schaftliche Entwicklung der nordischen Länder in den
zurückliegenden Jahrzehnten und Jahrhunderten.
   Die Bemühungen der nordischen Länder, insbe-
sondere Schwedens, ihre Länderimages durch ein
intensives Nation Branding zu modernisieren und
vor allem durch kulturelle, urbane, technologische
und wissensorientierte Aspekte zu erweitern, sind
insgesamt als sehr erfolgreich einzuschätzen. Der
Norden gilt zwar auch weiterhin als relativ kalt, doch
zunehmend eben auch als besonders cool.
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