IMPULSPAPIER: SMART TEXTILES - SmartTex - Institut für Innovation ...
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SmartTex MAKING SMART TEXTILES IMPULSPAPIER: SMART TEXTILES Cross-sektorale Potenziale nutzen – Smart Textiles von der Forschung in die Praxis bringen
IMPRESSUM Herausgeber AFBW – Allianz Faserbasierte Werkstoffe Baden-Württemberg e.V. Realisation in Zusammenarbeit mit Institut für Innovation und Technik (iit) in der VDI/VDE Innovation + Technik GmbH Steinplatz 1 10623 Berlin www.iit-berlin.de Ansprechpartner: Robert Peters Tel.: 030 310078-5666 | peters@iit-berlin.de Forschungskuratorium Textil e. V. Reinhardtstraße 14 -16 10117 Berlin Ansprechpartner: Johannes Diebel Tel.: 030 72 622 040 | jdiebel@textil-mode.de Autoren Institut für Innovation und Technik (iit) – Robert Peters, Theresa Gerdes, Benedikt Sedlmayr Layout comunica, Anke Fellmann, Nürtingen © AFBW e.V. Türlenstraße 6 70191 Stuttgart Telefon: +49 (0) 711 21050-13 Telefax: +49 (0) 711 233718 info@afbw.eu www.afbw.eu Berlin/Stuttgart, Oktober 2020 alle Angaben ohne Gewähr 2 Impressum © MADEIRA Garne
© Amann & Söhne GmbH & Co KG INHALT 1 Einführung 4 2 Methodik/Prozess 7 3 Auswertung 10 3.1 Workshop-Gruppe I 10 3.1.1 Kreatives Brainstorming 10 3.1.2 Priorisierung von Smart Textiles-Anwendungen 11 3.1.3 Visual Roadmapping 12 3.2 Workshop-Gruppe II 14 3.2.1 Kreatives Brainstorming 14 3.2.2 Priorisierung von Smart Textiles-Anwendungen 15 3.2.3 Visual Roadmapping 16 3.3 Zusammenführung 18 4 Diskussion der Ergebnisse 20 5 Handlungsempfehlungen 24 Literaturverzeichnis 28 Inhalt 3
1 EINFÜHRUNG DIE ZEIT IST REIF: VON DER FORSCHUNG IN DEN MARKT Im Rahmen des Projektes SmartTex BW baut die Allianz Faserbasierte Werkstoffe Baden-Württem- Smart Textiles sind ein bereits seit langem intensiv berg e. V (AFBW) ein Cross-Cluster-Netzwerk auf. beforschtes Feld. Eine Analyse internationaler wis- Ziel ist die Erweiterung der bestehenden Platt- senschaftlicher Publikationen zum Thema Textilfor- form für Smart Textiles um Partnerinstitutionen schung konnte zeigen, dass Smart Textiles einen aus Elektronik, Mikrosystemtechnik und anderen der wichtigsten Publikationsschwerpunkte bilden. Disziplinen sowie Industrieunternehmen aller Bran- Jüngste wissenschaftliche Publikationen fokussie- chen. Mit diesem multidisziplinären, kollaborativen ren dabei vor allem die „Entwicklung dehnbarer Ansatz möchte die AFBW ihre Plattform stärker in und weicher Elektronikelemente, wie sie auch bei Richtung komplexer, sogenannter Very oder Ultra Soft Robotics zur Anwendung kommen. Dabei Smart Textiles erweitern. Dabei handelt es sich geht es speziell um die Frage, wie wesentliche um die dritte Generation intelligenter Textilien. Im Elemente solcher Systeme aufgebaut sein müssen, Unterschied zu passiven Smart Textiles – Textilien, etwa flexible, dehnbare Drähte. Auch die daran die auf Umweltbedingungen reagieren, indem anschließende Frage, wie solche Komponenten sie ihre Eigenschaften anpassen – und aktiven in Produkte integriert werden können, wird in Smart Textiles – also Textilien, die Signale über diesem Zusammenhang untersucht. Dabei wird integrierte oder applizierte Sensorik empfangen u. a. diskutiert, welche Herausforderungen für die und über ebenfalls integrierte oder applizierte Anwendung solcher Technologien noch bestehen. Aktorik darauf reagieren – sind Very oder Ultra Neben flexiblen und dehnbaren Elektronikelemen- Smart Textiles „in der Lage, Umgebungsbedin- ten bildet die Energiespeicherung in E-Textilien gungen wahrzunehmen, darauf zu reagieren und einen erkennbaren Themenschwerpunkt.“ (Peters sich ihnen anzupassen. Ein sehr intelligentes Textil & Goluchowicz, 2020, S. 27). Auch in der stärker besteht im Wesentlichen aus einer Einheit, die […] anwendungsnahen Forschung arbeiten Unterneh- mit Kognitions-, Denk- und Aktivierungskapazitäten men und Forschungseinrichtungen intensiv, ins- [ausgestattet ist]“ (Allianz Faserbasierte Werkstof- besondere an Smart-Wearable-Lösungen (Peters fe Baden-Württemberg e. V [AFBW], 2020, S. 11). & Goluchowicz, 2020, 37 ff.). Die Zukunftsstudie Perspektiven 2035 macht deutlich, wie tiefgreifend das Smart-Textile-Know-how gerade im deutschen Textilsektor ist. Eine Analyse internationaler Pub- likationsdaten konnte zeigen, dass Smart Textiles zu den international am intensivsten beforschten Themen gehört. 4 Einführung © Forster Rohner AG
Abb. 1: E rgebnisse einer internationalen Publikationsdatenanalyse zu den Schwerpunkten wissenschaftlicher Veröffentlichungen zum Thema „Textil“, (Peters & Goluchowicz, 2020) Dennoch konnte das enorme Know-how im Marktreife erlangen und diese sich in der zwei- Bereich Smart Textiles in der Vergangenheit nur ten Hälfte der 2020er Jahre verstärkt in unter- bedingt in Markterfolg überführt werden (Peters & schiedlichen Anwendungsfeldern verbreiten. Bis Goluchowicz, 2020, S. 19). Erst in jüngster Zeit ist 2030 dürften sich so, besonders durch die in der ein verstärkt gegenläufiger Trend zu beobachten. Anwendung von Smart Textiles anfallenden Daten, neue (hybride) Wertschöpfungsperspektiven für Eine Auswahl aktueller Anwendungen liefert das Hersteller von Smart Textiles ergeben (Peters & Index-Buch der AFBW (AFBW, 2020). Diese jüngs- Goluchowicz, 2020, S. 19, 21). Für die kommenden ten Beispiele dürften mittel- bis langfristig kein Jahre zeigen Smart Textiles daher ein bisher nie Strohfeuer bleiben. Eine breitangelegte Zukunfts- da gewesenes, großes Potenzial. Die Herausforde- studie, die das Institut für Innovation und Technik rung besteht jedoch darin, dass derart komplexe (iit) für das Forschungskuratorium Textil e. V. (FKT) Anwendungen immer nur in einem Netzwerk von durchführte, kommt zu dem Schluss, dass bis Partner:innen mit ganz unterschiedlichen Kompe- 2025 Smart Textiles-Anwendungen verstärkt die tenzen entwickelt werden können. Einführung 5
© Gustav Gerster GmbH & Co KG CROSS-CLUSTERING-OFFENSIVE NUTZT CHANCEN FÜR STANDORT DEUTSCHLAND Die AFBW brachte im Rahmen eines Cross- das Vorhandensein einer Vielfalt und Unterschied- Clustering-Prozesses im September 2020 rund 30 lichkeit von Wissen und bestehenden Kompe- Akteure unterschiedlicher Sektoren, der Textiltech- tenzen. Die Heterogenität der Kompetenzen von nik, der Elektronik und der Mikrosystemelektronik, Unternehmen und Forschungseinrichtungen, die aus Unternehmen und Forschungseinrichtungen in einer Region versammelt sind und sich auf ein zusammen, um gemeinsam neue Potenziale und gemeinsames Ziel richten lassen, beeinflusst ganz Wege für die Entwicklung neuer Smart Textiles- wesentlich die Innovationsfähigkeit dieser Region Anwendungen zu erschließen. Unterstützt wurde (Hartmann, Engelhardt, Hering, Wangler & Birner, die AFBW dabei vom Institut für Innovation und 2014). Weltweit zählt Deutschland zu den L ändern Technik (iit). Das iit verfügt über ein breites Spek- mit der höchsten ökonomischen Komplexität trum an Methoden und Tools, mit deren Hilfe (Massachusetts Institute of Technology, 2018). Expertinnen und Experten aus Wissenschaft und Industrie angeleitet werden, ausgerichtet an den Das vorliegende Impulspapier fasst die Ergebnisse gesellschaftlichen Anforderungen von morgen und des von der AFBW durchgeführten Cross-Cluster übermorgen, Ideen für Anwendungen zu entwi- ing-Prozesses zusammen. Dabei wird zunächst das ckeln. Ziel des Prozesses sollte es sein, künftige dem Prozess zugrunde gelegte Workshop-Konzept Anwendungen von Smart Textiles für den Zeitraum erläutert (Kapitel 2). Im Anschluss werden der 2025 – 2030 zu entwickeln. Diskussionsprozess und das Ergebnis der beiden durchgeführten Workshops (Kapitel 3.1 und 3.2) Der Weg des Cross-Clustering ist dabei besonders zusammengefasst. Auf Basis einer Zusammenfas- vielversprechend, weil es darauf abzielt, Akteure sung der Ergebnisse beider Gruppen (Kapitel 3.3) mit unterschiedlichen Kompetenzen zusammenzu- erfolgt abschließend die Ableitung von Handlungs- bringen. Mit diesem Ansatz macht sich die AFBW empfehlungen (Kapitel 4). die hohe ökonomische Komplexität zunutze, also 6 Einführung
2 METHODIK/PROZESS In zwei Workshop-Gruppen diskutierten die Teil könnten. Diese Methode zielt darauf ab, die Teil- nehmenden jeweils in zwei Arbeitsphasen. Arbeits- nehmenden durch ein unter Zeitdruck erfolgendes phase I diente dazu, das Kreativpotenzial der Teil- Brainstorming zu veranlassen, aus ihrem Bereich nehmenden nach Möglichkeit voll auszuschöpfen. des Bekannten auszubrechen und so kreative, Dazu wurde die Methode des kreativen (divergenz nicht alltägliche und teils vermeintlich abseitige orientierten) Brainstormings eingesetzt (Rustler, Ideen zu entwickeln. Ziel der Methode ist es, das 2019, 168 ff.). Dabei adressiert das Brainstorming Reflektieren über die Machbarkeit, die Passgenau- im konkreten Fall potenzielle Smart Textiles- igkeit und die Realitätsnähe einer Idee zunächst zu Anwendungen, die im Zeitraum 2025 – 2030 die überwinden. DIVERGIERENDES UND technische Markt- respektive Serienreife erreichen KONVERGIERENDES DENKEN Bereich der Entdeckung Bereich des Bekannten Bereich der Entdeckung divergierend konvergierend 26. Oktober 2020 1 Abb. 2: Divergierendes und konvergierendes Denken (Rustler, 2019) Sind so Ideen z. B. für Produkte und Lösungen Ideen diejenigen, die sie weiter diskutieren möch- gesammelt, erfolgt ein strukturierter Konvergenz- ten. Die am höchsten priorisierten Ideen wurden prozess. Dazu priorisierten die Teilnehmenden dann weiter analysiert. Dazu eignet sich eine soge- zunächst unter den im Brainstorming entwickelten nannte COCD-Matrix (Rustler, 2019, S. 222). BEWERTUNG DER IDEEN WHOW! Einfachheit der Umsetzung NOW! HOW? Grad der Originalität 26. Oktober 2020 2 Abb. 3: COCD-Matrix (Rustler, 2019) Methodik/Prozess 7
METHODIK/PROZESS Die Teilnehmenden konnten die am höchsten In Arbeitsphase II erfolgte dann zunächst eine priorisierten Ideen entlang der Dimensionen „Grad weitere Priorisierung unter den in der COCD- der Originalität“ und „Einfachheit der Umsetzung“ Matrix zugeordneten Themen. Eine Auswahl der verorten. Im Ergebnis stand eine Einschätzung der hier verorteten Themen wurde dann in einer Ideen in drei Kategorien: Visual Roadmap abgebildet. Ziel des vom iit entwickelten Visual Roadmappings (Kind, Hart- „NOW!“ mann & Bovenschulte, 2011) ist es, Meilensteine Dabei handelt es sich um Ideen, die technolo- und maßgebliche bzw. auch kritische Pfade auf gisch bereits heute oder in nächster Zukunft dem Weg vom „Jetzt“ in die Zukunft zu identifi- marktreif und umsetzbar sind, die jedoch zieren. Die expertenbasiert Methode eignet sich über eine verhältnismäßig geringe Originalität besonders für die strategische Vorausschau und verfügen, weil sie z. B. von etablierten Lösungen wurde bereits in vielfältigen Projekten erfolgreich kaum abweichen. eingesetzt. In Anlehnung an die Gantt-Methode wurden im Anschluss Meilensteine der Technolo- „HOW?“ gieentwicklung identifiziert, auf einer Zeitachse Dabei handelt es sich um Ideen, die sich durch angeordnet und in logische Wirkungsbeziehungen eine hohe Originalität auszeichnen, weil sie z. B. zueinander gesetzt. Dabei lassen sich die unter- heute noch ungelöste Probleme adressieren schiedlichen Dimensionsebenen an den jeweiligen und einen großen Mehrwert schaffen könnten. Anwendungskontext anpassen und verschiedene Ihre Realisation ist jedoch schwierig, weil dafür Zeiträume abbilden. notwendige Technologien noch nicht entwickelt oder zumindest noch nicht marktreif sind. Denkbar ist auch, dass gegenwärtige regula- torische Rahmenbedingungen eine Umsetzung behindern. „WHOW!“ Dabei handelt es sich um Ideen, deren Origi- nalität hoch ist und deren Umsetzung verhält- nismäßig einfach ist, z. B. weil notwendige Technologien bereits bestehen. 8 Methodik/Prozess
METHODIK/PROZESS Geschäftsmodelle und Impact (Produkte, Services) Anwendungen Technologie Rahmenbedingungen Sozioökonomische Heute 2025 2030 2035 Abb. 4: Visual Roadmap, schematische Darstellung (Peters & Goluchowicz, 2020) Im Ergebnis entstand eine durch alle Teilnehmen- In Arbeitsphase II wurde die Visual Roadmap als den des Visual-Roadmapping-Workshops erarbei- Retropolations- oder Backcasting-Instrument ein tete, konsentierte Vorstellung über die Zukunft. gesetzt. Der Betrachtungszeitraum betrug zehn Mit abgebildet wurden dabei in zeitlich logischer Jahre, von 2020 bis 2030. Die Teilnehmenden ver- Anordnung die Meilensteine auf dem Weg dorthin ständigten sich darauf, wo die in der COCD-Matrix und die dabei zu meisternden Herausforderungen priorisierten Smart Textiles-Anwendungen auf der auf den Ebenen Gesellschaft, Technik und Rechts- Roadmap zu verorten sind. Ausgehend von den so rahmen. Im Fall der Cross-Clustering-Workshops platzierten Ideen analysierten die Teilnehmenden konnten so Handlungsbedarfe für die Gestaltung des Workshops, welche technologischen und poli- des förderpolitischen und regulativen Rahmens tischen Voraussetzungen für die Erreichung einer ebenso identifiziert werden wie Hinweise für die zuvor definierten Vision – z. B. einer bestimmten Ausrichtung unternehmerischer Innovationsstrate- Lösung oder eines Produktes – geschaffen werden gien und notwendiger Netzwerkaktivitäten. müssen. Methodik/Prozess 9
© Forster Rohner AG 3 AUSWERTUNG 3.1 WORKSHOP-GRUPPE I 3.1.1 KREATIVES BRAINSTORMING Mittels eines kreativen Brainstormings, bei dem Bei der anschließenden Priorisierung der Ideen die Teilnehmenden gefragt waren, Ideen für Pro- wurden folgende in die nächste Arbeitsphase dukte und Services mit Bezug zu „Smart Textiles“ übernommen: marktnah im Zeitraum 2025 bis 2030 zu generie- ren, wurde eine Vielzahl von Anwendungsfeldern Vitalshirt für den virtuellen Arztbesuch smarter Textilien identifiziert. Super(wo)man-Anzug Recycling gelöst/Nachhaltigkeit Dabei wurden vor allem Schwerpunkte im Bereich Trennung von Ressourcen Health Care/Pflege, Bau, Sport- und Arbeits- Selbstreinigende, selbstbügelnde Hosen/ kleidung sowie Recycling und nachhaltige Smart Hemden Textiles adressiert. Haptisches Benutzer-Interface Sensorik für präventives Gesundheits Insgesamt resultierten knapp 50 Ideen aus diesem management Brainstorming, die allerdings nicht alle tatsäch- Rückmeldung für sehbehinderte Menschen liche P rodukte oder Services abbilden, sondern durch das Textil teilweise auch eher breitere Lösungen wie „textiles Textiles Bauen, textile Trägerstrukturen Bauen“, „ Nachhaltigkeit“ oder „Recycling gelöst“. Lebensdauer Smart Textiles Stückzahl 1; individuelle Designs/Formen/ Funktionen Flexibler Energieträger, textile Batterie Harvesting-Faser Textile Lüsterklemme (skalierbar, waschbar) 10 Auswertung
3.1.2 PRIORISIERUNG VON SMART TEXTILES-ANWENDUNGEN Im zweiten Teil der ersten Arbeitsphase wurde Eine finanziell attraktive Massenproduktion und jede einzelne Priorität zwischen den Teilnehmen- -verarbeitung textiler Lüsterklemmen wird als Vor- den hinsichtlich ihrer Originalität und Einfachheit aussetzung für die Durchsetzung vor allem smarter in der Umsetzung diskutiert. Bekleidung gesehen. Einige Ideen mussten vor der Einordnung in die Ein Großteil der diskutierten Produkte und Services COCD-Matrix zunächst konkretisiert werden, wird in Bezug auf ihre Umsetzbarkeit hingegen da sie zum Teil sehr allgemein formuliert waren als komplexer, wenn auch originell angesehen: oder sich die Teilnehmenden uneins waren, ob es Trennung von Ressourcen schon in der Entwick- bereits ausreichende Lösungen gibt. So wurde lung und Produktion, Super(wo)man-Anzug, textile z. B. der Aspekt „Textiles Bauen“ stärker auf textile Trägerstrukturen (Bauwesen), textile Batterie/ Trägerstrukturen ausgelegt, da im Bauwesen be Harvesting-Faser, selbstreinigende und selbst reits einige textile Baustoffe und Konstruktionen bügelnde Hosen/Hemden. möglich sind wie kühlende oder heizende Decken- konstruktionen etc. Die Umsetzbarkeit textiler Als eher weniger komplex und neuartig wurden Trägerstrukturen wurde allerdings von einigen das haptische Benutzer-Interface sowie das Vital- Teilnehmenden stark bezweifelt, etwa hinsichtlich shirt für den virtuellen Arztbesuch bewertet. des Erlangens ausreichender Härtegrade beim zu verbauenden textilen Material. In der anschließenden Priorisierung setzten sich die Sensorik für präventives Gesundheitsmanage- Ein konkretes Produkt, das von den Teilnehmen- ment (mittige Lage in der COCD-Matrix) sowie den als originell – und dringend benötigt – sowie die textile Batterie/Harvesting-Faser, die textile relativ einfach umzusetzen bewertet wurde, ist die Lüsterklemme, der Super(wo)man-Anzug sowie die textile, waschbare Lüsterklemme, die viele weitere Trennung von Ressourcen zur Überführung in die Smarte Textilien (Wearables) ermöglichen würde. nächste Arbeitsphase durch. Umsetzung Einfache Textile Lüsterklemme - Skalierbarkeit/ Waschbar Vitalshirt für den digitalen Arztbesuch Haptisches Benutzer- Interface Einfachheit der Umsetzung Integration in Textilien Sensorik für präventives Gesundheitsmanagement Rückmeldung für blinde Menschen durch das Textil Flexibler Energieträger Trennung von Textile Batterie? Werkstoff Ressoucen Textiles Bauen Textile Trägerstruktur Recycling gelöst Umsetzung Harvesting Faser Nachhaltigkeit Komplexe Stückzahl 1 Superman/-girl- Individuelle Anzug Designs/Formen/ Funktionen Selbstreinigende/ Selbstbügelnde Hemden/Hosen Gibt es so oder ähnlich schon Grad der Originalität Eine absolute Neuheit Lebensdauer Smart Textile Abb. 5: Ergebnisdarstellung, COCD-Matrix, Workshop-Gruppe I Auswertung 11
3.1.3 VISUAL ROADMAPPING In der zweiten Arbeitsphase wurden die priori- regelmäßigen Tragens von Elektronik direkt am sierten Anwendungsfelder gemeinsam mit den Körper (Strahlung) auf Organe noch nicht abschlie- Teilnehmenden in eine Visual Roadmap übertra- ßend untersucht sei und gewisse Risiken mit sich gen. Dazu erfolgte zunächst die zeitliche Anord- bringe. nung der definierten Produkte und Services in den Rahmen 2025 bis 2030. Kontrovers diskutiert wurde die Idee der textilen Batterie und des Energy Harvesting durch Fasern Einen größeren Diskussionspunkt bildete die in Textilen. Während die textile, einnähbare Batterie Trennung von Ressourcen, die als Grundlage für (waschbar/kein Aufsatz) für sehr sinnvoll gehalten das Recycling von Smart Textiles nach Meinung wird, wurde auch deutlich, dass Energy Harvesting der Teilnehmenden konsequent schon in Entwick- durch Fasern in Kleidung wenig erfolgversprechend lung und Produktion mitgedacht werden muss. wäre, da zu geringe Energiemengen erzeugt wer- Nicht zuletzt durch verstärkte Nachfrage der den könnten. Als aussichtsreichere Lösung wurde Konsument:innen nach nachhaltigen Produkten Photovoltaik in bzw. auf Kleidung zur Generierung müsse die Trennung von Ressourcen die Voraus- kleiner Energiemengen vorgebracht. setzung für alle zukünftigen Anwendungen im Bereich Smart Textiles sein („nicht noch mehr Der Diskussionsverlauf führte außerdem zur Idee, Elektroschrott“). Des Weiteren müsse stärker Smart Textiles kontaktlos aufzuladen, wie es auch bedacht werden, dass die Auswirkungen des bei Smartphones möglich ist. In Verbindung mit Trennung von Ressourcen/ „Integriertes Nachhaltigkeit Exoskelett“ Leuchtende Jacke Waschbares Textilprodukt Produkte und Services Sport Körperliche Arbeit Sicherheit Textile Waschbare, Lüsterklemme heizende Jacke Integration von Sensorik in Textilien für präventives Gesundheitsmanagement Superman/-girl (Elektronik nicht waschbar) Textile Werkstoffe/ Anzug/Auto Trägerstrukturen (textiles Bauen) Integration der Textile Aber: smarte Elektronik Energiespeicher Energy textile Wände, Harvesting Dächer etc. Photovoltaik Faser nur mit Technologien: Leuchtfasern, Waschbarkeit der Hilfswerkstoff (z. B. Harz) Integration aller Garne, Steuerung Technologie Stecker vorheriger -> Steifigkeit Technologie 5G Leichtbau Anwendungsorientierte Textil Interdisziplinare Projektarbeit -> Use Elektroniker Koop cases & F&E-Vorhaben Kooperation erati onsv Architekten & JETZT! erhalten Planer Wissenstransfer Nachhaltige Materialentsorgung/ Rahmenbedingungen (offener) Recycling noch schwierig Normen „elektrifizierte Textilien“ Stärkere Standardisierung Finanzierungs- möglichkeiten / Marketing/ Förderung für cross- Kundennutzen Strahlungs- sektorale Projekte grenzwerte Heute Niedrige Zugangshürden für kleine Firmen (z. B. ZIM) 2025 2030 Lobbyismus Abb. 6: Ergebnisdarstellung, Visual Roadmap, Workshop-Gruppe I 12 Auswertung
© Amann & Söhne GmbH & Co KG Elektromobilität wurde es für erstrebenswert ge- Offenerer (Wissens-)Austausch zwischen den halten, durch Spulen im Boden während des War- Fachgebieten Textil und Elektronik sowie s tärkeres tens an Ampeln das Fahrzeug laden zu können. Kooperationsverhalten der Akteure wurden als sehr wichtig empfunden, um die angedachten Produkte Zudem wurde ein weiteres, konkretes Produkt und Services tatsächlich zur Marktreife zu bringen. eingebracht und ausführlich diskutiert: eine indus- triell waschbare, leuchtende Jacke, beispielsweise Eine ebenfalls entscheidende Rahmenbedingung für den Einsatz im Bergbau. Die Umsetzbarkeit wird die nachhaltige Materialentsorgung von einer leuchtenden Jacke als Arbeitskleidung (siehe Smart Textiles sein, etwa durch Recycling und die oben) wurde von den Teilnehmenden als sehr nah Trennung von Ressourcen/Rohstoffen. und realistisch angesehen, da die technologischen Voraussetzungen zur Umsetzung weitestgehend Sinnbildlich steht am äußeren Rand (2030+) die vorhanden sind. Vision, einen Super(wo)man-Anzug zu entwickeln: Durch den Einsatz smarter Textilien wird der Die Diskussion um die angestrebten Produkte und Mensch hinsichtlich unterschiedlicher Aspekte Services zeigte vor allem, dass viele technische wie präventive Gesundheitsüberwachung, ideale Lösungen bereits in Prototypen vorhanden und Körperhaltung, steuernde, intuitive Sensorik etc. daher umsetzbar sind, die Verwirklichung jedoch soweit „optimiert“, dass vermeintliche „Super- häufig an der notwendigen Skalierbarkeit und kräfte“ entwickelt werden: vollste Gesundheit, Finanzierung scheitert. Deutlich wurde auch, Wachsamkeit, Sicherheit etc. dass viele Akteure „für sich“ arbeiten – etwa zum Schutz von Ideen und patentfähigen Lösungen – und wichtige Kooperationen möglicherweise nicht ausreichend eingegangen werden, z. B. Textil – Elektronik, Textil – Architektur etc. Als Lösung für viele der erforderlichen Rahmen- bedingungen wurde die stärkere Vernetzung der Akteure im Bereich Smart Textiles gesehen: Zum einen, um politisches Lobbying hinsichtlich der Er- und Überarbeitung von Normen und Standards zu betreiben und zum anderen, um die bereits vorhandenen Lösungen marktfähig zu machen. Auswertung 13
© ETTLIN Spinnerei und Weberei GmbH & Co. KG 3.2 WORKSHOP-GRUPPE II 3.2.1 KREATIVES BRAINSTORMING In Workshop-Gruppe II wurde analog zum Vorgehen Elektromyostimulationstraining (EMS-Training) in Workshop-Gruppe I ein kreatives Brainstorming auf Basis von Smart Diagnostik durchgeführt, bei dem die Teilnehmenden Ideen Sensorische und signalgebundene Böden (inkl. für Produkte und Services mit Bezug zu Smart interaktiver Funktionen wie Patient:innenführung Textiles – marktnah im Zeitraum 2025 bis 2030 – für den Health- und/oder Care-Bereich) generieren. Dabei wurden mehr als 100 Ideen Bekleidung mit integrierter Energiegewinnung/ entwickelt, die sich einem breiten Spektrum von -speicherung, z. B. textile Solarzelle, textile Anwendungsfeldern zuordnen lassen, u. a. Auto- Stromspeicher motive, Health-Monitoring, Arbeits- und Schutz- Heilendes bzw. versorgendes Textil kleidung, Sport- und Alltagskleidung, Bau, Home & (inkl. smarter/steuerbarer Medikamenten-/ Living sowie Luftfahrt. Lichtabgabe/pulsierender Magnetfeldtherapie) Textile Elemente mit Verschmutzungserken- Für die weitere Bearbeitung wählte die Gruppe nung, etwa für Car-Sharing, Böden im Bereich folgende Anwendungen aus: Health/Care/Hotels, Berufsbekleidung Morphingfähige (gestalt- oder formwandelbare), Textile Aktoren zur Bewegungsunterstützung smarte Fahrzeuginnenräume (mit Zusatzfunktionen, z. B. Sensorik) Gewebe als haptische Displays, z. B. in Fahr- Textile Umhausung (inkl. Annäherungssensorik/ zeuginnenräumen Abschirmfunktion/Farb- und Leuchtfunktion) Flexible und tragbare textile Wasseraufberei- Textile Diagnose und Gesundheitsüberwachung tung (inkl. Säuberung gegenüber Viren), etwa auf Distanz für den Bereich Entwicklungshilfe, Großevents, Textile Lösungen zur Versorgung von Pflanzen Katastrophenschutz mit Licht/Wasser/Sauerstoff/Nährstoffen, etwa im Bereich des Urban/Vertical Farming und der Gebäudebegrünung 14 Auswertung
3.2.2 PRIORISIERUNG VON SMART TEXTILES-ANWENDUNGEN Im zweiten Teil der ersten Arbeitsphase wurde Als How-Themen wurden identifiziert: auf Basis einer Vorpriorisierung durch die Teilneh- menden eine Auswahl an zuvor entwickelten Ideen Sensorische und signalgebundene Böden (inkl. hinsichtlich ihrer Originalität und Einfachheit in der interaktiver Funktionen wie Patient:innenführung Umsetzung diskutiert. Diese Ideen wurden dann für den Health-/Care-Bereich) mittels der COCD-Matrix eingeordnet. Bekleidung mit integrierter Energiegewinnung/ -speicherung, z. B. textile Solarzelle, textile Stromspeicher Heilendes bzw. versorgendes Textil (inkl. smarter/ Als Whow-Themen wurden dabei identifiziert: steuerbarer Medikamenten-/Lichtabgabe/ pulsierender Magnetfeldtherapie) Textile Aktoren zur Bewegungsunterstützung Textile Elemente mit Verschmutzungserken- (mit Zusatzfunktionen, z. B. Sensorik) nung, etwa für Car-Sharing, Böden im Bereich Textile Umhausung (inkl. Annäherungssensorik/ Health/Care/Hotels, Berufsbekleidung Abschirmfunktion/Farb- und Leuchtfunktion) Morphingfähige (gestalt- oder formwandelbare), Textile Diagnose und Gesundheitsüberwachung smarte Fahrzeuginnenräume auf Distanz Gewebe als haptische Displays, z. B. in Fahrzeug Textile Lösungen zur Versorgung von Pflanzen innenräumen mit Licht/Wasser/Sauerstoff/Nährstoffen, etwa im Bereich des Urban/Vertical Farming und der Gebäudebegrünung Als Now-Thema identifizierten die Teilnehmenden: EMS-Training auf Basis von Smart Diagnostik Flexible und tragbare textile Wasseraufberei- tung inkl. Säuberung gegenüber Viren, etwa für den Bereich Entwicklungshilfe, Großevents, Katastrophenschutz Umsetzung Einfache Flexible Portable tragbare textile Wasseraufbereitung (inkl. Säuberung gegenüber Viren), etwa für den Bereich Entwicklungshilfe, Großevents, Katastrophenschutz Textile Aktoren zur Bewegungsunterstützung Textile Umhausung (inkl. (mit Zusatzfunktionen, Annäherungssensorik/ z. B. Sensorik) Abschirmfunktion/Farb- und Leuchtfunktion) Einfachheit der Umsetzung Elektromyostimulations- Textile Diagnose und training (EMS-Training) auf Gesundheitsüberwachung Basis von Smart-Diagnostik auf Distanz Textile Lösungen zur Versorgung von Pflanzen mit Licht/Wasser/ Sensorische und signalgebundene Sauerstoff/Nährstoffen, z. B. im Böden (inkl. interaktiver Funktionen Bereich des Urban/Vertical Farming wie Patient:innenführung für den und der Gebäudebegrünung Health- und/oder Care-Bereich) Heilendes bzw. Bekleidung mit Morphingfähige Heilendes bzw. versorgendes versorgendes Textil (inkl. integrierter Smarter/ steuerbarer smarte Textil (inkl. Energiegewinnung/- Medikamenten- Fahrzeuginnenräume smarter/steuerbarer speicherung, z. B. textile /Lichtabgabe/pulsierender Medikamenten- Solarzelle, textile Magnetfeldtherapie) /Lichtabgabe/pulsierender Stromspeicher Magnetfeldtherapie) Umsetzung Komplexe Gewebe als haptische Displays, z. B. in Fahrzeuginnenräumen Gibt es so oder ähnlich schon Grad der Originalität Eine absolute Neuheit Abb. 7: Ergebnisdarstellung, COCD-Matrix, Workshop-Gruppe II Auswertung 15
3.2.3 VISUAL ROADMAPPING In der zweiten Arbeitsphase entschieden die Fahrzeuginnenraum. Diese Elemente könnten nach Teilnehmenden, welche der in der COCD-Matrix Einschätzung der Teilnehmenden bis 2025 erfolg- eingeordneten Anwendungen sie vertieft dis- reich entwickelt sein. Um morphingfähige Struk- kutieren. Insgesamt vier Anwendungen wurden turen zu entwickeln, halten die Teilnehmenden es anschließend in eine Visual Roadmap übertragen. für notwendig, dass Textilunternehmen gemeinsam Dazu erfolgte zunächst eine zeitliche Anordnung mit den Herstellern der Strukturbauelemente zu der definierten Produkte und Services in den sammenwirken. Eine weitere, als Koordinator:in Rahmen 2025 bis 2030. Anschließend wurde ge- fungierender Akteur:in muss in der Lage sein, meinsam erarbeitet, welche Technologien für diese durch einen entsprechenden Überblick über die Anwendungen zu entwickeln sind, welche Akteure unterschiedlichen, in den Branchen vorhande- diese Entwicklungen vorantreiben müssen und nen Kompetenzen die richtigen Partner:innen welche Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche im gesamten Entwicklungsprozess bis zur Er- Entwicklung erforderlich scheinen. reichung der für 2030 antizipierten Anwendung zusammenzubringen. Um dann, in der zweiten Bei der Anwendung „Morphingfähige smarte Hälfte der 2020er Jahre, aus diesen Strukturen Fahrzeuginnenräume“ gehen die Teilnehmenden Bauelemente zu entwickeln, muss anschließend davon aus, dass diese bis 2030 die Marktreife der entsprechende Tier-2-Zulieferer eingebunden erreichen kann. Entscheidend dafür ist die Ent- werden. Als eine ebenso wichtige und erfolgs wicklung morphingfähiger Strukturen. Diese sind kritische Rahmenbedingung für die Realisierung im weiteren Entwicklungsverlauf eine Vorausset- morphingfähiger Fahrzeuginnenräume wurde die zung zur Schaffung adaptiver Bauelemente für den durch entsprechende regulative Voraussetzungen Textile Aktoren zur Ggf. auch Bewegungsunterstützung andere (mit Zusatzfunktion z. B. Sensorik) Branchen Morphingfähige Heilendes/versorgendes Textil smarte (z. B. Medikamente, Licht, PEMF) Fahrzeuginnenräume Sensorische + Signal-gebundene Böden -> Health (z. B. interaktive Patienten- Führung Drucker/ Flächen- -> Industrie, Prozess- Drucker- hersteller -> Carsharing kompetenz hersteller (z. B. Bosch) U: U: Koordinierung Textiles (zu Garnhersteller Akteure um Sensor- + bewegendes) (für leitfähiges Kompetenzen Elektro- Material Material für die zusammenbinden hersteller Flächenstruktur Sicherung Farbändernde Morphing- Adaptive/Formen- textile gewährleisten Hersteller der Morphingfähige Material (bei PGMF) ändernde Oberflächen Kontaktierung/ Haltbarkeit + Endanwender Struktur Bauelemente Temparatustabile Sensorik Zuliefern Chemie- Material- Universitäre (TZ) Grundlagen- unternehmen -> hersteller mit Bekleidungs- Bewegungsform forschung Flüssigchemie (ggf. chemischen vorgeben + Folienhersteller) Background hersteller, der Körperreaktion (z. B. BASF) mit Körpermaßen Elektroden- Erfahrung hat nachvollziehen hersteller Skalierbare Biomechaniker/ Software- Produktionsprozesse | Medizintechniker Entwickler Market-Pull Funktionale Sicherheit (bei entsprechenden sicherheitsrelevanten Anwendungen) Zulassungsverfahren Heute 2025 2030 Abb. 8: Ergebnisdarstellung, Visual Roadmap, Workshop-Gruppe II 16 Auswertung
a bgesicherte funktionale Sicherheit diskutiert. Als dritte Anwendung wurde „Heilendes bzw. ver- Diese wird wiederum zu einer Voraussetzung, auf sorgendes Textil (inkl. smarter/steuerbarer Medi Smart Textiles basierende Anwendungen auch in kamenten-/Lichtabgabe/pulsierender Magnet fahrsicherheitsrelevante Systeme zu integrieren. feldtherapie)“ in der Roadmap eingeordnet. Die Für die Schaffung dieser Rahmenbedingungen – Teilnehmenden halten die Realisierung dieser die nach Einschätzung der Teilnehmenden erst Anwendung bis 2025 für möglich. Technisch sehen 2030 verfügbar sein werden – rechnet die Work- sie als eine zeitnah, auf Basis des Standes der shop-Gruppe mit einem langen Vorlauf. Technik realisierbare Herausforderung lediglich die zu gewährleistende Abschirmung, falls magnet Als weitere Anwendung wurden „Sensorische und felderzeugende Bauelemente integriert werden. signalgebundene Böden (inkl. interaktiver Funkti- Die wesentlichere Herausforderung wird hier bei onen wie Patient:innenführung für den Health-/ den Rahmenbedingungen gesehen, da für entspre- Care-Bereich)“ von den Teilnehmenden in die chende Anwendungen Zulassungsverfahren zu Roadmap eingeordnet. Entsprechende Anwen- durchlaufen sind. dungen halten sie bis 2025 für realisierbar. Als entscheidende technische Voraussetzung wird die Als vierte Anwendung wurden „Textile Aktoren zur Herstellung einer in Bodenbeläge integrierbaren Bewegungsunterstützung (mit Zusatzfunktionen, Kontaktierung betrachtet, die über entsprechende z. B. Sensorik)“ in die Roadmap eingeordnet. Auch sensorische Fähigkeiten mit hoher Haltbarkeit diese Anwendung halten die Teilnehmenden bis und Temperaturstabilität verfügt. Innerhalb des 2025 für realisierbar. Als entscheidende technische Zeitraums 2020 bis 2025 halten die Teilnehmen- Voraussetzung wird die intelligente Verbindung den dies für technisch realisierbar. Dafür bedarf von Sensorik und Aktorik diskutiert, welche die es nach ihrer Einschätzung einer Verbindung der gewünschte bzw. eingeleitete Bewegungsform des Kompetenzen unterschiedlicher Akteure: 3D-Druck- Körpers erkennt und diese unmittelbar nachvoll- Anbieter, Flächenhersteller, Garnproduzenten für zieht. Um dieses komplexe Problem zu lösen, ist die Bereitstellung geeigneter leitfähiger Garne nach Einschätzung der Teilnehmenden die Kompe für die Flächenherstellung, Sensor-/Elektronik- tenz verschiedener Akteur:innen nötig: Dazu hersteller sowie ein Unternehmen, das über die zählen Bekleidungshersteller mit entsprechender entsprechende Prozesskompetenz verfügt. G erade Erfahrung in der Gestaltung von Kleidung, die mit Blick auf das mögliche Anwendungsfeld Auto auf individuelle Körpermaße angepasst ist sowie motive – z. B. für intelligente Kofferraumböden, die Biomechaniker:innen und Medizintechnikherstel- über verbleibende Objekte im Laderaum informie ler, Softwareentwickler:innen und Elektronikpro- ren – könnte diese Rolle ein Zulieferer wie Bosch duzenten. Wie bei der zuvor betrachteten Anwen- übernehmen, der in diesem Fall jedoch voraussicht dung ist auch in diesem Fall eine entsprechende lich nicht als Tier-1, sondern als Tier-2 fungieren Zulassung erforderlich, die vor Markteinführung würde. Nur durch die Einbindung entsprechenden vorliegen muss. Prozess-Know-hows kann die erforderliche Skalie- rung des Herstellungsprozesses erreicht werden. Als Rahmenbedingung ist dazu unmittelbar ein Market Pull erforderlich. Ohne dass entsprechende Bedarfe, z. B. aus dem Bereich Car-Sharing, er- kennbar werden, dürfte die beschriebene Entwick- lungsdynamik nicht erfolgreich in Gang zu setzen sein. Auswertung 17
3.3 ZUSAMMENFÜHRUNG Der Diskussionsverlauf in den beiden Workshop- ERFORDERLICHE RAHMENBEDINGUNGEN Gruppen unterschied sich hinsichtlich des von den Teilnehmenden gewählten Fokus in der Debatte: Um das Ziel zu erreichen, die identifizierten Workshop-Gruppe I beschäftigte sich, ausgehend künftigen Smart Textiles-Anwendungen von der vom Status quo, intensiv mit den künftig erfor Forschung in die Praxis zu bringen, sind b estimmte derlichen Bedingungen für eine erfolgreiche Voraussetzungen notwendig. So bedeutet, Smart Entwicklung und Marktplatzierung von Smart Textiles-Anwendungen praktisch anwendbar zu Textiles-Anwendungen. Der Diskussionsfokus von machen, vor allem, diese auf den Markt zu brin- Workshop-Gruppe II lag vor allem auf den not- gen. Dafür müssen die adressierten Märkte, z. B. wendigen technologischen Entwicklungen und der im Bereich Automotive und Mobilität, Gesundheit Frage, welche Akteur:innen hier gemeinsam an und Pflege, Home und Living, Persönliche Schutz entscheidenden technologischen Meilensteinen ausrüstung, jedoch für innovative textilbasierte arbeiten müssen. Durch diesen differenzierten Lösungen aufnahmefähig sein. Bei komplexen Fokus sind die Ergebnisse der Gruppen hochgradig Smart Textiles dürfte daher ein erkennbarer komplementär zu verstehen. Market Pull notwendig sein, um die Entwicklungs- kapazitäten der textilen Wertschöpfungskette Die ausgehend von der kreativen Brainstorming- und anderer, an der Entwicklung zu beteiligender Phase entlang der Dimensionen „Einfachheit der Branchen hinreichend zu konzentrieren. Inwieweit Umsetzung“ und „Neuigkeitswert“ diskutierten auch Anwenderbranchen und damit Unternehmen, künftigen Smart Textiles-Anwendungen wurden die innerhalb der Wertschöpfungskette näher in beiden Gruppen überwiegend als How-Themen an der Endnutzer:in potenzieller Smart Textiles- eingeordnet. Damit dominierten Anwendungs- Lösungen sind, tatsächlich einen entsprechenden perspektiven für Smart Textiles, denen von den Market Pull weitergeben, hängt dabei letztlich von Expert:innen ein hoher Innovationsgrad und der Akzeptanz textilbasierter Anwendungen im ein erheblicher Nutzen für die Anwender:innen jeweiligen Anwendungsfeld sowie von Kosten-Nut- beigemessen wurde, die gleichzeitig jedoch erst zen-Erwägungen ab. Daher muss berücksichtigt mittel- bis langfristig zu entwickeln sind, weil werden, dass in vielen Anwendungsfeldern eine entweder gegenwärtig zentrale Rahmenbedingun- breite Akzeptanz von Smart Textiles-Lösungen gen oder technische Voraussetzungen noch nicht erst mittelfristig erreicht werden kann (Peters & gegeben sind. Zu diesen, in beiden Gruppen mit Goluchowicz, 2020, 52 ff.). hohem Potenzial eingeschätzten, Themen zählen insbesondere Wearables im Bereich Gesundheit, textilbasierte Lösungen im Bereich Energieerzeu- gung und -speicherung sowie selbstreinigende oder den Verschmutzungsgrad registrierende bzw. anzeigende Textilien. Als Whow-Themen, also als verhältnismäßig ein- fach umsetzbare, aber mit einem hohen Innovati- onsgrad bewertete Smart Textiles-Anwendungen, wurden insgesamt nur vier Anwendungsbereiche fokussiert: textile Lüsterklemmen, textile Umhau- sungen für Industrieanlagen, textile Aktoren zur Bewegungsunterstützung sowie Wearables mit remote Health-Monitoring-Funktionen. 18 Auswertung
© ETTLIN Spinnerei und Weberei GmbH & Co. KG Als eine zentrale Herausforderung für die Entwick- Kurzfristig geht es vor allem darum, die Haltbar- lung neuer Smart Textiles-Anwendungen wurde keit textiler Sensorik zu erhöhen, z. B. für smarte darüber hinaus das Thema Nachhaltigkeit disku- Bodenbeläge, ob für den Gesundheits-, Home- und tiert. Viele Lösungen, die sich heute in der Ent- Living- oder den Automotive-Bereich. Hier ist die wicklung oder bereits am Markt befinden, dürften Zusammenarbeit von Garnherstellern, Flächen- der sich künftig verschärfenden Regulierung nicht herstellern, Sensor- und Elektronikherstellern gerecht werden. Neben der Recyclingfähigkeit der als technische Enabler und von Unternehmen verwendeten Materialien ist vor allem die Frage mit entsprechender Prozesskompetenz notwen- des Entfügens entscheidend, also die, ob sich die dig. Mittelfristig muss vor allem die Entwicklung verwendeten Materialien am Ende des Produkt intelligenter, adaptiver, auf Körperbewegungen lebenszyklus wieder voneinander trennen lassen. und Umgebung reagierender Systeme vorangetrie- ben werden, die insbesondere für anspruchsvolle Eine formale Rahmenbedingung, die für die Um- Assistenzsysteme zur Unterstützung im Alltag setzung von Smart Textiles-Anwendungen in oder am Arbeitsplatz erforderlich sind (z. B. für der Praxis als wesentlich diskutiert wurde, sind die spätere Anwendung in Form intelligenter, Normungs- und Zulassungsverfahren. Gerade textilbasierter Exoskelette). Dafür bedarf es des bei Medizinprodukten und sicherheitsrelevanten Zusammenwirkens von Bekleidungsherstellern Anwendungen im Bereich der Mobilität stehen vor mit entsprechender Kompetenz in der individuel- einem Markterfolg von Smart Textiles-Lösungen len Gestaltung und Anpassung von Produkten an entsprechende Verfahren, die vor allem zeit- und Körpermaße sowie von Biomechaniker:innen und kostenintensiv sein können. Softwareherstellern, um die entsprechenden Her- ausforderungen im Bereich von Sensorik, Aktorik und Steuerungsintelligenz zu lösen. Mittel- bis langfristig ist für solche Anwendungen, die in kom- TECHNOLOGIEENTWICKLUNG plexen Produkten weiterverarbeitet werden sollen, die enge Zusammenarbeit mit Unternehmen am Auf Ebene der technologischen Voraussetzungen, Ende der Wertschöpfungskette erforderlich. Für die für eine erfolgreiche Entwicklung der disku- das Beispiel der morphingfähigen smarten, Innen- tierten Smart Textiles-Anwendungen erforderlich räume für Autos zählen dazu vor allem die relevan- sind, zeigt der Workshop-Prozess nachdrücklich, ten Tier-1-Zulieferer und OEMs. Je komplexer das dass diese kritischen technischen Meilensteine Anwendungsszenario für die textilbasierte Lösung nur in einem gemeinsamen, kollaborativen Ansatz ist, desto wichtiger wird dabei ein systemischer, zu bewältigen sind. Kein Textilhersteller, keine An- das Endprodukt und die Endnutzer:in einbeziehen- wenderbranche ist auf absehbare Zeit in der Lage, der Ansatz kollaborativer Entwicklung. komplexe Smart Textiles-Lösungen alleine zur Marktreife zu entwickeln. Mit Blick auf die zuvor diskutierten, vielversprechenden Anwendungen konnten wesentliche technische Herausforderun- gen identifiziert werden. Auswertung 19
4 DISKUSSION DER ERGEBNISSE Die Ergebnisse des Cross-Clustering-Prozesses der Corona-Pandemie noch weiter verstärken besitzen in der Gesamtschau eine hohe Aussage (Diebel & Peters, 2020). Mit einer zunehmenden kraft für die Schlussfolgerungen, welche die be- Verbreitung von Smart Wearables erhöht sich teiligten Unternehmen, Forschungsinstitute und zudem unmittelbar auch der Bedarf an textilen Branchenorganisationen für ihre weitere Arbeit Speichertechnologien (Peters & Goluchowicz, ziehen können. Das zeigt die Diskussion der Er 2020, S. 27). Beide Entwicklungen spielen der gebnisse im Kontext bisheriger Zukunftsstudien deutschen Textilindustrie in die Hände: Deutsch- und Foresight-Prozesse. land verfügt gerade in den Bereichen „Medizin und Gesundheit“ und „Energiespeicherung“ über eine hohe Forschungsaktivität im Textilsektor und hie- sige Akteure können auf ein entsprechend tiefes ZUKUNFTSFELDER FÜR SMART TEXTILES Know-how zurückgreifen (Peters & Goluchowicz, ANWENDUNGEN ADRESSIEREN 2020, S. 5). Als zentrale Anwendungsfelder für künftige Smart Auch für selbstreinigende bzw. verschmutzungser- Textiles-Anwendungen konnten die Bereiche kennende Textilien wird in den Perspektiven 2035 Gesundheit und Pflege, textile Energieerzeugung ein verstärkter zukünftiger Bedarf projiziert. So und -speicherung sowie selbstreinigende und stehen Car-Sharing-Anbieter bereits heute vor der verschmutzungserkennende Textilien identifiziert Herausforderung, dass dieses neue Mobilitäts werden. Damit erkennen die Expert:innen im konzept zu erheblichen Aufwänden bei der Innen- Cross-Clustering Anwendungsbereiche, die im raumreinigung führt. Das ist wirtschaftlich wie Rahmen der Zukunftsstudie „Perspektiven 2035“ ökologisch eine große Herausforderung (Dahlmann, als wesentliche Zukunftsfelder für textile Lösungen 2019). Hier dürfte für innovative textilbasierte identifiziert wurden und bei denen Dank beste- Lösungen ein erheblicher Markt bestehen (Peters hender Kompetenzen ein erhebliches Potenzial & Goluchowicz, 2020, S. 17). Entsprechende aufgezeigt werden konnte (Peters & Goluchowicz, Lösungen könnten darüber hinaus in weiteren 2020, S. 51). Anwendungsfeldern eingesetzt werden. Ein zentraler Treiber für zunehmenden Unterstüt- zungsbedarf durch Smart Textiles-Anwendungen – sei es im Alltag oder im beruflichen Umfeld – ergibt sich dabei nicht zuletzt aufgrund des ins- besondere in den entwickelten Industrienationen fortschreitenden demografischen Wandels (Peters & Goluchowicz, 2020, S. 19). Bereits vor knapp vier Jahren wurde ein verstärktes Gesundheits- und Schutzbedürfnis als Folge des demografischen Wandels als ein wichtiger Einflussfaktor für den Smart Textiles-Markt beschrieben (Sächsisches Textilforschungsinstitut e. V [STFI] & Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft [EY], 2016, S. 15). Letztgenannter Trend dürfte sich infolge 20 Diskussion der Ergebnisse
MÄRKTE ENTWICKELN UND REGULIERUNG In besonderer Weise gilt dies für die Entwicklung ALS INNOVATIONSANREIZ NUTZEN nachhaltiger Smart Textiles-Anwendungen. So könnte Ende der 2020er Jahren, als Folge zuneh- Damit Smart Textiles-Anwendungen aus Deutsch- mender gesellschaftlicher Akzeptanz für harte land sich erfolgreich entwickeln lassen und am regulatorische Eingriffe, eine harte Regulierungs- Markt behaupten, konnten die Expert:innen im schwelle erreicht werden, die weitreichende Be- Rahmen des Cross-Clustering-Workshops identifi- stimmungen inklusive strengerer Recycling-Quoten zieren, welche Rahmenbedingungen dazu geschaf- und Einschränkungen zum Wasser- und Biomasse- fen werden müssen. verbrauch festlegt (Peters & Goluchowicz, 2020, S. 13). Wenn – wie die Ergebnisse des Cross- Als grundlegend erforderlich wird dabei ein ent- Clustering-Prozesses und der Perspektiven 2035 sprechender Market Pull beschrieben. Tatsächlich nahelegen – die größten Marktpotenziale für verweist auch die Zukunftsstudie Perspektiven Smart Textiles-Anwendungen gerade mittel- bis 2035 darauf, dass bislang vor allem die Nachfrage langfristig, also ab Mitte der 2020er Jahre, zu nach Smart Textiles-Anwendungen noch gering realisieren sind, stellt dies die Produktentwick- ist. Die Aufnahmefähigkeit wichtiger Anwendungs- lung bereits heute vor große Herausforderungen. branchen dürfte sich jedoch zur Mitte der 2020er In Antizipation sich verschärfender Regulierung Jahre erhöhen (Peters & Goluchowicz, 2020, müsste es daher das Ziel für Smart Textiles- S. 19–22). Ein weiterhin bestehender Unsicher- Entwicklungen sein, alle ab 2025 auf den Markt heitsfaktor liegt jedoch in der Frage, ob komplexe kommenden Produkte bereits konsequent auf ihre textilbasierte Anwendungen künftig im Vergleich Recyclingfähigkeit hin zu entwickeln und schädli- zu Substituten im Preiswettbewerb bestehen kön- che Umwelteinträge in Prozessen und Produkten nen – und wenn ja, in welchen Anwendungsfeldern weitestgehend zu reduzieren. Für die Produktent- (Hartmann, 2020, S. 31). wicklung bedeutet das konkret: Während alle konventionell entwickelten P rodukte, die in den Dabei stellt sich eine zunehmende Akzeptanz kommenden zwei bis drei Jahren die Marktreife von Smart Textiles-Anwendungen freilich nicht erreichen, in den 2020er Jahren noch einen von selbst ein. So wurde im Cross-Clustering- relevanten Deckungsbeitrag leisten und dabei Workshop unterstrichen, dass der (frühzeitige) insbesondere die Finanzierung der Entwicklung Einbezug von U nternehmen mit unmittelbarem langfristig erfolgversprechender, nachhaltiger Pro- Zugang zu Endkund:innen, z. B. durch OEMs1, dukte unterstützen können, sollte sich die mittel- bereits im Entwicklungsprozess notwendig ist, bis langfristige Produktentwicklung konsequent um Smart Textiles-Anwendungen ausgehend vom am Prinzip „Design for Recycling“ orientieren. künftigen Kundenbedürfnis zu entwickeln. Durch Dabei dient die kurzfristige Einführung von Smart- eine entsprechende Orientierung am Nutzen der Textile-Anwendungen nicht nur der Sicherung von Kund:innen können Textilhersteller dabei mit ihren Liquidität, sondern hilft vor allem dabei, Erfah- Kooperationspartner:innen daran mitwirken, Zu- rungen in Entwicklung und Vertrieb für wichtige kunftsmärkte gezielt zu entwickeln und frühzeitig Anwender:innenbranchen zu sammeln sowie stra- Erfahrungen in der Realisation und Vermarktung tegische Kooperationen mit Partner:innen anderer zukunftsfähiger Produkte zu sammeln. Wertschöpfungsstufen aufzubauen. 1) Original Equipment Manufacturer, auf Deutsch Erstausrüster Diskussion der Ergebnisse 21
Für Medizinprodukte, Persönliche Schutzausrüs- Die Frage, wie Sensorik in Smart Textiles-Anwen- tung und im Bereich sicherheitsrelevanter Kom- dungen dauerhaft haltbar und auch bei fl exiblen ponenten für Mobilitätssysteme wurden als eine Strukturen zu integrieren ist, konnte in den Per- wesentliche Voraussetzung die notwendigen Zulas- spektiven 2035 als ein zentrales Thema der inter- sungen als weitere Rahmenbedingung identifiziert, nationalen Textilforschung identifiziert werden, zu die für die Entwicklung und das Inverkehrbringen dem ebenfalls die deutschen Akteure bereits Know- von Smart Textiles-Anwendungen erfolgskritisch how aufbauen (Peters & Goluchowicz, 2020, S. 27). ist. Damit unterstreichen die Ergebnisse des Cross-Clustering-Workshops die Notwendigkeit Fragen der Biomechanik sind nach den Ergeb- eines ganzheitlichen Ansatzes zur Entwicklung nissen des Cross-Clusterings vor allem bei mit derartiger textiler Anwendungen, wie ihn Jordan entsprechender Aktorik versehenen adaptiven (2020) beschreibt. Dabei werden notwendige Nor- Smart Wearables von herausgehobener Relevanz. men und Standards identifiziert und die Entwick- Damit identifizierten die Expert:innen einen bislang lung auf bestehende Vorgaben ausgerichtet. Bei weniger intensiv betrachteten Aspekt, der bei der neu zu schaffenden oder zu ergänzenden Normen Entwicklung von Smart Wearables mit Unterstüt- und Standards wird dabei eine entwicklungsbe- zungsfunktion entscheidend ist. Auch die Steue- gleitende Normung empfohlen. Dabei bietet sich rungsintelligenz, die softwareseitig entsprechende besonders bei öffentlich geförderten Projekten die Unterstützungssysteme in die Lage versetzt, Möglichkeit einer Teilfinanzierung der mit diesem Sensordaten unmittelbar und adäquat zu verarbei- Verfahren einhergehenden Kosten an (Jordan, ten, sodass speziell bei der motorischen Unter- 2020). stützung der Nutzer:in optimale Ergebnisse ohne zeitlichen Versatz erreicht werden, spielt vor allem für die Entwicklung komplexer Smart Wearables eine entscheidende Rolle. TECHNISCHE HERAUSFORDERUNGEN FEST IM BLICK In Bezug auf die für die Realisation der diskutier- ten Smart Textiles-Anwendungen erforderlichen technologischen Entwicklungsschritte identifizier- ten die Expert:innen im Cross-Clustering-Workshop vor allem die Bereiche „Haltbarkeit von Sensorik“, „Biomechanik“ und „Steuerungsintelligenz“. 22 Diskussion der Ergebnisse
KOLLABORATIVE UND CROSS-SEKTORALE ENTWICKLUNG ALS NEUER GOLDSTANDARD Während bereits beim Thema nutzer:innenorientierte Damit unterstreichen die Ergebnisse des Cross- Produktentwicklung von Smart Textiles die Not- Clusterings, dass bereits kurzfristig eine Intensi- wendigkeit kollaborativer, unternehmens-, wert- vierung der unternehmensübergreifenden Zusam- schöpfungsstufen- und sektorübergreifender Ent- menarbeit zu erwarten ist, will sich der Textilsektor wicklungszusammenarbeit deutlich wurde, zeigen angesichts der steigenden Marktanforderungen die Ergebnisse des Cross-Clustering-Workshops, erfolgreich behaupten (Peters & Goluchowicz, dass auch für die Bewältigung technologischer 2020, S. 16). Hürden gilt: Ohne kollaborative Ansätze und eine enge Zusammenarbeit dürfte bei Smart Textiles künftig nichts gehen. Zwar ist die deutsche Textil forschung bereits hochgradig vernetzt; doch ist insbesondere hinsichtlich der Kooperation mit anderen Branchen das Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft. Abb. 9: Akteursnetzwerk von textilen Forschungsprojekten des Bundes (Peters & Goluchowicz, 2020) Diskussion der Ergebnisse 23
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