In Sport, Spiel und Bewegung
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Vermittlungskompetenz in Sport, Spiel und Bewegung Tobias Vogt (Hrsg.)
Das vorliegende Buch wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder der Herausgeber noch der Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch vorgestellten Informationen resultieren, Haftung über- nehmen. Sollte diese Publikation Links auf Websiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigenmachen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröf fentlichung verweisen. 20_09_21_Innenteil_Vermittlungskompetenzen_im_Sport.indd 2 22.09.20 12:38
Vermittlungskompetenz in Sport, Spiel und Bewegung: Sportartspezifische Perspektiven Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Details sind im Internet über abrufbar. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie das Recht der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form – durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren – ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, gespeichert, vervielfältigt oder verbreitet werden. © 2020 by Meyer & Meyer Verlag, Aachen Auckland, Beirut, Dubai, Hägendorf, Hongkong, Indianapolis, Kairo, Kapstadt, Manila, Maidenhead, Neu-Delhi, Singapur, Sydney, Teheran, Wien Member of the World Sport Publishers’ Association (WSPA) 9783840313813 E-Mail: verlag@m-m-sports.com www.dersportverlag.de
Inhalt Vorwort ................................................................................................................................................................................................... 8 Tobias Vogt I Theoretische Einordnung ................................................................................................................. 11 1 Zur Vermittlungskompetenz in Sport, Spiel und Bewegung ......................... 12 Tobias Vogt 2 Zielgruppenspezifische Vermittlung: Inhalte, Methoden und Modelle ............................................................................................................... 29 Tobias Vogt & Daniel Klein II Vermittlungskompetenz in den Sportarten .......................................... 51 Volleyball 3 Das Spielgemäße Konzept in der Volleyballvermittlung: Zeitgemäß interpretiert – immer noch aktuell .................................................................. 52 Jimmy Czimek & Simon Timmer 4 Engagement durch Motivation – Möglichkeiten der Motivationsförderung im Volleyballunterricht an der Schule ................... 60 Simon Timmer & Jimmy Czimek Turnen 5 Effizient, ästhetisch, sicher: Biomechanisches Grundverständnis als Fundament turnerischer Bewegungsvermittlung .............................................. 70 Jonas Rohleder, Maria Becker & Ilona Gerling 6 Vermittlungswege im Gerätturnen: Förderung von Lernprozessen durch zielgruppenadäquaten Methodeneinsatz ............................................................. 93 Maria Becker, Ilona Gerling & Jonas Rohleder 5 20_09_21_Innenteil_Vermittlungskompetenzen_im_Sport.indd 5 22.09.20 12:38
7 „Teamsport“ Turnen: Gegenseitiges Helfen und Sichern zur Förderung sozialer Kompetenzen ........................................................................................... 106 Ilona Gerling, Jonas Rohleder & Maria Becker Schwimmen 8 Vermittlungsinhalte einer umfassenden schwimmerischen Grundbildung .......................................................................................................... 129 Ilka Staub & Inga Fokken 9 Handlungsoptionen und Potenziale eines geöffneten Schwimmunterrichts – wirkungsvoll und motivierend Schwimmen lehren ................................................. 149 Luis Ohlendorf & Ilka Staub 10 Das Show-Room-Prinzip mit und ohne Videofeedback – individualisierte Schwimmtechnikvermittlung im Schul-, Breiten- und Leistungssport ....................................................................................... 171 Lucas Abel, Andreas Bieder & Ilka Staub Badminton 11 Vermittlung des Badmintonspiels am Beispiel des Racketspeedmodells in Schule und Verein ............................................................. 189 Daniel Hoffmann 12 Fehlerkorrekturen im Badminton aus funktionaler Perspektive ..................................................................................................................... 199 Daniel Hoffmann Tennis 13 Eine kompetenzorientierte Einordnung zur Tennisvermittlung im Sportunterricht ............................................................................. 207 Philipp Born & Ralph Grambow 6 20_09_21_Innenteil_Vermittlungskompetenzen_im_Sport.indd 6 22.09.20 12:38
Inhalt 14 Moderne spiel- und wettkampforientierte Vermittlungskompetenz im Tennis ..................................................................................................... 218 Philipp Born & Dominik Meffert Fußball 15 Spielorientierte Vermittlung technisch-taktischer Aspekte im Sportspiel Fußball ............................................................................................................................................. 228 Martin Jedrusiak-Jung & Jörg Jakobs 16 Ein Leitfaden für eine Lehrprobe zur Planung, Durchführung und Analyse im mannschaftstaktischen Rahmen am Beispiel Fußball ................................................................................................................................................... 238 Gerd Merheim & Hans-Jürgen Tritschoks Kampfsport 17 Vermittlungsmethoden: Kämpfen im Schulsport im Spannungsfeld zwischen Tradition und Nichtlinearität ....................... 245 Susen Werner, Swen Körner & Mario S. Staller 18 Begrenzen für mehr Freiheit: Der Constraints-Led-Approach als trainingspädagogische Perspektive auf das Design von Lehr-Lern-Settings in- und außerhalb des Sports ........................................ 276 Swen Körner & Mario S. Staller Autorenschaft ...................................................................................................................................................................... 300 Index .................................................................................................................................................................................................. 306 Bildnachweis ........................................................................................................................................................................... 320 7 20_09_21_Innenteil_Vermittlungskompetenzen_im_Sport.indd 7 22.09.20 12:38
Schwimmen 8 Vermittlungsinhalte einer umfassenden schwimmerischen Grundbildung Ilka Staub & Inga Fokken Im Grunde ist das Ziel klar: Kinder müssen schwimmen können! Die Fähigkeit, Schwim- men zu können, bildet die Grundlage für die Erschließung des Bewegungsraums Wasser mit seinen reichhaltigen Möglichkeiten zur sportlichen Betätigung und zur gesellschaft- lichen Teilhabe. Obwohl diesbezüglich ein breiter gesellschaftlicher Konsens besteht, gelten viele Kinder am Ende ihrer Grundschulzeit noch als unsichere Schwimmer (Kurz & Fritz, 2007). In den vergangenen Jahrzehnten wurde intensiv darüber diskutiert, welche Anforde- rungen zu erfüllen sind, um als sicherer Schwimmer eingestuft zu werden. Die damit einhergehenden Definitionen und Operationalisierungsversuche (ausführlich in Stemper & Kels, 2016) weisen eine inhaltliche Vielfalt auf, die auf unterschiedliche Schwerpunkt- setzungen und Ansätze hindeutet. Im Dezember 2019 einigten sich die Kultusministerkonferenz der Länder (KMK) und der Bundesverband zur Förderung der Schwimmausbildung (BFS) auf ein gemeinsames Ziel für die schulische und außerschulische Schwimmausbildung. Als Nachweis für das „Sicher Schwimmen Können“ gelten laut der Erklärung (DGUV, 2019) der Erwerb des Deutschen Schwimmabzeichens in Bronze oder die Bewältigung der vierten Niveaustufe „Sicheres Schwimmen“. Obwohl für den Schwimmunterricht eine Vielzahl von Planungskonzepten, sportdidak- tischen Modellen, Handbüchern und Praxisleitfäden zur Verfügung steht, die die Be- deutung der schwimmerischen Grundfertigkeiten (Atmen, (Unter-)Tauchen, Schweben, 129 20_09_21_Innenteil_Vermittlungskompetenzen_im_Sport.indd 129 22.09.20 12:38
Staub & Fokken Gleiten, Springen, Drehen) für das Schwimmenlernen betonen, bleibt der Weg zum siche- ren Schwimmen eine Herausforderung. Insbesondere der Schwimmunterricht an Schulen hat oft mit Zeitdruck (geringe Unterrichtszeit, hohe Kosten) und Ressourcenknappheit (Platzmangel, Betreuungsschlüssel, qualifizierte Lehrende) zu kämpfen (Ahrendt, 2008; Brettschneider, 2007; Staub, Nobis & Bieder, 2017). Es ist nachvollziehbar, dass unter den gegebenen Bedingungen eine schnelle Fokussierung auf die eindimensionale Vermittlung einer ersten Schwimmtechnik und das Ablegen der genannten Schwimmabzeichen erfolgt (Lange & Volck, 1999; Staub et al., 2017). Hierbei wird jedoch die Relevanz unterschätzt, die die Entwicklung einer grundlegenden Wasser- vertrautheit, die Ausbildung des Wassergefühls sowie die Erfahrung vielfältiger Antriebs- möglichkeiten für das Ziel des sicheren Schwimmens hat (Staub, Strassl & Vogt, 2019). So ist es zwar möglich, eine Schwimmtechnik zu erlernen, ohne sich mit den physikali- schen Eigenschaften des Wassers im Sinne eines Bewegungsdialogs auseinanderzuset- zen. Allerdings hat diese Reduktion des Lernprozesses eine massive Einschränkung der Wassersicherheit zur Folge (Brenner, Moran, Stallman, Gilchrist & McVan, 2006; Stall- man, Moran, Quan & Langendorfer, 2017) und mindert die Möglichkeiten der Nutzung des Bewegungsraums Wasser nachhaltig (Rheker, 2011). In Anlehnung an die Idee einer sportmotorischen (Sport Literacy; Pill, 2010) sowie körper- lichen Grundbildung (Physical Literacy; Hummel, 2019; Vogt & Klein, 2020; Whitehead, 2013) sollen in diesem Artikel die Vermittlungsinhalte einer umfassenden schwimmeri- schen Grundbildung aufgezeigt werden, die einen souveränen und sicheren Umgang mit dem Medium Wasser ermöglichen. 8.1 Stufen der schwimmerischen Grundbildung Die Entwicklung der schwimmerischen Grundbildung erfolgt in zunächst drei Stufen, an die sich das sichere Schwimmen als vierte Stufe anschließt (Abb. 8.1). Die vier Stufen bil- den die Voraussetzung für die vollständige Eröffnung des Bewegungsraums Wasser. Das gewählte Farbsystem entspricht dem Signal einer Ampel, die von Rot über Gelb zu Grün schaltet; der Regenbogen entsteht durch die fließenden Übergänge der Stufen. 130 20_09_21_Innenteil_Vermittlungskompetenzen_im_Sport.indd 130 22.09.20 12:38
Vermittlungsinhalte einer umfassenden schwimmerischen Grundbildung Mit dem Wasser vertraut werden „Ich fühle mich im und unter Wasser wohl.“ Wassergefühl entwickeln und nutzen „Das Wasser trägt mich.“ Sich vielfältig antreiben „Ich komme voran.“ Im und am Wasser sicher sein Schwimmsport Wassersport Sonstige Anwendungsformen • Beckenschwimmen • Rettungsschwimmen • Schwimm-Freibadbesuche • Freiwasserschwimmen • Segeln • Gesundheitssport • Synchronschwimmen • Surfen (Prävention/Rehabilitation) • Wasserball • Wasserski • berufliche Anwendungsfelder • Tauchen • Rudern, Kajak, Kanu etc. Abb. 8.1: Struktur der schwimmerischen Grundbildung In der Anwendung des Stufensystems ist wiederkehrend eine fundierte Einschätzung der schwimmspezifischen Fertigkeiten der Lernenden notwendig, um eine passgenaue Aus- wahl der Spiel- und Übungsformen beziehungsweise Bewegungsaufgaben vornehmen zu können. Hierfür wird in Kapitel 8.2 ein schwimmlernspezifischer Fertigkeitstest (Assess- ment of Basic Aquatic Skills, ABAS; Vogt & Staub, 2020) vorgestellt, der die Lehrenden bei der Analyse ihrer Lerngruppen unterstützen kann. 131 20_09_21_Innenteil_Vermittlungskompetenzen_im_Sport.indd 131 22.09.20 12:38
Staub & Fokken Stufe 1 – mit dem Wasser vertraut werden (rot) Wasser verfügt über spezifische physikalische Eigenschaften. Die Nässe, die Kälte, der Druck, die fehlende Möglichkeit, unter Wasser zu atmen und der Wasserwiderstand, der jede Bewegung verlangsamt, sind Bedingungen, an die sich die Lernenden gewöhnen müssen (Wilke, 1992). Für Schwimmanfänger ist das Wasser oft ein fremdes und furcht- auslösendes Element (Lewin, 1975), insbesondere der direkte Kontakt des Wassers mit dem Auge wird als unangenehm empfunden. Eine erste Auseinandersetzung mit dem Element Wasser kann bereits außerhalb des Schwimmbades, z. B. in der Badewanne, unter der Dusche oder im Planschbecken, be- ginnen (Bauermeister, 1984; dsv-jugend, 2015). Im (Lehr-)Schwimmbecken erschließen sich die Lernenden durch vielfältiges Bewegen, Ausprobieren und Experimentieren einen zum Teil völlig neuen Bewegungsraum und erlangen eine grundlegende Ver- trautheit mit dem Wasser, die für das spätere Schwimmenlernen unverzichtbar ist (Hildebrandt-Stramann, 2007). Dem Untertauchen wird in diesem Zusammenhang eine Schlüsselrolle zugeschrieben (Bissig & Gröbli, 2004b; dsv-jugend, 2015; Wilke & Daniel, 2007), denn dem Archi- medischen Prinzip folgend erfährt nur der vollständig eingetauchte Körper die größt- mögliche Auftriebskraft. Schwimmenlernen beginnt also unter Wasser (Bissig & Gröbli, 2004b); das Untertauchen stellt eine wichtige Grundlage für die weiteren Lernschritte zum sicheren Schwimmen dar und ist mit dem Erlernen einer kontrollierten Atmung verbunden. Es gilt, die Atmung unter Wasser bewusst anzuhalten und im Anschluss daran zu lernen, durch Mund und Nase auszuatmen (Bissig & Gröbli, 2004b). Das Ziel der ersten Stufe ist der Erwerb einer grundlegenden Wasservertrautheit, die mit der Erkenntnis: „Ich fühle mich im und unter Wasser wohl“, verbunden ist und im vollstän- digen Untertauchen des Körpers mündet. 132 20_09_21_Innenteil_Vermittlungskompetenzen_im_Sport.indd 132 22.09.20 12:38
Vermittlungsinhalte einer umfassenden schwimmerischen Grundbildung Didaktische Leitlinien für die praktische Umsetzung In der ersten Stufe der schwimmerischen Grundbildung sind Spiele und Übungen auszu- wählen, die zielführende Lerngelegenheiten darstellen für den Kontakt mit Spritzwasser im Gesicht; eine ganzheitliche Auseinandersetzung mit dem Element Wasser v. a. durch Be- rühren und Beobachten (be- und umfüllen, gießen, ausschütten); das schrittweise Eintauchen des Kopfs ins Wasser (erst Mund, dann Nase, dann Augen); das Luftanhalten unter Wasser; das vielfältige Bewegen im stehtiefen Wasser (laufen, hüpfen, springen); das Entlanghangeln am Beckenrand (im Flach- oder Tiefwasser) und das Ein- und Aussteigen (ins/aus dem Schwimmbecken). Die Einordnung des Lernfortschritts der Schwimmanfänger orientiert sich an den Aufga- ben 1, 2, 3 und 16 des ABAS (Tab. 8.1, s. S. 150; Vogt & Staub, 2020). Stufe 2 – Wassergefühl entwickeln und nutzen (gelb) In der zweiten Stufe des Lernprozesses setzen sich die Lernenden auf der Basis der ersten Wasservertrautheit aktiv mit den physikalischen Eigenschaften des Wassers auseinander. Ziel ist es, insbesondere die Auftriebskraft wahrzunehmen und ein „Wasser(bewegungs) gefühl“ zu entwickeln (Lange & Volck, 1999). Die damit verbundene Erkenntnis für die Lernenden lautet: „Das Wasser trägt mich.“ In der Fachliteratur wird dieser Lernprozess häufig als Wasserbewältigung bezeichnet (Wil- ke, 1997) und leitet sich aus den Schriften Wießners (1925) zum „natürlichen Schwimm- unterricht“ ab. Dem Untertauchen mit Bodenkontakt oder Festhalten am Beckenrand folgt in dieser Stufe das Untertauchen mit ersten, zum Teil noch kurzen Phasen des Schwebens unter Wasser (Bissig & Gröbli, 2004b). Das Schweben an der Wasseroberfläche (statischer Auftrieb) wird sowohl in Bauch- als auch in Rückenlage durchgeführt. In der Vorwärtsbewegung beim Gleiten, beim durch 133 20_09_21_Innenteil_Vermittlungskompetenzen_im_Sport.indd 133 22.09.20 12:38
Staub & Fokken das Wasser gezogen oder geschoben werden kann die Auftriebskraft des Wassers beson- ders wirkungsvoll erfahren werden (dynamischer Auftrieb). Bei einigen Lernenden voll- zieht sich die dynamische Auftriebserkenntnis vor der Erfahrung des statischen Auftriebs. Um in Rückenlage ausbalanciert schweben zu können, ist es wichtig, eine neutrale Kopfhaltung mit eingetauchten Ohren einnehmen zu können. Für die Umsetzung des Auftreibens, Schwebens und Gleitens in Bauchlage ist es notwendig, die Zeit des Un- tertauchens zu verlängern und die Atmung entsprechend anzupassen (Junge, Blixt & Stallman, 2010). Die Überwindung des Lidschlussreflexes führt zur Öffnung der Augen und ermöglicht die Orientierung unter Wasser. Somit können nun z. B. gezielt Gegenstände vom Becken- grund hochgeholt werden. Die Erkenntnis der bzw. das Vertrauen in die Tragkraft des Wassers sollte nicht durch den Einsatz von Schwimm- und Auftriebshilfen verfälscht wer- den (Wilke & Daniel, 2007). Abgekürzte Lernwege mit vermeintlichen Hilfen dieser Art führen oft zu erheblichen Schwierigkeiten im weiteren Verlauf des Schwimmenlernens, da den Lernenden die ent- scheidende Erfahrung des eigenen Auftriebs verwehrt bleibt (Bissig & Gröbli, 2004b). Je mehr Gelegenheiten die Lernenden erhalten, die Eigenschaften des Wassers wahrzuneh- men und ein Gefühl für den Umgang mit diesem Element zu entwickeln, desto sicherer und auch ökonomischer werden sie sich im weiteren Verlauf des Schwimmenlernens im Wasser bewegen (Stallman, Moran, Brenner & Rahman, 2014). Didaktische Leitlinien für die praktische Umsetzung In der zweiten Stufe der schwimmerischen Grundbildung sind Spiele und Übungen aus- zuwählen, die zielführende Lerngelegenheiten darstellen für das Öffnen der Augen unter Wasser; die Verlängerung der Tauchzeit; das bewusste Ausatmen unter Wasser durch Mund und Nase; das Schweben unter Wasser; das Schweben an der Wasseroberfläche in Bauch- und Rückenlage; 134 20_09_21_Innenteil_Vermittlungskompetenzen_im_Sport.indd 134 22.09.20 12:38
Vermittlungsinhalte einer umfassenden schwimmerischen Grundbildung die Erfahrung des dynamischen Auftriebs durch Abstoß vom Beckenrand (Gleiten) oder das Durchs-Wasser-gezogen- bzw. -geschoben-Werden und das Hineinspringen und Hineinrutschen ins Wasser (mit anschließendem Unter- tauchen). Die Einordnung des Lernfortschritts der Schwimmanfänger orientiert sich an den Aufga- ben 3, 5, 6, 7, 9, 10 und 16 des ABAS (Tab. 8.1; Vogt & Staub, 2020). Stufe 3 – sich vielfältig antreiben (grün) In der dritten Stufe der schwimmerischen Grundbildung kommt es für die Lernenden da- rauf an, die Brems- und Abdruckwirkungen des Wassers bewusst wahrzunehmen und ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie der Wasserwiderstand zum Abdruck sowie Halt und damit zum Vortrieb genutzt werden kann (Hildebrandt-Stramann, 2007). Ebenso gilt es, zu erkennen, wie die Widerstandskraft des Wassers durch eine optimierte, widerstandsarme Körperhaltung reduziert werden und so trotz Bremswirkung ein Gleiten entstehen kann. Die Lernenden erproben verschiedene Arm-, Bein- und Körperhaltungen sowie -bewe- gungen in unterschiedlichen Wasserlagen und entdecken erste Möglichkeiten des Fort- bewegens (Abb. 8.2). Es geht dabei nicht um „richtig“ oder „falsch“, sondern um die Entdeckung von relevanten Lösungen für eine gestellte Bewegungsaufgabe. Auf diese Weise können sich verschiede- ne Formen des Antreibens herausbilden, die sich nicht an den normierten Schwimmtech- niken orientieren, sondern aus dem Verständnis des Wirkungszusammenhangs „Auftrieb – Antrieb – Widerstand“ als grundlegende Herausforderung für die Fortbewegung im Wasser resultieren (Lange & Volck, 1999). Die Lernenden erarbeiten sich ein Repertoire an individuellen, erfahrungsbezogenen und situativ-flexiblen Antriebsmöglichkeiten, welches als Fundament für alle Formen der Be- wegung im Wasser dienen kann und verknüpft ist mit der Erkenntnis: „Ich komme voran.“ Der subjektive Erkenntnisgewinn, für das Fortbewegungsproblem im Wasser eine Lösung gefunden zu haben, kann sich nur aus vielen und vor allem vielfältigen Bewegungserfah- rungen entwickeln (Lange & Volck, 1999). 135 20_09_21_Innenteil_Vermittlungskompetenzen_im_Sport.indd 135 22.09.20 12:38
Staub & Fokken Rückenlage Bauchlage Seitenlage gl e nd ch s el ic h ble we ib e nd Wasserlage Auf- und Abbewegen gl e Treten (Adler, Oktopus) ig ic h it s ei ic hs e t ig Schaufeln gl e Schlagen (Raddampfer) Antrieb aus den Antrieb aus den Abdrücken Händen/Armen Füßen/Beinen Auf- und (Entenschlag) Abbewegen nen we e de en ch c h i /E b e n se Ein- und e r s ls e n Auswärtswischen In v t i o n e wechselseitig Öffnen it i i Po s g (Scheibenwischer; und Schließen wriggen) Rotieren Körperwelle (Mixer) Abb. 8.2: Das vielfältige Antreiben umfasst unterschiedliche Bewegungsaufgaben und -lösungen mit angepasster Atmung. In anderen Sportarten gibt es einen breiten Konsens über die Notwendigkeit einer vielfäl- tigen koordinativen Grundausbildung, wie z. B. die allgemeine Ballschule der gängigen Ballsportarten (Roth & Memmert, 2007) oder das allgemeine Laufen, Springen, Werfen in der Kinderleichtathletik (DLV, 2018). In diesem Zusammenhang verwundert es einmal mehr, dass im Unterricht mit Schwimmanfängern oft frühzeitig die Vermittlung komple- xer standardisierter Bewegungen angestrebt wird (Durlach, 1994) und nicht vorhandene Grundfertigkeiten durch Zuhilfenahme von Auftriebsmitteln verdeckt werden. Die ersten Antriebsversuche sind zunächst durch die Dauer eines Atemzyklus (Atem an- halten und unter Wasser ausatmen) begrenzt und beschränken sich daher in der Regel auf eine Schwimmstrecke von etwa 3-5 m. Im Zuge des Ausprobierens und Experimentie- rens entwickeln die Lernenden sukzessiv auch Lösungsmöglichkeiten für das Luftholen in der Fortbewegung (z. B. durch Heben des Kopfs oder Drehen in die Rücken- oder Seiten- lage) und verlängern dadurch etappenweise ihre Schwimmdistanz. 136 20_09_21_Innenteil_Vermittlungskompetenzen_im_Sport.indd 136 22.09.20 12:38
Vermittlungsinhalte einer umfassenden schwimmerischen Grundbildung Spätestens an diesem Punkt des Lernprozesses ist eine Übertragung der im Flachwasser erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten ins Tiefwasser unabdingbar. In manchen Fäl- len ist aufgrund der deutlich veränderten Rahmenbedingungen im Tiefwasser (geringere Wassertemperatur, von der Wasseroberfläche aus nicht oder schlecht sichtbarer Boden, große Wasserfläche) eine Art „Tiefwassergewöhnung“ vonnöten (Wilke & Daniel, 2007), bevor die Lernenden in der Lage sind, ihre bereits erworbenen Fähigkeiten und Fertigkei- ten auch im nicht-stehtiefen Becken abrufen zu können. Didaktische Leitlinien für die praktische Umsetzung In der dritten Stufe der schwimmerischen Grundbildung sind Bewegungsaufgaben auszu- wählen, die zielführende Lerngelegenheiten darstellen für Gleiterfahrungen in Bauch-, Rücken- und Seitenlage; das vielfältige Ausprobieren und Kombinieren von unterschiedlichen Antriebs- möglichkeiten mit Armen und Beinen; vielfältige Lagewechsel um die Körperlängsachse (und gegebenenfalls auch um die Körperquerachse); das Zurücklegen erster kurzer Strecken in Rückenlage; das Zurücklegen erster kurzer Strecken in Bauchlage (ca. 3-5 m, begrenzt durch die Dauer des Atemanhaltens bzw. Ausatmens unter Wasser); das Zurücklegen kurzer Strecken unter Wasser (in Kombination mit weiteren Tauchaufgaben); das Erproben verschiedener Zeitpunkte des Luftholens; das rhythmische Einatmen über Wasser und Ausatmen unter Wasser; vielfältige Formen des Springens ins Wasser, auch kopfwärts und das sukzessive Verlängern der Schwimmstrecke. Die Einordnung des Lernfortschritts orientiert sich an der Fähigkeit, eine Schwimm- strecke von etwa 25 m (häufige Bahnlänge) im Tiefwasser zu absolvieren (Abb. 8.3). Die Lernenden sollen in der Lage sein, die Schwimmstrecke mit einem Sprung ins Wasser zu beginnen und zeitweise von der Bauch- in die Rückenlage zu wechseln (und umgekehrt). 137 20_09_21_Innenteil_Vermittlungskompetenzen_im_Sport.indd 137 22.09.20 12:38
Staub & Fokken Des Weiteren soll die Schwimmstrecke kurzzeitig unterbrochen werden können (z. B. durch eine Phase des Schwebens oder Wassertretens), bevor und/oder nachdem unter einem Hindernis hindurchgetaucht oder ein Gegenstand vom Beckengrund ertaucht wird bzw. wurde (in Abhängigkeit von der zur Verfügung stehenden Wassertiefe). Darüber hinaus können die Aufgaben 5, 7, 8, 9, 11, 12, 13, 14, 15, 16, 17, 18 und 19 des ABAS (Tab. 8.1 s. S. 150; Vogt & Staub, 2020) genutzt werden, um den Lernfortschritt detail- lierter zu erfassen. Abb 8.3: Einordnung des Lernfortschritts am Ende der Stufe 3 – sich vielfältig antreiben (grün) Stufe 4 – im und am Wasser sicher sein (blau) In der vierten Stufe der schwimmerischen Grundbildung, die überwiegend im Tiefwasser stattfindet, erweitern und konkretisieren die Lernenden ihre Antriebskonzepte in Form von Bewegungsvariationen mit Blick auf die Ökonomisierung ihrer Fortbewegung. In der historischen Entwicklung des Schwimmens haben sich vier Schwimmtechniken etabliert; die Techniken des Kraul-, Rücken- und Brustschwimmens eignen sich mit unterschiedli- chen Vor- und Nachteilen gleichermaßen als erste Schwimmtechnik. 138 20_09_21_Innenteil_Vermittlungskompetenzen_im_Sport.indd 138 22.09.20 12:38
Vermittlungsinhalte einer umfassenden schwimmerischen Grundbildung Die Wahl der ersten normierten Schwimmtechnik müssen die Lehrenden mit Blick auf ihre Zielgruppe und in Abhängigkeit von den organisatorischen Rahmenbedingungen tref- fen (Elbracht, 2015). Die Lernenden erarbeiten sich in dieser Stufe grundlegende Bewe- gungsvorstellungen von diesen drei Schwimmtechniken und können die entsprechenden Bewegungen in Grobform ausführen. In Abhängigkeit von ihren individuellen Voraussetzungen gelangen die Lernenden so zu einer Schwimmform, die erstmals ein ausdauerndes Schwimmen ermöglicht und langfris- tig zur Verlängerung der Schwimmdistanz und -dauer führt. Neben der Erarbeitung der Schwimmtechniken bewirkt die fortwährende Implementie- rung von Bewegungsaufgaben zur Schulung der schwimmerischen Grundfertigkeiten in den Schwimmunterricht eine kontinuierliche Weiterentwicklung des motorischen Kön- nens im Sinne einer allgemeinen schwimmerischen Grundbildung. Es gilt, den Erwerb einer oder mehrerer Schwimmtechniken als notwendige Komponente der Wassersicherheit zu fördern, allerdings mit dem Verständnis, dass die Schwimmfähig- keit allein nicht ausreicht, um das Ertrinken zu verhindern (Brenner et al., 2006). Neben dem Erreichen der motorischen Lernziele ist es daher maßgebliches Ziel dieser Stufe, die Lernenden für die Gefahren im, am und unter Wasser zu sensibilisieren. Um für sich selbst und andere Verantwortung zu übernehmen, ist es notwendig, die eigenen Fä- higkeiten zuverlässig einschätzen zu können und die Verhaltensregeln für den Aufenthalt am und im Wasser einzuhalten (Stallman et al., 2017). Da Kinder erst ab einem Alter von etwa acht Jahren allmählich ein vorausschauendes Gefahrenbewusstsein entwickeln (BZgA, 2020), können auch vermeintlich gute Schwim- mer in Not geraten, weil sie z. B. ihre Kraft und Ausdauer überschätzen oder aufgrund von Strömungen abtreiben (BAG, 2016). Eine Wassersicherheit, die im Schwimmbecken erlangt wurde, ist grundsätzlich nur bedingt auf das Schwimmen in freien Gewässern und insbesondere bei akuten Gefahrensituationen übertragbar (Kjendlie, Pedersen, Thoresen, Setlo, Moran & Stallman, 2013). 139 20_09_21_Innenteil_Vermittlungskompetenzen_im_Sport.indd 139 22.09.20 12:38
Staub & Fokken Die Einschätzung des Lernfortschritts und die Ernennung eines Lernenden zum siche- ren Schwimmer (mit den oben genannten Einschränkungen) orientiert sich an den Anforderungen des Deutschen Schwimmabzeichens Bronze. Dafür ist es notwendig, mindestens 15 Minuten zu schwimmen und in dieser Zeit wenigstens 200 m zurückzu- legen (DGUV, 2019). Während des ausdauernden Schwimmens sollten im Sinne einer schwimmerischen Grund- bildung zusätzliche Aufgaben bewältigt werden, die auf ein Signal hin auszuführen sind (Anhalten und Wassertreten auf der Stelle mit gleichzeitigem Emporheben eines Arms zum Winken, Richtungswechsel, Ab- und kurzes Streckentauchen aus dem Schwimmen heraus). Darüber hinaus können die Aufgaben 5, 7, 8, 11, 12, 13, 14, 15, 17, 18 und 19 des ABAS (Tab. 8.1; Vogt & Staub, 2020) genutzt werden, um den Lernfortschritt detaillierter zu erfassen. 8.2 Schwimmlernspezifischer Fertigkeitstest (ABAS) Während es verschiedene Möglichkeiten gibt, schwimmspezifische Leistung mittels Zeitnahme bzw. Streckenlänge objektiv zu messen, erfolgt die Einordnung des Lernfort- schritts im Prozess des Schwimmenlernens bislang nur durch die subjektive Einschätzung der Lehrenden auf der Basis ihrer bisherigen Erfahrungen. Grundlegende motorische Testbatterien, die motorische Fertigkeiten an Land messbar machen, wie z. B. der Kör- perkoordinationstest für Kinder (KTK; Kiphard & Schilling, 2007), existieren für das Be- wegen im Wasser zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Zur Beurteilung der frühschwimmerischen Fähigkeiten und Fertigkeiten werden lediglich nicht validierte Abzeichensysteme hinzugezogen (Bissig & Gröbli, 2004a; Reischle, Buch- ner & Rudolph, 2011). Aus diesem Grund wurde mit dem Assessment of Basic Aquatic Skills (ABAS; Vogt & Staub, 2020) ein Test, bestehend aus 19 Aufgaben, entwickelt, der eine Einordnung des Lernfortschritts ermöglicht (Tab. 8.1). Die Aufgaben beziehen sich auf die Grundfertigkeiten des Atmens, (Unter-)Tauchens, Schwebens, Gleitens, Springens und Drehens und wurden in Teilübungen differenziert, 140 20_09_21_Innenteil_Vermittlungskompetenzen_im_Sport.indd 140 22.09.20 12:38
Vermittlungsinhalte einer umfassenden schwimmerischen Grundbildung die in ihrer Komplexität zunehmen. Die Übungsauswahl orientiert sich an Teilprüfungen der gängigen Schwimmsport-Abzeichen sowie an Aufgabenstellungen der schwimmspe- zifischen Fachliteratur (Bissig & Gröbli, 2004b; dsv-jugend, 2015; Rheker, 2011; Wilke & Daniel, 2007). Die Testaufgaben wurden mit kindgerechten Erklärungen versehen, eindeutig formulier- te Bewegungskriterien ermöglichen eine Entscheidung über das Bestehen einer jeden Aufgabe. Die Bewertungskriterien der Testaufgaben wurden hinsichtlich der Interrater- Reliabilität durch Beurteilende mit differierender Qualifikation und Erfahrung evaluiert (Vogt & Staub, 2020). Tab. 8.1: Übersicht über die Aufgaben des schwimmlernspezifischen Fertigkeitstests (nach Vogt & Staub, 2020) Nr. Aufgabe Beschreibung Bewertungskriterien Stufe(n) 1) Gesicht Schaufle dir Wasser im Gesicht wird Rot waschen Wasser ins zugelassen. Gesicht. Das Gesicht ist entspannt. 2) Waschschüssel Tauche dein Das Gesicht ist vollständig Rot Gesicht ins eingetaucht. Wasser. 3) Nase putzen Atme durch Nase Es werden deutlich sichtbare Gelb und Mund unter Blasen mit Nase und/oder Wasser aus. Mund erzeugt. 4) Taucher Tauche mit Der gesamte Körper ist Rot deinem ganzen eingetaucht. (Abschluss Körper und dem Es werden weder Nase noch der Stufe) Kopf ins Wasser. Mund zugehalten. Du darfst dich dabei festhalten. 5) Fischauge Tauche unter Die Augen werden Gelb, grün, und öffne deine entspannt unter Wasser blau Augen. geöffnet. 141 20_09_21_Innenteil_Vermittlungskompetenzen_im_Sport.indd 141 22.09.20 12:38
Staub & Fokken 6) Tieftaucher Tauche unter und Ein Ring wird aus schulter- Gelb hole einen Ring tiefem Wasser hochgeholt. vom Boden des Der Ring wird vom Boden Lehrbeckens. mit der Hand gegriffen. Kein Festhalten am Rand. 7) Sprudelbad Tauche unter Das Gesicht ist vollständig Gelb, grün, und atme aus, eingetaucht. blau solange du Es werden deutlich sichtbare kannst. Blasen mit Nase und/oder Mund erzeugt. 8) Luftpumpe Atme kurz ein, Es wird über Wasser kurz Gelb, grün, tauche unter und eingeatmet. blau atme lange aus. Es wird unter Wasser lange Wiederhole das ausgeatmet. mehrmals. Es werden deutlich sichtbare Blasen mit Nase und/oder Mund erzeugt. Der Rhythmus kann min- destens viermal wiederholt werden. 9) Schleppschiff Halte dich mit Die Arme werden gestreckt. Gelb, grün beiden Händen Das Gesicht ist vollständig am Ring fest eingetaucht und darf zur und lasse dich Einatmung gehoben werden. auf dem Bauch Es wird eine entspannte mit gestreckten Wasserlage eingenommen. Armen durch das Die Beine sind bewegungs- Wasser ziehen. los. 10) Seestern Lege dich in Die Schwebeposition wird Gelb Rücken- oder an der Wasseroberfläche (Abschluss Bauchlage auf eingenommen und über der Stufe) das Wasser. mindestens fünf Sekunden gehalten, dabei dürfen die Beine leicht absinken. Der Körper ist entspannt. 142 20_09_21_Innenteil_Vermittlungskompetenzen_im_Sport.indd 142 22.09.20 12:38
Vermittlungsinhalte einer umfassenden schwimmerischen Grundbildung 11) Schraube Lege dich in Drehen von der Bauch- in Grün, blau Bauchlage auf die Rückenlage und zurück. das Wasser, In Endposition ist das drehe dich in Gesicht vollständig Rückenlage (um eingetaucht. einzuatmen) und Die Endposition ist ruhig. anschließend wieder in Bauchlage. 12) Katapult Lege dich in Das Gesicht ist vollständig Grün, blau Bauchlage auf eingetaucht. das Wasser, Der Lernende bleibt nach du wirst an der Impulsübertragung den Füßen entspannt liegen. angestoßen. 13) Torpedo Stoße dich vom Es erfolgt ein Abstoß vom Grün, blau Beckenrand Beckenrand. ab und bleibe Das Gesicht ist vollständig entspannt liegen. eingetaucht. Das Gleiten findet ent- spannt ohne Bewegung der Arme und/oder Beine statt. Die Übung kann in Bauch- und/oder Rückenlage ausgeführt werden. 14) Rückenpfeil Stoße dich in Es erfolgt ein Abstoß vom Grün, blau Rückenlage vom Beckenrand. Beckenrand mit Der Körper befindet sich über dem Kopf in einer widerstandsarmen gestreckten Wasserlage. Armen ab und Der Hinterkopf und die gleite. Ohren sind eingetaucht, das Gesicht ist über Wasser. Das Gleiten findet ent- spannt ohne Bewegung der Arme und/oder Beine statt. 143 20_09_21_Innenteil_Vermittlungskompetenzen_im_Sport.indd 143 22.09.20 12:38
Staub & Fokken 15) Bauchpfeil Stoße dich in Es erfolgt ein Abstoß vom Grün, blau Bauchlage vom Beckenrand. Beckenrand mit Der Körper befindet sich über dem Kopf in einer widerstandsarmen gestreckten Wasserlage. Armen ab und Das Gesicht ist vollständig gleite. eingetaucht. Das Gleiten findet ent- spannt ohne Bewegung der Arme und/oder Beine statt. 16) Frosch- Springe in Flach- Der Sprung erfolgt ohne Rot, gelb, sprung 1 wasser. Hilfe einer Lehrperson und grün ohne Kontakt zur Wand. Es ist ein Absprung sichtbar. 17) Frosch- Springe in Tief- Der Sprung erfolgt mithilfe Gelb, grün sprung 2 wasser, du wirst einer Lehrperson und ohne aufgefangen. Kontakt zur Wand. Der gesamte Körper ist eingetaucht. Es ist ein Absprung sichtbar. 18) Frosch- Springe in Der Sprung erfolgt ohne Grün, blau sprung 3 Tiefwasser und Hilfe einer Lehrperson und schwimme selbst- ohne Kontakt zur Wand. ständig zurück Der gesamte Körper ist zum Beckenrand. eingetaucht. Es ist ein Absprung sichtbar. Die Rückkehr zum Becken- rand erfolgt selbstständig. 19 Pinguinsprung Springe kopfüber Der Kopf taucht vor der Grün, blau ins Wasser. Hüfte ins Wasser. 8.3 Zusammenfassung Entsprechend der in diesem Kapitel vorgenommenen Argumentation zeigt das darge- stellte Modell zur Entwicklung einer schwimmerischen Grundbildung eine Möglichkeit auf, um Menschen nachhaltig zu einem souveränen und sicheren Aufenthalt im und am Wasser zu befähigen. 144 20_09_21_Innenteil_Vermittlungskompetenzen_im_Sport.indd 144 22.09.20 12:38
Vermittlungsinhalte einer umfassenden schwimmerischen Grundbildung Ausgehend von einer grundlegenden Wasservertrautheit und einem aktiv nutzbaren Wassergefühl, erlangen die Lernenden in der mehrperspektivischen Auseinandersetzung grundlegende Fähigkeiten, die eine uneingeschränkte und darüber hinaus freudvolle Nutzung des Bewegungsraums Wasser erlauben (Volck, 2015). Der Erwerb und die Weiterentwicklung aller schwimmerischen Grundfertigkeiten ist hierfür von entscheidender Bedeutung und integraler Bestandteil einer umfassenden schwimmerischen Grundbildung. In der praktischen Umsetzung gilt es, Bewegungs-, Spiel- und Übungsaufgaben sowie Organisationsformen auszuwählen, die einen individualisierten und selbstbestimmten Lernweg (s. Kap. 9) ebenso wie ein strukturiertes Feedback (s. Kap. 10) zulassen. Lernkasten Die Vorstellung der schwimmerischen Grundbildung als mehrstufiges Modell beruht auf der Auffassung, dass insbesondere vermeintlich langwierige Phasen des Experimentierens, Ausprobie- rens und Spielens; vielfältiges Bewegen im Wasser; die Fokussierung auf die schwimmerischen Grundfertigkeiten (Atmen, (Unter-) Tauchen, Schweben, Gleiten, Springen, Drehen); ein großes Repertoire an Antriebsmöglichkeiten; der Verzicht auf Schwimm- und Auftriebshilfen und ein individualisierter und selbstbestimmter Lernweg die Voraussetzungen für sicheres Schwimmen sind. Evidenzen für die formulierte Auffassung liegen bislang nur vereinzelt vor (Stall- man et al., 2017; Kjendlie et al., 2013; Junge et al., 2010; Zamparo & Falco, 2010). Weiterführende empirische Untersuchungen sind daher zwingend notwendig, um das Modell der schwimmerischen Grundbildung zu überprüfen und langfristig in der Didaktik des Schwimmenlernens zu etablieren. 145 20_09_21_Innenteil_Vermittlungskompetenzen_im_Sport.indd 145 22.09.20 12:38
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