Inflammation und psychische Erkrankung - Interaktionen im Kontext von Autoimmunenzephalitis und COVID-19
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zertifizierte fortbildung © nobeastsofierce / stock.adobe.com Teilnehmen und Punkte sammeln unter: SpringerMedizin.de/CME Interaktionen im Kontext von Autoimmunenzephalitis und COVID-19 Inflammation und psychische Erkrankung Veronika Vasilevska und Johann Steiner – Magdeburg Ausgehend von aktuellen Implikationen der SARS-CoV-2-Pandemie für die psychische Gesund- heit zeigen wir, dass neben psychoreaktiven auch biologische Verbindungen zwischen Inflam- mation und psychischer Erkrankung bestehen. Wichtige Prinzipien der biologischen Interaktion von Immunsystem und Psyche werden dargestellt. Zudem soll ein Stufenschema zur Diagnostik und Therapie autoimmunbedingter Hirnentzündungen Hilfestellung für die klinische Praxis geben mit abschließender Erläuterung der Rolle von Viren in diesem Kontext. Am Beispiel „COVID-19“ sind vielfältige Aspekte er- und neurologische Krankheitssymptome infolge kennbar, wie Inflammation und psychische Erkran- einer direkten Störung der Hirnfunktion durch das kung miteinander verbunden sein können. Im zu- Virus oder sekundär durch die Immunabwehr. rückliegenden SARS-CoV-2-Pandemie-Jahr traten SARS-CoV-2 konnte im Gehirn mittels Polymera- auch in der nicht am Virus erkrankten Allgemein- se-Kettenreaktion (polymerase chain reaction, bevölkerung häufiger Ängste und Depressionen auf PCR) und Immunhistochemie zwar nachgewiesen [1]. Neben existenziellen und gesundheitlichen Sor- werden, aber die bisherigen Erkenntnisse deuten gen spielten vermutlich soziale Einschränkungen darauf hin, dass es sich hauptsächlich in Gefäß- wie beispielsweise Kontaktbeschränkungen, Qua- und Immunzellen befindet, ohne Neurone direkt rantäne und Homeoffice eine wichtige Rolle. zu infizieren [3, 4]. Durch das Virus können Riech- COVID-19-Erkrankte entwickelten relativ häufig verlust, Kopfschmerzen, Veränderungen des Be- reaktiv psychische Beschwerden. Dazu gehörte zum wusstseins und Verhaltens, Delir und Agitation Beispiel die Entwicklung einer Posttraumatischen verursacht werden. Sekundär durch die Immun Belastungsstörung (PTBS) in etwa 30 % der Fälle abwehr kommt es zu zytokininduzierter axonaler mit schwerem Krankheitsverlauf und Intensivbe- Degeneration, Gerinnungs- und Blut-Hirn-Schran- handlung [2]. Davon abzugrenzen sind psychische ken-Störung mit ischämischem oder hämorrhagi- 42 InFo Neurologie + Psychiatrie 2021; 23 (11)
zertifizierte fortbildung schem Schlaganfall oder zur Bildung von Autoan- Krankheitsphasen, was die Möglichkeit gemeinsa- tikörpern, die zum Beispiel eine Autoimmunenze- mer zugrundeliegender Pfade einer Immundysfunk- phalitis oder ein Guillain-Barré-Syndrom verursa- tion aufwirft. chen können [4, 5, 6]. Infektions- und Autoimmunerkrankungen: Beispiele und Prinzipien der biologischen Risiko schizophrener und affektiver Störungen Interaktion von Immunsystem und Psyche Möglicherweise sind die dargestellten Zytokinverän- Proinflammatori- derungen Ausdruck einer chronisch schwelenden sche Zytokine Zytokininduziertes Krankheitsverhalten Entzündungsreaktion im Sinne einer insuffizienten können im Rah- Schon lange ist das sogenannte „zytokininduzierte oder fehlgeleiteten Immunantwort auf Krankheits- men eines grip- Krankheitsverhalten“ (Englisch: sickness behaviour) erreger bei einer Patientensubgruppe [10]. Interes- palen Infektes, bekannt, welches zum Beispiel im Rahmen eines santer Weise fanden große epidemiologische Studien einer autoimmu- grippalen Infektes, einer Impfreaktion, autoimmu- aus Dänemark tatsächlich Hinweise dafür, dass nen oder tumor- nen oder tumorbedingten Erkrankung auftritt. Da- Krankenhausaufenthalte wegen Infektionskrankhei- bedingten bei produzieren Immunzellen entzündungsfördern- ten und Autoimmunerkrankungen ein erhöhtes Ri- Erkrankung de- de (proinflammatorische) Zytokine, die auf das Ge- siko für die Manifestation einer Schizophrenie oder pressionsähnliche hirn einwirken und depressionsähnliche psychische affektiven Störung nach sich ziehen [11, 12, 13]. Im Symptome her- und Verhaltensänderungen hervorrufen, wie zum Blut akut kranker und noch unmedizierter Schizo- vorrufen. Beispiel gedrückte Stimmung, emotionale Labilität, phreniepatienten fanden sich vermehrt neutrophile Konzentrationsschwäche, Antriebs-/Motivations- Granulozyten, Monozyten und Proteine, welche mit verlust, sozialer Rückzug, Appetitmangel, Schlafstö- der Immunabwehr bakterieller Infektionen assozi- rungen und verminderte Körperpflege [7]. iert sind [14]. Solche Hinweise auf Infektionen oder Wenn die Aktivierung des peripheren Immunsys- autoimmune Fehlreaktionen bei Patienten mit psy- tems anhält, zum Beispiel bei chronischen Infektio- chischen Erkrankungen sind jedoch nicht als mono- nen, autoimmunen oder tumorbedingten Erkran- kausal ursächlich zu betrachten, sondern eher im kungen, kann durch entzündungsfördernde Boten- Sinne des Vulnerabilitäts-Stress-Konzeptes als zu- stoffe wie Interleukin (IL)-1β, IL-6, Interferon(IFN)-γ sätzlicher Stressor beziehungsweise Trigger bei vul- und Tumornekrosefaktor (TNF)-α im Gehirn prä- nerablen Menschen (z. B. genetische Disposition oder disponierter Personen eine Persistenz des Krank- Störung der prä-/perinatalen Hirnentwicklung). heitsverhaltens entstehen, mit Symptomen einer De- pression, denn diese Zytokine verringern die Verfüg- Neuropsychiatrische Symptome bei barkeit von Serotonin und der Vorstufe Tryptophan systemischen Autoimmunkrankheiten im Gehirn; daneben wird das Gleichgewicht körper- Es ist seit Langem bekannt, dass systemische Auto eigener N-Methyl-D-Aspartat (NMDA)-Rezeptor- immunerkrankungen mit Beteiligung des zentralen Modulatoren verändert [8]. Solche Veränderungen Nervensystems, beispielsweise systemischer Lupus könnten neben psychoreaktiven Faktoren für die er- erythematodes, eine auf Steroide ansprechende En- höhte Prävalenz von Depressionen bei den oben ge- zephalopathie bei Autoimmunthyreoiditis (SREAT/ nannten somatischen Erkrankungen mitverantwort- Hashimoto-Enzephalopathie) oder neuroinflamma lich sein. torische Erkrankungen wie Multiple Sklerose oder zerebrale Vaskulitiden zu einer organischen schizo- Zytokin-Netzwerk-Veränderungen bei phreniformen oder affektiven Symptomatik führen Schizophrenie und affektiven Störungen können [15]. Veränderungen entzündlicher Zytokine wurden Am Beispiel des systemischen Lupus soll erläutert auch im Blut von Patienten mit „genuinen psychia werden, dass dabei sowohl strukturelle Hirnläsionen trischen Erkrankungen“ wie zum Beispiel schizo- durch die Autoimmunkrankheit als auch diffuse phrenen oder affektiven Störungen gefunden. Funktionsstörungen des Gehirns (ohne strukturelle Eine Metaanalyse von 68 Studien fand zum Bei- Läsion) eine Rolle spielen können. Vaskulitische Ver- spiel diskret erhöhte Spiegel der proinflammatori- änderungen, zum Beispiel durch assoziierte Cardio- schen Zytokine IL-6 und TNF-α bei akut erkrankten lipinantikörper begünstigt, können zerebrale (Mik- Patienten mit Schizophrenie, bipolarer Störung und ro-)Infarkte verursachen, die im zerebralen MRT majorer Depression (MD) im Vergleich zu gesunden sichtbar werden. Bei einem Teil der Patienten ist die Vergleichspersonen [9]. Nach Behandlung der aku- Bildgebung jedoch trotz deutlicher neuropsychiatri- ten Erkrankung sanken die IL-6-Spiegel sowohl bei scher Symptomatik unauffällig, wohingegen eine Schizophrenie als auch bei MD signifikant. Bei chro- Allgemeinveränderung im EEG auf eine diffuse nisch kranken Patienten waren die IL-6-Spiegel bei Hirnfunktionsstörung hindeutet. Inzwischen ist be- Schizophrenie, euthymer bipolarer Störung und MD kannt, dass in diesen Fällen neben entzündungsför- im Vergleich zu Kontrollen signifikant erhöht. Ins- dernden Zytokinen auch gegen Nervenzellen und gesamt gab es Ähnlichkeiten im Muster der Zytokin- Synapsen gerichtete Antikörper eine Rolle in der Ge- veränderungen bei Schizophrenie, bipolarer Störung nese neuropsychiatrischer Symptome spielen. So bil- und MD während der akuten und chronischen det ein Teil der Patienten mit systemischem Lupus InFo Neurologie + Psychiatrie 2021; 23 (11) 43
zertifizierte fortbildung Autoantikörper, die mit der GluN2-Untereinheit Psychoserisiko sind gegen folgende synaptische und (synonym NR2) des NMDA-Rezeptors reagieren neuronale Zelloberflächenproteine gerichtet: LGI1/ und diesen überstimulieren [16]. Dadurch kommt es leucine-rich glioma inactivated 1 (Transmembran- zum Zelltod von nachgeschalteten Nervenzellen und protein, assoziiert mit spannungsabhängigen einer Störung der glutamatergen Erregungsüber Kaliumkanälen), Caspr2/Contactin-assoziiertes tragung, was das Auftreten von Psychosen begüns- Protein 2 (Transmembranprotein, assoziiert mit tigt. spannungsabhängigen Kaliumkanälen), AMPA/ Auch Menschen mit Autoimmunthyreoiditis α-Amino-3-hydroxy-5-methyl-4-isoxazol-Propion scheinen häufiger verschiedene Antikörper gegen säure-Rezeptor (ionotroper Glutamat-Rezeptor), neuronale Zelloberflächen- beziehungsweise Synap- DPPX/Dipeptidyl-Peptidase-like Protein-6 (Mem senproteine zu bilden [17]. Bezüglich der Entstehung branprotein, bindet an spannungsabhängige Ka Das zusätzliche antineuronaler Antikörper wird vermutet, dass hier liumkanäle), GABA-/γ-Aminobuttersäure-Rezeptor Auftreten fokaler eine „molekulare Mimikry“ eine Rolle spielt. Damit (metabotrop), mGluR5/metabotroper Glutamatre- neurologischer ist gemeint, dass verschiedene Krankheitserreger zeptor 5 und GlyR/Gyzin-Rezeptor (ionotrop, ligan- Defizite bei einer ihre Proteine und Kohlenhydrate teilweise denjeni- dengesteuerter Chlorid-Ionenkanal) [15]. psychiatrischen gen ihres Wirtes angleichen, um dem Immunsystem In einer Beobachtungsstudie an 501 Patienten Symptomatik zu entgehen (immune escape). Dadurch können im- mit Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis bewirkte s ollte immer eine munologische Kreuzreaktionen mit Angriffen auf eine immunmodulierende Therapie eine Besserung erweiterte Liquor- körpereigene Strukturen entstehen, zum Beispiel bei der Hälfte der Erkrankten innerhalb der ersten analyse mit auch gegen Nervenzellen. vier Wochen [19]. Lediglich 12 % aller Probanden B estimmung anti- erlitten einen Rückfall innerhalb der ersten 24 Mo- neuronaler Anti- Autoimmunenzephalitiden mit psychischen nate und nur 4 % hatten mehrere Rückfälle. Eine körper nach sich und Verhaltensauffälligkeiten Reaktivierung der Erkrankung fiel in der Regel mil- ziehen. In den letzten Jahren hat sich in der klinischen der aus als die erste Episode der Enzephalitis. Eine Neurologie und Psychiatrie eine neue diagnostische verspätete Therapie sowie eine Intensivpflichtigkeit Entität etabliert: Autoimmunenzephalitiden mit der Patienten waren mit einem schlechteren Out- schizophreniformer beziehungsweise schizoaffek- come verbunden und zogen mehr Rückfälle nach tiver Symptomatik durch antineuronale Antikörper sich. Somit ist, obwohl nur eine kleine Gruppe psy- gegen synaptische Rezeptoren und Oberflächenpro- chiatrischer Patienten von einer Autoimmunenze- teine wurden als seltene, jedoch potenziell behan- phalitis betroffen ist, eine rechtzeitige und korrek- delbare Ursache psychotischer Störungen identifi- te Diagnose von hoher therapeutischer und prog- ziert. Der Nachweis spezifischer antineuronaler nostischer Relevanz, da eine frühe und intensive Antikörper der IgG-Klasse ist dabei charakteris- Immuntherapie oft zu einer guten Prognose trotz tisch für Autoimmunenzephalitiden. schwerer Erkrankung führt. Unter Berücksichtigung internationaler Exper- Stufenschema zur Diagnostik und Therapie tenempfehlungen ist eine Immunsuppression durch autoimmunbedingter Hirnentzündungen Kortikosteroidtherapie (1 g Methyl-Prednisolon/ Für die klinische Praxis wurde ein Stufenschema Tag für 5 Tage) beziehungsweise intravenöse huma- entwickelt, das geleitet durch klinische Warnsigna- ne Immunglobulingabe (0,4 g/kg/Tag für 5 Tage), le eine zügige und sichere Diagnosestellung sowie Immunadsorption oder Plasmapherese zur schnel- die Einleitung einer Immuntherapie ermöglicht len Entfernung der pathogenen Autoantikörper [15]. Bei psychiatrischer Symptomatik sollte das zu- Therapie der ersten Wahl bei Patienten mit defini- sätzliche Auftreten fokaler neurologischer Zeichen, tiver Autoimmunenzephalitis [15]. Schlägt die The- Bewusstseins-/Orientierungs-/Merkfähigkeitsstö- rapie fehl, sollte die Behandlung innerhalb weniger rungen, autonomer Instabilität oder epileptischer Tage erweitert werden, vorzugsweise mit Rituximab Anfälle/EEG-Auffälligkeiten immer eine erweiter- (2 × 1.000 mg i.v. oder s.c. in Abständen von zwei te Liquoranalyse mit Bestimmung antineuronaler bis vier Wochen). Auch eine Kombination mit Cy- Autoantikörper nach sich ziehen [15, 18]. Diese ent- clophosphamid (750 mg/m 2 Körperoberfläche alle zündlichen Erkrankungen des Gehirns werden nun vier Wochen), Mycophenolatmofetil oder Metho auch in der aktualisieren Fassung der S3-Leitlinie trexat kann erforderlich sein, um ein klinisches Schizophrenie als Differenzialdiagnose berücksich- A nsprechen zu erreichen [15]. Zudem kann für tig (https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/038- Patienten mit Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis, 009.html). Zur Illustration verweisen wir auf die eine künstliche Beatmung auf der Intensiv ▶Abb. 1. station benötigten und unzureichend auf die Die Kasuistik beschreibt eine Patientin mit Anti- i mmunsuppressiven und B-Zell-depletierende NMDA-Rezeptor-Enzephalitis (IgG-Autoantikörper Standardmedikamente ansprechen (Kortikoste im Liquor gegen die GluN1a-Untereinheit [synonym roide, IV-Immunglobuline, Plasmaaustausch, Im NR1a] des NMDA-Rezeptors). Dabei handelt es sich munadsorption, Rituximab, Cyclophosphamid), um die häufigste Form der Autoimmunenzephaliti- Bortezomib eine wertvolle Option für die Eskalati- den. Andere spezifische Antikörper mit erhöhtem onstherapie darstellen (1–6 Zyklen von 1,3 mg/m 2 44 InFo Neurologie + Psychiatrie 2021; 23 (11)
zertifizierte fortbildung Subakuter Beginn (schnelle Progression innerhalb < 3 Monaten) trotz Therapie plus: − Quantitative Bewusstseinsstörung − Bewegungsstörung (Dystonie bzw. Dyskinesien) oder Stand- und Gangunsicherheit − Autonome Instabilität − Desorganisiertes Denken/Verhalten − Katatonie/Verdacht auf malignes neuroleptisches Syndrom − Hyponatriämie welche nicht durch Nebenwirkungen der vorhandenen Medikation (SSRI, Carbamazepin usw.) erklärt werden kann − Epileptische Anfälle/Faziobrachiale dystone Anfälle − Fokale neurologische Defizite, inklusive Aphasie, Dysarthrie oder Parästhesien − Neu entwickelter Kopfschmerz oder klinisch relevante Veränderung im Kopfschmerz-Muster − Prodromal grippale Symptome − Maligne Tumorerkrankung in der Anamnese − Andere Autoimmunerkrankungen (z. B. systemischer Lupus Erythematodes, Thyreoiditis) Weitere obligate Diagnostik: cMRT − Hyperintenses Signal in T2- oder FLAIR-Sequenzen, mesiotemporal betont (Achtung: MRT in ca. 50 % der Fälle (limbische Enzephalitis) oder multifokal in der weißen und/oder grauen mit Autoimmun-Enzephalitis Substanz. unauffällig!) EEG − Epileptische oder langsamwellige Aktivität, evtl. temporal betont, „extreme delta brush” (Beta-Delta-Komplexe, welche aus bilateraler Delta-Aktivität mit 1−3 Hz und aufgelagerter Beta-Aktivität mit 20−30 Hz bestehen). Lumbalpunktion/Liquoranalyse Basis-Liquordiagnostik (Zellzahl, − Lymphozytäre Pleozytose (> 5 Zellen/µl), spezifische oligoklonale Albumin-Liquor/Serum-Quotient, Banden, Albumin Liquor/Serum-Quotient ↑(Schrankenstörung). Immunglobulin-Index, Ohne Nachweis einer Infektion (aber: sekundäre Autoimmun- Oligoklonale Banden) Enzephalitiden nach Virus-Enzephalitis möglich!). Messung antineuronaler Autoantikörper im Liquor cerebrospinalis und Serum Das Basis-Antikörper-Screening sollte mindestens die häufigsten IgG-Antikörper gegen die folgenden Antigene enthalten: − NMDA-R, CASPR2, LGI1, AMPA-R, GABAB-R, GAD65 (in Serum und Liquor). − Hu, Ri, Yo, CV2/CRMP5, Ma2 [Ta], Amphiphysin (im Serum, Liquortests können hinzugefügt werden, wenn das Serum positiv ist). Im zweiten Schritt (in Fällen von negativem Screening und begründetem Verdacht) können IgG-Antikörper gegen die folgenden Antigene nachgewiesen werden: − GABAA-R, DPPX, mGluR5, Neurexin-3-alpha, IgLON5, Glycin-R (im Serum und Liquor). Immunfluoreszenz-Screening-Tests an Hirnschnitten von Nagetieren („tissue-based assays”) können in Speziallaboren auch bisher unbekannte antineuronale Antikörper nachweisen. 1 Warnhinweise auf eine Autoimmunenzephalitis bei Patienten mit psychotischen Symptomen und gestufte Diagnostik [18, 43, 44] Körperoberfläche für jeweils 21 Tage) [20]. Borte- höht ist [15]. Kurzwirksame Benzodiazepine kön- zomib ist ein Proteasominhibitor, der dazu beiträgt, nen zur Anxiolyse und Sedierung und in höheren Plasmazellen zu eliminieren. Neben der klinischen Dosen zur Behandlung katatoner Symptome einge- Verbesserung kann eine Normalisierung patholo- setzt werden. gischer cMRT- und EEG-Befunde zur Beurteilung Beim Nachweis einer Autoimmunenzephalitis des Therapieerfolgs herangezogen werden. Anti- sollte ein Tumorscreening durchgeführt werden, da neuronale Serum- und Liquor-Antikörpertiter soll- antineuronale Antikörper paraneoplastisch auftre- ten bei erfolgreicher Therapie abnehmen (Kontrol- ten können (Ganzkörper-CT/MRT/-PET, trans le nach einigen Wochen) [15]. vaginaler Ultraschall/Ultraschalluntersuchung der Für die symptomatische Therapie psychotischer Hoden). Die Weiterbehandlung der Patienten sollte Symptome sollten Antipsychotika mit geringen multidisziplinär erfolgen und sowohl Psychiater und ext rapyramidalen Nebenwirkungen bevorzugt Neurologen als auch Immunologen und Onkologen werden, da das Risiko neuroleptikainduzierter einbeziehen, auch um potenzielle Rezidive rechtzei- Komplikat ionen bei Autoimmunenzephalitiden er- tig zu erkennen und zu behandeln. InFo Neurologie + Psychiatrie 2021; 23 (11) 45
zertifizierte fortbildung kasuistik Patientin mit Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis Eine 27-jährige Patientin wurde wegen Persönlichkeitsver- chykardien, Hyperthermie bis zu 39,3 °C und Hypertonie änderungen, Gedächtnis- und Kognitionsdefiziten, Sprach- (160/100 mmHg) auf. In diesem Stadium war das MRT des zerfall und Desorientierung notfallmäßig vorstellig. Nach ei- Gehirns mit T2-gewichteten und FLAIR-Bildern unauffällig. nigen Tagen entwickelte die Patientin eine Affektlabilität, Das EEG zeigte diffuse kontinuierliche Aktivität im Theta-Be- Angst, Unruhe und Paranoia. Im späteren Verlauf traten ka- reich und bilaterale Delta-Aktivität mit überlagerter schnel- tatone Symptome, abnorme Bewegungen (orofaziale Dys- ler Aktivität, ein Muster, das als „extreme delta brush“-artig kinesien, choreiforme Bewegungsstörungen, Opisthotonus, beschrieben wurde (▶Abb. 2) [45]. Daher wurde eine Lum- Myoklonus), autonome Instabilität mit rezidivierenden Ta- balpunktion durchgeführt, welche eine lymphozytäre Pleo- zytose (21 Zellen/µl), einen erhöhten IgG-Index (0,8) und positive oligo- 3,00 cm/s 70 µ V/cm 0,30 s 70 Hz Kerbfilter klonale Banden ergab. Die virologi- sche und bakteriologische Diagnos- F7-A1 tik war unauffällig. Bei positiven IgG- F8-A2 Autoantikörpern gegen die NMDA- F3-A1 Rezeptor-GluN1a-Untereinheit im F4-A2 Serum (Titer 1:1000) und Liquor (Titer 1:320) wurde die Diagnose einer An- T3-A1 ti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis ge- T4-A2 stellt. Die symptomatische Therapie C3-A1 bestand aus Lorazepam, Quetiapin C4-A2 und Valproat. Es erfolgte eine intra- venöse Immunglobulingabe (0,4 g/ T5-A1 kg/Tag für 5 Tage), gefolgt von einem T6-A2 Plasmaaustausch und Rituximab P3-A1 (375 mg/m2 wöchentlich für vier Wo- P4-A2 chen) in Kombination mit Cyclophos- phamid (750 mg/m2 gegeben mit Fp1-A1 der ersten Dosis Rituximab) bei The- Fp2-A2 rapierefraktärität. Es fand sich kein O1-A1 Hinweis auf ein Ovarialteratom. Die O2-A2 Symptome besserten sich nach 6–12 EKG Wochen Behandlung, korrelierend 1500 µv/cm mit einem Abfall der Autoantikörper- titer im Serum und Liquor. Nach der 2 Elektroenzephalogramm einer Patientin mit Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis. Inter- Rehabilitation hatte die Patientin noch leichte Sprachprobleme und mittierende bilaterale Delta-Aktivität mit überlagerter schneller Aktivität, ein Muster, das als „extreme delta brush“-artig beschrieben wurde (Beta-Delta-Komplexe, welche aus bilate- Defizite im Bereich Lernen und Kog- raler Delta-Aktivität mit 1–3 Hz und aufgelagerter Beta-Aktivität mit 20–30 Hz bestehen). nition. Inzwischen hat sie sich voll- Bitte beachten Sie, dass der Befund weniger ausgeprägt ist als in klassischen Beschreibungen ständig erholt, ist berufstätig und des „extreme delta brush“ [45]. lebt mit ihrer Familie zusammen. Beim Nachweis Potenzielle Rolle von Viren im Kontext fektes auftraten [21]. Deshalb wurden virale Er- von NMDA- Autoimmunenzephalitis krankungen als Trigger vermutet. Tatsächlich ist Rezeptor-Auto nun bekannt, dass Anti-NMDA-Rezeptor-Enze- antikörpern im Virale Infektion als prädisponierender Faktor phalitiden nach einer Infektion zum Beispiel mit Liquor sollte vor- für eine Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis Herpes-simplex-Virus 1 oder Varizella-Zoster-Vi- sorglich auch eine In circa 70 % der Fälle mit Anti-NMDA-Rezeptor- rus auftreten können [22]. Der Nachweis einer virologische Diag- Enzephalitis wurde beobachtet, dass die neuropsy- Herpesenzephalitis schließt also das Vorliegen be- nostik durchge- chiatrischen Symptome innerhalb von etwa zwei ziehungsweise die Entstehung einer Autoimmunen- führt werden. Wochen nach einem Vorstadium mit grippeähnli- zephalitis nicht aus, die bei positiven antineurona- chen Symptomen wie zum Beispiel Kopfschmerz, len Autoantikörpern nach einer Aciclovir-Behand- Fieber, Appetitlosigkeit/Übelkeit/Erbrechen bezie- lung mit einer Immuntherapie behandelt werden hungsweise Symptome eines oberen Atemwegsin- sollte. Sogar Zusammenhänge zwischen Herpes- 46 InFo Neurologie + Psychiatrie 2021; 23 (11)
zertifizierte fortbildung simplex-Virus 1-Infektionen ohne Enzephalitis und und g liale Aktivität beeinflussen und deren Zelltod dem Auftreten einer Anti-NMDA-Rezeptor-Enze- induzieren, wie zum Beispiel bei einem Riechver- phalitis sind bekannt [23]. Herpes-simplex-Virus 1 lust oder in Axonen eine Hyperphosphorylierung teilt Epitope mit dem NMDA-Rezeptor, was zur von Tau-Protein induzieren und deren Degenerati- Auslösung von Kreuzreaktivität führen kann. on auslösen. Mehrere Publikationen zum Thema Dementsprechend kann die Produktion antineuro- SARS-CoV-2 berichten über einen starken Zusam- naler Autoantikörper und einer Enzephalitis als se- menhang zwischen hohen IL-6-Spiegeln im Serum Herpes, Varizella kundäre Reaktion auf die Viruserkrankung auftre- und einem schweren Krankheitsverlauf oder einer Zoster, SARS- ten. Vice versa sollte deshalb beim Nachweis von ZNS-Beteiligung bei COVID-19, selbst bei Abwe- Cov-2 und NMDA-Rezeptor-Autoantikörpern im Liquor vor- senheit respiratorischer Symptome (IL-6 über eventuell sorglich auch eine virologische Diagnostik durch- 80 pg/ml im Serum [30], Referenzwerte nach Har- Influenza-A-Viren geführt werden. barth et al. zwischen 2,6 und 11,3 pg/ml im Serum können autoim- Auch eine Assoziation von Influenza-A-Seroposi- [32]). Die neu entwickelte Leitlinie „Neurologische munbedingte tivität mit der Bildung von NMDA-Rezeptor GluN1- Manifestationen bei COVID-19 – Update vom Hirnentzündun- Antikörpern wurde beschrieben [24]. Hier könnten 22.2.2021“ (https://dgn.org/leitlinien/neurologi- gen triggern, z. B. Kreuzreaktionen dadurch entstehen, dass der M2- sche-manifestationen-bei-covid-19) nennt außer durch molekulare Kanal des Influenza-A-Virus und der NMDA-Rezep- IL-6 auch IL-2, IL-7, GCSF, TNF-α als Biomarker Mimikry, zytokin tor einen Liganden teilen, nämlich Amantadin [25]. zur Abschätzung des Risikos schwerer Verläufe induzierte Inflam- Die Pandemie der „spanischen Grippe“ im Jahr 1918 oder einer Enzephalopathie. Die IL-6-Erhöhung im mation und bis 1919 zog tatsächlich eine erhöhte Prävalenz psy- Serum scheint mit dem Anstieg im Liquor zu kor- Stör ungen der chischer Erkrankung nach sich. Vor allem Psycho- relieren (Referenzwerte sind laborabhängig, von ei- Blut-Hirn- sen, katatone Symptome, unkontrollierbare Schlaf- ner Erhöhung spricht man bei Werten über 5,9– Schranke. anfälle und temporäre parkinsonartige Beschwerden 7 pg/ml) [30]. Das Auftreten affektiver und psycho- traten auf und wurden als „Encephalitis lethargica“ tischer Symptome im Kontext COVID-19 wird beschrieben [25]. durch IL-6 begünstigt, vermutlich weil es zum Bei- Nach der Pandemie 1889 bis 1894, der sogenann- spiel die serotonerge und glutamaterge Neurotrans- ten „russischen Grippe“ konnten ähnliche Symp mission im Gehirn stört [33]. tome beobachtet werden. Heutzutage gibt es aller- Yapici-Eser et al. [6] beschrieben zudem eine mög- dings Hinweise darauf, dass diese Pandemie nicht liche Mimikry zwischen der GluN2a-Untereinheit von Grippe-/Influenzaviren sondern vom humanen (synonym NR2a) des NMDA-Rezeptors und viralem Coronavirus HCoV-OC43 ausgelöst wurde, das sich Nichtstrukturprotein 9 (NSP9) sowie der GluN1-Un- zu einem mittlerweile „harmlosen“ Erkältungsvi- tereinheit (synonym NR1) und viralem Nichtstruk- rus entwickelt hat (https://nzzas.nzz.ch/wissen/ turprotein 8 (NSP8), basierend auf Vergleichsanaly- coronavirus-er-hat-schon-vor-130-jahren-die-welt- sen zwischen dem menschlichen Genom und der gelaehmt-ld.1573590?reduced=true). Neue Annah- RNA-Sequenz von SARS-CoV-2. Dieses Phänomen men über die Mutationsrate ließen die Forscher da- kann zur Entwicklung von IgG-Antikörpern gegen rauf schließen, dass dieses Virus um 1890 vom Rind den NMDA-Rezeptor nach einer Coronainfektion auf den Menschen gesprungen sei, weshalb der Er- führen [34, 35, 36, 37, 38, 39]. Für interessierte Leser reger der „russischen Grippe“ ein Coronavirus ge- verweisen wir auf eine systematische Übersicht zu wesen sein könnte [26]. Im Kontext der Pandemie diesem Thema [40]. Th17-Zellen der COVID-19-Er- 1889 bis 1894 wurden erhöhte Suizidraten beobach- krankten könnten ein begünstigender Faktor sein, tet. Bei der Mehrheit der Betroffenen wurde kurz da deren unphysiologische Aktivierung mit dem vor dem Selbstmordversuch ein „temporärer Wahn- Auft reten von Autoimmunerk rankungen in Verbin- sinn“ mit depressiver, psychotischer, manischer dung gebracht wurde. oder Zwangssymptomatik beschrieben [27]. Es Mikrovaskuläre Schäden könnten im Rahmen wurde auch ein gehäufter Verlust des Geruchsinns der entzündlichen Antwort auf SARS-CoV-2 eben- beschrieben [27], ähnlich wie heutzutage bei falls das Auftreten einer Enzephalopathie begüns- COVID-19. Es bleibt abzuwarten, ob sich SARS- tigen [5]. Entzündliche Botenstoffe können zur En- CoV-2 ebenfalls zu einem harmlosen Erkältungs dothel-Entzündung, erhöhter Gefäßpermeabilität, virus entwickeln wird. Ödemen sowie zu erhöhter Synthese und Verbrauch von Gerinnungsfaktoren beitragen (typischer Be- Biologische Mechanismen psychischer fund: erhöhte D-Dimere-Werte bei den Patienten Störungen im Kontext COVID-19 mit einem schweren COVID-19-Verlauf). Gerinn- Hier scheinen IL-6 und Th17-Zellen eine wichtige sel können thromboembolische Ereignisse zum Rolle zu spielen [28, 29]. Die IL-6-abhängige Th17- Beispiel der Hirnarterien und Sinusvenenthrombo- Aktivierung und Differenzierung ist essenziell für sen auslösen. Die erhöhte Gefäßpermeabilität führt die Migration neutrophiler Granulozyten [30]. aber auch zu Störungen der Blut-Hirn-Schranke [5]. Experimentelle Arbeiten zeigten, dass SARS- In Obdukt ionsberichten von COVID-19-Erkrank- CoV-2-infizierte Gliazellen vermehrt IL-6 und ten wurde ein deutlicher Fibrinogenaustritt aus den TNF-α s ezernieren [5, 31]. IL-6 kann die neuronale kleinen Hirngefäßen sowie eine (reaktive) perivas- InFo Neurologie + Psychiatrie 2021; 23 (11) 47
zertifizierte fortbildung kuläre Makrophagozytose „trotz“ Abwesenheit des Literatur Virus im Hirngewebe festgestellt [41]. Diese Sekun- 1. Kunzler AM et al. Mental burden and its risk and protective därprozesse können chronifizieren. Anhaltende Be- factors during the early phase of the SARS-CoV-2 pande- schwerden jenseits einer Zeitspanne von vier Wo- mic: systematic review and meta-analyses. Global Health 2021; 17(1): 34 chen ab Infektion werden als „Long-COVID-Syn- 2. Janiri D et al. Posttraumatic Stress Disorder in Patients Af- drom“ und bei Persistenz von mehr als zwölf ter Severe COVID-19 Infection. JAMA Psychiatry 2021; 78(5): Wochen als „Post-COVID-Syndrom“ bezeichnet. 567-569 Dabei werden häufig Fatigue, Luftnot und eine 3. Matschke J et al. Neuropathology of patients with eingeschränkte körperliche Leistungsfähigkeit COVID-19 in Germany: a post-mortem case series. Lancet beschrieben. „Fatigue“ tritt auch nach anderen Neurol 2020; 19(11): 919-929 4. Meinhardt J et al. Olfactory transmucosal SARS-CoV-2 in- Viruserkrankungen als „postvirales Müdigkeits- vasion as a port of central nervous system entry in indivi- syndrom“ beziehungsweise „postvirales Erschöp- duals with COVID-19. Nat Neurosci 2021; 24(2): 168-175. fungssyndrom“ auf. Vermutlich handelt es sich um 5. Pacheco-Herrero M et al., Elucidating the Neuropathologic ein chronifiziertes „zytokininduziertes Krankheits- Mechanisms of SARS-CoV-2 Infection. Front Neurol 2021; verhalten“ mit Symptomen, die einer atypischen 12: 660087 6. Yapici-Eser H et al. Neuropsychiatric Symptoms of Depression ähneln können [42]. COVID-19 Explained by SARS-CoV-2 Proteins‘ Mimicry of Human Protein Interactions. Front Hum Neurosci 2021; 15: Fazit für die Praxis 656313 ▶ Entzündungsfördernde Botenstoffe sind verant- 7. Dantzer R et al. From inflammation to sickness and depres- wortlich für depressionsähnliche psychische und sion: when the immune system subjugates the brain. Nat Rev Neurosci 2008; 9(1): 46-56 Verhaltensänderungen im Rahmen eines grippa- 8. Schwarcz R et al. Kynurenines in the mammalian brain: len Infektes, einer Impfreaktion, autoimmunen when physiology meets pathology. Nat Rev Neurosci 2012; oder tumorbedingten Erkrankung. 13(7): 465-477 ▶ Auch bei Menschen mit einer Schizophrenie und 9. Goldsmith DR, Rapaport MH, Miller BJ. A meta-analysis of affektiven Störungen wurden erhöhte Zytokin- blood cytokine network alterations in psychiatric patients: comparisons between schizophrenia, bipolar disorder and spiegel gefunden. Zudem erhöhen Infektionen und depression. Mol Psychiatry 2016; 21(12): 1696-1709 Autoimmunerkrankungen das Risiko für die 10. Schwarz E et al. Identification of subgroups of schizophre- Manifestation dieser psychischen Erkrankungen. nia patients with changes in either immune or growth fac- ▶ Autoantikörper gegen Nervenzellen und Synapsen tor and hormonal pathways. Schizophr Bull 2014; 40(4): begünstigen das Auftreten von Psychosen bei sys- 787-795 11. Benros ME et al. Autoimmune diseases and severe infec- temischen Autoimmunkrankheiten und Autoim- tions as risk factors for schizophrenia: a 30-year populati- munenzephalitiden. on-based register study. Am J Psychiatry 2011; 168(12): ▶ Nach SARS-CoV2-Infektion sollte unabhängig 1303-1310 vom Schweregrad Augenmerk auf psychiatrische 12. Benros ME et al. A nationwide study on the risk of autoim- Erkrankungen in der Folgezeit gelegt werden. Ne- mune diseases in individuals with a personal or a family history of schizophrenia and related psychosis. Am J ben psychosozialen Effekten von Pandemie, Qua- Psychiatry 2014; 171(2): 218-226 rantäne und Isolation spielen biologische immu- 13. Benros ME et al. Autoimmune Diseases and Severe Infec- nologische Phänomene eine Rolle bei der Entste- tions as Risk Factors for Mood Disorders: A Nationwide hung der Beschwerden. Study. JAMA Psychiatry 2013; 1-9 ▶ Im Fall eines fulminanten Verlaufs mit inten 14. Steiner J et al. Innate Immune Cells and C-Reactive Protein sivmedizinischer Betreuung sollte eine speziali in Acute First-Episode Psychosis and Schizophrenia: Relati- onship to Psychopathology and Treatment. Schizophr Bull sierte Nachsorge bei erhöhtem PTBS-Risiko er- 2020; 46(2): 363-373 folgen. 15. Steiner J et al. Autoimmune encephalitis with psychosis: ▶ Eine Autoimmunenzephalitis sollte bei akuten Warning signs, step-by-step diagnostics and treatment. Wesens- oder Bewusstseinsveränderungen und World J Biol Psychiatry 2020; 21(4): 241-254 neurologischen Defiziten in Betracht gezogen 16. Diamond B et al. Losing your nerves? Maybe it‘s the antibodies. Nat Rev Immunol 2009; 9(6): 449-456 werden. Das Auftreten solcher Warnsignale er- 17. Steiner J et al. Association of thyroid peroxidase antibodies fordert eine zeitnahe Stufendiagnostik und Im- with anti-neuronal surface antibodies in health, depressi- muntherapie. on and schizophrenia - Complementary linkage with so- ▶ Viren spielen eine Rolle in der Entstehung auto matic symptoms of major depression. Brain Behav Immun immunbedingter Hirnentzündungen, zum Bei- 2020; 90: 47-54 18. Pollak TA et al. Autoimmune psychosis: an international spiel durch molekulare Mimikry, zytokinindu- consensus on an approach to the diagnosis and manage- zierte I nflammation und Störungen der Blut-Hirn- ment of psychosis of suspected autoimmune origin. Schranke. Lancet Psychiatry 2020; 7(1): 93-108 19. Titulaer MJ et al. Treatment and prognostic factors for long-term outcome in patients with anti-NMDA receptor encephalitis: an observational cohort study. Lancet Neurol 2013; 12(2): 157-165 20. Scheibe F et al. Bortezomib for treatment of therapy- refractory anti-NMDA receptor encephalitis. Neurology 2017; 88(4): 366-370 48 InFo Neurologie + Psychiatrie 2021; 23 (11)
zertifizierte fortbildung 21. Dalmau J et al. Clinical experience and laboratory investi- 38. Sarigecili E et al. Pediatric anti-NMDA receptor encephalitis gations in patients with anti-NMDAR encephalitis. Lancet associated with COVID-19. Childs Nerv Syst 2021; doi: Neurol 2011; 10(1): 63-74 10.1007/s00381-021-05155-2 22. Prüss H. Postviral autoimmune encephalitis: manifesta- 39. Sanchez-Morales AE et al. Neurological manifestations tions in children and adults. Curr Opin Neurol 2017; 30(3): temporally associated with SARS-CoV-2 infection in pedia- 327-333 tric patients in Mexico. Childs Nerv Syst 2021; 37(7): 2305- 23. Salovin A et al. Anti-NMDA receptor encephalitis and 2312 nonencephalitic HSV-1 infection. Neurol Neuroimmunol 40. Vasilevska V et al. Molecular mimicry of NMDA receptors Neuroinflamm 2018; 5(4): e458 may contribute to neuropsychiatric symptoms in severe 24. Hammer C et al. Neuropsychiatric disease relevance of cir- COVID‑19 cases. 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Anti-NMDA receptor encephalitis presenting as new onset refractory status epilepticus in COVID-19. Prof. Dr. med. Johann Steiner Seizure 2020; 81: 18-20 37. Burr T et al. N-Methyl-d-Aspartate Receptor Encephalitis Kommissarischer Direktor der Klinik für Psychiatrie und Associated With COVID-19 Infection in a Toddler. Pediatr Neurol 2021; 114: 75-76 Psychotherapie & Leiter des Labors für Translationale Psychiatrie, Universitätsklinikum Magdeburg, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Leipziger Str. 44, 39120 Magdeburg E-Mail: johann.steiner@med.ovgu.de Interessenkonflikt Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht. Der Verlag erklärt, dass die inhaltliche Qualität des Beitrags durch Veronika Vasilevska zwei unabhängige Gutachten geprüft wurde. Werbung in dieser Zeitschriftenausgabe hat keinen Bezug zur CME-Fortbildung. Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie & Labor für Der Verlag garantiert, dass die CME-Fortbildung sowie die Translationale Psychiatrie, Universitätsklinikum CME-Fragen frei sind von werblichen Aussagen und keinerlei Produktempfehlungen enthalten. Dies gilt insbesondere für Magdeburg, Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg Präparate, die zur Therapie des dargestellten Krankheitsbildes Leipziger Str. 44, 39120 Magdeburg geeignet sind. E-Mail: veronika.vasilevska@st.ovgu.de InFo Neurologie + Psychiatrie 2021; 23 (11) 49
CME-Fragebogen FIN gültig bis 05.01.2022: Inflammation und psychische Erkrankung IN2111E7 Teilnehmen und Punkte sammeln können Sie Dieser CME-Kurs ist auf SpringerMedizin.de/CME zwölf Monate verfügbar. Sie finden ihn, wenn Sie • als e.Med-Abonnent von SpringerMedizin.de die FIN oder den Titel in das Suchfeld eingeben. • als registrierter Abonnent dieser Fachzeitschrift Alternativ können Sie auch mit der Option „Kurse • als Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) nach Zeitschriften“ zum Ziel n avigieren oder den • zeitlich begrenzt unter Verwendung der abgedruckten FIN. QR‑Code links scannen. ? Welche Aussage zum zytokinindu- ◯ IL-6 und TNF-alpha sind als proinflamm- ◯ Differenzialdiagnostisch wichtig sind zierten Krankheitsverhalten ist richtig? atorische Marker spezifisch für die eine MRT-, EEG- und Liquor-Analyse. ◯ Sowohl nach Infektion als auch nach Schizophrenie. ◯ Beim systemischen Lupus erythemato- Impfung möglich. ◯ Diskrete Veränderungen im Zytokin des treten in charakteristischer Weise ◯ Hochspezifisch für eine Infektion mit milieu können State-Marker sein. oft IgG-Autoantikörper gegen die Glu- Vertretern der Coronavirusfamilie. ◯ Diskrete Veränderungen im Zytokin N1a-Untereinheit (synonym NR1a) des ◯ Gekennzeichnet von erhöhter Energie- milieu können Trait-Marker sein. NMDA-Rezeptors auf. bereitstellung und gesteigertem ◯ Immunmodulatorische Effekte moder- ◯ Durch Autoantikörper kommt es beim Antrieb. ner Neuroleptika sind als deren Wirk- systemischen Lupus erythematodes zur ◯ Meist klar von einem depressiven mechanismus mit zu diskutieren. glutamatergen Überstimulation mit Syndrom abzugrenzen. Zelltod nachgeschalteter Nervenzellen. ◯ Durch Überwiegen antiinflammatori- ? Was trifft auf autoimmune Erkran- ◯ Eine Hashimoto-Enzephalopathie ent- scher Zytokine bedingt. kungen im Allgemeinen zu? steht wahrscheinlich nicht direkt durch ◯ Multiple Sklerose und die organische die Schilddrüsenantikörper (MAK, TAG) ? Was trifft auf psychiatrische Aspekte schizophreniforme Störung sind wech- selbst, sondern durch weitere parallel der SARS-CoV2-Pandemie im Allge- selseitig Ausschlussdiagnosen. gebildete Antikörper gegen neuronale meinen zu? ◯ Patienten mit primär somatischen Zelloberflächen- beziehungsweise ◯ Ein Guillain-Barré-Syndrom ist als Post- Autoimmunerkrankungen haben mit Synapsenproteine. COVID-Syndrom möglich. deutlich erhöhter Wahrscheinlichkeit ◯ Ausschließlich psychosoziale Effekte antineuronale Antikörper. ? Was ist kein typisches klinisches Warn- sind zu beachten. ◯ Die Diagnose einer begleitenden psy- signal zur Diagnostik autoimmunbe- ◯ Intensivpflichtige Verläufe erfüllen das chiatrischen Erkrankung ist nur bei ein- dingter Hirnentzündungen? Traumakriterium nicht. deutigem MRT-Befund möglich. ◯ Aphasie ◯ Neuropsychiatrische Ausfälle sind durch ◯ „Molekulare Mimikry“ ist eine Strategie ◯ Bewusstseinsstörungen direkte Virusinfektion von Neuronen zu des Wirts, sich auf Fremdstrukturen vor- ◯ Katatonie erklären. zubereiten. ◯ Gedrückte Stimmung ◯ Neuropsychiatrische Ausfälle bei SARS- ◯ Die Blut-Hirn-Schranke verhindert ◯ Epileptische Anfälle CoV2-Infektion folgen einer einheit hochwirksam fehlgeleitete Autoimmun- lichen Symptomatologie. prozesse. ? Der Nachweis welcher Antikörper- Klasse im Liquor ist typisch für eine ? Was trifft auf Zytokine im Rahmen ? Welche Aussage zu neuropsychia autoimmune Anti-NMDA-Rezeptor- psychiatrischer Erkrankungen nicht zu? trischen Symptomen bei Autoim- Enzephalitis? ◯ Inflammatorische Zytokine verringern munkrankheiten ist falsch? ◯ IgA die Verfügbarkeit von Serotonin und ◯ Ursächlich können strukturelle Hirnlä ◯ IgD Tryptophan im Gehirn und das Gleich sionen durch die Autoimmunkrankheit ◯ IgE gewicht körpereigener NMDA-Rezeptor- und diffuse Funktionsstörungen des ◯ IgG Modulatoren wird verändert. Gehirns (ohne strukturelle Läsion) sein. ◯ IgM Dieser CME-Kurs wurde von der Bayerischen Für eine erfolgreiche Teilnahme müssen 70 % Bei inhaltlichen Fragen erhalten Sie beim Kurs Landesärztekammer mit zwei Punkten in der Fragen richtig beantwortet werden. Pro Frage auf SpringerMedizin.de/CME tutorielle Unterstüt- der Kategorie I (tutoriell unterstützte Online- ist jeweils nur eine Antwortmöglichkeit zutreffend. zung. Bei technischen Problemen erreichen Sie Maßnahme) zur zertifizierten Fortbildung Bitte beachten Sie, dass Fragen wie auch Antwort unseren Kundenservice kostenfrei unter der freigegeben und ist damit auch für andere optionen online abweichend vom Heft in zufälliger Nummer 0800 7780777 oder per Mail unter Ärztekammern anerkennungsfähig. Reihenfolge ausgespielt werden. kundenservice@springermedizin.de. 50 InFo Neurologie + Psychiatrie 2021; 23 (11)
? Was trifft auf die symptomatische The- ◯ Das EEG ist nicht mehr zeitgemäß und ? Welche Aussage zum Therapieerfolg rapie psychiatrischer Symptome einer dem MRT differenzialdiagnostisch bei Autoimmunenzephalitis ist richtig? Autoimmunenzephalitis zu? unterlegen. ◯ Wird nur anhand von rückläufigen ◯ Benzodiazepine sind generell kontra ◯ In circa 50 % der Fälle kommt es zu Liquortitern zuverlässig bestimmt. indiziert. einem Rückfall innerhalb von zwei ◯ Bleibt grundsätzlich aus: Die Prognose ◯ Diese schließt sich an die immunologi- Jahren. ist infaust. sche/neurologische Therapie an. ◯ Standardmedikamente sind Kortiko ◯ Wird vorrangig anhand der klinischen ◯ In der Früh-/Akutphase ist die steroide, IV-Immunglobuline, Plasma- Präsentation, zusätzlich auch mit cMRT Gesprächspsychotherapie indiziert. austausch, Immunadsorption, und EEG bestimmt. ◯ Bei psychotischer Symptomatik muss Rituximab und Cyclophosphamid. ◯ Korreliert invers mit der Viruslast. die Therapie mit Steroiden unterlassen ◯ Mithilfe einer immunmodulierenden ◯ Korreliert invers mit dem im cMRT werden. Therapie bessern sich leider nur wenige immer darstellbaren Gewebeschaden. ◯ EPMS-arme Antipsychotika sind zu be- Patienten innerhalb der ersten vier vorzugen. Wochen. ◯ Eine Intensivpflichtigkeit der Patienten ? Welche Aussage ist richtig über die ist mit einem schlechteren Outcome iagnostik und Therapie von Auto D verbunden, aber nicht mit vermehrten immunenzephalitiden? Rückfällen. Aktuelle CME-Kurse aus der Psychiatrie 7 Neurologische soft signs bei psychischen Erkrankungen Diese Fortbildungskurse finden Sie, indem Sie den Titel aus: InFo Neurologie + Psychiatrie 10/2021 in das Suchfeld auf SpringerMedizin.de/CME e ingeben. von: Dusan Hirjak, Robert Christian Wolf Zur Teilnahme benötigen Sie ein Zeitschriften- oder das Zertifiziert bis: 18.10.2022 e.Med-Abo. CME-Punkte: 2 Effizient fortbilden, gezielt recherchieren, schnell und aktuell 7 Neuropsychiatrische Post-COVID-Symptome informieren – ein e.Med-Abo bietet Ihnen alles, was Sie für aus: InFo Neurologie + Psychiatrie 9/2021 Ihren Praxis- oder Klinikalltag brauchen: Sie erhalten Zugriff von: Christoph Laub auf alle Premiuminhalte von SpringerMedizin.de, darunter die zertifiziert bis: 20.09.2022 Archive von 99 deutschen Fachzeitschriften. Darüber hinaus CME-Punkte: 2 ist im Abo eine Springer-Medizin-Fachzeitschrift Ihrer Wahl enthalten, die Ihnen regelmäßig per Post zugesandt wird. 7 Tranylcypromin – ein Update aus: InFo Neurologie + Psychiatrie 7-8/2021 Als e.Med-Abonnent*in steht Ihnen außerdem das kom- von: Lisa Löhrs, Mattia Campana, Elias M. Wagner plette CME-Kursangebot von SpringerMedizin.de zur zertifiziert bis: 11.08.2022 Verfügung: Hier finden Sie aktuell über 550 CME-zertifizierte CME-Punkte: 2 Fortbildungskurse aus allen medizinischen Fachrichtungen! 7 Medizinisches Fachpersonal in der COVID-19-Pandemie: Psyche am Limit Unter www.springermedizin.de/eMed können aus: InFo Neurologie + Psychiatrie 6/2021 Sie das e.Med-Abo und unser CME-Angebot von: Victoria Kramer, Andreas Thoma, Miriam Kunz 14 Tage lang kostenlos und unverbindlich zertifiziert bis: 15.06.2022 testen. CME-Punkte: 2 InFo Neurologie + Psychiatrie 2021; 23 (11) 51
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