Institutionalisierung und Organisation eines transformativen öffentlichen Sektors - Public Managers! Tagung "Der Staat in der Großen Transformation"

Die Seite wird erstellt Julian Beyer
 
WEITER LESEN
Institutionalisierung und Organisation eines transformativen öffentlichen Sektors - Public Managers! Tagung "Der Staat in der Großen Transformation"
Tagung „Der Staat in der Großen Transformation“

Public Managers!
Institutionalisierung und Organisation eines
transformativen öffentlichen Sektors
Uli Klüh, Center for Sustainable Economic and Corporate Policy und Darmstadt Business School
Institutionalisierung und Organisation eines transformativen öffentlichen Sektors - Public Managers! Tagung "Der Staat in der Großen Transformation"
Transformation ist eine zeitlich dynamisierte, akteursgetriebene,
radikale (anti‐modernistische), systemübergreifende
gesellschaftliche Veränderung (in Anlehnung an Merkel 2010).
Institutionalisierung und Organisation eines transformativen öffentlichen Sektors - Public Managers! Tagung "Der Staat in der Großen Transformation"
Beispiel I:

                       Quelle: Dailymail 2008
Sustainable Finance

Quelle: HR Info 2018
Institutionalisierung und Organisation eines transformativen öffentlichen Sektors - Public Managers! Tagung "Der Staat in der Großen Transformation"
Beispiel II:
     Macro Policy

Quelle: Tagesschau 2019
Institutionalisierung und Organisation eines transformativen öffentlichen Sektors - Public Managers! Tagung "Der Staat in der Großen Transformation"
Beispiel II:
Macro Policy

Quelle: https://www.ft.com/content/63404e0e‐3dcc‐11ea‐   Quelle: Project Syndicate 2020
a01a‐bae547046735
Institutionalisierung und Organisation eines transformativen öffentlichen Sektors - Public Managers! Tagung "Der Staat in der Großen Transformation"
Beispiel III:
Systeminnovation für Nachhaltige Entwicklung

Quelle: Hochschule Darmstadt 2017   Quelle: finde ich nicht
Institutionalisierung und Organisation eines transformativen öffentlichen Sektors - Public Managers! Tagung "Der Staat in der Großen Transformation"
Problemstellung und Thesen
• Wie kann der Staat ertüchtigt werden, damit er die Herausforderungen der
  Nachhaltigkeitstransformation bewältigen kann? Ertüchtigung sollte an der
  Ermöglichung eines leistungsfähigen Public Management ansetzen.
• Welche Formen der Governance und vor allem der Governance zweiter und dritter
  Ordnung werden benötigt? Governance unter den Fittichen demokratisch legitimierter
  Vertreter und öffentlicher Manager, gemäß Entscheidung ersterer.
• Welche organisationalen und institutionellen Voraussetzungen benötigen Public
  Manager (diejenigen, die im öffentlichen Auftrag mit Umsetzungsfragen im Zuge der
  sozial‐ökologischen Transformation befasst sind)?
   • Woran scheitert „Public Management“ aktuell?  Vor allem an einem Mangel an Politik,
     Ressourcen und wahrgenommenen fiskalischen Spielräumen.
   • Wie können „Public Manager“ in die Lage versetzt werden, Ihre zunehmend anspruchsvolle
     Aufgabe zu bewältigen?  Diskursverschiebung!
   • Welche internen und externen Strukturen und Ressourcen benötigt ein funktionstüchtiges „Public
     Management“:  Arenen des politischen Konflikts, Diskursräume, neue Makropolitik,
     insbesondere lockere Budgetbeschränkungen.
Institutionalisierung und Organisation eines transformativen öffentlichen Sektors - Public Managers! Tagung "Der Staat in der Großen Transformation"
Agenda
• Problemstellung und Thesen
• Einige eher lose Beobachtungen zur Einführung in das Thema
• Ein wenig Theorie: Warum Individuen gerade dann relevant werden,
  wenn man sich methodischen Individualismus verbietet
• Beispiele/Erste empirische Erkenntnisse
   • Infrastrukturen der Urbanität
   • Infrastrukturen des Geldes
   • Weitere instruktive Beispiele
• Politikimplikationen und Offene Fragen
Institutionalisierung und Organisation eines transformativen öffentlichen Sektors - Public Managers! Tagung "Der Staat in der Großen Transformation"
Einführende Beobachtungen
…aus der Praxis eines Public Managers
Institutionalisierung und Organisation eines transformativen öffentlichen Sektors - Public Managers! Tagung "Der Staat in der Großen Transformation"
Einführende Beobachtungen aus der Praxis
eines Public Managers
• Tendenz zu einer fiskalisch motivierten Selbstbeschneidung, nicht selten
  befördert durch akademische Welt und durch Berater. Beispiel: Public
  Management‐Szene.
• Teilweise paradoxe Situationen, Tendenz zum Rollentausch: Private agieren
  öffentlich, öffentliche privat. Beispiel Finanzinstitute.
• Private Unternehmer verstehen sich zunehmend als Sachwalter des
  öffentlichen und ökonomisieren die Welt durch die Hintertür. Beispiel:
  Gemeinwohlökonomie.
• Ansätze, die dem Kapitalismus eine natürliche Tendenz zuschreiben, dem
  öffentlichen Sektor im Zeitverlauf eine immer größere Rolle zuzuweisen
  (Schumpeter, Wagner, …) sind im öffentlichen Diskurs unterrepräsentiert.
• Staatsskepsis ist ein generationen‐ und lagerübergreifendes Phänomen und
  wird durch Unterschiede in Ideologien und Kulturen verfestigt.
Einführende Beobachtungen aus der Praxis
eines Public Managers
• Klassische Public Manager:
   • Oft in einer Verteidigungshaltung – Verzerrtes Bild. Hinterherhecheln statt vorausdenken.
     (Nicht selten berechtigte) Angst vor den Bürgern. Beispiel: Flüchtlingskrise.
   • Ausnahmen sind äußerst instruktiv. Oder bestätigen sie die Regel? Liefern sie Ansatzpunkte
     für Reformen? Beispiel: Kelkheim im Taunus.
   • Zunehmende Bedeutung – zunehmende Belastungen – abnehmende Anerkennung. Beispiel:
     Frankfurt am Main.
• Neue „alte“ Public Manager: Zunehmende Bereitschaft, sich transformativen
  Herausforderungen zu stellen – dadurch: zunehmende Offenlegung
  demokratischer Defizite. Beispiel: Internationale und europäische
  Finanzarchitektur, kommunale Beteiligungsgesellschaften, Sovereign Wealth
  Funds.
• Neue „neue“ Public Manager: Könnten eine wichtige Rolle in der Transformation
  zu einer nachhaltigeren Wirtschaft spielen, trotz zahlreicher Probleme politischer,
  legitimatorischer und praktischer Natur.
Einführende Beobachtungen:
Schwierige begriffliche Abgrenzung
• Tradierte Einordnung in den Bereich „Öffentliche Verwaltung“ zu eng:
  Eigenbetriebe, kommunale Beteiligungen, kommunale
  Beteiligungsgesellschaften, aber auch Staatsfonds, Zentralbanken
  oder Unternehmen wie die Deutsche Bahn müssen erfasst sein.
• Neue Einordnung unter dem Stichwort „Public Value“ wohl zu
  weitreichend: Der Umstand, dass ein Unternehmen auf ein komplexes
  Geflecht gesellschaftlicher Erwartungen reagiert, macht einen
  Manager noch nicht zum Public Manager.
• Grauzonen, wenn sich Unternehmen explizit am Gemeinwohl
  orientieren und sich dafür demokratische oder auch
  zivilgesellschaftliche Legitimation suchen.
Einführende Beobachtungen:
Schwierige begriffliche Abgrenzung
• Drei zu beachtende Leitdifferenzen:
   • Public Management/Political Management/Politics
   • Public Management/Private Management
   • Public Management/Public Administration
• Zentrales Kriterium: Dominanz eines Bündels öffentlicher
  Rationalitäts‐ und Legitimitätsvorstellungen, das auch eine staatlicher
  Träger‐ und Eigentümerschaft einschließt.
• Wichtige Aspekte: Bei Akteuren ansetzen, Ambiguität aushalten
UK3

      Einführende Beobachtungen:
      Schwierige Abgrenzung
      • Tradierte Bereiche des Public Management:
       „Und ganz selbstverständlich erklingt auch am Ende dieser Vereidigung unsere
       Nationalhymne. Dafür brauchen wir keine Hassmarschierer und keine
       Usurpatoren von Schwarz‐Rot‐Gold. Das machen wir in der freiheitlichen
       Tradition der Demokraten, vom ersten demokratisch gewählten Staatsoberhaupt
       Deutschlands (Beifall), dem ersten Präsidenten aus dem Arbeiterstande, Friedrich
       Ebert, der dieses Lied zu unserer Nationalhymne erklärt hat. (Beifall)
       Und damit machen wir klar, die Stadt Leipzig ist nicht irgendeine
       rechtsstaatsgebundene, betriebswirtschaftlich optimierte Agentur, die öffentliche
       Dienstleistungen liefert. Die Stadt Leipzig ist nicht irgendeine … – Entschuldigung,
       es ist sehr bewegend für mich. (Beifall)“
       Ulrich Hörning, Verwaltungsbürgermeister Stadt Leipzig bei der Eröffnung des
       Verdi Bundeskongresses 2019 (Verdi 2019)
Theoretische Vorüberlegungen
•   Einige demokratietheoretische Grundüberlegungen vor dem Hintergrund einer äußerst
    unüberschaubaren Literatur
•   Governance, Network Governance, Meta‐Governance: Konstruktiv‐kritische Anmerkungen
•   Regulatorischer Staat – Regulatorischer Kapitalismus
Theorien des Public Management:
Ein unübersichtliches Feld
• Zahllose potenzielle Zugänge. Traditionell üblicherweise Neo‐
  Institutionalismus, Rational Choice, Informationsökonomik, Governance‐
  Theorien, …; vermehrt auch postmoderne Zugänge (siehe Pollitt [2016] für
  eine Übersicht).
• Ökonomik:
   • Wichtige Erkenntnisse aus dem Mechanismus‐Design, Informationsökonomik,
     Finanzwissenschaft Wirtschaftsgeschichte, Finanzwissenschaft
   • Heterodoxe Ökonomik
   • Kontextuelle Ökonomik
• Foucault: Gouvernementalität, Habermas: …, …., …
• Hier lediglich (1.) demokratietheoretische Grundüberlegung, (2.) Ansatz
  der Metagovernance, (3.) einige Gedanken zum regulatorischen Staat und
  regulatorischen Kapitalismus
Theorie: Demokratietheoretische
Grundüberlegungen
                                              Control
                                    Problems have to be solved
                            Trust in the System    Efficiency

                                                 Public Management
                Good politics
                                                                              Identities
        Process integrity
                                                                                    Agonistics
   Discourse has to be ensured           Politics ‐ Political             Fights have to be fought
Order               Democratic Institutions                          Foundational Moments        Passions
UK2

      Theorie: Governance, Governance Networks,
      Metagovernance
      • Why bother with the buzzwords?
        “The rise of governance coincided with the widespread consensus
        that ours is (again) an era of change, of shifts, and even of
        transformation and paradigm change. In the governance literature
        this was best captured in the observation of "shifts" in governance
        and controversies about their directions and implications. These shifts
        suggest that authority is institutionalized, or at least can be
        institutionalized in different spheres, and by implication these arenas
        can compete, bargain, or coordinate among themselves or ignore
        each other.”
        Levi‐Faur 2012: 7
UK1

      Theorie: Governance, Governance Networks,
      Metagovernance (Torfing und Sørensen, 2007):

                                                                                                  Entlehnungen bei Torfing und Sørensen
                                                                                                  Tabelle: eigene Darstellung mit
                             Hierarchien            Märkte                 Netzwerke

      Grundstruktur          Monozentrisch          Multizentrisch         Polyzentrisch

      Beziehungslogik        Unterordnung           Unabhängigkeit         Interdependenz

      Entscheidungsbasis     Substanzielle Werte    Prozessintegrität      Verhandlung

      Sanktionierung         Autorität              Sanktion               Verpflichtung

      Vision                 Political              Anti‐Political         Post‐Political

      • Trend zu Governance Networks mit einer inhärenten Notwendigkeit zur Autonomie,
        informellem Austausch und Privatheit. Gewisse Vorteile bei der Lösung von „wicked
        problems“, aber schwerwiegende Legitimationsprobleme und häufig dann doch mangelnde
        Durchschlagkraft und Geschwindigkeit.
      • „Governance‐driven democratization“ (Warren)? Bietet interessante Ansatzpunkte,
        verschlimmert aber auch das Problem, ist effizienzzentriert und ignoriert weiterhin die
        antagonistische Natur der Politik.
Theorie: Governance, Governance Networks,
Metagovernance
• Grundproblem: Es ist vor dem Hintergrund es Rückbaus der letzten Jahrzehnte
  schlicht nicht oder nur unzureichend bekannt, welche Rolle ein ertüchtigter Staat
  mit entsprechenden finanziellen, personellen und technologischen Ressourcen
  als Garant einer demokratiefesten und der Dringlichkeit der ökologischen
  Probleme angemessen Metagovernance spielen könnte.
• Vielmehr basiert ein Großteil des Vertrauens in hybride Governancenetzwerke
  und Metagovernance im Misstrauen gegenüber staatlichen Akteuren.
• Inzwischen zeigt sich aber, dass die entsprechenden Netzwerke selbst über das
  Fehlen eines stärker steuernden Staates klagen. Die alternative Governance‐Modi
  scheitern. Vor allem erweisen sie sich als zäh und langsam, was nun, da klar wird,
  dass uns der Klimawandel zu raschem Handeln zwingt, zum großen Problem wird.
• Bevor dieses Scheitern stärker reflektiert wird muss allerdings gefragt werden, ob
  ein regulatorischer Staat im Sinne Majones eine mögliche Lösung darstellt.
Der regulatorische Staat: From „Big Government
to Big Governance“(Levi‐Faur 2012)?
Problem: Auch der regulatorische Staat löst nicht das Problem der entpolitisierten
Governance, er verschärft es:
• Er ist eine „Hybridisierung von Kontrollmodi, die die Erzeugung einer
  fragmentierten und mehrdimensionalen Ordnung
   •   innerhalb des Staates,
   •   durch den Staat,
   •   ohne den Staat und
   •   außerhalb des Staates
  ermöglicht.
• Ob „die Vielzahl der Kontrollmodi neue Wege der Politikgestaltung, das neue
  Verständnis der staatlichen und außerstaatlichen Institutionen reflektiert und
  verändert, die Bürger stärkt und neue und experimentelle Formen der
  Demokratie fördert“ scheint vor dem Hintergrund der Erfahrung der letzten Jahre
  aber sehr fraglich.
From „Big Government to Big Governance“
and Back Again?
• Sich mit „Governance“ und insbesondere „Metagovernance“
  erscheint – trotz der inflationären und fehlgeleiteten Verwendung der
  Begriffe – unerlässlich.
• Der Diskurs zu Governance muss aber vom Kopf auf die Füße gestellt
  werden – statt Skepsis vor staatlicher Kontrolle müsste eine
  prinzipielle Offenheit dafür sein Ausgangspunkt sein.
• Parallelbewegung aus einer Stärkung der antagonistischen Dimension
  von Politik, einer Ertüchtigung der öffentlichen Verwaltung und einer
  mehr als situativen (systematischen) Einflussnahme auf Governance‐
  Netzwerke, die dann wiederum auch Kontrollinstanz sein können.
Beispiele und
erste empirische Erkenntnisse
•   Wirtschaftsgeschichte und die aktuelle Praxis bieten ein reichhaltiges Menü an zukunftsweisenden Formen der
    Meta‐Governance
•   Allerdings werden diese durch verengte Blickwinkel und einseitige Narrative nicht oder nur zu wenig
    wahrgenommen
•   Grundbedingungen einer Re‐Vitalisierung des Public Management ist eine Re‐Vitalisierung des Politischen. Zu
    viele öffentliche Akteure tummeln sich in Zwischenräumen zwischen Public Management und dem Politischen.
Feld I: Urban Governance
Infrastrukturen des Urbanen
                                 UK4
                                       Beispiele:
                                       • Werner Sombart: „Die
                                         deutsche Volkswirtschaft im
                                         neunzehnten Jahrhundert“
                                       • Entwicklung und
                                         Finanzierung des ÖPNV seit
                                         den fünfziger Jahren
                                       • Stuttgart 21

Quelle: Wikipedia CC BY‐SA 3.0
Feld I: „Urban Governance“:
Infrastrukturen des Urbanen

                      Erste Erkenntnisse aus „Systeminnovation für
                      Nachhaltige Entwicklung“
                      • Vertrauen in Technologie und Network Governance,
                        mangelndes Vertrauen in Organisation und
                        Hierarchie, unklare Einstellung zum (öffentlichen und
                        privaten) Akteur und zum Markt
                      • Äußerst unterschiedliche Auffassungen zur
                        adäquaten Kombination zentraler und dezentraler
                        Koordinationsmechanismen
                      • Vorherrschend ist jedoch die Meinung, dass Politik
                        und Verwaltung mit der Komplexität der Probleme
                        überfordert sind und die einzige Option deren
                        Überwindung ist.
Feld I: „Urban Governance“:
Infrastrukturen des Urbanen

                      Erste Erkenntnisse aus „Systeminnovation für
                      Nachhaltige Entwicklung“
                      • Nahezu alle Akteure aus Praxis wünschen sich klarere
                        Kante der Politik, vor allem jedoch die Verwaltung, die
                        sich durch die „Angst der Politik“ vor den „Investoren
                        und Autofahrern“ permanent ausgebremst sieht
                      • Die Verwaltung beschreibt eindrucksvoll ihre Stutzung
                        durch Personalkürzungen und Kontrollübergabe an
                        unüberschaubare Governancestrukturen
                      • Nur wenige Akteure aus klassischen Milieus trauen
                        sich jedoch, die politischen Entscheidungsträger zu
                        fordern. Vielmehr hofft man auf „Fridays for Future“
                        und fürchtet den lauten „Wutbürger“.
Feld I: „Urban Governance“:
Infrastrukturen des Urbanen

                      Erste Erkenntnisse aus „Systeminnovation für
                      Nachhaltige Entwicklung“
                      • Eine spezielle Rolle spielen die unternehmerischen
                        Einheiten des öffentlichen Sektors
                      • Sie trauen sich radikalere Schritte zu, von ihnen wird
                        deshalb stetes Innovieren abverlangt
                      • Doch auch hier kommt schnell der Punkt, an dem
                        mutige politische Richtungsentscheidungen
                        notwendig wären.
                      • Nur wenige Akteure aus klassischen Milieus trauen
                        sich jedoch, die politischen Entscheidungsträger zu
                        fordern. Vielmehr hofft man auf „Fridays for Future“
                        und fürchtet den lauten „Wutbürger“
Feld I: „Urban Governance“:
Erste Ergebnisse

• Probleme des Selbstverständnisses, mangelnde Politisierung und damit
  mangelnde Orientierung.
• Tiefgreifende kognitiven Konsequenzen der Schuldenbremse und anderer
  Spardiktate. Beispiel: Public Management Programme an Hochschulen.
• Zahlreiche Ansatzpunkte für europäische, nationale und regionalpolitische
  Impulse durch hohe Investitionsbedarfe.
• Politische Bürgermeister sind möglich, eventuell unter Einrichtung des
  Amtes von Verwaltungsbürgermeistern.
• Etablierung einer Kultur des mutigen Handelns: Verlernen und lernen ist
  ein zwar zeitintensiver, vor dem Hintergrund der noch verfügbaren Human
  Resources aber durchaus erfolgversprechender Prozess
Feld II: Public Management im Geld‐ und
Kreditschöpfungsprozess

• Betrachtung von fünf Ebenen: Lokal (Sparkassen), regional
  (Landesbanken), national, europäisch, globale.
• Auswertung von Experteninterviews, Auswertung von Fallstudien,
  Biografien, Metaanalyse, kritische Analyse der
  wirtschaftswissenschaftlichen Literatur.
• Wichtige Ausgangsbedingungen:
   •   Unbehagen mit dem Geldsystem
   •   Quasi‐fiskalische Natur vieler Aktivitäten
   •   Zentrale Rolle von Banken als „Ephoren“, Schiffsbrücke, des Kapitalismus
   •   Europäische und geopolitische Dimension
   •   Starke Tendenz der Politik, entsprechende Handlungsfelder zu delegieren.
UK5

      Feld II: Geldmanagement auf lokaler Ebene
      (insbesondere Sparkassen, teilweise Genobanken)

                                              • Zwiespältiges Verhältnis zum öffentlichen
                                                Auftrag und zur demokratischen Kontrolle
                                              • Kernprobleme: Prioritäten bei der Auswahl
                                                von Vorstandsmitgliedern, Zurückhaltung
                                                demokratisch legitimierter Akteure
                                              • Denkweisen stark von kommunalen
                                                Budgetbeschränkungen bestimmt.
                                              • Spezifisches Nachhaltigkeitsverständnis so
                                                stark, dass kein Raum für Diskurse bleibt
                                                („Wir sind nachhaltig von Geburt an“)
                                              • Verfestigung all dieser Aspekte in einem
                                                ausgeprägten Berufsethos
      Quelle: Sparkassengeschichtsblog 2018
Feld II: Geldmanagement auf lokaler Ebene
(insbesondere Sparkassen, teilweise Genobanken)

                                        • Historisch erwiesenermaßen
                                          mögliche Institutionalisierungen
                                          werden negiert
                                        • Kontextuelle Auseinandersetzung
                                          mit Strukturen und
                                          Umweltbedingungen fehlt
                                        • Es fehlen Bereitschaft gewählter
                                          Entscheidungsträger zur
                                          Intervention, die Nutzung
                                          regulatorischer Spielräume sowie
                                          radikale Gegenentwürfe
Quelle: Sparkassengeschichtsblog 2018
Feld II: Geldmanagement auf nationaler Ebene
(Zentralbanken)
• Zentralbankunabhängigkeit als institutionelle Qualität war lange Zeit
  Phänomen in einigen Volkswirtschaften oft föderaler Prägung
• Historische Bedingtheit und Komplexität der Arrangements wird
  unterschätzt
• Erst seit Mitte der achtziger Jahre Aufstieg zu einem zweifelhaften
  Mantra
Feld II: The New Deal and MMT

Source: The New York Times
Feld II: Geldmanagement auf europäischer Ebene
(EZB, EIB, EBRD, …)

                           /02/ep‐ecb‐climate/
                           https://https://www.positivemoney.eu/2020
                                                                       [The European Parliament]
                                                                       recalls that, as an EU institution,
                                                                       the ECB is bound by the Paris
                                                                       Agreement on climate change
                                                                       and that this should be reflected
                                                                       in its policies, while fully
                                                                       respecting its mandate and its
                                                                       independence. … [The EP]
                                                                       suggests a framework for
                                                                       coordination between the ECB
                                                                       and the European Investment
                                                                       Bank
Feld II: Pragmatische Demokratisierung des
Geldwesens als unterschätzte Option

• Schwieriger Abwägungsprozess zwischen der Möglichkeit des Missbrauchs des
  Geldschöpfungsmechanismus und der Möglichkeit ihres Einsatzes. Pendel kehrt sich
  aktuell allerdings um, mit der erwarteten Gegenreaktion am erwarteten Ort
  (Südamerika).
• Welcher Grad der Verschleierung des Geldsystems ist notwendig, welcher vertretbar? In
  einem Wirtschaftssystem mit stark ungleich verteilten Vermögen ist etwas
  Verschleierung eher notwendig. Zu viel Verschleierung (Sparkassen) führt eher zur
  Unternutzung, zu wenig (MMT) zur Übernutzung von Geldschöpfung.
• Vor dem Hintergrund der historischen und internationalen Erfahrung wäre deutlich
  mehr institutionelle Variation denkbar und wünschenswert, die eine verbesserte
  Einbettung des Public Management im Geldwesen in demokratische Prozesse
  ermöglichen und legitimieren würde
• Balance zwischen einer Berücksichtigung konservativ‐deutscher Befürchtungen und
  progressiv‐französischer Vorstellungen scheint mithin weniger unrealistisch als
  allgemein angenommen
Feld II: Pragmatische Demokratisierung des
Geldwesens durch fünf konkrete Maßnahmen

• Austauschprogramm für Top‐Zentralbanker: Ein deutscher Chef für die Banque
  der France, ein französischer für die Bundesbank.
• Strategic Review‐Prozess der EZB: Neudefinition des Inflationsziels sowie
  Berücksichtigung von Nachhaltigkeit in der Geldpolitik muss auch ein Thema des
  Europäischen Parlaments sein.
• Sustainable Finance‐Strategie der EU: Hinzunahme eines Staatsfonds in die
  Green Deal‐Planungen
• Zentralbankgeld für Klimaprojekte: Sollte als gemeinsames Projekt von
  Finanzministerien, Kommission und EZB angegangen und
• Europäisierung der Idee eines öffentlich‐rechtlichen Finanzsektors bei
  gleichzeitiger Aufnahme von Nachhaltigkeitszielen in die Formulierung des
  öffentlichen Auftrags.
Weitere instruktive Beispiele

• Wasserstoffstrategie der Bundesregierung
• EU‐Beihilferecht: Gründerfreundlichkeit auch im öffentlichen Sektor
• Beteiligungsstrategien für Gebietskörperschaften
• Gemeinsame Beteiligungsstrategie über Gebietskörperschaften
  hinweg
• Staatsfonds
• Digitale Infrastruktur, Umgang mit Plattformen
Vorläufige Thesen: Drei Grundvoraussetzungen für
eine Ertüchtigung des Public Management
• Public Management im neuen und im traditionellen Sinne wird nur dann
  eine Ertüchtigung erfahren, wenn es „politisch aufgeladen“ wird, d.h. wenn
  diskursive und antagonistische Dimensionen der Politik wieder ins Zentrum
  politischen Handelns und Arbeitens rücken. So werden einerseits Räume
  für PM frei gemacht, andererseits klare Richtungsentscheidungen
  ermöglicht.
• Gleichzeitig ist eine Befreiung von der Vorstellung notwendig, man handele
  unter engen Budgetbeschränkungen.
   • Mittel zum Wiederaufbau personeller Kapazitäten in relevanten Bereichen (nicht bei
     der Deutschen Rentenversicherung)
   • Mittel zur Umsetzung sichtbarer und erfahrbarer Maßnahmen, bspw. im ÖPNV
• Keine Angst vor Staatlichkeit in Systemen mit gefestigten demokratischen
  Institutionen; mehr Mut zur Staatlichkeit in anderen Systemen.
  Grundüberlegung: Die Alternativen sind kostenträchtiger.
Vorläufige Thesen: Big Governance und Big
Government sind kein Widerspruch
• Governance von klassischen öffentlichen Einrichtung muss stärker am
  Prinzip der demokratischen Legitimation und öffentlichen Eigentums bzw.
  Trägerschaft ausgerichtet werden. Die Strategie öffentlicher Unternehmen
  und Einrichtungen muss „Chefinnensache“ werden, auch im Bereich der
  Geldpolitik, wobei Chef*innen demokratisch legitimiert sein sollten.
• Governancenetzwerke können mittels Formen der Metagovernance
  durchaus einen Ansatzpunkt für öffentliche Innovationen und
  Problemlösungen sein. Allerdings müssen Politik und/oder Verwaltung im
  Rahmen solcher Strukturen die Führung übernehmen. Im Gegenzug zu dem
  damit einhergehenden Autonomieverlust kann eine Zusage von
  beschleunigter Umsetzung und verbesserter Ressourcenausstattung
  stehen.
• Die politischen Vertreter entscheiden, wann statt ihnen Public Manager in
  Governancenetzwerke entsandt werden.
Vorläufige Thesen: Am Beginn steht ein neues
Narrativ und ein Kulturwandel.
• Zahlreiche Ansatzpunkte für ein Narrativ, das die Leistungsfähigkeit
  und Bedeutung öffentlichen Managements glaubhaft macht:
  Forschungsergebnisse zur Rolle in Innovations‐ und
  Transformationsprozessen, zahllose erfolgreiche Projekte, gemeisterte
  Krisen, heroischer Einsatz.
• Aber auch zahlreiche Probleme im Selbstverständnis:
  Selbstbeschneidung und Selbstbescheidung des öffentlichen Sektors.
• „Wer im öffentlichen Sektor ernsthaft führt handelt stets an der
  Grenze der Illegalität, des Burnout und der Ausbeutung von
  Mitarbeiter“*innen.
Konkrete Politikimplikationen
• Ein Ende der Schuldenbremse und eine massive personelle
  Ertüchtigung der öffentlichen Verwaltung
• Klare Ausrichtung der Programme klimaaktiver Parteien auf sozial‐
  ökologische Transformation. Gegensatz zwischen Green Deal und
  Green New Deal (Klimapaket versus Klimapakt) muss als Alternative,
  die für eine harte politische Auseinandersetzung geeignet ist,
  entwickelt werden.
• Möglichst rasche und mutige Initiierung einiger Großprojekte ohne
  die Befürchtung, ein paar Milliarden zu verschwenden (was passieren
  wird): Wasserstoffstrategie, gebührenfreier ÖPNV, Sozialisierung bzw.
  Schaffung offensichtlicher öffentlicher Infrastrukturen der
  Digitalisierung
Bild‐ und Quellennachweise
• Merkel, Wolfgang (2010): Systemtransformation. Eine Einführung in die Theorie und Empirie der Transformationsforschung,
  Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.
• HR Info 2018HR Info Podcast Judith Kösters (2018): Mit Banken die Welt retten? Die Finanzbranche 10 Jahre nach der Lehman‐
  Pleite, [online] https://www.hr‐inforadio.de/programm/wissenswert/wissenswert‐mit‐den‐banken‐die‐welt‐retten‐die‐
  finanzbranche‐10‐jahre‐nach‐der‐lehman‐pleite,epg‐so‐9450.html [17.03.2020]
• Daylimail (2008): End of the Master of the Universe: Rise and fall of the Lehman Brothers ‐ and its boss dubbed 'The Gorilla‘,
  [online]https://www.dailymail.co.uk/news/article‐1056411/End‐Master‐Universe‐Rise‐fall‐Lehman‐Brothers‐‐boss‐dubbed‐The‐
  Gorilla.html [17.03.2020]4)
• Tagesschau (2019): „Bitte nehmt das Geld“, [online]https://www.tagesschau.de/inland/investitionen‐105.html [17.03.2020]5)
• Financial Times (2020): https://www.ft.com/content/63404e0e‐3dcc‐11ea‐a01a‐bae547046735 [16.3.20]
• Project Syndicate (2020): Shelton the Charlatan, [online]https://www.project‐syndicate.org/commentary/judy‐shelton‐fderal‐
  reserve‐nominee‐charlatan‐by‐j‐bradford‐delong‐2020‐02 [17.03.2020]6)
• Hochschule Darmstadt (2017): Innovative Hochschule: Hochschule Darmstadt bei „Exzellenzinitiative für HAWs“ erfolgreich,
  [online]https://h‐da.de/news‐anzeigen/meldung‐einzelansicht/news/innovative‐hochschule‐hochschule‐darmstadt‐bei‐
  exzellenzinitiative‐fuer‐haws‐erfolgreich/?tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=News&tx_news_pi1%5B
  action%5D=detail&cHash=f6891f678ade4fe4c73c6d433bc25b73 [17.03.2020]
• Verdi (2019): Grußwort von Ulrich Hörning, Bürgermeister und Beigeordneter für Allgemeine Verwaltung der Stadt Leipzig,
  [online]https://www.verdi.de/++file++5d88fae02193fb3de6d08807/download/Grußwort%20von%20Ulrich%20Hörning.pdf
  [17.03.2020]16)
Bild‐ und Quellennachweise
• Levi Faur, David (2012): From „Big Government“ to „Big Governance“?, in:
  Ders. (Hrsg.), The Oxford Handbook of Governance, New York: Oxford
  University Press, S. 3–18, hier.
• Warren: https://www.palgrave.com/gp/book/9781403995285
• Sørensen, E., & Torfing, J. (2007). Introduction governance network
  research: Towards a second generation. In Theories of democratic network
  governance (pp. 1‐21). Palgrave Macmillan, London.
• https://www.zvab.com/buch‐suchen/titel/die‐deutsche‐volkswirtschaft‐
  im/autor/werner‐sombart/25–27)Bildquelle finde ich nicht. Siehe Folie
  630–31)
• Sparkassengeschichtsblog (2018):
  https://www.sparkassengeschichtsblog.de/schlagwort/rathaus/
  [17.03.2020]; Abbildung abgedruckt in Kreissparkasse Staßfurt (Hrsg.): 125
  Jahre Kreissparkasse Staßfurt – Für Tradition und Fortschritt, 1993, S. 832)
Sie können auch lesen