Kantonsgericht Schwyz - Urteil vom 22. Dezember 2020 - Entscheidsuche
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Kantonsgericht Schwyz Urteil vom 22. Dezember 2020 STK 2019 78 Mitwirkend Kantonsgerichtspräsident Dr. Urs Tschümperlin, Kantonsrichter Reto Fedrizzi, Bettina Krienbühl, Dr. Stephan Zurfluh und lic. iur. Ilaria Beringer, Gerichtsschreiberin lic. iur. Gabriela Thurnherr. In Sachen A.________, Beschuldigter, Berufungsführer und Anschlussberufungsgegner, erbeten verteidigt durch Rechtsanwalt B.________, gegen 1. Kantonale Staatsanwaltschaft, Postfach 75, Sicherheitsstützpunkt Biberbrugg, 8836 Bennau, Anklagebehörde, Berufungsgegnerin und Anschlussberufungsführerin, vertreten durch Staatsanwältin C.________, 2. D.________, Privatkläger und Berufungsgegner, 3. E.________, Privatkläger und Berufungsgegner, 4. F.________, Privatklägerin und Berufungsgegnerin, betreffend Raub, gewerbsmässiger Diebstahl (Berufung und Anschlussberufung gegen das Urteil des Strafgerichts Schwyz vom 21. Oktober 2019, SGO 2019 14);-
Kantonsgericht Schwyz 2 hat die Strafkammer, nachdem sich ergeben: A. Am 26. April 2019 erhob die kantonale Staatsanwaltschaft (nachfolgend Anklagebehörde) Anklage gegen A.________ (nachfolgend Beschuldigter) wegen Raubes, gewerbsmässigen Diebstahls, geringfügigen Diebstahls, (mehrfachen) Hausfriedensbruchs, betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage, Tätlichkeit, mehrfacher Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes, mehrfachen Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz, unberechtigten Verwenden eines Fahrrades, mehrfacher Hinderung einer Amtshandlung sowie der Verletzung der An- und Abmeldepflicht nach AIG. Ihm wurde – soweit vorliegend relevant – folgender Sachverhalt zur Last gelegt (Vi-act. 1): 1. des Raubes im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB, Am Samstag, 26.11.2016, um ca. 10.15 Uhr, betrat der Beschuldigte die Coop Filiale an der Bahnhofstrasse 14 in 6403 Küssnacht. D.________, ein Angestellter der Coop Filiale, beobachtete durch die offenen Gestelle, wie sich der Beschuldigte in die Fleischwarenabteilung begab, dort vorsätzlich und in widerrechtlicher Aneignungs- und Bereicherungsabsicht drei Pack Salami und ein Paar Bratwürste im Gesamtwert von CHF 41.-- behändigte und diese in der Abteilung der nicht-alkoholischen Getränke in den mitgeführten Rucksack verpackte. Dabei holte der Beschuldigte die sich bereits im Rucksack befindlichen CD's hervor, legte die Fleischwaren hinein und platzierte die CD's zuoberst im Rucksack. In der Getränkeabteilung behändigte der Beschuldigte zwei Bierdosen, deponierte eine davon im Rucksack und begab sich danach mit der anderen Bierdose in der Hand an die Self-Checkout-Kassen. Dort bezahlte er mindestens eine der beiden Bierdosen und verliess anschliessend die Coop-Filiale, ohne jedoch die Fleischwaren zu bezahlen. D.________ folgte dem Beschuldigten nach draussen und forderte diesen vor der Filiale auf, ihm den Rucksack zur Kontrolle zu übergeben. Nachdem der Beschuldigte dieser Aufforderung nicht nachgekommen war, griff D.________ nach dem Rucksack, wobei es in der Folge zu einem Handgemenge zwischen diesem und dem Beschuldigten kam. Weder
Kantonsgericht Schwyz 3 gelang es D.________, die Herrschaft über den Rucksack zu erlangen noch einen Blick in den Rucksack zu werfen. Im Zuge dieser Auseinandersetzung versetzte der Beschuldigte D.________ einen leichten Tritt gegen das Schienbein und einen Schlag gegen das Gesicht, in der Absicht, sich den Gewahrsam am Diebesgut zu sichern, um in der Folge nach eigenem Gutdünken über das Diebesgut zu verfügen. D.________ erlitt durch den Schlag ins Gesicht eine leichte Verletzung an der Unterlippe und einen Schaden an den unteren Frontzähnen, wobei sich die Kosten für die zahnärztliche Behandlung zur Behebung dieses Zahnschadens auf CHF 3'591.60 beliefen. 2. des gewerbsmässigen Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB i.V.m. Art. 139 Ziff. 2 StGB, Der Beschuldigte nahm zwischen dem 27.5.2018 und 29.1.2019 in der Absicht, regelmässige Einkünfte für die Bestreitung seines Lebensunterhalts zu erzielen und mit der Bereitschaft, bei jeder sich bietenden Gelegenheit respektive in unbestimmt vielen Fällen zu handeln, zu den nachgenannten Zeitpunkten und Orten zum Nachteil der nachstehend aufgeführten Geschädigten, die nachgenannten Sachen in widerrechtlicher Aneignungs- und Bereicherungsabsicht an sich, um sie für sich zu verwenden oder zu verwerten. Die nachfolgenden 20 Diebstähle in den Kantonen Luzern und Schwyz in der Zeitspanne zwischen dem 27.5.2018 und 29.1.2019 weisen einen Deliktsbetrag von insgesamt CHF 3'352.60 auf: Dossier 9: Am Sonntag, 27.5.2018, um ca. 11.25 Uhr, begab sich der Beschuldigte in die Coop Filiale am Bahnhof Luzern. Er versteckte Süsswaren („Vanille Plunder“, zwei „Schoggi Brötli“, „Vanille Creme“) im Wert von CHF 8.65 in seiner Hose, bezahlte an der Kasse nur ein Bier und verliess die Filiale ohne das Süssgebäck zu bezahlen, um die vorgenannten Gegenstände nach eigenem Gutdünken zu verwenden. Dossier 10: Am Donnerstag, 5.7.2018, um 18.00 Uhr, betrat der Beschuldigte die Coop Filiale am Kasernenplatz in Luzern und versteckte ein Päckchen Natronpulver im Wert von CHF 1.50 in seiner rechten Hosentasche. In der Folge verliess er die Filiale ohne das Natronpulver zu bezahlen, um dieses nach eigenem Gutdünken zu verwenden. Dossier 11: Am Mittwoch, 3.10.2018, um ca. 13.35 Uhr, begab sich der Beschuldigte in die Migros Flliale Hofmatt an der Luzernerstrasse 30 in 6010 Kriens. In der Filiale versteckte er eine Herrenarmbanduhr, eine Schutzfolie für Mobiltelefone, einen Rasierapparat und eine elektronische Zahnbürste im Gesamtwert von CHF 521.90 in einer mitgeführten Denner-Papiertüte. Bevor der Beschuldigte den Verkaufsbereich mit dem Diebesgut neben dem Kundendienst verlassen konnte, um die vorgenannten Gegenstände nach eigenem Gutdünken zu verwenden,
Kantonsgericht Schwyz 4 wurde er durch zwei Ladendetektivinnen und den Filialleiter aufgehalten, wobei er vor Eintreffen der Polizei in unbekannte Richtung fliehen konnte. Dossier 13: Am Montag, 29.10.2018, um 16.05 Uhr, begab sich der Beschuldigte in die Migros Filiale an der Hertensteinstrasse 9 in Luzern. Er entwendete drei Herrenparfüms („David Beckham Classic“, „David Beckham lnstinct“, „Michalsky Berlin“) im Wert von CHF 81.-- und verliess den Kassenbereich ohne die Ware zu bezahlen, um die vorgenannten Gegenstände nach eigenem Gutdünken zu verwenden. Dossier 14: Am Mittwoch, 10.10.2018, um ca. 12.15 Uhr, betrat der Beschuldigte die Manor Filiale im Mythencenter in lbach. In der Folge behändigte er zwei Damenparfums („Dolce & Gabana Femme lntense“, „Yves Saint Laurent Black Opium“) im Wert von CHF 308.--, begab sich zur Umkleidekabine, wo er die Cellophanfolie entfernte, die Parfums aus der Verpackung nahm und diese unter seinem Pullover versteckte. Die leeren Verkaufspackungen stellte der Beschuldigte in das Verkaufsregal zurück. In der Folge verliess er das Geschäft, ohne die Ware zu bezahlen, um die vorgenannten Gegenstände nach eigenem Gutdünken zu verwenden. Dossier 19: Am Dienstag, 20.11.2018, um 15.30 Uhr, betrat der Beschuldigte die Migros Filiale an der Langensandstrasse 23 in Luzern. Er verpackte zwei Handrasierer bzw. Rasierklingen und sechs Parfums (zwei „Michalsky Berlin“, „Christina Aguilera“, „Christina Aguilera woman“, „Chiemsee“, „Beyoncé Rise“) im Gesamtwert von CHF 206.65 in einer mitgeführten Einkaufstüte und verliess die Filiale, ohne die Ware zu bezahlen, um die vorgenannten Gegenstände nach eigenem Gutdünken zu verwenden. Dossier 21: Am Samstag, 15.12.2018, um 14.37 Uhr, steckte der Beschuldigte im Solo Markt Manor an der Tribschenstrasse 56 in Luzern diverse Kosmetika (drei Lippenstifte, drei Paletten Lippenfarbe, zwei Make-ups, drei Nagelgels) im Wert von CHF 150.90 in seine Jackentasche, um die vorgenannten Gegenstände nach eigenem Gutdünken zu verwenden. Nachdem er noch vor dem Kassenbereich vom Sicherheitsdienst angehalten worden war, ergriff der Beschuldigte mit dem Deliktsgut die Flucht und konnte nicht zurückgehalten werden. Dossier 22: Am Mittwoch, 12.12.2018, um ca. 10.00 Uhr, betrat der Beschuldigte die Migros Filiale an der Langensandstrasse 23 in Luzern. Er steckte fünf Parfüms („Beyoncé Rise“, „Michalsky Berlin“, „David Beckham“, „David Beckham Classic“, „Bruno Banani“), einen Rasierapparat („Philipps“), zwei Portemonnaies und zwei Taschenmesser im Gesamtwert von CHF 283.90 in seine Jacke und verliess die Filiale ohne die Waren zu bezahlen, um die vorgenannten Gegenstände nach eigenem Gutdünken zu verwenden.
Kantonsgericht Schwyz 5 Dossier 24: Am Dienstag, 4.12.2018, um ca. 11.30 Uhr und wieder um ca. 16.45 Uhr, betrat der Beschuldigte die Migros an der Winkelriedstrasse 58 in Luzern. Er versteckte sechs Parfüms („Christina Aguilera Woman“, zwei „Beyoncé Rise“, zwei „Christina Aguilera Woman“, „S. Oliver Damenparfum“) und 2 Rasierer („Gilette Pro Glide“) im Wert von CHF 200.90 in einer mitgeführten Einkaufstasche bzw. in seiner Jacke und verliess das Geschäft ohne die Waren zu bezahlen, um die vorgenannten Gegenstände nach eigenem Gutdünken zu verwenden. Dossier 25: Am Dienstag, 11.12.2018, um 19.20 Uhr, begab sich der Beschuldigte in die Migros Filiale am Bahnhof Luzern. Er nahm vier Packungen mit Feuerzeugen („Bic“) im Gesamtwert von CHF 16.-- an sich und verliess die Filiale ohne die Ware zu bezahlen, um die vorgenannten Gegenstände nach eigenem Gutdünken zu verwenden. Dossier 26: Am Dienstag, 4.12.2018, um 11.05 Uhr, am Samstag, 8.12.2018, um 14.32 Uhr, und am Dienstag, 11.12.2018, um 17.10 Uhr, betrat der Beschuldigte jeweils die Migros Filiale an der Langensandstrasse 23 in Luzern. Am 4.12.2018 behändigte er fünf Parfums (zwei „Michalsky“, „Bruno Banani“, „Beyoncé Rise“, „Christina Aguilera“), einen Rasierer („Philipps“), je ein grosses und ein kleines Sackmesser sowie fünf unterschiedliche Portemonnaies im Gesamtwert von CHF 413.-- und legte diese Waren in einen Einkaufskorb. In der Folge verliess der Beschuldigte die Filiale, nachdem er die Waren im Einkaufskorb in der Frischwarenabteilung zurückgelassen hatte. Am 8.12.2018 behändigte er vier Herrenparfums („Michalsky“, zwei „Bruno Banani“, „David Beckham“) im Wert von CHF 108.30 und am 11.12.2018 sechs Herrenparfums (zwei „Michalsky“, „Bruno Banani“, „David Beckham“, „David Beckham classic“, „S. Oliver“) im Wert von CHF 158.60. Die Parfums versteckte er jeweils in seiner Jackentasche und verliess die Migrosfiliale ohne diese Waren zu bezahlen, um die vorgenannten Gegenstände nach eigenem Gutdünken zu verwenden. Dossier 30: Am Mittwoch, 5.12.2018, um ca. 15.54 Uhr, betrat der Beschuldigte die Migros Filiale an der Winkelriedstrasse 58 in Luzern und behändigte Schminksachen (drei „May sup.24h 510 redpa“, „May sup.24h 542 cherry“, „MNY es pale the nud 01“, „MMY SS Matte inkLiq 20“, „MNY SS Matte inkLiq 05“, „MNY SS Matte lnk 75“, „MNY SS Matte inkLiq 15“, „MNY es pale the nud 01“ und acht Parfüms („Misty Wind Eau toilette“, „Udv Gold-lssime Edp“, zwei „Michalsky II Women EdP“, „s.Oliver Woman EdT“, „Christina Aguilera EdP“, „Paris Dream EdP 100ml“, „Chiemsee Classic Woman“) im Gesamtwert von CHF 338. 70 und versteckte diese unter seinem Pullover. In der Folge verliess er die Filiale ohne diese Waren zu bezahlen, um die vorgenannten Gegenstände nach eigenem Gutdünken zu verwenden. Dossier 31: Am Montag, 28.1.2019, um 12.00 Uhr, begab sich der Beschuldigte in die Coop Filiale an der Winkelriedstrasse 56 in Luzern. Er versteckte diverse Lebensmittel
Kantonsgericht Schwyz 6 („MH Choco Croissant“, „Luzerner Rahmkäse“, „Bio Tomme du Valais“, „PM Gruyère d'alp.“, zwei „Buure Bratwürste“, drei „Kalbsbratwürste“, „Mostbröckli“, „Trockenfleisch-Anschnitte“, „Gold Finess Glas 20“, „Toblerone 360g“, „Lindt Etui Karte“, „Kambly Dose 175 g“) im Gesamtwert von CHF 135.60 in einem mitgeführten Plastiksack, bezahlte an der Kasse nur eine Wasserflasche und verliess die Filiale ohne die übrigen Waren zu bezahlen, um die vorgenannten Gegenstände nach eigenem Gutdünken zu verwenden. Dossier 32: Am Mittwoch, 16.1.2019, um 10.30 Uhr, betrat der Beschuldigte die Manor Filiale an der Weggisgasse 5 in Luzern. Er versteckte ein Parfum („Coca Mademoiselle 50 ml“) im Wert von CHF 134.-- in seiner Jackentasche und verliess die Filiale ohne das Parfum zu bezahlen, um dieses nach eigenem Gutdünken zu verwenden. In der Folge konnte der Beschuldigte durch den Sicherheitsverantwortlichen der Manor Filiale angehalten werden, wobei er die Flucht ergriff. Nach kurzer Nacheile konnte er jedoch festgehalten werden. Dossier 33: Am Mittwoch, 23.1.2019, um 8.42 Uhr, am Montag, 28.1.2019, um 10.42 Uhr, und am Dienstag, 29.1.2019, um 12.57 Uhr, betrat der Beschuldigte die Migros Filiale an der Winkelriedstrasse 58 in Luzern. Am 23.1.2019 behändigte er vier Damenparfums („Christina Aguilera woman“, „Christina Aguilera“, „Jeanne en Provence“, „Life by Esprit Damenparfüm“) im Wert von CHF 89.20, am 28.1.2019 sechs Parfums („Christina Aguilera woman“, „Christina Aguilera“, „Beyoncé Rise“, „Jeanne en Provence“, „Michalsky Berlin“, „Betty Barclay No 2“) im Wert von CHF 136.60 und am 29.1.2019 drei Damenparfums („Beyoncé Rise“, „Betty Barclay No 2“, „Betty Barclay Tender Blossom“) im Wert von CHF 59.20. Die Parfums versteckte er jeweils in seiner Jackentasche bzw. in einer mitgeführten Einkaufstasche und verliess die Migros Filiale ohne die Waren zu bezahlen, um die vorgenannten Gegenstände nach eigenem Gutdünken zu verwenden. 3. des geringfügigen Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB i.V.m. Art. 172ter Abs. 1 StGB, […] 4. des mehrfachen Hausfriedensbruchs im Sinne von Art. 186 StGB, […] 5. des betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage im Sinne von Art. 147 StGB, […] 6. der Tätlichkeit im Sinne von Art. 126 StGB, […]
Kantonsgericht Schwyz 7 7. der mehrfachen Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes im Sinne von Art. 19a Ziff. 1 BetmG, […] 8. des mehrfachen Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. c und d BetmG, […] 9. des unberechtigten Verwendens eines Fahrrades im Sinne von Art. 94 Abs. 4 SVG, Dossier 12: Am Dienstag, 31.7.2018, um ca. 17.20 Uhr, verwendete der Beschuldigte bei der BP Tankstelle an der Bruchstrasse 3 in Luzern das Fahrrad der Marke BIXS von G.________, welches am 2.7.2018 als gestohlen gemeldet wurde, unberechtigterweise und im Wissen darum, dass das besagte Fahrrad ihm nicht gehört. 10. der mehrfachen Hinderung einer Amtshandlung im Sinne von Art. 286 StGB, […] 11. der Verletzung der An- und Abmeldepflicht im Sinne von Art. 120 Abs. 1 lit. a AIG i.V.m. Art. 12 AIG und Art. 15 AIG, […] Der Beschuldigte blieb der zunächst auf den 15. Juli 2019 angesetzten Hauptverhandlung unentschuldigt fern (Vi-act. 14). Anlässlich des zweiten Verhandlungstermins vom 21. Oktober 2019 wurde er befragt (Vi-act. 20). Die Anklagebehörde stellte folgende Anträge (Vi-act. 20, Beilage): 1. Der Beschuldigte sei schuldig zu sprechen 1.1 des Raubes im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB; 1.2 des gewerbsmässigen Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB i.Vm. Art. 139 Ziff. 2 StGB; 1.3 des geringfügigen Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB i.V.m. Art. 172ter Abs. 1 StGB; 1.4 des mehrfachen Hausfriedensbruchs im Sinne von Art. 186 StGB;
Kantonsgericht Schwyz 8 1.5 des betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage im Sinne von Art. 147 StGB; 1.6 der Tätlichkeit im Sinne von Art. 126 StGB; 1.7 der mehrfachen Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes im Sinne von Art. 19a Ziff. 1 BetmG; 1.8 der mehrfachen Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. c und d BetmG; 1.9. des unberechtigten Verwendens eines Fahrrades im Sinne von Art. 94 Abs. 4 SVG; 1.10 der mehrfachen Hinderung einer Amtshandlung im Sinne von Art. 286 StGB; 1.11 der Verletzung der An- und Abmeldepflichten im Sinne von Art. 120 Abs. 1 lit. a aAuG i.V.m. Art. 12 aAuG und Art. 15 aAuG; 2. Der Beschuldigte sei zu bestrafen mit einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren, unter Anrechnung von 72 Tagen Untersuchungshaft, mit einer Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu CHF 30.--, total CHF 1‘800.--, und einer Busse von CHF 1‘400.--. 3. Der Vollzug von 12 Monaten der Freiheitsstrafe sei aufzuschieben und die Probezeit sei auf 3 Jahre festzulegen. Im Umfang der restlichen 12 Monate sei die Freiheitsstrafe zu vollziehen. 4. Die Geldstrafe sei zu vollziehen. 5. Die Ersatzfreiheitsstrafe für das schuldhafte Nichtbezahlen der Busse sei auf 14 Tage festzulegen. 6. Der Beschuldigte sei für 5 Jahre des Landes zu verweisen. 7. [Einziehung der beschlagnahmten Betäubungsmittel/- utensilien] 8. [Einziehung des beschlagnahmten Kokains] 9. [Einziehung des beschlagnahmten Bargeldes] 10. Das Urteil sei dem Amt für Migration des Kantons Luzern zuzustellen.
Kantonsgericht Schwyz 9 11. [Kosten zu Lasten des Beschuldigten] Der Beschuldigte stellte seinerseits folgende Anträge (Vi-act. 20, Beilage) 1. Der Beschuldigte sei - des Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB gemäss der Dossiers 11, 14, 26 (Diebstahl vom 4. Dezember 2018) und 30; - des geringfügigen Diebstahls gemäss der Dossiers 1, 9, 10, 13, 19, 21, 22, 24, 25, 26 (Diebstähle vom 8. und vom 11. Dezember 2018), 31, 32, 33 im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB i.V.m. Art. 172ter Abs. 1 StGB sowie des Hausfriedensbruchs im Sinne von 186 StGB gemäss Dossier 1; - des mehrfachen Hausfriedensbruchs im Sinne von Art. 186 StGB gemäss der Dossiers 9, 11, 13, 15, 17, 18, 19, 22, 24, 25, 26, 27, 29, 30, 31, 32, 33; - der mehrfachen Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes im Sinne von Art. 19a Ziff. 1 BetmG gemäss der Dossiers 1, 3, 6, 7, 8, 14, 16, 23; - des mehrfachen Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. c und d BetmG gemäss der Dossiers 4, 7, 8, und 28, schuldig zu sprechen und mit einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu CHF 10.00 und einer Busse von CHF 1’000.00 zu bestrafen. 2. Der Beschuldigte sei im Übrigen vom Vorwurf - des Raubes im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB i.V.m. Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB gemäss Dossier 2; - des gewerbsmässigen Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB i.V.m. Art. 139 Ziff. 2 StGB gemäss der Dossiers 9,10, 11, 13, 14, 19, 21, 22, 24, 25, 26, 30, 31, 32, 33; - der Tätlichkeit im Sinne von Art. 126 StGB gemäss Dossier 5; - des unberechtigten Verwendens eines Fahrrades im Sinne von Art. 94 Abs. 4 SVG gemäss Dossier 12; - der Verletzung der An- und Abmeldepflicht im Sinne von Art. 120 Abs. 1 lit. a AIG i.V.m. Art. 12 AIG und Art. 15 AIG gemäss Dossier 14; - des betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage im Sinne von Art. 147 StGB gemäss Dossier 16; - der mehrfachen Hinderung einer Amtshandlung im Sinne von Art. 286 StGB gemäss der Dossiers 20 und 30;
Kantonsgericht Schwyz 10 von Schuld und Strafe freizusprechen. 3.1. Der Vollzug der Geldstrafe sei aufzuschieben und die Probezeit sei auf 2 Jahre festzusetzen. 3.2. Es sei eine ambulante Behandlung des Beschuldigten nach Art. 63 Abs. 1 StGB anzuordnen. 3.3. Eine allenfalls auszusprechende unbedingte Freiheitsstrafe sei zugunsten einer ambulanten Behandlung des Beschuldigten nach Art. 63 Abs. 2 StGB aufzuschieben. 4. Die erstandene Untersuchungshaft vom 4. Februar 2019 bis am 18. April 2019 sei nach Art. 51 StGB auf die allenfalls zu widerrufende Strafe gemäss Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Innerschwyz vom 12. Mai 2016 und danach auf die auszusprechende Strafe, anzurechnen. 5. Die geltend gemachten Zivilforderungen seien abzuweisen, eventualiter seien diese auf den Zivilweg zu verweisen. 6. Von einer Landesverweisung des Beschuldigten sei nach Art. 66a Abs. 2 StGB abzusehen. 7. Die mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Innerschwyz vom 12. Mai 2016 bedingt ausgesprochene Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu CHF 90.00 wegen Diebstahls und versuchen betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage bei einer Probezeit von zwei Jahren sei nicht zu widerrufen. 8. [Untersuchungs- und Verfahrenskosten] Mit Urteil vom 21. Oktober 2019 erkannte das Strafgericht Schwyz Folgendes 1. A.________ wird schuldig gesprochen a) des Raubes im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB i.V.m. Ziff. 1 Abs. 2 StGB zum Nachteil von D.________, begangen am 26. November 2016 (Dossier 2); b) des gewerbsmässigen Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB i.V.m. Ziff. 2 StGB, begangen im Zeitraum 3. Oktober 2018 bis 29. Januar 2019 (Dossiers 11, 13, 14, 19, 21, 22, 24, 25, 26, 30, 31, 32, 33); c) des mehrfachen geringfügigen Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB i.V.m. Art. 172ter Abs. 1 StGB, begangen
Kantonsgericht Schwyz 11 - am 12. Dezember 2016 (z.N. H.________, Dossier 1), - am 27. Mai 2018 (z.N. Coop Filiale, Bahnhof Luzern, Dossier 9) - am 5. Juli 2018 (z.N. Coop Filiale, Kasernenplatz Luzern, Dossier 10), d) des mehrfachen Hausfriedensbruchs im Sinne von Art. 186 StGB, begangen - am 12. Dezember 2016 (z.N. M.________ AG, Dossier 1), - am 27. Mai 2018 (z.N. Coop Filiale, Bahnhof Luzern, Dossier 9), - am 5. Juli 2018 (z.N. Coop Filiale, Kasernenplatz Luzern, Dossier 10), - am 3. Oktober 2018 (z.N. Miros Filiale Hofmatt, Luzernerstrasse 30, Luzern, Dossier 11), - am 29. Oktober 2018 (z.N. Migros Filiale, Hertensteinstrasse 9, Luzern, Dossier 13), - am 26. Oktober 2018 (z.N. Migros, Sonnenplatz 1, Emmenbrücke LU, Dossier 15), - am 13. November 2018 (z.N. Migros Filiale, Langensandstrasse 23, Luzern, Dossier 17), - am 13. November 2018 (z.N. Migros Filiale, Winkelriedstrasse 38, Luzern, Dossier 18), - am 20. November 2018 (z.N. Migros Filiale, Langensandstrasse 23, Luzern, Dossier 19), - am 12. Dezember 2018 (z.N. Migros Filiale, Langensandstrasse 23, Luzern, Dossier 22), - am 4. Dezember 2018 (z.N. Migros, Winkelriedstrasse 58, Luzern, Dossier 24), - am 11. Dezember 2018 (z.N. Migros Filiale, Bahnhof Luzern, Dossier 25), - am 4., 8. und 11. Dezember 2018 (z.N. Migros Filiale, Langensandstrasse 23, Luzern, Dossier 26), - am 24. Dezember 2018 (z.N. Migros Filiale, Bahnhof Luzern, Dossier 27), - am 16. Januar 2019 (z.N. Migros Filiale, Zentralstrasse, Luzern, Dossier 29), - am 5. Dezember 2018 (z.N. Migros Filiale, Winkelriedstrasse 58, Luzern, Dossier 30), - am 28. Januar 2019 (z.N. Coop Filiale, Winkelriedstrasse 56, Luzern, Dossier 31), - am 16. Januar 2019 (z.N. Manor Filiale, Weggisgasse 5, Luzern, Dossier 32), - am 23., 28. und 29. Januar 2019 (z.N. Migros Filiale, Winkelriedstrasse 58, Luzern, Dossier 33); e) des geringfügigen betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage im Sinne von Art. 147 StGB i.V.m. Art.
Kantonsgericht Schwyz 12 172ter Abs. 1 StGB, zum Nachteil von E.________, begangen am 7. Oktober 2018 (Dossier 16); f) der mehrfachen Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes im Sinne von Art. 19a Ziff. 1 BetmG, begangen am 11. Dezember 2016 (Dossier 1), 22. Februar 2017 (Dossier 3), 22. Mai 2017 (Dossier 6), 2. März 2018 (Dossier 7), 1. Mai 2018 (Dossier 8), 9. Oktober 2018 (Dossier 14), 7. Oktober 2018 (Dossier 16), 17. Dezember 2018 (Dossier 23); g) des mehrfachen Vergehens gegen das Betäubungsmittelgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 lit. c und d BetmG, begangen am 16. Juni 2017 (Dossier 4), 2. März 2018 (Dossier 7), 15. Mai 2018 (Dossier 8), 9. Januar 2019 (Dossier 28); h) des unberechtigten Verwendens eines Fahrrades im Sinne von Art. 94 Abs. 4 SVG, begangen am 31. Juli 2018 (Dossier 12); i) der mehrfachen Hinderung einer Amtshandlung im Sinne von Art. 286 StGB, begangen am 20. November 2018 (Dossier 20) und am 5. Dezember 2018 (Dossier 30); j) der Verletzung der An- und Abmeldepflicht im Sinne von Art. 120 Abs. 1 lit. a AIG i.V.m. Art. 12 AIG und Art. 15 AIG, begangen am 30. Juni 2016 (Dossier 14); 2. Im Übrigen wird A.________ freigesprochen. 3. A.________ wird mit einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten, unter Anrechnung von 80 Tagen Untersuchungshaft, einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu Fr. 10.-- und einer Busse von Fr. 1'400.-- bestraft. 4. Der Vollzug der Freiheitsstrafe wird im Umfang von 9 Monaten aufgeschoben und die Probezeit auf 3 Jahre festgesetzt. Im Übrigen (9 Monate) wird die Freiheitsstrafe vollzogen. 5. Der Vollzug der Geldstrafe wird bei einer Probezeit von 3 Jahren aufgeschoben. 6. Bei schuldhaftem Nichtbezahlen der Busse tritt an deren Stelle eine Ersatzfreiheitsstrafe von 14 Tagen. 7. Der Vollzug der von der Staatsanwaltschaft Innerschwyz am 15. Mai 2016 ausgefällten und bei einer zweijährigen Probezeit bedingt aufgeschobenen Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu Fr. 90.-- wird angeordnet. 8. A.________ wird im Sinne von Art. 66a Abs. 1 lit. c und d StGB für die Dauer von fünf Jahren aus der Schweiz verwiesen.
Kantonsgericht Schwyz 13 9. Zivilforderungen: a) Die unbezifferte Zivilforderung von E.________ wird auf den Zivilweg verwiesen (Dossier 16). b) Die Zivilforderung der F.________ im Betrag von Fr. 2'750.-- wird gutgeheissen und A.________ wird verpflichtet, der F.________ diesen Betrag zu bezahlen (Dossiers 11, 13, 15, 17, 18, 19, 22, 24, 25, 26, 27, 29, 30, 33). c) Die unbezifferten Genugtuungs- und Schadensersatzforderungen von D.________ werden auf den Zivilweg verwiesen (Dossier 2). 10. Die anlässlich der vorläufigen Festnahme des Beschuldigten vom 12. Dezember 2016 sichergestellten zwei Alufolien mit Heroinrückständen, lagernd bei der Kantonspolizei Schwyz unter der Lager-Nr. zz, werden eingezogen und der Kantonspolizei Schwyz zur Vernichtung / gutscheinenden Verwendung überlassen. 11. Das mit Beschlagnahmebefehl der Staatsanwaltschaft Abteilung 1 Luzern vom 21. März 2018 beschlagnahmte Bargeld in Höhe von Fr. 20.--, lagernd bei der Kantonspolizei Luzern unter der Lager-Nr. yy, wird eingezogen. 12. Die anlässlich der vorläufigen Festnahme des Beschuldigten vom 2. März 2018 sichergestellten Betäubungsmittel 0.29 Gramm Heroin und 0.48 Gramm Kokain, lagernd bei der Kantonspolizei Luzern unter der Lager-Nr. xx, werden eingezogen und der Kantonspolizei Luzern zur Vernichtung / gutscheinenden Verwendung überlassen. 13. Die anlässlich der polizeilichen Kontrolle des Beschuldigten durch die Kantonspolizei Luzern vom 16. Juni 2017 bei diesem sichergestellten Gegenstände: 3.5 Stück Tabletten Valium, 0.5 Stück Tablette Dormicum und 0.02 Gramm Kokain, lagernd bei der Kantonspolizei Luzern unter der Lager-Nr. ww, werden eingezogen und der Kantonspolizei Luzern zur Vernichtung / gutscheinenden Verwendung überlassen. 14. Die anlässlich der polizeilichen Kontrolle des Beschuldigten durch die Kantonspolizei Luzern vom 9. Januar 2019 bei diesem sichergestellten 0.35 Gramm Kokain, lagernd bei der Kantonspolizei Luzern unter der Lager-Nr. vv, werden eingezogen und der Kantonspolizei Luzern zur Vernichtung / gutscheinenden Verwendung überlassen. 15. Die Kosten des Verfahren, bestehend aus: den Untersuchungs- und Anklagekosten Fr. 16‘567.25 den Gerichtskosten (inkl. Gerichtsgebühr) Fr. 7‘409.40 den Kosten der amtlichen Verteidigung Fr. 18‘982.00 Total Fr. 42‘958.65
Kantonsgericht Schwyz 14 werden A.________ zu 50 % auferlegt und im Übrigen auf die Staatskasse genommen. Bezüglich der Kosten für die amtliche Verteidigung bleibt Ziff. 16 vorbehalten. 16. Amtliche Verteidigung: a) Der amtliche Verteidiger RA B.________ wird aus der Staatskasse mit Fr. 18‘982.-- (inkl. Auslagen und MwSt.; Fr. 180.-- Stundenansatz) entschädigt. b) Der A.________ für die amtliche Verteidigung auferlegte Kostenanteil von Fr. 9‘491.-- wird aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse von A.________ einstweilen auf die Staatskasse genommen. c) Vorbehalten bleibt die Rückzahlungspflicht von A.________ gemäss Art. 135 Abs. 4 lit. a StPO beschränkt auf 50 % des Honorars (Fr. 9‘491.--). 17.-18. (Zustellung und Rechtsmittel) B. Der Beschuldigte meldete am 31. Oktober 2019 Berufung an (KG-act. 2) und stellte mit Berufungserklärung vom 30. Dezember 2019 folgende Anträge (KG-act. 3): 1. Die Dispositivziffern 1.a), 1.b), 1.e), 1.h), 3., 4., 5., 6., 7., 8. und 9.b) des Urteils des Einzelrichters des Strafgerichts des Kantons Schwyz vom 28. März 2019 seien aufzuheben. 2. Der Berufungskläger sei vom Vorwurf - des Raubes im Sinne von Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB i.V.m. Ziff. 1 Abs. 2 StGB zum Nachteil von D.________, begangen am 26. November 2016 (Dossier 2); - des gewerbsmässigen Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB i.V.m. Ziff. 2 StGB begangen im Zeitraum vom 3. Oktober 2019 bis 29. Januar 2019 (Dossiers 11, 13, 14, 19, 21, 22, 24, 25, 26, 30, 31, 32, 33); - des geringfügigen betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage im Sinne von Art. 147 StGB i.V.m. Art. 172ter Abs. 1 StGB, zum Nachteil von E.________, begangen am 7. Oktober 2018 (Dossier 16);
Kantonsgericht Schwyz 15 - des unberechtigten Verwendens eines Fahrrades im Sinne von Art. 94 Abs. 4 SVG, begangen am 31. Juli 2018 (Dossier 12); freizusprechen. 3. Der Berufungskläger sei zusätzlich zu den unangefochtenen Schuldsprüchen im angefochtenen Urteil, des Diebstahls im Sinne von Art. 139 Ziff. 1 StGB begangen im Zeitraum vom 3. Oktober 2019 bis 29. Januar 2019 (Dossiers 11, 13, 14, 19, 21, 22, 24, 25, 26, 30, 31, 32, 33), schuldig zu sprechen. 4. Der Berufungskläger sei insgesamt mit einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu CHF 10.00 und einer Busse von CHF 1’000.00 zu bestrafen. 5. Der Vollzug der Geldstrafe sei aufzuschieben und die Probezeit sei auf 2 Jahre festzusetzen. 6. Die erstandene Untersuchungshaft vom 4. Februar 2019 bis am 18. April 2019 sei nach Art. 51 StGB auf die allenfalls zu widerrufende Strafe gemäss Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Innerschwyz vom 12. Mai 2016 und danach auf die auszusprechende Strafe, anzurechnen. 7. Die Zivilforderung der F.________, gemäss Dispositivziffer 9.b) des angefochtenen Urteils, sei abzuweisen, eventualiter sei diese auf den Zivilweg zu verweisen. 8. Von einer Landesverweisung des Beschuldigten sei nach Art. 66a Abs. 2 StGB abzusehen. 9. Die mit Strafbefehl der Staatsanwaltschaft Innerschwyz vom 15. Mai 2016 bedingt ausgesprochene Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu CHF 90.00 wegen Diebstahls und versuchten betrügerischen Missbrauchs einer Datenverarbeitungsanlage bei einer Probezeit von zwei Jahren sei nicht zu widerrufen. 10. Die Verfahrenskosten für das Rechtsmittelverfahren seien vollumfänglich auf die Staatskasse zu nehmen. Dem amtlichen Verteidiger sei eine angemessene Entschädigung gemäss Kostennote zuzusprechen und diese Kosten seien ebenfalls auf die Staatskasse zu nehmen. Mit Anschlussberufung vom 15. Januar 2020 beantragte die Anklagebehörde Folgendes (KG-act. 5):
Kantonsgericht Schwyz 16 1. In Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 3 des angefochtenen Urteils sei A.________ mit einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten, unter Anrechnung von 80 Tagen Untersuchungshaft, einer Geldstrafe von 20 Tagessätzen zu CHF 10.-- und einer Busse von CHF 1’400.-- zu bestrafen. 2. In Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 4 des angefochtenen Urteils sei der Vollzug der Freiheitsstrafe im Umfang von 12 Monaten aufzuschieben und die Probezeit sei auf drei Jahre festzusetzen. Im Übrigen (im Umfang von 12 Monaten) sei die Freiheitsstrafe zu vollziehen. 3. In Aufhebung von Dispositiv-Ziffer 5 sei die Geldstrafe zu vollziehen. 4. Unter Kostenfolge für das Berufungsverfahren zulasten der beschuldigten Person. Anlässlich der Berufungsverhandlung vom 22. Dezember 2020 (KG-act. 24) zog der Beschuldigte die Berufung betreffend geringfügigem betrügerischem Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage (angef. Urteil, Dispositivziff. 1.e) zurück und beantragte die Abweisung der Anschlussberufung. Im Übrigen hielt er an seinen Anträgen fest (KG-act. 24, Beilage 1). Die Anklagebehörde hielt ebenfalls an ihren Anträgen fest und beantragte die Abweisung der Anträge des Beschuldigten (KG-act. 24, Beilage 2);- in Erwägung: 1. Das Urteil des Strafgerichts vom 21. Oktober 2019 (SGO 2019 14) erwuchs in den folgenden Punkten unangefochten in Rechtskraft: mehrfacher geringfügiger Diebstahl (Dispositivziffer 1.c), mehrfacher Hausfriedensbruch (Dispositivziffer 1.d), mehrfache Übertretung des Betäubungsmittelgesetzes (Dispositivziffer 1.f), mehrfache Vergehen gegen das Betäubungsmittelgesetz (Dispositivziffer 1.g), mehrfache Hinderung einer Amtshandlung (Dispositivziffer 1.i), Verletzung der An- und Abmeldepflicht nach AIG (Dispositivziffer 1.j), Teilfreispruch (Dispositivziffer 2), Zivilforderungen (Dispositivziffer 9.a und 9.c),
Kantonsgericht Schwyz 17 Einziehungen (Dispositivziffern 10-14) sowie die Kostenfolgen (Dispositivziffern 15 und 16). Betreffend den geringfügigen betrügerischen Missbrauch einer Datenverarbeitungsanlage (Dispositivziffer 1.e, Schuldspruch) zog der Beschuldigte die Berufung zurück (KG-act. 24, Protokoll BV, S. 13). Gegenstand des Berufungsverfahrens sind demnach die Schuldsprüche betreffend Raub (Dispositivziffer 1.a), gewerbsmässigen Diebstahls (Dispositivziffer 1.b), unberechtigten Verwendens eines Fahrrades (Dispositivziffer 1.h), das Strafmass (Dispositivziffern 3-6), der Widerruf einer Geldstrafe (Dispositivziffer 7), die Landesverweisung (Dispositivziffer 8) und die Zivilforderung der F.________ (Dispositivziffer 9.b). 2. Des Raubes macht sich strafbar, wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Androhung gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben oder nachdem er den Betroffenen zum Widerstand unfähig gemacht hat, einen Diebstahl begeht (Art. 140 Ziff. 1 Abs. 1 StGB). Wer, bei einem Diebstahl auf frischer Tat ertappt, Nötigungshandlungen nach Absatz 1 begeht, um die gestohlene Sache zu behalten, wird gleich bestraft. Einen Diebstahl begeht, wer jemandem eine fremde bewegliche Sache zur Aneignung wegnimmt, um sich oder einen andern damit unrechtmässig zu bereichern (Art. 139 Abs. 1 StGB). a) In tatsächlicher Hinsicht bestreitet der Beschuldigte, am 26. November 2016 im Coop in Küssnacht Waren ohne Bezahlung mitgenommen zu haben. Der Zeuge D.________ habe nicht sehen können, was er in seinen Rucksack gepackt oder was er an der Selfscanning-Kasse bezahlt habe. Es sei nicht einmal erstellt, dass dem Coop an diesem Tag etwas gefehlt habe, das nicht bezahlt worden sei (KG-act. 24, Beilage 1, Plädoyer, S. 4 f.). aa) Betreffend den Diebstahl sind folgende Aussagen vorhanden: aaa) Der Zeuge D.________, ein Angestellter der Coop Filiale in Küssnacht, sagte noch am Tag des Vorfalls (26. November 2016) gegenüber dem
Kantonsgericht Schwyz 18 rapportierenden Polizeibeamten, der Beschuldigte sei mit einem schwarz / dunkelblauen Rucksack unterwegs gewesen und zur Fleischabteilung gegangen. Dort habe er drei Pack geschnittenen Salami und eine Bratwurst in die Hand genommen, sei zwischen den Regalen verschwunden und habe es im Rucksack verstaut. Danach habe er noch zwei Prix Garantie Bier à 5 dl genommen und sei zur Selbstbedienungskasse gegangen, wo er nur das Bier gezahlt habe. Er (der Zeuge) habe sich nach draussen begeben und auf ihn (den Beschuldigten) gewartet (U-act. 8.2.001, S. 4). Anlässlich seiner polizeilichen Einvernahme vom 9. März 2017 (U-act. 10.1.002) erklärte der Zeuge D.________, er sei hinter dem Beschuldigten hergelaufen und habe ihn von der anderen Seite des Gestells beobachtet. Der Beschuldigte sei zur Metzgereiabteilung gegangen, habe Salami genommen und sei zu den Getränkegestellen gegangen. Dort habe er ein oder zwei Bier genommen. Dort bei den Tischen habe er die Sachen in den Rucksack getan. Er habe danach nur noch eine Dose Bier in der Hand gehabt. Dann sei er zur SCO gegangen, wo man selber tippen und bezahlen könne (Frage 11). Er (der Zeuge) sei etwa zwei Meter von der Kasse weg gestanden (Frage 121). Der Beschuldigte habe nur die Dose Bier bezahlt. Den Rest habe er im Rucksack gehabt (Frage 11). Er (der Zeuge) habe gesehen, dass ein Beleg gedruckt worden sei (Frage 121). Der Beschuldigte sei von der Kasse weg Richtung Ausgang gegangen (Frage 11). Auf Nachfrage hin sagte der Zeuge, er habe gesehen, dass der Beschuldigte Bratwürste, Salamipäckli und leere CDs im Rucksack hatte. Der Beschuldigte habe zuerst die CDs herausgenommen, das Fleisch in den Rucksack getan und dann die CDs auch wieder (U-act. 10.1.002, Frage 25). Einige Fragen später wiederholte der Zeuge, der Beschuldigte habe den Rucksack auf den Boden gestellt, die CDs aus dem Rucksack genommen, die Bratwurst und die Salami eingepackt. Die CDs habe er wieder in den Rucksack getan (U-act. 10.1.002, Frage 127).
Kantonsgericht Schwyz 19 Am 13. März 2019 sagte der Zeuge vor der Staatsanwältin (U-act. 10.1.025), der Beschuldigte habe ein paar Sachen, ein Pack Salami und CDs oder DVDs eingepackt und sei dann zur Kasse gegangen. Dann habe er nur ein Bier der Marke Prix Garantie bezahlt (Rz. 65 ff. und 75 ff.). Er habe den Beschuldigten zwischen den Gestellen beobachten können, weil diese offen seien (Rz. 85 f.). Er sei ungefähr bei der Kasse fünf oder sechs gestanden. Aus der Ecke habe er den Beschuldigten beobachten können und gesehen, dass er nur das Bier bezahlt habe. Man sehe es gut, ob jemand bezahle oder nicht, also ob er die Waren aus dem Rucksack nehme oder nicht (Rz. 113 ff.). Auf Nachfrage erklärte der Zeuge, dass er hinter dem Regal gestanden sei, als der Beschuldigte die Ware eingepackt habe (Rz. 282). Er habe durch das Regal gesehen, wie der Beschuldigte die Ware eingepackt habe (Rz. 288 f.). Danach sei er (der Zeuge) zur Kasse fünf oder sechs gegangen und habe sehen können, dass der Beschuldigte nur ein Bier gezahlt habe (Rz. 283). bbb) Der Zeuge ist I.________ in der Coop-Filiale in Küssnacht. Auch wenn er nicht als Ladendetektiv angestellt war, durfte er als Mitarbeiter die Waren seines Arbeitgebers vor Diebstahl schützen (vgl. Aussage, dass jeder Mitarbeiter die Geschäftsinteressen schütze: U-act. 10.1.002, Frage 116), die Konsumenten dahingehend beobachten und falls notwendig einschreiten. Er kennt den Beschuldigten nicht näher. Eine Verwarnung bekam der Zeuge nie (U-act. 10.1.002, Frage 119). Obwohl er den Beschuldigten bereits mehrfach bei Diebstählen beobachtete, leitete er nie ein Verfahren ein, weil er den Beschuldigten nicht kannte oder keine Beweise hatte (vgl. U-act. 10.1.002, Frage 11; U-act. 10.1.025, Rz. 78 ff.). Dies spricht dafür, dass der Zeuge nicht grundlos Kunden des Diebstahls beschuldigt. Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb er ihn zu Unrecht des Diebstahls bezichtigen sollte. Das Gericht zweifelt nicht an der Glaubwürdigkeit des Zeugen. Der Zeuge bestätigte mehrfach, den Diebstahl gesehen zu haben (U-act. 10.1.002, Frage 11; U-act. 10.1.025, Rz. 63-72, 83-86, 282 f., 288 ff.). Die Art der gestohlenen Fleischwaren (Salami, Bratwurst) sowie das Vorgehen beim Einpacken der
Kantonsgericht Schwyz 20 Waren in den Rucksack konnte er genau und konstant beschreiben, was nicht der Fall wäre, wenn er dies nicht selber gesehen hätte. Daran ändert auch der private Augenschein des Verteidigers (vgl. KG-act. 24, Beilage 2, S. 4 f.) nichts – sofern dieser verwertbar wäre –, weil nicht feststeht, ob die Regale zu diesem Zeitpunkt gleich angeordnet und gefüllt waren wie im Tatzeitpunkt. Schliesslich wäre auch die Erstellung eines Inventars (vgl. KG-act. 24, Beilage 2, S. 5) unbehilflich, weil für ein allfälliges Fehlen von Produkten auch zahlreiche andere Personen verantwortlich sein könnten. Das Kantonsgericht erachtet die Aussagen des Zeugen als glaubhaft. Es kann somit als erstellt gelten, dass der Beschuldigte die Fleischwaren im Rucksack verstaute und diese an der Kasse nicht bezahlte. bb) Betreffend die Nötigungshandlung liegen Aussagen der Zeugen D.________ und J.________ sowie des Beschuldigten vor. aaa) Der Zeuge D.________ sagte am Tag des Vorfalls gegenüber dem Polizeibeamten, er habe sich nach draussen begeben und auf den Beschuldigten gewartet. Als er den Coop verlassen habe, habe er ihn wegen der nichtbezahlten Ware angesprochen. Er habe es abgestritten und es sei zum Streit gekommen. Also habe er nach dem Rucksack gegriffen… Danach habe er versucht, den Rucksack wegzureissen und es sei zu einem Handgemenge gekommen, wobei der Beschuldigte ihm zuerst mit dem Fuss ans Schienbein geschlagen habe und danach mit der Faust einmal ins Gesicht. Er habe den Rucksack losgelassen und der Beschuldigte sei davongerannt (U-act. 8.2.001, S. 4). Anlässlich der polizeilichen Einvernahme vom 9. März 2013 sagte D.________ aus, sie seien etwa einen Meter ausserhalb des Ladens gestanden (U-act. 10.1.002, Frage 11). Beide hätten am Rucksack gezogen (U-act. 10.1.002, Frage 34). Der Beschuldigte habe mit der rechten Faust nach
Kantonsgericht Schwyz 21 ihm geschlagen und seine Zähne getroffen (Fragen 36 f.) sowie ihn mit dem Fuss am linken Schienbein getroffen (Frage 40). Vor der Staatsanwältin erklärte D.________ am 13. März 2019 (U-act. 10.1.025), nach dem Bezahlvorgang, draussen, habe er zum Beschuldigten gesagt „Halt, bitte kommen Sie mit“. Der Beschuldigte habe nicht halten wollen und er (der Zeuge) habe am Rucksack gerissen. Der Beschuldigte habe sich umgedreht und ihn ins Gesicht geschlagen (Rz. 144 ff.). Auch mit dem Fuss habe ihn der Beschuldigte geschlagen (Rz. 201). Mit der Faust habe er ihn auf die Zähne getroffen (Rz. 204). bbb) J.________ äusserte sich am 26. November 2016 als Auskunftsperson gegenüber dem Polizeibeamten dahingehend (U-act. 8.2.001), dass er gesehen habe, wie es zum Handgemenge zwischen den beiden gekommen sei, als der Angestellte vom Coop in den Rucksack habe schauen wollen. Soviel er noch wisse, habe der andere ihm mit dem Fuss ans Schienbein gestossen und dann mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Danach sei der Beschuldigte an ihm vorbeigerannt (S. 4). Anlässlich seiner polizeilichen Zeugeneinvernahme vom 15. März 2017 (U-act. 10.1.003) sagte J.________ aus, er sei mit seinem Hund beim Brunnen gestanden und habe zugesehen (Frage 11). Die beiden hätten versucht, sich gegenseitig den Rucksack zu entreissen (Frage 12, Frage 20). Sie seien unter dem Dach gestanden und hätten miteinander gerutzt (Frage 13). Er habe nicht gesehen, dass D.________ vom Beschuldigten mit der Faust geschlagen (U-act. 10.1.003, Frage 33) oder getreten (U-act. 10.1.003, Frage 24) worden sei. ccc) Der Beschuldigte gab bereits bei der polizeilichen Kontrolle vom 30. November 2016 zu, dass es zu einem Gerangel gekommen sei (U-act. 8.2.001, S. 4) und bestätigte dies in den weiteren Einvernahmen (U-act. 10.1.001,
Kantonsgericht Schwyz 22 Fragen 6, 40; Vi-act. 20, Fragen 50 f.; KG-act. 24, S. 14). Am 1. März 2017 gab der Beschuldigte an, irgendwann habe er am Rucksack gerissen, bis er ihn in der Hand gehalten habe und dann sei er gegangen (U-act. 10.1.001, Fragen 16, 20). An der staatsanwaltschaftlichen Einvernahme vom 13. März 2019 (U-act. 10.1.026) sagte er aus, als er gemerkt habe, dass der Herr an seinem Rucksack gezogen habe, habe er sich umgedreht und auch an seinem Rucksack gezogen bis er ihn gehabt habe und dann sei er gegangen (Rz. 67). Vor dem Strafgericht erklärte der Beschuldigte, er sei an dem Tag in den Laden gegangen, habe normal sein Bierchen gekauft und sei gegangen. Er sei um den Coop herumgelaufen, sei schon auf der Hauptstrasse bei der UBS und der Post gewesen, das sei schon 100 bis 150 Meter vom Coop weg. Der Herr sei auf einmal von hinten angekommen, habe an seinem Rucksack gerissen und habe nicht einmal gesagt, dass er vom Coop sei oder sonstiges. Er habe ja gar nicht gewusst, wer das überhaupt sei, er sei einfach geradeaus weitergegangen, bis er gemerkt habe, dass einer von hinten gekommen sei und ihm an seinem Rucksack gerissen habe. Dadurch habe er sich natürlich umgedreht, er wisse nicht, ob er ihn dadurch versehentlich mit seinem Ellbogen getroffen habe. Er habe ihn aber nicht absichtlich geschlagen oder so, er sei kein aggressiver Mensch. Es habe einfach ein kleines Handgemenge um den Rucksack gegeben, er habe seinen Rucksack an sich genommen und sei dann gegangen (Vi-act. 20, Frage 50). Anlässlich der Berufungsverhandlung sagte der Beschuldigte, er sei aus dem Laden rausgegangen, nachdem er sich die Dose Bier gekauft habe. Nach 10 oder 20 Meter ausserhalb des Ladens habe er auf einmal gemerkt, wie ihm jemand ganz kräftig am Rucksack ziehe. Als er sich umgedreht habe, habe er den Herrn gesehen, dann habe es einfach nur noch eine Rangelei um den Rucksack gegeben… Er habe den Herrn nicht geschlagen oder getreten. Das sei 10, 15, 20 Meter ausserhalb des Coops gewesen. Es könnte sein, dass er D.________ bei diesem Gerangel eventuell mit dem Ellenbogen oder Unterarm
Kantonsgericht Schwyz 23 getroffen habe, aber er habe ihm nicht mit Absicht einen Faustschlag verpasst oder mit Absicht getreten (KG-act. 24, S. 13-15). ddd) Der Zeuge D.________ schilderte wiederum konstant, wie er den Beschuldigten ansprach, als dieser aus dem Laden kam und dass beide am Rucksack des Beschuldigten zerrten. Letzteres bestätigte auch der Zeuge J.________ und der Beschuldigte gab dies ebenfalls zu. Die Aussagen des Beschuldigten zum Standort des Gerangels (auf der Hauptstrasse bei der UBS und der Post, etwa 100 bis 150 Meter weit vom Coop entfernt: Vi-act. 20, Frage 50; 10, 15, 20 Meter ausserhalb des Coops: KG-act. 24, S. 13-15), sind hingegen widersprüchlich und was die Distanz von 10 bis 150 Meter Entfernung betrifft völlig unglaubhaft. Es ist nicht verständlich, weshalb ein Coop-Mitarbeiter einen vermeintlichen Dieb, den er im Gebäude bereits beobachtete, erst derart weit weg vom Geschäft anhalten würde. Der Beschuldigte verneinte zwar, D.________ gegen das Schienbein getreten und mit der Faust ins Gesicht geschlagen zu haben (U-act. 10.1.001, Fragen 37, 74; U-act. 10.1.026, Rz. 72; KG-act. 24, S. 15). Er gab aber zu, es könne sein, dass er D.________ im Gerangel erwischt habe (Rz. 92). Es könne sein, dass er ihn mit seinem Ellenbogen oder mit dem Unterarm erwischt habe (Rz. 101 f.). An der zweitinstanzlichen Befragung bestätigte der Beschuldigte, wenn er ihn getroffen habe, dann vielleicht aus Versehen mit dem Rucksack oder mit dem Ellbogen (KG-act. 24, S. 15). Der Beschuldigte gab somit zumindest zu, den Rucksack mit Gewalt an sich gerissen zu haben. Hinzu kommt, dass die Aussage von D.________, der Beschuldigte habe ihn mit der Faust ins Gesicht geschlagen, mit seinen Verletzungen übereinstimmen. Auf den beiden Fotos vom 27. Dezember 2016 ist zu sehen, dass D.________ an der Unterlippe eine leichte Verletzung (Risswunde) erlitt (U-act. 8.2.004). Dokumentiert ist sodann der Kostenvoranschlag des Zahnarztes vom 6. Dezember 2016 (U-act. 8.2.005 f.) sowie das Meldeformular an die Krankenkasse, wonach verschiedene Zähne gelockert und angeschlagen seien. Wenn es zu keiner Verfestigung der Zähne komme, würden vier Zähne extrahiert und eine Prothese angefertigt (U-act.
Kantonsgericht Schwyz 24 8.2.007). Zusammenfassend kann als erstellt gelten, dass der Beschuldigte den Rucksack mit Gewalt an sich riss und D.________ mit der Faust ins Gesicht schlug. Ob er ihn auch mit dem Fuss gegen das Bein trat, kann offenbleiben. b) Im Hinblick auf die Qualifikation des Tatbestandes kann auf die rechtlichen Erwägungen der Vorinstanz zum Raub bzw. räuberischen Diebstahl mit Nötigungshandlung verwiesen werden (angef. Urteil, E. I.2.7; Art. 82 Abs. 4 StPO). Indem der Beschuldigte Fleischwaren in seinem Rucksack verstaute und ohne diese zu bezahlen das Geschäft verliess, nahm er eine fremde bewegliche Sache (Fleischwaren) der Gewahrsamsinhaberin (Privatklägerin 4) weg, um sich diese in Bereicherungsabsicht (Nichtbezahlung) anzueignen (Verbrauch). Der objektive Tatbestand des Diebstahls ist soweit erfüllt. Der Beschuldigte macht geltend, falls ein Diebstahl vorliegen sollte, habe die Rangelei um den Rucksack des Beschuldigten erst nach Beendigung des Diebstahls, d.h. nach Verlassen der Coop Filiale, stattgefunden. Er habe demnach keinen räuberischen Diebstahl begangen. Zudem habe sich der Beschuldigte bei der Rangelei um den Rucksack lediglich im Rahmen der Notwehr gegen den tatsächlichen Angriff von D.________ gewehrt (KG-act. 24, Beilage 1, Plädoyer, S. 5-7). aa) Ein räuberischer Diebstahl liegt vor, wenn der Dieb auf frischer Tat ertappt wird und dieser Nötigungshandlungen begeht, um die gestohlene Sache zu behalten (Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB). Die Nötigungshandlung muss demnach nach Vollendung, aber vor Beendigung des Diebstahls begangen worden sein (Trechsel/Crameri, Praxiskommentar zum StGB, 3. A., N 12 zu Art. 140 StGB). Der Täter wird dementsprechend „auf frischer Tat» ertappt, wenn er vor Beendigung des Diebstahls entdeckt wird (vgl. Niggli/Riedo, Basler Kommentar zum StGB, N 49 zu Art. 140 StGB). Der Diebstahl ist mit der Begründung neuen Gewahrsams vollendet. Dessen Beendigung tritt mit der Bereicherung ein (Niggli/Riedo, a.a.O., N 77 zu Art. 139 StGB).
Kantonsgericht Schwyz 25 bb) Der Zeuge D.________ sagte aus, sie seien ca. einen Meter ausserhalb des Ladens gewesen (U-act. 10.1.002, Frage 11). Damit vereinbar ist die Angabe des Zeugen J.________, die beiden seien unter dem Dach gestanden (U-act. 10.2.003, Frage 13). Demgegenüber sind die Distanzangaben des Beschuldigten, wie bereits erwähnt (s.o., E. 2.a.bb.ddd), völlig unglaubhaft. Es ist nicht nachvollziehbar, wieso der Coop-Mitarbeiter den Beschuldigten derart weit hätte verfolgen sollen. Der Zeuge wusste vielmehr, dass er den Beschuldigten nicht bereits im Laden des Diebstahls bezichtigen durfte, auch wenn er die Waren in seinem privaten Rucksack verstaute (U-act. 10.1.002, Frage 14; U-act. 10.1.025, Rz. 289 f.). Denn der Beschuldigte hätte an der Kasse die Waren noch bezahlen können. Korrekterweise wartete der Zeuge beim Ausgang und sprach den Beschuldigten erst ausserhalb des Gebäudes an. Nachdem sich die Kassen in der Nähe des Ausgangs befinden (U-act. 10.1.025, Rz. 106), ist nicht ersichtlich, an welcher anderen Stelle der Zeuge den Beschuldigten hätte ansprechen sollen. Die Rangelei bzw. die Nötigungshandlung fand demnach unmittelbar im Nachgang des Diebstahls statt, d.h. der Beschuldigte wurde „auf frischer Tat“ ertappt. Damit ist der objektive Tatbestand von Art. 140 Ziff.1 Abs. 1 StGB erfüllt. c) In subjektiver Hinsicht muss die beschuldigte Person vorsätzlich sowie in Aneignungs- und Bereicherungsabsicht handeln. Eventualabsicht genügt nicht (Niggli/Riedo, a.a.O., N 44 f. zu Art. 140 StGB sowie N 70 und 74 zu Art. 139 StGB). Indem der Beschuldigte die Fleischwaren in den Rucksack packte und ohne Bezahlung den Laden verliess, gab er zu erkennen, dass er sich diese willentlich ohne Entgelt aneignen wollte. Die Nichtbezahlung der Ware bewirkte eine Bereicherung im Umfang des Warenwertes, was er wusste und in erkennbarer Weise auch wollte. Der subjektive Tatbestand ist demnach erfüllt. d) Notwehr liegt vor, wenn jemand ohne Recht angegriffen oder unmittelbar mit einem Angriff bedroht wird. Die angegriffene Person ist berechtigt, den
Kantonsgericht Schwyz 26 Angriff in einer den Umständen angemessenen Weise abzuwehren (Art. 15 StGB). Unrechtmässig ist der Angriff, wenn er nicht durch einen Erlaubnissatz gedeckt ist, d.h. rechtswidrig ist (Niggli/Göhlich, in: Basler Kommentar zum StGB, 4. A., Basel 2019, N 21 zu Art. 15 StGB). Es ist erstellt, dass der Beschuldigte einen Diebstahl beging und der Zeuge D.________ ihn dabei beobachtete. Der Mitarbeiter der geschädigten Privatklägerin 4 war in der Folge berechtigt, den Beschuldigten anzuhalten, um die Interessen seines Arbeitgebers zu schützen (vgl. Art. 218 Abs. 1 lit. a StPO; Art. 926 Abs. 2 ZGB). Das Festhalten des Rucksackes des Beschuldigten ist hierfür verhältnismässig. Der Beschuldigte kann sich damit nicht auf eine Notwehrsituation berufen. e) Zusammenfassend ist festzuhalten, dass sich der Beschuldigte des räuberischen Diebstahls im Sinne von Art. 140 Ziff.1 Abs. 1 i.V.m. Art. 140 Ziff. 1 Abs. 2 StGB schuldig machte. 3. Der Beschuldigte gestand die Diebstähle gemäss Anklageziffer 2 (vgl. U-act. 10.1.027). Am vorinstanzlichen Schuldspruch (Dispositivziffer 1.b) bemängelt er aber die Qualifikation der Diebstähle als gewerbsmässig. Es sei nicht ermittelt worden, welchen Preis er für die gestohlenen Waren auf der Gasse erhalten habe. Es dürfe angenommen werden, dass er wohl nicht einmal einen Viertel des Originalpreises erhalten habe. Damit habe er aus den Diebstählen tatsächlich nicht, wie von der Vorinstanz angenommen, in vier Monaten Fr. 3‘342.45 erzielt, sondern höchstens Fr. 835.60, d.h. durchschnittlich Fr. 208.90 pro Monat. Damit könne nicht von einem Erwerbseinkommen, und auch nicht von einem Nebenerwerb, ausgegangen werden. Sodann sei auch die Konsequenz zu berücksichtigen, dass bei Annahme eines qualifizierten Diebstahls die Landesverweisung angeordnet werde. Vor diesem Hintergrund dürfe die Hürde zur Annahme eines qualifizierten Diebstahls nicht allzu tief angesetzt werden. Dies zumal bekannt sei, dass die Polizei bei Ausländern, welche sich aufgrund einer Drogensucht verschiedener Diebstähle schuldig machten, nicht schnell einschreite, sondern
Kantonsgericht Schwyz 27 den Fehlbaren gewähren lasse, um dann eine Gewerbsmässigkeit nachweisen zu können, was auch bei ihm der Fall gewesen sei. Der Beschuldigte müsste bei einer unbedingten oder teilbedingten Freiheitsstrafe den nun eingeschlagenen, selbst gewählten und ihn aus der Drogenabhängigkeit und der Kriminalität führenden Weg verlassen, was mit Sicherheit dazu führen würde, dass er, spätestens nach der Haftentlassung und der Landesverweisung, wieder in den Drogensumpf abrutschen würde (KG-act. 24, Beilage 1, Plädoyer, S. 7 ff.). a) Massgebend für die Gewerbsmässigkeit ist ein berufsmässiges Handeln. Der Täter handelt berufsmässig, wenn sich aus der Zeit und den Mitteln, die er für die deliktische Tätigkeit aufwendet, aus der Häufigkeit der Einzelakte innerhalb eines bestimmten Zeitraums sowie aus den angestrebten und erzielten Einkünften ergibt, dass er die deliktische Tätigkeit nach der Art des Berufs ausübt (Niggli/Riedo, a.a.O., N 89 zu Art. 139 mit Hinw. auf BGEs). Gewerbsmässigkeit soll mehrfaches Delinquieren, die Absicht ein Erwerbseinkommen zu erzielen und die Bereitschaft zur Verübung einer Vielzahl von Delikten der fraglichen Art enthalten. Die Absicht, ein Erwerbseinkommen zu erzielen, ist dann der Fall, wenn das Bestreben erkennbar ist, aus der deliktischen Tätigkeit mit einer gewissen Regelmässigkeit Einkünfte zu erzielen, die geeignet sind, einen namhaften Teil der Lebenskosten zu decken (Niggli/Riedo, a.a.O., N 98 zu Art. 139). Wesentlich für die Annahme der Gewerbsmässigkeit ist demnach, dass der Täter, wie aus den gesamten Umständen geschlossen werden muss, sich darauf eingerichtet hat, durch deliktische Handlungen Einkünfte zu erzielen, die einen namhaften Beitrag an die Kosten zur Finanzierung seiner Lebensgestaltung darstellen; dann ist die erforderliche soziale Gefährlichkeit gegeben (Urteil 6B_932/2015 E. 4.1 mit Hinw.). b) Der Beschuldigte arbeitete seit ca. April 2018 nicht mehr (Vi-act. 20, Frage 5). Er bezog weder Sozialhilfe noch Arbeitslosengeld (U-act. 10.1.021,
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