Übungen im Strafrecht & Strafprozessrecht - Frühjahrssemester 2019 Prof. Dr. Stefan Heimgartner
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Übungen im Strafrecht & Strafprozessrecht Frühjahrssemester 2019 Prof. Dr. Stefan Heimgartner
I. Materielle Strafbarkeitsprüfung: Disposition: Sachverhaltsabschnitt I: Geldsammlung bei Emre Strafbarkeit von Can, Hasan, Alan Sachverhaltsabschnitt II: Krediterlangung / Geldtransfer 1. Strafbarkeit von Emre 2. Strafbarkeit von Can 3. Strafbarkeit von Hasan und Alan Sachverhaltsabschnitt III: Aktivität in Gruppierung zur Geldbeschaffung / Unterstützung Peshmerga Strafbarkeit von Hasan, Alan, Can und Emre
Für Sachverhaltsabschnitt I in Frage kommende Tatbestände 1. Erpressung, Art. 156 Ziff. 1 StGB (Can) 2. Mittäterschaft (Hasan/Alan) 3. evtl. Anstiftung zu Erpressung Art. 24 i.V.m. Art 156 Ziff. 1 StGB (Hasan/Alan) 3. evtl. Nötigung Art. 181 StGB
Can: Erpressung, Art. 156 Ziff. 1 StGB Obj. TB Androhung ernstlicher Nachteile = wenn anderer vernünftiger Mensch in derselben Lage wie der Erpresste, sich ebenfalls gezwungen sähe, Forderung nachzukommen; + Nachteil kann Leib und Leben aber auch andere Rechtsgüter des Bedrohten oder Dritter betreffen; +, Rechtsgut Vermögen in Form von Kebabstand wird als gefährdet dargestellt (Existenzgefährdung) Eintritt des Nachteils muss scheinbar vom Willen des Täters abhängig sei; + Irrelevant, ob Täter willens und in der Lage Nachteil eintreten zu lassen.
Can: Erpressung, Art. 156 Ziff. 1 StGB TB-Erfolg: Vornahme einer Vermögensdisposition, d.h. Verhalten, das geeignet ist Vermögensverminderung bei Opfer oder Drittem herbeizuführen; +, Übergabe der Kreditsumme Eintritt eines Vermögensschadens; + Emre wird unmittelbar an Vermögen geschädigt, indem er seine Passiven erhöht durch die Aufnahme des Kredits und Weitergabe der Kreditsumme in bar an Can. Vermögensschädigung der Bank?
Can: Erpressung, Art. 156 Ziff. 1 StGB Subj. TB Vorsatz; + Unrechtmässige Bereicherungsabsicht von sich oder einem Dritten (= wirtschaftliche Besserstellung, auf die kein Anspruch besteht); +, Aktiven des Vereins sollen sich erhöhen.
Can: Erpressung, Art. 156 Ziff. 2/3/4 StGB Qualifikation Gewerbsmässigkeit? Berufsmässiges Handeln (ergibt sich aus Zeit, Mittel, die der Täter in best. Zeitraum aufwendet, sowie erzielte bzw. angestrebte Einkünfte für eigenen Lebensunterhalt); +, 2.5 Mio Einnahmen für Verein als juristische Person reicht um Existenz des Vereins zu sichern. Gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben?; - Drohung schwerer Schädigung von Sachen, an denen öffentliches Interesse besteht; - Fazit: Can hat sich der Erpressung gemäss Art. 156 Ziff. 1 und 2 StGB schuldig gemacht.
Hasan/Alan: Erpressung, Art. 156 Ziff. 1 StGB Mittäterschaft: BGE 130 IV 66: Mittäter ist, wer bei der Entschliessung, Planung oder Ausführung eines Delikts vorsätzlich und in massgebender Weise mit anderen Tätern zusammenwirkt, so dass er als Hauptbeteiligter dasteht. Dabei kommt es darauf an, ob der Tatbeitrag nach den Umständen des konkreten Falles und dem Tatplan für die Ausführung des Delikts so wesentlich ist, dass sie mit ihm steht oder fällt. h.L. Massgebend ist das Kriterium der Tatherrschaft.
Hasan/Alan: Erpressung, Art. 156 Ziff. 1 StGB Mittäterschaft: Hasan/Alan: +, da ihnen die Rollen von eigentlichen Hintermännern (im Sinne einer Organisationsherrschaft) zukommen. Fazit: Hasan und Alan haben sich der Erpressung gemäss Art. 156 Ziff. 1 und 2 StGB schuldig gemacht.
Für Sachverhaltsabschnitt II in Frage kommende Tatbestände 1. Urkundenfälschung, Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB (Can/Emre) bzw. Art. 251 Ziff. 1 Abs. 3 StGB (Emre) 2. Betrug Art 146 Ziff. 1 StGB 3. Geldwäscherei, Art. 305bis StGB
Urkundenfälschung, Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB Vorfrage B: welche Variante von Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB ist zu prüfen? Urkundenfälschung i.e.S. oder Falschbeurkundung? Inkrim. Tatobjekte: Lohnausweis (LA) / Formular A (FA) / Antragsformular (AF) Entspricht der Aussteller der angegebenen Urkunde dem tatsächlichen Aussteller? LA: +; es ist davon auszugehen, dass Can als Finanzchef des Vereins dafür autorisiert ist, Lohnausweise des Vereins auszustellen. FA/AF: +; Dok. hat Emre in seinem Namen ausgefüllt Fazit: Nur Falschbeurkundung kommt in Betracht
Urkundenfälschung, Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB Begriff der Urkunde gemäss Art. 110 Abs. 4 StGB: Aufzeichnungen auf Schrift/Bild/Datenträger = Verkörperung einer Gedankenerklärung, die beständig ist. beweisbestimmt und beweisgeeignet bzgl. rechtlich relevanter Tatsache
Urkundenfälschung, Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 StGB Menschliche Aufzeichnungen auf Schrift, + Lohnausweis beinhaltet rechtlich relevante Tatsache; bestimmt und geeignet darüber Beweis zu führen, dass jemand bei einem Arbeitgeber angestellt ist und Lohn im betreffenden Betrag erhält. Formular A beinhaltet rechtlich relevante Tatsache; ist bestimmt und geeignet darüber Beweis zu führen, dass Aussteller an Kreditsumme wirtschaftlich berechtigt ist. Antragsformular beinhaltet rechtlich relevante Tatsache (Bonität/Kreditwürdigkeit)
Urkundenfälschung, Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 in fine StGB Tathandlung: Falschbeurkundung (= Herstellen einer unwahren Urkunde „rechtlich erhebliche Tatsache unrichtig beurkundet“). Unwahr ist eine Urkunde, wenn der Inhalt der Urkunde mit der Realität divergiert. Mithin handelt es sich um eine schriftliche Lüge. +, Emre arbeitet tatsächlich nicht für den Verein und erhält auch keinen Lohn im angegebenen Betrag. +, Emre ist tatsächlich an Kreditsumme insoweit nicht wirtschaftlich berechtigt, als er als Strohmann für den Verein fungiert. +, die von Emre im Kreditantragsformular angegebenen Einkommensverhältnisse sind falsch.
Urkundenfälschung, Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2 in fine StGB Praxis: erforderlich ist qualifizierte schriftliche Lüge: Schriftstück muss Eigenschaften aufweisen, welche die Glaubhaftigkeit des Inhalts indizieren, d.h. allgemeingültig objektive Garantien müssen scheinbar die Wahrheit des Inhalt gewährleisten. -, bei Personen die nicht als Buchhalter oder Notare fungieren, wie einem Finanzchef eines Vereins, besteht i.d.R. keine Garantie, dass der Inhalt der Wahrheit entspricht. Vgl. hinsichtlich Lohnabrechnungen BGer, 14.11.2007, 6B_624/2007 (anders bei Steuererklärungen). Vgl. hinsichtlich Formulare A, die nicht von Dritten ausgestellt werden BGer, 15.7.2004 6S.114/2004; vgl. auch BGE 144 IV 13
Urkundenfälschung, Art. 251 Ziff. 1 Abs. 2/3 StGB Fazit: Can und Emre haben sich nicht der Urkundenfälschung gemäss Art. 251 Ziff. 1 StGB schuldig gemacht.
Betrug, Art. 146 Abs. 1 StGB Täuschung = Verhalten, das zum Ziel hat, beim Opfer eine von der Realität abweichende Vorstellung hervorzurufen etwa Vorspiegelung von Tatsachen, +, durch Falschangaben wird nicht den Tatsachen entsprechende Finanzkraft von Emre vorgespiegelt.
Betrug, Art. 146 Abs. 1 StGB Arglist (= Lügengebäude, Kniffe, besondere Machenschaften oder einfache Lüge, die nicht oder nur schwer überprüfbar ist oder wenn Täter aufgrund der Umstände davon ausgehen kann, dass Opfer die Angaben nicht überprüft); +, mehrere einfache nicht überprüfbare Lügen, da die die Lohnausweise auch bei Nachfrage nicht hätten geprüft werden können, da Can als Finanzchef des Vereins die Richtigkeit bestätigt hätte; wirtschaftliche Berechtigung an der Kreditsumme kaum überprüfbar (vgl. zum Ganzen BGE 119 IV 28).
Betrug, Art. 146 Abs. 1 StGB Bewirken eines Irrtums; +, die Kreditbank nimmt fälschlicherweise an Emre verfüge über ein höheres Einkommen, welches den beantragten Kredit rechtfertigt.
Betrug, Art. 146 Abs. 1 StGB Vermögensdisposition (= Verhalten, das geeignet ist Vermögensverminderung bei Opfer oder Drittem herbeizuführen); +, Kreditzusage Vermögensschaden (= zumindest vorübergehende Beeinträchtigung des Vermögens in Form der Verminderung der Aktiven, Vermehrung der Passiven oder Entgehens von Gewinn); + die Aktiven in Form der Kreditforderung gegenüber Emre ist reduziert, da der entsprechende Kredit konkret gefährdet ist, da die Kreditwürdigkeit von Emre reduziert ist.
Betrug, Art. 146 Abs. 1 StGB Subj. TB: Wissen um objektive Tatbestandsmerkmale und unrechtmässige Bereicherungsabsicht, + Rechtfertigungsgrund des Nötigungsnotstands? Art. 17 StGB: Notstandslage (= unmittelbare, nicht anders abwehrbare Gefahr); -, Gefahr gegen Eigentum (Kebabladen) ist nicht unmittelbar und wäre überdies auch anders abwendbar (Polizei avisieren). Fazit: Emre hat sich des Betrugs gemäss Art. 146 Abs. 1 StGB schuldig gemacht.
Beteiligung von Can / Hasan / Alan Mittäterschaft? BGer: Mittäter ist, wer bei der Entschliessung, Planung oder Ausführung eines Deliktes vorsätzlich und in massgebender Weise mitwirkt, so dass er als Hauptbeteiligter zu betrachten ist (BGE 118 IV 230); +; Can ist bei Entschliessung, Planung und Ausführung des Betrugs beteiligt und hat insoweit Tatherrschaft als er Emre unter Druck setzt Kredit aufzunehmen. In Bezug auf Hasan und Alan fehlen im SV Anhaltspunkte, dass sie über diese Art der Geldbeschaffung Bescheid wussten; -.
Betrug, Art. 146 Abs. 2 StGB Qualifikation Gewerbsmässigkeit? Berufsmässiges Handeln (ergibt sich aus Zeit, Mittel, die der Täter in best. Zeitraum aufwendet, sowie erzielte bzw. angestrebte Einkünfte für eigenen Lebensunterhalt); -, aus SV geht nicht hervor, dass stets betrügerisch vorgegangen wurde; +, 2.5 Mio Einnahmen (bzw. ein Teil davon durch Betrug) für Verein als juristische Person reicht um Existenz des Vereins zu sichern.
Emre / Can: Geldwäscherei, Art. 305bis Ziff. 1 StGB Obj. TB: Vermögenswerte, die aus Verbrechen herrühren; +, Geld ist Originalwert aus Verbrechen (Art. 146 Abs. 1 i.V.m. Art. 10 Abs. 2 StGB) Handlung, die geeignet ist, die Ermittlung der Herkunft, die Auffindung oder Einziehung von Vermögenswerten zu vereiteln; +, Bargeldübergabe / Wechsel in Bitcoins an Automaten; Auslandstransfer (vgl. aber BGE 144 IV 172) Subj. TB: Doppelter Eventualvorsatz; +, Emre / Can wissen, dass Geld durch Erpressung erlangt wurde.
Hasan / Alan: Geldwäscherei, Art. 305bis Ziff. 1 StGB Mittäterschaft: Hasan/Alan: +, da ihnen die Rollen von eigentlichen Hintermännern (im Sinne einer Organisationsherrschaft) zukommen.
Geldwäscherei, Art. 305bis Ziff. 2 StGB Qualifikation Schwerer Fall, wenn Täter als Mitglied einer Verbrechensorganisation handelt; +, soweit hernach bejaht. Gewerbsmässige Geldwäscherei; -, da nicht Geldwäscherei nach Art eines Berufes (nicht mit Geldwäscherei wird erheblicher Gewinn erzielt). Fazit: Can, Hasan und Alan haben sich der qualifizierten Geldwäscherei gemäss Art. 305bis Ziff. 1 und 2 StGB schuldig gemacht.
Für Sachverhaltsabschnitt III in Frage kommender Tatbestand 1. Kriminelle Organisation, Art. 260ter Ziff. 1 Variante 1 (Gewaltverbrechen) und Variante 2 (Bereicherung mit verbrecherischen Mitteln) StGB gemäss Abs. 1 (Beteiligung Verein) und gemäss Abs. 2 (Unterstützung Peshmerga)
Kriminelle Organisation, Art. 260ter Ziff. 1 Abs. 1 / Abs. 2 StGB Verein/Peshmerga Obj. TB: Faktisches Gebilde mit fester auf Dauer angelegten Struktur; Austauschbarkeit der Mitglieder; + Geheimhaltung von Aufbau und personeller Zusammensetzung; + Bereicherung mit verbrecherischen Mitteln; + Zentraler Zweck Begehen von Gewaltverbrechen; -, anlässlich von Bürgerkrieg begangene Menschenrechtsverletzungen und sporadische Gewaltdelikte an Zivilisten reichen nicht aus. Eingliederung; +, Hasan, Alan, Can; -, Emre
Kriminelle Organisation, Art. 260ter Ziff. 1 Abs. 1 / Abs. 2 StGB Unterstützung der Organisation (Ziff. 1 Abs. 2); + (Emre), Beschaffen von finanziellen Mitteln im Betrag von Fr. 70‘000.-- Subj. TB: Vorsatz; +, Hasan / Can wissen, dass Geld durch Betrug erlangt werden soll, mithin die Organisation dadurch bereichert werden soll. Auch wollen sie sich an der Organisation beteiligen und wissen um deren geheimen Charakter. Vorsatz; -, Emre, Wissen über Organisation, -; Unterstützungswille, -.
Konkurrenzen Zwischen Erpressung und krimineller Organisation (O.K) besteht angesichts der unterschiedlichen Rechtsgüter echte Konkurrenz. Zwischen Erpressung und Betrug besteht angesichts der unterschiedlichen Rechtsgutsträger echte Konkurrenz. Geldwäscherei ist im Unterschied zur Hehlerei (aufgrund der unterschiedlichen Rechtsgüter) auch in Bezug auf Vortäter strafbar; echte Konkurrenz im Verhältnis zu O.K (in Bezug auf qual. O.K. umstritten)
II. Prozessualer Teil 1 Aufgrund eines Hinweises von Europol möchte die Kantonspolizei Basel Landschaft abklären, ob der Verein in Geldwäschereidelikte etc. involviert ist. In diesem Zusammenhang möchte sie den als Vereinspräsidenten figurierenden Baban befragen. a) In welcher Rolle hat die Polizei ihn zu befragen? b) Kann Baban sich von einem Anwalt begleiten lassen? c) Im Vereinslokal sollen Ordner, Unterlagen und ein Computer als potentielle Beweismittel sichergestellt werden; wie hat die Polizei vor- zugehen?
1a/b a) Gem. Art. 179 I befragt die Polizei nicht beschuldigte Personen als polizeiliche Auskunftsperson (AK). (auch vertretbar: als beschuldigte Person). b) Gem. Art. 127 I steht es den Parteien und anderen Verfahrensbeteiligten (Art. 105 Abs. 1) frei, einen Rechtsbeistand als Vertreter zu bestellen. Teilnahmerecht? Art. 159 Abs. 1 analog für AK? -; Praxis (vgl. ZH-StPO- Kommentar, Art. 179 N 8a m.Hinw); +, empfehlenswert zur Sicherstellung der Verwertbarkeit bei späterem Rollenwechsel.
1c Sicherstellung von Computer setzt HD und Beschlagnahme voraus = ZM gemäss Art. 196 f.; d.h. STA ist zuständig (Art. 198 I). Nur in dringenden Fällen ist HD/Beschlagnahme durch Polizei selbstständig durchführbar (Art. 241 I; 263 III); in casu keine Dringlichkeit ersichtlich. VSS: HD- und Beschlagnahmebefehl der STA (Art. 241 III; Art. 263 II) Vorgängiges Editionsersuchen gemäss Art. 265 IV? -, da Kollusionsgefahr.
2 Was kann der Verein gegen die Sicherstellung und Auswertung des Computers tun?
2 Inhaber von Aufzeichnungen etc. können sich einer Durchsuchung widersetzen, indem sie geltend machen, mit der Durchsuchung würden Zeugnisverweigerungsrechte oder andere Geheimhaltungsinteressen tangiert (Art. 248 I): sog. Siegelung Beschwerde (Art. 393 I lit. a) gegen Beschlagnahme (Art. 263) gegen Datendurchsuchung (Art. 246) NB: Die Siegelung geht der Beschwerde vor, d.h. wenn Zeugnisverweigerungsrechte und/oder Beschlagnahmeverbote geltend gemacht werden, ist Beschwerde ausgeschlossen.
3a/b a) Welche Behörde ist für das Strafverfahren örtlich und sachlich zuständig? b) Wer bestimmt die Zuständigkeit?
3 a/b a) Sachliche Zuständigkeit: Massgebend sind Art. 22 ff. Zuständigkeit BA gestützt auf Art. 24? Abs. 1 lit. a: Art. 305bis StGB, wenn zu wesentlichem Teil im Ausland begangen (lit. a); - oder Abs. 1 lit. b: Art. 260ter StGB in mehreren Kantonen begangen wurden und kein Schwerpunktkanton (lit. b); + b) Konflikte zwischen BA und kantonalen Strafbehörden entscheidet das Bundesstrafgericht (Art. 28)
4 Hasan wird - aufgrund der im materiellen Teil umschriebenen Verdachtsgründe - verhaftet und dem zuständigen Staatsanwalt zugeführt; a) was hat der Staatsanwalt vorzukehren, um die Hafteinvernahme korrekt durchzuführen?
4a Art. 132 Abs. 1 lit. a Fall notwendiger Verteidigung gemäss Art. 130? Art. 130 lit. b: Drohende Freiheitsstrafe von über einem Jahr?, + Sicherstellung vor ersten Einvernahme entgegen Art. 131 II ?: +, soweit bereits hinreichender Tatverdacht besteht, d.h. Art. 309 I lit. a. erfüllt (materielle Eröffnung ist massgebend), + Art. 131: unverzügliche Sicherstellung der Verteidigung
4b Der gleichzeitig verhaftete Alan wird nach Hasan einvernommen; hat er ein Recht an der Einver- nahme von Hasan teilzunehmen?
4b Art. 147 I: EV grundsätzlich parteiöffentlich Einschränkungsmöglichkeiten nach Art. 146 IV lit. b? -, beschuldigte Personen werden nicht erwähnt. Nach Praxis Beschränkungsmöglichkeiten gemäss: Art. 101 I analog, +; vor erster Einvernahme, kein Teilnahmerecht betreffender Person (BGer, 13.9.2018, 6B_256/2017, E. 2.2.1; vgl. BGE 139 IV 25 E. 5.5.3)
4c c) Hat Hasan (nach seiner Einvernahme) ein Recht an der Einvernahme von Alan teilzunehmen?
4c Art. 147 I: EV grundsätzlich parteiöffentlich Nach Praxis Beschränkungsmöglichkeiten gemäss: Art. 108 I lit. a (konkrete Kollusionsgefahr und Gefährdung des Untersuchungszwecks; vgl. BGer, 13.9.2018, 6B_256/2017, E. 2.2.2); +/- (je nach Inhalt der Einvernahme von Hasan).
5a/b a) In welcher Rolle ist Emre vom fallführenden Staatsanwalt zu befragen? b) Haben Hasan und Alan ein Teilnahmerecht?
5a Beschuldigte Person, soweit Verfahren einheitlich geführt wird. Auskunftsperson, wenn abgetrenntes Verfahren (Art. 178 lit. a / lit. f).
5a/b Art. 147 I: EV grundsätzlich parteiöffentlich Beschränkungsmöglichkeiten gemäss: Art. 149 II lit. b (sog. Zeugenschutz) Gefahr für Leib und Leben?,- schwerem Nachteil ausgesetzt?, - (keine Anhaltspunkte gemäss SV)
5c/d Was hat die Staatsanwaltschaft zu tun, c) wenn Hasan und Alan an der Befragung nicht teilnahmen, um die Verwertbarkeit der Aussagen von Emre sicherzustellen. d) Wie hat die Staatsanwaltschaft vorzugehen, wenn sie feststellt, dass den beiden die Teilnahme zu Unrecht verweigert worden war?
5 c/d Art. 147 I: jede Partei ist an Einvernahmen teilnahmeberechtigt. Wird die Teilnahme zu Unrecht verweigert, so sind Beweise, welche in Abwesenheit der betroffenen Partei erlangt wurden, nicht zu deren Lasten verwertbar (Art. 147 IV). Verzicht auf neue Einvernahme einholen (vgl. BGer, 27.9.2015, 6B_976/2015, E. 3.2.); Aussonderung gemäss Art. 141 V?, -, da nicht a priori unverwertbar (vgl. Art. 147 IV). I.c. müsste die Einvernahme in Anwesenheit wiederholt werden (ausser impliziter Verzicht liegt vor (vgl. dazu BGer, 26.3.2018, 6B_886/2017, E. 2.3). Zu den Modalitäten: BGE 143 IV 457
6 a/b/c Emre möchte Schadenersatz für den erlittenen Schaden (Kreditschulden) geltend machen; a) wie muss er vorgehen? b) Unter welchen Voraussetzungen kann Emre die anl̈ässlich der Hausdurchsuchung im Vereinslokal beschlagnahmten Fr. 20‘000.— zur Deckung seines Schadens beanspruchen? c) Wird das Gericht ihm das Geld überweisen?
6 a/b/c a) Emre muss sich als Privatklägerschaft konstituieren und eine ausdrückliche Erklärung abgeben, dass sie sich am Strafverfahren beteiligen will (Art. 118 I). b) Restitution (Art. 70 in fine StGB)? – (kein (unechtes Surrogat); Verwendung des Einziehungssubstrats (vgl. Art. 72 StGB) zugunsten Privatkläger (Art. 73 I lit. b StGB) c) Das Gericht muss abwarten, ob andere Geschädigte (u.U. auf dem Zivilweg) Forderungen geltend machen und das Substrat nach Zivilurteil anteilsmässig verteilen (Nachverfahren).
7a/b/c Alan trifft im Vorverfahren Aussagen im Hinblick auf ein abgekürztes Verfahren, welches dann aber nicht zustande kommt. Er und sein Verteidiger verzichten ausdrücklich auf eine Wiederholung betreffender Einvernahme und anerkennen die Verwertbarkeit. Kann das betreffende Einvernahmeprotokoll als Beweismittel zulasten a) von Alan b) von Hasan verwertet werden? c) Was würden Sie als Verteidigung im Hauptverfahren (in welchem Stadium) diesbezüglich beantragen?
7a/b/c a/b) Unverwertbarkeit auch der im Hinblick auf ein abgekürztes Verfahren getroffenen Aussagen in Einvernahmen (Art. 362 IV analog). Absolut unverwertbar; Verzicht auf Wiederholung irrelevant. c) Hasans Verteidiger sollte Aussonderung beantragen (Art. 141 Abs. 5). Vgl. zum Ganzen BGE 144 IV 189.
8 Hasan wurde wegen derselben Aktivitäten bereits in der Türkei abgeurteilt und hat die Strafe dort auch bereits verbüsst; a) kann gegen ihn in der Schweiz ein Strafverfahren geführt werden? b) Wie verhielte es sich, wenn die Verurteilung und Bestrafung in Griechenland erfolgt wäre?
8a/b a: Art. 11 I per analogiam?- (auch Art. 4 7. ZP zu EMRK nicht einschlägig. Art. 8 II lit. c (vgl. auch Art. 3 II StGB)? +/- b: Art. 54 SDÜ: Verbot der doppelten Bestrafung im Schengenraum, soweit Strafe bereits vollstreckt wurde. Aber Schweiz hat Vorbehalt gemäss Art. 55 SDÜ angebracht für Konstellation, dass Tat teilweise auf CH-Territorium begangen wurde; + (-; falls auch in Griechenland begangen)
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