Kommunales Jobcenter - Servicestelle SGB II
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Seite 2 Eingliederungsbericht 2020 des Kommunalen Jobcenters Tuttlingen Die wirtschaftliche Entwicklung verlief für den Landkreis Tuttlingen in der Gesamtschau des Jahres 2020 geprägt durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie zweigeteilt. Für die Bereiche Maschinenbau und Automobilzulieferbetriebe war ein deutlicher Einbruch zu verzeichnen. Dies konnte nur mit der Unterstützung des Kurzarbeitergeldes durch die Agentur für Arbeit abgemildert werden. Dagegen konnte das Handwerk stabile Auftragseingänge verzeichnen. Die Arbeitslosenquote im Landkreis Tuttlingen lag beim Kommunalen Jobcenter in den ersten vier Monaten des Berichtsjahres mit durchschnittlich 923 Arbeitslosen bei 1,1 % für den Bereich SGB II. Erst ab Mai war der deutliche Anstieg durch die stark gestiegenen Antragszahlen spürbar. So überschritt die Zahl im September 1.200 Arbeitslose, was einer Quote von 1,5 % entsprach. Bis zum Jahresende steigerte sich dies auf den Höchststand von 1.247 Personen und einer Quote von weiterhin 1,5 %. In den nachfolgenden Schaubildern können diese Entwicklungen näher betrachtet werden. Arbeitslose SGB II 1400 1200 1000 800 600 400 200 0 Jan. 20 Feb. 20 Mrz. 20 Apr. 20 Mai. 20 Jun. 20 Jul. 20 Aug. 20 Sep. 20 Okt. 20 Nov. 20 Dez. 20
Seite 3 Arbeitslosigkeit zum Jahresende im Landesvergleich Kreis Land 6,0% 5,2% 5,1% 5,0% 4,3% 4,2% 3,9% 3,9% 4,0% 4,0% 3,7% 3,7% 3,8% 3,7% 3,4% 3,2% 3,2% 3,0% 2,9% 3,0% 3,0% 3,0% 2,8% 2,7% 2,7% 2,6% 2,5% 2,4% 2,0% 1,0% 0,0% 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 Arbeitslosigkeit zum Jahresende im Bundesvergleich Kreis Bund 9,0% 7,8% 8,0% 7,2% 7,0% 6,6% 6,7% 6,7% 6,4% 6,1% 5,9% 5,8% 6,0% 5,2% 5,3% 4,9% 4,9% 5,0% 4,0% 4,0% 3,7% 3,0% 2,9% 2,8% 3,0% 3,0% 2,6% 2,7% 2,7% 2,5% 2,4% 2,0% 1,0% 0,0% 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020
Seite 4 Arbeitslosenquoten im Vergleich der letzten Jahre bei bestimmten Zielgruppen 2020 2019 2018 SGB II 1,5 % 1,2 % 1,3 % SGB II Männer 1,5 % 1,1 % 1,2 % SGB II Frauen 1,5 % 1,2 % 1,3 % SGB II U 25 1,3 % 0,6 % 0,8 % SGB II über 55 0,9 % 0,9 % 0,7 % Jahre Im Dezember 2020 befanden sich 4.965 Personen im Leistungsbezug SGB II im Landkreis Tuttlingen. Davon waren 3.159 erwerbsfähige Leistungsberechtigte (eLb). Sie teilten sich auf in 1.508 Männer (47,7 %) und 1.651 Frauen (52,3 %). Der Anteil der Männer nahm somit im Vergleich zum Vorjahr um 0,9 % zu. Bei der Betrachtung der Arbeitslosigkeit von Männern und Frauen zeigt sich ein höherer Anteil bei den Männern mit 54,3 %. Auch hier war ein Zuwachs von 1,1 % zu erkennen. Anteile der Arbeitslosen SGB II nach folgenden Merkmalen: Geschlecht: Männer 54,3 %, Frauen 45,7 % Alter: 15 – 25 Jahre 10,1 % 25 – 50 Jahre 65,8 % 50+ Jahre 24,1 % Nationalität: Deutsche 56,8 % Ausländer 43,2 %
Seite 5 Ausländer im Leistungsbezug des SGB II Im Dezember 2020 waren insgesamt rund 2.400 ausländische Personen im Leistungsbezug aus 80 verschiedenen Nationalitäten. Die größten Gruppen, sowie die Flüchtlinge aus den Ländern mit hoher Bleibewahrscheinlichkeit sind hier dargestellt: syrisch 766 afghanisch 245 türkisch 198 italienisch 175 rumänisch 158 irakisch 127 kosovarisch 58 eritreisch 48 serbisch 41 nigerianisch 40 somalisch 18 ukrainisch 18 libanesisch 14 iranisch 14 NATIONALITÄTEN IM SGB II syrisch afghanisch ukrainisch 1% somalisch 1% libanesisch 1% türkisch nigerianisch 2% iranisch 1% serbisch 2% italienisch eritreisch 2% kosovarisch 3% rumänisch irakisch 7% syrisch 40% irakisch rumänisch 8% kosovarisch eritreisch serbisch italienisch 9% nigerianisch somalisch türkisch 10% afghanisch 13% ukrainisch libanesisch iranisch
Seite 6 Vergleich arbeitslose eLb zu arbeitslosen ausländischen eLb Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember eLb Alo 932 915 911 937 1025 1093 1100 1176 1241 1210 1217 1247 eLb ausl. 395 392 386 411 454 497 510 554 572 539 524 539 Alo 43,2 % der Arbeitslosen sind ausländische erwerbsfähige Leistungsberechtigte (Stand Dezember 2020) Alleinerziehende Vergleich: der Anteil der arbeitslosen alleinerziehenden eLb zu arbeitslosen eLb beträgt im Jahresverlauf zwischen 11,2 % und 13,5 %. Alleinerziehende Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember 2020 Alo eLb 932 915 911 937 1025 1093 1100 1176 1241 1210 1217 1247 Alo AE 126 128 133 132 139 142 140 139 140 144 140 139 Alo AE, m 8 10 12 11 11 9 5 7 4 7 7 8 Alo AE, w 118 118 121 121 128 133 135 132 136 137 133 131 Vergleich: Alo u. Alo ae 2020 Alo eLb Alo AE Alo AE, m Alo AE, w 1400 1200 1000 800 600 400 200 0
Seite 7 Integrationen in den regionalen Arbeitsmarkt 2020 Die Vermittlungsarbeit wird in zwei verschiedenen Zuständigkeitsbereichen ausgeführt. Zum einen als originäre Aufgabe der drei Arbeitsvermittler des Arbeitgeberservice, zum anderen ist sie Bestandteil des Integrationsmanagements der acht Integrationsmanager*innen im Sachgebiet Arbeitsmarktintegration (AMI). Daneben erfolgt ein Teil der Beschäftigungsaufnahmen auch durch die Eigenbemühungen der Leistungsbeziehenden oder infolge der Teilnahmen an Fördermaßnahmen. Im Jahr 2020 wurden insgesamt 813 Personen in Arbeit vermittelt. Dabei wurden 500 sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse (62 %) und 238 geringfügige Beschäftigungen (29 %) vermittelt. 75 Ausbildungsverhältnisse kamen zustande (9 %). Bezeichnung männlich weiblich Gesamtergebnis Berufsausbildung 50 25 75 Erwerbstätigkeit geringfügig 120 118 238 Erwerbstätigkeit sozialversicherungspflichtig 320 180 500 Gesamtergebnis 490 323 813 (Zahlen: eigene Erhebung Kommunales Jobcenter Tuttlingen) Förderprojekte und Förderschwerpunkte 2020 295 Personen befanden sich während des Jahres in Fördermaßnahmen, angefangen von niederschwelligen Arbeitsgelegenheiten nach § 16 d SGB II über Bewerbertrainings und Kurse zur beruflichen Orientierung bis zur Vorbereitung auf den regionalen Arbeitsmarkt mit Werkstatt-Training im Metallbereich und in der Medizintechnik. Gut angenommen wurde auch die Einzelförderung in einer Umschulung oder abschlussorientierter Weiterbildung. Gezielt wurden Menschen mit Fluchthintergrund, Alleinerziehende und junge Erwachsene unter 25 Jahren gefördert im Integrationsmanagement und in speziell für sie entwickelten Maßnahmen. Die Angebote orientierten sich an den Bedarfen und Lebenswelten der Klientel des Kommunalen Jobcenters und wiesen in der Ausrichtung der Ziele ein breites Spektrum auf. So war die berufliche Orientierung Mittelpunkt bei den Kursen für unter 25-jährige Personen und junge Flüchtlinge. Die Feststellung von Förderbedarfen und Förderung der Alltagstugenden waren Gegenstand bei Arbeitsgelegenheiten für Langzeitarbeitslose. Vermittlungsorientiert verliefen die Trainingsmaßnahmen mit Bewerbertraining und betrieblichen Praktika für arbeitsmarktnahe Kundinnen und Kunden. Vereinzelt wurden junge erwachsene Leistungsbezieher mit Ausbildungswunsch über die Einstiegsqualifizierung EQ oder das BPJ BW (berufspraktisches Jahr für Personen um die 21 Jahre) gefördert. Dies erfolgte in Kooperation mit den Kammern und den Unternehmen. Die Förderung von Frauen erfolgt seit mehreren Jahren über eine 6-monatige Trainingsmaßnahme für Alleinerziehende, die durch den europäischen Sozialfonds finanziert wird. Sie wird als Teilzeitprojekt angeboten. Oftmals erwies sich die
Seite 8 flankierende sozialpädagogische Begleitung als hilfreiches Element für eine erfolgreiche Maßnahmenteilnahme. MAßNAHMENSCHWERPUNKTE 2020 Bewerbertraining AGH 21% 18% Flüchtlingsförderung 20% berufl. Orientierung FbW. Qualifizierung U 25 14% Frauenförderung Maßnahmenverläufe und -erfolge 2020 (Projekte nach § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB III und §§ 81 ff SGB III) Bezeichnung Zielgruppe Dauer Ergebnis Berufliches Erwachsene mit, 5 Kurse à 58 % Vermittlung in Trainingscenter Unterstützungsbedarf im 6 Wochen Arbeit Bewerbungsverfahren Präsenzkraft in der Erwachsene m. 4 Monate 17 % Vermittlung in Pflege Bereitschaft für Tätigkeit in Arbeit Pflegeeinrichtungen AidA 19-20 Alleinerziehende und 2 Kurse à 13 % Vermittlung in Wiedereinsteigerinnen mit 6 Monate Arbeit Erziehungsverantwortung Kurs Q U 25 unter 25-jährige 2 Kurse à 16 % Vermittlung in Ausbildungsplatzsuchende 6 Monate Ausbildung und Arbeit BPJ BW unter 25-jährige mind. 6 33 % in Ausbildung und Ausbildungsplatzsuchende Monate EQJ Zukunft Junge Erwachsene mit 9 Monate 25% Vermittlung in Fluchthintergrund zur Ausbildung und Arbeit beruflichen Orientierung und Ausbildungsplatzsuche Umschulung, Erwachsene 5 – 24 50 % Vermittlung in Weiterbildung, Langzeitleistungsbezieher Monate Arbeit Qualifizierung
Seite 9 Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt Allgemeines: Betreuungslage im Sachgebiet AMI mit Stand 31.12.2020: aus den Herkunftsländern mit sicherer Bleibeperspektive in Deutschland (Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Somalia und Syrien) befanden sich insgesamt 330 Personen im Alter von 18 – 49-jährigen Jahren in der engmaschigen Betreuung im Sachgebiet AMI. Gegenüber dem Vorjahr, wo zum Jahresende noch ein Stand von 625 Personen festgehalten wurde, sind dies knapp die Hälfte weniger. Der Grund liegt zum einen an einem leichten Rückgang der Jobcenterkunden mit Fluchthintergrund, zum anderen aber an der organisatorischen Änderung, Mütter mit Kindern unter drei Jahren nicht mehr in der Betreuung in Richtung Arbeitsmarktintegration zu belassen. Staatsangehörigkeit nur Arbeitsmarkt- alle SGB II - integration Bezieher Im Vergleich: alle Personen Afghanistan 61 249 (Männer, Frauen, Kinder) Eritrea 14 47 aus den 6 Herkunftsländern Irak 31 116 im Leistungsbezug SGB II und geförderte Iran 3 9 Erwerbsfähige im Bereich Somalia 7 17 Arbeitsmarktintegration. Syrien 214 768 Gesamt 330 1206 (Tabelle, eigene Erhebung Kommunales Jobcenter Tuttlingen, Stand 31.12.2020) Die Eingliederungsmittel 2020 für Geflüchtete aus Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Somalia und Syrien im Alter von 19- 49 Jahren, wurden anhand der Ausgaben für Kinderbetreuung, niederschwellige Qualifizierung und Aktivierung nach § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 45 SGB III, Eingliederungszuschüsse und notwendiger Ausgaben aus dem Vermittlungsbudget nach § 44 SGB III ermittelt: Es wurden 484.020 Euro in diesem Bereich ausgegeben. Im Vergleich zum Vorjahr waren es rd. 48.500 Euro weniger, weil pandemiebedingt weniger Integrationen über die Bewilligung von Eingliederungszuschüssen stattfanden und auch weniger Einzelförderungen zustande kamen. Die Investitionen machen einen Anteil an den gesamten Eingliederungsmitteln, die 2020 verausgabt wurden, von 29% aus.
Seite 10 Es zeichnete sich ab, dass zwar ein Finanzierung großer Teil der erwerbsfähigen Flüchtlingsintegration 2020 Flüchtlinge nach der Teilnahme an Einzelförder § 16e, § den Qualifizierungsmaßnahmen ungEingliederungs… FbW AGH 4% Vermittlung sozialversicherungspflichtige 16f 1% 4% sbudget 2% Kinderbetre Beschäftigungen aufnehmen Trainingsce können. Aufgrund der hohen ung 12% nter 7% Kinderzahl in den Familien mit Produktions kr. Metall, Fluchthintergrund ist aber davon Fachspr. D auszugehen, dass das Einkommen 12% nicht ausreicht, um den Zukunft Job Aktiv 42% Lebensunterhalt für die gesamte TUT 7% Familie zu bestreiten. Sie werden trotz der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung weiterhin als sogenannte „Aufstocker“ Kunden im Kommunalen Jobcenter sein. Vermittlung von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt: 2020 sozialvers.pfl. Tätigkeit 86 Ausbildung 15 Studium 1 Gesamt 102 So konnten 86 Personen in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung vermittelt werden. 16 Personen fanden einen Ausbildungsplatz oder begannen ein Studium. Sprachförderung – Integrationskurse und Berufssprachkurse Die Zahl aller Leistungsberechtigten in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach SGB II lag im Dezember 2020 bei 4.965 Personen. Der Anteil der anerkannten Flüchtlinge aus den Herkunftsländern mit sicherer Bleibeperspektive, Männer, Frauen und Kinder, lag bei 1.206 Personen. Dies entspricht 24,3 %. Die Syrer bilden mit 766 Personen die größte Gruppe. Die Gruppe ist heterogen bezüglich Herkunft, soziokultureller Prägung, schulischer oder beruflicher Bildung, Altersgruppen und familiärem Umfeld. Es gibt kaum Flüchtlinge, die eine mit der in Deutschland üblichen vergleichbaren Berufsausbildung vorweisen. Das in Deutschland etablierte duale Ausbildungssystem ist in anderen Ländern kaum bis gar nicht verbreitet. Über die Arbeit der Universitäten, Fachhochschulen oder Dualen Hochschulen, über Studiengänge und Studieninhalte an deutschen Hochschulen herrscht noch weitgehend Unkenntnis.
Seite 11 Rund die Hälfte der Flüchtlinge hat keine Schulausbildung und verfügt über keine oder nur geringe deutsche Sprachkenntnisse. Eine wesentliche Grundvoraussetzung für die gesellschaftliche Integration, wie auch für die Integration in Arbeit, ist jedoch das Beherrschen der deutschen Sprache. Daher lag ein Schwerpunkt der Qualifizierung der Flüchtlinge auch 2020 im Spracherwerb. Die Volkshochschule Tuttlingen und Vatter Bildungszentrum GmbH sind die Bildungsträger, die im Landkreis Tuttlingen den größten Teil der Integrationskurse, auch die berufsbezogenen Deutschkurse, anbieten. Integration von Alleinerziehenden Durchgehend lag der Anteil der Alleinerziehenden an den Bedarfsgemeinschaften in 2020 bei rund 24 %. Arbeitslos gezählte Alleinerziehende bewegten sich monatlich zwischen 126 und 144 Personen, das sind zwischen 11 und 13 % der Arbeitslosen im Rechtskreis SGB II. Als passgenaue Fördermaßnahme für Alleinerziehende wurde das Projekt „AidA“ angeboten. Seit 2014 wird es über den Europäischen Sozialfonds mitfinanziert. Der Träger unterstützt mit diesem Angebot in Teilzeit die überwiegend weiblichen Teilnehmenden über einen Zeitraum von 6 Monaten (wiederholte Teilnahme ist möglich) mit zielgruppenspezifischen Themen. Im Ansatz handelt es sich um ein stärkenorientiertes, ganzheitliches Coaching mit weiteren Bestandteilen wie Bewerbertraining, Fachvorträgen und betrieblicher Erprobung. Bei den Alleinerziehenden im Bezug von Grundsicherungsleistungen im Landkreis Tuttlingen liegt bei 47 % ein Hauptschulabschluss vor. Ohne Berufsausbildung sind rd. 50 %. Eine berufliche Ausbildung ist nur noch bei 24 % vorhanden. Sie können meist im erlernten Beruf nicht mehr arbeiten, da sich die Anforderungen seit ihrem Berufsausstieg stark geändert haben oder die geforderte Flexibilität aufgrund von fehlender Mobilität oder Kinderbetreuung nicht mehr erbracht werden kann. Die Arbeitsmarktnähe der Alleinerziehenden im Leistungsbezug verbesserte sich im Laufe der Kursteilnahme nicht gravierend. Faktoren wie Bildung, Mobilität, Migration ließen sich innerhalb eines Halbjahres nicht signifikant verändern. Hinzu kamen die durch die pandemiebedingten Schulschließungen auftretenden Erschwernisse in der Kinderbetreuung, Homeschooling, fehlende Freizeitangebote in Vereinen und Kontaktbeschränkungen. Umsetzung des Projekts Teilhabe am Arbeitsmarkt im Landkreis Tuttlingen § 16i SGB II Ziel dieses Förderinstrumentes ist es, die Beschäftigungsfähigkeit und soziale Teilhabe von Personen, die bereits lange Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II beziehen, zu fördern. Es wird eine ganzheitliche Perspektive eingenommen, die neben Qualifikation, Gesundheit, beruflichen Netzwerken auch die Lebenszufriedenheit, gesellschaftliche Lage und das soziale Kapital der am Projekt Teilnehmenden fokussiert. Es geht darum, Möglichkeiten für gelingende gesellschaftliche und berufliche Teilhabe zu schaffen. Hierzu nutzt das über fünf Jahre andauernde Förderinstrument
Seite 12 neben einem hohen Lohnkostenzuschuss für Arbeitgeber, der die Beschäftigungschancen erhöhen soll, ein individuelles Coaching der Teilnehmenden durch eigenes Personal des Jobcenters. Hilfe zur Selbsthilfe und Wiederentdeckung von persönlichen Stärken und Fähigkeiten werden mit einer prozessorientierten Form der Beratung umgesetzt. Zum Jahresbeginn wurden 35 Personen im Projekt betreut. Die Anzahl der Projektteilnehmenden stieg auf 41 Personen bis zum 31.12.2020 an. Im Laufe des Jahres 2020 wurden 24 Personen neu aufgenommen und weitere Coachings beendet. Es gelangen 6 Eintritte in ein Beschäftigungsverhältnis, sodass zum Jahresende 14 Beschäftigungen in der Privatwirtschaft, öffentlichen Dienst und Drittem Sektor begleitet werden konnten. Förderung von Beschäftigungsverhältnissen nach § 16e SGB II Die Teilnehmer- und Stellenakquise, das Individual-Coaching und die erforderliche ganzheitliche beschäftigungsbegleitende Betreuung für Langzeitarbeitslose, die die Fördervoraussetzungen nach § 16e SGB II erfüllen, wird von einem Mitarbeiter des Kommunalen Jobcenters erbracht. Er ist außerdem in der Förderung nach § 16i SGB II tätig. Es bestehen sechs Beschäftigungsverhältnisse. Nach der zweijährigen Beschäftigungsdauer wurde in 2020 eines in eine unbefristete Beschäftigung beim gleichen Arbeitgeber übergeleitet. Eines wurde nach Ablauf der Förderung beendet. Die Prognose für 2021 ergibt, dass zwei Arbeitgeber die Mitarbeitenden, deren Arbeitsverhältnisse über das Teilhabeprojekt gefördert werden, übernehmen werden. Förderprojekt für schwer erreichbare junge Erwachsene nach § 16h SGB II – „coach4U“ bei BFZ Möhringen gGmbH Allgemein: Das Projekt partizipiert junge Menschen dabei, über die Erfahrung von Akzeptanz und Selbstwirksamkeit neue Ressourcen zu erschließen, die sie befähigen, sich selbst als gemeinschaftsbezogenes Subjekt wahrzunehmen und ein Leben in Eigenverantwortung zu führen. Darüber hinaus wird die Zielgruppe aktiv auf dem Weg zur Inanspruchnahme von Sozialleistungen, insbesondere derer nach dem zweiten Buch Sozialgesetzbuch, unterstützt. Ziel ist eine umfassende Umsetzung von Problemlösungen bei jungen Menschen, damit dauerhafte, lebenslange Erwerbslosigkeit ausgeschlossen werden kann. Zwar stellen sich die Unterstützungsleistungen als sehr niederschwellig und zusätzlich dar, sie zeichnen sich aber durch einen hohen gesellschaftlichen Wert aus. Teilnehmerakquise: Die für das Projekt geplanten 15 Teilnehmenden wurden zu einem Großteil durch freien Zugang aus den Kontakten des Trägers im Netzwerk der sozialen Institutionen im Landkreis gewonnen. Die Teilnahme erfolgt auf Freiwilligkeitsbasis. Betreut werden Personen zwischen 18 Jahren und 25 Jahren, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im
Seite 13 Landkreis Tuttlingen haben. Freiwerdende Teilnehmerplätze konnten nachbesetzt werden. Die Dauer der Teilnahme ist individuell und ohne zeitliche Befristung, sie orientiert sich am Unterstützungsbedarf des Einzelnen, endet aber mit Übernahme in den Leistungsbezug nach SGB II oder in ein anderes Unterstützungssystem beziehungsweise nach Integration in den Arbeitsmarkt. Netzwerkpartner: Ohne die zahlreichen regionalen Akteure im sozialen Netzwerk ist die Projektarbeit von „coach4U“ undenkbar. Das sind Jugendsozialarbeiter, Jugendreferenten, Jugendberufshilfe, Schulen, Bildungsträger, Betriebe und Bewährungshilfe, Polizei und Jugendamt. Im gesellschaftlichen Miteinander gelingt es, mit unterschiedlichsten Ansätzen und Wegen Erfolge zu erzielen. So kommen Schulabschlüsse zustande, Bildungsabschlüsse gelingen, soziale Integration und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben können stattfinden. Das zweite Projektjahr: Aufgrund der Lockdown-Situation und der teilweise extrem schwierigen Lage mancher Klienten war der Beratungsbedarf sehr hoch. Auch über soziale Netzwerke wurde mehrfach um Hilfe gebeten. Behörden, Schulen oder Bildungsträger waren für die Teilnehmenden nicht zu erreichen. Es stellte sich in dieser Zeit heraus, wie bedeutend das Netzwerk ist, über welches „coach4U“ mittlerweile verfügt. 17 Personen wurden im Jahresverlauf betreut. Kommunale Leistungen nach § 16a SGB II Im Lichte der erfolgreichen Arbeit haben sich die Herausforderungen zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit und Langzeitleistungsbezug kaum verändert und bleiben hoch. Die heterogenen Bedarfslagen der Menschen im SGB II sind durchweg komplex. Gleichzeitig sind die Anforderungen der Arbeitgeber in breiter Front an die Arbeitsplatzbewerber*innen gestiegen. Das gilt gleicher Maßen für alle Altersgruppen der langzeitarbeitslosen Menschen, insbesondere aber die jüngeren unter ihnen. Unter Einsatz von bedeutenden Eigenmitteln sieht der Landkreis Tuttlingen weiterhin die flankierende Unterstützung des Kommunalen Jobcenters durch kommunale Leistungen als unabdingbare Kernaufgabe.
Seite 14 Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie Damit der Erst- oder Wiedereinstieg in Beruf, Beschäftigung oder Ausbildung gelingt, wird dieser zielgerichtet unterstützt. Dazu wird mit den Trägern und Einrichtungen, die Betreuungsmöglichkeiten für Kinder anbieten, eng zusammengearbeitet, um das bedarfsgerechte Angebot so umfänglich wie möglich zu gewährleisten. Hier zeigt sich die Stärke kommunaler Netzwerke, die in der Vermittlung von Tagesbetreuungsangeboten natürlich sehr hilfreich sind. Psychosoziale Betreuung Die Notwendigkeit eines breit gefächerten Angebots an psychosozialer Betreuung, der betroffenen Menschen mit den unterschiedlichsten persönlichen oder familiären Problemlagen einen niederschwelligen Zugang zu unterstützenden Beratungsstellen eröffnet, ist im Landkreis unbestritten. Dies wird mit einem beachtlichen finanziellen Einsatz kommunaler Mittel durch den Landkreis untermauert, weil dieser wichtige Baustein innerhalb der kommunalen Leistungen aufgrund der komplexen psychosozialen Problemlagen der Menschen im SGB II unverzichtbar ist. Suchtberatung Zu diesen Eckpfeilern kommunaler Leistungen zählt wie in den Vorjahren die Fachstelle Sucht, als fachlich kompetenter Kooperationspartner bei Problemlagen im Kontext suchtbedingter Vermittlungshemmnisse. Das Thema Sucht ist in der Arbeit des Kommunalen Jobcenter in den unterschiedlichsten Formen und Ausprägungen immanent. Durch die hohe Fluktuation bei den Mitarbeitern*innen ist das Erkennen und das Arbeiten mit suchtgefährdeten oder gar abhängigen Menschen sehr schwierig und erfordert entsprechende Seminarangebote und Fortbildungen. Ohne das Angebot der Suchtberatung verlieren sonst langzeitarbeitslose Menschen, die zur Aufarbeitung ihres Suchtproblems bereit sind, fast jede Chance der Arbeitsmarktintegration. Das finanzielle Engagement des Landkreises ist seit Jahren auf hohem Niveau im Sinne der erwachsenen wie auch jugendlichen Leistungsempfänger ungebrochen, um über die qualifizierte
Seite 15 Suchtberatung eine adäquate Unterstützungsmöglichkeit anbieten zu können. Hier steht die Förderung zur Arbeitsmarktbefähigung absolut im Vordergrund. Schuldnerberatung Die Zusammenarbeit mit der Schuldnerberatung ist ein unverzichtbares Instrument, um den Menschen in Überschuldungssituationen wieder Perspektiven eröffnen zu können. Auf Schulden als nicht zu unterschätzendes Vermittlungshemmnis muss in der Arbeit mit langzeitarbeitslosen Menschen ein besonderes Augenmerk gelegt werden. Leider war durch Personalwechsel und Ausfällen das sonst vorgehaltene Beratungsangebot über einen längeren Zeitraum doch erheblich eingeschränkt, was sich natürlich in den geringeren Kundenkontakten niederschlug. Statistik Schuldnerberatung für 2020 (Corona-Jahr) o Gesamtkontakte Telefonische und persönliche Kontakte von außen: in 2017: 2193 Gesamtkontakte: 641 persönlich/ 1552 telefonisch in 2018: 1641 Gesamtkontakte: 486 persönlich/ 1155 telefonisch in 2019: 1554 Gesamtkontakte: 397 persönlich/ 1157 telefonisch in 2020: 1542 Gesamtkontakte: 105 persönlich/ 1437 telefonisch o Beratungsfälle In 2020: 416 Beratungsfälle (in 2019: 472/ in 2018: 464/ 2017: 560/ in 2016: 626) Die Beratungsfälle teilen sich wie folgt in Kurz- und Langzeitberatungen auf: 700 600 55 67 67 57 500 76 55 59 400 43 Langzeitberatungen 300 584 560 559 Kurz/Mehrfachberatungen 543 484 200 409 414 373 100 0 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020
Seite 16 Familien Deutsche Staatsangehörigkeit 193 184 135 Alleinerziehende 281 andere Staatsangehörigkeit Alleinstehende 39 bis 24 Jahre AlgII/Sozialhilfebezug 36 42 103 25 - 44 Jahre Sozialleistungsbezug offen 122 286 23 45-64 Jahre 216 ohne Sozialleistungen 65 Jahre und älter Neuzugänge 400 300 57 71 64 46 58 200 48 Sofortberatung 45 242 261 21 Warteliste 100 211 224 193 151 163 125 0 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 Anfang 2017 durchschnittliche Wartezeit für einen Termin 25 Wochen, Ende 2018: 43 Wochen Ende 2019: 50 Wochen (134 Kunden auf Warteliste) Ende 2020: Wartezeit über ein Jahr (150 Kunden auf Warteliste) wegen Corona kaum/ keine Terminvereinbarungen möglich Ausgestellte P-Konto – Bescheinigungen 76 78 80 64 65 64 70 57 54 60 60 42 50 37 40 30 ausgestellte Bescheinigungen 16 20 10 0 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020
Seite 17 Bestätigungen Beratungshilfe 114 120 95 97 100 75 71 71 80 56 56 46 60 ausgestellte Bestätigungen 40 26 21 15 20 0 2009 2011 2013 2015 2017 2019 Schlussanmerkung Die Rahmenbedingungen für die Aufgabenerledigung im SGB II haben sich im Berichtsjahr durch die Pandemie deutlich verändert. Den besonderen Bedingungen wurde intern durch Einführung von Homeoffice, Schichtbetrieb, Ausweitung der Arbeitszeit auf 06.00 bis 21.00 Uhr und Entzerrung der Bürosituationen Rechnung getragen. Beratungen erfolgten aufgrund ausgesetzten persönlichen Kontakten im Haus per Telefon, per mail oder bei Kontakten an der frischen Luft mit Abstand und Masken. Schutzausstattungen in Form von FFP 2 - und klinischen OP-Masken, sowie Spuckschutzaufsätze auf den Schreibtischen wurden angeschafft. Die kaum oder nicht vorhandene Arbeitsmarktnähe bei vielen von Langzeitarbeitslosigkeit betroffenen Menschen bei einer gleichzeitig händeringend nach Fachkräften suchenden Wirtschaft stellt hier ganz besondere Anforderungen an das Jobcenter und seine Mitarbeiter*innen. Dem kann nur mit einer qualifizierten und von möglichst hoher Konstanz geprägten Mitarbeiterschaft begegnet werden. Diese Rahmenbedingungen sind schlichtweg nicht zu erreichen. Der Stellenmarkt bietet dieses Profil nicht an. Die weiterhin hohe Fluktuation muss deshalb mit Bewerbern ausgeglichen werden, die zum großen Teil kaum bis keinen Bezug zum Aufgabenbereich des SGB II vorweisen können. Die sich für die Umsetzung der Arbeitsinhalte ergebenden Probleme und Schwierigkeiten sind enorm und in den Berichten der Vorjahre hinreichend dargestellt worden.
Seite 18 Das Kommunalen Jobcenter setzt seinen gesetzlichen Auftrag des Förderns und Forderns trotz dieses herausfordernden Arbeitsumfeldes nach besten Kräften um. Die Wertschätzung der Arbeit mit von Langzeitarbeitslosigkeit betroffenen Menschen hat in Teilen der Politik und Bevölkerung aber immer noch nicht das Niveau erreicht, das ihr gerecht werden würde. Hier verbleibt ein großer Nachholbedarf. Die sich im letzten Berichtsjahr erfolgte wirtschaftlichen Probleme haben diesen Effekt eher noch weiter verstärkt, zum Schaden aller im System SGB II verhafteten Bürger*innen und Mitarbeiter*innen. Joachim Schwarzfischer Operative Leitung Kommunales Jobcenter Tuttlingen, 27.05.2021
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