KONF: Der Kinematograph des Textes rattert: Intermediale Reflexivita t in Literatur und Film der Gegenwart, Eichstätt (15.09 - 17.09.2021)

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KONF: Der Kinematograph des Textes rattert: Intermediale
Reflexivität in Literatur und Film der Gegenwart, Eichstätt
(15.09. – 17.09.2021)
Discussion published by Isabelle Stauffer on Friday, September 3, 2021

Der Kinematograph des Textes rattert: Intermediale
Reflexivität in Literatur und Film der Gegenwart
Interdisziplinäre Tagung an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt,
15.-17.09.2021

In Literatur und Film der Gegenwart sind intermediale Bezüge, welche über die
eigene Medialitä t und diejenige anderer Medien reflektieren, weit verbreitet.
Thomas Metten und Michael Meyer sprechen sogar von einer „Normalitä t der
medialen Reflexion seit den 1990er Jahren“ (2016, 26). Diese Normalität gründet
zum einen darin, dass Reflexion und Selbstreferenz als herausragende Merkmale
der Moderne und Postmoderne gesehen werden (Rohde 2013, 9); zum anderen
entwickelt sich im „Zeitalter der digitalen Reproduzierbarkeit“ (Metten/Meyer 2016,
37) durch die ständig wachsende Verfügbarkeit des literarischen und filmischen
Materials ein breites Spektrum von Praktiken der Bezugnahmen (Withalm 1992,
220; Fehrmann/Linz/Schumacher/Weingart 2004, 7). Metten und Meyer zählen dazu
einerseits Praktiken der Wiederaufnahme vorhandenen ästhetischen Materials, wie
die einfache Wiederholung, aber auch Collage, Found Footage, Remake und Parodie
sowie andererseits explizite Formen der Übernahme wie das Zitat (Metten/Meyer
2016, 37). Auch Annette Simonis geht fü r die Jahrtausendwende von einer
kulturellen Umbruchsituation aus, in der sich eine „Ästhetik der Intermedialität und
des medialen Spiels“ mit einer „Rückkehr zur Buchkultur im Medium des Films“
verbindet (Simonis 2010, 12, 47).

Insbesondere reflektierte Formen der intermedialen Bezugnahme und der
Medienkombination (Rajewski 2002) zielen auf eine Reflexion des Mediums in seiner
Medialität. In Christian Krachts Roman Imperium (2012) – der eigentlich ein Film
oder zumindest das Protokoll eines Films ist (Birgfeld 2012, 467) – heißt es, dass der
Kinematograph „unsere Wirklichkeit exakt so dinglich machen konnte, wie sie
geschah, zeitlich kongruent, als sei es mö g lich, ein Stü c k aus der Gegenwart
herauszuschneiden und sie für alle Ewigkeiten als bewegtes Bild zwischen den

Citation: Isabelle Stauffer. KONF: Der Kinematograph des Textes rattert: Intermediale Reflexivität in Literatur und Film der
Gegenwart, Eichstätt (15.09. – 17.09.2021). H-Germanistik. 09-03-2021.
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Perforationen eines Zelluloidstreifens zu konservieren“ (Kracht 2012, 66). Insofern
reflektieren Medien anhand der Bezüge auf andere Medien sowohl ihre eigenen
Potentiale und Grenzen als auch die der anderen Medien sowie ihre diachrone
Entwicklung (Metten/Meyer 2016, 38). Dieses Moment kann mit dem Begriff der
Remediation von Jay David Bolter und Richard Grusin gefasst werden, bei dem sich
jedes Medium erst durch den Bezug auf ein anderes definiert und Medien einander
gegenseitig umgestalten (Bolter/Grusin 2000, 45, 50). Medien fungieren somit als
Medien der Beobachtung anderer Medien und konstituieren deren Identität und
Stellung mit (Metten/Meyer 2016, 39). Sie reflektieren damit wesentlich die
gegenwärtigen Medienkulturen. Damit eine solche intermediale (Selbst-)Reflexion
erkennbar wird, müssen in der einen Medialität verschiedene andere Formen von
Medialität ausgestellt (Kirchmann/Ruchatz 2014, 15, 22) und ein Nachdenken über
wechselseitige Bezugnahmen angeregt werden (Wolf 2017, 36). Durch das Moment
der (Selbst-)Reflexion können intermediale Bezüge metaisierend werden und sich
vom Paradigma der realistischen Fiktion absetzen. Unter Metaisierung versteht
Werner Wolf „das Einziehen einer Metaebene in ein Werk, eine Gattung oder ein
Medium, von der aus metareferentiell auf Elemente oder Aspekte eben dieses
Werkes, dieser Gattung oder dieses Mediums als solches rekurriert wird“ (Wolf
2007, 31).

Romane der Gegenwartsliteratur wie Christian Krachts Imperium (2012) oder Die
Toten (2016), Thomas Lehrs September. Fata Morgana (2010), Benjamin Steins
Replay (2012) oder Thomas von Steinäckers Geister (2008) nehmen Bezug auf das
Medium Film und Filme nach 2000 wie STRANGER THAN FICTION, Marc Forster, (USA
2006), ADAPTATION, Spike Jonze, (USA 2002), A C OCK AND BULL STORY (Michael
Winterbottom, 2006) oder A TONEMENT , Joe Wright, (GB 2007) beziehen sich
metafiktional auf das Medium Literatur und erö f fnen damit intermediale
Reflexionsräume zwischen Literatur und Film.

Die Konferenz fragt nach den Formen und Funktionen von intermedialer Reflexivität
zwischen Literatur und Film der Gegenwart vor dem Hintergrund der
Digitalisierung: Wie positionieren sich Literatur und Film je einzeln und zueinander
neu angesichts des digitalen Umbruchs? Inwiefern bilden sie „mediale Collagen“
(Hagen 2004) mit anderen Medien? Welche Rolle sollen die verschiedenen Medien
in der Gesellschaft einnehmen? Dienen Literatur und Film als Gedächtnismedien
(Gymnich 2007, 152)? Wie sind sie innerhalb des Trends zu unzuverlä s sigem,
metaisierendem und verstörendem Erzählen einzuordnen (Schlickers 2015)?

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Gegenwart, Eichstätt (15.09. – 17.09.2021). H-Germanistik. 09-03-2021.
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Programm
Mittwoch, den 15.09.2021

15.45 Isabelle Stauffer (Eichstätt) und Corinna Dziudzia (Eichstätt): Begrüßung und
Einführung in das Thema

Sektion I: Moderation: Corinna Dziudzia (Eichstätt)

16.00 Isabelle Stauffer (Eichstätt): Remediation und Selbstreflexion in Thomas von
Steinaeckers „Geister“ (2008) und Benjamin Steins „Replay“ (2012)

17.00 Kaffeepause

17.30 Felix Hüttemann (Bochum): Die kalte Linse des Samurai: Die Montierung von
Yukio Mishimas YUKOKU (Patriotismus) in Christian Krachts Roman-Aufblende in
„Die Toten“

18.30 Veronika Born (Eichstätt): Opfer der Tasten. Die Schreibmaschine in Ricarda
Huchs „Der letzte Sommer“ (1910) und Joe Wrights „Atonement“ (2007)

Donnerstag, den 16.09.2021

Sektion II: Moderation: Bruno Grimm (Eichstätt)

09.00 Vincent Fröhlich (Marburg): Das Kino pausiert und reflektiert auf dem Papier:
Illustrierte Filmzeitschriften während der COVID-19-Pandemie

10.00 Kirsten von Hagen (Gießen): Schreiben gegen das Vergessen –
Erinnerungsbilder im aktuellen französischen Roman

11.00 Kaffeepause

11.30 Michael Meyer (Koblenz-Landau): Zur Ästhetik des Biopics „Capote“:
Intermedialität und Reflexivität

Sektion III: Moderation: Thomas Metten (Eichstätt)

14.00 Alexandra Müller (Gießen): Flimmernde Identitäten: Das Kino als Medium des
Dazwischen in Romanen von Tawada, Kandasamy und Casas Ros

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15.00 Annette Simonis (Gießen): Sylvain Tessons Dokumentarfilm „6 Mois de cabane
au Baïkal“ (France 2011) — medienkomparatistische Perspektiven

16.00 Kaffeepause

16.30 Magdalena Pflock (Greifswald): „Und wir sind die neue, beste Serie. Amazon
und Netflix Nummer 1 Click-Hit, die Gewinner des New York Times Critic Awards“ –
Serielle Metafiktion am Beispiel von Cemile Sahins „Taxi“, Twitter-Memes und
TikTok-#pov

17.30 Claudia Schmitt (Saarbrü c ken): Intermediale Autorschaftsreflexionen -
Schriftstellerbriefe im Gegenwartsfilm

Freitag, den 17.09.2021

Sektion IV: Moderation: Isabelle Stauffer (Eichstätt)

9.00 Judith Niehaus (Hamburg): Das Rattern des Projektors als Flattern der Seiten:
Zum Daumenkino im und als Erzähltext

10.00 Corinna Dziudzia (Eichstätt): Digitale Reflexionen und potenzierte
Intermedialität: Banksy in Pompeji

11.00 Kaffeepause

11.30 David Klein (München): Der Gang in den Keller: Unheimliche Medialität von
„Aleph“ bis „Zodiac“

12.30 Isabelle Stauffer (Eichstä t t) und Corinna Dziudzia (Eichstä t t):
Abschlussdiskussion

13.00 Tagungsende

Die Tagung wird gefördert von der Fritz Thyssen Stiftung für
Wissenschaftsförderung

Kontakt: Prof. Dr. Isabelle Stauffer (Isabelle.Stauffer@ku.de) und Dr. Corinna
Dziudzia (Corinna.Dziudzia@ku.de)

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Citation: Isabelle Stauffer. KONF: Der Kinematograph des Textes rattert: Intermediale Reflexivität in Literatur und Film der
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Redaktion: Constanze Baum – Lukas Büsse – Mark-Georg Dehrmann – Nils Gelker – Markus Malo –
Alexander Nebrig – Johannes Schmidt

Diese Ankündigung wurde von H-GERMANISTIK [Constanze Baum] betreut – editorial-
germanistik@mail.h-net.msu.edu

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